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Chinas Sozialkreditsystem: Das gefährlichste Bonitätssystem der Welt

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    RC3 Vorspannmusik
  • 0:08 - 0:11
    Herald: Ein System, welches sich,
    zumindest überwachungstechnisch, George
  • 0:11 - 0:15
    Orwell nicht hätte besser ausdenken
    können: Das Chinese Social Credit Score.
  • 0:15 - 0:19
    Katrin Schwahlen spricht mit sehr, sehr
    interessanten Personen heute darüber.
  • 0:19 - 0:22
    Katrin, wir sind gespannt.
    Kathrin: Ja, herzlich willkommen
  • 0:22 - 0:24
    zu unserem Talk über
    das chinesische Sozialkreditsystem.
  • 0:24 - 0:28
    Also grob gesagt ein
    staatliches System, das mithilfe von
  • 0:28 - 0:32
    Algorithmen das Verhalten seiner
    Bürgerinnen und Bürger überwacht und
  • 0:32 - 0:37
    steuern will. China ist zwar weit weg,
    spielt aber doch eine ziemlich große Rolle
  • 0:37 - 0:42
    in und für die Welt. Und da stellt sich
    natürlich die Frage, wie lange das dauert,
  • 0:42 - 0:46
    bis es sowas auch in Europa gibt. Oder
    gibt es das vielleicht sogar schon?
  • 0:46 - 0:51
    Darüber will ich mich mit unseren Gästen
    unterhalten und möchte euch als erstes
  • 0:51 - 0:56
    Kolja Quakernack vorstellen. Er ist
    Sinologe, Kalligraf und hat vier Jahre in
  • 0:56 - 1:00
    Shanghai gelebt, der größten
    Industriestadt Chinas. Und er beschäftigt
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    sich seit vielen Jahren mit dem
    chinesischen Sozialkreditsystem. Er hat
  • 1:04 - 1:10
    darüber seine Masterarbeit geschrieben und
    auch eine Broschüre für die kurz&mündig
  • 1:10 - 1:15
    Reihe von Digitalcourage. Und er wird uns
    gleich das chinesische Bonitätssystem
  • 1:15 - 1:19
    vorstellen. Hallo Kolja, vielen Dank, dass
    du dir die Zeit nimmst für diesen Talk.
  • 1:19 - 1:22
    Kolja Quakernack: Hallo, ich freue mich
    auf die Gäste.
  • 1:22 - 1:27
    Katrin: Unser zweiter Gast ist Dr. Thilo
    Weichert. Vielen von euch ist er bekannt
  • 1:27 - 1:31
    als Juror und Laudator der Big Brother
    Awards. In diesem Jahr zum Beispiel für
  • 1:31 - 1:36
    Doctolib in der Kategorie Gesundheit.
    Thilo engagiert sich seit dem
  • 1:36 - 1:41
    Volkszählungsboykott Mitte der 80er Jahre
    für Datenschutz. Er war 11 Jahre
  • 1:41 - 1:46
    Landesbeauftragter für Datenschutz in
    Schleswig-Holstein und ist heute unter
  • 1:46 - 1:50
    anderem Vorstandsmitglied in der Deutschen
    Vereinigung für Datenschutz. Herzlich
  • 1:50 - 1:54
    willkommen, Thilo!
    Thilo Weichert: Ich grüße euch. Moin!
  • 1:54 - 1:58
    Katrin: Und unseren dritten Gast kennt ihr
    alle. Er ist Künstler und Netzaktivist,
  • 1:58 - 2:02
    Mitbegründer und Vorsitzender von
    Digitalcourage, hat die Internet
  • 2:02 - 2:07
    Enquetekommission des Bundestags beraten
    und gerade mit anderen Aktivistinnen und
  • 2:07 - 2:11
    Aktivisten Handlungsempfehlungen für
    Digitalpolitik formuliert und der
  • 2:11 - 2:21
    Ampelkoalition übergeben. Schön, dass du
    da bist, padeluun. So, Kolja, was ist
  • 2:21 - 2:25
    genau das chinesische Sozialkreditsystem?
    Und wie bist du auf dieses Thema
  • 2:25 - 2:30
    aufmerksam geworden?
    Kolja: Ja, ich glaube wir machen es
  • 2:30 - 2:34
    umgekehrt. Ich beantworte dir erst die
    eine Frage und dann hole ich ein bisschen
  • 2:34 - 2:40
    aus, um das Sozialkreditsystem
    vorzustellen. Ich habe tatsächlich davon
  • 2:40 - 2:45
    gelesen, während ich in Shanghai war und
    bin dann wirklich daran kleben geblieben,
  • 2:45 - 2:52
    weil ich dachte, so ein gigantisches
    Konstrukt was da geplant ist, was wirklich
  • 2:52 - 2:56
    in alle Lebensbereiche irgendwie
    vordringen wird, da will ich mehr drüber
  • 2:56 - 3:02
    wissen und habe mich dann mehr und mehr
    sozusagen in die Abgründe vertieft. Und
  • 3:02 - 3:07
    jetzt sitze ich hier und darf mich mit
    euch unterhalten. Aber damit wir alle so
  • 3:07 - 3:12
    ein bisschen auf den gleichen Stand
    kommen, wenn ich wirklich alles sozusagen
  • 3:12 - 3:16
    erzählen würde, was es zu wissen gibt, was
    eine ganze Menge gibt, was natürlich eine
  • 3:16 - 3:20
    ganze Menge ist, dann würde das den Rahmen
    hier sprengen. Deswegen versuche ich kurz
  • 3:20 - 3:24
    ein kleines bisschen, kurz und knackig zu
    erzählen, was das Sozialkreditsystem
  • 3:24 - 3:28
    eigentlich ist. Ich habe keine Slides o.ä.
    vorbereitet. Das würde uns viel
  • 3:28 - 3:33
    zu viel Zeit bei unserem Talk nehmen,
    sondern ich habe hier ganz klassisch
  • 3:33 - 3:36
    traditionell ein paar Stichpunkte vor mir
    liegen. Wenn ich also nach unten gucke,
  • 3:36 - 3:43
    dann weil ich versuche, nichts zu
    vergessen. Aber ja, ganz kurz vielleicht.
