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35C3 Vorspannmusik
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Herald: "Freiheit ist das Recht, anderen
zu sagen, was sie nicht hören wollen.".
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sinngemäß hat das mal George Orwell in
´nem Buch so geschrieben, oder man könnte
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in Deutschland auch sagen "Keep calm and
go to Karlsruhe" wie es auf dieser schönen
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Postkarte steht. Die Gesellschaft für
Freiheitsrechte wird im nächsten Talk
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vorgestellt. Es werden zwei Leute diesen
Talk machen, das eine ist der Ulf
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Buermeyer, der ist Richter in Berlin,
wissenschaftlicher Mitarbeiter am
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Verfassungsgericht in Berlin. Er macht
einen Podcast "Lage der Nation", kommt
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glaube ich immer Freitag, macht er
zusammen mit Philip Banse, einem
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Journalisten, der so das aktuelle
politische Tagesgeschehen ein bissel
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aufarbeitet und bewertet. Er ist auch
aktiv im Bereich Netzpolitik, bei der
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digitalen Gesellschaft, ist Jurist, was
wohl Sinn macht für die GFF und er macht
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das zusammen mit Nora Markard. Nora
Markard ist auch Juristin, die ist im
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Vorstand der GFF, sie ist Professorin in
Hamburg und setzt sich unter anderem auch
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für Flüchtlingsrechte ein. Zusammen machen
sie beide recht viel. Sie machen auch
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zusammen eben, unter anderem mit Malte
Spitz noch, die Gesellschaft für
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Freiheitsrechte. Was die tun, warum sie`s
tun und was so da alles in 2019 zu
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erwarten ist und was da so als Ausblick
für 2019 ansteht, das werden sie uns jetzt
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alles erzählen. Bitte nochmal ein
Riesenapplaus für Nora und Ulf.
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Applaus
Nora Markard: Ja Hi, vielen Dank
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Konstantin für die Einführung. Wir sind
heute da mit dem Talk "Freedom needs
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fighters!"also "Freiheit braucht Kämpfer /
Kämpferinnen" und werden euch das Konzept
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strategische Prozessführung vorstellen.
Das was uns heute hier besonders
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beschäftigen wird, ist, dass die
Freiheitsrechte verteidigt werden müssen,
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auch und gerade im digitalen Raum.
Konstantin hat schon gesagt, mein Name ist
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Nora Markard, ich bin im Vorstand der
Gesellschaft für Freiheitsrechte und neben
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mir steht:
Ulf Buermeyer: Ich bin Ulf Buermeyer,
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hallo, herzlich willkommen zu unserem
Talk. Wir freuen uns sehr, dass ihr alle
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hier seid und uns zunächst ein bisschen
zuhört, aber wir wollen natürlich nachher
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auch mit euch ins Gespräch kommen,
deswegen haben wir das so auf 40-45
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Minuten angelegt und freuen uns sehr auf
eure Vorschläge, Anregungen und Fragen.
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N: Ja, die Freiheit ist in Gefahr, das ist
erstmal unser Ausgangspunkt. Wir leben
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jetzt vielleicht in einem Land, wo man
sich sagt, naja, das ist ja schon so im
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Vergleich, weltweit, eher eines der
Länder, wo die Freiheitsrechte, wo es
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denen ganz gut geht. Aber es gibt ja jetzt
nicht nur mit Trump und Putin usw.
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Probleme, sondern auch in Deutschland
durchaus Gefahren für die Grund- und
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Menschenrechte. Und zwar eben vor allem an
der Schnittstelle zwischen dem Recht und
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der digitalen Welt. Also die große
Koalition hat uns da ja eigentlich viele
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Themen geliefert, sag ich mal.
U: Ja genau, die große Koalition sorgt im
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Grunde seit Jahren dafür, dass ständig
neue Gesetze verabschiedet werden, bei
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denen die Grundrechte immer wieder unter
die Räder kommen, einfach weil sie im
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politischen Prozess nicht die Rolle
spielen, einfach nicht so interessant sind
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für Politikerinnen und Politiker, wie
sie´s eigentlich sein müssen. Und wir
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wollen in unserem Talk kurz einmal die
Problemfelder zeigen, wo sich das ganz
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besonders deutlich zeigt, aber natürlich
auch Probleme aufzeigen, denn dieser Talk
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soll uns jetzt ja nicht alle frustriert
hinterlassen uns sagen die Welt geht
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unter...
N: Lösungen aufzeigen
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U: ...sondern im Gegenteil, wir wollen
LÖSUNGEN aufzeigen, Perspektiven
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aufzeigen, was können wir tun, um
Grundrechte zu schützen und zu stärken,
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gerade auch im digitalen Raum.
N: Genau. Denn Demonstrieren ist wichtig.
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U: absolut N: wir schreiben so schön "keep
calm and go to Karlsruhe" wir wollen
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natürlich überhaupt nicht, dass ihr "calm"
bleibt, dass ihr ruhig bleibt, sondern
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natürlich gehts auch darum, wütend zu
sein, was zu machen. Aber manchmal reicht
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das einfach nicht. Und deswegen gibts eben
die Gesellschaft für Freiheitsrechte, um
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da anzusetzen und noch eins draufzusetzen,
quasi. Und wir haben euch jetzt mal so´n
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paar Highlights aus den Themenbereichen
mitgebracht, die uns besonders
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interessieren. Jetzt seht ihr hier mal so
eine kleine Vorschau
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Vorratsdatenspeicherung, Staatstrojaner,
Massenüberwachung, Einschränkungen der
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Pressefreiheit, Hürden für die
Informationsfreiheit, zu denen wir
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arbeiten. Fangen wir vielleicht mal an.
U: Genau. Ja, fangen wir an mit den
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Gefährdungen der Pressefreiheit. Ihr habt
bestimmt mitbekommen, dass vor einigen
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Monaten ein als links bekanntes
Internetportal vom Netz gegangen ist,
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nämlich linksunten.indymedia. Und das
halten wir bei der GFF für eine erhebliche
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Gefährung der Pressefreiheit. Wieso denn
Nora?
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N: Ja, also das ist ja so, eigentlich
steht ja im Grundgesetz, die Zensur findet
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nicht statt, ne? Also das ist eigentlich
abgeschafft worden, Pressezensur.
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U: So sollte es sein, jedenfalls die
Vorabzensur, das heißt nicht, dass man
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nicht hinterher möglicherweise haftbar ist
für Veröffentlichungen in der Presse, aber
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bevor etwas online geht, bevor etwas
gedruckt wird, soll es normalerweise keine
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Zensur geben. Im Fall indymedia kann man
sich die Frage stellen, wie kann denn das
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sein?
N: Ja, also ich mein, Du hast jetzt
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gesagt, hinterher haftbar sein, das gilt
ja dann für einzelne Artikel. Hier bei
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indymedia, bei linksunten, gehts ja um die
gesamte Seite. Also um das gesamte
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Presseerzeugnis, so wie wenn man ne ganze
Zeitung verbieten würde. Das haben die
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aber ganz geschickt gemacht, sie haben
nämlich nicht das Presseerzeugnis
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verboten, linksunten.indymedia, sondern
sie haben sich überlegt, da sind ja Leute
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hinter indymedia und hinter
linksunten.indymedia und die posten ja so
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alles Mögliche, irgendwelche Aufrufe zu
Straftaten angeblich, das war ja der
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Vorwurf. Und, kann man da nicht irgendwas
konstruieren?
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U: Genau, denn der Witz dabei ist, es gibt
eigentlich in Deutschland überhaupt keine
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Gesetze, um ganze Medien zu verbieten.
Gibt es einfach nicht. Das wäre sowieso
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Ländersache und in den
Landespressegesetzen gibt es keine Norm,
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die sagt: "eine Zeitung kann verboten
werden, wenn..." Also haben sie, hat in
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diesem Fall das Bundeninnenministerium
einen Trick angewandt, sie haben einfach
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gesagt, diese Leute hinter indymedia,
hinter linksunten.indymedia, die bilden
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einen Verein. Das wussten die zwar gar
nicht, ja, die haben keine Satzung, die
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haben keinen Vorstand, die wussten
überhaupt nicht, dass sie ein Verein sind,
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das Innenministerium war schlauer als die
Leute, die diese Webseite betrieben haben,
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habe gesagt, "das ist ein Verein" und
praktisch, Vereine kann man verbieten.
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N: Ja, insofern, linskunten, der
neugegründete, durch das
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Bundeninnenministerium neugegründete
Verein, wurde verboten. Daraufhin konnte
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er seine Website auch nicht mehr
betreiben. Und das halten wir für einen
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ganz groben Verstoß gegen alle möglichen
rechtlichen Prinzipien, also dass
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überhaupt der Bund tätig geworden ist, wo
das doch eigentlich Ländersache ist usw.
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Dass das Vereinsrecht hier verwendet wird,
um Presseerzeugnisse zu verbieten, und
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natürlich ein Mega-Eingriff in die
Pressefreiheit.
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U: Und natürlich auch eine Verletzung des
Demokratieprinzips, denn wenn überhaupt
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Vereine, äh, Presseerzeugnisse verboten
werden können, dann muss das der
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Gesetzgeber regeln, dann müssen also die
Parlamente darüber entscheiden und nicht
-
der Bundesinnenminister. Ein schönes
Beispiel, denke ich, wie Grundrechte unter
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die Räder kommen, nur weil in diesem Fall
ein Medium politisch sicherlich missliebig
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war. Ein anderes Beispiel betrifft den
Umgang mit Accounts auf Twitter.
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N: Ja, da ist ja Missliebigkeit glaube ich
das richtige Stichwort, ne, denn auf
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Twitter werden ja auch die Meinungen
durchaus pointiert kundgegeben. Auch
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gegenüber staatlichen Behörden, die
inzwischen ja die sozialen Medien durchaus
-
für sich entdeckt haben und das als
Informationskanal nutzen.
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U: Ja, das ist Neuland. Neuland, Nora, muss
man sehen, ist natürlich ein wahnsinnig
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gefährliches Terrain, aber trotzdem wagen
sich sogar mutige Polizeibehörden in
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dieses Terrain...Nora lacht...und
gründen Twitteraccounts und versuchen über
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diese Twitteraccounts
Öffentlichkeitsarbeit zu machen, und
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bekommen da natürlich, wie das so ist,
wenn man sich quasi in die Öffentlichkeit
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wagt, gelegentlich auch einmal kritische
Fragen gestellt und nicht jeder
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Polizeibeamte kann damit umgehen.
N: Ja, vor allem so oft und dann immer von
-
der gleichen Person wieder, das nervt
total.
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U: ja, nervt total, kritische Fragen,
kritische Antworten, gar kein Spaß. Was
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macht man da am Allerbesten auf Twitter?
N: Ja blocken!
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U: Ganz klar, sofort den Blockknopf
drücken, und das Problem dabei ist, wenn
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das eine Behörde tut, gegenüber z.B.
Journalistinnen und Journalisten oder auch
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gegen Bürgerinnen und Bürgern, dann
ist das ein Problem, weil es natürlich die
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Möglichkeiten der betroffenen, der
geblockten Menschen einschränkt, zur
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Kenntnis zu nehmen, was diese Behörden auf
Twitter von sich geben. Es ist also eine
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Einschränkung der Möglichkeit, sich zu
informieren und kann auch eine
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Einschränkung der Pressefreiheit sein,
wenn es sich um Journalisten handelt, die
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natürlich zum Recherchieren auch auf
Twitter mitlesen wollen.
