-
33C3 preroll music
-
Herald: Alles klar. Als ich mir überlegt
habe, hatte ich erst überlegt, ich erzähle
-
so eine kleine Anekdote, aus meinem Leben,
wie es damals anfing, dass ich mich so ein
-
bisschen für Datenschutz und Netzpolitik
interessiert habe, und das lag damals an
-
so einem selbstgesprayten Stasi-2.0
T-Shirt, aber dann hab ich angefangen,
-
ein bisschen meine Hausaufgaben zu machen,
in Vorbereitung auf diesen Talk hier und
-
hab „Arne Semsrott“ gegoogelt, und
wahrscheinlich hätte ich vorher schon mehr
-
über ihn wissen sollen, aber der dritte
Hit war ein Spiegel-Online-Artikel,
-
ich zitiere:
-
„Arne Semsrott, Weltverbesserer mit Biss“
Und, äh– Johlen
-
Applaus
-
Und ich muss dazu sagen, Klein-Arne war
damals 19 Jahre alt, Und dann war ich ganz
-
schön beeindruckt. Inzwischen ist er
Politikwissenschaftler und freier
-
Journalist für Netzpolitik.org und er
arbeitet für die Open Knowledge Foundation
-
da kann man ihn auch am Infostand finden
er ist dort Projektleiter für
-
FragDenStaat.de und hat eine Riesenliste
an Engagement zu Themen rund um
-
Informationsfreiheit, Transparenz,
Lobbyismus und so weiter und, ähm, wir
-
freuen uns sehr, dass er uns heute etwas
über „Irren ist staatlich“ erzählen möchte.
-
Einen Applaus bitte!
-
Applaus
-
Arne Semsrott: Dankeschön. Äh, zu dem
Spiegel-Online-Artikel sag ich jetzt nix.
-
Musik
-
FOIA frei!
-
Gelächter
-
Wir sind– Applaus
-
im Jubeljahr der Informationsfreiheit.
Dieses Jahr ist ein ganz besonderes Jahr
-
für die Informationsfreiheit und die
Informationsfreiheitsgesetze, die es so
-
auf dieser Welt gibt, das sind allesamt
revolutionäre Gesetze. Das hab ich jetzt
-
einfach hingeschrieben, weil ich mal vor
so nem Plakat mit „Revolution“ stehen
-
wollte! Revolutionär sind diese Gesetze
und ist auch das deutsche
-
Informationsfreiheitsgesetz deswegen, weil
Informationsfreiheitsgesetze den Default
-
der Öffentlichkeit bei Behörden komplett
umdrehen. Also: Ganz lange war es zum
-
Beispiel im preußischen Obrigkeitsstaat
ganz normal, dass Informationen, die beim
-
Staat liegen, nicht herausgegeben werden
es sei denn, man hat ein begründetes
-
Interesse, diese Information zu kriegen
und Informationsfreiheitsgesetze, die
-
drehen diesen Default um und sagen, alle
Informationen, die beim Staat liegen, die
-
müssen herausgegeben werden es sei denn,
es gibt ein begründetes Interesse dafür,
-
dass sie nicht herausgegeben werden. Und
wir sind im Jubeljahr der
-
Informationsfreiheit, weil das älteste
Informationsfreiheitsgesetz der Welt, aus
-
Schweden, dieses Jahr 250 Jahre alt
geworden ist. Und–
-
Applaus
-
Das zweitälteste,
der „Freedom of Information Act“,
-
das FOIA, ist 50 Jahre alt geworden.
-
Applaus
-
Das IFG, das deutsche
Informationsfreiheitsgesetz ist 10 Jahre
-
alt geworden.
-
Applaus
-
FragDenStaat.de ist 5 Jahre alt geworden
-
Applaus
Jubel
-
Und das Landesinformationsfreiheitsgesetz
Baden-Württemberg ist 1 Jahr alt geworden
-
Gelächter
Verhaltener Applaus
-
Das heißt, 249 Jahre nach dem ersten IFG
gibt's jetzt auch in Baden-Württemberg ein
-
Informationsfreiheitsgesetz und es ist das
schlechteste in ganz Deutschland!
-
Gelächter
Verhaltener Applaus
-
Zwischenruf: Pfui!
-
Allerdings gibt's noch vier Bundesländer,
die weiterhin gar kein
-
Informationsfreiheitsgesetz haben, 250
Jahre nach dem ersten. Dazu zählen,
-
Niedersachsen, Sachsen, Hessen, und
natürlich, Bayern. All diese vier
-
Bundesländer haben immer noch kein IFG,
ich hab einfach nur die Karte vom letzten
-
Jahr hier kopiert Niedersachsen
wohlgemerkt rot-grüne Regierung, Sachsen
-
schwarz-rote, Hessen schwarz-grüne
Regierung Bayern hab ich grad vergessen
-
und nächstes Jahr, nächstes Jahr wird ein
ziemlich entscheidendes Jahr für die
-
Informationsfreiheit, und das liegt vor
allem an diesem Bundesland.
