33C3 preroll music
Herald: Alles klar. Als ich mir überlegt
habe, hatte ich erst überlegt, ich erzähle
so eine kleine Anekdote, aus meinem Leben,
wie es damals anfing, dass ich mich so ein
bisschen für Datenschutz und Netzpolitik
interessiert habe, und das lag damals an
so einem selbstgesprayten Stasi-2.0
T-Shirt, aber dann hab ich angefangen,
ein bisschen meine Hausaufgaben zu machen,
in Vorbereitung auf diesen Talk hier und
hab „Arne Semsrott“ gegoogelt, und
wahrscheinlich hätte ich vorher schon mehr
über ihn wissen sollen, aber der dritte
Hit war ein Spiegel-Online-Artikel,
ich zitiere:
„Arne Semsrott, Weltverbesserer mit Biss“
Und, äh– Johlen
Applaus
Und ich muss dazu sagen, Klein-Arne war
damals 19 Jahre alt, Und dann war ich ganz
schön beeindruckt. Inzwischen ist er
Politikwissenschaftler und freier
Journalist für Netzpolitik.org und er
arbeitet für die Open Knowledge Foundation
da kann man ihn auch am Infostand finden
er ist dort Projektleiter für
FragDenStaat.de und hat eine Riesenliste
an Engagement zu Themen rund um
Informationsfreiheit, Transparenz,
Lobbyismus und so weiter und, ähm, wir
freuen uns sehr, dass er uns heute etwas
über „Irren ist staatlich“ erzählen möchte.
Einen Applaus bitte!
Applaus
Arne Semsrott: Dankeschön. Äh, zu dem
Spiegel-Online-Artikel sag ich jetzt nix.
Musik
FOIA frei!
Gelächter
Wir sind– Applaus
im Jubeljahr der Informationsfreiheit.
Dieses Jahr ist ein ganz besonderes Jahr
für die Informationsfreiheit und die
Informationsfreiheitsgesetze, die es so
auf dieser Welt gibt, das sind allesamt
revolutionäre Gesetze. Das hab ich jetzt
einfach hingeschrieben, weil ich mal vor
so nem Plakat mit „Revolution“ stehen
wollte! Revolutionär sind diese Gesetze
und ist auch das deutsche
Informationsfreiheitsgesetz deswegen, weil
Informationsfreiheitsgesetze den Default
der Öffentlichkeit bei Behörden komplett
umdrehen. Also: Ganz lange war es zum
Beispiel im preußischen Obrigkeitsstaat
ganz normal, dass Informationen, die beim
Staat liegen, nicht herausgegeben werden
es sei denn, man hat ein begründetes
Interesse, diese Information zu kriegen
und Informationsfreiheitsgesetze, die
drehen diesen Default um und sagen, alle
Informationen, die beim Staat liegen, die
müssen herausgegeben werden es sei denn,
es gibt ein begründetes Interesse dafür,
dass sie nicht herausgegeben werden. Und
wir sind im Jubeljahr der
Informationsfreiheit, weil das älteste
Informationsfreiheitsgesetz der Welt, aus
Schweden, dieses Jahr 250 Jahre alt
geworden ist. Und–
Applaus
Das zweitälteste,
der „Freedom of Information Act“,
das FOIA, ist 50 Jahre alt geworden.
Applaus
Das IFG, das deutsche
Informationsfreiheitsgesetz ist 10 Jahre
alt geworden.
Applaus
FragDenStaat.de ist 5 Jahre alt geworden
Applaus
Jubel
Und das Landesinformationsfreiheitsgesetz
Baden-Württemberg ist 1 Jahr alt geworden
Gelächter
Verhaltener Applaus
Das heißt, 249 Jahre nach dem ersten IFG
gibt's jetzt auch in Baden-Württemberg ein
Informationsfreiheitsgesetz und es ist das
schlechteste in ganz Deutschland!
Gelächter
Verhaltener Applaus
Zwischenruf: Pfui!
Allerdings gibt's noch vier Bundesländer,
die weiterhin gar kein
Informationsfreiheitsgesetz haben, 250
Jahre nach dem ersten. Dazu zählen,
Niedersachsen, Sachsen, Hessen, und
natürlich, Bayern. All diese vier
Bundesländer haben immer noch kein IFG,
ich hab einfach nur die Karte vom letzten
Jahr hier kopiert Niedersachsen
wohlgemerkt rot-grüne Regierung, Sachsen
schwarz-rote, Hessen schwarz-grüne
Regierung Bayern hab ich grad vergessen
und nächstes Jahr, nächstes Jahr wird ein
ziemlich entscheidendes Jahr für die
Informationsfreiheit, und das liegt vor
allem an diesem Bundesland.