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N: Ja, und die Informationsfreiheit, ist
die denn verfassungsrechtlich geschützt
-
eigentlich?
U: Man sollte das denken, man muss gar
-
nicht so weit blättern, Artikel 5 z. B.
unseres Grundgesetzes gibt dazu ziemlich
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deutlich Auskunft, aber wie gesagt, das
hat nicht alle Behörden interessiert. Wir
-
haben deswegen mal versucht, dagegen
rechtlich vorzugehen und haben so ein
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Musterschreiben entworfen, mit dem sich
dann Menschen an eine Behörde wenden
-
können. Das Problem ist, wir haben bislang
noch keine Behörde gefunden, die diese
-
Blockaden dann nciht aufgehoben hat, ja.
Das heißt, sobal man die Behörden
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anschreibt, und sagt, liebe Leute,
begründet das doch mal, schickt mir doch
-
mal einen Bescheid, gegen den ich dann
klagen kann, dann fallen sie alle um, ja,
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wie beim Domino, also insofern, das lohnt
sich schon, gelegentlich mal zu sagen:
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"Nö, das lass` ich mir jetzt nicht
gefallen.", aber falls jemand geblockt ist
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und noch nicht wieder entblockt worden
ist, würden wir uns natürlich über eine
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Email freuen.
N: Ja, info@freiheitsrechte.org. Aber da
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sieht man auch mal, wie wahnsinnig
schlagkräftig wir sind, inzwischen, Ulf,
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ne? Ulf lacht also, ein Schreiben
reicht.
-
U: ein Schreiben, Punkt.
N: Ja, Informationsfreiheit ist aber
-
überhaupt ein größeres Thema für uns, ne.
Also Informationsfreiheit ist ja jetzt
-
nicht nur, dass man auf Twitter was lesen
darf, was die Behörden so machen. Sondern
-
man kann denen ja auch mal schreiben und
sagen, ich will mal sehen, was ihr sonst
-
so macht.
U: Genau, wir würden natürlich gerne auch
-
mal Einsicht in Akten nehmen. bestimmt
kennt der eine oder andere von euch das
-
Projekt "Frag den Staat". "Frag den Staat"
hilft Menschen dabei, Anfragen an Behörden
-
zu stellen, um ihr Recht auf
Informationsfreiheit wahrzunehmen. Aber
-
auch da kann man sich vorstellen, dass das
jetzt nicht alle Behörden mit großer
-
Begeisterung erfüllt, wenn sie solche
Anfragen bekommen. Im Gegenteil, viele
-
versuchen sich dagegen zu wehren. Und dann
hilft eben manchmal auch nur noch der Gang
-
zu Gericht.
N: Ja, also die Behörden haben manchmal so
-
ein bisschen den Eindruck, die Akten
gehören ihnen. Also man will jetzt
-
sozusagen ihre persönliche Post lesen. Da
muss man sich vielleicht mal ein bisschen
-
vor Augen führen, dass so Behörden ja zur
Exekutive gehören, ne. Und wir haben ja
-
mal den Bundestag gewählt und da kommen
dann die Behörden, werden sozusagen von
-
dort aus ins Amt gesetzt. Und da die
Gewalt, alle Staatsgewalt geht ja vom
-
Volke aus, das heißt auch die Behörden
sind mir gegenüber rechenschaftspflichtig.
-
U: Ja, vor allem, Moneten, ja. Ich meine
die Behörden werden ja nicht zuletzt aus
-
Steuern bezahlt und man würde ja annehmen,
wenn wir alle mit unseren Steuern das
-
Arbeiten einer Behörde finanzieren, dann
müsste normalerweise auch öffentlich sein,
-
was in dieser Behörde vor sich geht. Klar,
es gibt bestimmte Bereiche, wo das nicht
-
funktioniert, ja, denken wir zum Beispiel
an Landesverteidigung, ja, bei der
-
Bundeswehr gibt es sicherlich Dinge, die
legitimerweise geschützt sind, aber im
-
Großen und Ganzen würde man sich da mehr
Transparenz wünschen, aber wie gesagt, das
-
ist ein langer Prozess, diese
Informationsfreiheit wirklich
-
durchzusetzen in Behörden und auch dazu
muss man manchmal zu Gericht.
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Wir haben ein weiteres großes Thema. Das
ist die Gefährdung von Whistleblowern.
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N: Ja, Whistleblower wisst ihr natürlich,
was das ist. Das sind Personen, die
-
Informationen öffentlich machen, die
geheimgehalten werden, z. B. staatliche
-
Informationen oder z. B. Informationen
über Unternehmen, und die mitkriegen, im
-
Rahmen ihrer Tätigkeit oft in diesen
Behörden oder in diesen Unternehmen, die
-
mitkriegen, dass da irgendwas faul ist.
Das da irgendwas rechtswidrig läuft, dass
-
da irgendne ganz große Sauerei am Dampfen
ist und kein Mensch weiß Bescheid. Und
-
diesen Whistleblowern verdanken wir es
dann meistens, die dann Dokumente z. B.,
-
Informationen den Medien zuspielen, dass
diese Skandale an die Öffentlichkeit
-
kommen und dass man dann z. B. darauf
reagieren kann, also dass der Gesetzgeber
-
tätig werden kann oder die Polizei oder
dass man z. B. beim nächsten Mal andere
-
Leute wählt, oder so was, ne?
U: ja
-
N: Und was ist jetzt das Problem mit den
Whistleblowern? Ist doch eigentlich super.
-
U: Das Problem mit den Whistleblowern ist,
dass sie sehr häufig große rechtliche
-
Risiken eingehen, wenn sie z. B. für den
Staat arbeiten, dann ist Whistleblowing
-
häufig strafbar als Verletzung eines
Dienstgeheimnisses. Aber auch wenn sie nur
-
in einem Privatunternehmen arbeiten, kann
es z. B. die Verletzung von
-
Geschäftsgeheimnissen sein. Also
Whistleblower leben gefährlich. Es gibt
-
bis heute in Deutschland keinen
vernünftigen Whistleblower-Schutz, das
-
betrifft also die Menschen, die
tatsächlich Informationen weitergeben. Und
-
es gibt außerdem nur ganz, sagen wir mal,
eingeschränkten Schutz für Journalistinnen
-
und Journalisten, die natürlich auf
Informationen von Whistleblowern
-
angewiesen sind. Und ganz besonders
gefährlich ist in diesem Kontext der
-
Straftatbestand der Datenhehlerei, ja, ist
ein neues Strafgesetz, das so damals mit
-
der zweiten Auflage der
Vorratsdatenspeicherung durch den
-
Bundestag geschmuggelt worden ist. Und in
aller Kürze kann man das so verstehen:
-
das ist ein Gesetz gegen die Weitergabe
von gestohlenen Daten. Gestohlene Daten,
-
Datenhehlerei, das klingt erstmal schon so
schräg, klingt irgendwie sehr nach "hm, da
-
hat jemand so im Cyberraum ermittelt", der
Grundgedanke ist aber eigentlich ganz
-
plausibel. Der Grundgedanke ist nämlich,
man möchte nicht, dass gestohlene
-
Kreditkartendaten, gestohlene Logins
weitergegeben werden. Das Problem ist
-
bloß, diese gute Idee hat man nicht ins
Gesetz geschrieben, sondern man hat
-
gesagt, Daten, die irgendwie rechtswidrig
weitergeben worden sind, sollen da erfasst
-
sein. Das Problem, ich habs gerade gesagt,
auch Whistleblower handeln häufig
-
rechtswidrig. Sie handeln zwar im
Interesse der Allgemeinheit, wenn sie
-
Daten über Skandale weitergeben, aber sie
machen sich häufig strafbar, das bedeutet,
-
von Whistleblowern weitergegebene Daten
können Gegenstand einer Datenhehlerei
-
sein. Mit anderen Worten, Journalistinnen
und Journalisten stehen, mal jetzt
-
plastisch formuliert, mit einem Bein im
Gefängnis, wenn sie Daten weitergeben, die
-
sie selber von Whistleblowern bekommen
haben. Und das, kann man sich vorstellen,
-
ist ausgesprochen gefährlich für die
Pressefreiheit. Und das gilt z. B. auch
-
für Experten, die von Journalistinnen und
Journalisten gefragt werden, ob sie nicht
-
mal Daten analysieren können.
N: was denn für Experten zum Beispiel?
-
U: Zum Beispiel auch IT-Experten. Es gibt
ja häufiger mal Fälle, wo Email-Konten
-
geleakt werden an die Presse, und wo der
Journalist dann vor der Frage steht, hier
-
habe ich diese Outlook-Inbox, ist diese
Datei halbwegs echt oder ist die gefaked
-
worden. Das ist möglicherweise nicht so
ganz einfach einzuschätzen und da fragt
-
man, wenn man verantwortungsbewusster
Mitarbeiter der Presse ist, vielleicht
-
lieber mal Leute, die sich mit sowas
auskennen, also z. B. Leute aus dem Umfeld
-
des CCC. "Was denkst Du, ist diese Inbox
manipuliert worden oder sieht das soweit
-
ganz plausibel aus?" Wenn diese Inbox aber
eben geleakt worden ist, z. B. aus einem
-
Unternehmen oder aus einer Behörde, dann
können sich auch die Experten aus dem CCC-
-
Umfeld strafbar machen wegen
Datenhehlerei, einfach weil es sich ja um
-
"gestohlene Daten" handelt. Also man kann
sofort erkennen, dieses Gesetz hat einen
-
vernünftigen Kern, aber es stellt viel
mehr unter Strafe und das ist
-
brandgefährlich für die Pressefreiheit
aber auch für IT-Experten z. B.
-
N: Ja, also noch ein Fall zum
Whistleblowing. Diese Datenhehlerei ist
-
natürlich ein Thema, was uns sehr
interessiert hat, aber ein ganz neuer
-
Fall, mit dem wir uns solidarisieren ist
Hermann Theisen.
-
Hermann Theisen seht ihr hier auf dem
Bild, ist ein Aktivist, der gegen illegale
-
Waffenexporte agiert und der stellt sich
dann immer so vor Unternehmenstore von so
-
Rüstungskonzernen in Deutschland, da gibts
ja doch einige.
-
U: KraussMaffei...
N: KraussMaffei z.B. Stellt sich da hin,
-
so ganz klassisch oldschool mit
Flugblättern und fordert zum
-
Whistleblowing auf. Und sagt, "illegale
Waffenexporte?", schaut doch mal nach,
-
wenn ja, sagt Bescheid. Das ist
Aufforderung zum Whistleblowing. Ist das
-
strafbar?
U: Ich fürchte es ist jedenfalls nach
-
Auffassung mancher Staatsanwaltschaften
und mancher Amtsgerichte strafbar.
-
Deswegen hat Herrman Theisen ein Problem.
Meine persönliche Auffassung wäre, Hermann
-
Theisen ist ein Mensch, der Zivilcourage
zeigt, der eben versucht zu verhindern,
-
dass Waffenkonzerne damit durchkommen,
illegal Panzer in irgendwelche Krisenregionen zu
-
verschieben, aber wie gesagt, manche
Staatsanwaltschaften meinen, das könnte
-
eine Anstiftung sein zur Verletzung von
Geschäftsgeheimnissen. Und deswegen hat er
-
zurzeit drei Strafverfahren, in denen er
unterstützt werden muss, damit er da eben
-
nicht verurteilt wird, und die Idee, die
dahinter steht ist, Whistleblowing sollte
-
eben keine Stratat sein und deswegen auch
nicht der Aufruf zum Whistleblowing.