-
Die Animation ist von mir selbst
Das– Gelächter
-
Das ist Thüringen. Und Thüringen soll im
nächsten Jahr nicht nur ein
-
Informationsfreiheitsgesetz sondern ein
weiterentwickeltes, ein Transparenzgesetz
-
haben. Und das ist ziemlich entscheidend,
weil's bei Transparenzgesetzen wie zum
-
Beispiel in Hamburg.. Transparenzgesetz
darum geht, dass nicht nur auf Anfrage,
-
wenn man eine Anfrage stellt Informationen
herausgegeben werden sollen, sondern
-
zentrale Daten der Verwaltung aktiv
veröffentlicht werden, in einem Online-
-
Transparenzregister. Das ist aber in
Thüringen noch aus einem anderen Grund
-
ziemlich entscheidend, weil's da darum
geht, ob der Verfassungsschutz in Zukunft
-
Auskunft geben muss. Der Verfassungsschutz
in Thüringen, im Kernland des NSU muss
-
bisher keine Auskunft geben, wenn sie
angefragt werden. Und jetzt, unter der
-
rot-rot-grünen Regierung, mit einem linken
Ministerpräsidenten, geht es darum, ob im
-
neuen Transparenzgesetz der NSU– äh, na,
der Verfassungsschutz ähm, das war…
-
Gelächter
-
Applaus
-
…der Verfassungsschutz Auskunft geben muss
oder nicht. Das heißt, das – wirklich
-
einer der zentralen Kämpfe im kommenden
Jahr – muss der Verfassungsschutz, der den
-
NSU über Jahre finanziert, und dem
Rückhalt gegeben hat, muss der in Zukunft
-
Auskunft geben, muss der
rechenschaftspflichtig sein, oder nicht.
-
Und, kommen wir aber erstmal zu ein paar
Erfolgen dieses Jahr. Dieses Jahr gab es
-
zum Beispiel die beiden. Das ist Friede
Springer, die mächtigste Verlegerin in
-
Deutschland, und Joachim Sauer, der
Ehemann von Angela Merkel. Wir haben
-
dieses Jahr herausgefunden, dass die
beiden nicht nur gute freundschaftliche
-
Beziehungen haben, sondern auch
finanzielle Beziehungen. Wir haben nämlich
-
herausgefunden, dass Friede Springer jedes
Jahr 10.000 Euro an Joachim Sauer und die
-
Merkels überweist und zwar über die
Friede-Springer-Stiftung. Wir haben
-
nämlich die Satzung der
Friede-Springer-Stiftung angefordert und
-
haben die per IFG bekommen. Und da steht
drin, dass alle Kuratoriumsmitglieder der
-
Friede-Springer-Stiftung 10.000 Euro
bekommen das ist nicht nur Joachim Sauer,
-
das ist auch Horst Köhler, zum Beispiel.
Die Kuratoriumsmitglieder treffen sich
-
zweimal im Jahr, für ein paar Stunden
entscheiden über ein paar Projekte und
-
kriegen dafür dann 10.000 Euro. Oder,
ahja, interessant, wie haben wir das
-
eigentlich angefragt, Friede-Springer-
Stiftung ist doch eigentlich privat. Ja,
-
ist sie, aber die muss ihre Satzung an die
Stiftungsaufsicht schicken und das ist die
-
Senatsverwaltung für Justiz in Berlin. Da
kann man sie dann anfragen, so kommt man
-
an das Dokument. Weiteres Beispiel. Das
hier. Man kann's kaum lesen, ist nur ein
-
eingescannter Bericht, aber das ist der
Hauptbericht über die Evaluierung der
-
deutschen Entwicklungszusammenarbeit mit
Ruanda. Ein Bericht von 1998, in dem
-
drinsteht, wie die Deutschen schon vor dem
Völkermord in Ruanda wussten, dass der
-
passieren wird. Und das ist ein wirklich
sehr sehr interessanter Bericht, ich
-
empfehle den zu lesen, über 130 Seiten,
steht auf FragDenStaat.de und dieser
-
Bericht, der zeigt zum Beispiel, dass die
Deutschen schon vor dem Völkermord davon
-
wussten. Dass also Entwicklungshelfer von
der GTZ damals an die deutsche Botschaft
-
gemeldet haben: „Hier gibt es Massaker,
hier bahnt sich etwas an“, und die
-
deutsche Botschaft aktiv weggeschaut hat.
