36C3 Vorspannmusik Herald: Heute geht es um Betriebsräte. Wenn ihr eine Firma führt, dann habt ihr wahrscheinlich damit schon was zu tun gehabt. Ich kann leider von mir nicht sagen, dass ich irgendwas mit Betriebsräten zu tun habe. Aber der Thomas, Ole, Lissim und Hüpno werden uns darüber was erzählen. Und dazu will ich auch sagen, dass der Talk eher sich in Grenzen halten wird, es dreht sich mehr um den Q&A, der relativ lange Q&A, was dahinter kommt. Damit gebe ich an euch einfach weiter. Give them a hand. Applaus Ole: Vielen Dank für die kurze Einführung. Wir würden mit 'ner kurzen Vorstellung anfangen und dann wird Hüpno euch erzählen, was wir eigentlich hier vorhaben heute. Wir freuen uns, dass trotz der Uhrzeit so viele Menschen den Weg hierher gefunden haben. Ganz kurz zu mir: Ich bin Gewerkschaftssekretär bei Verdi in Berlin, zuständig für die TK und IT-Branche und da für alles, wo keine rosanes T draußen dran steht, also alles außer Telekom, hauptsächlich Start-Ups. Verschiedene Themen, verschiedene Branchen auch. Aber hauptsächlich eben IT Start-Ups. Lissim: Hi, ich bin Lissim und ich arbeite in Berlin in einem großen Techno-Club, in dem es in letzter Zeit auch um gewerkschaftliche Organisierung und Betriebsratsgründungen ging. Thomas: Mein Name ist Thomas. Ich arbeite bei der IG Metall in Berlin jetzt seit insgesamt vier Jahren bei der IG Metall in unterschiedlichen Geschäftsstellen. Mein Aufgabenschwerpunkt in Berlin ist die... Wir nennen das Erschließung oder auch Organizing, das heißt: Unterstützung bei der Gründung von Betriebsräten, wenn Beschäftigte sich auf den Weg machen Richtung Tarifvertrag. Und da bringt es in der sich wandelnden Hauptstadt auch mit sich, dass es 'ne Menge Start ups sind oder ehemalige Startups, aber auch das eine oder andere traditionelle Unternehmen. Hüpno: Ich bin Hüpno. Ich arbeite in Berlin bei einem mittelständischen Musikinstrumentehersteller, wo es vor ungefähr einem Jahr die ersten Anzeichen für ein bisschen härteres ökonomisches Fahrwasser gegeben hat. Da gab es dann die ersten Entlassungen und das war der Auslöser dafür, dass wir uns in der Firma ein bisschen konkreter mit dem Gedanken auseinandergesetzt haben und letzten Endes auch der Auslöser dafür, dass es diesen Talk eigentlich gibt. Unser Vorgehen ist so: Thomas wird jetzt erstmal so ein bisschen was zum gesamten rechtlichen Hintergrund und Rahmen zum Thema Betriebsrat geben. Es gibt das Betriebsverfassungsgesetz, da wird er gleich noch ein bisschen ins Detail gehen. Dann werden Lissim und ich so ein bisschen jeweils aus dem Nähkästchen des Betriebes plaudern. Wie es eigentlich dazu kam, was die auslösenden Momente gewesen sind, wie wir angefangen haben, uns im Betrieb zu organisieren, uns auch externe Hilfe zu besorgen und wie es dann so weitergegangen ist. Ole erzählt dann was über die Unterstützung von Gewerkschaften. Ohne die wären nämlich weder bei Lissim noch bei uns die Sache so gut ins Laufen gekommen. Dann erzähl'n wir noch ein bisschen was über den Prozess der Betriebsratswahl selber und über den aktuellen Stand in den Betrieben. Thomas: Zur Einleitung. Es hieß ja auch schon in der Einleitung, dass der Kollege keine Erfahrung hat mit Betriebsräten. Das ist leider auch immer mehr Usus. Es gibt eine Untersuchung, dass ungefähr ein Drittel der Betriebe in Deutschland überhaupt einen Betriebsrat haben. Und je größer das Unternehmen oder der Betrieb ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es auch eine Interessenvertretung gibt. Was ist ein Betriebsrat? Aus meiner Sicht ist ein Betriebsrat 'ne ziemlich gute Sache. Es ist nämlich die Interessenvertretung bzw. der Anwalt der Beschäftigten gegenüber dem Arbeitgeber. Da gibt es ja naturgemäß unterschiedliche Interessen. Und um da ein Stück weit 'nen Ausgleich hinzubekommen und damit auch die Beschäftigten starkes… eine starke Stimme haben gegenüber dem Arbeitgeber hat sich der Gesetzgeber vor 99 Jahren mal überlegt, ein Betriebsrätegesetz zu erlassen. Das heutige Betriebsverfassungsgesetz ist ein relativ dünnes Büchlein, was aber doch einige gute Instrumente beinhaltet. In diesem Gesetz stehen auch die Aufgaben, Rechte und Pflichten eines Betriebsrates. Und es sichert im Grunde genommen die Mitbestimmung der Beschäftigten im Betrieb ab. Wir haben eine ganze Reihe von Themen, die ein Betriebsrat mitbestimmen kann. Das beginnt bei Fragen der Verteilung der Arbeitszeit, bei Schichtplänen beispielsweise. Er hat die Aufgabe, die Gesetze zu überwachen. Oder wenn es einen Tarifvertrag auch gibt in dem Betrieb, dann auch den Tarifvertrag. Die Sicherung der Beschäftigung, das heißt, im Falle von wirtschaftlichen Schwierigkeiten und einer drohenden Massenentlassung hat der Betriebsrat ein gehöriges Wörtchen mitzureden. Und damit das aber alles ins Laufen kommen kann oder der Betriebsrat überhaupt arbeiten kann, braucht es auch Beschäftigte, die sich auf den Weg machen. Wir hören ja gleich zwei Beispiele, wie das funktionieren kann. Die Hürde, die das Gesetz auferlegt hat, ist relativ gering. Es braucht nur fünf Beschäftigte in einem Betrieb, und dann kann ein Betriebsrat gewählt werden. Die Größe dieses Gremiums ist dann abhängig von der Zahl der Beschäftigten in dem jeweiligen Betrieb. Da gibt es bestimmte Staffelung, beginnt dann bei einem Mitglied im Betriebsrat und hat nach oben hin keine Grenze. Genau, das vielleicht sozusagen zu dem rechtlichen Hintergrund. Wenn es da noch einmal konkretere Fragen gibt, dann gerne nachher im Q&A beziehungsweise auch nach dem Talk stehen Ole und ich dann auch nochmal für individuelle Fragen zur Verfügung. Lissim: Genau und damit zum praktischeren Teil, zur Frage „Warum kommt es in einem Berliner Techno-Betrieb dazu, dass Leute einen Betriebsrat gründen wollen?“ Ich denke, dass so diese Techno-Branche das perfekte Fahrwasser ist, in dem sich so schlechte Arbeitsbedingungen verschleiern lassen. Aus einer Reihe von Gründen. Einerseits arbeitet man quasi, wo andere Urlaub machen respektive feiern. Das heißt, es wird so ein soziales Konstrukt Techno-Club irgendwie gebaut, wo es schon ein Teil von einem positiven Lebensgefühl darstellt, da irgendwie ein Teil von zu sein und dort arbeiten zu dürfen. Man hat Gästeliste, man hat Freisuff und so weiter. Alles ist irgendwie so positiv konnotiert, und dass dahinter aber Rechte, also Arbeitsrechte verletzt werden und die Arbeitsbedingungen relativ scheiße sind oder scheiße sein können, muss ja nicht immer so sein, das wird dann halt sehr schnell verschleiert. Dazu kommt, dass relativ viele, aber eben bei Weitem nicht alle in dieser Branche Minijobs, oder Midijobs oder so Übergangsjobs haben. Also so ein bisschen an der Bar aushelfen, um sich das Studium zu finanzieren zum Beispiel, sodass letztendlich die Leute, die wirklich langfristig in dem Bereich arbeiten, ein bisschen untergehen im Fahrwasser und es immer heißt: „Naja, macht man halt für eine Weile, aber ist ja keine Langzeitperspektive.