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Warum wir auf Falschinformationen hereinfallen - Joseph Isaac

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    1901 veröffentlichte
    David Hänig eine Arbeit,
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    die unser Verständnis
    von Geschmack für immer veränderte.
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    Seine Forschung lieferte uns
    die heute bekannte Geschmackskarte:
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    eine Darstellung, die die Zunge
    in vier Bereiche aufteilt.
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    Laut dieser Karte erkennen Rezeptoren
    an der Zungenspitze Süßes,
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    am Zungenhintergrund Bitteres
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    und an den Seiten Salziges und Saures.
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    Seit ihrer Erfindung
    erscheint die Geschmackskarte
  • 0:38 - 0:40
    in Schulbüchern und Zeitungen.
  • 0:40 - 0:43
    Das einzige Problem: Die Karte ist falsch.
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    Tatsächlich zeigt sie nicht einmal genau,
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    was Hänig ursprünglich entdeckte.
  • 0:50 - 0:53
    Die Geschmackskarte
    ist ein verbreiteter Irrtum;
  • 0:53 - 0:56
    etwas, das häufig geglaubt wird,
    aber überwiegend falsch ist.
  • 0:56 - 0:59
    Wie also entstehen solche Irrtümer?
  • 0:59 - 1:03
    Warum werden Falschinformationen
    so leicht geglaubt?
  • 1:03 - 1:07
    Die Reise der Geschmackskarte
    beginnt tatsächlich mit David Hänig.
  • 1:07 - 1:10
    Für seine Dissertation
    an der Universität Leipzig
  • 1:10 - 1:16
    analysierte er Empfindungen der Zunge
    für die vier Geschmäcker.
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    Dabei nutzte er Zucker für Süß,
    Chininsulfat für Bitter,
  • 1:20 - 1:24
    Salzsäure für Sauer und Salz für Salzig.
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    Mit diesen Stimuli verglich Hänig
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    Unterschiede in Geschmacksübergängen
    auf der Zunge von Testpersonen.
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    Er wollte die physiologischen Mechanismen
    der vier Geschmäcker besser verstehen.
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    Seine Daten zeigten,
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    dass das Empfinden für jeden Geschmack
    tatsächlich auf der Zunge variiert.
  • 1:43 - 1:47
    Das maximale Empfinden für Süßes
    lag an der Zungenspitze,
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    bittere Aromen waren hinten am stärksten,
    Salziges am intensivsten in diesem Bereich
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    und Saures in der Mitte der Zungenseiten.
  • 1:55 - 1:57
    Hänig merkte jedoch an,
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    dass jeder Geschmack auch auf der
    ganzen Zunge festgestellt werden konnte
  • 2:01 - 2:06
    und dass die von ihm ermittelten Bereiche
    sich in der Intensität kaum unterschieden.
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    Wie so viele Irrtümer
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    ist die Zungenkarte eine Verzerrung
    ihrer ursprünglichen Quelle.
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    Dabei kann die Art
    der Verzerrung variieren.
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    Einige Irrtümer bestehen
    aus Desinformationen,
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    also falschen Informationen,
    um Menschen in die Irre zu führen.
  • 2:23 - 2:26
    Doch viele Irrtümer wie die Zungenkarte
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    beruhen auf Fehlinformationen,
    falschen oder irreführenden Informationen,
  • 2:30 - 2:34
    dem Ergebnis unabsichtlicher
    Ungenauigkeiten.
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    Falschinformationen entstehen meist
    durch Fehler oder menschliches Versagen,
