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Haft für Whistleblower? (33c3)

  • 0:00 - 0:16
    33C3 Vorspannmusik
  • 0:16 - 0:20
    Herald: Okay. Unser nächster Talk wird
    von Ulrich Kerner gehalten, einem Anwalt,
  • 0:20 - 0:24
    der vor allem kritische Blogger
    und auch Unternehmen berät,
  • 0:24 - 0:28
    besonders in Fragen des Presserechts
    und Wirtschaftsrecht.
  • 0:28 - 0:34
    Auch einer der Klageführer – richtig? –
    gegen den Hackerparagrafen.
  • 0:34 - 0:36
    Ich hoffe, das habe ich richtig gesagt,
    aber das kann er gleich noch selbst
  • 0:36 - 0:42
    korrigieren. Und der heute uns
    was darüber erzählen wird,
  • 0:42 - 0:46
    gegen einen Paragrafen, der
    Datenhehlerei unter Strafe stellt.
  • 0:46 - 0:50
    Im Zeitalter von Whistleblowern natürlich
    ganz besonders interessant, denn
  • 0:50 - 0:54
    denen droht eine Haftstrafe. Daher auch
    der Titel: „Haft für Whistleblower“.
  • 0:54 - 0:56
    Ein Applaus für Ulrich Kerner!
  • 0:56 - 1:03
    Beifall
  • 1:03 - 1:07
    Ulrich Kerner: So, hallo zusammen.
    Es geht heute hier um den Paragrafen
  • 1:07 - 1:12
    der Datenhehlerei, ein Gesetz,
    was jetzt etwa ein Jahr alt ist,
  • 1:12 - 1:19
    was Uniprofessoren zu Fachbeiträgen
  • 1:19 - 1:24
    in Zeitschriften mit folgenden Titeln
    inspiriert hat:
  • 1:24 - 1:29
    Prof. Carl-Friedrich Stuckenberg von der
    Uni Bonn, „Der missratene Tatbestand
  • 1:29 - 1:35
    der neuen Datenhehlerei“. Oder
    Prof. Dr. Tobias Singelnstein aus Berlin
  • 1:35 - 1:41
    von der FU: „Ausufernd und fehlplatziert
    – der Tatbestand der Datenhehlerei
  • 1:41 - 1:45
    im System des strafrechtlichen
    Daten- und Informationsschutzes.“
  • 1:45 - 1:52
    Das sind schon mal recht klare Worte,
    was hier der Gesetzgeber gemacht hat.
  • 1:52 - 1:55
    Wir werden uns jetzt gleich mal anschauen:
    Wie funktioniert Gesetzgebung?
  • 1:55 - 1:59
    Wie funktioniert vor allem Strafgesetzgebung?
    Nicht von den Abläufen im Parlament,
  • 1:59 - 2:03
    sondern was hat sie für Ziele und
    soll sie für Zwecke haben?
  • 2:03 - 2:08
    Wir müssen uns ein bisschen anschauen,
    was schützt unsere Rechtsordnung?
  • 2:08 - 2:14
    Das ist der Rechtsgüterschutz.
    Dann werfen wir einen kurzen Blick
  • 2:14 - 2:19
    auf das Gesetzgebungsverfahren des §202d,
    auf die Regelungen.
  • 2:19 - 2:23
    Dann wird’s ein bisschen, sozusagen,
    juristisch-technischer. Wir müssen uns da
  • 2:23 - 2:28
    mal den Tatbestand anschauen, kucken uns
    dann an, wie sind die Regelungen, was ist
  • 2:28 - 2:33
    da erfasst, was wird unter Strafe
    gestellt? Schauen uns die Kritik an,
  • 2:33 - 2:37
    die auf breiter Front eigentlich geäußert
    wurde. Und dann einen kurzen Ausblick
  • 2:37 - 2:45
    auf eine Verfassungsbeschwerde,
    die es gegen diesen Straftatbestand gibt.
  • 2:45 - 2:50
    Wenn wir von Strafgesetzgebung sprechen,
    vielleicht zum Einstieg eine Frage
  • 2:50 - 2:55
    zur allgemeinen Gesetzgebung: Wer glaubt
    denn, dass die Gesetzgebung, die wir hier
  • 2:55 - 3:02
    haben, und durch den Bundestag läuft,
    rational zugänglichen Argumenten folgt?
  • 3:02 - 3:04
    Ich bitte um Handzeichen.
    Lachen
  • 3:04 - 3:12
    Das sind sehr wenige. Ich möchte dazu kurz
    eine Anekdote erzählen, die zeigt, dass es
  • 3:12 - 3:18
    zumindest regelmäßig mit rationalen
    Argumenten nichts zu tun hat.
  • 3:18 - 3:21
    Ihr wisst alle, es gab eine Föderalismusreform,
    wo es ein recht zähes Ringen gab
  • 3:21 - 3:27
    zwischen den Bundesländern und dem Bund,
    was verschiedene Kompetenzen auch
  • 3:27 - 3:33
    im Bereich der Gesetzgebung angeht. Und
    unter anderem ist an die Länder gegangen:
  • 3:33 - 3:37
    Die Gesetzgebungskompetenz für den
    Strafvollzug und auch für das
  • 3:37 - 3:45
    Versammlungsrecht. Beim Strafvollzug haben
    sämtliche wesentlichen Organisationen
  • 3:45 - 3:50
    der deutschen Strafrechtspflege, vom
    Deutschen Richterbund über die Deutsche
  • 3:50 - 3:54
    Vereinigung für Jugendgerichte und
    Jugendgerichtshilfen e.V. bis zur
  • 3:54 - 4:01
    Bundesvereinigung der Anstaltsleiter und
    Anstaltsleiterinnen im Vollzugsdienst e.V.
  • 4:01 - 4:06
    abgelehnt, dass die Gesetzgebung an die
    Bundesländer geht und wir damit in den
  • 4:06 - 4:12
    Bundesländern eigene Strafvollzugsgesetze
    haben mit unterschiedlichen Regelungen.
  • 4:12 - 4:18
    Es gab in dem Verfahren eine
    Expertenanhörung, da waren auch Schweizer
  • 4:18 - 4:24
    Experten eingeladen. In der Schweiz hat
    jeder Kanton sein eigenes Strafvollzugsgesetz.