“ Stimmt aber so nicht. Also ich persönlich arbeite seit über zehn Jahren in der Branche, und ich kenne viele andere, die auch über viele Jahre das machen und wo das eben so ein lebenssichernder Job ist und nicht nur eine Übergangssituation, um sich was anderes zu finanzieren. Ein weiterer Aspekt ist, dass diese Clubs oft so inhabergeführt sind und dass das so die Konstellation ist, in der es am schwierigsten ist, die ArbeitnehmerInnen zu organisieren, weil sozusagen der Inhaber oft so wie ein kleiner Herrscher, wie ein kleiner Diktator über seinen Laden bestimmt und sich da nicht reinreden lassen will. Also sozusagen eine ganz vehemente Gegenwehr gegen jede Art von Mitbestimmung gibt, die nicht durch eine selbst installierte Hierarchie sozusagen zustande kommt. Genau, das sind alles so Sachen, die Hintergründe, die die Organisierung in solchen Betrieben denkbar schwierig machen. Leute, die sich gegen die Arbeitsbedingungen wehren, werden tendenziell eher gefeuert. Also Kündigungsschutz interessiert dann ja auch niemanden. Und die Motivation, sich so zu organisieren, wenn man eben nur im Minijob arbeitet, ist relativ gering. Das heißt, es ist schwierig, so Mitstreiterinnen zu finden, wenn man dann mal wirklich sagt: "OK, man möchte da dran jetzt etwas ändern." Das ist so ein bisschen der Hintergrund, wie das zustande gekommen ist, dass sich dann mal Leute gefunden haben, die gesagt haben: "Da muss jetzt mal was passieren." Ergänzend: Ich weiß nicht, wie firm ihr hier mit dem Berliner Techno-Business seid. Aber das ist auf jeden Fall in den letzten Jahren richtig krass durch die Decke gegangen. Die Gästezahlen steigen, die Clubs... Also klar, auf der einen Seite werden Clubs geschlossen, auf der anderen Seite ist aber... Die Partys werden immer länger und immer mehr Partyreihen schießen aus dem Boden. Also, da steckt wahnsinnig viel Geld drin. Es kommt aber ganz unten nicht so viel davon an. Deswegen gab es dann eben mal so ein Bedürfnis, sich damit zu beschäftigen. Hüpno: Also ein paar Aspekte von denen, die Lissim gerade aufgeführt hat, treffen auch für meinen Arbeitgeber zu. Auch wenn wir eben keine Disco sind. Aber wir sorgen mit den Produkten dafür, dass in der Disco überhaupt Musik läuft. Also wir stellen Musiksoft- und Hardware her und sind in manchen Bereichen auch Marktführer, sind global aufgestellt, hatten mal über 600 Beschäftigte an Standorten über die ganze Welt verteilt. Und das Ganze hat eine etwas andere Richtung genommen vorletztes Jahr im Herbst. Bis dahin war eigentlich das Thema Betriebsrat auch immer so... Es hat mal jemand angesprochen, und die Resonanz war aber auch immer eher so ein bisschen mau, weil bis dahin lief eigentlich immer alles ganz gut und es gab wenig Konflikte mit der Geschäftsleitung. Es gab ganz angenehme Arbeitsbedingungen, es gibt vor allem auch etwas außergewöhnliches Teamgefühl in der Firma. Das heißt, die Leute arbeiten jetzt nicht, sagen wir mal so, als würden sie einfach nur Bohrmaschinen herstellen, sondern viele bringen so ein bisschen Leidenschaft für Musik und für das Business mit, was vielleicht auch ein etwas anderes Gefühl für die einzelnen Beschäftigten, immer ausgemacht hat. Und dann ging es halt los, dass vorletztes Jahr im Herbst in einer Auslandsfiliale die ersten 30 Leute entlassen wurden, weil ein Projekt, was man sich vorgenommen hat, nicht in dem Maße Fahrt aufgenommen hat, wie man uns das immer erzählt hat. Und da haben sich die ersten Kollegen mal so ein bisschen Gedanken gemacht, ob es nicht vielleicht jetzt doch auch Zeit wäre, sich mal zu organisieren. Und da gab es so ersten Gespräche, der erste Kern hat sich gefunden, und... Dann hat es aber, weil es auch nicht in Berlin in der Zentrale war, sondern einmal um den halben Globus entfernt, dieses Gefühl auch bald wieder so ein bisschen abgeschwächt. Und es hat dann nochmal fast ein Dreivierteljahr gebraucht bis dann in Berlin die Massenentlassungen angefangen haben. Da sind dann auf ersten Schlag schon mal 25 Leute gegangen. Eine ganze Abteilung wurde zugemacht und da hat das eigentlich erst bei uns so das Momentum gewonnen, dass man gesagt hat: „Jetzt müssen wir wirklich etwas machen.“, weil auch viele Leute das Gefühl hatten, dass damit das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht ist. Gleichzeitig haben wir aber auch schon ein Stück vorher festgestellt, dass es gar nicht so einfach ist, sich einfach mal das Betriebsverfassungsgesetz zur Hand zu nehmen oder einen Browser zu öffnen und zu sagen „So. Wo finde ich denn jetzt so eine Step by step-Anleitung, wie man das macht mit dem Betriebsrat?“ Wir haben das versucht und haben festgestellt, dass es doch ein bisschen komplexer und man braucht vielleicht Unterstützung, haben uns mal bei einer Gewerkschaft gemeldet, mit der Annahme, man ruft da an, und die empfangen einen mit offenen Armen und sagen: „Klar beraten wir euch.“ Wir haben da angerufen, und die haben gesagt: „Ja, klar, beraten wir euch. Aber dann müsst Ihr erst mal Mitglieder bei uns werden.“ Was wir so ein bisschen als eine Hürde empfunden haben, die uns so ein bisschen den Wind aus den Segeln genommen haben. Und erst im nächsten Anlauf haben wir dann irgendwie gesagt: „Wir wollen noch mit ein paar anderen Gewerkschaften sprechen“, und sind dann bei einer anderen gelandet, die das Ganze anders gemacht hat. Die haben uns erst beraten, und dann mussten wir Mitglieder werden. Kichert Nein, wir mussten nicht, wir durften. Lacht Nein, wir wollten tatsächlich auch, weil wir auch gemerkt haben, dass so ein Back-up in der Beziehung wirklich total wertvoll ist, dass da geballtes Wissen dahintersteckt und auch Strategien, die man, wenn man nicht in der Materie drinsteckt, für sich eigentlich gar nicht erst einmal so richtig entwickeln kann. Wie ging es denn bei euch dann so weiter? Lissim: Ja, genau. Bei uns war das ein bisschen so ähnlich. Dadurch, dass es schon verschiedene Anläufe gegeben hatte, sich irgendwie im Betrieb zu organisieren oder zumindest mal so anzusprechen, dass nicht alles optimal läuft und die Leute irgendwie immer von der Bildfläche verschwunden sind, auf die eine oder andere Art und Weise, war dann für mich, als ich das Thema angegangen bin, klar: Ich will auf jeden Fall auch eine Gewerkschaft und am liebsten eine große im Rücken haben, einfach um auch Rechtsschutz und eine gewisse Rechtssicherheit zu haben und hab dann quasi auch Klingelputzen gemacht. Das war dann mit dem Club-Betrieb auch nicht so einfach, weil ich selber arbeite in der Security und dann waren die einen: „Naja, dann geh doch mal zu so einer Sicherheitsgewerkschaft“ dies das. und die nächsten haben gesagt: „Ja, nee, Nahrungsmittel, Gaststätte. Weil ihr seid ja irgendwie so eine Art Gaststätte.“ Genau, das waren aber alles nicht so die Gewerkschaften meiner Wahl, und am Ende hab ich mir dann halt eine gesucht und hab bei denen so lange die Abteilungen durchtelefoniert, bis ich jemanden gefunden habe, der gesagt hat "Ja, ok, machen wir." Und das war dann aber insgesamt was fast anderthalbjähriger Prozess, bis ich auch ausreichend Mitstreiter im Club tatsächlich gefunden habe, weil alle bei Betriebsrat - also fast alle, mit denen ich gesprochen habe, waren total begeistert und fanden es übernotwendig und super. Endlich passiert mal was, und wenn ich dann aber gefragt habe: Okay, macht ihr mit? Seid ihr in der Gründungsgruppe mit dabei? War so: Boah nee, ey. Ich brauche diesen Job echt. Ich... mitmachen kann ich da nicht. Ich finde es super, aber mitmachen kann ich da nicht. Genau, und dann tatsächlich Leute zu finden, die quasi den Kopf in die Schlinge stecken, sozusagen, und sozusagen mit in der ersten Reihe stehen, hat anderthalb Jahre konspirativ Leute ansprechen und versuchen, Einzelpersonen zu gewinnen. Dafür braucht man ein bisschen Sitzfleisch, sage ich mal. Hüpno: Da hat bei euch auf jeden Fall der Leidensdruck gefehlt, würde ich sagen. So ein bisschen, das war bei uns eher das Ausschlaggebende. Das auf einmal, als in Berlin die ersten Entlassungen stattgefunden haben, die Leute gemerkt haben: Oh, jetzt ist ja alles ein bisschen anders. Es wurde tatsächlich von vielen Kollegen, auch von leitenden Angestellten, die schon lange in der Firma sind, als umfassender Kulturbruch empfunden, wie da vorgegangen wurde. Dass so von einem Tag auf den anderen wirklich mit so einer morgendlichen Ankündigung: So, diese Abteilung wird geschlossen. Die Leute, die davon betroffen sind erhalten dann im Laufe des Tages Ihre Einladung, um sich dann Ihre Papiere abzuholen und dürfen dann auch noch am selben Tag das Betriebsgelände verlassen und danach nicht mehr betreten. Computer sind