  • 3:43 - 3:49
    Die derzeitige Situation in China, die das
    Sozialkreditsystem dann hervorgebracht
  • 3:49 - 3:53
    hat, ist folgende: Und zwar gibt es eine
    verhältnismäßig hohe Kriminalitätsrate,
  • 3:53 - 3:59
    zum Beispiel Korruption, Betrügereien
    etc., ohne dass zum Teil verlässliche
  • 3:59 - 4:06
    Strafen umgesetzt werden können. Dem soll
    natürlich entgegen gearbeitet werden. Dann
  • 4:06 - 4:11
    sollen die Nutzerinnen des Internets, die
    Nutzerinnen und Nutzer, nicht so
  • 4:11 - 4:15
    ungezügelt sein und natürlich die
    Stabilität in der Gesellschaft und auch in
  • 4:15 - 4:21
    der Politik gefestigt werden. Und die
    Lösung, die jetzt Staatspräsident Xi
  • 4:21 - 4:25
    Jinping hat, ist eben das
    Sozialkreditsystem. Das Sozialkreditsystem
  • 4:25 - 4:30
    soll jedem Individuum eine gewisse
    Vertrauens- und Kreditwürdigkeit
  • 4:30 - 4:36
    bescheinigen, sodass Bürgerinnen und
    Bürger sich ein Bild von
  • 4:36 - 4:39
    Geschäftspartnern, aber auch von
    Nachbarinnen und Nachbarn und von
  • 4:39 - 4:44
    Menschen, mit denen sie verkehren, machen
    können. Und man muss jetzt dazu sagen, es
  • 4:44 - 4:49
    gibt nicht nur ein einziges
    Sozialkreditsystem, sondern es gibt in
  • 4:49 - 4:56
    Dutzenden Städten mehrere Konzepte, die
    sozusagen ausprobiert werden. Und 2014
  • 4:56 - 5:03
    wurde das Ganze erstmals implementiert für
    eine Testphase bis 2020. Das heißt, wir
  • 5:03 - 5:10
    haben jetzt gerade die Situation, dass
    ganz viele Daten analysiert werden, wie
  • 5:10 - 5:15
    die Leute das System angenommen haben, wie
    das angekommen ist. Und ja, wir sind jetzt
  • 5:15 - 5:22
    gespannt, was aus all diesen Daten gemacht
    wird. Wie in Zukunft dann die Version 2.0
  • 5:22 - 5:28
    sozusagen aussehen soll. Die dann wiederum
    verbindlich im ganzen Land implementiert
  • 5:28 - 5:35
    werden soll. Das Konzept des Sozial-
    kreditsystems ist relativ einfach. Und
  • 5:35 - 5:41
    zwar: Um die Vertrauenswürdigkeit einer
    Person einschätzen zu können, werden Daten
  • 5:41 - 5:46
    dieser Person gesammelt, und zwar alle
    möglichen Arten von Daten. Alle möglichen
  • 5:46 - 5:52
    Daten, die man bekommen kann. Offline-
    Verhalten, Online-Verhalten, also Online-
  • 5:52 - 5:58
    Verhalten, sprich das Kaufverhalten auf
    zum Beispiel Taobao, also dem chinesischen
  • 5:58 - 6:05
    Äquivalent von Ebay. Chatverläufe werden
    mitgelesen, GPS-Daten vom Smartphone
  • 6:05 - 6:09
    werden ausgelesen, Accounts,
    Mitgliedschaften, Apps, die genutzt
  • 6:09 - 6:17
    werden, alles was eben zur Verfügung
    steht. Nebenbei sei noch gesagt: Es gibt
  • 6:17 - 6:22
    umfangreiche Datenschutzgesetze in China,
    aber die Umsetzung, daran hapert es dann
  • 6:22 - 6:32
    doch, sodass das in dem Sinne kein Thema
    ist. Offline-Verhalten, Ämter, Behörden,
  • 6:32 - 6:37
    alle teilen ihre Daten in einer ziemlich
    großen Cloud, wo alles gesammelt wird zu
  • 6:37 - 6:45
    jeder Person. Und hinzu kommen neueste
    Erfindungen wie Videoüberwachung,
  • 6:45 - 6:55
    Spracherkennung, Gesichtserkennung, sogar
    Gangerkennungssoftware. Alles um eben das
  • 6:55 - 7:01
    aufgenommene Verhalten, was man wahrnimmt
    sozusagen, auch wirklich einer konkreten
  • 7:01 - 7:06
    Person zuordnen zu können. Da geht es dann
    um Mülltrennung, um
  • 7:06 - 7:13
    Straßenverkehrsdelikte, all diese Dinge.
    Man will ja möglichst genau festlegen
  • 7:13 - 7:19
    können, zu welcher Person eben diese
    Handlung gehört. Alle Daten werden in
  • 7:19 - 7:24
    Echtzeit registriert und von einem
    Algorithmus, über den im Grunde genommen
  • 7:24 - 7:29
    nichts offiziell bekannt ist, analysiert
    und bewertet. Jetzt gibt es ein Verhalten,
  • 7:29 - 7:36
    das wünschenswert ist und es gibt
    Verhalten, das nicht wünschenswert ist.
  • 7:36 - 7:41
    Für wünschenswertes Verhalten, zum
    Beispiel, wenn man sich um seine Eltern
  • 7:41 - 7:46
    kümmert, die krank sind oder einfach
    pietätvoll besucht, wenn man
  • 7:46 - 7:52
    ehrenamtliches Engagement zeigt, und
    Ähnliches. Dann gibt es Pluspunkte. Wenn
  • 7:52 - 7:59
    man aber unerwünschtes Verhalten an den
    Tag legt, zum Beispiel Gesetze bricht oder
  • 7:59 - 8:05
    ähnliches, dann gibt es Minuspunkte. All
    das wird auf einem digitalen Konto
  • 8:05 - 8:15
    festgelegt. Und ist sogar offiziell
    einsehbar für jede und jeden. Wenn man
  • 8:15 - 8:20
    jetzt einen besonders hohen Kontostand
    hat, dann werden verschiedene Privilegien
  • 8:20 - 8:25
    freigeschaltet. Zum Beispiel bekommt man
    einen kostenlosen Bibliotheksausweis. Man
  • 8:25 - 8:30
    ist befreit von verschiedenen
    Kautionszahlungen, und ähnlichem. Wenn man
  • 8:30 - 8:37
    einen niedrigen Punktestand hat, dann
    werden ziemlich massive Sanktionen
  • 8:37 - 8:45
    wirksam. Das geht dann los mit man bekommt
    keine 1.-Klasse Tickets mehr für den Zug,
  • 8:45 - 8:51
    sondern muss dann die harten Holzbänke
    nehmen und es geht dann immer so weiter
  • 8:51 - 8:56
    und wird schlimmer, dass man irgendwann
    die Reisefreiheit ganz eingeschränkt
  • 8:56 - 9:01
    bekommt. Man bekommt keine Auslandsvisa
    mehr ausgestellt, man kann keine
  • 9:01 - 9:08
    Flugtickets mehr kaufen. Das geht sogar so
    weit, dass die eigenen Kinder irgendwann
  • 9:08 - 9:14
    keine guten Schulen mehr besuchen können.
    Berufliche Entwicklungen werden verwehrt
  • 9:14 - 9:20
    und so weiter. Das heißt, was damit im
    Grunde genommen auch bezweckt werden soll,
  • 9:20 - 9:25
    ist die Umerziehung des Volkes, oder der
    Bürgerinnen und Bürger, zu gutem Verhalten
  • 9:25 - 9:34
    hin. So, da möchte ich jetzt gleich schon
    ein paar Kritikpunkte mit einbringen. Und
  • 9:34 - 9:38
    zwar lässt sich das teilen in technische
    Mängel bei dem System. Allerdings können
  • 9:38 - 9:42
    wir die gleich auslassen. 1. kenne
    ich mich dafür technisch nicht gut genug
  • 9:42 - 9:46
    aus und 2. würde das dann wirklich
    den Rahmen sprengen. Aber es gibt soziale
  • 9:46 - 9:50
    und ethische Probleme, die glaube ich
    hochinteressant sind für uns auch heute,
  • 9:50 - 9:55
    und natürlich Herausforderungen für das
    Management selbst. Die sozialen und
  • 9:55 - 10:00
    ethischen Probleme sind zum Beispiel
    folgende: Ich habe gerade gesagt, es soll
  • 10:00 - 10:06
    gutes Verhalten anerzogen werden. Wer
    entscheidet denn, was gutes Verhalten ist?
  • 10:06 - 10:12
    Und da liegt schon der Casus Knacktus. Die
    Sozialkreditsysteme, im Moment sind es ja
  • 10:12 - 10:17
    noch mehrere, sind zwar offiziell in
    privater Hand von den großen Tech-Firmen
  • 10:17 - 10:23
    wie Tencent, Alibaba und wie sie alle so
    heißen, aber eben nur offiziell.