  • 4:24 - 4:28
    Die haben berichtet, dass es in der Schweiz
    erhebliche Probleme gibt, wenn
  • 4:28 - 4:32
    ein Strafgefangener von einem Kanton
    in den anderen verlegt werden will.
  • 4:32 - 4:35
    Weil nicht ganz geklärt ist, welches Recht
    dann zur Anwendung kommt.
  • 4:35 - 4:41
    Das hat den Gesetzgeber nicht beeindruckt.
    Ebenso das Versammlungsrecht.
  • 4:41 - 4:45
    Versammlungsrecht, habe ich mir sagen lassen,
    das wurde irgendwann in diesen zähen
  • 4:45 - 4:49
    Verhandlungen mal so in den Raum
    geschmissen gegenüber den Ländern.
  • 4:49 - 4:53
    „Da kriegt Ihr das Versammlungsrecht.“
    Und da haben die daran festgehalten. Und
  • 4:53 - 4:58
    das Versammlungsrecht ist eins der
    wesentlichen Grundrechte, die wir in einem
  • 4:58 - 5:03
    demokratischen Staat haben. Warum hier
    davon abgesehen wird oder eine Regelung
  • 5:03 - 5:08
    getroffen wird, dass wir nicht mehr
    bundesweit einheitliche Regelungen haben,
  • 5:08 - 5:12
    sondern jetzt jedes Bundesland jetzt seine
    eigenen Regelungen machen kann,
  • 5:12 - 5:16
    die sich sehr wohl auch unterscheiden,
    das, meine ich, ist mit keinem
  • 5:16 - 5:22
    nachvollziehbaren Argument zu erklären
    und auch nicht zu rechtfertigen.
  • 5:22 - 5:26
    In der Strafgesetzgebung ist es
    letztendlich nicht anders. Und wenn wir
  • 5:26 - 5:29
    schauen, jetzt wieder, wir haben gerade…
    wer heute Zeitung gelesen hat oder
  • 5:29 - 5:33
    in den letzten Tagen: Nach den Anschlägen
    in den Berlin wird also gefordert, dass
  • 5:33 - 5:39
    Ermittlungsbefugnisse der
    Strafverfolgungsbehörden ausgeweitet werden.
  • 5:39 - 5:44
    Ausweitung der Ermittlungsbefugnisse ist
    klar: Es greift in euer aller Grundrechte ein.
  • 5:44 - 5:49
    Und wenn wir sehen, was in Berlin nach
    der Tat so alles ans Licht gekommen ist,
  • 5:49 - 5:53
    nach und nach, und was die entsprechenden
    Dienste alles wussten, da fragt man sich
  • 5:53 - 5:58
    schon, ob die mit den Werkzeugen, die sie
    in der Hand haben, zur Zeit zur Verfügung
  • 5:58 - 6:02
    haben, ob sie damit richtig umgehen können
    oder nicht. Und jemand, der mit Hammer
  • 6:02 - 6:05
    und Meißel nicht klarkommt, dem würde ich
    nicht eine Kettensäge in die Hand drücken.
  • 6:05 - 6:13
    Beifall
  • 6:13 - 6:18
    Strafgesetzgebung dient dem
    Rechtsgüterschutz. Und die Rechtsgüter,
  • 6:18 - 6:22
    die schützenswert sind, die sind nicht nur
    durch Strafgesetze geschützt, sondern
  • 6:22 - 6:27
    wir haben einen abgestuften Schutz.
    Das beginnt mit dem Zivilrecht,
  • 6:27 - 6:32
    das geht weiter mit dem Verwaltungsrecht,
    und die Strafgesetzgebung
  • 6:32 - 6:37
    zum Schutz von Rechtsgütern ist Ultima
    Ratio. Das ist das letzte Instrument,
  • 6:37 - 6:41
    was der Gesetzgeber hat.
    Ich mache ein einfaches Beispiel:
  • 6:41 - 6:45
    Fahrlässige Körperverletzung und
    fahrlässige Sachbeschädigung.
  • 6:45 - 6:49
    Beides löst zivilrechtliche
    Schadensersatzansprüche aus. Wenn ich also
  • 6:49 - 6:54
    beim Einparken auf’m Parkplatz ein anderes
    Auto beschädige, weil ich nicht aufgepasst
  • 6:54 - 6:57
    habe, dann mache ich mich
    schadensersatzpflichtig. Wenn ich
  • 6:57 - 7:01
    einen Fußgänger anfahre, dann mache
    ich mich auch schadensersatzpflichtig,
  • 7:01 - 7:07
    wenn der verletzt ist.
    Wenn ich jemanden verletze, fahrlässig,
  • 7:07 - 7:11
    dann mache ich mich auch strafbar. Es
    gibt die ‚fahrlässige Körperverletzung‘.
  • 7:11 - 7:15
    Wenn ich fahrlässig etwas beschädige von
    einer anderen Person, mache ich mich
  • 7:15 - 7:18
    nicht strafbar, es gibt nur
    zivilrechtliche Ansprüche.
  • 7:18 - 7:23
    Der Gesetzgeber hat sich entschieden,
    die fahrlässige Sachbeschädigung
  • 7:23 - 7:28
    nicht mit Strafe zu bedrohen.
    Das Strafrecht ist auch nicht da
  • 7:28 - 7:35
    zum Schutz moralischer Vorstellungen,
    wie das früher der §175 StGB
  • 7:35 - 7:39
    getan hat, der zurecht
    irgendwann abgeschafft wurde.
  • 7:39 - 7:44
    Und ein wohl unumstößlicher Grundsatz
    ist schlichtweg der Folgende:
  • 7:44 - 7:48
    Dass der strafrechtliche Schutz nur ein
    lückenhafter sein kann, wenn es noch
  • 7:48 - 7:53
    Freiheit geben soll. Wenn man alles
    umfassend unter Strafe stellt, dann haben wir
  • 7:53 - 7:58
    keine Lücken mehr im Strafrecht, aber der
    Einzelne hat auch keine Freiheit mehr.
  • 7:58 - 8:04
    Das ist, was wir hier aktuell sehen.
    Täglich fast, hat man das Gefühl,
  • 8:04 - 8:08
    kommt Geschrei, dass wir irgendwelche
    Strafbarkeitslücken schließen müssen.