abends abzugeben, es wurden überhaupt keine Übergaben gemacht, nichts dergleichen. Es wurde wirklich versucht, so hart, wie es geht, abzuschneiden. Das war ein totaler Bruch in der Firmenkultur, und da gab es dann auf einmal auch Leute, die gesagt haben: Okay, ich finde das nicht nur prinzipiell gut, sondern ich würde mich da auch für engagieren. Es hat sich dann eine Gruppe von zu diesem Zeitpunkt waren sieben Leute geformt, die das Ganze auch unter hoher Geheimhaltung erst einmal gemacht haben, weil es immer die Angst gab: Sobald es irgendwie offensichtlich ist, kann man sich als nächster dann die Papiere abholen. Und wir waren zu siebt. Und dann kam ein Tag, Ende des Sommers, wo dann nochmal 200 Leute entlassen wurden, und da war die Gruppe dann wiederum auch deutlich kleiner, da sind auch nochmal aus dieser Vorbereitungsgruppe Leute entlassen worden. Und es war aber auch noch einfacher, um das jetzt mal so ein bisschen zynisch zu sagen, Kolleginnen und Kollegen zu finden, die an der Stelle mitmachen, weil einfach klar war diese ganze Blümchenzeit mit der Geschäftsleitung, irgendwie alles total nett miteinander, und so, ist irgendwie vorbei. Und wir haben dann eben relativ straight uns mit der Gewerkschaft zusammengesetzt, geguckt: Was brauchen wir? Wie kann das losgehen? Wie ist eigentlich die Struktur? Und wie viel Kandidierende brauchen wir, um einigermaßen vernünftig um ein - bei unserer Betriebsgröße - neuner Betriebsratsgremium voll zu kriegen? Man muss dabei immer ein bisschen gucken, dass die Leute auch ausscheiden. Das heißt, mit neun Kandidierenden für ein neuner Gremium ist man auf jeden Fall zu wenig unterwegs. Der Tipp war da guckt, dass Sie ungefähr doppelt so viele Leute habt. Und als wir die zusammen hatten, so halbwegs, ja. Ne, eigentlich hatten wir sogar schon ein bisschen früher angefangen, haben gesagt: Wir wagen uns aus der Deckung und hoffen, dass auch in dem Moment, wo das Ganze öffentlich wird, sich noch weitere Kolleginnen und Kollegen dazu committen und sagen: Wir machen das. Lissim: Genau das war bei uns tatsächlich ähnlich. Wir waren erst mal eine sehr kleine, konspirative Gruppe. Ich glaube, so circa fünf haben dann die Gewerkschaft angesprochen und haben über die Gewerkschaft das dann öffentlich gemacht im Betrieb, in der Hoffnung, dass sich da noch mehr Leute begeistern oder sich dann trauen, auch zu kandidieren. Das hat so semi geklappt, würde ich sagen, dass es dann eher so Leute kandidiert, die aus so einem arbeitgebernahen Umfeld waren. Aber ja, dazu vielleicht später noch einmal mehr in der abschliessenden "Wo stehen wir jetzt?"-Betrachtung. Genau, der nächste Punkt. Hüpno: Ich würde nur einen Satz dazu sagen Hier gibt es einen ganz interessanten Unterschied: Weil bei euch war es so, ihr habt die Gewerkschaft sprechen lassen. Bei uns war es so, es haben sich drei Leute aus der Vorbereitungsgruppe bereiterklärt, als Gruppe von Beschäftigten einen Aushang zu machen und eben einzuladen, zu der ersten Wahlversammlung, wo dann ein Wahlvorstand gewählt wird, der wiederum für die Betriebsräte... zu dem ganzen technischen Prozedere kommt noch ein bisschen was. Aber das ist eben ein Unterschied, wo man schon mal sehen kann: Entweder man macht es mit einem gewerkschaftlichen Backup, das sogar die initiale Kommunikation übernehmen, oder aber die Gewerkschaft bleibt ein bisschen weiter im Hintergrund, und das sind die Beschäftigten selber, die - etwas martialische Sprache sei mir verziehen, aber sozusagen als erstes den Kopf aus dem Schützengraben stecken. Es hat immer auch ein bisschen dieses Gefühl gehabt, bei uns zumindest, ob das ein Krieg wird oder nicht, das zeigt sich erst, wenn die Katze wirklich aus dem Sack ist. Ole: Genau jetzt kommen wir ins Spiel, als Gewerkschaften tatsächlich. Die beiden haben es gerade beschrieben: Es gibt unterschiedliche Wege, und diese unterschiedlichen Wegen gibt's in allen Ausführungen, in allen Ausprägungen und in allen Bandbreiten. Also mal so aus dem Nähkästchen geplaudert: Wir haben in den letzten Jahren viele Betriebsratsgründungen gemacht, gerade in IT-Betrieben, in Startups, oft tatsächlich leider nicht, bevor es gebrannt hat, sondern erst, wenn es gebrannt hat. Meistens dann, wenn das Unternehmen verkauft wird, tatsächlich. Das ist meistens dann der Punkt, wo der Leidensdruck entsteht oder wenn es, wenn sie insolvent sind. Solche Fälle gab es auch, dass Kollegen bei mir im Büro saßen und gesagt haben: Na ja, wir sind insolvent. Wir kriegen seit zwei Monaten kein Gehalt mehr, können wir jetzt mal einen Betriebsrat gründen, um etwas zu retten? Naja, da ist nicht mehr so viel zu retten. Tatsächlich gibt es kein Geld mehr, wenn nicht mehr bezahlt wird. Dann rettet euch der Betriebsrat leider auch nicht mehr an dem Punkt. Aber es gibt wie gesagt diese Bandbreite. Ist wirklich tatsächlich unglaublich breit, um mal vielleicht die beiden extremen Beispiele zu nennen? Es gibt ein deutsches Unternehmen mit einem - hier wurde es Diktator genannt. Ich würde es so ein bisschen Firmenpatriarch nennen, also der hat das Unternehmen mal gegründet, hat es groß gemacht, verdient relativ viel Geld damit. Der ist irgendwie Choleriker vor dem Herrn. Hat tatsächlich mit Rumschreien und Beleidigungen und Drohungen reagiert, als klar wurde: Wir wollen jetzt den Betriebsrat gründen, weil er gesagt hat: Das ist mein Unternehmen. Ich lass mir doch nicht von irgendjemandem reinreden. Das ist das Ende der Bandbreite. Auf der anderen Seite der von dem, was da gibt, ist irgendwie in den malaiische Firmen Investor und Inhaber, der bei uns angerufen hat, als Gewerkschaft gesagt hat Ja, meine Beschäftigten wollen ein Betriebsrat. Wenn es deutsches Recht ist, dann machen wir das. Wenn Sie Hilfe brauchen, Unterstützung brauchen, sagen Sie Bescheid. Den kriegen Sie alles, was Sie brauchen. Das hat er auch eingehalten. Tatsächlich. Das waren keine leeren Worte. Wir waren auch ein bisschen: Naja, macht der das jetzt, weil sein Anwalt ihm das so gesagt hat? Ne, macht er nicht, sondern hat es wirklich eingehalten. Wir brauchen die und die Daten, wir brauchen die Mitarbeiterlisten und solche Geschichten. Haben wir gekriegt. Hat alles funktioniert. Die haben 'nen Betriebsrat, alle sind zufrieden. Tatsächlich. Das ist so die Bandbreite, und alles dazwischen gibts. Und tatsächlich unser großer Vorteil ist als Gewerkschaft: Wir kennen diese Bandbreite, und ich würde auch sagen inzwischen sind wir auch so gut, dass wir für alle von diesen Fällen einfach Antworten und Strategien haben. Bei den Arbeitgebern ist es schon seit Jahren der Standard, fast, dass Sie sich mit Union Busting beschäftigen. Wie kriegt man Gewerkschaften und Interessenvertretungen eben aus dem Unternehmen raus, wenn sie schon da sind? Oder wie hält man sie tatsächlich da raus? Da gibt's Anwaltskanzleien, auch in Deutschland, die sich damit eine goldene Nase verdienen und die tatsächlich wirklich wirklich viel Geld damit verdienen. Mit verschiedensten Strategien, die teilweise legal sind, teilweise nicht legal sind. Aber auch da gibt es Antworten. Wenn die Beschäftigten wollen, dann gelingt so ein Betriebsratsgründung auch. Die kann halt länger dauern, wie wir gerade gehört haben, es gibt halt Fälle, die gehen schneller, es gibt Fälle, die dauern länger. Aber wenn die Beschäftigten am Ball bleiben, wenn die sagen, wir ziehen es durch, dann gelingt die am Ende auch, die Gründung. An der Stelle vielleicht einen Nebensatz, irgendwelche Mitarbeitervertretung, Sprecher, Räte, wie auch immer man die nennt, sind keine sinnvolle Interessensvertretung. Also nur weil jemand früher vielleicht gerne Schülersprecher war, macht es keinen Sinn, so etwas in einem Unternehmen auch nochmal aufzubauen. Also alles, was nicht auf dem Gesetz begründet liegt, macht am Ende keinen Sinn