Die Animation ist von mir selbst
Das– Gelächter
Das ist Thüringen. Und Thüringen soll im
nächsten Jahr nicht nur ein
Informationsfreiheitsgesetz sondern ein
weiterentwickeltes, ein Transparenzgesetz
haben. Und das ist ziemlich entscheidend,
weil's bei Transparenzgesetzen wie zum
Beispiel in Hamburg.. Transparenzgesetz
darum geht, dass nicht nur auf Anfrage,
wenn man eine Anfrage stellt Informationen
herausgegeben werden sollen, sondern
zentrale Daten der Verwaltung aktiv
veröffentlicht werden, in einem Online-
Transparenzregister. Das ist aber in
Thüringen noch aus einem anderen Grund
ziemlich entscheidend, weil's da darum
geht, ob der Verfassungsschutz in Zukunft
Auskunft geben muss. Der Verfassungsschutz
in Thüringen, im Kernland des NSU muss
bisher keine Auskunft geben, wenn sie
angefragt werden. Und jetzt, unter der
rot-rot-grünen Regierung, mit einem linken
Ministerpräsidenten, geht es darum, ob im
neuen Transparenzgesetz der NSU– äh, na,
der Verfassungsschutz ähm, das war…
Gelächter
Applaus
…der Verfassungsschutz Auskunft geben muss
oder nicht. Das heißt, das – wirklich
einer der zentralen Kämpfe im kommenden
Jahr – muss der Verfassungsschutz, der den
NSU über Jahre finanziert, und dem
Rückhalt gegeben hat, muss der in Zukunft
Auskunft geben, muss der
rechenschaftspflichtig sein, oder nicht.
Und, kommen wir aber erstmal zu ein paar
Erfolgen dieses Jahr. Dieses Jahr gab es
zum Beispiel die beiden. Das ist Friede
Springer, die mächtigste Verlegerin in
Deutschland, und Joachim Sauer, der
Ehemann von Angela Merkel. Wir haben
dieses Jahr herausgefunden, dass die
beiden nicht nur gute freundschaftliche
Beziehungen haben, sondern auch
finanzielle Beziehungen. Wir haben nämlich
herausgefunden, dass Friede Springer jedes
Jahr 10.000 Euro an Joachim Sauer und die
Merkels überweist und zwar über die
Friede-Springer-Stiftung. Wir haben
nämlich die Satzung der
Friede-Springer-Stiftung angefordert und
haben die per IFG bekommen. Und da steht
drin, dass alle Kuratoriumsmitglieder der
Friede-Springer-Stiftung 10.000 Euro
bekommen das ist nicht nur Joachim Sauer,
das ist auch Horst Köhler, zum Beispiel.
Die Kuratoriumsmitglieder treffen sich
zweimal im Jahr, für ein paar Stunden
entscheiden über ein paar Projekte und
kriegen dafür dann 10.000 Euro. Oder,
ahja, interessant, wie haben wir das
eigentlich angefragt, Friede-Springer-
Stiftung ist doch eigentlich privat. Ja,
ist sie, aber die muss ihre Satzung an die
Stiftungsaufsicht schicken und das ist die
Senatsverwaltung für Justiz in Berlin. Da
kann man sie dann anfragen, so kommt man
an das Dokument. Weiteres Beispiel. Das
hier. Man kann's kaum lesen, ist nur ein
eingescannter Bericht, aber das ist der
Hauptbericht über die Evaluierung der
deutschen Entwicklungszusammenarbeit mit
Ruanda. Ein Bericht von 1998, in dem
drinsteht, wie die Deutschen schon vor dem
Völkermord in Ruanda wussten, dass der
passieren wird. Und das ist ein wirklich
sehr sehr interessanter Bericht, ich
empfehle den zu lesen, über 130 Seiten,
steht auf FragDenStaat.de und dieser
Bericht, der zeigt zum Beispiel, dass die
Deutschen schon vor dem Völkermord davon
wussten. Dass also Entwicklungshelfer von
der GTZ damals an die deutsche Botschaft
gemeldet haben: „Hier gibt es Massaker,
hier bahnt sich etwas an“, und die
deutsche Botschaft aktiv weggeschaut hat.