  • 10:23 - 10:29
    Inoffiziell behält sich die Kommunistische
    Partei Chinas vor, ohne Angabe von
  • 10:29 - 10:36
    Gründen, Dinge in diesem System verändern
    zu können und sogar retrospektiv verändern
  • 10:36 - 10:40
    zu können. Das heißt, unerwünschtes
    Verhalten kann zum Beispiel angepasst
  • 10:40 - 10:46
    werden. Retrospektiv heißt in diesem
    Kontext, wenn die Kommunistische Partei
  • 10:46 - 10:54
    heute etwas, ja, als unerwünscht festlegt,
    was gestern noch in Ordnung war, dann wird
  • 10:54 - 10:58
    man auch heute noch für das Verhalten von
    gestern bestraft. Wenn ich also heute mit
  • 10:58 - 11:03
    meinen Freunden auf dem Weihnachtsmarkt
    Glühwein trinke und morgen wird es
  • 11:03 - 11:08
    bestraft, weil das Verzehr von Alkohol
    ist. Dann werde ich auch morgen bestraft
  • 11:08 - 11:16
    dafür, obwohl es heute noch völlig in
    Ordnung ist. Ja, und das Ganze schürt
  • 11:16 - 11:20
    natürlich oder erleichtert auch die
    Verfolgung von Minderheiten. Dabei ist
  • 11:20 - 11:27
    egal, ob es um Homosexuelle geht oder um
    ethnische Minderheiten, Uiguren, was ja
  • 11:27 - 11:31
    auch viel in den Medien im Moment
    diskutiert wird. Ja, und das sind
  • 11:31 - 11:38
    natürlich Dinge, die uns entsprechend
    beschäftigen werden. Dann wird der
  • 11:38 - 11:43
    Algorithmus vorgeschoben. Die
    Kommunistische Partei und überhaupt alle
  • 11:43 - 11:48
    Betreiber des Systems waschen die eigenen
    Hände in Unschuld und sagen, ihr seid doch
  • 11:48 - 11:52
    für euer eigenes Handeln selbst
    verantwortlich. Handelt so, wie wir euch
  • 11:52 - 12:01
    das vorgeben und dann habt ihr auch nichts
    zu befürchten. Auch das ist garantiert ein
  • 12:01 - 12:06
    Punkt, über den man streiten kann, weil
    natürlich das System menschengemacht ist
  • 12:06 - 12:15
    und entsprechende Mechanismen vom Menschen
    justiert und nachjustiert werden. Ja, und
  • 12:15 - 12:21
    ein weiterer Punkt, der auch unbedingt
    genannt werden sollte: Solidarität,
  • 12:21 - 12:26
    Nächstenliebe, Zwischenmenschlichkeit, all
    diese Punkte gehen natürlich mehr und mehr
  • 12:26 - 12:32
    verloren, weil die Leute nicht mehr
    Handeln aus reiner Nächstenliebe, sondern
  • 12:32 - 12:38
    um Punkte zu gewinnen oder wenigstens um
    keine Punkte zu verlieren. Also auch da,
  • 12:38 - 12:44
    die Moral, wie wir wissen, ist ein Muskel,
    der entsprechend gepflegt werden will. Und
  • 12:44 - 12:49
    wenn andere einem das Denken abnehmen,
    dann wird das ganze schwierig,
  • 12:49 - 12:51
    wenn das System irgendwann
    vielleicht mal wieder
  • 12:51 - 12:55
    abgestellt wird und wir überhaupt
    keinen inneren Kodex mehr haben,
  • 12:55 - 12:59
    wie wir eigentlich handeln wollen.
    Herausforderungen an
  • 12:59 - 13:04
    das Management, und
    dann bin ich auch gleich am Ende. Es geht
  • 13:04 - 13:08
    natürlich darum, internen Missbrauch zu
    verhindern. Dass diejenigen, die das Ganze
  • 13:08 - 13:16
    einstellen, so einstellen, dass es, ja,
    verträglich ist. Ist vielleicht ein sehr
  • 13:16 - 13:22
    starkes Wort. Ja, und natürlich externe
    Angriffe, Hackerangriffe, Datenlecks etc.
  • 13:22 - 13:26
    Auch damit muss umgegangen werden. Und es
    muss natürlich eine völlig neue
  • 13:26 - 13:31
    Gesetzesgrundlage geschaffen werden, dass
    das Sozialkreditsystem
  • 13:31 - 13:36
    transparent wird. Das ist auch ein
    großes Problem
  • 13:36 - 13:39
    derzeit. Dieser Algorithmus
    ist in seiner Tiefe überhaupt nicht
  • 13:39 - 13:45
    durchschaubar. Es ist, den Leuten ist
    nicht bekannt, warum sie den Punktestand
  • 13:45 - 13:55
    haben, den sie haben. Ja, in diesem Sinne
    denke ich, wir haben einiges, über das wir
  • 13:55 - 13:59
    sprechen können. Es sei an dieser Stelle
    noch ganz kurz ein Video empfohlen. Und
  • 13:59 - 14:04
    zwar wie gesagt, mir ist klar, dass wir
    jetzt, dass ich hier ziemlich
  • 14:04 - 14:08
    durchgaloppiert bin. Aber es gibt ein
    wunderbares Video von Antonia Hmaidi von
  • 14:08 - 14:13
    der Universität Duisburg, auch auf
    YouTube. Die war vor 3 Jahren an dieser
  • 14:13 - 14:21
    Stelle hier und hat ein Video über das
    Sozialkreditsystem erstellen lassen und
  • 14:21 - 14:25
    hat da eben noch mal sehr ausführlich
    drüber gesprochen. Also herzliche
  • 14:25 - 14:32
    Empfehlung. Oder wer gerne liest, wie
    gesagt, diese nette kleine Broschüre hier,
  • 14:32 - 14:37
    die ich geschrieben habe mit
    redaktioneller Begleitung von Katrin
  • 14:37 - 14:42
    Schwahlen im Art d'Ameublement-Verlag,
    möchte ich an dieser Stelle auch herzlich
  • 14:42 - 14:47
    empfehlen. So. Ja, vielen Dank erstmal
    soweit.
  • 14:47 - 14:52
    Katrin: Dankeschön, Kolja. Aber das klingt
    ja schon auch ziemlich gruselig. Du hast
  • 14:52 - 14:56
    zwar gesagt, es gibt Datenschutz in China.
    Gibt es denn auch sowas wie eine
  • 14:56 - 15:03
    Bürger*innenbewegung?
    Kolja: Nichts, was wirklich so mächtig
  • 15:03 - 15:10
    ist, dass es Dinge verändern kann. Weil
    die, die Unzufriedenheit im Volk, die ist
  • 15:10 - 15:18
    da. Die ist auch lange da. Es gibt jeden
    Tag hunderte Demonstrationen, die
  • 15:18 - 15:22
    natürlich unangekündigt sind, weil sie
    sonst nicht gestattet werden, und
  • 15:22 - 15:30
    Ähnliches. Die meisten kriegen wir hier
    gar nicht mit. Also die Unzufriedenheit
  • 15:30 - 15:37
    ist da, aber es wird natürlich alles
    sofort, ja, zerschlagen, wenn man so will.
  • 15:37 - 15:42
    Katrin: Okay, Sozialkreditsystem, also
    dieser Begriff hat mich am Anfang ein
  • 15:42 - 15:47
    bisschen verwirrt, weil sozial hört sich
    erst mal gut an, Kredit , na ja, geht
  • 15:47 - 15:53
    irgendwie so. Ist das gleichbedeutend mit
    Bonitätssystemen, wie wir sie hier in
  • 15:53 - 15:58
    Deutschland haben? Das wäre meine Frage an
    dich, Thilo. Bonitätssysteme wie
  • 15:58 - 16:02
    beispielsweise die Schufa oder andere
    Auskunftsdateien, wie unterscheiden die
  • 16:02 - 16:06
    sich vom chinesischen Sozialkreditsystem?
    Kann man das so einfach auf den Punkt
  • 16:06 - 16:09
    bringen?
    Thilo: Also es gibt eine ganze Menge von
  • 16:09 - 16:13
    Ähnlichkeiten, aber es gibt auch einige
    Unterschiede und auf die kommt es dann
  • 16:13 - 16:18
    tatsächlich auch an. Aber vorneweg muss
    ich erst mal auch eine Information geben.
  • 16:18 - 16:24
    Ich war 2017 in Shanghai auf Einladung von
    der Friedrich-Ebert-Stiftung. Und dort
  • 16:24 - 16:29
    wurde ich eingeladen, um eben über die
    Schufa und über andere
  • 16:29 - 16:34
    Kreditsbonitätssysteme zu referieren und
    eben auch den Vergleich mit den
  • 16:34 - 16:38
    chinesischen Systemen zu machen. Da ging
    es insbesondere auch um die Frage, wie
  • 16:38 - 16:43
    weit kann in China Akzeptanz geschaffen
    werden für ein System, was in Deutschland
  • 16:43 - 16:48
    mehr oder weniger akzeptiert ist? Und
    insofern habe ich auch so ein bisschen
  • 16:48 - 16:53
    jetzt auch Einblick nehmen können vor Ort.