Da steht auch drin, dass die Konrad-
-
Adenauer-Stiftung und die Friedrich-
Naumann-Stiftung, also die
-
Parteistiftungen von CDU und FDP
Journalisten ausgebildet haben, im Vorfeld
-
des Völkermordes die dann während des
Völkermordes für das RTLM-Radio gearbeitet
-
haben, das ist das Radio, das die
Positionen von Opfern des Völkermordes
-
durchgegeben hat, damit sie umgebracht
werden können. Und ich glaube, dieser
-
Bericht ist heutzutage vor allem auch
deswegen wichtig, weil Deutschland auch
-
weiterhin mit Regimen kooperiert wie zum
Beispiel im Sudan. Die GIZ hat zur Zeit
-
ein Projekt im Sudan mit dem
Menschenrechtsverbrecher, dem Präsidenten
-
dort wo es darum geht, Flüchtlinge davon
abzuhalten, in die EU zu kommen und da ist
-
natürlich die Frage, was aus dem ganzen
„nie wieder“ geworden ist und aus der, aus
-
diesem Bericht, aus der Evaluation der
bisherigen Arbeit. Dieser Bericht ist aber
-
noch aus einem anderen Hintergrund
interessant weil er 18 Jahre alt ist und
-
er erst dieses Jahr durch uns
veröffentlicht wurde und, das zeigt
-
ziemlich gut, was das Problem ist mit IFG
oder eins der Probleme mit der
-
Informationsfreiheit in Deutschland: Viele
Journalisten hatten diesen Bericht schon.
-
Viele Organisationen hatten den Bericht
schon. Die haben den aber alle nicht
-
veröffentlicht. Die haben daraus zitiert
vielleicht, die haben ihn für ihre interne
-
Arbeit verwendet die haben ihn aber
zugesteckt bekommen. Oder sie haben sich
-
darauf verlassen, dass das schon stimmt
wenn das Ministerium sagt, „das dürft ihr
-
nicht veröffentlichen!“ Und das ist ein
ziemlich großes Problem, weil Journalisten
-
immer wieder sich darauf verlassen, dass
sie Informationen „unter 3“ bekommen oder
-
„unter 2“. Und das bedeutet, dass sie dann
„aus Sicherheitskreisen“ zitieren, oder
-
„aus Hintergrundgesprächen“ irgendwie
zitieren ohne Quellenangabe, und dann aber
-
das IFG nicht benutzen mit dem sie aber
die Quelldokumente bekommen könnten, und
-
dann auch wirklich die der Öffentlichkeit
zur Verfügung stellen könnten. Bisschen
-
besser gelaufen ist das, aber nach einem
Urteil, letztes Jahr,
-
Bundesverwaltungsgericht hat letztes Jahr
entschieden, dass der Bundestag alle
-
Dokumente des wissenschaftlichen Dienstes,
alle Gutachten herausgeben muss. Und das
-
war ein ziemlich großer Erfolg,
letztes Jahr schon.
-
Applaus
-
Da geht's um tausende Gutachten des
wissenschaftlichen Dienstes. Da geht es um
-
Gutachten zu Menschenrechtspolitik in
China, Finanzmarktpolitik in Europa, da
-
geht's um das Nacktbaden-Gutachten, das
UFO-Gutachten, sehr interessante Gutachten
-
die zur Basis von Entscheidungen des
Bundestags werden. Und da geht es auch um
-
ein Gutachten, und ein paar Gutachten von
dem hier, der sie– Gelächter
-
in Auftrag gegeben hatte und dann daraus
plagiiert hatte, für seine eigene
-
Doktorarbeit viele von euch kennen den
Namen wahrscheinlich nicht aber zumindest
-
die Wikipedianer unter euch sollten seinen
Vornamen noch kennen. Das ist Karl-Theodor
-
zu Guttenberg, der ehemalige
Verteidigungsminister und
-
Wirtschaftsminister, der hatte also ein
paar Gutachten da in Auftrag gegeben und
-
die mussten rausgegeben werden, und wir
sind dann zum Bundestag gegangen und haben
-
gesagt, das kann doch so nicht sein, dass
man alle diese tausenden Gutachten einzeln
-
anfragen muss. Geht doch einfach schön
voran, und veröffentlicht die direkt auf
-
eurer Homepage, und das hat der Bundestag
aber leider nicht gemacht so, dass wir zu
-
anderen Mitteln greifen mussten und eine
Online-Datenbank gebaut haben mit allen
-
Titeln dieser, dieses wissenschaftlichen
Dienstes aus den letzten Jahren die wir
-
durchsuchbar gemacht haben und anklickbar
und wenn man auf einen Titel geklickt hat,
-
dann hat man direkt ne IFG-Anfrage
gestellt,
-
um dann dieses Gutachten anzufragen
-
was dann dazu geführt hat, dass es
beim Bundestag sehr schnell so aussah:
-
Gelächter
-
Und der Bundestag war dann vor der Frage,
was machen sie? Beantworten sie diese 3000
-
Anfragen, die da innerhalb von zwei Wochen
kamen, oder machen sie was anderes und was
-
der Bundestag gemacht hat: Die sind
erstmal zum Innenministerium gelaufen.
