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36C3 - Was tun bevor es brennt - wie gründe ich eigentlich einen Betriebsrat?

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    36C3 Vorspannmusik
  • 0:20 - 0:25
    Herald: Heute geht es um Betriebsräte.
    Wenn ihr eine Firma führt, dann habt ihr
  • 0:25 - 0:30
    wahrscheinlich damit schon was zu tun
    gehabt. Ich kann leider von mir nicht
  • 0:30 - 0:34
    sagen, dass ich irgendwas mit
    Betriebsräten zu tun habe. Aber der
  • 0:34 - 0:41
    Thomas, Ole, Lissim und Hüpno werden uns
    darüber was erzählen. Und dazu will ich
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    auch sagen, dass der Talk eher sich in
    Grenzen halten wird, es dreht sich mehr um
  • 0:46 - 0:51
    den Q&A, der relativ lange Q&A, was
    dahinter kommt. Damit gebe ich an euch
  • 0:51 - 0:55
    einfach weiter. Give them a hand.
  • 0:55 - 1:02
    Applaus
  • 1:02 - 1:05
    Ole: Vielen Dank für die kurze Einführung.
    Wir würden mit 'ner kurzen Vorstellung
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    anfangen und dann wird Hüpno euch
    erzählen, was wir eigentlich hier vorhaben
  • 1:10 - 1:15
    heute. Wir freuen uns, dass trotz der
    Uhrzeit so viele Menschen den Weg hierher
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    gefunden haben. Ganz kurz zu mir: Ich bin
    Gewerkschaftssekretär bei Verdi in Berlin,
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    zuständig für die TK und IT-Branche und da
    für alles, wo keine rosanes T draußen dran
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    steht, also alles außer Telekom,
    hauptsächlich Start-Ups. Verschiedene
  • 1:30 - 1:37
    Themen, verschiedene Branchen auch. Aber
    hauptsächlich eben IT Start-Ups.
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    Lissim: Hi, ich bin Lissim und ich arbeite
    in Berlin in einem großen Techno-Club, in
  • 1:46 - 1:50
    dem es in letzter Zeit auch um
    gewerkschaftliche Organisierung und
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    Betriebsratsgründungen ging.
    Thomas: Mein Name ist Thomas. Ich arbeite
  • 1:55 - 2:00
    bei der IG Metall in Berlin jetzt seit
    insgesamt vier Jahren bei der IG Metall in
  • 2:00 - 2:04
    unterschiedlichen Geschäftsstellen. Mein
    Aufgabenschwerpunkt in Berlin ist die...
  • 2:04 - 2:10
    Wir nennen das Erschließung oder auch
    Organizing, das heißt: Unterstützung bei
  • 2:10 - 2:13
    der Gründung von Betriebsräten, wenn
    Beschäftigte sich auf den Weg machen
  • 2:13 - 2:18
    Richtung Tarifvertrag. Und da bringt es in
    der sich wandelnden Hauptstadt auch mit
  • 2:18 - 2:22
    sich, dass es 'ne Menge Start ups sind
    oder ehemalige Startups, aber auch das
  • 2:22 - 2:26
    eine oder andere traditionelle
    Unternehmen.
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    Hüpno: Ich bin Hüpno. Ich arbeite in
    Berlin bei einem mittelständischen
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    Musikinstrumentehersteller, wo es vor
    ungefähr einem Jahr die ersten Anzeichen
  • 2:36 - 2:41
    für ein bisschen härteres ökonomisches
    Fahrwasser gegeben hat. Da gab es dann die
  • 2:41 - 2:46
    ersten Entlassungen und das war der
    Auslöser dafür, dass wir uns in der Firma
  • 2:46 - 2:50
    ein bisschen konkreter mit dem Gedanken
    auseinandergesetzt haben und letzten Endes
  • 2:50 - 2:54
    auch der Auslöser dafür, dass es diesen
    Talk eigentlich gibt. Unser Vorgehen ist
  • 2:54 - 2:58
    so: Thomas wird jetzt erstmal so ein
    bisschen was zum gesamten rechtlichen
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    Hintergrund und Rahmen zum Thema
    Betriebsrat geben. Es gibt das
  • 3:02 - 3:06
    Betriebsverfassungsgesetz, da wird er
    gleich noch ein bisschen ins Detail gehen.
  • 3:06 - 3:11
    Dann werden Lissim und ich so ein bisschen
    jeweils aus dem Nähkästchen des Betriebes
  • 3:11 - 3:15
    plaudern. Wie es eigentlich dazu kam, was
    die auslösenden Momente gewesen sind, wie
  • 3:15 - 3:19
    wir angefangen haben, uns im Betrieb zu
    organisieren, uns auch externe Hilfe zu
  • 3:19 - 3:23
    besorgen und wie es dann so weitergegangen
    ist. Ole erzählt dann was über die
  • 3:23 - 3:27
    Unterstützung von Gewerkschaften. Ohne die
    wären nämlich weder bei Lissim noch bei
  • 3:27 - 3:32
    uns die Sache so gut ins Laufen gekommen.
    Dann erzähl'n wir noch ein bisschen was
  • 3:32 - 3:36
    über den Prozess der Betriebsratswahl
    selber und über den aktuellen Stand in den
  • 3:36 - 3:42
    Betrieben.
    Thomas: Zur Einleitung. Es hieß ja auch
  • 3:42 - 3:46
    schon in der Einleitung, dass der Kollege
    keine Erfahrung hat mit Betriebsräten. Das
  • 3:46 - 3:51
    ist leider auch immer mehr Usus. Es gibt
    eine Untersuchung, dass ungefähr ein
  • 3:51 - 3:55
    Drittel der Betriebe in Deutschland
    überhaupt einen Betriebsrat haben. Und je
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    größer das Unternehmen oder
    der Betrieb ist, desto höher ist die
  • 3:58 - 4:02
    Wahrscheinlichkeit, dass es auch eine
    Interessenvertretung gibt. Was ist ein
  • 4:02 - 4:05
    Betriebsrat? Aus meiner Sicht ist ein
    Betriebsrat 'ne ziemlich gute Sache. Es
  • 4:05 - 4:10
    ist nämlich die Interessenvertretung bzw.
    der Anwalt der Beschäftigten gegenüber dem
  • 4:10 - 4:16
    Arbeitgeber. Da gibt es ja naturgemäß
    unterschiedliche Interessen. Und um da ein
  • 4:16 - 4:21
    Stück weit 'nen Ausgleich hinzubekommen
    und damit auch die Beschäftigten starkes…
  • 4:21 - 4:26
    eine starke Stimme haben gegenüber dem
    Arbeitgeber hat sich der Gesetzgeber vor
  • 4:26 - 4:31
    99 Jahren mal überlegt, ein
    Betriebsrätegesetz zu erlassen. Das
  • 4:31 - 4:36
    heutige Betriebsverfassungsgesetz ist ein
    relativ dünnes Büchlein, was aber doch
  • 4:36 - 4:42
    einige gute Instrumente beinhaltet. In
    diesem Gesetz stehen auch die Aufgaben,
  • 4:42 - 4:47
    Rechte und Pflichten eines Betriebsrates.
    Und es sichert im Grunde genommen die
  • 4:47 - 4:53
    Mitbestimmung der Beschäftigten im Betrieb
    ab. Wir haben eine ganze Reihe von Themen,
  • 4:53 - 4:58
    die ein Betriebsrat mitbestimmen kann. Das
    beginnt bei Fragen der Verteilung der
  • 4:58 - 5:03
    Arbeitszeit, bei Schichtplänen
    beispielsweise. Er hat die Aufgabe, die
  • 5:03 - 5:07
    Gesetze zu überwachen. Oder wenn es einen
    Tarifvertrag auch gibt in dem Betrieb,
  • 5:07 - 5:13
    dann auch den Tarifvertrag. Die Sicherung
    der Beschäftigung, das heißt, im Falle von
  • 5:13 - 5:17
    wirtschaftlichen Schwierigkeiten und einer
    drohenden Massenentlassung hat der
  • 5:17 - 5:22
    Betriebsrat ein gehöriges Wörtchen
    mitzureden. Und damit das aber alles ins
  • 5:22 - 5:26
    Laufen kommen kann oder der Betriebsrat
    überhaupt arbeiten kann, braucht es auch
  • 5:26 - 5:30
    Beschäftigte, die sich auf den Weg machen.
    Wir hören ja gleich zwei Beispiele, wie
  • 5:30 - 5:39
    das funktionieren kann. Die Hürde, die das
    Gesetz auferlegt hat, ist relativ gering.
  • 5:39 - 5:43
    Es braucht nur fünf Beschäftigte in einem
    Betrieb, und dann kann ein Betriebsrat
  • 5:43 - 5:47
    gewählt werden. Die Größe dieses Gremiums
    ist dann abhängig von der Zahl der
  • 5:47 - 5:53
    Beschäftigten in dem jeweiligen Betrieb.
    Da gibt es bestimmte Staffelung, beginnt
  • 5:53 - 6:02
    dann bei einem Mitglied im Betriebsrat und
    hat nach oben hin keine Grenze. Genau, das
  • 6:02 - 6:05
    vielleicht sozusagen zu dem rechtlichen
    Hintergrund. Wenn es da noch einmal
  • 6:05 - 6:10
    konkretere Fragen gibt, dann gerne nachher
    im Q&A beziehungsweise auch nach dem Talk
  • 6:10 - 6:20
    stehen Ole und ich dann auch nochmal für
    individuelle Fragen zur Verfügung.
  • 6:20 - 6:26
    Lissim: Genau und damit zum praktischeren
    Teil, zur Frage „Warum kommt es in einem
  • 6:26 - 6:31
    Berliner Techno-Betrieb dazu, dass Leute
    einen Betriebsrat gründen wollen?“ Ich
  • 6:31 - 6:37
    denke, dass so diese Techno-Branche das
    perfekte Fahrwasser ist, in dem sich so
  • 6:37 - 6:41
    schlechte Arbeitsbedingungen verschleiern
    lassen. Aus einer Reihe von Gründen.
  • 6:41 - 6:48
    Einerseits arbeitet man quasi, wo andere
    Urlaub machen respektive feiern. Das
  • 6:48 - 6:56
    heißt, es wird so ein soziales Konstrukt
    Techno-Club irgendwie gebaut, wo es schon
  • 6:56 - 7:01
    ein Teil von einem positiven Lebensgefühl
    darstellt, da irgendwie ein Teil von zu
  • 7:01 - 7:05
    sein und dort arbeiten zu dürfen. Man hat
    Gästeliste, man hat Freisuff und so
  • 7:05 - 7:11
    weiter. Alles ist irgendwie so positiv
    konnotiert, und dass dahinter aber Rechte,
  • 7:11 - 7:16
    also Arbeitsrechte verletzt werden und die
    Arbeitsbedingungen relativ scheiße sind
  • 7:16 - 7:20
    oder scheiße sein können, muss ja nicht
    immer so sein, das wird dann halt sehr
  • 7:20 - 7:25
    schnell verschleiert. Dazu kommt, dass
    relativ viele, aber eben bei Weitem nicht
  • 7:25 - 7:34
    alle in dieser Branche Minijobs, oder
    Midijobs oder so Übergangsjobs haben. Also
  • 7:34 - 7:38
    so ein bisschen an der Bar aushelfen, um
    sich das Studium zu finanzieren zum
  • 7:38 - 7:43
    Beispiel, sodass letztendlich die Leute,
    die wirklich langfristig in dem Bereich
  • 7:43 - 7:47
    arbeiten, ein bisschen untergehen im
    Fahrwasser und es immer heißt: „Naja,
  • 7:47 - 7:53
    macht man halt für eine Weile, aber ist ja
    keine Langzeitperspektive.“ Stimmt aber so
  • 7:53 - 7:58
    nicht. Also ich persönlich arbeite seit
    über zehn Jahren in der Branche, und ich
  • 7:58 - 8:01
    kenne viele andere, die auch über viele
    Jahre das machen und wo das eben so ein
  • 8:01 - 8:06
    lebenssichernder Job ist und nicht nur
    eine Übergangssituation, um sich was
  • 8:06 - 8:12
    anderes zu finanzieren. Ein weiterer
    Aspekt ist, dass diese Clubs oft so
  • 8:12 - 8:18
    inhabergeführt sind und dass das so die
    Konstellation ist, in der es am
  • 8:18 - 8:24
    schwierigsten ist, die ArbeitnehmerInnen
    zu organisieren, weil sozusagen der
  • 8:24 - 8:32
    Inhaber oft so wie ein kleiner Herrscher,
    wie ein kleiner Diktator über seinen Laden
  • 8:32 - 8:38
    bestimmt und sich da nicht reinreden
    lassen will. Also sozusagen eine ganz
  • 8:38 - 8:44
    vehemente Gegenwehr gegen jede Art von
    Mitbestimmung gibt, die nicht durch eine
  • 8:44 - 8:50
    selbst installierte Hierarchie sozusagen
    zustande kommt. Genau, das sind alles so
  • 8:50 - 8:59
    Sachen, die Hintergründe, die die
    Organisierung in solchen Betrieben denkbar
  • 8:59 - 9:03
    schwierig machen. Leute, die sich gegen
    die Arbeitsbedingungen wehren, werden
  • 9:03 - 9:08
    tendenziell eher gefeuert. Also
    Kündigungsschutz interessiert dann ja auch
  • 9:08 - 9:15
    niemanden. Und die Motivation, sich so zu
    organisieren, wenn man eben nur im Minijob
  • 9:15 - 9:19
    arbeitet, ist relativ gering. Das heißt,
    es ist schwierig, so Mitstreiterinnen zu
  • 9:19 - 9:22
    finden, wenn man dann mal wirklich sagt:
    "OK, man möchte da dran jetzt etwas
  • 9:22 - 9:30
    ändern." Das ist so ein bisschen der
    Hintergrund, wie das zustande gekommen
  • 9:30 - 9:34
    ist, dass sich dann mal Leute gefunden
    haben, die gesagt haben: "Da muss jetzt
  • 9:34 - 9:41
    mal was passieren." Ergänzend: Ich weiß
    nicht, wie firm ihr hier mit dem Berliner
  • 9:41 - 9:44
    Techno-Business seid. Aber das ist auf
    jeden Fall in den letzten Jahren richtig
  • 9:44 - 9:50
    krass durch die Decke gegangen. Die
    Gästezahlen steigen, die Clubs... Also
  • 9:50 - 9:54
    klar, auf der einen Seite werden Clubs
    geschlossen, auf der anderen Seite ist
  • 9:54 - 9:59
    aber... Die Partys werden immer länger und
    immer mehr Partyreihen schießen aus dem
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    Boden. Also, da steckt wahnsinnig viel
    Geld drin. Es kommt aber ganz unten nicht
  • 10:04 - 10:12
    so viel davon an. Deswegen gab es dann
    eben mal so ein Bedürfnis, sich damit zu
  • 10:12 - 10:16
    beschäftigen.