  • 8:08 - 8:15
    Sei es gegen Fake-News oder andere Sachen.
    Und wir hatten lange
  • 8:15 - 8:20
    im bundesdeutschen Diskurs die Prämisse,
    dass der Strafrechtsschutz
  • 8:20 - 8:25
    nur ein lückenhafter sein kann.
    Heutzutage wird dauernd geschrien,
  • 8:25 - 8:30
    es müssen überall Strafen verschärft
    werden, um die Sicherheit des Einzelnen
  • 8:30 - 8:35
    zu gewährleisten. Die Sicherheit des
    Einzelnen ist also in den Fokus getreten,
  • 8:35 - 8:41
    und wenn wir jetzt aber schauen, was uns
    unterm Strich, oder nüchtern betrachtet
  • 8:41 - 8:46
    zumindest in der BRD zur Zeit bedroht, dann
    sind sehr viel mehr Menschen Opfer von
  • 8:46 - 8:51
    Verkehrsunfällen, auch tödliche
    Ausgänge, nicht wenig.
  • 8:51 - 8:56
    Und in Europa wird man kaum jemanden
    finden, der so ganz ohne Weiteres
  • 8:56 - 8:58
    nachvollziehen kann, warum beispielsweise
    in Deutschland kein Tempolimit
  • 8:58 - 9:04
    auf Autobahnen gilt, und mit 110 auf der
    Autobahn wäre die Todesrate, die wir
  • 9:04 - 9:07
    auf den Bundesautobahnen haben, deutlich
    geringer. Man fragt sich also,
  • 9:07 - 9:11
    warum auf der einen Seite an den
    Stellschrauben immer weiter gedreht
  • 9:11 - 9:17
    werden soll, aber andere, den Einzelnen
    durchaus reell bedrohende Gefahren
  • 9:17 - 9:20
    völlig außer Acht gelassen werden.
  • 9:20 - 9:25
    Beifall
  • 9:25 - 9:31
    Ich zeige noch ganz kurz zwei Beispiele:
    Strafgesetzgebung früher,
  • 9:31 - 9:36
    das waren meistens einfach gefasste
    Tatbestände, so wie hier Körperverletzung:
  • 9:36 - 9:40
    „Wer eine andere Person körperlich
    misshandelt oder an der Gesundheit
  • 9:40 - 9:45
    schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu
    fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“.
  • 9:45 - 9:48
    Ich meine, da muss man sich fragen, was
    ist also eine körperliche Misshandlung?
  • 9:48 - 9:52
    Was ist eine Gesundheitsschädigung? Das
    hat die Rechtsprechung abgegrenzt. Aber
  • 9:52 - 9:55
    so mehr oder weniger kann man mit Lesen
    erahnen, was man darf und was man
  • 9:55 - 10:01
    nicht darf. Das ist bei modernen
    Strafgesetzen nicht mehr der Fall,
  • 10:01 - 10:05
    es ist hier ein etwas fieses Beispiel,
    der §38 des Gesetzes
  • 10:05 - 10:10
    über den Wertpapierhandel. Das ist
    nur ein kleiner Teil der Vorschrift,
  • 10:10 - 10:13
    denn hier ist praktisch in jeder zweiten
    Zeile eine Verweisung, entweder
  • 10:13 - 10:16
    an andere Stellen des
    Wertpapierhandelsgesetzes,
  • 10:16 - 10:20
    des Emissionszertifikatshandelsgesetzes,
  • 10:20 - 10:25
    und selbst in diverse EU-Verordnungen,
    wo steht, wenn man gegen die und die
  • 10:25 - 10:29
    EU-Verordnung verstößt, dann macht man
    sich auch strafbar. Ich glaube,
  • 10:29 - 10:34
    es ist niemand in der Lage, innerhalb von
    drei Stunden, wenn man sich hinsetzt und
  • 10:34 - 10:38
    das vorher nicht kennt, aber alle Materialien
    hat, danach zusammenfassen zu können,
  • 10:38 - 10:42
    welche Handlungen alle
    mit Strafe bedroht sind.
  • 10:42 - 10:46
    Übrigens, und das ist, warum ich das
    ausgewählt habe, der einzige mir bekannte,
  • 10:46 - 10:50
    echte Fake-News-Straftatbestand. Denn im
    Wertpapierhandel ist es schlichtweg
  • 10:50 - 10:58
    verboten, wenn man zu Kursmanipulationen
    falsche Tatsachen veröffentlicht.
  • 10:58 - 11:04
    Okay, Strafgesetze sollen Rechtsgüter
    schützen. Und die typischen Rechtsgüter,
  • 11:04 - 11:08
    die wir haben, die Individualrechtsgüter,
    das ist Leben, Gesundheit, Eigentum
  • 11:08 - 11:11
    und Vermögen. Es gibt natürlich auch
    andere Rechtsgüter, der Staat
  • 11:11 - 11:16
    und seine Institutionen etc.
  • 11:16 - 11:24
    Wir haben auch einen Rechtsgüterschutz
    letztendlich für Informationen.
  • 11:24 - 11:29
    Ich springe mal eine Seite weiter.
    Es sind Staats- und Dienstgeheimnisse,
  • 11:29 - 11:32
    – was für Informationen sind geschützt –
    private Geheimnisse, Geschäftsgeheimnisse,
  • 11:32 - 11:36
    auch im Bereich geistigen Eigentums
    gibt es viele Strafnormen
  • 11:36 - 11:40
    in den dortigen Regelungen.
  • 11:40 - 11:45
    Patentrecht, Markenrecht, Gebrauchsmuster-
    und Geschmacksmusterrecht, Urheberrecht.
  • 11:45 - 11:49
    Hier ist nur ‚Patentgesetz‘ als Beispiel.
    Und wir haben den Schutz
  • 11:49 - 11:55
    von personenbezogenen Daten
    im Bundesdatenschutzgesetz.
  • 11:55 - 12:02
    Und in §3, Abs.1 BDSG ist geregelt oder
    legal definiert, was dort geschützt ist,
  • 12:02 - 12:06
    was ‚personenbezogene Daten‘ sind.