-
Die sind zum Innenministerium gelaufen und
haben versucht, das IFG, die gesetzliche
-
Grundlage zu ändern, um da selbst
rauszufallen, damit sie nicht mehr
-
antworten müssen. Das BMI hat aber schnell
abgewunken, nee, das wollen sie nicht
-
machen und deswegen hat der Bundestag,
nach insgesamt drei Wochen dieser Kampagne
-
entschieden, dass nicht nur alle
bisherigen Gutachten veröffentlicht
-
werden, sondern auch alle zukünftigen
Gutachten, die der wissenschaftliche
-
Dienst erstellt.
-
Applaus
-
Und ich glaube, es ist ganz interessant,
sich anzugucken, was da eigentlich im
-
Hintergrund gelaufen ist was wir im
Prinzip nur gemacht haben ist, dass wir
-
wirtschaftlichen Druck auf den Bundestag
ausgeübt haben. Wir haben so viele
-
Anfragen gestellt, oder ihr habt so viele
Anfragen gestellt, dass es letztlich
-
billiger war, die Dokumente von sich aus
zu veröffentlichen, als sie nicht zu
-
veröffentlichen. Und das ist glaube ich
ein ziemlich interessanter Mechanismus, da
-
komme ich am Schluss nochmal drauf zurück.
Wir hatten jetzt aber auch diese
-
Infrastruktur, die wir dafür gebaut haben
und dann war die Frage, auf wen richten
-
wir das als nächstes?
-
Gelächter
-
Und dann haben wir uns gedacht, nehmen wir
uns doch ein Kernthema des CCC vor nämlich
-
Überwachung! Und wen fragt man an, wenn es
um Überwachung geht, in Deutschland?
-
Die Jobcenter!
-
Gelächter, Applaus
-
409…
Applaus
-
409 Jobcenter gibt's in Deutschland, die
alle enorme Überwachungskapazitäten oder
-
zumindest -befugnisse haben. Die können
die Finanzen von den sogenannten „Kunden“,
-
die sie haben überwachen und auch von
Leuten, die bei denen im Haushalt wohnen.
-
Und sie schicken dann zum Beispiel sowas
raus. Das ging vor ein paar Wochen über
-
die, ja, Twitter und Facebook Das ist ein
Fragebogen, den das Jobcenter Stade
-
rumgeschickt hat um den Kindesvater zu
ermitteln. Da steht drin: „Während der
-
gesetzlichen Empfängniszeit habe ich mit
folgenden Männern Geschlechtsverkehr
-
gehabt: Nachname, Vorname, Geburtsdatum..
Sofern keine Angaben zum Kindesvater
-
gemacht werden können, bitte die Gründe
dafür ausführlich und nachvollziehbar
-
– unterstrichen – darzulegen“. Ah, da ist
ein Grammatikfehler, das hab ich noch gar
-
nicht gemerkt. Das ist letztlich auch nur
ein Auswuchs davon, was Jobcenter machen
-
dürfen. Weil Jobcenter seit diesem Jahr
sanktionieren sollen, wenn es sogenanntes
-
„sozialwidriges Verhalten“ gibt. Und dann
passiert natürlich auch sowas, weil hier
-
dann der Unterhalt von einem Vater
eingetrieben werden soll. Deswegen haben
-
wir eine Aktion gemacht, Frag den Staat,
„Frag das Jobcenter“, und über die
-
Jobcenter, über Frag den Staat, haben wir
versucht, alle Zielvereinbarungen und alle
-
internen Weisungen, die die Jobcenter
haben, herauszubekommen. Diese Dokumente,
-
die regeln in der Regel dann, wie
Sanktionen vergeben werden, wie die
-
Jobcenter sich selbst aufstellen, um zum
Beispiel mit Sanktionen umzugehen. Das
-
haben bis heute so viele Leute gemacht,
dass alle Jobcenter schon angefragt
-
wurden, nach Zielvereinbarungen und
internen Weisungen, und die Hälfte aller
-
Zielvereinbarungen und Weisungen jetzt
schon online ist. Und da gibt's dann auch
-
Perlen wie diese: „Sehr geehrter Herr
Beier, ich habe mir abgewöhnt mich
-
über die Triebfedern mancher Zeitgenossen
hierzulande noch zu wundern. Wenn Sie
-
unsere Zielvereinbarung glücklich macht,
hier bitte.“
-
Gelächter
-
Applaus
-
Oder vom Jobcenter Nürnberg-Stadt.