-
Applaus
N: jetzt haben wir ja auch ein bisschen
-
schon über Überwachungsmaßnahmen anfangs
gesprochen, da haben wir ja einiges von
-
der großen Koalition geliefert bekommen.
Also ein, sozusagen, bunter Strauß von
-
neuen Überwachungsmaßnahmen.
U: Apropos bunter Strauß, dieser bunter
-
Strauß Blätter, das ist die synthetische
Palme vor dem Hauptquartier des
-
Bundesnachrichtendienstes in Berlin in
einer nieseligen Novembernacht. Die habens
-
richtig nett da, die Schlapphüte, wie man
sieht.
-
N: ja, also reformiert wurden das "G10",
das Gesetz zu Artikel 10, das so
-
Lauschangriffe ermöglicht. Das "BKA-
Gesetz" wurde reformiert, das BND-Gesetz
-
wurde reformiert, was steht da alles drin,
was gibts Neues?
-
U: Also der Kern ist, dass diese Gesetze
sowas in Deutschland ermöglichen, was
-
Edward Snowden über die Arbeit der NSA
oder des GCHQ, des britischen
-
Geheimdienstes, offen gelegt hat, nämlich
die sogenannte "Totalüberwachung" des
-
Internet. Es geht bei diesen Reformen,
insbesondere des G10- und des BND-Gesetzes
-
nicht etwa darum, einzelne Menschen ins
Visir zu nehmen, die man aus welchen
-
Gründen auch immer für Gefährder hält,
sondern es geht darum, den ganz großen
-
Schnorchel anzusetzen, zum Beispiel, das
ist in Deutschland das Relevanteste, beim
-
DECIX, also beim Internetknotenpunkt in
Frankfurt, wo also Terabit pro Sekunde
-
durchmarschieren, und da möchte der BND
einfach ganz gerne das Ohr an der Leitung
-
haben und der Schlüssel dazu ist das G10.
N: Das ist ja ein bisschen so das, was
-
Edward Snowden über die NSA offen gelegt
hat
-
U: ganz genau
N: nur dass führen wir jetzt einfach durch
-
Gesetz ein.
U: genau, was Edward Snowden im Grunde als
-
Mahnung verstanden hat, als Warnung für
unsere westlichen Demokratien, das hat die
-
große Koalition vor zwei, drei Jahren im
Grunde als Blaupause genommen, um die
-
Kompetenzen des BND ganz drastisch
auszuweiten. Das, wie gesagt, erlaubt vor
-
allem das G10 im Inland und das BND-Gesetz
erlaubt diese ungerichtete, massenhafte
-
Internetüberwachung im Ausland.
N: gibts da so rechtliche Grundlagen in
-
den verschiedenen Gesetzen, welche
Freiheitsrechte sind da so betroffen?
-
U: Also man kann da an eine ganze Reihe
von Freiheitsrechten denken, wir haben da
-
z. B. eine Bedrohung der Pressefreiheit
drin gesehen, weil es natürlich ein
-
Problem ist, wenn man als Journalist oder
als Journalistin versucht, mit Quellen zu
-
kommunizieren, über das Internet, und man
aber nicht nur befürchten muss, sondern im
-
Grunde sicher weiß, dass diese
Kommunikation auf irgendeiner Festplatte
-
des BND landet. Und man muss weiterhin ja
wissen, dass der BND mit verschiedenen
-
anderen Nachrichtendiensten einen bunten
Datenaustausch betreibt, und man könnte ja
-
noch sagen, ist ja nicht so schlimm, wenns
der BND ist, wir sind ja schließlich ein
-
Rechtsstaat, ja, da muss man sich ja gar
keine Sorgen machen. Das Problem ist aber,
-
dass es da natürlich auch Austauschringe
gibt, wo die Daten zwischen Geheimdiensten
-
weitergegeben werden, und da weiß dann
letzlich selbst der BND nicht mehr so ganz
-
genau, was eigentlich mit deutschen
Überwachungsergebnissen eigentlich so
-
angestellt wird. Das ist ein Problem für
die Pressefreiheit, aber natürlich ist es
-
auch ein Problem für das
Telekommunikationsgeheimnis, also Artikel
-
10 unseres Grundgesetzes, denn eigentlich
soll es ja so sein, dass dieses Grundrecht
-
dafür sorgt, dass man in der Ferne, über
eine Distanz, genauso geheim kommunizieren
-
kann, als wenn man z. B. zu zweit ohne
Geräte in einem Park gemeinsam spazieren
-
geht. Die Idee des Fernmeldegeheimnisses,
des Telekommunikationsgeheimnisses ist es,
-
vertrauliche Kommunikation über die
Distanz zu ermöglichen. Dass Briefe nicht
-
gelesen werden, dass Telefongespräche
nicht mitgehört werden, und man muss ganz
-
ehrlich sagen, dieses Grundrecht ist für
den BND zu erheblichen Teilen außer Kraft
-
gesetzt, weil der BND ohne Verdacht, ohne
irgendeinen sachlichen Grund ganze
-
Leitungen abzapfen und mitschneiden kann
und da denken wir das ist mit dem
-
Kernbereich dieses Grundrechtes nicht mehr
vereinbar.
-
N: Ja und gespeichert wird natürlich auch,
also die ganzen Metadaten mal locker für 6
-
Monate einfach abgespeichert. Komplett.
U: Genau, und dieses BND-Gesetz erlaubt
-
unter anderem nochmal so ne Art Spezial-
Vorratsdatenspeicherung für den BND, ich
-
glaub sogar zwei Jahre ehrlich gesagt bei
den Metadaten, bin nicht ganz sicher, also
-
will ich mich nicht drauf festlegen. Ja
deswegen das ist alles nicht schön. Und
-
deswegen haben wir gesagt, das ist auf
jeden Fall ein Gesetz, gegen das wir
-
vorgehen müssen. Aber apropos unbegrenzte
Datenzugriffe und "machen Sie sich keine
-
Sorgen"
N: Ja, machen Sie sich keine Sorgen hieß
-
es auch als damals die biometrischen
Passbilder eingeführt wurden. Kennen wir
-
alle, die wunderbaren, noch hässlicheren
Passbilder, wo man jetzt noch nicht mal
-
mehr lächeln darf und kein Schatten im
Gesicht. Wurden eingeführt, hatten viele
-
Menschen große Sorgen was so Sicherheit,
Datenschutz usw. angeht Es hieß immer, da
-
wird überhaupt nichts von verwendet, es
geht nur darum, dass alle unproblematisch
-
in die USA einreisen können, weil wir das
alle täglich machen, das ist natürlich
-
wichtig.
U: Was solln wir machen! Der Ami will das
-
so!
N: Aber, sonst nix, wird sonst für nix
-
gebraucht.
U: Gehen Sie weiter, hier gibt es nichts
-
zu sehen.
N: Genau, und - Überraschung.
-
U: Überraschung, natürlich finden sich,
wie immer, interessierte Abnehmer für
-
diese gespeicherten Passbilder.
Im Sommer 2017 ist eine neue
-
Rechtsgrundlage in Kraft getreten, die es
verschiedenen Geheimdiensten erlaubt, ohne
-
irgendwelche näheren rechtlichen Gründe
diese Daten bei den Meldebhörden
-
abzugreifen. Also diese Bilder liegen
bislang nicht in einem zentralen Register,
-
sondern die liegen bei den Meldebehörden,
und da gibts jetzt aber Online-
-
Schnittstellen, über die Geheimdienste
diese Passbilder abrufen können. Das
-
kontrolliert übrigens niemand. Und es wird
auch niemand benachrichtigt. Insbesondere
-
die Meldebehörden schaun da nicht drauf,
dürfen sie auch gar nicht, d. h. also da
-
kann...das ist so ne Art
Selbstbedienungsladen für Passbilder von
-
Geheimdiensten und wenn man sich das jetzt
mal in Kombination vorstellt. Also quasi
-
zwangsweise Passbilddatenbank aller
Menschen, die ein deutsches
-
Identitätsdokument haben zusammen mit
Videoüberwachung, die den Abgleich mit
-
Fotodatenbanken ermöglicht, da muss man
ganz ehrlich sagen, kann man sich nur noch
-
gruseln. Deswegen haben wir gesagt,
möglicherweise müssen diese Bilder
-
gespeichert werden, aber jedenfalls kann
es nicht sein, dass Geheimdienste selbst
-
entscheiden, welche Bilder sie gerne
hätten. Klammer auf, im Zweifel nämlich
-
alle.
N: Ja aber das ist natürlich immer das
-
Problem, wenn die Daten einmal da sind,
dann fällt einem doch relativ schnell
-
nochn ein, was man damit alles machen
könnte.
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U: In der Tat. Beispiel, nächste
Volkszählung. Für das Jahr 2021 ist wieder
-
eine Volkszähung in Deutschland geplant.
Das ist als solches, denke ich, noch kein
-
Grund zur Beunruhigung, weil die ganz
genauen Spielregeln dafür noch gar nicht
-
feststehen. Aber natürlich setzt eine
solche Volkszählung komplexe IT-Systeme
-
voraus. Und wir wissen alle wie es so
steht um öffentliche IT-Systeme in
-
Deutschland, die sind in aller Regel
wasserdicht. Und damit sie so wasserdicht
-
sein können, müssen sie natürlich
wunderbar getestet werden. Und das
-
Bundesinnenministerium hat sich gedacht,
es gibt einfach kein besseren Test, als
-
wenn wir einfach sämtliche Realdaten für
diesen Test verwenden. Und deswegen hat
-
das Bundeninnenministerium vor ein paar
Wochen erst ein Gesetz durch den Bundestag
-
geschleust, der ein Test dieses Zensus
2021 schon im Januar nächsten Jahres
-
vorsieht und zu diesem Test sollen die
Meldebehörden in Deutschland einfach die
-
Daten über sämtliche gemeldeten Personen
an eine Zentralstelle, ich glaube es ist
-
das BSI, Bundesamt für Sicherheit...oder?
Oder das statistische Bundesamt, ich bin
-
mir nicht ganz sicher, jedenfalls an eine
zentrale Bundesbehörde sollen einfach
-
Daten über sämtliche in Deutschland
gemeldeten Personen weitergemeldet werden.
-
N: Und sind die Datensätze so anonymisiert
und so?
-
U: Nein, das sind also Realdaten, sonst
kann man das System angeblich nicht
-
testen. Da sind dann natürlich auch bei
den Bundestagsanhörungen auch Leute auf
-
die Idee gekommen, man könnte ja mit
gehashten Daten arbeiten, also wenn man
-
Daten nach einem standardisierten
Verfahren hashen würde, dann könnte man ja
-
auch auf diese Art und Weise zum Beispiel
doppelte Meldungen treffen. Wenn man
-
Namen, Geburtsort, Geburtsdatum nach einem
bestimmten Standard hasht, dann kann man
-
die Hashes vergleichen, dann muss man
nicht die Realdaten in eine
-
Zentraldatenbank werfen.
N: Das ist so aufwendig, weißte. Man kann
-
doch einfach die Daten nehmen.