Da steht auch drin, dass die Konrad-
Adenauer-Stiftung und die Friedrich-
Naumann-Stiftung, also die
Parteistiftungen von CDU und FDP
Journalisten ausgebildet haben, im Vorfeld
des Völkermordes die dann während des
Völkermordes für das RTLM-Radio gearbeitet
haben, das ist das Radio, das die
Positionen von Opfern des Völkermordes
durchgegeben hat, damit sie umgebracht
werden können. Und ich glaube, dieser
Bericht ist heutzutage vor allem auch
deswegen wichtig, weil Deutschland auch
weiterhin mit Regimen kooperiert wie zum
Beispiel im Sudan. Die GIZ hat zur Zeit
ein Projekt im Sudan mit dem
Menschenrechtsverbrecher, dem Präsidenten
dort wo es darum geht, Flüchtlinge davon
abzuhalten, in die EU zu kommen und da ist
natürlich die Frage, was aus dem ganzen
„nie wieder“ geworden ist und aus der, aus
diesem Bericht, aus der Evaluation der
bisherigen Arbeit. Dieser Bericht ist aber
noch aus einem anderen Hintergrund
interessant weil er 18 Jahre alt ist und
er erst dieses Jahr durch uns
veröffentlicht wurde und, das zeigt
ziemlich gut, was das Problem ist mit IFG
oder eins der Probleme mit der
Informationsfreiheit in Deutschland: Viele
Journalisten hatten diesen Bericht schon.
Viele Organisationen hatten den Bericht
schon. Die haben den aber alle nicht
veröffentlicht. Die haben daraus zitiert
vielleicht, die haben ihn für ihre interne
Arbeit verwendet die haben ihn aber
zugesteckt bekommen. Oder sie haben sich
darauf verlassen, dass das schon stimmt
wenn das Ministerium sagt, „das dürft ihr
nicht veröffentlichen!“ Und das ist ein
ziemlich großes Problem, weil Journalisten
immer wieder sich darauf verlassen, dass
sie Informationen „unter 3“ bekommen oder
„unter 2“. Und das bedeutet, dass sie dann
„aus Sicherheitskreisen“ zitieren, oder
„aus Hintergrundgesprächen“ irgendwie
zitieren ohne Quellenangabe, und dann aber
das IFG nicht benutzen mit dem sie aber
die Quelldokumente bekommen könnten, und
dann auch wirklich die der Öffentlichkeit
zur Verfügung stellen könnten. Bisschen
besser gelaufen ist das, aber nach einem
Urteil, letztes Jahr,
Bundesverwaltungsgericht hat letztes Jahr
entschieden, dass der Bundestag alle
Dokumente des wissenschaftlichen Dienstes,
alle Gutachten herausgeben muss. Und das
war ein ziemlich großer Erfolg,
letztes Jahr schon.
Applaus
Da geht's um tausende Gutachten des
wissenschaftlichen Dienstes. Da geht es um
Gutachten zu Menschenrechtspolitik in
China, Finanzmarktpolitik in Europa, da
geht's um das Nacktbaden-Gutachten, das
UFO-Gutachten, sehr interessante Gutachten
die zur Basis von Entscheidungen des
Bundestags werden. Und da geht es auch um
ein Gutachten, und ein paar Gutachten von
dem hier, der sie– Gelächter
in Auftrag gegeben hatte und dann daraus
plagiiert hatte, für seine eigene
Doktorarbeit viele von euch kennen den
Namen wahrscheinlich nicht aber zumindest
die Wikipedianer unter euch sollten seinen
Vornamen noch kennen. Das ist Karl-Theodor
zu Guttenberg, der ehemalige
Verteidigungsminister und
Wirtschaftsminister, der hatte also ein
paar Gutachten da in Auftrag gegeben und
die mussten rausgegeben werden, und wir
sind dann zum Bundestag gegangen und haben
gesagt, das kann doch so nicht sein, dass
man alle diese tausenden Gutachten einzeln
anfragen muss. Geht doch einfach schön
voran, und veröffentlicht die direkt auf
eurer Homepage, und das hat der Bundestag
aber leider nicht gemacht so, dass wir zu
anderen Mitteln greifen mussten und eine
Online-Datenbank gebaut haben mit allen
Titeln dieser, dieses wissenschaftlichen
Dienstes aus den letzten Jahren die wir
durchsuchbar gemacht haben und anklickbar
und wenn man auf einen Titel geklickt hat,
dann hat man direkt ne IFG-Anfrage
gestellt,
um dann dieses Gutachten anzufragen
was dann dazu geführt hat, dass es
beim Bundestag sehr schnell so aussah:
Gelächter
Und der Bundestag war dann vor der Frage,
was machen sie? Beantworten sie diese 3000
Anfragen, die da innerhalb von zwei Wochen
kamen, oder machen sie was anderes und was
der Bundestag gemacht hat: Die sind
erstmal zum Innenministerium gelaufen.