„Eine Übersendung von internen Weisungen
-
ist leider nicht möglich, da diese von
Mitarbeitern des Jobcenters durch Lernen,
-
Forschen, Nachdenken, Lesen oder auch
Diskutieren erstellt wurden. Sie stellen
-
somit geistiges Eigentum dar.“ Und dann
haben wir uns gedacht, so ne kreative
-
Antwort, da müssen wir dem Jobcenter
Nürnberg-Stadt ein bisschen unter die Arme
-
greifen, und dann haben wir uns gedacht,
wenn die so wichtig sind, diese internen
-
Weisungen und Arbeitshilfen, machen wir
doch gleich eine ganze Verlagshomepage für
-
die. Haben wir also das Standardwerk zu
internen Weisungen des Jobcenter Nürnberg
-
angepriesen das ist 'ne ganze Homepage
inklusive Entstehungsgeschichte des
-
Ganzen, und Rezensionen, ein gewisser
Thomas de Maizière sagt da, „Die
-
Mitarbeiter des Jobcenters Nürnberg-Stadt
haben die Weisungen durch Lernen,
-
Forschen, Nachdenken, Lesen, oder
auch Diskutieren erstellt. Respekt!“
-
GelächterApplaus
-
Und jetzt haben wir diese Mittel der
Massenanfragen, und die Frage ist
-
natürlich, auf wen richten wir das als
Nächstes? Und da freuen wir uns sehr über
-
Hinweise, was für Listen von interessanten
Dokumenten es so gibt, welche Behörden
-
vielleicht ein bisschen angestupst werden
sollten, um Dokumente herauszugeben.
-
Vielleicht auch im Hinblick auf…
-
…sowas!
-
Da geht's um Volkswagen. Das ist eine
Antwort, die die deutsche Umwelthilfe vom
-
Verkehrsministerium bekommen hat. Das sind
nur die ersten 300 Seiten. Gerade so im
-
Volkswagenbereich sieht man ganz gut, dass
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse da oft
-
als Ablehnungsgrund benutzt werden, wir
haben selbst auch so eine Antwort
-
bekommen. Das ist eine Antwort, die wir
vom Wirtschaftsministerium bekommen haben,
-
und die fanden wir so schön, dass wir
daraus eine Kunstedition gemacht haben.
-
Eine limitierte Kunstedition, 50 Stück
davon haben wir, guckt sie euch doch an,
-
wenn ihr mögt. In DIN A3 übrigens, und die
sind dann handgefaltet und handgelocht, so
-
wie das Original auch. Gut. Die Frage ist
dann aber, was macht man, wenn so
-
Massenanfragen nicht funktionieren. Was
macht man, wenn man mit der Hamburger
-
Polizei zum Beispiel zu tun hat? Die
Hamburger Polizei, die wurde vor knapp 2
-
Jahren gefragt, über einen Antragsteller,
von FragDenStaat, ob es dort eine Datei
-
zur Sportgewalt gäbe. Und diese Dateien
zur Sportgewalt, die gibt's in den meisten
-
Bundesländern, da steht dann zum Beispiel
drin, wer als Hooligan gesehen wird, das
-
ist ein ziemlich wirrer Vorgang, den es da
in der Regel gibt, wie man da reinkommt.
-
Vor allem ist dann nicht klar, wie man
wieder rauskommt, aus solchen Dateien, hat
-
eventuell Probleme wenn man drinsteht, und
die Hamburger Polizei hat nun geantwortet,
-
„Nee, so ne Datei zu Sportgewalt, die
haben wir nicht.“ Ein Jahr später gab es
-
dann eine Anfrage in der Hamburger
Bürgerschaft dazu, von einer Abgeordneten,
-
und da hat dann der Innensenat
geantwortet, „Ja, wir haben eine solche
-
Datei, und wir haben sie seit neun
Jahren.“ Dann war die große Frage, ja, wie
-
kann das denn sein, der Antragsteller hat
nochmal nachgefragt, und die Polizei hat
-
gesagt, ja, da handelt es sich um ein
bedauerliches Missverständnis, sie haben
-
nach einer Datei zur Sportgewalt gefragt,
wir haben aber nur eine Datei zur Szenen-
-
und Gruppengewalt im Sport.
-
Gelächter
-
Das ist also etwas ganz anderes. Wir
wissen aber, das ist kein Missverständnis,
-
das ist einfach eine Lüge. Und wir wissen
das deswegen, weil wir einfach den
-
internen Briefverkehr angefordert haben,
den die Polizei zur Beantwortung der
-
Originalanfrage so produziert hat, und da
steht drin, dass die eine Abteilung der
-
anderen Abteilung geschrieben hat, „Hier
geht es um die Datei zur Szenen- und
-
Gruppengewalt im Sport, übernehmt ihr das
doch.“ Das heißt, wir können jetzt
-
nachweisen, dass das eine klare Lüge ist.