    Das was aber publiziert wird, das geht
  • 16:53 - 16:57
    weit über das hinaus, was ich tatsächlich
    dann dort offengelegt bekommen habe. Ich
  • 16:57 - 17:01
    durfte mir zwar die Computer anschauen und
    die Räumlichkeiten, in denen das Ganze
  • 17:01 - 17:06
    untergebracht ist. Aber wenn es dann
    wirklich darum ging, wirklich harte Fakten
  • 17:06 - 17:12
    nachzufragen, da ist dann meistens
    gemauert worden. Es gibt einen riesigen
  • 17:12 - 17:17
    Unterschied, und zwar den, der hat sich
    auch bei diesen Vorträgen und Diskussionen
  • 17:17 - 17:22
    herausgeschält. Ich habe immer wieder das
    Wort Bürgerrechte, Menschenrechte in den
  • 17:22 - 17:28
    Mund genommen und darauf gab es keinerlei
    Resonanz. Wir haben Menschenrechte, wir
  • 17:28 - 17:33
    haben Bürgerrechte, die sind weltweit auch
    garantiert. Und zu denen gehört auch das
  • 17:33 - 17:37
    Recht auf Privatsphäre oder jetzt in
    modernerer Form eben das Grundrecht auf
  • 17:37 - 17:41
    Datenschutz in der Europäischen
    Grundrechtecharta oder dann auch vom
  • 17:41 - 17:45
    Verfassungsgericht in der deutschen
    Verfassung abgeleitet. Also das ist ganz
  • 17:45 - 17:51
    zentral. Ein weiterer Punkt ist, dass
    diese Grundrechte eben auch einklagbar
  • 17:51 - 17:56
    sind. Das heißt also, man kann vor Gericht
    eben auch einfordern, dass die eingehalten
  • 17:56 - 18:02
    werden. Und das ist zwar in China auch
    teilweise möglich, Kolja hat schon darauf
  • 18:02 - 18:06
    hingewiesen, dass es Datenschutzgesetze
    gibt. Die werden auch von Gerichten
  • 18:06 - 18:10
    überprüft. Die werden aber natürlich nicht
    überprüft, wenn die Polizei diese Daten
  • 18:10 - 18:14
    nutzt und sie werden erst recht nicht
    überprüft auf das, was im Bild das
  • 18:14 - 18:20
    Relevante ist, auf die Vorgaben, die durch
    die Kommunistische Partei gemacht werden.
  • 18:20 - 18:24
    Also das heißt, was die Kommunistische
    Partei an Vorgaben macht und welche Daten
  • 18:24 - 18:29
    abgefragt werden oder wie die Daten auf
    Befehl der Kommunistischen Partei
  • 18:29 - 18:35
    ausgewertet werden, das ist ein absolutes
    Tabu. Und dann haben wir natürlich die
  • 18:35 - 18:39
    Regelung, die dann auch aus unserer
    Verfassung abgeleitet wird, die in
  • 18:39 - 18:44
    Grundrechtecharta drin steht. Wir haben
    die Zweckbindung. Das heißt, Daten dürfen
  • 18:44 - 18:48
    grundsätzlich nur für den Zweck genutzt
    werden, für den sie erhoben worden sind.
  • 18:48 - 18:52
    Und wenn sie für einen anderen Zweck
    verwendet werden, dann bedarf es dafür
  • 18:52 - 18:58
    einer angemessenen gesetzlichen Grundlage,
    die als Legitimation für diese Nutzung
  • 18:58 - 19:05
    eben dann auch verwendet wird. Und das ist
    natürlich dann schon etwas, was eigentlich
  • 19:05 - 19:10
    dann den Austausch zwischen Polizeidaten,
    Straßenverkehrsdaten, Bonitätsdaten,
  • 19:10 - 19:15
    Konsumdaten, und Familiendaten, und wer
    weiß was, eigentlich verbietet. Aber, und
  • 19:15 - 19:20
    da ist dann wieder das Problem, wir haben
    auch in Deutschland viele Regelungen, die
  • 19:20 - 19:25
    eben Netzwerkaufhebung auch erlauben. Und
    da muss man sich dann eben genau angucken,
  • 19:25 - 19:30
    welche anderen Zwecke sind erlaubt. Das
    Verfassungsgericht, der Europäische
  • 19:30 - 19:35
    Gerichtshof sind da relativ eng. Die
    sagen, es muss nicht nur eine klare
  • 19:35 - 19:39
    gesetzliche Grundlage geben, sondern es
    müssen auch verfahrensrechtliche
  • 19:39 - 19:43
    Vorkehrungen vorgesehen werden. Und was
    Kolja auch schon beschrieben hat, was in
  • 19:43 - 19:47
    China fehlt: Transparenz. Das wird sowohl
    vom EuGH als auch vom
  • 19:47 - 19:51
    Bundesverfassungsgericht immer wieder
    eingefordert. Eben, dass die Betroffenen
  • 19:51 - 19:56
    sich einschätzen, oder dass sie
    einschätzen können, was mit ihren Daten
  • 19:56 - 20:02
    passiert und welche Folgen aus ganz
    bestimmten Daten folgen, sich ergeben
  • 20:02 - 20:06
    können. Also ich denke, da gibt es einen
    Riesenunterschied. Was aber trotzdem
  • 20:06 - 20:09
    natürlich auch in Europa, in Deutschland
    existiert: Wir haben künstliche
  • 20:09 - 20:14
    Intelligenz, wir haben Algorithmen und
    diese Algorithmen sind bisher sehr
  • 20:14 - 20:20
    intransparent. Der Bundesgerichtshof hat
    eine Entscheidung zum Scoring Verfahren
  • 20:20 - 20:28
    bei der Schufa getroffen, wo der Schufa
    zugestanden wird, ihr Score Verfahren,
  • 20:28 - 20:32
    also ihr Algorithmus als Betriebs- und
    Geschäftsgeheimnisse gegenüber den
  • 20:32 - 20:36
    Betroffenen geheim halten zu können. Das
    hat zur Folge, dass selbst
  • 20:36 - 20:40
    Aufsichtsbehörden - ich war damals noch
    Chef einer Aufsichtsbehörde und habe das
  • 20:40 - 20:45
    versucht irgendwo transparent zu machen,
    dass es selbst uns untersagt war, eben in
  • 20:45 - 20:51
    diese Algorithmen reinzuschauen bzw. die
    zu kontrollieren und die zu hinterfragen.
  • 20:51 - 20:57
    Ob sich das jetzt in Zukunft ändert, wird
    sich zeigen. Die Europäische Kommission
  • 20:57 - 21:02
    hat einen Vorschlag für eine KI-Richtlinie
    gemacht. Also eine Richtlinie zur
  • 21:02 - 21:08
    künstlichen Intelligenz, die natürlich bei
    der, in diesem ganzen Scoring Verfahren
  • 21:08 - 21:12
    zum Einsatz kommt. Und dort ist
    vorgesehen, dass Transparenz geschaffen
  • 21:12 - 21:17
    wird, dass also dann künstliche
    Intelligenz Einsatz zum Beispiel in der
  • 21:17 - 21:22
    Werbung als weniger problematisch
    angesehen wird, wie eben jetzt der Einsatz
  • 21:22 - 21:26
    von künstlicher Intelligenz bei der
    Polizei oder bei Bonitätsbewertung. Auch
  • 21:26 - 21:31
    Bonitätsbewertung, also die Bewertung der
    Zahlungsfähigkeit und
  • 21:31 - 21:35
    Zahlungsbereitschaft, ist also ein ganz
    zentraler Punkt auch von diesem
  • 21:35 - 21:41
    Richtlinienvorschlag. Die werden also
    relativ hoch eingestuft. Aber dann auch
  • 21:41 - 21:46
    alle Verfahren, wo künstliche Intelligenz
    zum Einsatz kommt und wo es dann, ja,
  • 21:46 - 21:51
    existenzielle Folgen für die Betroffenen
    haben könnte. Und das ist ja in China
  • 21:51 - 21:56
    umfassend so. Also das, was der
    Algorithmus auswirft, das ist bestimmend
  • 21:56 - 22:02
    für unser Leben, oder für das Leben der