    Das sind „Einzelangaben über persönliche
  • 12:06 - 12:10
    oder sachliche Verhältnisse einer
    bestimmten oder bestimmbaren
  • 12:10 - 12:16
    natürlichen Person“. Das zeigt, da geht es
    um einen inhaltlichen Datenschutz,
  • 12:16 - 12:22
    es geht um das, um was es für
    Daten sich handelt, es wird
  • 12:22 - 12:28
    ein bestimmter Inhalt geschützt.
    Wir haben auch einen Schutz,
  • 12:28 - 12:34
    der nicht ein inhaltliches
    Schutzkonzept verfolgt,
  • 12:34 - 12:38
    sondern letztendlich ein formelles
    Schutzkonzept. Und das sind so
  • 12:38 - 12:44
    die neueren Straftatbestände aus dem
    Bereich der IT-Kriminalität, 202a, 202b,
  • 12:44 - 12:50
    202c, der sogenannte Hacker-Paragraf.
    Da sind Daten geschützt, unabhängig vom
  • 12:50 - 12:55
    Inhalt, sogenanntes formelles Schutzkonzept.
    Die Tatbestände sind dann aber weiter
  • 12:55 - 13:00
    eingeschränkt. Man muss also bestimmte
    Zugangssicherungen überwinden, die Daten
  • 13:00 - 13:06
    müssen gegen unbefugten Zugang
    geschützt sein und Ähnliches. So.
  • 13:06 - 13:12
    Jetzt kommen wir langsam zum 202d;
    und das Gesetzgebungsverfahren hier
  • 13:12 - 13:19
    noch mal ganz kurz, eine kurze Übersicht
    über das Computerinformationsstrafrecht,
  • 13:19 - 13:24
    was wir haben. Das wurde letztendlich
    immer eingeführt zur Umsetzung
  • 13:24 - 13:30
    von EU-Richtlinien. Anders bei der
    Datenhehlerei. Da gibt es gerade
  • 13:30 - 13:37
    keine europäische Vorgabe, sondern der
    Gesetzgeber ist selbstständig tätig geworden.
  • 13:37 - 13:44
    Ursprünglich über einen Gesetzesentwurf
    des Bundeslandes Hessen.
  • 13:44 - 13:51
    Der wurde dann eingebracht, unterlag der
    Diskontinuität, weil es neue Wahlen gab.
  • 13:51 - 13:57
    Er wurde noch mal eingebracht und das,
    was wir heute haben, das fußt auf einem
  • 13:57 - 14:03
    Gesetzesentwurf der Bundesregierung.
    Bei der Gesetzgebungsbegründung,
  • 14:03 - 14:08
    da wurde teilweise recht diffus ausgeführt,
    worum es gehen soll, da wurden
  • 14:08 - 14:13
    große Strafbarkeitslücken genannt.
    Letztendlich hat wohl der Gesetzgeber
  • 14:13 - 14:22
    im Blick, dass er den Handel
    mit Identitäten
  • 14:22 - 14:27
    aus dem Internet oder im Internet unter
    Strafe stellen soll. Da wurde gesehen,
  • 14:27 - 14:33
    zwar solche Identitäten zu klauen oder
    sich zu kopieren etc., das ist verboten.
  • 14:33 - 14:37
    Sie später zu benutzen, beispielsweise
    Kreditkartendaten, das ist auch
  • 14:37 - 14:43
    unter Strafe gestellt. Aber wenn diese
    Daten weitergegeben werden über das
  • 14:43 - 14:49
    immer wieder zitierbare Darknet, dann
    wurden da empfindliche Strafbarkeitslücken
  • 14:49 - 14:55
    gesehen. Übrigens der erste Gesetzesentwurf
    nannte explizit noch Tätergruppierungen
  • 14:55 - 15:02
    mit politischen Zielen, auf die man es
    auch abgesehen hätte.
  • 15:02 - 15:09
    Was ist jetzt genau geregelt? Hier
    ein kurzer Blick auf den Tatbestand.
  • 15:09 - 15:16
    Ich gehe das kurz im Einzelnen durch. Ich
    möchte aber jetzt mal den Blick werfen
  • 15:16 - 15:21
    auf den Absatz 3. Da sind Regelungen drin,
    wann der Absatz 1,
  • 15:21 - 15:27
    die strafbare Handlung, gerade nicht
    strafbar sein soll. Und da müssen wir
  • 15:27 - 15:32
    vor allem zu Ziffer 2 gehen. Da heißt es:
    Absatz 1 gilt nicht für Handlungen,
  • 15:32 - 15:36
    die ausschließlich der Erfüllung
    rechtmäßiger dienstlicher oder beruflicher
  • 15:36 - 15:43
    Pflichten dienen. Das sind insbesondere,
    wenn der Staat Steuer-CDs ankauft,
  • 15:43 - 15:51
    Nummer 1, und das sind zweitens solche
    beruflichen Handlungen der in § 53 Abs. 1
  • 15:51 - 15:57
    Satz 1 Nr. 5 der Strafprozessordnung
    genannten Personen.
  • 15:57 - 16:01
    Und das sind hier unten, Nummer 5,
    Personen, die bei der Vorbereitung,
  • 16:01 - 16:06
    Herstellung oder Verbreitung von Druckwerken,
    Rundfunksendungen, Filmberichten
  • 16:06 - 16:10
    oder der Unterrichtung oder Meinungsbildung
    dienenden Informations- und
  • 16:10 - 16:16
    Kommunikationsdiensten berufsmäßig mitwirken
    oder mitgewirkt haben. Mit anderen Worten,
  • 16:16 - 16:22
    wir haben hier in diesem Tatbestand ein
    Medienprivileg, und wir werden gleich sehen,
  • 16:22 - 16:28
    dass dieses Medienprivileg auf keinen
    Fall ausreicht, um hier ein befriedigendes
  • 16:28 - 16:36
    Ergebnis dieser gesetzgeberischen Fehlleistung
    zu haben. Was ist hier also das Tatobjekt?
  • 16:36 - 16:42
    Das sind Daten, da gibt es eine Legaldefinition,
    sie war eben auf der Folie davor eingeblendet,
  • 16:42 - 16:48
    alle nichtwahrnehmbaren, gespeicherten Daten,
    die nicht allgemein zugänglich sind,
  • 16:48 - 16:53
    ohne weitere Einschränkung. Also die
    gespeicherte Kreditkartennummer fällt hier
  • 16:53 - 16:56
    drunter, die auf den Zettel geschriebene
    Kreditkartennummer fällt hier nicht da
  • 16:56 - 17:02
    drunter. Denn sie ist wahrnehmbar und nicht
    gespeichert als nichtwahrnehmbare Datei.