    Hüpno: Also ein paar Aspekte von denen,
  • 10:16 - 10:20
    die Lissim gerade aufgeführt hat, treffen
    auch für meinen Arbeitgeber zu. Auch wenn
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    wir eben keine Disco sind. Aber wir sorgen
    mit den Produkten dafür, dass in der Disco
  • 10:25 - 10:31
    überhaupt Musik läuft. Also wir stellen
    Musiksoft- und Hardware her und sind in
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    manchen Bereichen auch Marktführer, sind
    global aufgestellt, hatten mal über 600
  • 10:36 - 10:41
    Beschäftigte an Standorten über die ganze
    Welt verteilt. Und das Ganze hat eine
  • 10:41 - 10:47
    etwas andere Richtung genommen vorletztes
    Jahr im Herbst. Bis dahin war eigentlich
  • 10:47 - 10:51
    das Thema Betriebsrat auch immer so... Es
    hat mal jemand angesprochen, und die
  • 10:51 - 10:55
    Resonanz war aber auch immer eher so ein
    bisschen mau, weil bis dahin lief
  • 10:55 - 11:02
    eigentlich immer alles ganz gut und es gab
    wenig Konflikte mit der Geschäftsleitung.
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    Es gab ganz angenehme Arbeitsbedingungen,
    es gibt vor allem auch etwas
  • 11:08 - 11:14
    außergewöhnliches Teamgefühl in der Firma.
    Das heißt, die Leute arbeiten jetzt nicht,
  • 11:14 - 11:18
    sagen wir mal so, als würden sie einfach
    nur Bohrmaschinen herstellen, sondern
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    viele bringen so ein bisschen Leidenschaft
    für Musik und für das Business mit, was
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    vielleicht auch ein etwas anderes Gefühl
    für die einzelnen Beschäftigten,
  • 11:27 - 11:31
    immer ausgemacht hat. Und dann ging
    es halt los, dass vorletztes Jahr im
  • 11:31 - 11:38
    Herbst in einer Auslandsfiliale die ersten
    30 Leute entlassen wurden, weil ein
  • 11:38 - 11:42
    Projekt, was man sich vorgenommen hat,
    nicht in dem Maße Fahrt aufgenommen hat,
  • 11:42 - 11:47
    wie man uns das immer erzählt hat. Und da
    haben sich die ersten Kollegen mal so ein
  • 11:47 - 11:50
    bisschen Gedanken gemacht, ob es nicht
    vielleicht jetzt doch auch Zeit wäre, sich
  • 11:50 - 11:56
    mal zu organisieren. Und da gab es so
    ersten Gespräche, der erste Kern hat sich
  • 11:56 - 12:02
    gefunden, und... Dann hat es aber, weil es
    auch nicht in Berlin in der Zentrale war,
  • 12:02 - 12:07
    sondern einmal um den halben Globus
    entfernt, dieses Gefühl auch bald wieder
  • 12:07 - 12:11
    so ein bisschen abgeschwächt. Und es hat
    dann nochmal fast ein Dreivierteljahr
  • 12:11 - 12:14
    gebraucht bis dann in Berlin die
    Massenentlassungen angefangen haben. Da
  • 12:14 - 12:18
    sind dann auf ersten Schlag schon mal 25
    Leute gegangen. Eine ganze Abteilung wurde
  • 12:18 - 12:23
    zugemacht und da hat das eigentlich erst
    bei uns so das Momentum gewonnen, dass
  • 12:23 - 12:26
    man gesagt hat: „Jetzt müssen wir wirklich
    etwas machen.“, weil auch viele Leute das
  • 12:26 - 12:31
    Gefühl hatten, dass damit das Ende der
    Fahnenstange noch nicht erreicht ist.
  • 12:31 - 12:35
    Gleichzeitig haben wir aber auch schon ein
    Stück vorher festgestellt, dass es gar
  • 12:35 - 12:38
    nicht so einfach ist, sich einfach mal das
    Betriebsverfassungsgesetz zur Hand zu
  • 12:38 - 12:42
    nehmen oder einen Browser zu öffnen und zu
    sagen „So. Wo finde ich denn jetzt so eine
  • 12:42 - 12:46
    Step by step-Anleitung, wie man das macht
    mit dem Betriebsrat?“ Wir haben das
  • 12:46 - 12:49
    versucht und haben festgestellt, dass es
    doch ein bisschen komplexer und man
  • 12:49 - 12:53
    braucht vielleicht Unterstützung, haben
    uns mal bei einer Gewerkschaft gemeldet,
  • 12:53 - 12:58
    mit der Annahme, man ruft da an, und die
    empfangen einen mit offenen Armen und
  • 12:58 - 13:01
    sagen: „Klar beraten wir euch.“ Wir haben
    da angerufen, und die haben gesagt: „Ja,
  • 13:01 - 13:05
    klar, beraten wir euch. Aber dann müsst
    Ihr erst mal Mitglieder bei uns werden.“
  • 13:05 - 13:08
    Was wir so ein bisschen als eine Hürde
    empfunden haben, die uns so ein bisschen
  • 13:08 - 13:13
    den Wind aus den Segeln genommen haben.
    Und erst im nächsten Anlauf haben wir dann
  • 13:13 - 13:16
    irgendwie gesagt: „Wir wollen noch mit ein
    paar anderen Gewerkschaften sprechen“, und
  • 13:16 - 13:19
    sind dann bei einer anderen gelandet, die
    das Ganze anders gemacht hat. Die haben
  • 13:19 - 13:23
    uns erst beraten, und dann mussten wir
    Mitglieder werden. Kichert Nein, wir
  • 13:23 - 13:28
    mussten nicht, wir durften. Lacht Nein,
    wir wollten tatsächlich auch, weil wir
  • 13:28 - 13:33
    auch gemerkt haben, dass so ein Back-up in
    der Beziehung wirklich total wertvoll ist,
  • 13:33 - 13:37
    dass da geballtes Wissen dahintersteckt
    und auch Strategien, die man, wenn man
  • 13:37 - 13:40
    nicht in der Materie drinsteckt, für sich
    eigentlich gar nicht erst einmal so
  • 13:40 - 13:44
    richtig entwickeln kann. Wie ging es denn
    bei euch dann so weiter?
  • 13:44 - 13:48
    Lissim: Ja, genau. Bei uns war das ein
    bisschen so ähnlich. Dadurch, dass es
  • 13:48 - 13:52
    schon verschiedene Anläufe gegeben hatte,
    sich irgendwie im Betrieb zu organisieren
  • 13:52 - 13:56
    oder zumindest mal so anzusprechen, dass
    nicht alles optimal läuft und die Leute
  • 13:56 - 13:59
    irgendwie immer von der Bildfläche
    verschwunden sind, auf die eine oder
  • 13:59 - 14:04
    andere Art und Weise, war dann für mich,
    als ich das Thema angegangen bin, klar:
  • 14:04 - 14:09
    Ich will auf jeden Fall auch eine
    Gewerkschaft und am liebsten eine große im
  • 14:09 - 14:14
    Rücken haben, einfach um auch Rechtsschutz
    und eine gewisse Rechtssicherheit zu haben
  • 14:14 - 14:18
    und hab dann quasi auch Klingelputzen
    gemacht. Das war dann mit dem Club-Betrieb
  • 14:18 - 14:25
    auch nicht so einfach, weil ich selber
    arbeite in der Security und dann waren die
  • 14:25 - 14:31
    einen: „Naja, dann geh doch mal zu so
    einer Sicherheitsgewerkschaft“ dies das.
  • 14:31 - 14:35
    und die nächsten haben gesagt: „Ja, nee,
    Nahrungsmittel, Gaststätte. Weil ihr seid
  • 14:35 - 14:39
    ja irgendwie so eine Art Gaststätte.“
    Genau, das waren aber alles nicht so die
  • 14:39 - 14:45
    Gewerkschaften meiner Wahl, und am Ende
    hab ich mir dann halt eine gesucht und hab
  • 14:45 - 14:48
    bei denen so lange die Abteilungen
    durchtelefoniert, bis ich jemanden
  • 14:48 - 14:54
    gefunden habe, der gesagt hat "Ja, ok,
    machen wir." Und das war dann aber
  • 14:54 - 15:01
    insgesamt was fast anderthalbjähriger
    Prozess, bis ich auch ausreichend
  • 15:01 - 15:06
    Mitstreiter im Club tatsächlich gefunden
    habe, weil alle bei Betriebsrat - also
  • 15:06 - 15:10
    fast alle, mit denen ich gesprochen habe,
    waren total begeistert und fanden es
  • 15:10 - 15:14
    übernotwendig und super. Endlich passiert
    mal was, und wenn ich dann aber gefragt
  • 15:14 - 15:18
    habe: Okay, macht ihr mit? Seid ihr in der
    Gründungsgruppe mit dabei? War so: Boah
  • 15:18 - 15:21
    nee, ey. Ich brauche diesen Job echt.
    Ich... mitmachen kann ich da nicht. Ich
  • 15:21 - 15:25
    finde es super, aber mitmachen kann ich da
    nicht. Genau, und dann tatsächlich Leute zu
  • 15:25 - 15:30
    finden, die quasi den Kopf in die Schlinge
    stecken, sozusagen, und sozusagen mit in
  • 15:30 - 15:37
    der ersten Reihe stehen, hat anderthalb
    Jahre konspirativ Leute ansprechen und
  • 15:37 - 15:43
    versuchen, Einzelpersonen zu gewinnen.
    Dafür braucht man ein bisschen
  • 15:43 - 15:46
    Sitzfleisch, sage ich mal.
    Hüpno: Da hat bei euch auf jeden Fall der
  • 15:46 - 15:50
    Leidensdruck gefehlt, würde ich sagen. So
    ein bisschen, das war bei uns eher das
  • 15:50 - 15:53
    Ausschlaggebende. Das auf einmal, als in
    Berlin die ersten Entlassungen
  • 15:53 - 15:58
    stattgefunden haben, die Leute gemerkt
    haben: Oh, jetzt ist ja alles ein bisschen
  • 15:58 - 16:02
    anders. Es wurde tatsächlich von vielen
    Kollegen, auch von leitenden Angestellten,
  • 16:02 - 16:07
    die schon lange in der Firma sind, als
    umfassender Kulturbruch empfunden, wie da
  • 16:07 - 16:11
    vorgegangen wurde. Dass so von einem Tag
    auf den anderen wirklich mit so einer
  • 16:11 - 16:14
    morgendlichen Ankündigung: So, diese
    Abteilung wird geschlossen. Die Leute, die
  • 16:14 - 16:18
    davon betroffen sind erhalten dann im
    Laufe des Tages Ihre Einladung, um sich
  • 16:18 - 16:24
    dann Ihre Papiere abzuholen und dürfen
    dann auch noch am selben Tag das
  • 16:24 - 16:27
    Betriebsgelände verlassen und danach nicht
    mehr betreten. Computer sind abends
  • 16:27 - 16:30
    abzugeben, es wurden überhaupt keine
    Übergaben gemacht, nichts dergleichen. Es
  • 16:30 - 16:34
    wurde wirklich versucht, so hart, wie es
    geht, abzuschneiden. Das war ein totaler
  • 16:34 - 16:37
    Bruch in der Firmenkultur, und da gab es
    dann auf einmal auch Leute, die gesagt
  • 16:37 - 16:41
    haben: Okay, ich finde das nicht nur
    prinzipiell gut, sondern ich würde mich da
  • 16:41 - 16:46
    auch für engagieren. Es hat sich dann eine
    Gruppe von zu diesem Zeitpunkt waren
  • 16:46 - 16:51
    sieben Leute geformt, die das Ganze auch
    unter hoher Geheimhaltung erst einmal
  • 16:51 - 16:54
    gemacht haben, weil es immer die Angst
    gab: Sobald es irgendwie offensichtlich
  • 16:54 - 17:00
    ist, kann man sich als nächster dann die
    Papiere abholen. Und wir waren zu siebt.