mehr, weil am Ende ist es nur ein organisiertes Betteln. Also kann man auch dem Chef auch eine Email schreiben. Bringt ungefähr genausoviel wie irgendwie so eine komische, selbstorganisierte Mitarbeitervertretung einzurichten, weil das ist, gerade was ich beobachte in der IT-Branche, ein Trend, den es gerade gibt zu sagen: Ja, wir brauchen doch nicht so ein altbackenes, starres Ding mit dem Gesetz. Und dann müssen wir vielleicht noch am Ende Höchstarbeitszeit einhalten und dürfen sonntags nicht mehr arbeiten, und so ne schlimme Sachen. Sowas brauchen wir auch alles gar nicht. Wir können uns doch einfach... wir denken und selber was aus, was für unser schnelles und agiles Umfeld viel besser passt. Das Problem ist nur eben: die Kolleginnen und Kollegen, die dann irgendwie, sich da engagieren für ihre Kolleginnen und Kollegen, haben keinerlei Schutz, und sie haben keinerlei Rechtsgrundlage. Das heißt, am Ende müssen sie um jeden, jeden Stift und Papier betteln, was sie vielleicht für ihre Arbeit brauchen. Während tatsächlich im Betriebsverfassungsgesetz ganz klar geregelt ist, dass alles, was die, was der Betriebsrat braucht, kriegt der fertig, Ende, aus. Und da gibt es Urteile zu jedem Thema. Da kann man sich mit Büroausstattung, mit IT und so weiter und so fort beschäftigen. Gibts alles, ist alles ausgeurteilt. Das heißt, man hat eine Rechtsgrundlage, auf der man arbeiten kann. Man hat eine sinnvolle Arbeitsgrundlage, und man kann am Ende eben auch eine Arbeit für die Kollegen und Kollegen machen. Man muss sich nicht darum streiten, ob einem ein Blatt Papier zu- steht oder nicht. Das ist tatsächlich ein großer, ein großer Vorteil von diesem Gesetz. Und auch tatsächlich in einem agilen Arbeitsumfeld und in einer modernen Arbeitswelt funktioniert auch dieses Gesetz noch. Klar haben die Leute dies, ich glaube, 52 ist es das erste Mal verabschiedet worden, die haben eine Fabrik im Kopf gehabt, wo Leute morgens reingehen, nachher wieder rausgehen. Und das war der Betrieb, den die Leute, die dieses Gesetz geschrieben haben, im Kopf hatten. Aber trotzdem wurde es natürlich weiterentwickelt über die Jahre und gerade durch Urteile so ausgestaltet, dass eben auch mit der modernen Arbeitswelt völlig problemlos funktioniert. Und wenn man jetzt mal tatsächlich den Blick in die Branche macht, gibt's da Betriebe, die haben eine sehr, sehr lange betriebsrätliche Geschichte und auch eine gewerkschaftliche Geschichte. Klassiker ist klar, ich habe es vorhin schon gesagt, die Telekom z.B. Was natürlich auch daran liegt, dass die Bundespost hervorgegangen sind. Das gibt es schon immer Gewerkschaften, die präsent sind, da gibt es immer Tarifverträge. Da gibt es schon immer Betriebsräte, auch sehr starke Betriebsräte. Und dann gibts eben auch kleinere Unternehmen, die schon sehr lange Betriebsräte haben und damit solche Erfolgserlebnisse, Erfolge haben und damit dann ihre Unternehmenskultur nachhaltig verändert haben, zum einen und zum anderen aber vor allen Dingen nachhaltig verbessert haben und vor allem die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten deutlich besser gestaltet haben als das, was im Durchschnitt in der Branche ist, würde ich sagen. Vielleicht auch einmal zur Rolle der Gewerkschaften zum Thema, klassisch, also was macht so eine Gewerkschaft klassisch? Natürlich kennen Leute uns als Gewerkschaften, weil wir Tarifverträge verhandeln, weil wir streiken und Leute stören, in ihrem Arbeitsumfeld oder ihrem Tagesablauf. Aber wenn man mit Leuten aus einer IT-Branche redet, die sagen in der Regel: Na ja, Geld ist gar nicht unser primäres Thema. Wir haben ganz andere Themen, also wir wollen vielleicht gar nicht primär einen Tarifvertrag, sondern wir wollen zum Beispiel, dass ihr uns unterstützt bei der Betriebsratswahl. Wir wollen, dass ihr irgendwie auch uns als Betriebsrat unterstützt, wenn der gewählt ist. Es ist ja auch nicht so, dass, sobald der Betriebsrat da ist, wir uns nie wieder sehen lassen. Das heißt also auch, wir sind auch weiterhin für Betriebsräte da, die gewählt sind und die da sind, sind wir auch weiterhin ansprechbar, beraten die weiterhin, übernehmen teilweise auch Schulungen für die Betriebsräte. Aber trotzdem müssen wir jetzt auch nicht, wenn die Leute es nicht wollen, irgendwie groß, irgendwie Tarifauseinandersetzungen führen oder so 'ne Geschichten. Das zu machen ist ja kein Selbstzweck tatsächlich, zu sagen, wir wollen jetzt aber unbedingt unser Ding durchziehen und das machen, was wir wollen, sondern im Gegenteil. Alles, was wir machen, sprechen wir natürlich vorher mit den Kolleginnen und Kollegen ab und machen nichts über die Köpfe der Kolleginnen und Kollegen hinweg. Wenn zum Beispiel Leute sagen: O.K., wir finden es jetzt eine schlechte Idee, dass wir einladen z.B. zur Wahl, zur Versammlung, zur Gründung des Wahlvorstands, ladet doch ihr bitte als Gewerkschaft ein, um die Leute zu schützen. Dann machen wir das. Oder anders rum natürlich auch, wenn Leute sagen, Nö, wir fühlen uns da sicher genug, und wir glauben, die Kolleginnen und Kollegen finden es gut, wenn wir das machen, dann finden wir es auch gut. Dann sagen wir nicht: Nein, aber wir müssen unbedingt einladen. Das tatsächlich dazu. Und bevor jetzt die anderen beiden nochmal zu ihrer aktuellen Situation erzählen, wie es weitergeht, vielleicht noch einen, sei mir noch ein letzter Satz zu eurer entweder Beruhigung oder zu eurer Enttäuschung. Kommt drauf an, wo ihr jetzt steht und wie ihr es so seht. Aber vielleicht nochmal ein letzter Satz: auch ein Betrieb mit Betriebsrat ist kein sozialistischer Betrieb. Ob es jetzt für euch zur Beruhigung oder zur Enttäuschung beiträgt, sei euch überlassen, diese Information, aber es ist weiterhin ein kapitalistischer Betrieb. Es gibt weiterhin Direktionsrecht, es gibt weiterhin das Weisungsrecht des Arbeitgebers. Da kommt ihr ja auch nicht dran vorbei. Aber es gibt wenigstens einen Puffer zwischen dem Weisungs- und Direktionsrecht des Arbeitgebers und dem einzelnen Beschäftigten, nämlich den Betriebsrat. Thomas: Na ja, vielleicht nochmal zu dem Beispiel das vorhin fiel, wie diese Massenentlassung gelaufen ist in einem Berliner Betrieb. So wäre es mit einem Betriebsrat sicherlich nicht gelaufen. Da braucht es vorher nochmal intensive Gespräche zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Der Betriebsrat kann auch eigene Vorschläge machen, wie die Massenentlassung zu verhindern ist, beispielsweise, dass Beschäftigte in andere Abteilungen versetzt werden, vielleicht auch neue Produkte entwickelt werden und immer vor dem Hintergrund oder dem Ziel, die Beschäftigung zu erhalten im Betrieb. Und ich habe jetzt auch gerade noch einen anderen Betrieb vor Augen in Berlin, wo auch Beschäftigte sich auf den Weg gemacht haben, einen Betriebsrat zu gründen. Da war die Ansage der Personalabteilung: Wer in der nächsten halben Stunde eine E-Mail erhält, verlässt bitte den Betrieb. Es war nicht einmal im persönlichen Gespräch, sondern alle saßen dann an ihrem Arbeitsplatz und haben auf die Uhr geguckt und gewartet, ob sie jetzt diese ominöse E-Mail erhalten haben und damit die Kündigung. Und so geht es einfach nicht, und deswegen braucht es Betriebsräte. Und ich finde, auch das ist ein Totschlagargument vieler Arbeitgeber, auf das Ursprungsjahr des Betriebsverfassungsgesetzes zu verweisen. Wir haben auch als IG Metall sehr viele Betriebe, in denen das Betriebsverfassungsgesetz angewendet wird und die einfach auch sehr innovativ sind. Dazu gibt es auch entsprechende Studien, dass die Produktivität in Betrieben mit Betriebsrat höher ist und so weiter und so fort. Insofern mein Plädoyer auch an alle Beschäftigten, sich auf den Weg zu machen, auch vor dem Hintergrund, dass Standards, die wir uns in der Arbeitswelt in den letzten Jahrzehnten oder