  • 17:02 - 17:09
    Als weitere Voraussetzung haben wir hier,
    dass die Daten durch eine rechtswidrige
  • 17:09 - 17:16
    Tat erlangt worden sein müssen.
    Rechtswidrige Tat, das kann sein,
  • 17:16 - 17:22
    beispielsweise Person A verliert einen
    USB-Stick, Person B sieht das,
  • 17:22 - 17:27
    nimmt den an sich, da sind Daten drauf,
    begeht eine Unterschlagung, indem
  • 17:27 - 17:32
    die Person B den USB-Stick an sich nimmt.
    Schon haben wir, wenn dort gespeicherte
  • 17:32 - 17:36
    Daten, die nicht allgemein zugänglich sind,
    haben wir eine taugliche Vortat für die
  • 17:36 - 17:41
    Datenhehlerei. So, und wenn dort jetzt
    jemand Daten findet, die er sich anschaut
  • 17:41 - 17:46
    und sehr interessant findet und denkt: Das
    gehört veröffentlicht, das geht alle an!
  • 17:46 - 17:51
    Dann sind wir hier schon in diesem
    Tatbestand. Tathandlung ist,
  • 17:51 - 17:57
    dass diese Daten jemand sich
    oder einem anderen verschafft,
  • 17:57 - 18:02
    oder einem anderen überlässt, oder
    verbreitet oder sonstwie zugänglich macht,
  • 18:02 - 18:06
    um sich oder einen Dritten zu bereichern
    oder einen anderen zu schädigen.
  • 18:06 - 18:12
    Das ist ein sehr, sehr weit gefasster
    Zustand. Ein „Sichverschaffen“, das ist
  • 18:12 - 18:16
    jedes Ansichnehmen letztendlich, das hat
    schon das Reichsgericht entschieden,
  • 18:16 - 18:21
    und wenn wir hier von Schädigungs-
    oder Bereicherungsabsicht reden,
  • 18:21 - 18:26
    dann ist das rein subjektiv. Strafrechtler
    sprechen da von einer überschießenden
  • 18:26 - 18:30
    Innentendenz, es ist kein Erfolg
    notwendig. Man muss sich nicht bereichern,
  • 18:30 - 18:34
    die Bereicherung muss nicht eintreten.
    Man muss es wollen. Und wenn ich…
  • 18:34 - 18:38
    Bereicherung ist jede Mehrung
    des Vermögens. Wenn ich also
  • 18:38 - 18:45
    einen gefundenen USB-Stick für 10 Euro
    weiterverkaufe an jemanden, der
  • 18:45 - 18:52
    das darauf gespeicherte Familienrezept
    eines Apfelkuchens ankauft,
  • 18:52 - 18:55
    dann mache ich mich strafbar.
  • 18:58 - 19:04
    So, das ist im Schnelldurchlauf
    die Erklärung,
  • 19:04 - 19:09
    was dort unter Strafe gestellt ist. Und
    wir müssen uns jetzt mal anschauen,
  • 19:09 - 19:15
    denn die Zeit läuft, was ist
    kritikwürdig an diesem Gesetz?
  • 19:15 - 19:21
    Es gab sehr viel Kritik an der Art
    des Gesetzgebungsverfahrens,
  • 19:21 - 19:28
    an dem hier geschützten Rechtsgut,
    an der Analogie
  • 19:28 - 19:33
    zum Hehlerei-Tatbestand, an dem
    zu weit gefassten, nicht begrenzten
  • 19:33 - 19:38
    Tatbestand an sich, und vor allem auch
    am fehlenden Schutz
  • 19:38 - 19:43
    für Berufsgeheimnisträger. Dazu gehören
    Journalisten, dazu gehören Rechtsanwälte.
  • 19:43 - 19:48
    Dazu gehören auch andere
    Berufsgruppen, die mitunter
  • 19:48 - 19:52
    mit Informationen in Berührung kommen
    oder regelmäßig mit Informationen
  • 19:52 - 19:57
    in Berührung kommen, wenn es darum geht,
    gesellschaftliche Missstände aufzudecken,
  • 19:57 - 20:01
    weil solche Daten typischerweise auch
    von dem ein oder anderen Spezialisten
  • 20:01 - 20:05
    geprüft werden, mit durchgeschaut werden,
    wenn es darum geht, ob so etwas
  • 20:05 - 20:10
    veröffentlicht werden soll oder nicht.
    Das ist das Kernproblem hier
  • 20:10 - 20:15
    dieses Tatbestandes, dass er
    in Whistleblowing-Vorgänge
  • 20:15 - 20:21
    und in die Veröffentlichung von bisher
    der Öffentlichkeit verborgenen,
  • 20:21 - 20:28
    aber dringend notwendigen oder
    veröffentlichungswürdigen Informationen,
  • 20:28 - 20:35
    dass der denen im Wege steht.
    Ich geh mal kurz ein bisschen
  • 20:35 - 20:40
    die einzelnen Kritikpunkte durch. Negative
    Kritik schon im Gesetzgebungsverfahren,
  • 20:40 - 20:46
    nur als Beispiel, Pressemitteilung
    des Deutschen Anwaltsverein,
  • 20:46 - 20:51
    vom 21.05.2015.
    Dieses Gesetz, von dem ich hier rede,
  • 20:51 - 20:56
    das wurde zusammen mit der
    Vorratsdatenspeicherung eingeführt,
  • 20:56 - 21:01
    und erstmal ist schon aufgefallen,
    dass da an verborgener Stelle, also
  • 21:01 - 21:05
    praktisch Huckepack, noch der
    202d eingeführt werden soll.
  • 21:05 - 21:10
    Der Deutsche Anwaltsverein hat weiter
    ausgeführt: dieser Straftatbestand
  • 21:10 - 21:15
    der Datenhehlerei kann auch Pressevertreter
    in ihrer alltäglichen Arbeit treffen.
  • 21:15 - 21:19
    Sollten Journalisten Daten aus Behörden,
    Wirtschaftsunternehmen oder von anderen
  • 21:19 - 21:23
    Personen bekommen und einsehen, würden
    sie sich grundsätzlich strafbar machen.