  • 17:00 - 17:06
    Und dann kam ein Tag, Ende des Sommers, wo
    dann nochmal 200 Leute entlassen wurden,
  • 17:06 - 17:10
    und da war die Gruppe dann wiederum auch
    deutlich kleiner, da sind auch nochmal aus
  • 17:10 - 17:15
    dieser Vorbereitungsgruppe Leute entlassen
    worden. Und es war aber auch noch
  • 17:15 - 17:19
    einfacher, um das jetzt mal so ein
    bisschen zynisch zu sagen, Kolleginnen und
  • 17:19 - 17:24
    Kollegen zu finden, die an der Stelle
    mitmachen, weil einfach klar war diese
  • 17:24 - 17:28
    ganze Blümchenzeit mit der
    Geschäftsleitung, irgendwie alles total
  • 17:28 - 17:35
    nett miteinander, und so, ist irgendwie
    vorbei. Und wir haben dann eben relativ
  • 17:35 - 17:39
    straight uns mit der Gewerkschaft
    zusammengesetzt, geguckt: Was brauchen
  • 17:39 - 17:44
    wir? Wie kann das losgehen? Wie ist
    eigentlich die Struktur? Und wie viel
  • 17:44 - 17:48
    Kandidierende brauchen wir, um
    einigermaßen vernünftig um ein - bei
  • 17:48 - 17:52
    unserer Betriebsgröße - neuner
    Betriebsratsgremium voll zu kriegen? Man
  • 17:52 - 17:56
    muss dabei immer ein bisschen gucken, dass
    die Leute auch ausscheiden. Das heißt, mit
  • 17:56 - 18:00
    neun Kandidierenden für ein neuner Gremium
    ist man auf jeden Fall zu wenig unterwegs.
  • 18:00 - 18:05
    Der Tipp war da guckt, dass Sie ungefähr
    doppelt so viele Leute habt. Und als wir
  • 18:05 - 18:07
    die zusammen hatten, so halbwegs, ja. Ne,
    eigentlich hatten wir sogar schon ein
  • 18:07 - 18:11
    bisschen früher angefangen, haben gesagt:
    Wir wagen uns aus der Deckung und hoffen,
  • 18:11 - 18:15
    dass auch in dem Moment, wo das Ganze
    öffentlich wird, sich noch weitere
  • 18:15 - 18:20
    Kolleginnen und Kollegen dazu committen
    und sagen: Wir machen das.
  • 18:20 - 18:23
    Lissim: Genau das war bei uns tatsächlich
    ähnlich. Wir waren erst mal eine sehr
  • 18:23 - 18:31
    kleine, konspirative Gruppe. Ich glaube,
    so circa fünf haben dann die Gewerkschaft
  • 18:31 - 18:35
    angesprochen und haben über die
    Gewerkschaft das dann öffentlich gemacht
  • 18:35 - 18:40
    im Betrieb, in der Hoffnung, dass sich da
    noch mehr Leute begeistern oder sich dann
  • 18:40 - 18:45
    trauen, auch zu kandidieren. Das hat so
    semi geklappt, würde ich sagen, dass es
  • 18:45 - 18:53
    dann eher so Leute kandidiert, die aus so
    einem arbeitgebernahen Umfeld waren. Aber
  • 18:53 - 18:58
    ja, dazu vielleicht später noch einmal
    mehr in der abschliessenden "Wo stehen wir
  • 18:58 - 19:03
    jetzt?"-Betrachtung.
    Genau, der nächste Punkt.
  • 19:03 - 19:06
    Hüpno: Ich würde nur einen Satz dazu sagen
    Hier gibt es einen ganz interessanten
  • 19:06 - 19:10
    Unterschied: Weil bei euch war es so, ihr
    habt die Gewerkschaft sprechen lassen. Bei
  • 19:10 - 19:17
    uns war es so, es haben sich drei Leute
    aus der Vorbereitungsgruppe bereiterklärt,
  • 19:17 - 19:23
    als Gruppe von Beschäftigten einen Aushang
    zu machen und eben einzuladen, zu der
  • 19:23 - 19:27
    ersten Wahlversammlung, wo dann ein
    Wahlvorstand gewählt wird, der wiederum
  • 19:27 - 19:30
    für die Betriebsräte... zu dem ganzen
    technischen Prozedere kommt noch ein
  • 19:30 - 19:33
    bisschen was. Aber das ist eben ein
    Unterschied, wo man schon mal sehen kann:
  • 19:33 - 19:36
    Entweder man macht es mit einem
    gewerkschaftlichen Backup, das sogar die
  • 19:36 - 19:40
    initiale Kommunikation übernehmen, oder
    aber die Gewerkschaft bleibt ein bisschen
  • 19:40 - 19:44
    weiter im Hintergrund, und das sind die
    Beschäftigten selber, die - etwas
  • 19:44 - 19:47
    martialische Sprache sei mir verziehen,
    aber sozusagen als erstes den Kopf aus dem
  • 19:47 - 19:53
    Schützengraben stecken. Es hat immer auch
    ein bisschen dieses Gefühl gehabt, bei uns
  • 19:53 - 19:59
    zumindest, ob das ein Krieg wird oder
    nicht, das zeigt sich erst, wenn die Katze
  • 19:59 - 20:07
    wirklich aus dem Sack ist.
    Ole: Genau jetzt kommen wir ins Spiel, als
  • 20:07 - 20:11
    Gewerkschaften tatsächlich. Die beiden
    haben es gerade beschrieben: Es gibt
  • 20:11 - 20:16
    unterschiedliche Wege, und diese
    unterschiedlichen Wegen gibt's in allen
  • 20:16 - 20:20
    Ausführungen, in allen Ausprägungen und in
    allen Bandbreiten. Also mal so aus dem
  • 20:20 - 20:25
    Nähkästchen geplaudert: Wir haben
    in den letzten Jahren viele
  • 20:25 - 20:29
    Betriebsratsgründungen gemacht, gerade in
    IT-Betrieben, in Startups, oft tatsächlich
  • 20:29 - 20:33
    leider nicht, bevor es gebrannt hat,
    sondern erst, wenn es gebrannt hat.
  • 20:33 - 20:37
    Meistens dann, wenn das Unternehmen
    verkauft wird, tatsächlich. Das ist
  • 20:37 - 20:41
    meistens dann der Punkt, wo der
    Leidensdruck entsteht oder wenn es, wenn
  • 20:41 - 20:45
    sie insolvent sind. Solche Fälle gab es
    auch, dass Kollegen bei mir im Büro saßen
  • 20:45 - 20:47
    und gesagt haben: Na ja, wir sind
    insolvent. Wir kriegen seit zwei Monaten
  • 20:47 - 20:51
    kein Gehalt mehr, können wir jetzt mal
    einen Betriebsrat gründen, um etwas zu
  • 20:51 - 20:55
    retten? Naja, da ist nicht mehr so viel zu
    retten. Tatsächlich gibt es kein Geld
  • 20:55 - 20:59
    mehr, wenn nicht mehr bezahlt wird. Dann
    rettet euch der Betriebsrat leider auch
  • 20:59 - 21:03
    nicht mehr an dem Punkt. Aber es gibt wie
    gesagt diese Bandbreite. Ist wirklich
  • 21:03 - 21:08
    tatsächlich unglaublich breit, um mal
    vielleicht die beiden extremen Beispiele
  • 21:08 - 21:13
    zu nennen? Es gibt ein deutsches
    Unternehmen mit einem - hier wurde es
  • 21:13 - 21:15
    Diktator genannt. Ich würde es so ein
    bisschen Firmenpatriarch nennen, also der
  • 21:15 - 21:18
    hat das Unternehmen mal gegründet, hat es
    groß gemacht, verdient relativ viel Geld
  • 21:18 - 21:25
    damit. Der ist irgendwie Choleriker vor
    dem Herrn. Hat tatsächlich mit Rumschreien
  • 21:25 - 21:28
    und Beleidigungen und Drohungen reagiert,
    als klar wurde: Wir wollen jetzt den
  • 21:28 - 21:31
    Betriebsrat gründen, weil er gesagt hat:
    Das ist mein Unternehmen. Ich lass mir
  • 21:31 - 21:37
    doch nicht von irgendjemandem reinreden.
    Das ist das Ende der Bandbreite. Auf der
  • 21:37 - 21:42
    anderen Seite der von dem, was da gibt,
    ist irgendwie in den malaiische Firmen
  • 21:42 - 21:45
    Investor und Inhaber, der bei uns
    angerufen hat, als Gewerkschaft gesagt hat
  • 21:45 - 21:48
    Ja, meine Beschäftigten wollen ein
    Betriebsrat. Wenn es deutsches Recht ist,
  • 21:48 - 21:51
    dann machen wir das. Wenn Sie Hilfe
    brauchen, Unterstützung brauchen, sagen
  • 21:51 - 21:55
    Sie Bescheid. Den kriegen Sie alles, was
    Sie brauchen. Das hat er auch eingehalten.
  • 21:55 - 21:59
    Tatsächlich. Das waren keine leeren Worte.
    Wir waren auch ein bisschen: Naja, macht
  • 21:59 - 22:02
    der das jetzt, weil sein Anwalt ihm das so
    gesagt hat? Ne, macht er nicht, sondern
  • 22:02 - 22:05
    hat es wirklich eingehalten. Wir brauchen
    die und die Daten, wir brauchen die
  • 22:05 - 22:07
    Mitarbeiterlisten und solche Geschichten.
    Haben wir gekriegt. Hat alles
  • 22:07 - 22:12
    funktioniert. Die haben 'nen Betriebsrat,
    alle sind zufrieden. Tatsächlich. Das ist
  • 22:12 - 22:17
    so die Bandbreite, und alles dazwischen
    gibts. Und tatsächlich unser großer
  • 22:17 - 22:22
    Vorteil ist als Gewerkschaft: Wir kennen
    diese Bandbreite, und ich würde auch sagen
  • 22:22 - 22:26
    inzwischen sind wir auch so gut, dass wir
    für alle von diesen Fällen einfach
  • 22:26 - 22:33
    Antworten und Strategien haben. Bei den
    Arbeitgebern ist es schon seit Jahren der
  • 22:33 - 22:39
    Standard, fast, dass Sie sich mit Union
    Busting beschäftigen. Wie kriegt man
  • 22:39 - 22:43
    Gewerkschaften und Interessenvertretungen
    eben aus dem Unternehmen raus, wenn sie
  • 22:43 - 22:47
    schon da sind? Oder wie hält man sie
    tatsächlich da raus? Da gibt's
  • 22:47 - 22:52
    Anwaltskanzleien, auch in Deutschland, die
    sich damit eine goldene Nase verdienen und
  • 22:52 - 22:57
    die tatsächlich wirklich wirklich viel
    Geld damit verdienen. Mit verschiedensten
  • 22:57 - 23:02
    Strategien, die teilweise legal sind,
    teilweise nicht legal sind. Aber auch da
  • 23:02 - 23:06
    gibt es Antworten. Wenn die Beschäftigten
    wollen, dann gelingt so ein
  • 23:06 - 23:10
    Betriebsratsgründung auch. Die kann halt
    länger dauern, wie wir gerade gehört
  • 23:10 - 23:12
    haben, es gibt halt Fälle, die gehen
    schneller, es gibt Fälle, die dauern
  • 23:12 - 23:15
    länger. Aber wenn die Beschäftigten am
    Ball bleiben, wenn die sagen, wir ziehen
  • 23:15 - 23:21
    es durch, dann gelingt die am Ende auch,
    die Gründung. An der Stelle vielleicht
  • 23:21 - 23:27
    einen Nebensatz, irgendwelche
    Mitarbeitervertretung, Sprecher, Räte,
  • 23:27 - 23:31
    wie auch immer man die nennt, sind keine
    sinnvolle Interessensvertretung. Also nur
  • 23:31 - 23:35
    weil jemand früher vielleicht gerne
    Schülersprecher war, macht es keinen Sinn,
  • 23:35 - 23:40
    so etwas in einem Unternehmen auch nochmal
    aufzubauen. Also alles, was nicht auf dem
  • 23:40 - 23:44
    Gesetz begründet liegt, macht am Ende
    keinen Sinn mehr, weil am Ende ist es nur
  • 23:44 - 23:48
    ein organisiertes Betteln. Also kann man
    auch dem Chef auch eine Email schreiben.