    Chinesen. Das ist aber natürlich auch bei
  • 22:02 - 22:06
    dem Schufa Score, bei anderen Scoring
    Verfahren der Fall. Und wenn ich einen
  • 22:06 - 22:10
    schlechten Schufa Score habe und der ist
    nicht hinreichend transparent,
  • 22:10 - 22:13
    dann kann es bedeuten, dass ich
    meinen Beruf nicht bekomme,
  • 22:13 - 22:15
    dass ich nen Telekommunikations-
    vertrag nicht bekomme,
  • 22:15 - 22:17
    dass ich auf jeden Fall keinen
    Kredit bekomme,
  • 22:17 - 22:21
    dass ich nicht online einkaufen
    kann. Also es gibt eine Vielzahl von
  • 22:21 - 22:25
    Konsequenzen, die wir auch in Deutschland
    haben. Also insofern ist es also
  • 22:25 - 22:30
    tatsächlich auch ein riesiges Problem. Und
    wir haben natürlich auch in Europa und in
  • 22:30 - 22:35
    Deutschland die Begehrlichkeiten, die auch
    in China existieren, die hier durch die
  • 22:35 - 22:38
    Gerichte gebremst werden, auch durch die
    Datenschutzbehörden, nur teilweise
  • 22:38 - 22:42
    gebremst werden. Und diese
    Begehrlichkeiten gehen weit über das
  • 22:42 - 22:45
    hinaus, was von den Gerichten akzeptiert
    wird. Wir haben zum Beispiel ein
  • 22:45 - 22:51
    Bonitätsverfahren von einem polnischen
    Firma - in Deutschland wurde es nicht
  • 22:51 - 22:57
    etabliert, weil eben der Widerstand so
    groß ist - dass eben nicht nur Daten aus
  • 22:57 - 23:03
    dem Finanzgebaren von einem Menschen
    analysiert, sondern zum Beispiel auch die
  • 23:03 - 23:10
    Internetaktivitäten auswertet und daraus
    Rückschlüsse zieht auf die Bonität. Oder
  • 23:10 - 23:17
    dann auch die Schufa. Die schließt aus der
    Wohngegend zurück auf die Bonität. Das
  • 23:17 - 23:22
    heißt, wenn ich also Nachbarn habe, die
    schlecht beleumundet sind, die ihre
  • 23:22 - 23:28
    Kredite nicht zurückbezahlen, dann wird
    unterstellt, dass ich als Nachbar
  • 23:28 - 23:32
    sozusagen eben auch meine Kredite nicht
    zurückbezahle. Wenn keine sonstige
  • 23:32 - 23:36
    Information vorhanden ist. Das hat zum
    Beispiel zur Folge gehabt, dass ich erst
  • 23:36 - 23:41
    mal, als ich in einer anderen Gegend
    gewohnt habe, nega, einen absolut
  • 23:41 - 23:45
    schlechten Score gehabt habe bei der
    Schufa. Das hat sich jetzt geändert,
  • 23:45 - 23:50
    nachdem ich in Kiel in die Innenstadt
    gezogen bin. Also auch da zeigt sich, dass
  • 23:50 - 23:55
    das Problem immer noch existiert, dass wir
    das Problem in der Transparenz haben, dass
  • 23:55 - 24:01
    wir eben auch in einer absolut, ja, im
    wahrsten Sinne des Wortes auch im Neuland
  • 24:01 - 24:06
    uns befinden. Weil eben solche Firmen wie
    die Schufa, wie Infoscore, wie
  • 24:06 - 24:10
    Creditreform und viele anderen, Universum,
    also diese ganzen
  • 24:10 - 24:14
    Bonitätsbewertungsfirmen, sich die Daten
    aus allen möglichen Quellen
  • 24:14 - 24:19
    zusammenzusuchen versuchen. Und die Schufa
    zum Beispiel ist immer wieder berühmt und
  • 24:19 - 24:26
    berüchtigt dadurch geworden, dass sie eben
    Daten aus definitiv illegitimen Quellen zu
  • 24:26 - 24:32
    schöpfen versucht hat. Und da gab es dann
    aber öffentlich Widerstand. Den gibt es
  • 24:32 - 24:37
    eben nur ganz verhalten in China. Und
    dieser Widerstand ist im Prinzip das
  • 24:37 - 24:45
    Wesentliche, um eben solche Auswüchse von
    Algorithmennutzung und von solchen
  • 24:45 - 24:53
    Bonitätsverfahren zu verhindern.
    Katrin: Danke Thilo, das war schon mal ein
  • 24:53 - 24:59
    ziemlich großer Einblick. Wobei es ja hier
    in Deutschland nicht nur so ist, dass
  • 24:59 - 25:04
    bonitätsbezogene Daten abgefragt werden,
    sondern wir haben ja auch noch viele
  • 25:04 - 25:11
    andere Formen von Überwachung aufgrund von
    KI. Sei es die Vorratsdatenspeicherung,
  • 25:11 - 25:15
    sei es die Gesichtserkennung, also die
    Kameras beispielsweise am Berliner Bahnhof
  • 25:15 - 25:20
    Südkreuz, Staatstrojaner,
    Telekommunikationsüberwachung. Padeluun,
  • 25:20 - 25:27
    wie ist es deiner Einschätzung nach
    möglich oder unmöglich, so chinesische
  • 25:27 - 25:32
    Bonitäts- oder Überwachungssysteme als
    Ganzes oder in Einzelteilen in Deutschland
  • 25:32 - 25:35
    umzusetzen?
    padeluun: Na ja, ich hoffe, dass das nicht
  • 25:35 - 25:40
    möglich ist - Gelächter - und das hoffe
    ich, hoffen wir alle anderen auch. Aber
  • 25:40 - 25:46
    ich glaube, diese Hoffnung wird versucht,
    immer wieder zu unterlaufen. Also es gibt
  • 25:46 - 25:50
    eine Menge Leute, auch in Deutschland, die
    sich überhaupt kein Problem damit haben,
  • 25:50 - 25:54
    dass alle anderen drangsaliert werden.
    Hauptsache ihnen geht es gut. Dass das
  • 25:54 - 25:58
    natürlich nicht funktioniert, sondern sie
    dann auch selber auch drangsaliert werden,
  • 25:58 - 26:03
    das erschließt sich ihnen nicht. Also die
    Psychologie, die hinter diesen ganzen
  • 26:03 - 26:09
    Überwachungen steckt, die finde ich super
    interessant. Und ich hoffe eigentlich
  • 26:09 - 26:14
    immer mal, dass bei einer psychologischen
    Fakultät einfach auch mal überlegt wird,
  • 26:14 - 26:19
    was führt eigentlich dazu, dass Menschen
    sowas mit sich machen lassen? Wie kommt
  • 26:19 - 26:24
    es, dass sie sagen, das sei eine gute
    Geschichte? Oder es ist schon richtig,
  • 26:24 - 26:31
    wenn der Nachbar mal gezeigt geht, wo es
    lang geht und so. Und da mag ich mal eine
  • 26:31 - 26:35
    Polizistin zitieren, die ich in einem
    Seminar hatte, das ich gab. Sie sagte:
  • 26:35 - 26:39
    "Na ja, da kommen die Leute und sagen wir
    möchten gerne, dass vor dem Kindergarten
  • 26:39 - 26:43
    mehr Geschwindigkeit überwacht wird. Weil
    die fahren da alle viel zu schnell.
  • 26:43 - 26:47
    Und sind dann super entsetzt, dass sie
    selber diejenigen sind, die in die
  • 26:47 - 26:51
    Geschwindigkeitskontrollen ausgewunken
    werden, weil sie die Leute sind, die ihre
  • 26:51 - 26:55
    Kinder mit zu hohem Tempo zum Kindergarten
    bringen. Und ich will jetzt nicht dafür
  • 26:55 - 26:59
    plädieren, dass man vor Kindergärten rasen
    soll. Aber sich wirklich Gedanken zu
  • 26:59 - 27:04
    machen, wie schaffen wir es, möglichst
    unsere Nachbarn, sozusagen seinen
  • 27:04 - 27:10
    kranken Nachbarn auch dazu zu bringen,
    sich eben tatsächlich für eine,
  • 27:10 - 27:12
    für Freiheit einzusetzen?