Und zum Ende der Geschichte hat dann die
-
Hamburger Polizei uns diese Auskunft in
Rechnung gestellt und 120 Euro dafür
-
verlangt. Ja, die Frage ist, was macht man
dann damit? Und wir haben ja letztes Jahr
-
zusätzlich zu FragDenStaat noch
VerklagDenStaat–
-
Gelächter
-
–ins Leben gerufen, das hilft aber auch
nicht weiter, deswegen haben wir dieses
-
Jahr ZerschlagDenSta– nee,
haben wir nicht.
-
Gelächter
-
Haben wir nicht.
-
Applaus
-
Soweit sind wir wirklich nicht, aber, die
Domain gehört uns, äh…
-
Gelächter
-
…müsst ihr gar nicht versuchen. Nee. Wir
haben zwei andere, glaube ich, ziemlich
-
entscheidende Sachen gemacht. Wir haben,
zusammen mit Wikimedia, einen
-
Gebührenfonds ins Leben gerufen. Wikimedia
zahlt.. übernimmt Gebühren, für
-
IFG-Anfragen, sofern die Inhalte dieser
Anfragen, die dann rauskommen, dann auch
-
in Wikimedia-Projekten genutzt werden
können. Also zum Beispiel, als Beleg und
-
Quelle in der Wikipedia. Oder, ein
Datensatz, der in die Wikidata, bei
-
Wikidata eingepflegt werden kann. Wenn das
so ist, dann übernimmt Wikimedia unter
-
Umständen die Gebühren, glaube ich, ein
ziemlich wichtiges Projekt, und vor allem
-
haben wir dieses Jahr Transparenzklagen.de
gelauncht, gemeinsam mit der großartigen
-
Gesellschaft für Freiheitsrechte, wo ihr
auch Fördermitglied werden könnt, und da
-
spenden, das ist sehr wichtig,
Transparenzklagen.de ist ein Klagefonds.
-
Wir übernehmen die Kosten. Für eure
Klagen, sofern ihr eine Klage habt, die
-
erfolgsversprechend ist und das sind sehr
viele Klagen in diesem Bereich, die dann
-
auch eine gewisse strategische Bedeutung
haben. Das heißt, ihr stellt einen Antrag
-
über FragDenStaat, ihr kriegt eine
Ablehnung, ihr legt Widerspruch ein, und
-
wenn ihr dann vor Gericht ziehen wollt,
dann finanzieren wir das für euch, und wir
-
stellen euch auch Anwälte dafür.
-
Applaus
-
Wie sieht das konkret aus? Hier mal ein
Beispiel von der FIfF, von Rainer Rehak,
-
der da klagt grad, das haben wir nicht
übernommen, aber hätten wir sehr gerne
-
getan, der hat nach der Rigaer Straße
gefragt, nach den „kriminalitätsbelasteten
-
Orten“ in Berlin, wollte dazu mehr Infos
haben, und die Polizei Berlin hat
-
geantwortet, „Staatliches Handeln,
inbesondere polizeiliches Handeln, darf
-
nicht kalkulierbar oder voraussehbar sein“
Und das ist ja nun mal wirklich die
-
Geheimdienstifizierung der Polizei, gegen
sowas muss man vor Gericht vorgehen, und
-
es ist sehr gut, dass die FIfF das da
macht. Deswegen, see you in court, wir
-
bringen euch vor Gericht! Und wenn ihr
wollt, dann finanzieren wir das auch für
-
euch. Wir klagen aber auch selbst, wir
haben selbst 5 Klagen eingereicht, dieses
-
Jahr, wir haben auch eine
Verfassungsbeschwerde eingereicht,
-
und zwar gegen diesen Paragraphen im
Transparenzgesetz in Rheinland-Pfalz. Da
-
steht drin, dass Antragsteller ihre
Identität erkennen lassen müssen, wenn sie
-
einen Antrag stellen, und das ist ein
klarer, ja, klarer Seitenhieb auf
-
FragDenStaat, weil vor allem über
FragDenStaat anonyme oder pseudonyme
-
Anträge bei den Behörden eintreffen, und
das ist ein klarer Eingriff in die
-
informationelle Selbstbestimmung, sagen
wir, weil es nicht sein kann, dass man ein
-
Grundrecht, nämlich das Grundrecht auf
informationelle Selbstbestimmung, weggibt,
-
um ein anderes Grundrecht zu bekommen.