U: Richtig, genau das hat das
-
Innenministerium auch gesagt, wenn wir das
nämlich machen würden mit den Hashes, dann
-
müsste ja jede Meldebehörde für ihre
gemeldeten Menschen so einen Hash
-
berechnen. Viel zu kompliziert, wir lassen
uns einfach die gesamten Daten an eine
-
zentrale Stelle schicken, aber, machen Sie
sich keine Sorgen, diese Daten werden
-
selbstverständlich nicht gespeichert,
selbstverständlich ganz schnell wieder
-
gelöscht, wenn der Test...
N: Hier gibts nichts zu sehen, bitte gehen
-
Sie weiter.
U: Hier gibts nichts zu sehen.
-
Apropos nichts zu sehen, Nora.
N: Es ist auch einiges auf Landesebene
-
losgewesen, ne?
U: In der Tat
-
N: Also in...die Polizeigesetze sind ja
reformiert worden in relativ vielen
-
Bundenländern. Viele von euch haben
wahrscheinlich aus Bayern gehört, vom
-
NoPAG-Bündnis gegen das BayPAG, das
bayrische Polizeiaufgabengesetz.
-
Polizeirecht ist ja Landesrecht in
Deutschland. Das wird nicht, es gibt nur
-
noch die Bundespolizei als klassische
Polizeibehörde, die macht aber nur
-
Grenzschutz. Alles andere sind dann immer
die Länderpolizeien und das heißt, wir
-
haben auch überall Ländergesetze. Und
Bayern war da ein bisschen so der
-
Vorreiter. Und in diesen Polizeigesetzen
hat man da jetzt so einiges schönes Neues
-
reingeschrieben. Staatstrojaner ist so ein
Thema.
-
U: Ja braucht man, wenn man was auf sich
hält so als Behörde in Deutschland, dann
-
geht es gar nicht mehr ohne, dass man sich
in die Gerätschaften der Menschen
-
reinhackt. Wir haben das ja schon seit
einiger Zeit in der Strafprozessordnung,
-
das heißt, sobald ein hinreichend schwerer
Verdacht einer Straftat besteht, kann
-
ohnehin schon ein Staatstrojaner
eingesetzt werden. Die Polizeibehörden
-
wollen das jetzt ergänzend aber noch
präventiv. Das ist umso absurder, wenn man
-
sich vorstellt, dass ja schon heute sehr
viele Straftatbestände weit im Vorfeld
-
einer Gefahr greifen. Also nehmen wir z.
B. § 129a des Strafgesetzbuches, die
-
terroristische Vereinigung. Sobald sich
drei Leute in der Kneipe zusammensetzen
-
und sagen: "Lass mal ´ne Bombe bauen",
machen die sich, wenn das Ernst gemeint
-
ist und kein Scherz, schon strafbar, wegen
dieses § 129a. Das heißt dann können sie
-
schon nach den bisherigen
Trojanerregelungen mit Trojanern
-
ausgespäht werden. Gleichwohl sagen
Polizeibehörden durch das ganze Land, wir
-
müssen das auch zur Abwehr von möglichen
terroristischen Gefahren, und das würde,
-
wenn das so durchgesetzt würde, dazu
führen, dass tatsächlich dutzende von
-
Behörden in ganz Deutschland, also
Geheimdienste und Polizeibehörden und dann
-
nochmal Bundesbehörden, allesamt
Staatstrojaner einsetzen. Da kann man sich
-
vorstellen, dass auf den Handys von
irgendwelchen bekannten Gefährdern dann
-
irgendwann sich drei oder vier Trojaner
gegenseitig auf die Füße treten würden.
-
Ich will jetzt nicht zu weit ausholen,
wie weit das so gehen würde und und wo da
-
die Probleme liegen für Staatstrojaner.
Wir gehen da vielleicht gleich kurz
-
nochmal drauf ein, weil wir da auch eine
Verfassungsbeschwerde erhoben haben. Aber
-
wir wollens jetzt erstmal nur so als
Stichwort hier in den Raum stellen.
-
Staatstrojaner in den Polizeigesetzen ist
quasi gerade total schick.
-
N: Ja aber Vorverlagerung ist vielleicht
auch nochmal ein Stichwort für diese
-
sogenannte Präventivhaft, also der Begriff
des Gefährders war ja viel in der Presse
-
auch. Gefährder...also Gefahr ist ja
erstmal so´n ganz klassisches
-
polizeirechtliches Thema. Also die Polizei
kann dann tätig werden, wenn es
-
irgendwelche Gefahren für die öffentliche
Sicherheit oder Ordnung gibt, wenn z. B.
-
irgendwelche Sraftaten drohen. Oder wenn
z. B. irgendwas einsturzgefährdet ist und
-
man muss jetzt die Leute rausholen, was
weiß ich alles. Findet man eigentlich gut,
-
dass die Polizei bei Gefahr tätig werden
kann. Jetzt haben die sich aber was Neues
-
ausgedacht. Erstmal den Gefährder. Weil
der Gefährder ist irgendwie gefährlich,
-
aber noch nicht so konkret, also der
könnte mal gefährlich, also konkret
-
gefährlich werden.
U: Das ist genau das Problem bei diesem
-
Begriff des Gefährders. Dass es da auch
nicht irgendwie eine Instanz gibt, die
-
sagt, der Mensch ist jetzt tatsächlich ein
Gefährder. Also dass man vielleicht auch
-
dagegen klagen könnte und sagen könnte ich
bin kein Gefährder. Sondern das ist
-
einfach letztlich so ein Begriff der so
rumwabert, wo keiner so ganz genau weißt,
-
was das ist. Auf jeden Fall aber
ermöglicht dieser Begriff des Gefährders
-
eine ganze Reihe von Maßnahmen, um
abzuwehren, dass mal irgendwann etwas
-
Gefährliches passiert. Und, wie gesagt
gerade, besonders schick bei den
-
neugeschaffenen Polizeigesetzen ist die
sogenannte Präventivhaft. Das ist was ganz
-
Spezielles. Früher gabs das immer schon
mal für einige wenige Tage, dass eine
-
Person, die akut gefährlich ist,
eingesperrt werden kann. Wie gesagt, für
-
kurze Zeiträume. Das allerdings wird jetzt
massiv ausgeweitet, in einigen
-
Polizeigesetzen kann man tatsächlich
unbegrenzt eingesperrt werden, obwohl man
-
noch gar nichts gemacht hat. Ja, das heißt
natürlich müssen da dann Richter gefragt
-
werden oder Richterinnen, aber prinzipiell
kann man in bestimmten Bundesländern,
-
insbesondere in Bayern unbegrenzt
eingesperrt werden, obwohl man noch nie
-
was getan hat. Und das große Problem dabei
ist, wie soll man eigentlich eine solche
-
Gefahrenprognose widerlegen, wenn man in
Haft sitzt. Da kann man natürlich immer
-
wunderbar argumentieren von Seiten des
Staates: "Na jetzt ist er natürlich nicht
-
gefährlich, jetzt sitzt er ja. Aber wenn
wir ihn rauslassen würden, dann würde es
-
selbstverständlich sofort wieder
brandgefährlich." Wenn man sich allerdings
-
die Praxis anguckt, wie solche Gesetze
genutzt werden, aus Bayern wird ein Fall
-
berichtet, wo Geflüchtete in einer
Asylbewerberunterkunft demonstriert haben
-
und so ne Art Aufstand geprobt haben, weil
sie gegen ihre Unterbringungsbedingungen
-
protestieren wollten. Klarer Fall -
einsperren. Einige von diesen Menschen
-
sind dafür wochenlang ins Gefängnis
gesperrt worden, einfach im Wesentlichen
-
um Ruhe in dieser Unterkunft
herbeizuführen.
-
N: Ja, da wird der Rechtsstaat im Grunde
zum Präventivstaat, ne?
-
U: Genau.
N: Wird jetzt einfach mal schön präventiv
-
alles Mögliche, werden Leute festgesetzt,
verhaftet, durchsucht...könnte ja sein,
-
dass sie gefährlich werden.
U: könnte ja sein, dass sie gefährlich
-
werden. N: später U: und die Idee, die
dahinter steht, das ist das was mir
-
persönlich Sorgen macht, dass man eben
nicht mehr darauf schaut, was passiert
-
tatsächlich. Es geht nicht mehr darum,
haben Menschen irgendetwas gemacht, für
-
das sie möglicherweise bestraft werden
müssen, sondern es geht nur noch um
-
Prognoseentscheidungen von Beamten, die
sind dann zwar gerichtlich überprüfbar in
-
bestimmten Grenzen, aber auch das fällt
schwer, denn bei der drohenden Gefahr muss
-
man eben keine ganz konkreten Umstände
mehr nachweisen, Nora, das machts nicht
-
einfacher, dagegen vor Gericht vorzugehen.
N: Genau, also das ist dann wirklich auch
-
so ein Gummiparagraf, das wird für den
Rechtsstaat dann wirklich gefährlich. Und
-
das ist eben nicht nur in Bayern
verabschiedet worden, sondern Baden-
-
Württemberg ist nachgezogen, NRW,
Niedersachsen, Sachsen, Brandenburg, also
-
das ist jetzt so ein bisschen so ein
Dominoeffekt, hat man das Gefühl. Bayern
-
ist so das Labor, da werden die Sachen
einmal durchgesetzt und dann kann man das
-
einfach abschreiben und in die anderen
Landesgesetze übernehmen, wenn man das gut
-
findet.
U: Genau, und dann sagt man halt einfach
-
wir sind ja nicht ganz so krass wie
Bayern, aber dass das natürlich immer noch
-
deutlich mehr Eingriffsbefugnisse für die
Polizei enthält als vorher, das fällt
-
dabei gerne mal unter den Tisch. Und das
Ganze muss man sich ja immer vor Augen
-
führen, vor dem Hintergrund einer
Sicherheitslage, die alles andere als
-
bedrohlich ist. Also wenn man die Bild-
Zeitung liest, könnte man ja den Eindruck
-
gewinnen, dass es mehr oder weniger
tödlich ist, auch nur auf die Straße zu
-
gehen, weil einem sofort die Handtasche
geklaut wird oder man von irgendeinem
-
Messermigranten abgestochen wird, aber das
ist überhaupt nicht der Fall. Ganz im
-
Gegenteil, schaut man sich die
Kriminalstatistiken an, dann sinkt die
-
Kriminalität in Deutschland teilweise
sogar ganz drastisch im Bereich
-
Wohnungseinbruchsdiebstähle im
zweistelligen Prozentbereich. Aber auch in
-
allen anderen Deliktsbereichen ist die
Kriminalität rückläufig, mit anderen
-
Worten, eigentlich könnte man sagen, die
Polizei hat offensichtlich schon heute
-
Rechtsgrundlagen, die ihr eine effektive
Gefahrenabwehr ermöglichen, die vielleicht
-
sogar schon zu weit gehen, aber gut, der
Zeitgeist, jedenfalls in den Ländern, ist
-
ein anderer und dagegen, denke ich, muss
die Zivilgesellschaft vorgehen.
-
N: Ja, also in Berlin ist ja auch was los.
In Berlin haben wir jetzt was Neues.