  • 21:23 - 21:30
    Zum Gesetzgebungsverfahren selber: ich
    habe eben gesagt, wie die Expertenanhörung
  • 21:30 - 21:36
    bei der Frage der
    Strafvollstreckungsgesetze war.
  • 21:36 - 21:41
    Hier hat der Gesetzgeber schlichtweg
    auf eine Expertenanhörung verzichtet.
  • 21:41 - 21:45
    Das hat auch der DAV kritisiert.
    Der sagte: „der DAV kritisiert weiter,
  • 21:45 - 21:49
    dass die Bundesregierung Verbände
    und Organisationen in diesem Stadium
  • 21:49 - 21:54
    des gesetzgeberischen Vorhabens gar
    nicht einbeziehen will“. Es wurde nicht
  • 21:54 - 21:58
    wie üblich um die Abgabe von
    Stellungnahmen gebeten, obgleich es sich
  • 21:58 - 22:02
    um ein Vorhaben in einem äußerst
    sensiblen Bereich handelt.
  • 22:02 - 22:09
    Dann habe ich vorhin ein bisschen
    Ausführung gemacht, um einen Einstieg
  • 22:09 - 22:14
    zu bekommen, was für Rechtsgüter
    schützen Strafgesetze?
  • 22:14 - 22:22
    Wir haben schon Strafgesetze,
    die letztendlich ein inhalts…
  • 22:22 - 22:29
    ohne Ansehen des Inhalts Daten
    schützen. Hier ist Schutzgut
  • 22:29 - 22:34
    ein formelles Datengeheimnis, das
    der Rechtsordnung ansonsten fremd ist,
  • 22:34 - 22:39
    das die Zivilrechtsordnung in diesem Sinne
    gar nicht kennt. Ich zitiere mal
  • 22:39 - 22:46
    Prof. Stuckenberg aus dem eingangs
    zitierten, eingangs genannten Fachbeitrag
  • 22:46 - 22:52
    von ihm. Er schreibt: „Dieses angebliche
    Rechtsgut ist ein merkwürdiges Ding.
  • 22:52 - 22:58
    Denn es existiert offenbar nur im Strafrecht,
    und soll auf einem ‚Recht
  • 22:58 - 23:03
    an dem gedanklichen Inhalt‘ beruhen,
    das im ‚Interesse der Aufrechterhaltung
  • 23:03 - 23:08
    des Herrschaftsverhältnisses über
    eine Information‘ zur Entscheidung
  • 23:08 - 23:15
    über die Weitergabe über übermittelte
    Daten befugt“. Die Anführungsstriche,
  • 23:15 - 23:20
    das war zum Kenntlichmachen von Zitaten
    aus der Gesetzesbegründung. Also
  • 23:20 - 23:25
    hier schon ein sehr zweifelhaftes Rechtsgut,
    was sehr umfassend geschützt wird,
  • 23:25 - 23:31
    was der Rechtsordnung bisher
    in diesem Sinne fremd war.
  • 23:31 - 23:39
    Dann wurde auch, und das ist vielleicht
    eher aus so einer dogmatischen
  • 23:39 - 23:44
    oder formellen juristischen Sicht stark
    kritisiert, dass hier von ‚Datenhehlerei‘
  • 23:44 - 23:48
    gesprochen wird. Die Hehlerei
    bezieht sich normal nur auf körperliche
  • 23:48 - 23:53
    Gegenstände. Wenn mir was geklaut wird,
    dann möchte ich das als eigentlich
  • 23:53 - 23:59
    rechtmäßiger Eigentümer zurückbekommen.
    Und wenn das nun… wenn es losgeht,
  • 23:59 - 24:03
    dass es immer weiterverkauft wird von
    Hehlern, dann wird es für mich immer
  • 24:03 - 24:09
    schwerer, mein mir entwendetes Eigentum,
    dieses zurückgewinnen zu können.
  • 24:09 - 24:14
    Wenn Daten jedoch kopiert werden,
    dann habe ich sie immer noch.
  • 24:14 - 24:19
    Sie werden kopiert, ich kann damit immer
    noch das machen, was ich vorher machen kann.
  • 24:19 - 24:24
    Ich habe sie vielleicht nicht mehr
    exklusiv. Aber dass, wenn sie jemand
  • 24:24 - 24:29
    weiterverkauft, es schwerer würde für
    mich, diese zurückzubekommen,
  • 24:29 - 24:33
    das trifft schlichtweg nicht zu. Denn Daten,
    die man beliebig häufig kopieren kann,
  • 24:33 - 24:36
    in diesem Sinne kann ich sie nicht
    zurückbekommen, und mir selber
  • 24:36 - 24:37
    kommen sie auch gar nicht abhanden.
  • 24:37 - 24:45
    Ganz entscheidend ist aber, dass der
    Tatbestand viel zu weit gefasst ist.
  • 24:45 - 24:51
    Prof. Singelnstein, in dem auch genannten
    Artikel, der spricht von einem
  • 24:51 - 24:56
    „doppelt entgrenzten Tatbestand“, einerseits
    hinsichtlich des Tatobjektes
  • 24:56 - 25:01
    und hinsichtlich des Tatbestandes. Andere
    Straftatbestände aus diesem Bereich,
  • 25:01 - 25:06
    in dem wir uns hier bewegen, die erfordern
    entweder, dass es also ganz spezielle
  • 25:06 - 25:13
    Daten sind, oder dass die Daten speziell
    geschützt sind, oder dass der Täter
  • 25:13 - 25:17
    spezielle Hindernisse überwindet, um diese
    Daten zu bekommen. Da wurde hier darauf
  • 25:17 - 25:22
    verzichtet, so dass ein Großteil von
    Handlungen hier drunter fällt.
  • 25:22 - 25:29
    Ganz entscheidend für mich, und ich meine,
    ganz entscheidend für alle Pressevertreter
  • 25:29 - 25:33
    und auch für alle Menschen, die sich
    freuen, wenn aufgedeckt wird, was so alles
  • 25:33 - 25:37
    passiert in der Welt, und worüber wir hier
    in einer Demokratie unterrichtet werden
  • 25:37 - 25:44
    wollen, kritisieren aber vor allem den
    Tatbestandausschluss in Absatz 3,
  • 25:44 - 25:49
    der viel zu eng gefasst ist.