Die sind zum Innenministerium gelaufen und
haben versucht, das IFG, die gesetzliche
Grundlage zu ändern, um da selbst
rauszufallen, damit sie nicht mehr
antworten müssen. Das BMI hat aber schnell
abgewunken, nee, das wollen sie nicht
machen und deswegen hat der Bundestag,
nach insgesamt drei Wochen dieser Kampagne
entschieden, dass nicht nur alle
bisherigen Gutachten veröffentlicht
werden, sondern auch alle zukünftigen
Gutachten, die der wissenschaftliche
Dienst erstellt.
Applaus
Und ich glaube, es ist ganz interessant,
sich anzugucken, was da eigentlich im
Hintergrund gelaufen ist was wir im
Prinzip nur gemacht haben ist, dass wir
wirtschaftlichen Druck auf den Bundestag
ausgeübt haben. Wir haben so viele
Anfragen gestellt, oder ihr habt so viele
Anfragen gestellt, dass es letztlich
billiger war, die Dokumente von sich aus
zu veröffentlichen, als sie nicht zu
veröffentlichen. Und das ist glaube ich
ein ziemlich interessanter Mechanismus, da
komme ich am Schluss nochmal drauf zurück.
Wir hatten jetzt aber auch diese
Infrastruktur, die wir dafür gebaut haben
und dann war die Frage, auf wen richten
wir das als nächstes?
Gelächter
Und dann haben wir uns gedacht, nehmen wir
uns doch ein Kernthema des CCC vor nämlich
Überwachung! Und wen fragt man an, wenn es
um Überwachung geht, in Deutschland?
Die Jobcenter!
Gelächter, Applaus
409…
Applaus
409 Jobcenter gibt's in Deutschland, die
alle enorme Überwachungskapazitäten oder
zumindest -befugnisse haben. Die können
die Finanzen von den sogenannten „Kunden“,
die sie haben überwachen und auch von
Leuten, die bei denen im Haushalt wohnen.
Und sie schicken dann zum Beispiel sowas
raus. Das ging vor ein paar Wochen über
die, ja, Twitter und Facebook Das ist ein
Fragebogen, den das Jobcenter Stade
rumgeschickt hat um den Kindesvater zu
ermitteln. Da steht drin: „Während der
gesetzlichen Empfängniszeit habe ich mit
folgenden Männern Geschlechtsverkehr
gehabt: Nachname, Vorname, Geburtsdatum..
Sofern keine Angaben zum Kindesvater
gemacht werden können, bitte die Gründe
dafür ausführlich und nachvollziehbar
– unterstrichen – darzulegen“. Ah, da ist
ein Grammatikfehler, das hab ich noch gar
nicht gemerkt. Das ist letztlich auch nur
ein Auswuchs davon, was Jobcenter machen
dürfen. Weil Jobcenter seit diesem Jahr
sanktionieren sollen, wenn es sogenanntes
„sozialwidriges Verhalten“ gibt. Und dann
passiert natürlich auch sowas, weil hier
dann der Unterhalt von einem Vater
eingetrieben werden soll. Deswegen haben
wir eine Aktion gemacht, Frag den Staat,
„Frag das Jobcenter“, und über die
Jobcenter, über Frag den Staat, haben wir
versucht, alle Zielvereinbarungen und alle
internen Weisungen, die die Jobcenter
haben, herauszubekommen. Diese Dokumente,
die regeln in der Regel dann, wie
Sanktionen vergeben werden, wie die
Jobcenter sich selbst aufstellen, um zum
Beispiel mit Sanktionen umzugehen. Das
haben bis heute so viele Leute gemacht,
dass alle Jobcenter schon angefragt
wurden, nach Zielvereinbarungen und
internen Weisungen, und die Hälfte aller
Zielvereinbarungen und Weisungen jetzt
schon online ist. Und da gibt's dann auch
Perlen wie diese: „Sehr geehrter Herr
Beier, ich habe mir abgewöhnt mich
über die Triebfedern mancher Zeitgenossen
hierzulande noch zu wundern. Wenn Sie
unsere Zielvereinbarung glücklich macht,
hier bitte.“
Gelächter
Applaus
Oder vom Jobcenter Nürnberg-Stadt.