Deswegen haben wir vor zwei Wochen
-
Verfassungsbeschwerde in Rheinland-Pfalz
und auch in Karlsruhe eingereicht.
-
Zumal dieser… diese Identitätsnachweise
nicht wirklich klar geregelt sind. Wie
-
sieht denn sowas aus? Also, in diesem Jahr
hat zum Beispiel jemand einen Antrag
-
gestellt, in Heidelberg, und hat dann
gesagt, ja, ich bin Karl Ernst Thomas de
-
Maizière, und hier, zur Identifizierung
finden Sie meinen Personalausweis.
-
Gelächter
-
Applaus
-
Das Ding ist, das hat funktioniert! Die
Stadt hat geantwortet: Ja, hier haben Sie
-
alles! Und auf die Erhebung von Gebühren
wird in diesem Einzelfall verzichtet.
-
Gelächter
-
Applaus
-
Es ist also eine wirklich sinnlose,
gesetzwidrige Regelung, die die da haben,
-
zumal wirklich jede Person, unabhängig von
Alter, von Wohnort, von Pass, das Recht
-
hat, solche Anträge zu stellen. Und da ist
es dann wirklich egal, ob man so oder so
-
aussieht. Das einzige Ding, die einzigen
die davon abgehalten werden, Anträge zu
-
stellen, das sind in Zukunft die hier:
-
Gelächter
-
Haben wir noch Zeit? Ich will
das nochmal sehen.
-
Gelächter
-
Naja is– okay. Haben wir nicht. Ähm…
…deswegen, glaube ich ist das sinnvoll,
-
wenn wir mehr Anfragen stellen, wenn wir
aber dann auch wirklich den ganzen Weg
-
gehen, und verklagen. Und sowohl der
Gebührenfonds mit Wikimedia als auch
-
Transparenzklagen, die haben das gleiche
Ziel wie im Prinzip die Massenanfragen. Es
-
geht darum, ökonomischen Druck,
wirtschaftlichen Druck aufzubauen. Wenn
-
wir immer gegen Gebührenforderungen
vorgehen, wenn wir immer Widerspruch
-
einreichen, wenn es eine unrechtmäßige
Ablehnung gab, dann wird das letztlich so
-
teuer, dass es einfacher ist, dass es
billiger ist, viele dieser Informationen
-
aktiv zu veröffentlichen. Und das ist das
neue Shirt, das wir haben. Wir haben auf
-
der Rückseite noch ein bisschen Platz. Das
sind die Tourdaten, die wir haben, das
-
sind die Verwaltungsgerichte, und die, äh,
Oberverwaltungsgerichte.
-
Gelächter
-
Applaus
-
Da ist noch viel, viel Platz in der
zweiten Auflage, wir, wir hoffen, dass da
-
mehr von euch dann noch kommt. Und
deswegen– die große Frage: „Seid ihr
-
dabei?“, wir– wir haben jetzt so einen
Gebührenfonds, wir– wir haben jetzt einen
-
Klagefonds, ich glaube, es ist wichtig, da
viel mehr zu machen, auch auf Thüringen zu
-
schauen, in Thüringen wird's nächstes Jahr
wirklich entscheidend. Wenn wir es nicht
-
schaffen, unter einem linken
Ministerpräsidenten, rot-rot-grün, in
-
Thüringen, den Verfassungsschutz zur
Rechenschaftspflicht zu zwingen, dann
-
haben wir glaube ich einen ziemlich
entscheidenden Kampf verloren.
-
Deswegen, FOIA frei!
-
Applaus
-
Und, ähm, jetzt haben wir noch einen
kleinen Epilog. Vor zwei Jahren haben
-
Stefan und ich, äh, kommt ihr auf die
Bühne? Vor zwei Jahren haben Stefan und
-
ich auf der Bühne schon mal gerappt, ich
weiß nicht, ob das jemand mitbekommen hat,
-
aber danach sind viele Leute auf uns
zugekommen und haben gesagt: „Macht das
-
bitte, bitte, bitte nie wieder!“
-
Gelächter
-
Applaus
-
Vielleicht können wir das Saallicht schon
mal ein bisschen runterdimmen? Genau, und
-
wir gehen mal in die Mitte… Und deswegen
haben wir uns diesmal ein… ein neues Genre
-
ausgedacht. In dem's um den Freedom of
Information Act geht, und, FOIA frei, und,
-
äh– ja? Gut.
-
♫ Intro-Melodie ♫
-
Gelächter
-
♫ Crescendo
-
Jubel
Applaus
-
♫ Mündig ist, wer Akten kennt
-
♫ durch FOIA, das die Fakten nennt
-
♫ Ich bringe Licht,
-
♫ Dich vor's Gericht
-
♫ Zugang nur „unter 3“?