  • 23:48 - 23:52
    Bringt ungefähr genausoviel wie irgendwie
    so eine komische, selbstorganisierte
  • 23:52 - 23:57
    Mitarbeitervertretung einzurichten, weil
    das ist, gerade was ich beobachte in der
  • 23:57 - 24:02
    IT-Branche, ein Trend, den es gerade gibt
    zu sagen: Ja, wir brauchen doch nicht so
  • 24:02 - 24:06
    ein altbackenes, starres Ding mit dem
    Gesetz. Und dann müssen wir vielleicht
  • 24:06 - 24:09
    noch am Ende Höchstarbeitszeit einhalten
    und dürfen sonntags nicht mehr arbeiten,
  • 24:09 - 24:14
    und so ne schlimme Sachen. Sowas brauchen
    wir auch alles gar nicht. Wir können uns
  • 24:14 - 24:18
    doch einfach... wir denken und selber was
    aus, was für unser schnelles und agiles
  • 24:18 - 24:23
    Umfeld viel besser passt. Das Problem ist
    nur eben: die Kolleginnen und Kollegen,
  • 24:23 - 24:27
    die dann irgendwie, sich da engagieren für
    ihre Kolleginnen und Kollegen, haben
  • 24:27 - 24:31
    keinerlei Schutz, und sie haben keinerlei
    Rechtsgrundlage. Das heißt, am Ende müssen
  • 24:31 - 24:34
    sie um jeden, jeden Stift und Papier
    betteln, was sie vielleicht für ihre
  • 24:34 - 24:37
    Arbeit brauchen. Während tatsächlich im
    Betriebsverfassungsgesetz ganz klar
  • 24:37 - 24:41
    geregelt ist, dass alles, was die, was der
    Betriebsrat braucht, kriegt der fertig,
  • 24:41 - 24:45
    Ende, aus. Und da gibt es Urteile zu jedem
    Thema. Da kann man sich mit
  • 24:45 - 24:49
    Büroausstattung, mit IT und so weiter und
    so fort beschäftigen. Gibts alles, ist
  • 24:49 - 24:53
    alles ausgeurteilt. Das heißt, man hat
    eine Rechtsgrundlage, auf der man arbeiten
  • 24:53 - 24:58
    kann. Man hat eine sinnvolle
    Arbeitsgrundlage, und man kann am Ende
  • 24:58 - 25:00
    eben auch eine Arbeit für die Kollegen und
    Kollegen machen. Man muss sich nicht darum
  • 25:00 - 25:08
    streiten, ob einem ein Blatt Papier zu-
    steht oder nicht. Das ist tatsächlich ein
  • 25:08 - 25:13
    großer, ein großer Vorteil von diesem
    Gesetz. Und auch tatsächlich in einem
  • 25:13 - 25:17
    agilen Arbeitsumfeld und in einer modernen
    Arbeitswelt funktioniert auch dieses
  • 25:17 - 25:22
    Gesetz noch. Klar haben die Leute dies,
    ich glaube, 52 ist es das erste Mal
  • 25:22 - 25:27
    verabschiedet worden, die haben eine
    Fabrik im Kopf gehabt, wo Leute morgens
  • 25:27 - 25:31
    reingehen, nachher wieder rausgehen. Und
    das war der Betrieb, den die Leute, die
  • 25:31 - 25:36
    dieses Gesetz geschrieben haben, im Kopf
    hatten. Aber trotzdem wurde es natürlich
  • 25:36 - 25:40
    weiterentwickelt über die Jahre und gerade
    durch Urteile so ausgestaltet, dass eben
  • 25:40 - 25:47
    auch mit der modernen Arbeitswelt völlig
    problemlos funktioniert. Und wenn man
  • 25:47 - 25:52
    jetzt mal tatsächlich den Blick in die
    Branche macht, gibt's da Betriebe, die
  • 25:52 - 25:55
    haben eine sehr, sehr lange
    betriebsrätliche Geschichte und auch eine
  • 25:55 - 25:58
    gewerkschaftliche Geschichte. Klassiker
    ist klar, ich habe es vorhin schon gesagt,
  • 25:58 - 26:04
    die Telekom z.B. Was natürlich auch daran
    liegt, dass die Bundespost hervorgegangen
  • 26:04 - 26:06
    sind. Das gibt es schon immer
    Gewerkschaften, die präsent sind, da gibt
  • 26:06 - 26:10
    es immer Tarifverträge. Da gibt es schon
    immer Betriebsräte, auch sehr starke
  • 26:10 - 26:15
    Betriebsräte. Und dann gibts eben auch
    kleinere Unternehmen, die schon sehr lange
  • 26:15 - 26:21
    Betriebsräte haben und damit solche
    Erfolgserlebnisse, Erfolge haben und damit
  • 26:21 - 26:26
    dann ihre Unternehmenskultur nachhaltig
    verändert haben, zum einen und zum anderen
  • 26:26 - 26:29
    aber vor allen Dingen nachhaltig
    verbessert haben und vor allem die
  • 26:29 - 26:34
    Arbeitsbedingungen der Beschäftigten
    deutlich besser gestaltet haben als das,
  • 26:34 - 26:41
    was im Durchschnitt in der Branche ist,
    würde ich sagen. Vielleicht auch einmal zur
  • 26:41 - 26:46
    Rolle der Gewerkschaften zum Thema,
    klassisch, also was macht so eine Gewerkschaft
  • 26:46 - 26:50
    klassisch? Natürlich kennen Leute uns als
    Gewerkschaften, weil wir Tarifverträge
  • 26:50 - 26:54
    verhandeln, weil wir streiken und Leute
    stören, in ihrem Arbeitsumfeld oder ihrem
  • 26:54 - 26:59
    Tagesablauf. Aber wenn man mit Leuten aus
    einer IT-Branche redet, die sagen in der
  • 26:59 - 27:02
    Regel: Na ja, Geld ist gar nicht unser
    primäres Thema. Wir haben ganz andere
  • 27:02 - 27:05
    Themen, also wir wollen vielleicht gar
    nicht primär einen Tarifvertrag, sondern
  • 27:05 - 27:08
    wir wollen zum Beispiel, dass ihr uns
    unterstützt bei der Betriebsratswahl. Wir
  • 27:08 - 27:12
    wollen, dass ihr irgendwie auch uns als
    Betriebsrat unterstützt, wenn der gewählt
  • 27:12 - 27:15
    ist. Es ist ja auch nicht so, dass, sobald
    der Betriebsrat da ist, wir uns nie wieder
  • 27:15 - 27:18
    sehen lassen. Das heißt also auch, wir
    sind auch weiterhin für Betriebsräte da,
  • 27:18 - 27:22
    die gewählt sind und die da sind, sind wir
    auch weiterhin ansprechbar, beraten die
  • 27:22 - 27:29
    weiterhin, übernehmen teilweise auch
    Schulungen für die Betriebsräte. Aber
  • 27:29 - 27:34
    trotzdem müssen wir jetzt auch nicht, wenn
    die Leute es nicht wollen, irgendwie groß,
  • 27:34 - 27:38
    irgendwie Tarifauseinandersetzungen führen
    oder so 'ne Geschichten. Das zu machen ist
  • 27:38 - 27:44
    ja kein Selbstzweck tatsächlich, zu sagen,
    wir wollen jetzt aber unbedingt unser Ding
  • 27:44 - 27:47
    durchziehen und das machen, was wir
    wollen, sondern im Gegenteil. Alles, was
  • 27:47 - 27:53
    wir machen, sprechen wir natürlich vorher
    mit den Kolleginnen und Kollegen ab und
  • 27:53 - 27:56
    machen nichts über die Köpfe der
    Kolleginnen und Kollegen hinweg. Wenn zum
  • 27:56 - 28:00
    Beispiel Leute sagen: O.K., wir finden es
    jetzt eine schlechte Idee, dass wir
  • 28:00 - 28:04
    einladen z.B. zur Wahl, zur Versammlung,
    zur Gründung des Wahlvorstands, ladet doch
  • 28:04 - 28:10
    ihr bitte als Gewerkschaft ein, um die
    Leute zu schützen. Dann machen wir das.
  • 28:10 - 28:13
    Oder anders rum natürlich auch, wenn Leute
    sagen, Nö, wir fühlen uns da sicher genug,
  • 28:13 - 28:16
    und wir glauben, die Kolleginnen und
    Kollegen finden es gut, wenn wir das
  • 28:16 - 28:20
    machen, dann finden wir es auch gut. Dann
    sagen wir nicht: Nein, aber wir müssen
  • 28:20 - 28:28
    unbedingt einladen. Das
    tatsächlich dazu. Und bevor jetzt die
  • 28:28 - 28:34
    anderen beiden nochmal zu ihrer aktuellen
    Situation erzählen, wie es weitergeht,
  • 28:34 - 28:38
    vielleicht noch einen, sei mir noch ein
    letzter Satz zu eurer entweder Beruhigung
  • 28:38 - 28:43
    oder zu eurer Enttäuschung. Kommt drauf
    an, wo ihr jetzt steht und wie ihr es so
  • 28:43 - 28:48
    seht. Aber vielleicht nochmal ein letzter
    Satz: auch ein Betrieb mit Betriebsrat ist
  • 28:48 - 28:53
    kein sozialistischer Betrieb. Ob es jetzt
    für euch zur Beruhigung oder zur
  • 28:53 - 28:58
    Enttäuschung beiträgt, sei euch
    überlassen, diese Information, aber es ist
  • 28:58 - 29:02
    weiterhin ein kapitalistischer Betrieb. Es
    gibt weiterhin Direktionsrecht, es gibt
  • 29:02 - 29:04
    weiterhin das Weisungsrecht des
    Arbeitgebers. Da kommt ihr ja auch nicht
  • 29:04 - 29:09
    dran vorbei. Aber es gibt wenigstens einen
    Puffer zwischen dem Weisungs- und
  • 29:09 - 29:18
    Direktionsrecht des Arbeitgebers und dem
    einzelnen Beschäftigten, nämlich den Betriebsrat.
  • 29:18 - 29:23
    Thomas: Na ja, vielleicht nochmal zu dem
    Beispiel das vorhin fiel, wie diese
  • 29:23 - 29:27
    Massenentlassung gelaufen ist in einem
    Berliner Betrieb. So wäre es mit einem
  • 29:27 - 29:33
    Betriebsrat sicherlich nicht gelaufen. Da
    braucht es vorher nochmal intensive
  • 29:33 - 29:37
    Gespräche zwischen Arbeitgeber und
    Betriebsrat. Der Betriebsrat kann auch
  • 29:37 - 29:41
    eigene Vorschläge machen, wie die
    Massenentlassung zu verhindern ist,
  • 29:41 - 29:46
    beispielsweise, dass Beschäftigte in
    andere Abteilungen versetzt werden,
  • 29:46 - 29:51
    vielleicht auch neue Produkte entwickelt
    werden und immer vor dem Hintergrund oder
  • 29:51 - 29:56
    dem Ziel, die Beschäftigung zu erhalten im
    Betrieb. Und ich habe jetzt auch gerade
  • 29:56 - 30:01
    noch einen anderen Betrieb vor Augen in
    Berlin, wo auch Beschäftigte sich auf den
  • 30:01 - 30:04
    Weg gemacht haben, einen Betriebsrat zu
    gründen. Da war die Ansage der
  • 30:04 - 30:08
    Personalabteilung: Wer in der nächsten
    halben Stunde eine E-Mail erhält, verlässt
  • 30:08 - 30:13
    bitte den Betrieb. Es war nicht einmal im
    persönlichen Gespräch, sondern alle saßen
  • 30:13 - 30:18
    dann an ihrem Arbeitsplatz und haben auf
    die Uhr geguckt und gewartet, ob sie jetzt
  • 30:18 - 30:21
    diese ominöse E-Mail erhalten haben und
    damit die Kündigung. Und so geht es
  • 30:21 - 30:27
    einfach nicht, und deswegen braucht es
    Betriebsräte. Und ich finde, auch das ist
  • 30:27 - 30:31
    ein Totschlagargument vieler Arbeitgeber,
    auf das Ursprungsjahr des
  • 30:31 - 30:35
    Betriebsverfassungsgesetzes zu verweisen.
    Wir haben auch als IG Metall sehr viele
  • 30:35 - 30:39
    Betriebe, in denen das
    Betriebsverfassungsgesetz angewendet wird
  • 30:39 - 30:45
    und die einfach auch sehr innovativ sind.
    Dazu gibt es auch entsprechende Studien,
  • 30:45 - 30:48
    dass die Produktivität in Betrieben mit
    Betriebsrat höher ist und so weiter und so
  • 30:48 - 30:55
    fort. Insofern mein Plädoyer auch an alle
    Beschäftigten, sich auf den Weg zu machen,
  • 30:55 - 30:58
    auch vor dem Hintergrund, dass Standards,
    die wir uns in der Arbeitswelt in den
  • 30:58 - 31:02
    letzten Jahrzehnten oder Jahrhunderten mal
    erarbeitet haben, beispielsweise eine acht
  • 31:02 - 31:05
    Stunden Woche. Das ist ja alles nicht vom
    Himmel gefallen, sondern es wurde alles
  • 31:05 - 31:06
    mal
    Hüpno: Acht-Stunden-Woche?
  • 31:06 - 31:12
    Thomas: Acht-Stunden-Tag. Entschuldigung.