    Und da meine ich nicht die
  • 27:12 - 27:16
    Freiheit auf der Straße rumzukrakelen,
    nach dem Motto, ich will aber nicht
  • 27:16 - 27:20
    erwachsen werden. Sondern eher im Sinne
    von, ich bin ein erwachsener Mensch, ich
  • 27:20 - 27:24
    brauche nicht überwacht werden. Ich mache
    auch nichts Böses. Ich lasse mir meine
  • 27:24 - 27:30
    Fingerabdrücke nicht abnehmen. Ich möchte
    nicht in einem Bonitätssystem rum agieren
  • 27:30 - 27:37
    und mache da dran auch nicht mit. Und auch
    ab wann Leute wieder anfangen zu
  • 27:37 - 27:42
    begreifen, dass das eben eine politische
    Forderung ist, die ich auch politisch
  • 27:42 - 27:46
    versuchen muss durchzusetzen. Und
    durchsetzen kann ich das nur, wenn ich
  • 27:46 - 27:51
    meinen Bundestagsabgeordneten, meinen
    Parlamentariern den Rücken stärke und,
  • 27:51 - 27:58
    also man nennt das auch manchmal sie unter
    Druck setzen, aber das finde ich gar nicht
  • 27:58 - 28:02
    das richtige Wort. Sondern einfach auch
    mit den Leuten diskutieren und eben sagen,
  • 28:02 - 28:08
    wenn schon wieder mal einer eurer
    Innenpolitiker*innen, kann man ja
  • 28:08 - 28:12
    mittlerweile sagen, ankommt und sagt, wir
    wollen jetzt gerne weiter mehr
  • 28:12 - 28:17
    Überwachung, mehr Sicherheit, das dann
    wirklich zu hinterfragen und zu fragen,
  • 28:17 - 28:21
    was da los ist. Also ich habe zum Beispiel
    rausgefunden, dass das meiste, was in den
  • 28:21 - 28:27
    letzten 30 Jahren, in denen ich in dem
    Thema auch von innerer Sicherheit arbeite
  • 28:27 - 28:32
    und dauernd mit irgendwelchen unsinnigen
    Forderungen von Politikern zu tun hat, was
  • 28:32 - 28:36
    sie alles sicherer machen wollen,
    eigentlich nur so Sicherheitstheater
  • 28:36 - 28:41
    gemacht wurde. Weil das eben ganz
    wunderbar im Wahlkampf funktioniert, den
  • 28:41 - 28:45
    Leuten mehr Sicherheit zu versprechen,
    obwohl wir in einem der sichersten Länder
  • 28:45 - 28:49
    der Erde sitzen. Was aber tatsächlich
    nicht gemacht wurde, da wo es um echte
  • 28:49 - 28:55
    Sicherheit geht, nämlich z.B.
    Gesundheitsämter so auszustatten, dass bei
  • 28:55 - 29:00
    einer Globalisierung die zu erwartende
    Pandemie gut bekämpft werden kann im
  • 29:00 - 29:04
    Ansatz. Das ist nicht geschehen. Also wir
    haben die ganze Zeit damit zu tun, dass
  • 29:04 - 29:09
    uns billige Sachen, die recht einfach
    sind, wie, wir bauen einfach mal überall
  • 29:09 - 29:16
    Überwachungskameras hin und kassieren pro
    Standleitung 850 Euro im Monat, weil dann
  • 29:16 - 29:22
    können wir viel Steuergelder in private
    Kassen umlenken. Das funktioniert. Aber
  • 29:22 - 29:28
    Gesundheitsämter auszustaffieren mit einer
    notwendigen IT, mit einem Konzept, auch
  • 29:28 - 29:32
    mit einer STIKO, die genügend Leute hat,
    um Entscheidungen treffen zu können. Das
  • 29:32 - 29:36
    wird halt nicht gemacht. Das ist halt
    komplizierter. Das ist halt nicht so
  • 29:36 - 29:40
    einfach. Und ich glaube, da müssen wir als
    Bevölkerung wirklich uns überlegen, wie
  • 29:40 - 29:46
    wir dafür sorgen, politisch entsprechend
    zu agieren. Klar, eine der Möglichkeiten
  • 29:46 - 29:51
    ist es, Organisationen zu gründen, die da
    dran arbeiten. Ich habe so etwas
  • 29:51 - 29:56
    mitgemacht, also Digitalcourage ist eine
    der Organisationen, die sich darum
  • 29:56 - 29:59
    kümmert. Und wenn ich jetzt selber dafür
    keine Zeit habe, weil ich doch lieber
  • 29:59 - 30:03
    meinem anderen Job nachgehe, der mir mehr
    Spaß macht, dann muss ich halt solche
  • 30:03 - 30:07
    Organisation unterstützen. Was mich aber
    nicht davon entbindet, mindestens einmal
  • 30:07 - 30:12
    im Monat etwas zu tun, was politisch
    notwendig is und sei es auch nur mal zu
  • 30:12 - 30:15
    einer Veranstaltung zu gehen, die meine
    Bundestagsabgeordnete oder mein
  • 30:15 - 30:20
    Bundestagsabgeordneter in meiner Stadt
    veranstaltet, um dort zuzuhören und
  • 30:20 - 30:25
    vielleicht auch mich dort einzubringen.
    Katrin: Danke padeluun, das war wirklich
  • 30:25 - 30:30
    ein guter Aufruf und ich möchte an dieser
    Stelle an Kitty weitergeben, die nämlich
  • 30:30 - 30:34
    über den Chat und die sozialen Medien
    schon ganz, ganz viele Fragen gesammelt
  • 30:34 - 30:37
    hat. Das heißt, das Thema ist wirklich ein
    sehr bewegendes Thema, Kitty.
  • 30:37 - 30:41
    Herald: Erst mal vielen, vielen lieben
    Dank. Extrem spannend. Ich denke, das
  • 30:41 - 30:44
    interessiert ja wirklich alle extremst
    deswegen es gibt sehr, sehr viele Fragen.
  • 30:44 - 30:48
    Wir fangen gleich an. Wie stark sind die
    Auswirkungen auf Nicht-Chinesische
  • 30:48 - 30:54
    Unternehmen oder z.B. auch Universitäten?
    Kolja: Ja, das nehme ich einfach mal auf
  • 30:54 - 31:02
    meine Kappe. Alle Unternehmen, alle
    Individuen, die im chinesischen Raum
  • 31:02 - 31:07
    leben, also im Festland chinesischen Raum,
    in der Volksrepublik, sind davon
  • 31:07 - 31:11
    betroffen. Lange war überlegt worden oder
    es war zumindest nicht kommuniziert
  • 31:11 - 31:17
    worden, ob sozusagen auch Nicht-Chinesen,
    also Ausländer sozusagen aus chinesischer
  • 31:17 - 31:24
    Sicht einen Punktestand bekommen sollen
    und eben entsprechende Sanktionen, die
  • 31:24 - 31:28
    damit verbunden sind und man hat
    inzwischen festgestellt, ja, natürlich,
  • 31:28 - 31:34
    wer sich auf chinesischem Grund befindet,
    ist mit in diesem System drin. Und das
  • 31:34 - 31:37
    gilt auch für Unternehmen.
    Herald: Wie ist das für Chinesen, die im
  • 31:37 - 31:46
    Ausland wohnen?
    Kolja: Soweit ich weiß, sind die davon nur
  • 31:46 - 31:52
    betroffen, wenn eben Daten im
    chinesischen Land, in der Volksrepublik
  • 31:52 - 31:59
    gesammelt werden.
    Thilo: Die Möglichkeit überhaupt ins
  • 31:59 - 32:03
    Ausland zu reisen, wird auch teilweise
    abhängig gemacht vom Social Score.
  • 32:03 - 32:08
    D.h. es ist z.Z. unheimlich schwierig
    dann im Ausland Daten zu erheben, soweit
  • 32:08 - 32:14
    die chinesischen Geheimdienste oder
    irgendwelche anderen Institutionen eben
  • 32:14 - 32:19
    nicht an die Daten rankommen. Aber das,
    was vorhanden ist, das wird definitiv
  • 32:19 - 32:22
    ausgewertet. Und solange die in China
    sind, ist das natürlich ein ganz
  • 32:22 - 32:27
    relevanter Aspekt, um überhaupt ins
    Ausland reisen zu können. Sogar schon
  • 32:27 - 32:31
    innerchinesische Reisen werden davon
    abhängig gemacht, ob eben einen guten
  • 32:31 - 32:35
    Score hat oder nicht.
    Herald: Wie wird das System von der
  • 32:35 - 32:41
    chinesischen Bevölkerung aufgenommen?
    Kolja: Am Anfang war es so, dass erstmal
  • 32:41 - 32:45
    überhaupt keine Daten da waren, also
    zumindest wurden keine Daten rausgelassen.
  • 32:45 - 32:56
    Dann war es so, dass festgestellt wurde,
    dass ungefähr 80% der befragten
  • 32:56 - 32:59
    Chinesinnen und Chinesen
    das System für gut befanden.
  • 32:59 - 33:07
    Das mag erst mal überraschend sein.
    Andererseits, ich habe
  • 33:07 - 33:11
    nicht genau vor Augen, wie viele
    Teilnehmerinnen und Teilnehmer
  • 33:11 - 33:14
    es an diesem System gibt. Im
    Vergleich zu wie viele Leute tatsächlich
  • 33:14 - 33:19
    mitgemacht haben bei dieser Umfrage. Genia
    Kostka, ich hoffe ich habe den Namen
  • 33:19 - 33:25
    richtig ausgesprochen, die hat dazu mal
    eine Untersuchung gemacht, die sehr
  • 33:25 - 33:32
    aussagekräftig ist. Hat aber auch gesagt,
    dass natürlich diejenigen, die im System
  • 33:32 - 33:37
    sind, die vielleicht auch nicht ganz
    ehrlich sind, weil sie wissen, wenn sie
  • 33:37 - 33:41
    sich kritisch äußern, gibt es Minuspunkte.