Jahrhunderten mal erarbeitet haben, beispielsweise eine acht Stunden Woche. Das ist ja alles nicht vom Himmel gefallen, sondern es wurde alles mal Hüpno: Acht-Stunden-Woche? Thomas: Acht-Stunden-Tag. Entschuldigung. Das wäre vielleicht das nächste Ziel. Aber es gibt ja auch Länder, in denen die vier Stunden Woche ausprobiert wird. Und da zeigt sich, dass das ein sehr, sehr gutes Beispiel ist. Vielleicht kommen wir dahin auch nochmal. Aber da kommen wir natürlich nicht hin, wenn immer mehr Betriebe überhaupt nicht mehr auf die Uhr schauen und quasi rund um die Uhr gearbeitet wird bis zur völligen Erschöpfung. Da stellt sich auch die Frage, wie das denn mit Familien-Aufgaben vereinbar ist. Insofern sehe ich mit guter Unterstützung mit Begleitung der Gewerkschaften auf den Weg machen, um Betriebsräte zu gründen. Mein Plädoyer. Lisam: Ja, genau das haben wir dann ja auch gemacht. Bei uns ist dann jetzt der aktuelle Stand. Es wurde Anfang September ein Betriebsrat gewählt, der ist auch neunköpfig mit einer kompletten Freistellung beziehungsweise gesplittet auf zwei Teil-Freistellungen. Der ist seit Ende September in Arbeit. Ich würde sagen, der Wahlkampf war kontrovers, weil sich, hab ich ja schon angedeutet, so Leute aufgestellt haben, die im Team Leitungspositionen waren und tendenziell eh schon mal in privilegierten Bereichen im Club waren und nah an der Arbeitgeberseite dran. Und die Befürchtung war, dass es tatsächlich so der Versuch ist, dieses Gremium komplett einzunehmen. Das hat so nicht geklappt. Es ist auch ein Teil der Arbeitnehmer näheren Liste in den Betriebsrat gewählt worden. Die Zusammenarbeit funktioniert tatsächlich relativ gut. Ich war sehr skeptisch, aber es läuft. Aber tatsächlich habe ich das Gefühl, die meisten haben vernünftige Ziele und tatsächlich das Beste für alle Angestellten im Kopf. Es ist wahnsinnig anstrengend. Wir haben gerade wöchentlich viele, viele Stunden Treffen, sehr viel Einarbeiten. Es ist ein sehr zähes Ringen um jedes bisschen Einfluss. Die Geschäftsführung ist not amused. Sie lässt das auch nicht offen raushängen, aber man merkt es so an der Art und Weise, wie man jedes kleine Entgegenkommen sozusagen erkämpfen muss und erstreiten muss. Da kommt nichts, da ist kein bisschen Offenheit und kein bisschen. Die sehen auch die Win-Win Situation, die das haben könnte, einfach im Moment noch nicht. Das kann man so als Fernziel vielleicht einmal anpeilen, dass sie das irgendwann verstehen, dass es auch für sie ein Vorteil sein könnte. Momentan sehen Sie das nur, dass da jetzt jemand mitreden will in Ihrem Laden. Das ist eigentlich empörend quasi, dass sich jemand das anmaßt. Genau, aber das Ding gibt's jetzt und we are here to stay, sage ich immer. Wir gucken, dass wir da jetzt das Beste draus machen. Hüpno: Das mit der Win-Win-Situation ist ein ganz schöner Stichpunkt für uns. Denn was schon nach den Entlassungen Ende vorletzten Jahres sich gezeigt hat, ist bei einer anschließenden MitarbeiterInnenbefragung waren die Werte, was das Vertrauen der Beschäftigten in die Geschäftsleitung angeht, in einem katastrophalen Sinkflug. Als dann die ersten Massenentlassungen in Berlin stattgefunden haben, war es eigentlich, ich will nicht sagen, komplett vorbei, aber hat den Trend auf jeden Fall nochmal beschleunigt. Die Vertrauensgrundlage der Geschäftsleitung bei den Beschäftigten außerordentlich ramponiert war. Und dann haben sie sich hingestellt und gesagt: Ja, jetzt, wo diese schmerzhaften Schnitte gemacht sind, würden wir doch gerne viel darum geben, dieses verlorene Vertrauen auch wieder herzustellen. Als wir dann aus der Deckung gegangen sind, sind ein paar Leute in unserer Geschäftsleitung, die auch nicht alle ganz dumm sind, auch drauf gekommen, dass das für sie durchaus ein Vehikel sein könnte, Vertrauen zu gewinnen und wiederherzustellen. Für uns war es ziemlich spannend. Was passiert denn jetzt eigentlich, wenn wir diesen Wahlausgang machen? Wenn die Katze aus dem Sack ist, nachdem wir die ganze Zeit so klandestin gearbeitet haben? Wir sind dann direkt, nachdem wir diesen Aushang gemacht haben in einer Gemeinschaftsfläche der Firma, zur Geschäftsleitung gegangen, haben der Assistentin des CEOs diesen Aushang in die Hand gedrückt und gesagt, wir würden gerne mal mit dem Geschäftsführer sprechen, das geht doch bestimmt, oder? Und die ist dann mit dem Ding losgelaufen, kam wieder, ja, Gespräch überhaupt kein Problem. Aber warum denn jetzt sofort? Weil das haben wir gerade ausgehängt, das ist also Stand Jetzt. Und dann ging es auch ganz schnell, und wir wurden dann in einem sehr spannenden Moment empfangen von unserem CEO und dem CLO, dem Chief Legal Officer. Und die haben gesagt, wir dachten, ihr kommt schon gar nicht mehr. Wir haben auf jeden Fall damit gerechnet, und ihr seid ja ganz schön spät dran. Wir finden es schade, dass es jetzt so weit kommen musste, wir denken, das geht auch ohne. Aber es ist ja nun mal euer gutes Recht, und wir haben schon immer mit dem gearbeitet, was wir haben. Deswegen arbeiten wir auch mit euch. Okay. Das heißt also, die Zeichen waren nicht ganz so auf Konfrontation, wie wir das zumindest in einem der durchgespielten Szenarien uns so vorgestellt haben. Haben dann eben eine Wahlveranstaltung durchgeführt, mit sehr großer Resonanz innerhalb der Beschäftigten. Wir haben auch gedacht, dass viele Kolleginnen vielleicht sagen: Nee, das ist doch jetzt der letzte Nagel im Sarg. Für die Firma werden wir jetzt auch noch total unflexibel werden durch diese Betriebsrats-Geschichte. Aber Skepsis ist uns eigentlich gar nicht entgegengekommen, sondern sehr viel Support und ein bisschen Arbeit. Zum Ende der Kandidaturenphase haben sich noch einige Leute durchgerungen, jetzt zu kandidieren. Wir haben 18 Leute, die zur Wahl stehen, und neun kommen in dieses Gremium. Die Wahl hat noch gar nicht stattgefunden. Das heißt, bei uns ist das alles gerade noch im Prozess. Die Kandidaturen-Phase war kurz vor Weihnachten vorbei, und die Wahl findet Mitte Januar statt. Ole: Genau diese Zusammenarbeit zwischen dem Arbeitgeber an dem Fall abstrakt besprochen und den Beschäftigten und dem Betriebsrat habe ich tatsächlich auch oft beobachtet. Da hatten wir zum Beispiel einmal den Fall, dass wir die Wahl zum Wahlvorstand gemacht haben. Und der Arbeitgeber hat sogar Bier und Snacks bezahlt und bereitgestellt, weil halt bei jedem Meeting Bier und Snacks bezahlt werden. Und es war ein Meeting, also wurde Bier und Snacks bezahlt. Hat den Nachteil gehabt, dass bei der Stimmauszählung dann irgendwann der Gelächter im Saal bei der Stimmauszählung, bei der natürlich der Wahlvorstand kein Alkohol getrunken hat, bis die Stimmen ausgezählt waren, tatsächlich. Aber der CFO, also der Chief Financial Officer, irgendwann betrunken und zugekokst war und sehr viel Redebedarf mit mir hatte, als Gewerkschafter. Das kann dann auch so funktionieren. Das heißt, ich muss jetzt irgendwann noch mit dem Essen gehen, aber das ist dann das Pech an meinem Job, aber gut. Aber auch da funktioniert die Zusammenarbeit. Und da sei auch ein Betriebsrat, den Betriebsrat, den ich mal ein bisschen als meinen Musterbetriebsrat vor mir her trage tatsächlich inzwischen, weil die haben den Betriebsrat gegründet, weil die Fluktuation einfach zu hoch war in der Firma, und sie einfach gesagt haben, wir wollen nicht mehr, dass unsere ganzen guten Kolleginnen und Kollegen gehen, nur weil sie einfach die Arbeitsbedingungen inzwischen so schlecht hier finden. Und da ist tatsächlich in der kurzen Zeit, die im September gewählt und konstituiert, seitdem ist schon die Fluktuation runter gegangen. Also tatsächlich messbar schon runtergegangen. Weil das einzige Instrument, was Sie vorher hatten, um die Fluktuation zu reduzieren, waren Interviews. Das heißt, die Leute haben gekündigt, und