    Das wäre vielleicht das nächste Ziel. Aber
  • 31:12 - 31:15
    es gibt ja auch Länder, in denen die vier
    Stunden Woche ausprobiert wird. Und da
  • 31:15 - 31:19
    zeigt sich, dass das ein sehr, sehr gutes
    Beispiel ist. Vielleicht kommen wir dahin
  • 31:19 - 31:24
    auch nochmal. Aber da kommen wir natürlich
    nicht hin, wenn immer mehr Betriebe
  • 31:24 - 31:28
    überhaupt nicht mehr auf die Uhr schauen
    und quasi rund um die Uhr gearbeitet wird
  • 31:28 - 31:32
    bis zur völligen Erschöpfung. Da stellt
    sich auch die Frage, wie das denn mit
  • 31:32 - 31:40
    Familien-Aufgaben vereinbar ist. Insofern
    sehe ich mit guter Unterstützung mit
  • 31:40 - 31:44
    Begleitung der Gewerkschaften auf den Weg
    machen, um Betriebsräte zu gründen. Mein
  • 31:44 - 31:49
    Plädoyer.
    Lisam: Ja, genau das haben wir dann ja
  • 31:49 - 31:58
    auch gemacht. Bei uns ist dann jetzt der
    aktuelle Stand. Es wurde Anfang September
  • 31:58 - 32:04
    ein Betriebsrat gewählt, der ist auch
    neunköpfig mit einer kompletten
  • 32:04 - 32:09
    Freistellung beziehungsweise gesplittet
    auf zwei Teil-Freistellungen. Der ist seit
  • 32:09 - 32:18
    Ende September in Arbeit. Ich würde sagen,
    der Wahlkampf war kontrovers, weil sich,
  • 32:18 - 32:25
    hab ich ja schon angedeutet, so Leute
    aufgestellt haben, die im Team
  • 32:25 - 32:31
    Leitungspositionen waren und tendenziell
    eh schon mal in privilegierten Bereichen
  • 32:31 - 32:38
    im Club waren und nah an der
    Arbeitgeberseite dran. Und die Befürchtung
  • 32:38 - 32:43
    war, dass es tatsächlich so der Versuch
    ist, dieses Gremium komplett einzunehmen.
  • 32:43 - 32:53
    Das hat so nicht geklappt. Es ist auch ein
    Teil der Arbeitnehmer näheren Liste in den
  • 32:53 - 32:58
    Betriebsrat gewählt worden. Die
    Zusammenarbeit funktioniert tatsächlich
  • 32:58 - 33:04
    relativ gut. Ich war sehr skeptisch, aber
    es läuft. Aber tatsächlich habe ich das
  • 33:04 - 33:12
    Gefühl, die meisten haben vernünftige
    Ziele und tatsächlich das Beste für alle
  • 33:12 - 33:17
    Angestellten im Kopf. Es ist wahnsinnig
    anstrengend. Wir haben gerade wöchentlich
  • 33:17 - 33:23
    viele, viele Stunden Treffen, sehr viel
    Einarbeiten. Es ist ein sehr zähes Ringen
  • 33:23 - 33:32
    um jedes bisschen Einfluss. Die
    Geschäftsführung ist not amused. Sie lässt
  • 33:32 - 33:37
    das auch nicht offen raushängen, aber man
    merkt es so an der Art und Weise, wie man
  • 33:37 - 33:43
    jedes kleine Entgegenkommen sozusagen
    erkämpfen muss und erstreiten muss. Da
  • 33:43 - 33:48
    kommt nichts, da ist kein bisschen
    Offenheit und kein bisschen. Die sehen
  • 33:48 - 33:52
    auch die Win-Win Situation, die das haben
    könnte, einfach im Moment noch nicht. Das
  • 33:52 - 33:56
    kann man so als Fernziel vielleicht einmal
    anpeilen, dass sie das irgendwann
  • 33:56 - 34:00
    verstehen, dass es auch für sie ein
    Vorteil sein könnte. Momentan sehen Sie
  • 34:00 - 34:11
    das nur, dass da jetzt jemand mitreden
    will in Ihrem Laden. Das ist eigentlich
  • 34:11 - 34:16
    empörend quasi, dass sich jemand das
    anmaßt. Genau, aber das Ding gibt's jetzt
  • 34:16 - 34:20
    und we are here to stay, sage ich immer.
    Wir gucken, dass wir da jetzt das Beste
  • 34:20 - 34:25
    draus machen.
    Hüpno: Das mit der Win-Win-Situation ist
  • 34:25 - 34:31
    ein ganz schöner Stichpunkt für uns. Denn
    was schon nach den Entlassungen Ende
  • 34:31 - 34:36
    vorletzten Jahres sich gezeigt hat, ist
    bei einer anschließenden
  • 34:36 - 34:41
    MitarbeiterInnenbefragung waren die Werte,
    was das Vertrauen der Beschäftigten in die
  • 34:41 - 34:47
    Geschäftsleitung angeht, in einem
    katastrophalen Sinkflug. Als dann die
  • 34:47 - 34:52
    ersten Massenentlassungen in Berlin
    stattgefunden haben, war es eigentlich,
  • 34:52 - 34:55
    ich will nicht sagen, komplett vorbei,
    aber hat den Trend auf jeden Fall nochmal
  • 34:55 - 35:02
    beschleunigt. Die Vertrauensgrundlage der
    Geschäftsleitung bei den Beschäftigten
  • 35:02 - 35:07
    außerordentlich ramponiert war. Und dann
    haben sie sich hingestellt und gesagt: Ja,
  • 35:07 - 35:10
    jetzt, wo diese schmerzhaften Schnitte
    gemacht sind, würden wir doch gerne viel
  • 35:10 - 35:16
    darum geben, dieses verlorene Vertrauen
    auch wieder herzustellen. Als wir dann aus
  • 35:16 - 35:20
    der Deckung gegangen sind, sind ein paar
    Leute in unserer Geschäftsleitung, die
  • 35:20 - 35:26
    auch nicht alle ganz dumm sind, auch drauf
    gekommen, dass das für sie durchaus ein
  • 35:26 - 35:33
    Vehikel sein könnte, Vertrauen zu gewinnen
    und wiederherzustellen. Für uns war es
  • 35:33 - 35:36
    ziemlich spannend. Was passiert denn jetzt
    eigentlich, wenn wir diesen Wahlausgang
  • 35:36 - 35:39
    machen? Wenn die Katze aus dem Sack ist,
    nachdem wir die ganze Zeit so klandestin
  • 35:39 - 35:42
    gearbeitet haben? Wir sind dann direkt,
    nachdem wir diesen Aushang gemacht haben
  • 35:42 - 35:46
    in einer Gemeinschaftsfläche der Firma,
    zur Geschäftsleitung gegangen, haben der
  • 35:46 - 35:50
    Assistentin des CEOs diesen Aushang in die
    Hand gedrückt und gesagt, wir würden gerne
  • 35:50 - 35:55
    mal mit dem Geschäftsführer sprechen, das
    geht doch bestimmt, oder? Und die ist dann
  • 35:55 - 35:58
    mit dem Ding losgelaufen, kam wieder, ja,
    Gespräch überhaupt kein Problem. Aber
  • 35:58 - 36:03
    warum denn jetzt sofort? Weil das haben
    wir gerade ausgehängt, das ist also Stand
  • 36:03 - 36:07
    Jetzt. Und dann ging es auch ganz schnell,
    und wir wurden dann in einem sehr
  • 36:07 - 36:15
    spannenden Moment empfangen von unserem
    CEO und dem CLO, dem Chief Legal Officer.
  • 36:15 - 36:18
    Und die haben gesagt, wir dachten, ihr
    kommt schon gar nicht mehr. Wir haben auf
  • 36:18 - 36:26
    jeden Fall damit gerechnet, und ihr seid
    ja ganz schön spät dran. Wir finden es
  • 36:26 - 36:29
    schade, dass es jetzt so weit kommen
    musste, wir denken, das geht auch ohne.
  • 36:29 - 36:34
    Aber es ist ja nun mal euer gutes Recht,
    und wir haben schon immer mit dem
  • 36:34 - 36:37
    gearbeitet, was wir haben. Deswegen
    arbeiten wir auch mit euch. Okay. Das
  • 36:37 - 36:41
    heißt also, die Zeichen waren nicht ganz
    so auf Konfrontation, wie wir das
  • 36:41 - 36:46
    zumindest in einem der durchgespielten
    Szenarien uns so vorgestellt haben. Haben
  • 36:46 - 36:51
    dann eben eine Wahlveranstaltung
    durchgeführt, mit sehr großer Resonanz
  • 36:51 - 36:54
    innerhalb der Beschäftigten. Wir haben
    auch gedacht, dass viele Kolleginnen
  • 36:54 - 36:57
    vielleicht sagen: Nee, das ist doch jetzt
    der letzte Nagel im Sarg. Für die Firma
  • 36:57 - 36:59
    werden wir jetzt auch noch total
    unflexibel werden durch diese
  • 36:59 - 37:04
    Betriebsrats-Geschichte. Aber Skepsis ist
    uns eigentlich gar nicht entgegengekommen,
  • 37:04 - 37:11
    sondern sehr viel Support und ein bisschen
    Arbeit. Zum Ende der Kandidaturenphase
  • 37:11 - 37:16
    haben sich noch einige Leute
    durchgerungen, jetzt zu kandidieren. Wir
  • 37:16 - 37:20
    haben 18 Leute, die zur Wahl stehen, und
    neun kommen in dieses Gremium. Die Wahl
  • 37:20 - 37:24
    hat noch gar nicht stattgefunden. Das
    heißt, bei uns ist das alles gerade noch
  • 37:24 - 37:29
    im Prozess. Die Kandidaturen-Phase war
    kurz vor Weihnachten vorbei, und die Wahl
  • 37:29 - 37:38
    findet Mitte Januar statt.
    Ole: Genau diese Zusammenarbeit zwischen
  • 37:38 - 37:42
    dem Arbeitgeber an dem Fall abstrakt
    besprochen und den Beschäftigten und dem
  • 37:42 - 37:47
    Betriebsrat habe ich tatsächlich auch oft
    beobachtet. Da hatten wir zum Beispiel
  • 37:47 - 37:51
    einmal den Fall, dass wir die Wahl zum
    Wahlvorstand gemacht haben. Und der
  • 37:51 - 37:55
    Arbeitgeber hat sogar Bier und Snacks
    bezahlt und bereitgestellt, weil halt bei
  • 37:55 - 37:59
    jedem Meeting Bier und Snacks bezahlt
    werden. Und es war ein Meeting, also wurde
  • 37:59 - 38:05
    Bier und Snacks bezahlt. Hat den Nachteil
    gehabt, dass bei der Stimmauszählung dann
  • 38:05 - 38:12
    irgendwann der Gelächter im Saal bei der
    Stimmauszählung, bei der natürlich der
  • 38:12 - 38:16
    Wahlvorstand kein Alkohol getrunken hat,
    bis die Stimmen ausgezählt waren,
  • 38:16 - 38:23
    tatsächlich. Aber der CFO, also der Chief
    Financial Officer, irgendwann betrunken
  • 38:23 - 38:30
    und zugekokst war und sehr viel Redebedarf
    mit mir hatte, als Gewerkschafter. Das
  • 38:30 - 38:33
    kann dann auch so funktionieren. Das
    heißt, ich muss jetzt irgendwann noch
  • 38:33 - 38:39
    mit dem Essen gehen, aber das ist dann das
    Pech an meinem Job, aber gut. Aber auch da
  • 38:39 - 38:42
    funktioniert die Zusammenarbeit. Und da
    sei auch ein Betriebsrat, den Betriebsrat,
  • 38:42 - 38:46
    den ich mal ein bisschen als meinen
    Musterbetriebsrat vor mir her trage
  • 38:46 - 38:50
    tatsächlich inzwischen, weil die haben den
    Betriebsrat gegründet, weil die
  • 38:50 - 38:53
    Fluktuation einfach zu hoch war in der
    Firma, und sie einfach gesagt haben, wir
  • 38:53 - 38:56
    wollen nicht mehr, dass unsere ganzen
    guten Kolleginnen und Kollegen gehen, nur
  • 38:56 - 39:00
    weil sie einfach die Arbeitsbedingungen
    inzwischen so schlecht hier finden. Und da
  • 39:00 - 39:05
    ist tatsächlich in der kurzen Zeit, die im
    September gewählt und konstituiert,
  • 39:05 - 39:10
    seitdem ist schon die Fluktuation runter
    gegangen. Also tatsächlich messbar schon
  • 39:10 - 39:13
    runtergegangen. Weil das einzige
    Instrument, was Sie vorher hatten, um die
  • 39:13 - 39:16
    Fluktuation zu reduzieren, waren
    Interviews. Das heißt, die Leute haben
  • 39:16 - 39:19
    gekündigt, und dann haben sie Interviews
    mit denen geführt, warum sie gekündigt
  • 39:19 - 39:26
    haben und daraus wollten sie dann die
    Fluktuation eindämmen. Gut, hat nicht
  • 39:26 - 39:29
    funktioniert. Aber jetzt wieder die
    Fluktuation zu reduzieren mit einem
  • 39:29 - 39:32
    Betriebsrat hat zum Beispiel funktioniert.
    Und es gibt immer noch bei allen
  • 39:32 - 39:45
    Veranstaltungen Bier.