-
Allerdings habe ich jetzt nochmal als ich
nachgeguckt habe, hier nach der
-
Allgemeinverfügung gesucht, habe ich
gesehen, es gibt in Frankfurt usw. jetzt
-
auch ähnliche Allgemeinverfügungen. Also
in Berlin, nochmal kurz als Erläuterung,
-
hat die Bundespolizeidirektion Berlin,
also Bundespolizei, die für die Bahnhöfe
-
und den Zugverkehr und so weiter zuständig
ist, eine sogenannte Allgemeinverfügung
-
erlassen. Das können die machen, wenn die
so mir eine einzelne Maßnahme über´n Kopf
-
ziehen quasi, dann ist das ein
Verwaltungsakt und wenn die das jetzt für
-
so ´ne unbestimmte Zahl von Sachverhalten
machen, dann ist das kein Gesetz sondern
-
dann ist das eine Allgemeinverfügung. Die
können einfach die Polizei verabschieden.
-
U: Aber die muss sich natürlich im Rahmen
der Gesetze halten. Weil die Polizei
-
eigentlich nicht aus eigener Macht
Grundrechte einschränken kann, sondern
-
immer nur dann, wenn es ein Gesetz ihr so
erlaubt.
-
N: Ja, wir brauchen natürlich eine
Rechtsgrundlage dafür. So und jetzt haben
-
sie sich Folgendes ausgedacht: In den
S-Bahnen z. B. in Berlin so Nachts am
-
Wochenende zwischen, weiß ich nicht,
Abends um acht und morgens um sechs da
-
fahren ja so viele Leute lang, die
irgendwelche gefährlichen Gegenstände bei
-
sich tragen, die sie dann zu gefährlichen
Taten einsetzen könnten. Und das wird
-
jetzt mal verboten. Und da haben sie sich
so ´nen ganz schönen Begriff rausgesucht,
-
den haben sie sich nicht selber
ausgedacht, sondern den gibt es im
-
Strafgesetzbuch. Nämlich das sogenannte
gefährliche Werkzeug. Das gefährliche
-
Werkzeug, was ist das Ulf, Du bist ja
Strafrechtler.
-
U: Ja das Problem bei dem gefährlichen
Werkzeug ist, dass es nicht dadurch
-
gefährlich wird, dass es einfach als
solches gefährlich ist, sondern es wird
-
erst gefährlich durch seinen Einsatz. Mit
anderen Worten, jeder Gegenstand kann im
-
Grunde ein gefährliches Werkzeug sein,
wenn ich ihn in einer ganz bestimmten
-
Weise einsetze. Ja, denken wir an einen
Laptop. Wenn jemand der festen Überzeugung
-
ist, er hat ein ganz besonders solides
Gerät bei sich, dann kann er das natürlich
-
seinem Sitznachbarn aus einer bestimmten
Aufwallung heraus - bäm - über den Kopf
-
ziehen. Mit anderen Worten ein Laptop ist
ein furchtbar gefährliches Werkzeug,
-
selbst wenn man ihn nicht zum Hacken
einsetzt. Gleiches gilt für Mate-Flaschen
-
oder für Spazierstöcke oder Regenschirme,
man kann so ziemlich alles als
-
gefährliches Werkzeug einsetzen, natürlich
unter anderem auch ein Schweizer
-
Multitool.
N: Aber wenn man das einfach nur mitführt,
-
das Werkzeug, dann ist natürlich die
Frage, wann wird es, ist es jetzt schon
-
gefährlich, weil man´s einsetzen könnte?
U: Ja, es ist jedenfalls dann gefährlich,
-
wenn dieser Mann ein Multitool bei sich
führt, dann ist das ganz offensichtlich
-
ganz furchtbar gefährlich. Vielleicht
kennt ihn der ein oder andere, ein
-
Berliner Urgestein aus dem CCC, Andreas
Bogk, @andreasdotorg auf Twitter, der mit
-
der GFF zusammen jetzt geklagt hat, weil
er gesagt hat, das kann ja nicht wahr
-
sein, dass ich mein Schweizer Multitool
nicht mehr in der Bahn mitführen kann,
-
weil ich sonst möglicherweise ein 250 EUR
Zwangsgeld entrichten muss. Aber das
-
eigentliche Problem ist wahrscheinlich gar
nicht mal, dass Andeas Bogk ein Problem
-
bekommt mit der Polizei, denn wie man auf
diesem Foto sehr schön sehen kann,
-
entspricht er so dem klassischen Bild des
Mitteleuropäers und wahrscheinlich ist
-
diese Regelung viel gefährlicher für
Menschen die in irgendeiner Art und Weise
-
aus dem Raster fallen. Jemand der Rastas
trägt, jemand der vielleicht dunkle
-
Hautfarbe hat oder der in irgendeiner Art
und Weise dem Bild dessen entspricht, der
-
irgendwie aus Sicht eines Polizeibeamten
nicht so ganz normal ist. Da kann man sich
-
vorstellen: "Zeigen Sie doch mal Ihre
Tasche, haben Sie da ein Taschenmesser
-
dabei?"
N: Anlasslose Untersuchungen, das kennen
-
wir aus Amerika so als "Stop-and-Search"
oder "Stop-and-Frisk", das sind diese
-
Regelungen, wo man einfach Leute mal
anhalten kann und sagen kann: " Sie da,
-
komm´se mal her, machen Sie mal Ihre
Tasche auf."
-
U: Genau.
N: Ist das ein Grundrechtseingriff?
-
U: Das ist in der Tat ein
Grundrechtseingriff, insbesondere weil es
-
dafür ja in diesen Situationen keine
Anlässe braucht. Also wenn jemand
-
tatsächlich Anlass gibt für eine
Polizeikontrolle, dann wird niemand im
-
Ansatz was dagegen haben.
N: ja, Verdacht heißt sowas dann.
-
U: Ein Verdacht, ja ein Verdacht. und das
ist genau das Problem, dass diese
-
Regelungen es ermöglichen, einfach
jedermann zu kontrollieren, denn man muss
-
ja schauen, ob er einen solchen
gefährlichen Gegenstand bei sich führt.
-
N: Berliner haben ja manchmal am
Wochenende Nachts auch andere Sachen noch
-
mit, nicht nur gefährliche Gegenstände,
sondern auch so...Betäubungsmittel z. B.
-
U: Stimmt. Könnte ja praktisch sein,
möglicherweise...
-
N: findet man dann zufällig, wenn man...
U: Das sind dann die berühmt berüchtigten
-
Zufallsfunde
N: Zufallsfund, genau.
-
Ja, das so vielleicht als kleine Reihe von
Highlights, über so die sag ich mal
-
polizeilichen, geheimdienstlichen usw.
Eingriffe aber Freiheit ist ja für alle
-
da.
U: Freiheit ist für alle da. Freiheit ist
-
also nicht nur die konkrete Freiheit vor
Eingriffen des Staates, sondern es ist
-
auch die Freiheit, wie man behandelt wird.
Und dafür ist Nora unsere Expertin.
-
N: Ja, also Diskriminierungsfreiheit,
Freiheit von Diskriminierung, haben wir
-
jetzt schon eben bisschen angesprochen mit
der Frage anlasslose Durchsuchung. Wir
-
unterstützen auch z. B. eine
Frontal21-Journalistin, die gegen das ZDF
-
klagt. Vielleicht ist manchen von euch der
Begriff Gender-Pay-Gap ein Begriff. Der
-
Gender-Pay-Gap oder die Lohnlücke zwischen
Männern und Frauen, die wird weltweit
-
erhoben. In Deutschland liegt sie bei
schockierenden 21%. Also Frauen verdienen
-
durchschnittlich 21% weniger als Männer in
Deutschland. Deswegen gibt es den Equal-
-
Pay-Day immer so um den März rum, weil bis
dahin arbeiten Frauen in Deutschland
-
umsonst. Ab da werden sie, das sind
sozusagen 21% des Jahres, ab da werden sie
-
bezahlt. Und dann gibt es so verschiedene
Faktoren, die man noch rausrechnen kann.
-
Man kann ja sagen, gut, die arbeiten ja
vielleicht Teilzeit, oder vielleicht haben
-
die dann längere Ausfallzeiten, haben
deswegen nicht so viel Berufserfahrung
-
usw. also man kann da so´n paar Sachen
rausrechnen. Aber selbst dann bleibt man
-
noch bei einem völlig unerklärlichen
Abstand von 6%. Bei gleicher Arbeitszeit,
-
also Bruttostundenlohn, bei gleicher
Tätigkeit, bei gleicher Ausbildung usw. 6%
-
weniger, im Durchschnitt, also manchmal
auch mehr. Und jetzt im Fall dieser
-
Journalistin, preisgekrönt, hat neulich
wieder so`n Wirtschaftsjournalismuspreis
-
bekommen für ne Reportage über Amazon, die
hat irgendwie festgestellt, dass ihre
-
ganzen männlichen Beitragsmacher in der
Redaktion, die das gleiche machen wie sie,
-
mehr verdienen als sie. Und zwar egal, ob
die wirklich..also die Erklärung war dann,
-
"ja, die sind schon länger beim ZDF" und
so. Und irgendwann kriegte sie raus, also
-
das haut alles hinten und vorne nicht hin.
Auch die, die nicht länger da waren, auch
-
die, die weniger lang da waren als der
andere oder die weniger Berufserfahrung
-
hatten oder so, die haben auch mehr
verdient.
-
U: Irgendwann blieb einfach nur noch ein
Grund über...
-
N: Man fragt sich, was das sein kann.
U: Ja, das waren die Chromosomen,
-
N: ist das vielleicht Diskriminierung?
U: Möglicherweise
-
N: Könnte sein. Und da hat sie dann
versucht natürlich mit dem ZDF über ihr
-
Gehalt zu sprechen. Das ZDF hat sich da
etwas hartleibig erwiesen. Und
-
entsprechend ist sie vor Gericht gezogen.
Und klagt jetzt eben auf gleiches Gehalt
-
und auf Schadensersatz usw. usw. Das ist
so ein ganz klassisches strukturelles
-
Problem in Deutschland, wo jetzt mal eine
Person sich gefunden hat, die da bereit
-
ist, eben auch gegen ihren laufenden
Arbeitgeber zu klagen, obwohl sie so eine
-
öffentliche Persönlichkeit ist, also
Respekt. Zweiter Fall, § 219a.
-
U: § 219a des Strafgesetzbuchs, das
sogenannte Werbeverbot für Abtreibungen.
-
Der Paragraf ist aber wie so häufig
wesentlich weiter gestrickt, als seine
-
Überschrift erstmal vermuten lässt. Er
stellt nämlich auch völlig sachliche und
-
neutrale Informationen über Abtreibungen
unter Strafe, wenn sie von Ärztinnen und
-
Ärzten kommen, bizarrerweise. Und zwar
einfach deswegen, weil unterstellt wird,
-
dass Ärztinnen und Ärzte damit Geld
verdienen. Ob das wirtschaftlich so
-
stimmt, ist eine andere Frage, sehr
wahrscheinlich ist das allenfalls
-
kostendeckend, was man dafür so bekommt,
aber jedenfalls wird Ärztinnen und Ärzten
-
unterstellt, dass sie damit Geld
verdienen. Deswegen ist es unter Strafe
-
gestellt. Die GFF unterstützt deswegen
Kristina Hähnel, die vielleicht der ein
-
oder andere im Saal kennen mag, eine
Gießener Ärztin, die verurteilt worden
-
ist, aber eben noch nicht rechtskräftig,
weil sie auf ihrer Homepage ganz nüchtern
-
einfach nur erwähnt hat, dass sie
grundsätzlich bereit ist, Abtreibungen
-
durchzuführen. Und das ist ein Fall, den
wir durch die Instanzen begleiten, in der
-
Hoffnung, dass Ärzte in Zukunft sachlich
informieren dürfen, darüber, was sie so
-
tun. Um Werbung geht es hier überhaupt
nicht, denn Werbung ist Ärzten sowieso
-
verboten. Und Ärztinnen natürlich auch.