dann haben sie Interviews mit denen geführt, warum sie gekündigt haben und daraus wollten sie dann die Fluktuation eindämmen. Gut, hat nicht funktioniert. Aber jetzt wieder die Fluktuation zu reduzieren mit einem Betriebsrat hat zum Beispiel funktioniert. Und es gibt immer noch bei allen Veranstaltungen Bier. Hüpno: Ich glaube, wir haben unsere Stichpunkte, die wir uns alle so notiert haben, jetzt erst mal abgearbeitet, und deswegen würde ich hiermit den Q&A-Teil eröffnen. Wir freuen uns über Fragen aller Art und erzählen sicherlich auch noch ein bisschen weiter aus dem Nähkästchen. Saalmikrofone sind ab jetzt offen. Applaus Herald: Wir haben drei Mikros eins, zwei und drei. Wenn ihr euch einfach dahinter aufreiht, dann werde ich euch einfach wählen. Ich werde aber erst mal ganz kurz mal gucken, ob vom Internet erst etwas gekommen ist und ich sehe ja. Signal-Angel: Es sind tatsächlich Fragen gekommen. Wir haben in den vergangenen Jahren viel über Verbindungen zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung, über größere und kleinere Skandale mitbekommen. Und ich glaube, die kritische Angestellte im IRC fragt deswegen "Wie gewährleistet der Betriebsrat, dass über persönliches Interesse und Freundschaften nicht doch die Interessen der Vorgesetzten durchgesetzt werden?" Als Nachsatz von mir: "Welche Hebel habe ich als Angestellte, um da nach der Wahl noch irgendwie Einfluss zu nehmen?" Thomas: Menschliche Verfehlungen gibt es immer. Aber natürlich sind Betriebsräte angehalten, die Interessen der Belegschaften zu vertreten und nicht ihre eigenen und schon gar nicht die der Vorgesetzten oder nicht der des Arbeitgebers. Beispielsweise schreibt das Betriebsverfassungsgesetz vor, dass alle drei Monate eine Betriebsversammlung durchzuführen ist. Das heißt, dort muss der Betriebsrat Rechenschaft ablegen über die Arbeit der letzten Wochen und Monate. Und da können natürlich die Belegschaften oder die Beschäftigten kritische Fragen stellen. Und zugleich können Sie auch dem Betriebsrat Aufgaben mitgeben für die nächste Zeit, die er dann bitte angehen soll. Und dadurch ist ein Stück weit die Kontrolle gegeben, und spätestens nach vier Jahren gibt's ja regelmäßig Betriebsratswahlen. Und wenn man dann halt mit Betriebsratsmitgliedern unzufrieden ist, hat man immer noch die Möglichkeit, selber zu kandidieren und es in der nächsten Legislaturperiode besser zu machen. Herald: Eine ganz kurze Ankündigung: Wir haben inzwischen auch eine Übersetzung ins Englische, also falls jemand im Saal ist, in case there is somebody here in the hall who only speaks English, we have on streaming.c3lingo.org we also have English translation running. That wasn't available at the beginning but now it is there. Jetzt die nächste Frage, Nummer 2. Mik 2: Guten Morgen. Vielen Dank für den Beitrag. Ich habe die Frage: "Was macht denn überhaupt so ein Betriebsrat bzw. was hat er denn überhaupt für Möglichkeiten? Ole: Ich fang dann an, vielleicht können die anderen noch mal ergänzen. Es gibt tatsächlich abgestimmt... Das fängt an mit Informationsrechten. Das heißt also, der Betriebsrat muss über Dinge informiert werden, kann sich dadurch ein Bild machen von Vorgängen und kann dann die Beschäftigten informieren, das ist halt so das kleinste oder das Recht mit dem wenigsten Hebel. Dann gibts das so genannte Mitbestimmungsrechte Der Betriebsrat kann Dinge, die geplant sind, Arbeitszeitmodelle zum Beispiel, Schichtpläne, falls es sowas gibt. IT- Ausstattung, gerade vielleicht, welche IT- Systeme werden überhaupt genutzt, welche Daten werden erfasst und so weiter. Da muss der Betriebsrat zustimmen tatsächlich vorher. Das ist ein relativ starker Hebel, gerade in der Branche tatsächlich. Und dann gibt es noch Dinge, zum Beispiel, wo der Betriebsrat zustimmen muss, die sonst nicht gemacht werden dürfen, wie z.B. bei Einstellungen von neuen Leuten. Das so mal als ein Beispiel. Herald: Dann Nummer 1. Mik 1: Ja, danke für euren Vortrag. Ich würde gern mal auf das Thema des Vortrags zurückgreifen. Wie gründe ich denn jetzt eigentlich einen Betriebsrat? Also nehmen wir mal an, ich arbeite an einer kleinen Software Consulting-Firma, in der eigentlich alles gut ist. Aber ich hätte Interesse, tatsächlich einen Betriebsrat zu gründen, bevor es brennt. Was muss ich machen? Was sind die Rahmenbedingungen? Und wenn ich jetzt sage Ich will mir eine Gewerkschaft dazu holen, die mich berät. Was wäre denn eigentlich die richtige Gewerkschaft für mich? Hüpno: Ich steige mal ein und gibt das Mikro dann vielleicht noch mal weiter, weil wir es ja gerade durch haben. Das Betriebsverfassungsgesetz gibt hier den Rahmen vor, dass man eben erstmal über Einladungen zu einer ersten Betriebsversammlung, wo ein Wahlvorstand gewählt wird, den ganzen Prozess startet. Und dieser Wahlvorstand dann dafür sorgt, dass alle Beschäftigten darüber informiert werden, dass dann und dann die Kandidaturenphase beginnt, wo alle Leute ihre Kandidaturen einreichen können. Und daraus wiederum gibt es feste Fristen. Daraus ergibt sich dann ein Termin, wann die eigentliche Betriebsratswahl stattfindet. Da aber, wie gesagt, niemand sich eigentlich hinsetzt und dieses Betriebsverfassungsgesetz auf eigene Faust durcharbeitet und daraus ableitet, wann welcher Schritt wie zu machen ist, ist der Schritt zu einer Gewerkschaft ziemlich naheliegend. Wir haben uns, wie gesagt, umgeguckt, und wir sind dann bei der IG- Metall gelandet. Wir haben uns auch nochmal so kurz am Kopf gekratzt. Warum eigentlich IG Metall? Was haben die mit IT zu tun? Und die Antwort war dann so einfach wie bestechend. Sowohl HP als auch IBM haben früher Schreibmaschinen hergestellt. Und das ist sozusagen die historische Wurzel, wo sozusagen deren IT- Abteilungen rausgekommen sind. Aber mein Rat wäre auf jeden Fall, mal mit einer Gewerkschaft zu sprechen, um dann an der Stelle zu gucken, wie kann man vorgehen? Wie sammelt man am besten sozusagen Gleichgesinnte, um das Ganze voranzubringen? Und wie macht man es dann ganz konkret? Ole: Die Diskussion, welche Gewerkschaft die zuständige ist, ist eine relativ komplexe. Es gibt eine Faustregel, die würde ich gerne hier formulieren. Wenn es eine DGB- Gewerkschaften ist, ist erst mal schon mal eine gute Idee. Wenn da mal christlich dran steht und ein gelbes Logo haben, geht da nicht hin. Das sind tatsächlich die Gewerkschaften, die machen nichts anderes als Lohndumping. Wenn es eine DGB- Gewerkschaften ist, geht erstmal hin. Die werden dann schon sagen, ob ihr da richtig seid oder nicht, und ihr müsst auch kein Mitglied sein vorher, um mal Hallo zu sagen und zu fragen, ob ihr überhaupt richtig seid. Das nochmal als Ergänzung. Herald: Mikrofon 2. Mic 2: Ab welcher Betriebsgröße ist ein Betriebsrat möglich? Thomas: Das Gesetz schreibt vor, es müssen fünf Beschäftigte sein, die über 18 sind. Davon sollen drei auch wählbar sein. Wählbar heißt auch über 18 und mindestens sechs Monate im Betrieb, am Tag der Wahl. Das ist sozusagen die Mindestvoraussetzung, die ein Großteil der Betriebe in Deutschland erfüllt. Herald: Mikrofon 1. Mik 1: Wie ist das mit dem Kündigungsschutz bei Teil-Freistellung von Betriebsräten? Thomas: Betriebsräte oder Mitglieder des Betriebsrates haben qua Funktion, weil sie Mitglied des Betriebsrates sind, einen Sonderkündigungsschutz. Das hat mit der Freistellung nichts zu tun. Und es gibt auch den Sonderkündigungsschutz für die so genannten Ersatz Mitglieder im Falle einer Verhinderung. Das ordentliche Mitglied des Betriebsrates ist beispielsweise im Urlaub. Da muss das Gremium auch möglichst vollzählig sein. Deswegen kommt ein Ersatzmitglied mit rein, und diese Person hat dann auch ein Jahr Kündigungsschutz, besonderen Kündigungsschutz. Hüpno: Aber ansonsten: Für die Mitglieder des Betriebsrats gilt Kündigungsschutz bis