    Berufsgeheimnisträger sind
  • 25:49 - 25:57
    nicht ausreichend geschützt. Ich habe ihn
    oben nochmal gezeigt. Hier steht drin,
  • 25:57 - 26:03
    dass bezüglich Medienvertreter, die
    berufsmäßig mit diesen Dingen
  • 26:03 - 26:08
    zu tun haben, privilegiert sind, sich
    nicht strafbar machen. Aber was ist
  • 26:08 - 26:12
    mit den vielen Bloggern? Was ist mit auch
    Journalisten oder Medienvertretern,
  • 26:12 - 26:17
    die etwas nebenberuflich machen,
    oder aus Ehrenamt,
  • 26:17 - 26:22
    weil sie für gerechte Dinge kämpfen, weil
    sie sich engagieren für ein demokratisches
  • 26:22 - 26:29
    Gemeinwesen. Die sind hier ganz
    offensichtlich nicht geschützt.
  • 26:29 - 26:34
    Es sind auch, nicht zwangsläufig zumindest,
    Handlungen geschützt, die nur im Vorfeld
  • 26:34 - 26:38
    von Recherchen, also im Vorfeld von
    Veröffentlichungen, geschehen, wenn es
  • 26:38 - 26:42
    gerade nicht zu Veröffentlichungen kommt
    später. Und wenn wir uns hier andere
  • 26:42 - 26:48
    Berufsgeheimnisträger wie Rechtsanwälte
    angucken, dann muss man wissen, dass es
  • 26:48 - 26:55
    eine praktisch sehr ähnliche Formulierung
    in §184b Absatz 5 gibt.
  • 26:55 - 27:00
    Den habe ich hier auch noch mal gezeigt.
    Bei 184b sind wir
  • 27:00 - 27:06
    in einem unangenehmen Bereich des
    Strafrechts, dem Sexualstrafrecht,
  • 27:06 - 27:11
    und zwar im Bereich der Kinderpornographie.
    Da ist es so, dass, wer Kinderpornographie
  • 27:11 - 27:16
    besitzt, der macht sich strafbar, was auch
    nachvollziehbar ist. Aber ein Anwalt,
  • 27:16 - 27:20
    der jemanden verteidigt, der deshalb ein
    Strafverfahren hat, der muss natürlich
  • 27:20 - 27:24
    Beweismittel einsehen. Ebenso wie
    Staatsanwälte auch diese Beweismittel
  • 27:24 - 27:28
    in ihren Akten haben.
    Wir hatten jetzt kürzlich einen Fall, wo
  • 27:28 - 27:34
    ein Strafverteidiger diese Informationen
    an einen Sachverständigen gegeben hat,
  • 27:34 - 27:39
    kinderpornographisches Material, damit
    der für die Verteidigung ein Gutachten
  • 27:39 - 27:44
    erstellt. Und für diese Weitergabe
    wurde der Anwalt verurteilt.
  • 27:44 - 27:53
    Und das zumindest steht auch im Raum
    bei 202d, StGB. Denn die Berufsträger
  • 27:53 - 27:58
    werden hier zumindest in den
    Regelbeispielen, es hieß ja insbesondere,
  • 27:58 - 28:04
    werden nicht genannt. Und ob etwas,
    was ein Anwalt tut, noch darunter
  • 28:04 - 28:08
    zu fassen ist oder nicht, ist höchst
    fraglich. Und durch diese Regelung
  • 28:08 - 28:14
    wird letztendlich die Gefahr von
    Strafverfolgung den entsprechenden
  • 28:14 - 28:20
    Personen, Medienvertretern und Menschen,
    die mit geleakten Informationen
  • 28:20 - 28:24
    in Verbindung kommen, beruflich,
    denen aufgebürdet, und das ist
  • 28:24 - 28:30
    schlichtweg nicht hinnehmbar.
    Denn es ist nicht hinnehmbar,
  • 28:30 - 28:35
    weil das Aufdecken, das Leaken von
    wichtigen Informationen für die Demokratie
  • 28:35 - 28:42
    aus meiner Sicht heute wichtiger als
    je zuvor ist. Wenn wir uns überlegen,
  • 28:42 - 28:46
    dass Edward Snowden seinen Schritt nicht
    getan hätte und die Welt heute immer noch
  • 28:46 - 28:52
    nicht wüsste, was die NSA macht, was Five
    Eyes machen, dann wäre die Welt,
  • 28:52 - 28:58
    meine ich, tatsächlich eine andere. Ein
    anderes Beispiel sind die Luxemburg-Leaks.
  • 28:58 - 29:06
    Dort hat Luxemburg Konzernen
    ermöglicht, überhaupt keine
  • 29:06 - 29:09
    Körperschaftssteuer, oder vielleicht
    1 Prozent Körperschaftssteuer zu bezahlen.
  • 29:09 - 29:16
    Zum Schaden des europäischen
    Steuerzahlers, zu Eurem Schaden. Das sind
  • 29:16 - 29:20
    Gelder, die hier unter anderem der deutsche
    Fiskus nicht eingenommen hat, mit dem
  • 29:20 - 29:24
    der Staat, zumindest denkbar zumindest,
    sinnvolle Dinge der Daseinsfürsorge
  • 29:24 - 29:27
    tun kann, was eine ureigenste
    staatliche Aufgabe ist.
  • 29:27 - 29:33
    Diese Praxis hätten wir heute noch,
    wenn diese Luxemburg-Papers
  • 29:33 - 29:37
    nicht veröffentlicht worden wären.
    Tatsächlich wurden dort in diesem Zuge
  • 29:37 - 29:42
    zwei Personen dieses Jahr zu
    Haftstrafen verurteilt. Und das ist
  • 29:42 - 29:46
    aus demokratischen Gesichtspunkten ebenso
    wenig hinnehmbar, wie wenn umfangreiche
  • 29:46 - 29:53
    geheime Verhandlungen geführt werden
    von der EU über Handelsabkommen,
  • 29:53 - 29:56
    die nicht nur für uns unabsehbare
    Auswirkungen haben, sondern auch
  • 29:56 - 30:01
    für die Generation unserer Kinder.