    Herald: Das heißt, gibt es dann eine
  • 33:41 - 33:47
    Gegenbewegung oder eher gar nicht?
    Kolja: Es gibt auf jeden Fall diejenigen,
  • 33:47 - 33:51
    die sich versuchen dagegen zu wehren. Es
    gibt sogenannte schwarze Listen.
  • 33:51 - 33:54
    Das sind diejenigen, die Zahlungen
    nicht nachgegangen sind oder
  • 33:54 - 33:58
    sonstige Dinge gemacht haben, um
    eben auf diese schwarze Liste
  • 33:58 - 34:01
    zu kommen. Und die versuchen dagegen
    vorzugehen, weil bisher es so war,
  • 34:01 - 34:05
    dass, wer einmal auf der schwarzen
    Liste stand, nicht wieder von
  • 34:05 - 34:08
    dieser schwarzen Liste runterkam. Wer auf
    der schwarzen Liste stand, aber
  • 34:08 - 34:13
    sämtliche Sanktionen zu
    befürchten hatte. Ja und da dann
  • 34:13 - 34:16
    wieder runterzukommen, da versuchen
    die Leute sich dann eben zu engagieren.
  • 34:16 - 34:20
    Herald: Das ist tatsächlich gleich die
    nächste Frage. Gibt es denn die
  • 34:20 - 34:23
    Möglichkeit, das System irgendwie
    zu hacken? Oder kann man Geld
  • 34:23 - 34:26
    dafür zahlen, dass man bessere Punkte
    bekommt? Wie würde sowas gehen?
  • 34:26 - 34:29
    Kolja: Das ist auch eine große Frage, mit
    dem sich das Management
  • 34:29 - 34:33
    auseinandersetzen muss. Da gibt's schon
    Nachrichten drüber und immer wieder neue
  • 34:33 - 34:37
    Skandale, dass da die entsprechenden
    Polizeistellen, wo Daten aufgenommen
  • 34:37 - 34:43
    werden, wo Daten verarbeitet werden,
    Stichwort Korruption, entsprechende
  • 34:43 - 34:47
    Leistungen in Anspruch genommen haben,
    um dann Punkte zu verteilen. Ja, das wird
  • 34:47 - 34:50
    definitiv auch was sein, womit sich das
    Management auseinandersetzen muss.
  • 34:50 - 34:54
    Herald: Okay. Gibt es Informationen wie
    die Mitarbeiter der Firmen,
  • 34:54 - 34:57
    die so was umsetzen oder
    das System entwickeln, dazu stehen?
  • 34:57 - 35:06
    Kolja: Ich weiß von einigen ganz
    großen Köpfen die sagen,
  • 35:06 - 35:10
    na ja, es ist ein Dienst
    am Volk, natürlich, wenn das Volk
  • 35:10 - 35:13
    vertrauensvoll ist, wenn man weiß, mit wem
    man es zu tun hat, mit wem man sich
  • 35:13 - 35:20
    einlässt, dann profitieren davon alle,
    weil natürlich auch alle gemeinsam dann zu
  • 35:20 - 35:27
    einer sicheren, guten Gesellschaft
    beitragen. Aber ja, viele werden da
  • 35:27 - 35:30
    garantiert auch nicht angehört.
    Herald: Seht ihr denn irgendwas Positives
  • 35:30 - 35:35
    an dem System? Könnt ihr dem irgendwas
    abgewinnen wo ihr sagt, es hat zwar seine
  • 35:35 - 35:38
    Schwächen, aber es hat auch was positives?
    lacht
  • 35:38 - 35:43
    Thilo: Also vielleicht darf ich, kann ich
    noch was ergänzen zu dem, was Kolja gesagt
  • 35:43 - 35:47
    hat zur Akzeptanz in der chinesischen
    Bevölkerung.
  • 35:47 - 35:50
    Kolja: Sehr gerne.
    Thilo: Bei der Diskussion mit den
  • 35:50 - 35:54
    Chinesen, das waren natürlich
    Universitätsprofessoren oder Justizbeamte
  • 35:54 - 35:59
    und Ähnliches, wurde uns dann auch immer
    vorgehalten: "Ja, ihr in Europa, ihr habt
  • 35:59 - 36:04
    eine völlig andere Kultur. Wir leben mit
    Konfuzius, ihr lebt mit irgendwelchen
  • 36:04 - 36:07
    Bürgerrechten oder ihr habt eine
    Aufklärung gehabt. Die haben wir in ganz
  • 36:07 - 36:12
    anderer Form gehabt. Wir sind viel
    kollektivistischer aufgestellt wie ihr.
  • 36:12 - 36:17
    Ihr seid totale Individualisten. Und bei
    euch", das war das Hauptargument, "in
  • 36:17 - 36:23
    Europa oder in Deutschland. Da halten sich
    die Leute freiwillig an die Regeln.
  • 36:23 - 36:28
    Während wir in China wir müssen das eben
    mit Kontrolle und Überwachung eben dann
  • 36:28 - 36:36
    auch verifizieren bzw. steuern". Inwieweit
    das zutrifft, ist natürlich schwierig zu
  • 36:36 - 36:41
    überprüfen, solange man den Chinesen keine
    Freiheiten gibt und dass eben so ein
  • 36:41 - 36:47
    Freiheitsbedürfnis auch in China möglich
    ist, zeigt ja gerade Hongkong. Und es ist
  • 36:47 - 36:54
    grad spannend eben zu sehen, wie die
    Chinesische Volksrepublik Regierung eben
  • 36:54 - 37:00
    wirklich auch eben die Datenverarbeitung
    und die systemische Überwachung der
  • 37:00 - 37:04
    Bevölkerung in Hongkong übernimmt und
    wirklich da im Prinzip die gleichen
  • 37:04 - 37:11
    Systeme etabliert wie in der
    Volksrepublik. Also ich denke, dass die
  • 37:11 - 37:15
    Bevölkerung in Hongkong eben mit
    Freiheitsrechten sehr gut umging, solange
  • 37:15 - 37:19
    sie eben die Möglichkeit hatte, die auch
    auszuleben.
  • 37:19 - 37:24
    Herald: Okay, kann denn der eigene
    Punktestand auch abgefragt werden?
  • 37:24 - 37:27
    Ist es wie bei der Schufa, wo man
    wenigstens 1x im Jahr nachschauen kann
  • 37:27 - 37:30
    oder ist es einfach so, man probiert
    zu fliegen, geht's doch nicht.
  • 37:30 - 37:36
    Kolja: Ja, man kann das abfragen. Ich
    glaube sogar, man kann das tagesaktuell
  • 37:36 - 37:41
    abfragen. Das Problem ist allerdings, man
    kann es nicht nur selber abfragen, sondern
  • 37:41 - 37:47
    auch alle anderen. Bei Unternehmen ist das
    vielleicht noch verständlich, weil man
  • 37:47 - 37:51
    dann weiß ah ist das ein Fake Unternehmen.
    Wenn ich jetzt irgendwas online kaufe,
  • 37:51 - 37:54
    sehe ich das Produkt wirklich was ich
    kaufe dann demnächst bei mir zu Hause.
  • 37:54 - 37:58
    Aber bei Individuuen wird es natürlich
    schwierig. Die Leute prahlen im Internet
  • 37:58 - 38:04
    mit ihren Kontoständen. Aber diejenigen,
    die einen etwas geringeren Score haben,
  • 38:04 - 38:08
    warum auch immer, das muss ja nicht immer
    selbstverschuldet sein, sondern das kann
  • 38:08 - 38:14
    ja auch fremverschuldet sein. Das ist ein
    wichtiger Punkt. Da wird's dann schwierig.
  • 38:14 - 38:19
    Herald: Ok.
    Thilo: Ein großes Problem gibt's
  • 38:19 - 38:23
    natürlich dort, wo eben Mitarbeiter von
    deutschen Firmen in China
  • 38:23 - 38:27
    bewertet werden und dann die
    deutschen Unternehmen eben
  • 38:27 - 38:30
    das dann auch zur Grundlage nehmen. Ich
    weiß nicht, Kolja, hast du da irgendwelche
  • 38:30 - 38:35
    Erfahrungen, ob es da irgendwelche
    Kooperation oder irgendwelche
  • 38:35 - 38:39
    Datenauswertung von den deutschen Firmen
    gibt? Das wäre spannend. Auf jeden Fall.