Nämlich Kraft Standesrechts, d. h. wenn es
-
wirklich nur um quasi so
marktschreierisches Anpreisen ginge, das
-
wäre ja vielleicht wirklich etwas bizarr
in dem Bereich, das ist ohnehin verboten,
-
standesrechtlich durch die ärztlichen
Berufsordnungen. Hier gehts wirklich nur
-
um sachliche informationen und da sind wir
als GFF der Ansicht, das sollten Ärztinnen
-
und Ärzte auf ihrer Homepage dürfen. Ja,
das war jetzt ein buntes...
-
Applaus
-
U: Das war ein buntes Potpourri der vielen
-
Themen, die uns beschäftigen als GFF. Und
man kann so einen gemeinsamen Nenner
-
finden für diese ganzen Themen. Es sind
eigentlich durch die Bank Fails, die aus
-
diesem Haus stammen zeigt auf das Foto
des Reichstages Das sind also durch die
-
Bank, mit wenigen Ausnahmen, ja,
Bundespolizei ist ne Ausnahme, aber im
-
Großen und Ganzen sind es Fails, die aus
dem Bundestag oder aus den entsprechenden
-
Landesparlamenten stammen. In sehr vielen
Fällen gab es sogar aus der
-
Zivilgesellschaft Widerstand, und das ist
auch wichtig. Natürlich ist das ganz
-
wichtig, dass man z. B. demonstriert, dass
man bei Abgeordneten anruft, dass man
-
twittert, dass man blogt. Das Problem ist
bloß, es gibt viele Themen, die im
-
Bundestag kein Gehör finden. Es gibt viele
Themen, die einfach Abgeordnete letztlich
-
nicht interessieren und wenn man sich mit
denen mal unterhält, dann bekommt man das
-
auch irgendwann nach dem zweiten Glas Wein
ziemlich deutlich gesagt. "Das mag ja
-
alles richtig sein und das ist mir ja auch
menschlich total symphathisch, was Sie mir
-
das sagen, aber das interessiert meine
Wählerinnen und Wähler einfach nicht." Und
-
dann wird es eben auch nicht gesetzt. Mit
anderen Worten, manchmal kommt ganz
-
normale Lobbyarbeit oder politische
Überzeugungsarbeit an ihre Grenzen,
-
manchmal muss man einfach klagen.
N: Ja, dieses Bild kennt ihr vielleicht,
-
das ist von der American Civil Liberties
Union, ACLU, eins unserer großen
-
Vorbilder. Die gibt es eben schon seit
Jahrzehnten. Die haben so ne Organisation
-
aufgebaut und jetzt kommt so ein
Präsident, der rechts und links ständig
-
die Grund- und Menschenrechte verletzt und
die ACLU ist am Start.
-
U: Die ACLU ist am Start. Sie war z. B. am
Start, als Trump den sogenannten muslim-
-
ban, also Einreisesperre für Menschen aus
bestimmten muslimischen Ländern verkündet
-
hat und hat noch an den Flughäfen
tatsächlich angefangen, den Menschen, die
-
davon betroffen waren, rechtlichen
Beistand zu gewähren. Das hat mich
-
persönlich sehr gerührt, dass so zu sehen.
Das waren also quasi wirklich quasi
-
Anwältinnen und Anwälte, die sich quasi
den Kampfanzug angezogen haben und ins
-
Feld gezogen sind, für die Grund- und
Menschenrechte. Und das ist für mich
-
jedenfalls eine große Motivation zu sagen,
es braucht einfach Kämpferinnen und
-
Kämpfer für Grundrechte eben auch vor
Gericht.
-
N: Ja, Du hast auch mit denen gesprochen,
also Du in den USA warst, ne, warste bei
-
der ACLU aber auch bei der Electronic
Frontier Foundation, bei der EFF, und nach
-
dem Vorbild haben wir dann 2015 die GFF
gegründet.
-
U: genau
N: als Verein, wir haben dann den Launch
-
gemacht 2016 mit unserem ersten Fall, das
war das G10.
-
U: Genau, da haben wir mit Amnesty
International zusammengearbeitet. Das ist
-
überhaupt so ne Strategie der GFF, kann
man an der Stelle vielleicht kurz
-
erwähnen, dass wir eigentlich versuchen,
wenn das sachlich irgendwie funktioniert,
-
mit anderen NGOs zusammenzuarbeiten, die
auf diesem Gebiet schon Erfahrung haben.
-
Einfach weil wir sagen, wir wollen das Rad
nicht neu erfinden, was wir besonders gut
-
können, ist klagen. Aber z. B. wenns um
Pressefreiheit geht, dann arbeiten wir
-
sehr gerne mit Reporter ohne Grenzen
zusammen, weil die halt einfach die
-
Kontakte haben, die kennen die Sorgen und
Nöte der Presse und wir bringen dann so
-
spezifisch die juristischen Mittel mit und
arbeiten zusammen, um was zu erreichen.
-
N: Ja, und das ist eben das Ziel, ist die
Verbesserung...
-
Applaus
-
N: Das Ziel ist eben die Sicherung, die
-
Verbesserung der grund- und
menschenrechtlichen Standards und da haben
-
wir natürlich eben supertolle Partner in
der Zivilgesellschaft, die da auch für
-
arbeiten, aber die das eben politisch
machen oder da Druck machen oder Demos
-
organisieren oder Aktionen machen. Und wir
greifen dann eben mit dem Mittel der
-
strategischen Prozessführung dazu. Da
sagen wir auch gleich noch was dazu.
-
Vielleicht nochmal ganz kurz, wer wir
sind. Also Ulf habt ihr jetzt schon
-
gesehen, mich habt ihr auch gesehen, noch
im Vorstand ist Boris Burghardt mit uns,
-
ein Strafrechtler. Malte Spitz, kennen
bestimmt auch viele von euch, ne?
-
U: Ja, Malte Spitz ist ehemaliger Grünen-
Politiker, der z. B. bekannt geworden ist,
-
dadurch dass er 2011 mal die Telekom
verklagt hat auf Herausgabe seiner
-
Vorratsdaten, weil er nämlich gesagt hat,
das ist ja super, die Polizei bekommt
-
diese Daten, vielleicht auch die
Geheimdienste, aber ich wills einfach
-
selber mal wissen, ja ich möchte wissen,
welche Vorratsdaten die, in diesem Fall
-
wars die Telekom, über mich gesammelt hat.
Und dann hat er die gemeinsam mit Zeit
-
online visualisiert, in so einer Website
und das war einfach ganz großartig um mal
-
zu sehen, von wegen "nur" Metadaten. Man
kann also auch aus Vorratsdaten einfach
-
unglaublich viele Rückschlüsse ziehen.
N: Ja und dann sind wir noch ein paar mehr
-
Leute, also es sind etwa 30 feste
Mitglieder, das ist so ein ganz kleiner
-
"circle of trust", der auch klein bleiben
soll. Aber ganz wichtig, wir haben fast
-
1.400 Fördermitglieder schon inzwischen,
die uns unterstützen, die unsere Arbeit
-
unterstützen. Und wir sind auch als Team
inzwischen total gewachsen, also wer ist
-
die GFF, das sind inzwischen nicht mehr
nur der ehrenamtliche Vorstand, sondern
-
das sind inzwischen auch ein paar bezahlte
Kräfte sogar. Da sind wir sehr stolz
-
drauf. Wir haben jetzt ein Team, zu dem
gehört jetzt inzwischen Malte Spitz als
-
unser Secretary General und dann haben wir
Litigators, wir sind natürlich total
-
modern, auf Englisch.
U: Die auch heute da sind.
-
N: Ja, genau, sind auch da. Bijan Moini
und Lea Beckmann z. B. sind jetzt unsere
-
beiden Juristen und Juristinnen im Haus,
im Legal Team. Fundraising, Kommunikation
-
usw. wir bilden natürlich auch aus, klar,
Ehrensache. Wie finanzieren wir das Ganze?
-
U: Also seht ihr z. B. auch bei uns am
Stand, ja Referendarinnen und
-
Praktikantinnen aus den letzten Monaten,
wenn ihr oben mal vorbeischauen wollt im
-
"about:Freedom"-Space?
N: about:Freedom, genau.
-
U: im about:Freedom-Space, genau, gibts
nen kleinen Stand von der GFF
-
N: da gibts auch Sticker
U: Da gibts auch Sticker, und ich glaube
-
sogar noch ein paar Jutebeutel.
N: und Pfefferminzbonbons gibts da, für
-
den frischen Atem
U: ja, die hübschen Jutebeutel, Freedom
-
Fighter-Beutel...gibt es da oben bei uns
am Stand und da am Stand sitzen vor allem
-
unsere Referendarinnen und
Praktikantinnen, herzlichen Dank auch an
-
dieser Stelle für diesen Super Einsatz.
Applaus
-
N: Ja, wir sagen immer, wir sind so ne
Kriegskasse für die Grundrechte. Also wir
-
haben die Kohle, ready, wenn sie gebraucht
wird und machen dann nicht erstmal so ne
-
Fundraising-Aktion, manchmal machen wir
das auch, aber der Grundsatz ist, es gibt
-
das Büro, es gibt die Leute, es gibt das
Know-How usw. das steht alles schon zur
-
Verfügung. Und so Klagen kostet halt Geld,
also unsere Leute kosten uns Geld, unsere
-
Anwälte, mit denen wir zusammenarbeiten
kosten uns Geld, die Kampagnen kosten Geld
-
usw. Ganz wichtig sind da natürlich
Spenden und noch toller als Spenden sind
-
Fördermitgliedschaften. Warum Ulf?
U: Ja, ganz einfach, weil
-
Fördermitgliedschaften, das bedeutet im
Prinzip, dass man verspricht, pro jahr
-
einen bestimmten Beitrag bei uns in den
Topf tut.
-
N: Wie so´n Abo, quasi.
U: Wie so´n Abo, ja ´n Abo für Freiheit,
-
wenn man so will. Und wir haben da drei
Stichworte auf die Folie geworfen,
-
Nachhaltigkeit, Unabhängigkeit,
Planbarkeit. Das hilft uns einfach zu
-
wissen, wir haben diese Menschen, die uns
dauerhaft unterstützen, denn wir haben ja
-
häufig Verfahren, die viele Jahre dauern.
Und wir gehen da finanzielle
-
Verpflichtungen ein und das können wir
natürlich, also Einzelspenden helfen
-
dabei, aber wir können es wesentlich
leichter, wenn wir einfach so eine gewisse
-
Planbarkeit haben, weil jemand gesagt hat,
ich bin im Prinzip auf Dauer dabei.
-
Natürlich kann man das jederzeit kündigen.
Aber das hilft uns sehr...
-
N: Kostet auch nicht soviel, ne?
U: Kostet auch nicht so viel, ich glaub...
-
N: 90 EUR mindestens im Jahr
U: 90 EUR, genau. Und für Menschen in
-
Ausbildung ab 36 EUR.