  • 30:01 - 30:03
    Beifall
  • 30:03 - 30:09
    Aus diesem Grund wurde die Frist,
  • 30:09 - 30:15
    die am 18.12.2016 – das war
    ein Sonntag, Frist fiel damit
  • 30:15 - 30:19
    auf den nächsten Tag, einen Montag –
    abgelaufen ist zur Einlegung
  • 30:19 - 30:23
    von Verfassungsbeschwerden, auch genutzt.
    Ich selber habe eine Verfassungsbeschwerde
  • 30:23 - 30:28
    eingereicht. Denn ich halte…
    Beifall
  • 30:28 - 30:33
    …mich für in verfassungswidriger
    Weise in meiner freien Berufsausübung
  • 30:33 - 30:38
    eingeschränkt. Ich weiß, dass das nicht
    die einzige Verfassungsbeschwerde ist.
  • 30:38 - 30:46
    Es gibt noch mindestens eine, von der
    wir auch noch einiges hören werden,
  • 30:46 - 30:50
    meine ich. Wartet mal zwei bis drei
    Wochen, mehr darf ich dazu wohl
  • 30:50 - 30:56
    nicht sagen. Die Sache wird also vom
    Bundesverfassungsgericht, hoffentlich,
  • 30:56 - 30:58
    verhandelt. Viele Verfassungsbeschwerden
    werden gar nicht angenommen.
  • 30:58 - 31:02
    Hier wurde eingangs noch mal auf
    die Verfassungsbeschwerde gegen
  • 31:02 - 31:08
    den Hacker-Paragraf hingewiesen. Die wurde
    nicht angenommen. Das Verfassungsgericht
  • 31:08 - 31:14
    hat sich aber doch inhaltlich zumindest
    so geäußert, dass dieser Tatbestand
  • 31:14 - 31:18
    verfassungsgemäß, verfassungskonform und
    einschränkend ausgelegt werden muss,
  • 31:18 - 31:23
    was zumindest immerhin etwas ist. Warten
    wir ab, wie hier das Verfassungsgericht
  • 31:23 - 31:31
    entscheidet. Ich hoffe, dass auch dort die
    überaus große Wichtigkeit gesehen wird,
  • 31:31 - 31:37
    was die Weitergabe von eigentlich unter
    Verschluss gehaltenen Informationen
  • 31:37 - 31:42
    angeht. Und dass auch dort gesehen wird,
    dass dieses Gesetz eine echte Bedrohung
  • 31:42 - 31:48
    für die Pressefreiheit ist, und auch
    für die Berufsfreiheit. Vielen Dank!
  • 31:48 - 31:58
    Beifall
  • 31:58 - 32:05
    Herald: Okay, wir hätten Zeit
    für vielleicht eine Frage.
  • 32:05 - 32:09
    Sehr gut, dann haben wir keine Fragen.
    Manchmal muss man eben Politik machen,
  • 32:09 - 32:16
    um Code zu schreiben. Also vielen Dank für
    die Verfassungsbeschwerde auf jeden Fall.
  • 32:16 - 32:17
    Beifall
  • 32:17 - 32:22
    Und wir hoffen, dass das Ganze
    gut ausgeht. Bis dann!
  • 32:22 - 32:25
    Ulrich: Da scheint es noch
    eine Frage zu geben.
  • 32:25 - 32:29
    Herald: Oh, es gibt noch eine Frage!
    Sehr gut! Also!
  • 32:29 - 32:33
    Signal Angel: Und zwar aus dem Internet:
    Warum erfüllt der unter unterschlagene
  • 32:33 - 32:37
    USB-Stick auch ohne Bereicherungsabsicht
    für die gespeicherten Daten die Tatbestände
  • 32:37 - 32:40
    der Datenhehlerei?
  • 32:44 - 32:50
    Ulrich: Moment. Ich habe gesagt,
    die Unterschlagung ist…
  • 32:50 - 32:56
    Also, ein unterschlagenes Speichermedium,
  • 32:56 - 33:01
    was bisher nicht öffentlich
    zugängliche Daten enthält,
  • 33:01 - 33:06
    ist eine taugliche Vortat. Dazu
    müssten wir hier uns nochmal kurz
  • 33:06 - 33:10
    den Tatbestand angucken. Da heißt es:
  • 33:10 - 33:16
    Wer Daten – Verweis auf 202a, Absatz 2,
    da ist eine Legaldefinition –
  • 33:16 - 33:21
    die nicht allgemein zugänglich
    sind, und die ein anderer
  • 33:21 - 33:26
    durch eine rechtswidrige Tat erlangt hat…
    Das war mein Beispiel. Der sozusagen
  • 33:26 - 33:30
    gefundene USB-Stick, wo ich sehe,
    den verliert jemand, den ich einstecke,
  • 33:30 - 33:34
    wenn dort Daten drauf sind, die
    nicht allgemein zugänglich sind,
  • 33:34 - 33:38
    und das kann sein, dass jemand sagt:
    „Jeden Morgen um acht schaue ich
  • 33:38 - 33:43
    aus dem Fenster und schreibe auf, wie
    der Himmel aussieht, Wolken klar,
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    leicht bewölkt, stark bewölkt“. Ja?
    Dann wären das Daten, die sind
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    nicht allgemein zugänglich, andere machen
    vielleicht so was auch, aber diese Daten
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    sind nicht allgemein zugänglich.
    Und die wären durch eine rechtswidrige Tat
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    erlangt, nämlich jemand verliert diese
    Daten, jemand anderes findet sie und
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    nimmt sie an sich. Und das ist
    sozusagen die Voraussetzung,
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    dass wir dann weiterkommen. Und wenn ich
    jetzt sage: „Ich habe hier ganz scharfe
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    Aufzeichnungen, da schreibt irgendjemand
    jeden Tag, wie der Himmel aussieht.
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    Willste die kaufen für ’nen Fünfer?“
    Dann wären wir hier voll drin.
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    Signal Angel: Okay,
    das Internet bedankt sich.
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    Herald: Danke ans Internet, also.
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    Abspannmusik
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    Untertitel erstellt von c3subtitles.de
    im Jahr 2017. Mach mit und hilf uns!
Title:
Haft für Whistleblower? (33c3)
Description:

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Video Language:
German
Duration:
35:00

German subtitles

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