„Eine Übersendung von internen Weisungen
ist leider nicht möglich, da diese von
Mitarbeitern des Jobcenters durch Lernen,
Forschen, Nachdenken, Lesen oder auch
Diskutieren erstellt wurden. Sie stellen
somit geistiges Eigentum dar.“ Und dann
haben wir uns gedacht, so ne kreative
Antwort, da müssen wir dem Jobcenter
Nürnberg-Stadt ein bisschen unter die Arme
greifen, und dann haben wir uns gedacht,
wenn die so wichtig sind, diese internen
Weisungen und Arbeitshilfen, machen wir
doch gleich eine ganze Verlagshomepage für
die. Haben wir also das Standardwerk zu
internen Weisungen des Jobcenter Nürnberg
angepriesen das ist 'ne ganze Homepage
inklusive Entstehungsgeschichte des
Ganzen, und Rezensionen, ein gewisser
Thomas de Maizière sagt da, „Die
Mitarbeiter des Jobcenters Nürnberg-Stadt
haben die Weisungen durch Lernen,
Forschen, Nachdenken, Lesen, oder
auch Diskutieren erstellt. Respekt!“
GelächterApplaus
Und jetzt haben wir diese Mittel der
Massenanfragen, und die Frage ist
natürlich, auf wen richten wir das als
Nächstes? Und da freuen wir uns sehr über
Hinweise, was für Listen von interessanten
Dokumenten es so gibt, welche Behörden
vielleicht ein bisschen angestupst werden
sollten, um Dokumente herauszugeben.
Vielleicht auch im Hinblick auf…
…sowas!
Da geht's um Volkswagen. Das ist eine
Antwort, die die deutsche Umwelthilfe vom
Verkehrsministerium bekommen hat. Das sind
nur die ersten 300 Seiten. Gerade so im
Volkswagenbereich sieht man ganz gut, dass
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse da oft
als Ablehnungsgrund benutzt werden, wir
haben selbst auch so eine Antwort
bekommen. Das ist eine Antwort, die wir
vom Wirtschaftsministerium bekommen haben,
und die fanden wir so schön, dass wir
daraus eine Kunstedition gemacht haben.
Eine limitierte Kunstedition, 50 Stück
davon haben wir, guckt sie euch doch an,
wenn ihr mögt. In DIN A3 übrigens, und die
sind dann handgefaltet und handgelocht, so
wie das Original auch. Gut. Die Frage ist
dann aber, was macht man, wenn so
Massenanfragen nicht funktionieren. Was
macht man, wenn man mit der Hamburger
Polizei zum Beispiel zu tun hat? Die
Hamburger Polizei, die wurde vor knapp 2
Jahren gefragt, über einen Antragsteller,
von FragDenStaat, ob es dort eine Datei
zur Sportgewalt gäbe. Und diese Dateien
zur Sportgewalt, die gibt's in den meisten
Bundesländern, da steht dann zum Beispiel
drin, wer als Hooligan gesehen wird, das
ist ein ziemlich wirrer Vorgang, den es da
in der Regel gibt, wie man da reinkommt.
Vor allem ist dann nicht klar, wie man
wieder rauskommt, aus solchen Dateien, hat
eventuell Probleme wenn man drinsteht, und
die Hamburger Polizei hat nun geantwortet,
„Nee, so ne Datei zu Sportgewalt, die
haben wir nicht.“ Ein Jahr später gab es
dann eine Anfrage in der Hamburger
Bürgerschaft dazu, von einer Abgeordneten,
und da hat dann der Innensenat
geantwortet, „Ja, wir haben eine solche
Datei, und wir haben sie seit neun
Jahren.“ Dann war die große Frage, ja, wie
kann das denn sein, der Antragsteller hat
nochmal nachgefragt, und die Polizei hat
gesagt, ja, da handelt es sich um ein
bedauerliches Missverständnis, sie haben
nach einer Datei zur Sportgewalt gefragt,
wir haben aber nur eine Datei zur Szenen-
und Gruppengewalt im Sport.
Gelächter
Das ist also etwas ganz anderes. Wir
wissen aber, das ist kein Missverständnis,
das ist einfach eine Lüge. Und wir wissen
das deswegen, weil wir einfach den
internen Briefverkehr angefordert haben,
den die Polizei zur Beantwortung der
Originalanfrage so produziert hat, und da
steht drin, dass die eine Abteilung der
anderen Abteilung geschrieben hat, „Hier
geht es um die Datei zur Szenen- und
Gruppengewalt im Sport, übernehmt ihr das
doch.“ Das heißt, wir können jetzt
nachweisen, dass das eine klare Lüge ist.