  • 38:39 - 38:44
    Also akzeptieren die deutschen Firmen die
    Gesetze in China und nehmen das problemlos
  • 38:44 - 38:52
    hin, dass Uiguren verfolgt werden, obwohl
    eben deutsche Investitionen im Nordwesten
  • 38:52 - 38:59
    von China eben dann stattfinden. Und es
    wäre natürlich schon auch wichtig zu
  • 38:59 - 39:03
    wissen für die deutschen Unternehmen, was
    mit ihren eigenen Mitarbeitern passiert.
  • 39:03 - 39:05
    Da gibt es auch eine gewisse
    Fürsorgepflicht.
  • 39:05 - 39:11
    Kolja: Ja, ja genau, wenn ich ergänzen
    darf. Genaue Zahlen sind mir nicht
  • 39:11 - 39:15
    bekannt, aber genau es ist wirklich so,
    dass gerade die deutschen Unternehmen, die
  • 39:15 - 39:20
    entweder schon sehr lange da sind, dass
    die natürlich jetzt das System
  • 39:20 - 39:24
    übergestülpt bekommen und jetzt gucken
    müssen, wie sie klarkommen und dann
  • 39:24 - 39:28
    natürlich auch um ihre Lizenzen fürchten
    müssen, wenn sie sich entsprechend anders
  • 39:28 - 39:33
    verhalten, als es gewünscht ist. Oder eben
    diejenigen, die jetzt neu nach China
  • 39:33 - 39:39
    kommen, die sagen der Markt ist so groß,
    wir müssen irgendwie damit klarkommen. Und
  • 39:39 - 39:44
    du hast vollkommen recht Thilo, da wird
    vieles abgenickt, wo hier in Deutschland
  • 39:44 - 39:51
    vielleicht nur hinter verhaltener, hinter
    vorgehaltener Hand gesagt wird, dass das,
  • 39:51 - 39:55
    das es ja so eigentlich nicht geht. Also
    schwierig ja.
  • 39:55 - 39:59
    Herald: Macht das dann bei den nicht-
    chinesischen Menschen, die mit abgefragt
  • 39:59 - 40:04
    werden, einen Unterschied, aus welchem
    Land sie kommen? Werden Deutsche da z.B.
  • 40:04 - 40:11
    anderst abgefragt als Amerikaner?
    Kolja: Das ist eine sehr gute Frage, da
  • 40:11 - 40:14
    kann ich leider nichts zu sagen, da habe
    ich keine Informationen.
  • 40:14 - 40:19
    Herald: Ok, entschuldigung an die
    Signalleute. Die Frage ist leider nicht zu
  • 40:19 - 40:23
    beantworten. Wie ist das denn mit
    Parteifunktionären oder höheren Menschen
  • 40:23 - 40:28
    im chinesischen Government dort?
    Werden die auch eingestuft?
  • 40:28 - 40:35
    Kolja: Auch so eine gute Frage, ja. Also
    man weiß z.B. nicht, ob Xi Jinping
  • 40:35 - 40:41
    auch einen Punktestand hat, der
    Staatspräsident von China. Natürlich, wenn
  • 40:41 - 40:48
    so was gefragt wird, dann wird immer
    gesagt "Na ja, wir sind Menschen des
  • 40:48 - 40:55
    Volkes und wir verstehen natürlich das
    Volk" und so. Aber mir ist nicht bekannt,
  • 40:55 - 41:00
    ob Xi Jinping z.B oder andere
    Parteifunktionäre einen eigenen
  • 41:00 - 41:04
    Punktestand haben. Müsste ja eigentlich so
    sein.
  • 41:04 - 41:09
    Thilo: Also was die Parteimitgliedschaft
    angeht, das ist relativ klar, wie das
  • 41:09 - 41:14
    gehandhabt sein dürfte, wissen es also
    nicht genau. Aber wer Parteimitglied ist,
  • 41:14 - 41:20
    das ist natürlich erst mal viele
    Positivpunkte und Fehlverhalten jetzt von
  • 41:20 - 41:25
    solchen Parteimitgliedern wird von der
    oberen Schicht ja auch voll gedeckt wie
  • 41:25 - 41:29
    wir es jetzt bei der Tennisspielerin
    erlebt haben, wo es dann sogar
  • 41:29 - 41:33
    internationale Auseinandersetzungen
    gegeben hat. Also ich vermute mal, dass so
  • 41:33 - 41:38
    was dann über den Algorithmus schon
    irgendwie alles abgedämpft wird und so
  • 41:38 - 41:43
    gewährleistet bleibt, dass also die
    Parteimitglieder und die Funktionäre, dass
  • 41:43 - 41:47
    die da gut wegkommen.
    padeluun: Also das würde ja auch bedeuten,
  • 41:47 - 41:52
    dass der Score von ihm nicht abgefragt
    werden kann, wenn wir gerade gehört haben,
  • 41:52 - 41:56
    dass eigentlich jeder diesen Score
    abfragen kann. Das ist ja schon mal eine
  • 41:56 - 41:59
    Aussage, also eine Unterschiedlichkeit.
    Ich habe es tatsächlich noch nicht
  • 41:59 - 42:03
    probiert. Es kann natürlich sein, dass
    jeder Score abfragbar ist, aber aufgrund
  • 42:03 - 42:07
    enormer Verdienste für das gesamte
    chinesische Volk so viele Pluspunkte
  • 42:07 - 42:12
    verteilt werden sag ich jetzt mal, ja,
    keine Ahnung, aber wäre ja durchaus
  • 42:12 - 42:17
    denkbar. Ja, dass man da schon im
    Vornherein
  • 42:17 - 42:22
    sehr im Plus ist.
    Herald: Ich hab' jetzt noch eine letzte
  • 42:22 - 42:26
    Frage: Fühlen sich dann in China
    möglicherweise die Staatsbediensteten
  • 42:26 - 42:29
    dadurch angehalten, etwas freundlicher zu
    sein oder vielleicht vorsichtiger
  • 42:29 - 42:33
    vorzugehen, weil sie Sorge haben, einen
    schlechteren Score zu bekommen?
  • 42:33 - 42:37
    Gibt es so eine Möglichkeit? Kann man sich
    das Szenario vorstellen?
  • 42:37 - 42:42
    Kolja: Ich denke, im Einzelfall, in
    Einzelfällen wird es bestimmt
  • 42:42 - 42:46
    der Fall sein. Es gab schon
    mehrere Interviews von
  • 42:46 - 42:51
    Leuten, die gesagt haben wir achten in
    unserer Kommune nur auf die Punkte und
  • 42:51 - 42:58
    halten uns auch gegenseitig dazu an,
    möglichst uns entsprechend zu verhalten.
  • 42:58 - 43:05
    Aber natürlich, wie immer wird es diese
    Einzelfälle geben und andere Einzelfälle.
  • 43:05 - 43:13
    Und ja, also ich glaube nicht, dass das,
    das das den Menschenverstand und die Moral
  • 43:13 - 43:16
    und einfach eine gute Erziehung ersetzen
    kann.
  • 43:16 - 43:22
    Katrin: Okay, so leid es mir tut, weil die
    Diskussion sehr sehr spannend ist, unsere
  • 43:22 - 43:28
    Zeit ist leider um. Ganz, ganz herzlichen
    Dank an Euch, Kolja, padeluun und Tilo.
  • 43:28 - 43:32
    Ich hoffe, das Zuhören und das
    Mitdiskutieren hat allen großen Spaß
  • 43:32 - 43:36
    gemacht und ich geb nochmal zurück an
    Kitty. Auch an dich Kitty, vielen vielen
  • 43:36 - 43:41
    Dank für deinen Support und die Fragen.
    Tschüss und bis zum nächsten Mal.
  • 43:41 - 43:44
    Herald: Dankeschön.
    Thilo: Tschüss.
  • 43:44 - 43:46
    Kolja: Bis dahin.
  • 43:46 - 43:50
    RC3 Abspannmusik
  • 43:50 - 44:02
    Untertitel erstellt von c3subtitles.de
    im Jahr 2021. Mach mit und hilf uns!
Title:
Chinas Sozialkreditsystem: Das gefährlichste Bonitätssystem der Welt
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German
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