zum Ende der Legislaturperiode. Das ist immer festgelegt, das beginnt. Da beginnt die Frist nicht mit der Wahl des Betriebsrats-Gremiums, sondern ich weiß gar nicht, ob das auf nationaler oder Bundeslands Ebene irgendwie gestaffelt ist. Aber diese Betriebsratsperioden sind festgelegt, und gerade läuft eine läuft bis 2022. Und das heißt bei uns Wenn sich im Januar dann der Betriebsrat formiert, läuft das Ganze auch bis 2022. Und dann beginnt wiederum eine neue vierjährige Periode. Gewählt heißt Kündigungsschutz bis Ablauf dieser Legislaturperiode. Herald: Mikrophonen zwei Mik 2: Hüpno, du hattest gesagt 18 Leute stellen sich bei euch jetzt bereit, um neun verfügbare Betriebsrats Posten zu besetzen. Wie konntet ihr so viele Leute dafür begeistern? Vor allen Dingen vor dem Hintergrund. Das haben wir ja auch gehört. Es ist ziemlich viel Arbeit, gerade am Anfang, um die Aufbauarbeit zu leisten. Wie begeistert man die Leute, die Mitarbeiter, die Kollegen dafür? Hüpno: Eine wichtige Voraussetzung hier ist schon mal ein relativ hohes Identifikationspotenzial der Beschäftigten mit der Firma, und das vielen Leuten daran gelegen ist, die Firma eben nicht vor die Hunde gehen zu lassen, sondern ein bisschen daran mitzuarbeiten, dass das Ganze wieder ein bisschen mehr in gemeinsamen und geregelten Bahnen läuft. Dann eben auch so. Dieses Gefühl, dass die Massenentlassungen auf eine relativ eklige Art und Weise abgelaufen sind, dass viele auch gesagt haben Das möchten wir nicht, dass das überhaupt nochmal passiert. Das Beispiel was Thomas gebracht hat bei uns war es die zweite Portion der Entlassungen angeht, auch so ähnlich. Ich habe ja gesagt, die ersten: Da gabs morgens ein Meeting für diese Abteilung – Uns wurde gesagt, wir schließen eine Unterabteilung und die Betroffenen kriegen im Lauf des Tages Post den zweiten Teil der Entlassung, als 200 Leute entlassen wurden. Da hat man es anders organisiert. Da war auch dann die Ansage: Erstmal zum Vorgehen: Abends nach Büroschluss gab es eine E-Mail mit einer Einladung zu einem Global On-Hands Meeting am nächsten Morgen, wo man dann schon wusste Oh, das wird bestimmt nicht zur Verkündung von Gehaltserhöhungen benutzt, sondern das wird eher unangenehm. Und da hieß es dann auch wir reduzieren unseren globalen Headcount um 20 Prozent, und die Betroffenen erhalten innerhalb der nächsten halben Stunde eine E-Mail. Ihr dürft jetzt alle gerne wieder an einen Arbeitsplatz zurückkehren und können dann schauen, ob ihr eine E-Mail bekommt. Und die Leute, die diese E-Mail von daher bekommen haben, sind dann nicht mehr in Einzelgesprächen verabschiedet worden, sondern in Gruppengesprächen. Da saßen dann zehn Leute, die sich auf einmal ihre Papiere abholen konnten. Und ich glaube, das hatten durchaus wichtigen Einfluss darauf gehabt, warum Leute gesagt haben, sie engagieren sich. Wiederum die Zusammensetzung der Gruppe, die das Ganze angestoßen hat und die losgelaufen ist, um zu gucken, hat auch nochmal Leute motiviert zu sagen "Hey, da sitzen ja eigentlich ganz coole Leute". Und wenn man sozusagen mit denen ein Gremium bildet, dann können wir wahrscheinlich auch etwas erreichen. Das sind so die Hauptgründe. Allerdings haben wir auch viel Energie reingesteckt. Zwischendurch, so auf der Hälfte der Kandidaturen Phase, waren wir noch von diesen 18 relativ weit entfernt und haben uns auch ein paar Leute, von denen wir wussten, dass sie generell damit sympathisieren, aber irgendwie auch sich überlegen "Wie schaffe ich das überhaupt, zeitlich" oder wie auch immer nochmal so ein bisschen in Einzelgesprächen, Ich will nicht sagen, weichgekocht, aber zumindest nochmal so ein bisschen versucht zu schubsen, um am Ende darauf zu kommen. Ich hätte, wenn man mich auf der Hälfte der Zeit gefragt hätte "Was glaubst du, wieviel Kandidierende kommen da am Ende bei raus?" hätte ich ich nicht 18 gesagt, und ich war relativ schwer erfreut zu sehen, wie viel das am Ende doch wie viele Leute das motiviert hat. Herald: Mikrofon 1 Mik 1: Ich bin zwar aus Österreich, aber ich hoffe, das trifft auch bei uns zu. Die Frage ist, wenn ich jetzt ein Unternehmen habe, das schon über hundert Mitarbeiter hat und auch mehrere Standorte auf Europa verteilt und die Mitarbeiter dann auch unterwegs sind, also z.B. Sales-Mitarbeiter schwer erreichbar sind. Wie führt man eine Betriebswahl durch, so dass hier niemand benachteiligt wird? Ole: Ich muss zugeben, ich kenne mich mit dem österreichischen Arbeitsrecht überhaupt nicht aus. Aber grundsätzlich vielleicht zwei Sätze Das Betriebsverfassungsgesetz gilt nur für Deutschland. Das heißt, wenn es Betriebsteile in Deutschland gibt, kann man zum Beispiel in Deutschland einen Betriebsrat nach dem Betriebsverfassungsgesetz wählen. Und grundsätzlich gilt auch für Leute, die unterwegs sind, die im Urlaub sind, die Elternzeit sind, die krank sind, wo auch immer sind. Die können Briefwahl machen, wenn der Wahlvorstand das beschließt. Das heißt, dann funktioniert es genau wie bei jeder anderen Wahl auch per per Briefwahl. Elektronische Wahl-Geschichten funktionieren leider immer noch nicht. Auch nicht im Ausland. Hüpno: Ausschlaggebend hierfür ist, dass der Wahlvorstand von der Geschäftsleitung eine komplette beschäftigten Liste bekommt, damit der Wahlvorstand in der Lage ist, alle anzuschreiben, also auch die, die im Sabbatical oder in der Elternzeit sind. Das ist die Aufgabe des Wahlvorstands einfach alle zu informieren. Und das geht über verschiedene Medien, einmal über den Aushang. Bei uns wurde diese WählerInnen Liste auch ausgehängt. Dann eben alle E-Mail-Adressen und es gibt da noch Kanäle wie Slack oder sonst wie, um am Ende sicherzustellen, dass alle davon Wind bekommen und die Leute, die sagen Ja, zu dem Zeitpunkt bin ich aber gar nicht in der Firma, die können dann eben Briefwahl beantragen, kriegen vom Wahlvorstand die Briefwahl an Unterlagen zugesendet, und wenn das fristgerecht eintrifft, werden die Stimmen mitgezählt. Herald: Dann hat das liebe Internet eine Frage für uns. Signal Angel: Vielleicht als Anschlussfrage zu der ersten Frage zu sehen: Das Internet fragt sich, wie man einen Betriebsrat wieder loswerden kann. Gibt es so etwas nicht aus der Perspektive des Arbeitgebers? So hoffe ich zumindest, dass dann jemand inkognito war, sondern aus der Perspektive der Arbeitnehmer. Gibt es so etwas wie ein Misstrauensvotum, oder kann man in der Betriebsversammlung einen neuen Betriebsrat wählen? Ole: Ja, nein und vielleicht. Ja, es gibt die Möglichkeit die wieder loszuwerden, tatsächlich. Und zwar nur über Antrag beim Arbeitsgericht. Das geht einmal gegen einzelne Mitglieder des Betriebsrates, aber auch gegen den Betriebsrat an sich. Diesen Antrag können stellen: der Arbeitgeber, ein Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft. Das war das "Ja" mit dem loswerden. Nein, man kann nicht einfach einer Betriebsversammlung einen neuen Betriebsrat wählen, sondern dann geht der ganze Prozess von vorne los. Es braucht einen neuen Wahlvorstand, und es läuft dieser ganze Wahlprozess, den wir gerade angerissen haben. Der läuft dann einfach nochmal, und vielleicht auch das. Vielleicht war es tatsächlich ein bisschen der Hinweis darauf, dass natürlich dann erst einmal wieder es nötig ist, Vertrauen aufzubauen, auch bei den Kolleginnen und Kollegen in dieses Instrument Betriebsrat. Und dass man dann vielleicht auch gerade wenn man so ein Betriebsrat absägt, mal ganz platt gesagt, dass man sich dann auch mal ein Plan B überlegen muss. Was macht man dann eigentlich danach? Wenn der dann plötzlich weg ist. Herald: Wir haben viele Fragen noch im Raum, ich möchte erst einmal die Zwei. Dann werde ich die Drei wählen. Ich hoffe wir haben noch Zeit für den Rest, Mik 2: Geht ein bisschen ins Nähkästchen hinein: Wie motiviert man seine Kollegen? Vor