Und zum Ende der Geschichte hat dann die
Hamburger Polizei uns diese Auskunft in
Rechnung gestellt und 120 Euro dafür
verlangt. Ja, die Frage ist, was macht man
dann damit? Und wir haben ja letztes Jahr
zusätzlich zu FragDenStaat noch
VerklagDenStaat–
Gelächter
–ins Leben gerufen, das hilft aber auch
nicht weiter, deswegen haben wir dieses
Jahr ZerschlagDenSta– nee,
haben wir nicht.
Gelächter
Haben wir nicht.
Applaus
Soweit sind wir wirklich nicht, aber, die
Domain gehört uns, äh…
Gelächter
…müsst ihr gar nicht versuchen. Nee. Wir
haben zwei andere, glaube ich, ziemlich
entscheidende Sachen gemacht. Wir haben,
zusammen mit Wikimedia, einen
Gebührenfonds ins Leben gerufen. Wikimedia
zahlt.. übernimmt Gebühren, für
IFG-Anfragen, sofern die Inhalte dieser
Anfragen, die dann rauskommen, dann auch
in Wikimedia-Projekten genutzt werden
können. Also zum Beispiel, als Beleg und
Quelle in der Wikipedia. Oder, ein
Datensatz, der in die Wikidata, bei
Wikidata eingepflegt werden kann. Wenn das
so ist, dann übernimmt Wikimedia unter
Umständen die Gebühren, glaube ich, ein
ziemlich wichtiges Projekt, und vor allem
haben wir dieses Jahr Transparenzklagen.de
gelauncht, gemeinsam mit der großartigen
Gesellschaft für Freiheitsrechte, wo ihr
auch Fördermitglied werden könnt, und da
spenden, das ist sehr wichtig,
Transparenzklagen.de ist ein Klagefonds.
Wir übernehmen die Kosten. Für eure
Klagen, sofern ihr eine Klage habt, die
erfolgsversprechend ist und das sind sehr
viele Klagen in diesem Bereich, die dann
auch eine gewisse strategische Bedeutung
haben. Das heißt, ihr stellt einen Antrag
über FragDenStaat, ihr kriegt eine
Ablehnung, ihr legt Widerspruch ein, und
wenn ihr dann vor Gericht ziehen wollt,
dann finanzieren wir das für euch, und wir
stellen euch auch Anwälte dafür.
Applaus
Wie sieht das konkret aus? Hier mal ein
Beispiel von der FIfF, von Rainer Rehak,
der da klagt grad, das haben wir nicht
übernommen, aber hätten wir sehr gerne
getan, der hat nach der Rigaer Straße
gefragt, nach den „kriminalitätsbelasteten
Orten“ in Berlin, wollte dazu mehr Infos
haben, und die Polizei Berlin hat
geantwortet, „Staatliches Handeln,
inbesondere polizeiliches Handeln, darf
nicht kalkulierbar oder voraussehbar sein“
Und das ist ja nun mal wirklich die
Geheimdienstifizierung der Polizei, gegen
sowas muss man vor Gericht vorgehen, und
es ist sehr gut, dass die FIfF das da
macht. Deswegen, see you in court, wir
bringen euch vor Gericht! Und wenn ihr
wollt, dann finanzieren wir das auch für
euch. Wir klagen aber auch selbst, wir
haben selbst 5 Klagen eingereicht, dieses
Jahr, wir haben auch eine
Verfassungsbeschwerde eingereicht,
und zwar gegen diesen Paragraphen im
Transparenzgesetz in Rheinland-Pfalz. Da
steht drin, dass Antragsteller ihre
Identität erkennen lassen müssen, wenn sie
einen Antrag stellen, und das ist ein
klarer, ja, klarer Seitenhieb auf
FragDenStaat, weil vor allem über
FragDenStaat anonyme oder pseudonyme
Anträge bei den Behörden eintreffen, und
das ist ein klarer Eingriff in die
informationelle Selbstbestimmung, sagen
wir, weil es nicht sein kann, dass man ein
Grundrecht, nämlich das Grundrecht auf
informationelle Selbstbestimmung, weggibt,
um ein anderes Grundrecht zu bekommen.