N: Ein Bier für die Freiheit im Monat.
-
U: genau, ein Bier für die Freiheit. Und
an dieser Stelle erstmal ein ganz
-
herzliches Dankeschön an die vielen
Menschen, die uns unterstützt haben in den
-
letzten zwei, drei Jahren. Und vor allem
auch an unsere vielen Fördermitglieder,
-
wir haben nämlich gehört, es sind ganz
viele schon am Stand vorbeigekommen. Ganz
-
herzliches Dankeschön für eure
Unterstützung.
-
Applaus
N: und wo wir schon beim Danken sind, da
-
können wir gleich weiterdanken, wir haben
nämlich auch institutionelle Förderungen,
-
also hier seht ihr mal so ein paar unserer
super Kooperationspartner, die bei
-
Projekten mit dabei sind, die uns
Anschubfinanzierungen zum Teil auch
-
gegeben haben, also ganz wichtig.
U: Gerade so in der ersten Zeit, wenn man
-
einfach noch keine Fördermitglieder hat
und keine Spender hat und Spenderinnen ist
-
es natürlich wahnsinnig wichtig, dass
andere Organisationen sagen: "Hey, es ist
-
gut, dass so quasi professionelle Klagen
in Deutschland finanziert werden und
-
organisiert werden und da einfach was in
den Topf getan haben. Das wäre ohne diese
-
Sponsoren z. B. niemals möglich gewesen.
N: Also noch vielleicht zum Abschluss wir
-
haben jetzt immer gesagt, ja da klagen wir
und so, wir unterstützen die. Was machen
-
wir jetzt genau, strategische
Prozessführung, was ist das eigentlich?
-
Das heißt natürlich strategisch im Sinne
von, wir haben eine langfristige Strategie
-
für die Grund- und Menschenrechte. Wir
haben auch so besondere Schwerpunkte, da
-
haben wir euch jetzt ein paar von
vorgestellt, in denen wir besonders eben
-
gegen Gefahren für die Freiheit vorgehen
wollen. Und in diesen Bereichen suchen wir
-
dann eben unsere Fälle ganz sorgfältig
aus. Und versuchen eben, jetzt nicht alle
-
möglichen Einzelfälle zu dem Thema zu
machen, sondern den Fall zu finden, der
-
das so auf den Punkt bringt oder der ein
Präzedenzfall werden kann, wo wir ein
-
gutes Urteil kriegen, auf den dann andere
aufbauen können. Weil so viele Fälle
-
gleichzeitig, schaffen wir dann auch
nicht, also schon, aber...
-
U: Wir haben jetzt über ein Dutzend Fälle
glaube ich, die parallel laufen oder in
-
Vorbereitung sind, vielleicht sinds sogar
15, ganz genaue Zahl ist schwer zu sagen,
-
weil manche Fälle so in so´nem
Zwischenbereich sind, wo wir nicht genau
-
wissen, machen wir die, machen wir die
nicht. Es sind schon inzwischen ne ganze
-
Reihe, muss man sagen, die wir so im
Portfolio haben. Aber es geht eben nicht
-
darum, möglichst viele Fälle vor Gericht
zu bringen, sondern genau die richtigen
-
Fälle, bei denen man dann eine Chance hat,
dass eine Entscheidung dabei herauskommt,
-
die auch tatsächlich Grund- und
Menschenrechte stärken kann.
-
N: Und das ist dann natürlich auch ein
Bildungsauftrag für uns, also jetzt seht
-
ihr mich mal hier so beim, schön beim
Interview geben. Das machen wir eben,
-
versuchen wir viel, dass wir über diese
Fälle kommunizieren und dass wir das
-
nutzen als Möglichkeit eben diese
Freiheitsgefahren auch in der
-
Öffentlichkeit den Leuten vor Augen zu
führen, zu sagen, was hat das mit Dir zu
-
tun, warum ist das wichtig, worum gehts da
eigentlich, das ist alles immer so
-
kompliziert mit Jura, wir versuchen das
runterzubrechen und verständlich zu
-
erklären. Und da haben wir ja verschiedene
Formen auch, das ist doch ein schönes Foto
-
von Dir.
U: Ja das ist ein wunderschönes Foto. Hier
-
sieht man mal einen Fail der GFF, ich
versuche da einen Aktenordner beim
-
Bundesverfassungsgericht einzuwerfen, der
ist aber viel zu groß für den
-
Briefschlitz, mit anderen Worten, das war
noch nicht so richtig weit her mit der
-
strategischen Prozessführung. Gott sei
Dank war der Pförtner dann so frei und hat
-
den Ordner angenommen. Das ist die
Verfassungsbeschwerde gegen die
-
Datenhehlerei, da wars nämlich ein
bisschen knapp alles zeitlich und deswegen
-
habe ich die dann selbst nach Karlsruhe
gefahren.
-
N: Ja, aber so nach Karlsruhe das sind
eben vor allem in diesen
-
Überwachungsgesetzen kann man zum Teil
eben direkt gegen so ein Gesetz nach
-
Karlsruhe gehen, aber oft muss man auch
bei den unteren Gerichten anfangen. Jetzt
-
der Beispielsfall, die ZDF-Journalistin,
die musste jetzt sich durch die
-
Arbeitsgerichtsbarkeit klagen. Manchmal
intervenieren wir auch in laufenden
-
Verfahren, indem wir so ein Gutachten
schreiben, so´n "Amicus Brief", also so´n
-
"Freund des Gerichts-Stellungnahme". Aber
vielleicht sagen wir einfach nochmal zum
-
Abschluss, was jetzt so die Highlights aus
unserer aktuellen Aktivität sind.
-
U: Genau, hier sieht man das, wir haben
gegen das BND-Gesetz geklagt, gemeinsam
-
mit Reporter ohne Grenzen. Dann sind wir
gerade dran, das ist wirklich ein
-
Arbeitsschwerpunkt zurzeit, die
Polizeigesetze anzugreifen. Und zwar in
-
allen Ländern. Der Witz dabei ist, auf
Bundesebene, Trojaner z. B. sind ja
-
durchaus angegriffen worden, da gabs ne
ganze Reihe von Verfassungsbeschwerden,
-
aber auf Länderebene ist das deutlich
schwieriger, so was zu organisieren.
-
Deswegen haben wir gesagt, wir verstehen
die GFF auch als
-
Grundrechtsschutzinstitution auf
Länderebene, wir wollen versuchen, wir
-
werdens vielleicht nicht ganz schaffen,
aber wir wollens auf jeden Fall versuchen,
-
gegen alle verfassungswidrigen
Polizeigesetze auch auf Länderebene
-
konsequent vorzugehen. Eingereicht sind
bislang Bayern und Baden-Württemberg. Und
-
in Arbeit, NRW, Niedersachsen, und da
fehlen noch jetzt Sachsen und...
-
N: und Sachsen-Anhalt
U: Sachsen-Anhalt weiß ich jetzt nicht
-
genau. Brandenburg, genau Brandenburg ist
noch in Arbeit.
-
N: Transparenzklagen unterstützen wir.
Applaus
-
N: vielleicht nochmal ganz kurz, weil wir
das eben schon angesprochen haben,
-
FragdenStaat, da kriegt man ja
Unterstützung dabei, so ne IFG-Anfrage zu
-
machen, Informationsfreiheitsgesetz. Wenn
man da nicht weiterkommt und irgendwann
-
vor Gericht gehen muss, dann kann man die
GFF fragen und die, sag ich mal, die
-
Fälle, die Präzendenzwirkung haben können,
die unterstützen wir dann mit einer
-
Transparenzpatenschaft. Und da hatten wir
jetzt auch gerade einen sehr schönen
-
Erfolg. Markus Beckedahl hat erfolgreich
vor dem Bundesverwaltungsgericht auf
-
Herausgabe von Kabinettsprotokollen
geklagt, also teilweise erfolgreich, muss
-
man sagen. Er hatte geklagt auf die
Protokolle richtig selbst, das ist aus
-
Sicherheitsgründen, also sozusagen Schutz
der Exekutiven Sphäre des Kabinetts
-
versagt worden, aber er wollte zumindest
die Teilnehmerliste. Er wollte wissen, wer
-
da gesessen hat. Welche Experten da
eingeladen worden sind. Und zwar vor sechs
-
Jahren.
U: Es ging da übrigens...vor sechs Jahren.
-
Und es ging da, das ist vielleicht das
Spannende an dem Fall, es ging da um den
-
Kabinettsbeschluss zum sogenannten
Leistungsschutzrecht. Und damals wars so,
-
dass einer von zwei Brüdern Cheflobbyist
bei Springer war und der andere Bruder im
-
Bundeskanzleramt gearbeitet hat und da
fand das Markus, fand ich ganz logisch,
-
auch interessant zu erfahren, ob eventuell
sogar beide Brüder aber jedenfalls der
-
eine Bruder, bei der entscheidenen Sitzung
dabei war.
-
N: kann ja sein. Und wir haben eben
einiges in Vorbereitung, Zensus haben wir
-
schon angesprochen. Whistleblowerschutz,
aber es gibt noch weitere Themen, z. B.
-
bei der Drittmittelforschung Transparenz
einzufordern. Da findet ihr auf unserer
-
Website viele Informationen.
U: Und dieses Zensus-Gesetz ist auch
-
nochmal ein schönes Beispiel dafür, warum
wir glauben, dass es so wichtig ist, dass
-
es eine Organisation wie die GFF gibt,
denn wie gesagt, das Gesetz ist Ende
-
November, Anfang Dezember durch den
Bundestag gekommen, aber die
-
Datenübermittlung ist schon für den 13.
Januar geplant, mit anderen Worten, das
-
musste super schnell gehen und innerhalb
von nur einem guten Monat ein solches
-
Verfahren auf die Beine zu stellen und in
Karslruhe einen entsprechenden Antrag zu
-
stellen, das funktioniert nicht, wenn man
erst im Dezember damit anfängt. Und
-
deswegen glauben wir, ist es einfach gut,
wie Nora hats eben so schön die
-
Kriegskasse genannt. Deswegen glauben wir
es ist gut, wenn es eine Kriegskasse gibt
-
für die Freiheitsrechte.
N: ja, seid dabei. Join! Freedom needs
-
Fighters. Wir brauchen euch. Vielen Dank!
U: danke für eure Fragen!
-
Applaus
-
Herald: Ja, vielen Dank Nora Markard und
-
Ulf Buermeyer. Ja wir haben Zeit für
Fragen noch ein bisschen. Ich seh schon die
-
ersten an den Mikrofonen. Wir fangen mal
an mit Mikrofon 3 bitte.
-
Mik 3: Ja Hi, vielen Dank fur eure Arbeit
und ihr seid die Gesellschaft für
-
Freiheitsrechte und ihr habt erwähnt, dass
die ACLU euer Vorbild ist. Es ist glaube
-
ich bekannt, dass die ACLU auch nicht so
coole Leute vertreten hat in der
-
Vergangenheit. Wie ist das bei euch,
Freiheitsrechte für alle? Würdet ihr also
-
auch für Freiheitsrechte von obviously
Extremgruppen eintreten, wenn es nötig
-
ist?