    Hüpno: Ich glaube, wir haben unsere
  • 39:45 - 39:47
    Stichpunkte, die wir uns alle so notiert
    haben, jetzt erst mal abgearbeitet, und
  • 39:47 - 39:53
    deswegen würde ich hiermit den Q&A-Teil
    eröffnen. Wir freuen uns über Fragen aller
  • 39:53 - 39:57
    Art und erzählen sicherlich auch noch ein
    bisschen weiter aus dem Nähkästchen.
  • 39:57 - 40:00
    Saalmikrofone sind ab jetzt offen.
  • 40:00 - 40:09
    Applaus
  • 40:09 - 40:16
    Herald: Wir haben drei Mikros eins, zwei
    und drei. Wenn ihr euch einfach dahinter
  • 40:16 - 40:20
    aufreiht, dann werde ich euch einfach
    wählen. Ich werde aber erst mal ganz kurz
  • 40:20 - 40:25
    mal gucken, ob vom Internet erst etwas
    gekommen ist und ich sehe ja.
  • 40:25 - 40:28
    Signal-Angel: Es sind tatsächlich Fragen
    gekommen. Wir haben in den vergangenen
  • 40:28 - 40:33
    Jahren viel über Verbindungen zwischen
    Betriebsrat und Geschäftsleitung, über
  • 40:33 - 40:38
    größere und kleinere Skandale mitbekommen.
    Und ich glaube, die kritische Angestellte
  • 40:38 - 40:42
    im IRC fragt deswegen "Wie gewährleistet
    der Betriebsrat, dass über persönliches
  • 40:42 - 40:46
    Interesse und Freundschaften nicht doch
    die Interessen der Vorgesetzten
  • 40:46 - 40:51
    durchgesetzt werden?" Als Nachsatz von
    mir: "Welche Hebel habe ich als
  • 40:51 - 41:03
    Angestellte, um da nach der Wahl noch
    irgendwie Einfluss zu nehmen?"
  • 41:03 - 41:09
    Thomas: Menschliche Verfehlungen gibt es
    immer. Aber natürlich sind Betriebsräte
  • 41:09 - 41:12
    angehalten, die Interessen der
    Belegschaften zu vertreten und nicht ihre
  • 41:12 - 41:15
    eigenen und schon gar nicht die der
    Vorgesetzten oder nicht der des
  • 41:15 - 41:19
    Arbeitgebers. Beispielsweise schreibt das
    Betriebsverfassungsgesetz vor, dass alle
  • 41:19 - 41:25
    drei Monate eine Betriebsversammlung
    durchzuführen ist. Das heißt, dort muss
  • 41:25 - 41:29
    der Betriebsrat Rechenschaft ablegen über
    die Arbeit der letzten Wochen und Monate.
  • 41:29 - 41:32
    Und da können natürlich die Belegschaften
    oder die Beschäftigten kritische Fragen
  • 41:32 - 41:37
    stellen. Und zugleich können Sie auch dem
    Betriebsrat Aufgaben mitgeben für die
  • 41:37 - 41:40
    nächste Zeit, die er dann bitte angehen
    soll. Und dadurch ist ein Stück weit die
  • 41:40 - 41:44
    Kontrolle gegeben, und spätestens nach
    vier Jahren gibt's ja regelmäßig
  • 41:44 - 41:49
    Betriebsratswahlen. Und wenn man dann halt
    mit Betriebsratsmitgliedern unzufrieden
  • 41:49 - 41:53
    ist, hat man immer noch die Möglichkeit,
    selber zu kandidieren und es in der
  • 41:53 - 41:57
    nächsten Legislaturperiode
    besser zu machen.
  • 41:57 - 42:01
    Herald: Eine ganz kurze Ankündigung: Wir
    haben inzwischen auch eine Übersetzung ins
  • 42:01 - 42:05
    Englische, also falls jemand im Saal ist,
    in case there is somebody here in the hall
  • 42:05 - 42:11
    who only speaks English, we have on
    streaming.c3lingo.org we also have
  • 42:11 - 42:15
    English translation running. That wasn't
    available at the beginning but now it is
  • 42:15 - 42:19
    there.
    Jetzt die nächste Frage, Nummer 2.
  • 42:19 - 42:24
    Mik 2: Guten Morgen. Vielen Dank für den
    Beitrag. Ich habe die Frage: "Was macht
  • 42:24 - 42:32
    denn überhaupt so ein Betriebsrat bzw. was
    hat er denn überhaupt für Möglichkeiten?
  • 42:32 - 42:37
    Ole: Ich fang dann an, vielleicht können
    die anderen noch mal ergänzen. Es gibt
  • 42:37 - 42:41
    tatsächlich abgestimmt... Das fängt an mit
    Informationsrechten. Das heißt also, der
  • 42:41 - 42:45
    Betriebsrat muss über Dinge informiert
    werden, kann sich dadurch ein Bild machen
  • 42:45 - 42:49
    von Vorgängen und kann dann die
    Beschäftigten informieren, das ist halt so
  • 42:49 - 42:53
    das kleinste oder das Recht mit dem
    wenigsten Hebel. Dann gibts das so
  • 42:53 - 42:58
    genannte Mitbestimmungsrechte Der
    Betriebsrat kann Dinge, die geplant sind,
  • 42:58 - 43:03
    Arbeitszeitmodelle zum Beispiel,
    Schichtpläne, falls es sowas gibt. IT-
  • 43:03 - 43:08
    Ausstattung, gerade vielleicht, welche IT-
    Systeme werden überhaupt genutzt, welche
  • 43:08 - 43:12
    Daten werden erfasst und so weiter. Da
    muss der Betriebsrat zustimmen tatsächlich
  • 43:12 - 43:17
    vorher. Das ist ein relativ starker Hebel,
    gerade in der Branche tatsächlich. Und
  • 43:17 - 43:20
    dann gibt es noch Dinge, zum Beispiel, wo
    der Betriebsrat zustimmen muss, die sonst
  • 43:20 - 43:25
    nicht gemacht werden dürfen, wie z.B. bei
    Einstellungen von neuen Leuten. Das so mal
  • 43:25 - 43:34
    als ein Beispiel.
    Herald: Dann Nummer 1.
  • 43:34 - 43:39
    Mik 1: Ja, danke für euren Vortrag. Ich
    würde gern mal auf das Thema des Vortrags
  • 43:39 - 43:42
    zurückgreifen. Wie gründe ich denn jetzt
    eigentlich einen Betriebsrat? Also nehmen
  • 43:42 - 43:46
    wir mal an, ich arbeite an einer kleinen
    Software Consulting-Firma, in der
  • 43:46 - 43:49
    eigentlich alles gut ist. Aber ich hätte
    Interesse, tatsächlich einen Betriebsrat
  • 43:49 - 43:54
    zu gründen, bevor es brennt. Was muss ich
    machen? Was sind die Rahmenbedingungen?
  • 43:54 - 43:57
    Und wenn ich jetzt sage Ich will mir eine
    Gewerkschaft dazu holen, die mich berät.
  • 43:57 - 44:02
    Was wäre denn eigentlich die richtige
    Gewerkschaft für mich?
  • 44:02 - 44:04
    Hüpno: Ich steige mal ein und gibt das
    Mikro dann vielleicht noch mal weiter,
  • 44:04 - 44:10
    weil wir es ja gerade durch haben. Das
    Betriebsverfassungsgesetz gibt hier den
  • 44:10 - 44:16
    Rahmen vor, dass man eben erstmal über
    Einladungen zu einer ersten
  • 44:16 - 44:22
    Betriebsversammlung, wo ein Wahlvorstand
    gewählt wird, den ganzen Prozess startet.
  • 44:22 - 44:27
    Und dieser Wahlvorstand dann dafür sorgt,
    dass alle Beschäftigten darüber informiert
  • 44:27 - 44:32
    werden, dass dann und dann die
    Kandidaturenphase beginnt, wo alle Leute
  • 44:32 - 44:37
    ihre Kandidaturen einreichen können. Und
    daraus wiederum gibt es feste Fristen.
  • 44:37 - 44:40
    Daraus ergibt sich dann ein Termin, wann
    die eigentliche Betriebsratswahl
  • 44:40 - 44:43
    stattfindet. Da aber, wie gesagt, niemand
    sich eigentlich hinsetzt und dieses
  • 44:43 - 44:48
    Betriebsverfassungsgesetz auf eigene Faust
    durcharbeitet und daraus ableitet, wann
  • 44:48 - 44:53
    welcher Schritt wie zu machen ist, ist der
    Schritt zu einer Gewerkschaft ziemlich
  • 44:53 - 44:58
    naheliegend. Wir haben uns, wie gesagt,
    umgeguckt, und wir sind dann bei der IG-
  • 44:58 - 45:01
    Metall gelandet. Wir haben uns auch
    nochmal so kurz am Kopf gekratzt. Warum
  • 45:01 - 45:06
    eigentlich IG Metall? Was haben die mit IT
    zu tun? Und die Antwort war dann so
  • 45:06 - 45:11
    einfach wie bestechend. Sowohl HP als auch
    IBM haben früher Schreibmaschinen
  • 45:11 - 45:16
    hergestellt. Und das ist sozusagen die
    historische Wurzel, wo sozusagen deren IT-
  • 45:16 - 45:21
    Abteilungen rausgekommen sind. Aber mein
    Rat wäre auf jeden Fall, mal mit einer
  • 45:21 - 45:27
    Gewerkschaft zu sprechen, um dann an der
    Stelle zu gucken, wie kann man vorgehen?
  • 45:27 - 45:30
    Wie sammelt man am besten sozusagen
    Gleichgesinnte, um das Ganze
  • 45:30 - 45:37
    voranzubringen? Und wie macht
    man es dann ganz konkret?
  • 45:37 - 45:43
    Ole: Die Diskussion, welche Gewerkschaft
    die zuständige ist, ist eine relativ komplexe.
  • 45:43 - 45:47
    Es gibt eine Faustregel, die würde ich
    gerne hier formulieren. Wenn es eine DGB-
  • 45:47 - 45:51
    Gewerkschaften ist, ist erst mal schon mal
    eine gute Idee. Wenn da mal christlich
  • 45:51 - 45:56
    dran steht und ein gelbes Logo haben, geht
    da nicht hin. Das sind tatsächlich die
  • 45:56 - 46:01
    Gewerkschaften, die machen nichts anderes
    als Lohndumping. Wenn es eine DGB-
  • 46:01 - 46:04
    Gewerkschaften ist, geht erstmal hin. Die
    werden dann schon sagen, ob ihr da richtig
  • 46:04 - 46:08
    seid oder nicht, und ihr müsst auch kein
    Mitglied sein vorher, um mal Hallo zu
  • 46:08 - 46:15
    sagen und zu fragen, ob ihr überhaupt
    richtig seid. Das nochmal als Ergänzung.
  • 46:15 - 46:21
    Herald: Mikrofon 2.
    Mic 2: Ab welcher Betriebsgröße ist ein
  • 46:21 - 46:26
    Betriebsrat möglich?
    Thomas: Das Gesetz schreibt vor, es müssen
  • 46:26 - 46:33
    fünf Beschäftigte sein, die über 18 sind.
    Davon sollen drei auch wählbar sein.
  • 46:33 - 46:40
    Wählbar heißt auch über 18 und mindestens
    sechs Monate im Betrieb, am Tag der Wahl.
  • 46:40 - 46:43
    Das ist sozusagen die
    Mindestvoraussetzung, die ein Großteil der
  • 46:43 - 46:50
    Betriebe in Deutschland erfüllt.
    Herald: Mikrofon 1.
  • 46:50 - 46:52
    Mik 1: Wie ist das mit dem
    Kündigungsschutz bei
  • 46:52 - 47:00
    Teil-Freistellung von Betriebsräten?
    Thomas: Betriebsräte oder Mitglieder des
  • 47:00 - 47:04
    Betriebsrates haben qua Funktion, weil sie
    Mitglied des Betriebsrates sind, einen
  • 47:04 - 47:08
    Sonderkündigungsschutz. Das hat mit der
    Freistellung nichts zu tun. Und es gibt
  • 47:08 - 47:13
    auch den Sonderkündigungsschutz für die so
    genannten Ersatz Mitglieder im Falle einer
  • 47:13 - 47:16
    Verhinderung. Das ordentliche Mitglied des
    Betriebsrates ist beispielsweise im
  • 47:16 - 47:22
    Urlaub. Da muss das Gremium auch möglichst
    vollzählig sein. Deswegen kommt ein
  • 47:22 - 47:25
    Ersatzmitglied mit rein, und diese
    Person hat dann auch ein Jahr
  • 47:25 - 47:29
    Kündigungsschutz, besonderen
    Kündigungsschutz.