Deswegen haben wir vor zwei Wochen
Verfassungsbeschwerde in Rheinland-Pfalz
und auch in Karlsruhe eingereicht.
Zumal dieser… diese Identitätsnachweise
nicht wirklich klar geregelt sind. Wie
sieht denn sowas aus? Also, in diesem Jahr
hat zum Beispiel jemand einen Antrag
gestellt, in Heidelberg, und hat dann
gesagt, ja, ich bin Karl Ernst Thomas de
Maizière, und hier, zur Identifizierung
finden Sie meinen Personalausweis.
Gelächter
Applaus
Das Ding ist, das hat funktioniert! Die
Stadt hat geantwortet: Ja, hier haben Sie
alles! Und auf die Erhebung von Gebühren
wird in diesem Einzelfall verzichtet.
Gelächter
Applaus
Es ist also eine wirklich sinnlose,
gesetzwidrige Regelung, die die da haben,
zumal wirklich jede Person, unabhängig von
Alter, von Wohnort, von Pass, das Recht
hat, solche Anträge zu stellen. Und da ist
es dann wirklich egal, ob man so oder so
aussieht. Das einzige Ding, die einzigen
die davon abgehalten werden, Anträge zu
stellen, das sind in Zukunft die hier:
Gelächter
Haben wir noch Zeit? Ich will
das nochmal sehen.
Gelächter
Naja is– okay. Haben wir nicht. Ähm…
…deswegen, glaube ich ist das sinnvoll,
wenn wir mehr Anfragen stellen, wenn wir
aber dann auch wirklich den ganzen Weg
gehen, und verklagen. Und sowohl der
Gebührenfonds mit Wikimedia als auch
Transparenzklagen, die haben das gleiche
Ziel wie im Prinzip die Massenanfragen. Es
geht darum, ökonomischen Druck,
wirtschaftlichen Druck aufzubauen. Wenn
wir immer gegen Gebührenforderungen
vorgehen, wenn wir immer Widerspruch
einreichen, wenn es eine unrechtmäßige
Ablehnung gab, dann wird das letztlich so
teuer, dass es einfacher ist, dass es
billiger ist, viele dieser Informationen
aktiv zu veröffentlichen. Und das ist das
neue Shirt, das wir haben. Wir haben auf
der Rückseite noch ein bisschen Platz. Das
sind die Tourdaten, die wir haben, das
sind die Verwaltungsgerichte, und die, äh,
Oberverwaltungsgerichte.
Gelächter
Applaus
Da ist noch viel, viel Platz in der
zweiten Auflage, wir, wir hoffen, dass da
mehr von euch dann noch kommt. Und
deswegen– die große Frage: „Seid ihr
dabei?“, wir– wir haben jetzt so einen
Gebührenfonds, wir– wir haben jetzt einen
Klagefonds, ich glaube, es ist wichtig, da
viel mehr zu machen, auch auf Thüringen zu
schauen, in Thüringen wird's nächstes Jahr
wirklich entscheidend. Wenn wir es nicht
schaffen, unter einem linken
Ministerpräsidenten, rot-rot-grün, in
Thüringen, den Verfassungsschutz zur
Rechenschaftspflicht zu zwingen, dann
haben wir glaube ich einen ziemlich
entscheidenden Kampf verloren.
Deswegen, FOIA frei!
Applaus
Und, ähm, jetzt haben wir noch einen
kleinen Epilog. Vor zwei Jahren haben
Stefan und ich, äh, kommt ihr auf die
Bühne? Vor zwei Jahren haben Stefan und
ich auf der Bühne schon mal gerappt, ich
weiß nicht, ob das jemand mitbekommen hat,
aber danach sind viele Leute auf uns
zugekommen und haben gesagt: „Macht das
bitte, bitte, bitte nie wieder!“
Gelächter
Applaus
Vielleicht können wir das Saallicht schon
mal ein bisschen runterdimmen? Genau, und
wir gehen mal in die Mitte… Und deswegen
haben wir uns diesmal ein… ein neues Genre
ausgedacht. In dem's um den Freedom of
Information Act geht, und, FOIA frei, und,
äh– ja? Gut.
♫ Intro-Melodie ♫
Gelächter
♫ Crescendo
Jubel
Applaus
♫ Mündig ist, wer Akten kennt
♫ durch FOIA, das die Fakten nennt
♫ Ich bringe Licht,
♫ Dich vor's Gericht
♫ Zugang nur „unter 3“?
♫ FOIA frei!
♫ Frag an!