  • 2:39 - 2:42
    aber die konkreten Fehler,
    die zum Irrtum führen,
  • 2:42 - 2:44
    können überraschend vielfältig sein.
  • 2:45 - 2:46
    Im Fall der Zungenkarte
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    lag Hänigs Dissertation auf Deutsch vor.
  • 2:49 - 2:53
    Die Arbeit wurde also
    nur von Personen verstanden,
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    die fließend Deutsch sprachen
    und Hänigs Spezialgebiet gut kannten.
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    Dadurch begann ein "Stille-Post"-Spiel,
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    das Hänigs Forschungen
    durch jede weitere Verbreitung veränderte.
  • 3:05 - 3:08
    Knapp zehn Jahre nach seiner Dissertation
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    schrieben Zeitungen fälschlicherweise,
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    laut Experimenten werde Süßes
    am Zungengrund nicht wahrgenommen.
  • 3:16 - 3:20
    Der zweite Übeltäter bei der
    Verbreitung der Karte waren die Bilder,
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    die wegen Hänigs Arbeit entstanden.
  • 3:22 - 3:26
    1912 erschien eine grobe Karte
    in einem Zeitungsbericht,
  • 3:27 - 3:29
    der vorsichtig einige Geheimnisse
  • 3:29 - 3:32
    aus der Geschmacks- und
    Geruchsforschung beschrieb.
  • 3:32 - 3:36
    Darstellungen mit klaren
    Ortszuweisungen auf der Zunge
  • 3:36 - 3:40
    vereinfachten Hänigs
    komplexere Originaldiagramme.
  • 3:40 - 3:45
    Varianten dieses verständlichen
    Bildes wurden wiederholt angeführt,
  • 3:45 - 3:49
    oft ohne Quelle oder differenzierte
    Betrachtung von Hänigs Arbeit.
  • 3:49 - 3:54
    Schließlich verbreitete sich dieses Bild
    in Schulbüchern und Unterricht
  • 3:54 - 3:57
    als angebliche Wahrheit,
    wie wir Geschmack erleben.
  • 3:58 - 4:01
    Aber was vermutlich
    am meisten zu diesem Irrtum beitrug,
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    war die einfache Darstellung.
  • 4:04 - 4:07
    Diese Karte entspricht
    großteils unserem Bedürfnis
  • 4:07 - 4:10
    nach anschaulichen Erklärungen
    unserer Umwelt,
  • 4:10 - 4:15
    die uns die oft unübersichtliche
    Welt der Wissenschaft nicht immer bietet.
  • 4:15 - 4:21
    So ist etwa die Anzahl der Geschmäcker
    noch komplexer als in Hänigs Arbeit.
  • 4:21 - 4:26
    Umami, auch als "würzig" bekannt,
    gilt heute als 5. Grundgeschmack.
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    Viele streiten noch darüber,
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    ob es Geschmäcker wie fettig, alkalisch,
    metallisch und wässrig gibt.
  • 4:34 - 4:37
    Bei einer guten Geschichte
    ist es oft schwierig,
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    sogar trotz neuer Erkenntnisse
    die Sicht auf Informationen zu ändern.
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    Wenn du also wieder eine griffige Grafik
    oder eine überraschende Geschichte siehst,
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    begegne ihnen mit gesunder Skepsis,
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    denn Irrtümer können
    in allen Bereichen der Zunge
  • 4:53 - 4:55
    einen bitteren Geschmack hinterlassen.
Title:
Warum wir auf Falschinformationen hereinfallen - Joseph Isaac
Speaker:
Joseph Isaac
Description:

Die gesamte Lektion unter: https://ed.ted.com/lessons/why-people-fall-for-misinformation-joseph-isaac

Im Jahre 1901 veröffentlichte David Hänig eine Studie, die zu etwas führte, was heute als "Geschmackskarte" bekannt ist: eine Darstellung, die die Zunge in vier Bereiche aufteilt. Seitdem wird sie in Schulbüchern und Zeitungen abgedruckt. Es gibt nur ein Problem: Die Karte ist falsch. Wie verbreiten sich solche Irrtümer und warum glaubt man falschen Tatsachen so schnell? Joseph Isaac taucht in die Welt der Falschinformationen ein.

Lektion von Joseph Isaac, unter der Regie von CUB Animation

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TED-Ed
Duration:
04:57

German subtitles

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