-
♫ FOIA frei!
-
♫ Frag an!
-
♫ Frag an!
-
♫ Frag an!
-
♫ Stefan Wehrmeyer: Sündig ist, wer
Akten führt
-
♫ Trotz FOIA sie nicht publiziert
-
♫ Ein Dokument
-
♫ das keiner kennt
-
♫ ist einerlei?
-
♫ Stefan und Arne: FOIA frei!
-
♫ Frag an!
-
♫ Frag an!
-
♫ FOIA frei!
-
♫ Frag an!
-
♫ Frag an!
-
♫ …frei!
-
♫ Arne: Gefährlich ist das Dokument
-
♫ Mit FOIA es dann jeder kennt
-
♫ Arne und Stefan: Frag an!
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♫ Arne: Gefährlich ist auch FragDenStaat
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♫ mit FOIA schreiten wir zur Tat
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♫ Bist du dabei?
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♫ Stefan und Arne: Frag an!
FOIA frei!
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♫ Eileen Wagner: Nur ein Klick,
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♫ Erschafft Einblick
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♫ Ein Klick,
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♫ nur ein Klick
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♫ verschafft Einblick
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♫ Stefan und Arne: Frag an!
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♫ Frag an!
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♫ …frei!
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♫ Frag an!
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♫ Frag an!
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♫ FOIA frei!
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♫ Frag an!
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♫ Frag an!
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♫ FOIA frei!
Frag! an!
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Applaus
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Jubel und Applaus
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Rufe aus dem Publikum: „Zugabe“
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Herald: Also ich glaube, ich brauche nicht
nochmal für'n Applaus zu fragen das war
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glaube ich eindeutig.
Rufe aus dem Publikum: „Zugabe!“
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Herald: Also wir haben noch die
Möglichkeit für Fragen
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Gelächter
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Aber nur sehr wenige
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Arne: Wie wollt ihr das ab– ja…
Wie wollt ihr das aufräumen, das ist ne Frage.
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Gelächter
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Applaus
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Herald: Wir haben tatsächlich eine Frage!
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Ich würde gerne die Person an Mikrofon 4
hören, bitte
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Frage: Ja, was ist denn aus denn aus
der Hamburger Polizei geworden, mit der
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Falschaussage? Darf ich das?
Was passiert da? Was macht ihr?
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A: Ähm, es hat da jemand
Dienstaufsichtsbeschwerde eingereicht,
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und, da hat man aber kein Recht, zu
erfahren, was daraus geworden ist.
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Gelächter
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Herald: Genau. Ich glaube es gibt
auch noch eine Frage aus dem Internet?
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Signal Engel: Ja, es gibt eine Frage, und
die Frage ist: Wie man Anfragen stellt,
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wenn es um den öffentlichen Rundfunk geht.
Und um die Kostentransparenz, wie zum
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Beispiel beim Kirchhof-Gutachten.
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A: Da wo's nicht journalistisch-
redaktionelle Inhalte gibt, da kann man
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die auch anfragen. Allerdings ist gerade
so bei ARD, ZDF das ziemlich schwierig
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man kann aber zum Beispiel den WDR
anfragen, da ist es ziemlich klar, das
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funktioniert, beim NDR ist das ein
bisschen schwierig, das ist eine
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4-Länder-Behörde, und die sagen dann
immer, dass grad das andere Bundesland
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zuständig ist.
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Gelächter
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Genau. Aber im Prinzip sind
die genauso anfragbar, ja.
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Engel: Vielen Dank!
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Herald: Mikrofon 2?
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F: Ja, es kommt häufiger vor, dass man
eine Anfrage stellt, 30 Tage wartet, dann
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erinnert man daran, dass die Frist
abgelaufen ist und dann kriegt man nach
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2 Tagen eine Antwort. Kann man das
irgendwie von vorneherein beschleunigen?
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A: Nee, das ist ganz schwer. Also, die
Fristen, das sind halt Sollfristen. Das
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heißt, wenn da nix passiert, dann passiert
da halt nix. Man kann den
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Datenschutzbeauftragten einschalten, um
Vermittlung bitten, man kann direkt mit
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einem Anwalt kommen, zum Beispiel. Aber
ich glaube, das– im Einzelfall sollte man
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das auch nicht unbedingt machen. Ja. Je
mehr Anfragen man stellt, desto eher
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werden, glaube ich, Behörden darauf
trainiert dann auch innerhalb der Gesetze
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zu antworten.
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Herald: Alles klar. Wir haben leider keine
Zeit mehr, aber ich glaube, Arne kann man
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auch auf jeden Fall bei der Open Knowledge
Foundation finden. Ich hätte gerne noch
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einmal einen tosenden Beifall, bitte!
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tosender Beifall
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postroll music
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