♫ Frag an!
♫ Frag an!
♫ Stefan Wehrmeyer: Sündig ist, wer
Akten führt
♫ Trotz FOIA sie nicht publiziert
♫ Ein Dokument
♫ das keiner kennt
♫ ist einerlei?
♫ Stefan und Arne: FOIA frei!
♫ Frag an!
♫ Frag an!
♫ FOIA frei!
♫ Frag an!
♫ Frag an!
♫ …frei!
♫ Arne: Gefährlich ist das Dokument
♫ Mit FOIA es dann jeder kennt
♫ Arne und Stefan: Frag an!
♫ Arne: Gefährlich ist auch FragDenStaat
♫ mit FOIA schreiten wir zur Tat
♫ Bist du dabei?
♫ Stefan und Arne: Frag an!
FOIA frei!
♫ Eileen Wagner: Nur ein Klick,
♫ Erschafft Einblick
♫ Ein Klick,
♫ nur ein Klick
♫ verschafft Einblick
♫ Stefan und Arne: Frag an!
♫ Frag an!
♫ …frei!
♫ Frag an!
♫ Frag an!
♫ FOIA frei!
♫ Frag an!
♫ Frag an!
♫ FOIA frei!
Frag! an!
Applaus
Jubel und Applaus
Rufe aus dem Publikum: „Zugabe“
Herald: Also ich glaube, ich brauche nicht
nochmal für'n Applaus zu fragen das war
glaube ich eindeutig.
Rufe aus dem Publikum: „Zugabe!“
Herald: Also wir haben noch die
Möglichkeit für Fragen
Gelächter
Aber nur sehr wenige
Arne: Wie wollt ihr das ab– ja…
Wie wollt ihr das aufräumen, das ist ne Frage.
Gelächter
Applaus
Herald: Wir haben tatsächlich eine Frage!
Ich würde gerne die Person an Mikrofon 4
hören, bitte
Frage: Ja, was ist denn aus denn aus
der Hamburger Polizei geworden, mit der
Falschaussage? Darf ich das?
Was passiert da? Was macht ihr?
A: Ähm, es hat da jemand
Dienstaufsichtsbeschwerde eingereicht,
und, da hat man aber kein Recht, zu
erfahren, was daraus geworden ist.
Gelächter
Herald: Genau. Ich glaube es gibt
auch noch eine Frage aus dem Internet?
Signal Engel: Ja, es gibt eine Frage, und
die Frage ist: Wie man Anfragen stellt,
wenn es um den öffentlichen Rundfunk geht.
Und um die Kostentransparenz, wie zum
Beispiel beim Kirchhof-Gutachten.
A: Da wo's nicht journalistisch-
redaktionelle Inhalte gibt, da kann man
die auch anfragen. Allerdings ist gerade
so bei ARD, ZDF das ziemlich schwierig
man kann aber zum Beispiel den WDR
anfragen, da ist es ziemlich klar, das
funktioniert, beim NDR ist das ein
bisschen schwierig, das ist eine
4-Länder-Behörde, und die sagen dann
immer, dass grad das andere Bundesland
zuständig ist.
Gelächter
Genau. Aber im Prinzip sind
die genauso anfragbar, ja.
Engel: Vielen Dank!
Herald: Mikrofon 2?
F: Ja, es kommt häufiger vor, dass man
eine Anfrage stellt, 30 Tage wartet, dann
erinnert man daran, dass die Frist
abgelaufen ist und dann kriegt man nach
2 Tagen eine Antwort. Kann man das
irgendwie von vorneherein beschleunigen?
A: Nee, das ist ganz schwer. Also, die
Fristen, das sind halt Sollfristen. Das
heißt, wenn da nix passiert, dann passiert
da halt nix. Man kann den
Datenschutzbeauftragten einschalten, um
Vermittlung bitten, man kann direkt mit
einem Anwalt kommen, zum Beispiel. Aber
ich glaube, das– im Einzelfall sollte man
das auch nicht unbedingt machen. Ja. Je
mehr Anfragen man stellt, desto eher
werden, glaube ich, Behörden darauf
trainiert dann auch innerhalb der Gesetze
zu antworten.
Herald: Alles klar. Wir haben leider keine
Zeit mehr, aber ich glaube, Arne kann man
auch auf jeden Fall bei der Open Knowledge
Foundation finden. Ich hätte gerne noch
einmal einen tosenden Beifall, bitte!
tosender Beifall
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im Jahr 2017. Mach mit und hilf uns!