  • 47:29 - 47:33
    Hüpno: Aber ansonsten: Für die Mitglieder
    des Betriebsrats gilt Kündigungsschutz bis
  • 47:33 - 47:38
    zum Ende der Legislaturperiode. Das ist
    immer festgelegt, das beginnt. Da beginnt
  • 47:38 - 47:42
    die Frist nicht mit der Wahl des
    Betriebsrats-Gremiums, sondern ich weiß
  • 47:42 - 47:48
    gar nicht, ob das auf nationaler oder
    Bundeslands Ebene irgendwie gestaffelt
  • 47:48 - 47:53
    ist. Aber diese Betriebsratsperioden sind
    festgelegt, und gerade läuft eine läuft
  • 47:53 - 47:58
    bis 2022. Und das heißt bei uns Wenn sich
    im Januar dann der Betriebsrat formiert,
  • 47:58 - 48:04
    läuft das Ganze auch bis 2022. Und dann
    beginnt wiederum eine neue vierjährige
  • 48:04 - 48:14
    Periode. Gewählt heißt Kündigungsschutz
    bis Ablauf dieser Legislaturperiode.
  • 48:14 - 48:20
    Herald: Mikrophonen zwei
    Mik 2: Hüpno, du hattest gesagt 18 Leute
  • 48:20 - 48:25
    stellen sich bei euch jetzt bereit, um
    neun verfügbare Betriebsrats Posten zu
  • 48:25 - 48:30
    besetzen. Wie konntet ihr so viele Leute
    dafür begeistern? Vor allen Dingen vor dem
  • 48:30 - 48:35
    Hintergrund. Das haben wir ja auch gehört.
    Es ist ziemlich viel Arbeit, gerade am
  • 48:35 - 48:39
    Anfang, um die Aufbauarbeit zu leisten.
    Wie begeistert man die Leute, die
  • 48:39 - 48:44
    Mitarbeiter, die Kollegen dafür?
    Hüpno: Eine wichtige Voraussetzung hier
  • 48:44 - 48:47
    ist schon mal ein relativ hohes
    Identifikationspotenzial der Beschäftigten
  • 48:47 - 48:52
    mit der Firma, und das vielen Leuten daran
    gelegen ist, die Firma eben nicht vor die
  • 48:52 - 48:56
    Hunde gehen zu lassen, sondern ein
    bisschen daran mitzuarbeiten, dass das
  • 48:56 - 49:01
    Ganze wieder ein bisschen mehr in
    gemeinsamen und geregelten Bahnen läuft.
  • 49:01 - 49:06
    Dann eben auch so. Dieses Gefühl, dass die
    Massenentlassungen auf eine relativ eklige
  • 49:06 - 49:09
    Art und Weise abgelaufen sind, dass viele
    auch gesagt haben Das möchten wir nicht,
  • 49:09 - 49:14
    dass das überhaupt nochmal passiert. Das
    Beispiel was Thomas gebracht hat bei uns war
  • 49:14 - 49:18
    es die zweite Portion der Entlassungen
    angeht, auch so ähnlich. Ich habe ja gesagt, die
  • 49:18 - 49:22
    ersten: Da gabs morgens ein Meeting für
    diese Abteilung – Uns wurde gesagt, wir
  • 49:22 - 49:30
    schließen eine Unterabteilung und die
    Betroffenen kriegen im Lauf des Tages Post
  • 49:30 - 49:35
    den zweiten Teil der Entlassung, als 200
    Leute entlassen wurden. Da hat man es
  • 49:35 - 49:40
    anders organisiert. Da war auch dann die
    Ansage: Erstmal zum Vorgehen: Abends nach
  • 49:40 - 49:44
    Büroschluss gab es eine E-Mail mit einer
    Einladung zu einem Global On-Hands Meeting
  • 49:44 - 49:49
    am nächsten Morgen, wo man dann schon
    wusste Oh, das wird bestimmt nicht zur
  • 49:49 - 49:54
    Verkündung von Gehaltserhöhungen benutzt,
    sondern das wird eher unangenehm. Und da
  • 49:54 - 50:03
    hieß es dann auch wir reduzieren unseren
    globalen Headcount um 20 Prozent, und die
  • 50:03 - 50:06
    Betroffenen erhalten innerhalb der
    nächsten halben Stunde eine E-Mail. Ihr
  • 50:06 - 50:11
    dürft jetzt alle gerne wieder an einen
    Arbeitsplatz zurückkehren und können dann
  • 50:11 - 50:14
    schauen, ob ihr eine E-Mail bekommt. Und
    die Leute, die diese E-Mail von daher
  • 50:14 - 50:18
    bekommen haben, sind dann nicht mehr in
    Einzelgesprächen verabschiedet worden,
  • 50:18 - 50:23
    sondern in Gruppengesprächen. Da saßen
    dann zehn Leute, die sich auf einmal ihre
  • 50:23 - 50:30
    Papiere abholen konnten. Und ich glaube,
    das hatten durchaus wichtigen Einfluss
  • 50:30 - 50:35
    darauf gehabt, warum Leute gesagt haben,
    sie engagieren sich. Wiederum die
  • 50:35 - 50:40
    Zusammensetzung der Gruppe, die das Ganze
    angestoßen hat und die losgelaufen ist, um
  • 50:40 - 50:43
    zu gucken, hat auch nochmal Leute
    motiviert zu sagen "Hey, da sitzen ja
  • 50:43 - 50:48
    eigentlich ganz coole Leute". Und wenn man
    sozusagen mit denen ein Gremium bildet,
  • 50:48 - 50:51
    dann können wir wahrscheinlich auch etwas
    erreichen. Das sind so die Hauptgründe.
  • 50:51 - 50:55
    Allerdings haben wir auch viel Energie
    reingesteckt. Zwischendurch, so auf der
  • 50:55 - 51:00
    Hälfte der Kandidaturen Phase, waren wir
    noch von diesen 18 relativ weit entfernt
  • 51:00 - 51:03
    und haben uns auch ein paar Leute, von
    denen wir wussten, dass sie generell damit
  • 51:03 - 51:06
    sympathisieren, aber irgendwie auch sich
    überlegen "Wie schaffe ich das überhaupt,
  • 51:06 - 51:10
    zeitlich" oder wie auch immer nochmal so
    ein bisschen in Einzelgesprächen, Ich will
  • 51:10 - 51:13
    nicht sagen, weichgekocht, aber zumindest
    nochmal so ein bisschen versucht zu
  • 51:13 - 51:17
    schubsen, um am Ende darauf zu kommen. Ich
    hätte, wenn man mich auf der Hälfte der
  • 51:17 - 51:21
    Zeit gefragt hätte "Was glaubst du,
    wieviel Kandidierende kommen da am Ende
  • 51:21 - 51:26
    bei raus?" hätte ich ich nicht 18 gesagt,
    und ich war relativ schwer erfreut zu
  • 51:26 - 51:32
    sehen, wie viel das am Ende doch
    wie viele Leute das motiviert hat.
  • 51:32 - 51:37
    Herald: Mikrofon 1
    Mik 1: Ich bin zwar aus Österreich, aber
  • 51:37 - 51:42
    ich hoffe, das trifft auch bei uns zu. Die
    Frage ist, wenn ich jetzt ein Unternehmen
  • 51:42 - 51:47
    habe, das schon über hundert Mitarbeiter
    hat und auch mehrere Standorte auf Europa
  • 51:47 - 51:52
    verteilt und die Mitarbeiter dann auch
    unterwegs sind, also z.B. Sales-Mitarbeiter
  • 51:52 - 51:57
    schwer erreichbar sind. Wie führt man eine
    Betriebswahl durch, so dass hier niemand
  • 51:57 - 52:03
    benachteiligt wird?
    Ole: Ich muss zugeben, ich kenne mich mit
  • 52:03 - 52:08
    dem österreichischen Arbeitsrecht
    überhaupt nicht aus. Aber grundsätzlich
  • 52:08 - 52:11
    vielleicht zwei Sätze Das
    Betriebsverfassungsgesetz gilt nur für
  • 52:11 - 52:14
    Deutschland. Das heißt, wenn es
    Betriebsteile in Deutschland gibt, kann
  • 52:14 - 52:16
    man zum Beispiel in Deutschland einen
    Betriebsrat nach dem
  • 52:16 - 52:20
    Betriebsverfassungsgesetz wählen. Und
    grundsätzlich gilt auch für Leute, die
  • 52:20 - 52:25
    unterwegs sind, die im Urlaub sind, die
    Elternzeit sind, die krank sind, wo auch
  • 52:25 - 52:31
    immer sind. Die können Briefwahl machen,
    wenn der Wahlvorstand das beschließt. Das
  • 52:31 - 52:39
    heißt, dann funktioniert es genau wie bei
    jeder anderen Wahl auch per per Briefwahl.
  • 52:39 - 52:41
    Elektronische Wahl-Geschichten
    funktionieren leider immer noch nicht.
  • 52:41 - 52:46
    Auch nicht im Ausland.
    Hüpno: Ausschlaggebend hierfür ist, dass
  • 52:46 - 52:50
    der Wahlvorstand von der Geschäftsleitung
    eine komplette beschäftigten Liste
  • 52:50 - 52:55
    bekommt, damit der Wahlvorstand in der
    Lage ist, alle anzuschreiben, also auch
  • 52:55 - 52:59
    die, die im Sabbatical oder in der
    Elternzeit sind. Das ist die Aufgabe des
  • 52:59 - 53:04
    Wahlvorstands einfach alle zu informieren.
    Und das geht über verschiedene Medien,
  • 53:04 - 53:10
    einmal über den Aushang. Bei uns wurde
    diese WählerInnen Liste auch ausgehängt. Dann
  • 53:10 - 53:14
    eben alle E-Mail-Adressen und es gibt da
    noch Kanäle wie Slack oder sonst wie, um
  • 53:14 - 53:18
    am Ende sicherzustellen, dass alle davon
    Wind bekommen und die Leute, die sagen Ja,
  • 53:18 - 53:22
    zu dem Zeitpunkt bin ich aber gar nicht in
    der Firma, die können dann eben Briefwahl
  • 53:22 - 53:27
    beantragen, kriegen vom Wahlvorstand die
    Briefwahl an Unterlagen zugesendet, und
  • 53:27 - 53:32
    wenn das fristgerecht eintrifft,
    werden die Stimmen mitgezählt.
  • 53:32 - 53:35
    Herald: Dann hat das liebe Internet eine
    Frage für uns.
  • 53:35 - 53:39
    Signal Angel: Vielleicht als
    Anschlussfrage zu der ersten Frage zu
  • 53:39 - 53:44
    sehen: Das Internet fragt sich, wie man
    einen Betriebsrat wieder loswerden kann.
  • 53:44 - 53:49
    Gibt es so etwas nicht aus der Perspektive
    des Arbeitgebers? So hoffe ich zumindest,
  • 53:49 - 53:53
    dass dann jemand inkognito war, sondern
    aus der Perspektive der Arbeitnehmer. Gibt
  • 53:53 - 53:58
    es so etwas wie ein Misstrauensvotum, oder
    kann man in der Betriebsversammlung einen
  • 53:58 - 54:07
    neuen Betriebsrat wählen?
    Ole: Ja, nein und vielleicht. Ja, es gibt
  • 54:07 - 54:11
    die Möglichkeit die wieder loszuwerden,
    tatsächlich. Und zwar nur über Antrag beim
  • 54:11 - 54:18
    Arbeitsgericht. Das geht einmal gegen
    einzelne Mitglieder des Betriebsrates,
  • 54:18 - 54:24
    aber auch gegen den Betriebsrat an sich.
    Diesen Antrag können stellen: der
  • 54:24 - 54:28
    Arbeitgeber, ein Viertel der
    wahlberechtigten Arbeitnehmerinnen und
  • 54:28 - 54:35
    Arbeitnehmer, oder eine im Betrieb
    vertretene Gewerkschaft. Das war das "Ja"
  • 54:35 - 54:39
    mit dem loswerden. Nein, man kann nicht
    einfach einer Betriebsversammlung einen
  • 54:39 - 54:44
    neuen Betriebsrat wählen, sondern dann
    geht der ganze Prozess von vorne los. Es
  • 54:44 - 54:47
    braucht einen neuen Wahlvorstand, und es
    läuft dieser ganze Wahlprozess, den wir
  • 54:47 - 54:53
    gerade angerissen haben. Der läuft dann
    einfach nochmal, und vielleicht auch das.
  • 54:53 - 54:58
    Vielleicht war es tatsächlich ein bisschen
    der Hinweis darauf, dass natürlich dann
  • 54:58 - 55:01
    erst einmal wieder es nötig ist, Vertrauen
    aufzubauen, auch bei den Kolleginnen und
  • 55:01 - 55:05
    Kollegen in dieses Instrument Betriebsrat.
    Und dass man dann vielleicht auch gerade
  • 55:05 - 55:09
    wenn man so ein Betriebsrat absägt, mal
    ganz platt gesagt, dass man sich dann auch
  • 55:09 - 55:13
    mal ein Plan B überlegen muss. Was macht
    man dann eigentlich danach? Wenn der dann
  • 55:13 - 55:18
    plötzlich weg ist.
    Herald: Wir haben viele Fragen noch im
  • 55:18 - 55:22
    Raum, ich möchte erst einmal die Zwei.
    Dann werde ich die Drei wählen. Ich hoffe
  • 55:22 - 55:28
    wir haben noch Zeit für den Rest,
    Mik 2: Geht ein bisschen ins Nähkästchen
  • 55:28 - 55:34
    hinein: Wie motiviert man seine Kollegen?