allem unter dem Hintergrund: In der Berliner Startup-Szene ist die Betriebssprache oft Englisch. Die deutschen Kollegen haben zumindest den Begriff Betriebsrat schon mal gehört. Wie sieht das aus? Aus der Erfahrung. Wie motiviert man seine internationalen Kollegen aus den USA oder sonst eventuell Vorurteile gegenüber Gewerkschaften haben? Gibt's da Erfahrungen zu einer Gewerkschaftsseite und andererseits von denen, die es gemacht haben? Dankeschön. Lissim: Ich würde sagen, dass es bei uns im Club ähnlich, dass wir sehr viele internationale MitarbeiterInnen auch haben. Und wir haben uns sehr viel Mühe gegeben, all Informationen zweisprachig zu halten. Informationsveranstaltungen auch zweisprachig zu halten, uns um Übersetzungen zu kümmern. Ich habe mich persönlich auch sehr viel mit Kollegen und Kolleginnen direkt getroffen, die das sozusagen erst mal nicht verstanden haben, die nicht so einen Zugang dazu hatten. Ich habe mich mit den Nachmittags auf einem Kaffee getroffen und hab denen erklärt, worum es dabei geht und was das ist. Ich glaube man muss einfach sehr viel Arbeit da reinstecken, wir haben um und bei 300 Mitarbeiter, das ist etwas anderes, als wenn man irgendwie Betriebe mit ein paar Tausend hat. Ich glaube, bei so einer, bei so einer Betriebsratsgründung kommt man einfach nicht drum herum, auch sehr viel Persönlich zu investieren, um die Leute mitzunehmen und abzuholen. Hüpno: Und eben auch klarzumachen, dass es eine Interessenvertretung für alle Beschäftigten ist. Und dass es eben einfacher ist, die Interessen von Beschäftigten zu vertreten, wenn man sozusagen mit einer organisierten Stimme spricht und nicht immer Einzelne zu ihrem Teamlead hin rennen müssen, um zu sagen, dass mit den Arbeitsbedingungen das ist jetzt vielleicht, irgendwie können wir vielleicht mal was machen, sondern dass das eine ganz andere Wucht und Autorität hat wenn ein Gremium sagt "das Gesetz sagt so und so" und wir gucken jetzt mal, dass wir das hier auch wirklich gesetzeskonform durchkriegen. Das war bei uns halt auch so ein bisschen so. Wir haben auch einen hohen Anteil an nichtdeutschen Kolleginnen und Kollegen, haben auch so ein bisschen überlegt. Die aus England und Frankreich, die kennen das vielleicht, weil es da auch irgendwie historisch viel Erfahrung mit Arbeitskämpfen gibt. Unsere amerikanischen Kollegen halten uns wahrscheinlich alle eher für Kommunisten. Die müssen wir als allererstes überzeugen und haben aber auch festgestellt: Es ist gar nicht so – mit diesem Argument: Es gibt eine organisierte Form, unsere Interessen auf geschäftsleitungen Ebene so ein bisschen auf Augenhöhe zu Gehör zu bringen. Das hat viele Leute wirklich überzeugt. Ole: Genau das sind meine Erfahrungen tatsächlich. Und es gibt auch Länder mit einer ganz starken gewerkschaftlichen Organisierung. Französische Kolleginnen und Kollegen oder italienische Kolleginnen und Kollegen würden gerne mal Autoreifen vor der Firma anzünden. Muss man durchaus erklären das man das nicht darf. Ich finde schade, aber es ist leider so. verhaltener Applaus Ole: Aber am Ende kann man, muss man sich gerade amerikanische Kollegen und Kolle- ginnen muss man quasi die Angst nehmen. Man muss sich auch noch einmal vor allen das Problem ist: Das ist ein völlig anderes System vom Aufbau her, und diese Trennung zwischen Betriebsrat und Gewerkschaft tatsächlich denen einfach klarzumachen, dass es zwar Schnittmengen gibt, Zusammenarbeit gibt, aber das ist einfach zwei völlig unterschiedliche Dinge sind. Und dass sie die Gewerkschaft die sie kennen, nicht mit einem Betriebsrat vergleichen können. Wenn man dass einmal geschafft hat, Ihnen klarzumachen, dann sind eben genau diese Berührungsängste, die es gibt, und diese Ängste relativ schnell weg. Was leider nicht weg ist, ist natürlich die Hürde Gesetze zu finden, vernünftig übersetzt, z.B. das Betriebverfassungsgesetz ist so ein schönes Juristendeutsch mit einem Unterschied zwischen kann, muss und sollte. Ich kenne Übersetzungen da steh überall "should". Herzlichen Glückwunsch! Das ist natürlich ein Riesenproblem. Aber es gibt gerade in Berlin inzwischen auch sehr gute Schulungsangebote für Betriebsräte, komplett auf Englisch. Das gibt es inzwischen, und das funktioniert total gut, weil es auch gerade in Berlin gerade viele neue Betriebe gibt, mit Betriebsräten die als Sprache Englisch haben. Herald: Wir haben nur noch Zeit für eine Frage, und es geht an die Nummer Drei. Mik 3: Super. Ich hatte zwei Fragen, dann nehme ich jetzt einfach die Kompliziertere: Auch im Kontext internationales Umfeld: Welche Strategien würdet ihr empfehlen, wenn man jetzt ein relativ komplexes Firmen-Konglomerat hat? Zum Beispiel eine AG nach deutschem Recht mit Sitz in Deutschland und verschiedenster Dependancen in unterschiedlichsten Ländern: Indien, USA, England, was auch immer. Die natürlich eigene Rechtsperson sind. Würdet ihr da empfehlen dass man versucht sich international irgendwie zu koordinieren, wenn man jetzt einen Betriebsrat gründet? Wenn ja, wie macht man das am besten? Habt ihr da Erfahrungen? Thomas: Mein Kollege hat ja schon gesagt, dass es das deutsche Betriebsverfassungsgesetz, und es gibt kein internationales Betriebsverfassungsgesetz. Insofern kann ich dir nur empfehlen, für die deutschen Standorte oder den deutschen Standort, Betriebsräte zu wählen und zugleich aber auch zu gucken, wie man international eine Vernetzung hinbekommt, damit die Standorte auf dem Globus nicht untereinander ausgespielt werden. Aber du hast eben in anderen Ländern, vor allem in den USA, deutlich weniger verbriefte Rechte als Betriebsrat – sowas gibts in den USA nicht. Da kommt es auf die Gewerkschaften drauf an: Die brauchen 50 Prozent der Beschäftigten hinter sich, damit sie sozusagen im Betrieb vertreten sind. Und deswegen würde ich einen Fokus erstmal auf den hiesigen Standort und dann schauen, wie kommt man dann international in Kontakt mit den Beschäftigten, die das auch wollen? Ole: Kleine Ergänzung. Es gibt inzwischen den europäischen Betriebsrat für Unternehmen mit Standorten. In anderen europäischen Ländern gibt es inzwischen ein Gesetz über europäische Betriebsräte. Die haben hauptsächlich Informationsrechte aber, die helfen eben auch schon mal weiter, um z.B. diesen Wettbewerb zwischen den Standorten und dieses Verschieben von Problemen so ein bisschen einzudämmen. Und eben dann tatsächlich auch über die Gewerkschaften. Wir haben auch gute Kontakte in andere Gewerkschaften. Manchmal kann man auch dann z.B. sagen Okay, dann sucht man sich eben die Gewerkschaft vor Ort, die zuständig ist, und macht dann eben zum Beispiel über Verträge Dinge möglich, die eigentlich im Gesetz von dem Land nicht vorgesehen sind. Ist aber tatsächlich sehr sehr viel Arbeit und setzt voraus, dass der Betriebsrat hier vor Ort das will und auch bereit ist, tatsächlich mehr zu machen, als er nach dem Gesetz eigentlich müsste, tatsächlich. Lissim: Vielleicht als ganz kleine Ergänzung für alle, die jetzt nicht zum Fragen kommen sind: Wir hängen hier noch rum, ich kann mehr über prekäre Beschäftigung im Berliner Clubleben erzählen. Aber auch die beiden Gewerkschaftssekretär könnt ihr danach einfach noch ansprechen, vor der Halle und da sie mit Fragen löchern. Ole: Es gibt noch eine befreundete Assembly von Gewerkschafterin und Gewerkschafterin, die heißt AHA: Anger Hope Action. Da laufen auch Menschen rum, die Erfahrung haben in Gewerkschaften, die Erfahrungen mit dem Betriebsrat haben. Und da werd ich zumindest auch noch in den nächsten Tagen immer wieder sein. Dafür nochmal kurz Werbeblock: Geht da gerne hin. Herald: Gut, dann bedanken wir uns bei Hüpno , Thomas, Lissim und Ole für das spannend Gespräch. Applaus 36c3 Abspannmusik Untertitel erstellt von c3subtitles.de im Jahr 2020. Mach mit und hilf uns!