N: Das ist uns bisher nicht untergekommen,
-
insofern kommt es glaube ich auf den Fall
an. Du hast es richtig angesprochen, die
-
ACLU vertritt z. B. auch Nazis, weil sie
sagen, Meinungsfreiheit gilt halt für
-
alle. Da ist glaube ich schon die deutsche
Rechtslage ein bisschen eine andere als in
-
den USA, unsere Meinungsfreiheit wird eben
begrenzt. Und uns geht es aber vor allem
-
eben darum, in Bereichen tätig zu werden,
wo Menschen ausgegrenzt werden, wo
-
Menschen ihre Rechte nicht durchsetzen
können und ich glaube bei uns sind die
-
Gefahrenlagen deutlich andere. Gerade im
Moment. Insofern würde ich jetzt sagen,
-
das ist nicht ein Thema für das wir jetzt
unsere Ressourcen einsetzen wollen würden,
-
weil wir das Gefühl haben, da ist eine
strukturelle Gefahr für die Grundrechte am
-
Start.
U: Wenn natürlich ein solcher Fall jetzt
-
ein besonderes Problem irgendwie sag ich
mal deutlich macht in der Rechtsprechung,
-
dann würden wir halt einfach versuchen,
Klägerinnen und Kläger zu finden, die das
-
Problem vielleicht so ein bisschen besser
und so ein bisschen weniger kontrovers auf
-
den Punkt bringen. Ich glaube halt im
Sinne unserer strategischen Prozessführung
-
wären solche im Zweifel vielen sehr
unsymphathische Klägerinnen und Kläger
-
einfach auch keine besonders guten
Klägerinnen und Kläger, vermutlich.
-
Herald: Super
Applaus
-
Herald: Ja es gibt ja noch Millionen
Zuschauer zuhause vor den Engeräten,
-
deswegen eine Frage aus dem Internet.
Signal Angel: Die ist recht umfangreich
-
und zwar: Wie beurteilt die GFF den in
diesem Jahr vollzogenen zweiten einmaligen
-
Datenabgleich aller Einwohnermeldebehörden
mit dem Beitragsservice in Köln, bei dem
-
die Berliner Datenschutzbeauftragte vor
dem Entstehen eines mit dem Recht auf
-
informationelle Selbstbestimmung
unvereinbaren zentralen Schattenregisters
-
warnte.
U: Ja, in der Tat habe ich mir diesen Fall
-
ziemlich genau angeguckt. Ehrlich gesagt
allerdings weniger mit dem GFF-Hut, als
-
mit meinem quasi dienstlichen Hut,
weil es da auch eine Reihe von Verfahren
-
in Berlin gegeben hat. Deswegen kann ich
da nicht so wahnsinnig viel dazu sagen, es
-
ist allerdings so, dass die Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts zu diesem
-
Problemkreis extrem eindeutig ist.
Deswegen haben wir intern entschieden,
-
dass es hier keinen Sinn macht, noch ein
weiteres Verfahren zu unterstützen,
-
einfach weil wir da null Aussicht auf
Erfolg gesehen haben. Ja, da hat Karlsruhe
-
einfach schon gesprochen, ich seh das
persönlich sehr kritisch, wir haben das
-
als GFF jetzt nicht unsere Position
abgestimmt. Ich persönlich sehe das sehr
-
kritisch, aber man muss einfach sagen, da
konnten wir unsere Ressourcen nicht
-
sinnvoll einsetzen, weil wir da sehr
wahrscheinlich verloren hätten.
-
Herald: Mikrofon 1
Mik 1: Jetzt gab es letzens bei der Lage
-
der Nation schon einen Beitrag zu der
Gemeinnützigkeit der deutschen
-
Umwelthilfe, jetzt wollte ich halt fragen
wie das aussieht bei euch?
-
Gemeinnützigkeit für die Gesellschaft für
Freiheitsrechte?
-
N: Yes, kannste alles von der Steuer
absetzen. Gelächter
-
U: genau, das ist sehr schön, wir sind in
der Tat gemeinnützig.
-
Herald: Gut, Mikrofon Nr. 4 hat noch eine
Frage?
-
Mik 4: Ja Hallo, erstmal danke für den
Vortrag. Mich würde interessieren, klagt
-
ihr auch gegen EU-Verordnungen und wenn
nicht, gibts ne Organisation wie eure auch
-
auf Europa-Ebene?
N: Ja also gegen EU-Verordnungen kann man
-
klagen, in der Tat. Meistens muss man
Dinge bei denen es um EU-Recht geht vor
-
den deutschen Gerichten klären, insofern
klar, wenn das bei uns in Deutschland
-
Thema ist, dann stehen wir dafür auch
parat. Auf europäischer Ebene...ja sag mal
-
ruhig...
U: ganz konkret, also wir bereiten gerade
-
eine ganze Serie von Verfahren vor gegen
die Fluggastdatenspeicherung, also so ne
-
Art Vorratsdaten für Flugreisenende. Und
da sind wir also dran, klar. Die Antwort
-
ist ja, wir machen auch Europarecht.
Applaus
-
Herald: Wir haben noch ein paar Fragen aus
dem Internet, die wir jetzt mal hören.
-
Signal Angel: Das Wort Gefährer suggeriert
Gefahr, sollte man daher statt
-
"Präventivgewahrsam für Gefährder" lieber
"verfahrenslose Inhaftierung von
-
Unbescholtenen" oder eine ähnliche
Formulierung verwenden?
-
U: Ja klar.
N: Gute Idee
-
U: Natürlich ist das Neusprech, ja. Also
falls der ein oder andere sich mit den
-
Vorträgen von Maha schon mal
auseinandergesetzt hat, natürlich, oder da
-
ist noch Kai Biermann mit dabei, also Maha
und Kai Biermann machen ja diese Vorträge
-
über Neusprech und das finde ich ist ein
wunderbares Beispiel dafür wie man einfach
-
durch die Wahl dieses Begriffs
Präventivhaft schon so tut, als wenn es
-
überhaupt irgendwas präventiv zu
verhindern gelte. Ja, das ist ja gerade
-
die Frage, ob die Leute wirklich
gefährlich sind, insofern halte ich das
-
persönlich jedenfalls für extrem
gefährlich.
-
Herald: Es gibt nochmal ne Frage glaube
ich aus dem Netz?
-
Signal Angel: Ja. Würden Sie auch bei
einer Aktion wie bei den Hausdurchsuchung
-
bei den Zwibelfreunden Unterstützung
leisten, bzw. nach welchen Kriterien
-
wählen Sie für solche Fälle Unterstützung?
N: Ja mit den Zwiebelfreunden haben wir
-
uns sehr intensiv befasst.
U: Ja, wir hatten denen Unterstützung
-
zugesagt, die haben dann aber so schnell
gewonnen vor dem Landgericht München, dass
-
wir gar nicht mehr zum Zuge kamen.
Publikum lacht
-
Applaus
U: da waren wir quasi dran, aber wie
-
gesagt.
N: die PM war schon in der Pipeline.
-
U: die PM war fertig, aber gut
N: Pressemitteilung
-
U: Manchmal ist es auch einfach schön zu
gewinnen, ohne dass es einer weiß.
-
N: schön, wenn der Rechtsstaat
funktioniert.
-
U: schön, wenn der Rechtsstaat
funktioniert.
-
N: Haben wir nichts dagegen.
U: sehr schön, ja.
-
Herald: Sehr gut, Mikrofon 1 nochmal.
Mik 1: Ja ich wollt mal fragen, wie das
-
mit den Ambitionen und der Erfüllung davon
aussieht, also wie viele Sachen würdet ihr
-
gerne machen, wie kommt ihr gewissermaßen
dabei hinterher, die Sachen die neu
-
dazukommen, irgendwie in Schach zu halten
oder eventuell auch alte Sache neu
-
aufzuarbeiten? Und inwieweit spielt dabei
Geld ne Rolle, irgendwie dass euch dabei
-
blockiert. dass ihr nicht genug habt, oder
so?
-
N: Ja danke, dass Du das Geld ansprichst,
ist ein wichtiges Thema. Wir wachsen
-
gerade und das ist toll. Also es kommt im
Februar noch ne dritte Frau dazu in unser
-
Legal-Team. So dass wir uns nochmal unsere
Kapazitäten ein bisschen erweitern werden.
-
Aber es gibt ständig das Problem, dass wir
jetzt schon mehr machen, als wir, oder sag
-
ich mal an der Grenze sind dessen, was wir
schaffen und eigentlich wollen wir ne
-
Situation erreichen, wo wir alle wichtigen
Fälle annehmen können und dann noch ein
-
bisschen Luft haben, uns zu überlegen, was
würden wir gerne machen, was müsste man
-
mal...man muss so eine Organisation auch ein
bisschen in Ruhe aufbauen, dass sich da
-
so´ne Organisationskultur festigen kann.
Wir legen viel Wert auf Datenschutz, wir
-
investieren eben auch in unsere
Infrastruktur. Also alles das kostet Geld,
-
kostet Zeit, kostet Ressourcen. Und die
Fälle sind eben nur ein Teil dessen, was
-
so ´ne Organisation braucht.
U: Ja, also um es vielleicht auch ein
-
bisschen so mit Beispielen zu unterlegen.
Das ist ja hier auch gerade der Kongress
-
des CCC, wir haben selbstverständlich
überhaupt keine Cloud-Dienste im Einsatz,
-
ist alles selbst gehostet. Fast alles ist
Open Source, also wir haben Macs im
-
Einsatz, das ist natürlich nicht komplett
Open Source, aber alle
-
Serverbetriebssysteme sind alles Linux,
sind Debian-Linux-Systeme, wir haben
-
Nextcloud mit ner eigenen VPN-Lösung. Wir
haben ne eigene Email-Server-
-
Infrastruktur, also wir sind komplett
unabhängig von irgendwelchen externen
-
Dienstleistern, einfach weil wir uns
sagen, das ist das Sicherste. Man weiß
-
einfach nie, wer sonst irgendeinen
Beschluss ins Haus geschickt kriegt,
-
"schickt uns mal den Server von der GFF",
bei uns müssten sie wenigstens die Tür
-
eintreten. Ja, da haben wir die Hoffnung,
dass wir das mitkriegen und um so ein
-
bisschen noch ein paar Zahlen da zu
ergänzen, wir sind zurzeit so bei 1.400
-
Fördermitgliedern etwa. Wir haben mal
ausgerechnet, dass unser mittelfristiges
-
Ziel ist, wo wir sagen, wir können dieses
Ziel erreichen, wirklich alles angreifen
-
zu können, was in Deutschland massiv
grundrechtsschädigend ist, wären so etwa
-
5.000 Fördermitglieder. Also wir hoffen,
dass wir in den nächsten Jahren von 1.4
-
auf 5.000 wachsen können, und das wären
dann so cirka 15, gut 15 bis knapp 20
-
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, das ist
so unser mittelfristiges Ziel. Dann sind
-
wir immer noch keine ACLU, die ja in allen
50 Bundesstaaten große Büros hat und so,
-
aber das muss ja vielleicht auch gar nicht
sein. Aber dann sind wir jedenfalls glaube
-
ich in Deutschland eine sehr
schlagkräftige Organisation.
-
Herald: Super, mit diesen Worten
Applaus vielleicht die restlichen
-
Fragen, die jetzt noch sind später am
Stand von der GFF. Herzlichen Dank nochmal
-
an Nora und Ulf, Riesen-Applaus nochmal
für die beiden.
-
Applaus
U: vielen Dank.
-
Herald: Ja, danke schön.
-
Abspannmusik
-
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im Jahr 2019. Mach mit und hilf uns!