    Vor allem unter dem Hintergrund: In der
  • 55:34 - 55:38
    Berliner Startup-Szene ist die
    Betriebssprache oft Englisch. Die
  • 55:38 - 55:44
    deutschen Kollegen haben zumindest den
    Begriff Betriebsrat schon mal gehört. Wie
  • 55:44 - 55:48
    sieht das aus? Aus der Erfahrung. Wie
    motiviert man seine internationalen
  • 55:48 - 55:54
    Kollegen aus den USA oder sonst eventuell
    Vorurteile gegenüber Gewerkschaften haben?
  • 55:54 - 55:57
    Gibt's da Erfahrungen zu einer
    Gewerkschaftsseite und andererseits von
  • 55:57 - 56:05
    denen, die es gemacht haben? Dankeschön.
    Lissim: Ich würde sagen, dass es bei uns
  • 56:05 - 56:10
    im Club ähnlich, dass wir sehr viele
    internationale MitarbeiterInnen auch haben.
  • 56:10 - 56:19
    Und wir haben uns sehr viel Mühe gegeben,
    all Informationen zweisprachig zu halten.
  • 56:19 - 56:24
    Informationsveranstaltungen auch
    zweisprachig zu halten, uns um
  • 56:24 - 56:33
    Übersetzungen zu kümmern. Ich habe mich
    persönlich auch sehr viel mit Kollegen und
  • 56:33 - 56:36
    Kolleginnen direkt getroffen, die das
    sozusagen erst mal nicht verstanden haben,
  • 56:36 - 56:41
    die nicht so einen Zugang dazu hatten. Ich
    habe mich mit den Nachmittags auf einem
  • 56:41 - 56:45
    Kaffee getroffen und hab denen erklärt,
    worum es dabei geht und was das ist. Ich
  • 56:45 - 56:51
    glaube man muss einfach sehr viel Arbeit
    da reinstecken, wir haben um und bei 300
  • 56:51 - 56:56
    Mitarbeiter, das ist etwas anderes, als
    wenn man irgendwie Betriebe mit ein paar
  • 56:56 - 57:02
    Tausend hat. Ich glaube, bei so einer, bei
    so einer Betriebsratsgründung kommt man
  • 57:02 - 57:06
    einfach nicht drum herum, auch sehr viel
    Persönlich zu investieren, um die Leute
  • 57:06 - 57:11
    mitzunehmen und abzuholen.
    Hüpno: Und eben auch klarzumachen, dass es
  • 57:11 - 57:15
    eine Interessenvertretung für alle
    Beschäftigten ist. Und dass es eben
  • 57:15 - 57:18
    einfacher ist, die Interessen von
    Beschäftigten zu vertreten, wenn man
  • 57:18 - 57:23
    sozusagen mit einer organisierten Stimme
    spricht und nicht immer Einzelne zu ihrem
  • 57:23 - 57:27
    Teamlead hin rennen müssen, um zu sagen,
    dass mit den Arbeitsbedingungen das ist
  • 57:27 - 57:29
    jetzt vielleicht, irgendwie können wir
    vielleicht mal was machen, sondern dass
  • 57:29 - 57:35
    das eine ganz andere Wucht und Autorität
    hat wenn ein Gremium sagt "das Gesetz sagt
  • 57:35 - 57:39
    so und so" und wir gucken jetzt mal, dass
    wir das hier auch wirklich gesetzeskonform
  • 57:39 - 57:41
    durchkriegen. Das war bei uns halt auch so
    ein bisschen so. Wir haben auch einen hohen
  • 57:41 - 57:46
    Anteil an nichtdeutschen Kolleginnen und
    Kollegen, haben auch so ein bisschen
  • 57:46 - 57:50
    überlegt. Die aus England und Frankreich,
    die kennen das vielleicht, weil es da auch
  • 57:50 - 57:54
    irgendwie historisch viel Erfahrung mit
    Arbeitskämpfen gibt. Unsere amerikanischen
  • 57:54 - 57:58
    Kollegen halten uns wahrscheinlich alle
    eher für Kommunisten. Die müssen wir als
  • 57:58 - 58:02
    allererstes überzeugen und haben aber auch
    festgestellt: Es ist gar nicht so – mit
  • 58:02 - 58:08
    diesem Argument: Es gibt eine organisierte
    Form, unsere Interessen auf
  • 58:08 - 58:12
    geschäftsleitungen Ebene so ein bisschen
    auf Augenhöhe zu Gehör zu bringen. Das hat
  • 58:12 - 58:16
    viele Leute wirklich überzeugt.
    Ole: Genau das sind meine Erfahrungen
  • 58:16 - 58:22
    tatsächlich. Und es gibt auch Länder mit
    einer ganz starken gewerkschaftlichen
  • 58:22 - 58:27
    Organisierung. Französische Kolleginnen
    und Kollegen oder italienische Kolleginnen
  • 58:27 - 58:32
    und Kollegen würden gerne mal Autoreifen
    vor der Firma anzünden. Muss man durchaus
  • 58:32 - 58:38
    erklären das man das nicht darf. Ich finde
    schade, aber es ist leider so.
  • 58:38 - 58:43
    verhaltener Applaus
    Ole: Aber am Ende kann man, muss man sich
  • 58:43 - 58:47
    gerade amerikanische Kollegen und Kolle-
    ginnen muss man quasi die Angst nehmen.
  • 58:47 - 58:51
    Man muss sich auch noch einmal vor allen
    das Problem ist: Das ist ein völlig anderes
  • 58:51 - 58:55
    System vom Aufbau her, und diese Trennung
    zwischen Betriebsrat und Gewerkschaft
  • 58:55 - 58:59
    tatsächlich denen einfach klarzumachen,
    dass es zwar Schnittmengen gibt,
  • 58:59 - 59:02
    Zusammenarbeit gibt, aber das ist einfach
    zwei völlig unterschiedliche Dinge sind.
  • 59:02 - 59:05
    Und dass sie die Gewerkschaft die sie
    kennen, nicht mit einem Betriebsrat
  • 59:05 - 59:09
    vergleichen können. Wenn man dass einmal
    geschafft hat, Ihnen klarzumachen, dann
  • 59:09 - 59:12
    sind eben genau diese Berührungsängste,
    die es gibt, und diese Ängste relativ schnell
  • 59:12 - 59:18
    weg. Was leider nicht weg ist, ist natürlich
    die Hürde Gesetze zu finden, vernünftig
  • 59:18 - 59:24
    übersetzt, z.B. das Betriebverfassungsgesetz ist
    so ein schönes Juristendeutsch mit einem
  • 59:24 - 59:28
    Unterschied zwischen kann, muss und
    sollte. Ich kenne Übersetzungen da steh
  • 59:28 - 59:36
    überall "should". Herzlichen Glückwunsch!
    Das ist natürlich ein Riesenproblem. Aber
  • 59:36 - 59:39
    es gibt gerade in Berlin inzwischen auch
    sehr gute Schulungsangebote für
  • 59:39 - 59:44
    Betriebsräte, komplett auf Englisch. Das
    gibt es inzwischen, und das funktioniert
  • 59:44 - 59:51
    total gut, weil es auch gerade in Berlin
    gerade viele neue Betriebe gibt, mit
  • 59:51 - 59:55
    Betriebsräten die als
    Sprache Englisch haben.
  • 59:55 - 59:59
    Herald: Wir haben nur noch Zeit für eine
    Frage, und es geht an die Nummer Drei.
  • 59:59 - 60:03
    Mik 3: Super. Ich hatte zwei Fragen, dann
    nehme ich jetzt einfach die
  • 60:03 - 60:10
    Kompliziertere: Auch im Kontext
    internationales Umfeld: Welche Strategien
  • 60:10 - 60:15
    würdet ihr empfehlen, wenn man jetzt ein
    relativ komplexes Firmen-Konglomerat hat?
  • 60:15 - 60:19
    Zum Beispiel eine AG nach deutschem Recht
    mit Sitz in Deutschland und
  • 60:19 - 60:24
    verschiedenster Dependancen in
    unterschiedlichsten Ländern: Indien, USA,
  • 60:24 - 60:31
    England, was auch immer. Die natürlich
    eigene Rechtsperson sind. Würdet ihr da
  • 60:31 - 60:34
    empfehlen dass man versucht sich
    international irgendwie zu koordinieren,
  • 60:34 - 60:38
    wenn man jetzt einen Betriebsrat gründet?
    Wenn ja, wie macht man das am besten?
  • 60:38 - 60:44
    Habt ihr da Erfahrungen?
    Thomas: Mein Kollege hat ja schon gesagt,
  • 60:44 - 60:47
    dass es das deutsche
    Betriebsverfassungsgesetz, und es gibt
  • 60:47 - 60:50
    kein internationales
    Betriebsverfassungsgesetz. Insofern kann
  • 60:50 - 60:54
    ich dir nur empfehlen, für die deutschen
    Standorte oder den deutschen Standort,
  • 60:54 - 60:59
    Betriebsräte zu wählen und zugleich aber
    auch zu gucken, wie man international eine
  • 60:59 - 61:03
    Vernetzung hinbekommt, damit die Standorte
    auf dem Globus nicht untereinander
  • 61:03 - 61:09
    ausgespielt werden. Aber du hast eben in
    anderen Ländern, vor allem in den USA,
  • 61:09 - 61:15
    deutlich weniger verbriefte Rechte als
    Betriebsrat – sowas gibts in den USA
  • 61:15 - 61:19
    nicht. Da kommt es auf die Gewerkschaften
    drauf an: Die brauchen 50 Prozent der
  • 61:19 - 61:22
    Beschäftigten hinter sich, damit sie
    sozusagen im Betrieb vertreten sind. Und
  • 61:22 - 61:27
    deswegen würde ich einen Fokus erstmal auf
    den hiesigen Standort und dann schauen, wie
  • 61:27 - 61:31
    kommt man dann international in Kontakt
    mit den Beschäftigten, die das auch
  • 61:31 - 61:35
    wollen?
    Ole: Kleine Ergänzung. Es gibt inzwischen
  • 61:35 - 61:39
    den europäischen Betriebsrat für
    Unternehmen mit Standorten. In anderen
  • 61:39 - 61:43
    europäischen Ländern gibt es inzwischen
    ein Gesetz über europäische Betriebsräte.
  • 61:43 - 61:46
    Die haben hauptsächlich Informationsrechte
    aber, die helfen eben auch schon mal
  • 61:46 - 61:52
    weiter, um z.B. diesen Wettbewerb zwischen
    den Standorten und dieses Verschieben von
  • 61:52 - 61:57
    Problemen so ein bisschen einzudämmen.
    Und eben dann tatsächlich auch über die
  • 61:57 - 62:02
    Gewerkschaften. Wir haben auch gute
    Kontakte in andere Gewerkschaften.
  • 62:02 - 62:06
    Manchmal kann man auch dann z.B. sagen
    Okay, dann sucht man sich eben die
  • 62:06 - 62:10
    Gewerkschaft vor Ort, die zuständig ist,
    und macht dann eben zum Beispiel über
  • 62:10 - 62:16
    Verträge Dinge möglich, die eigentlich im
    Gesetz von dem Land nicht vorgesehen sind.
  • 62:16 - 62:20
    Ist aber tatsächlich sehr sehr viel Arbeit
    und setzt voraus, dass der Betriebsrat
  • 62:20 - 62:24
    hier vor Ort das will und auch bereit ist,
    tatsächlich mehr zu machen, als er nach
  • 62:24 - 62:32
    dem Gesetz eigentlich müsste, tatsächlich.
    Lissim: Vielleicht als ganz kleine
  • 62:32 - 62:36
    Ergänzung für alle, die jetzt nicht zum
    Fragen kommen sind: Wir hängen hier noch
  • 62:36 - 62:41
    rum, ich kann mehr über prekäre
    Beschäftigung im Berliner Clubleben
  • 62:41 - 62:45
    erzählen. Aber auch die beiden
    Gewerkschaftssekretär könnt ihr danach
  • 62:45 - 62:54
    einfach noch ansprechen, vor der Halle und
    da sie mit Fragen löchern.
  • 62:54 - 62:57
    Ole: Es gibt noch eine befreundete
    Assembly von Gewerkschafterin und
  • 62:57 - 63:04
    Gewerkschafterin, die heißt AHA: Anger
    Hope Action. Da laufen auch Menschen rum,
  • 63:04 - 63:09
    die Erfahrung haben in Gewerkschaften, die
    Erfahrungen mit dem Betriebsrat haben. Und
  • 63:09 - 63:14
    da werd ich zumindest auch noch in den
    nächsten Tagen immer wieder sein. Dafür
  • 63:14 - 63:17
    nochmal kurz Werbeblock:
    Geht da gerne hin.
  • 63:17 - 63:27
    Herald: Gut, dann bedanken wir uns bei
    Hüpno , Thomas, Lissim und Ole für das
  • 63:27 - 63:29
    spannend Gespräch.
  • 63:29 - 63:31
    Applaus
  • 63:31 - 63:34
    36c3 Abspannmusik
  • 63:34 - 63:56
    Untertitel erstellt von c3subtitles.de
    im Jahr 2020. Mach mit und hilf uns!
Title:
36C3 - Was tun bevor es brennt - wie gründe ich eigentlich einen Betriebsrat?
Description:

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Video Language:
German
Duration:
01:03:56

German subtitles

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