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#rC3 - Globalisierung, Digitalisierung und die Wachstumsfrage

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    rC3 Vorspannmusik
  • 0:13 - 0:19
    Herald: ...und Beschleuniger von Krisen
    ist. Wohin wachsen wir also? Lasst uns
  • 0:19 - 0:23
    über den Rückbau geldbasierter
    Versorgungssysteme sprechen, über
  • 0:23 - 0:27
    Deglobalisierung und
    Technologieunabhängigkeit. An dieser
  • 0:27 - 0:30
    Stelle bitte begrüßt und mit allen nötigen
    Emojis im Chat
  • 0:30 - 0:34
    Professor Dr. Niko Paech
  • 0:34 - 0:37
    Einen wunderschönen
    guten Tag, meine sehr verehrten Damen und
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    Herren. Ich möchte mich für die
    freundliche Einladung zur Remote Chaos
  • 0:42 - 0:47
    Experience ganz herzlich bedanken. Der
    Titel meiner Ausführungen lautet
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    "Globalisierung, Digitalisierung und die
    Wachstumsfrage". Und die Agenda meines
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    Vortrags hat folgendes Aussehen. Zunächst
    möchte ich auf eine ganz sporadische
  • 0:56 - 1:01
    Situationsanalyse und den Stand der
    aktuellen Nachhaltigkeitsdebatte eingehen,
  • 1:01 - 1:07
    um dann mit Ihnen einen kleinen Abstecher
    in die Welt der Wachstumskrisen, aber auch
  • 1:07 - 1:11
    der Wachstumskritik zu unternehmen. Das
    beides ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
  • 1:11 - 1:16
    Das heißt, ich kann mich hier nur auf drei
    Ebenen der Wachstumskritik für heute
  • 1:16 - 1:21
    beschränken. Daran anknüpfend möchte ich
    Sie Einblick nehmen lassen in das von mir
  • 1:21 - 1:26
    in die Diskussion eingebrachte Konzept der
    sogenannten Postwachstumsökonomie. Dabei
  • 1:26 - 1:31
    handelt es sich um ein geordnetes
    Rückbauprogramm für Industrie- und
  • 1:31 - 1:35
    Konsumgesellschaften. Und dieser Rückbau
    muss natürlich, weil der Markt zwei Seiten
  • 1:35 - 1:40
    hat, eben auch dann auf zwei Ebenen
    erfolgen. Mit Suffizienz ist gemeint,
  • 1:40 - 1:43
    eine völlig neue Perspektive zu entwickeln
  • 1:43 - 1:47
    für den Zusammenhang zwischen
    Konsum, Mobilität,
  • 1:47 - 1:52
    naja, Technologie auf der einen Seite und
    Lebensqualität auf der anderen Seite. Und
  • 1:52 - 1:57
    die Subsistenz markiert hier, dass wir
    eine ganz andere Güterproduktion brauchen,
  • 1:57 - 2:01
    eine, die graduell zumindest
    deglobalisiert und deindustrialisiert ist,
  • 2:01 - 2:06
    das heißt, die in gewisser Weise zur
    Konsequenz hat, dass aus Konsumenten,
  • 2:06 - 2:09
    sogenannte Prosumenten werden. Ich spreche
    hier in diesem Zusammenhang von
  • 2:09 - 2:13
    interaktiver Güterproduktion. Sollte die
    Zeit dann noch reichen, würde ich auf
  • 2:13 - 2:19
    mögliche Transformationsszenarien
    eingehen. Zur aktuellen Situation wäre zu
  • 2:19 - 2:26
    sagen, dass gemäß des Konzepts des Country
    Overshoot Days immer mehr Länder auf
  • 2:26 - 2:29
    diesem Planeten ökologisch brutalst über
    ihre Verhältnisse leben. Was ist damit
  • 2:29 - 2:34
    gemeint? Das ist ja eine sehr wertende
    Aussage. Nun, das Overshoot-Day-Konzept
  • 2:34 - 2:40
    beruht darauf, alle pro Jahr verfügbaren
    ökologischen Ressourcen, die natürlich
  • 2:40 - 2:44
    begrenzt sind, auf diesem Planeten,
    egalitär auf alle derzeit lebenden
  • 2:44 - 2:50
    Menschen gleich zu verteilen. Demnach hat
    dann jedes Land entsprechend seiner
  • 2:50 - 2:55
    Population ein ganz bestimmtes jährliches
    Budget an ökologischen Quellen- und
  • 2:55 - 3:02
    Senkenfunktionen und müsste mit diesem
    Budget 365 Tage auskommen. Wenn wir uns
  • 3:02 - 3:09
    nun aber anschauen, wann die Länder dieses
    Planeten bereits ihre Ressourcen, die
  • 3:09 - 3:14
    eigentlich bis zum 31.12. um 0 Uhr 0
    reichen müssten, tatsächlich dann
  • 3:14 - 3:19
    verbraucht haben, dann sehen wir, dass die
    Bundesrepublik Deutschland schon am 3. Mai
  • 3:19 - 3:23
    diesen Tag erreicht hat und seit
    Aufzeichnung dieser Daten, die dann einmal
  • 3:23 - 3:28
    jährlich publiziert werden, rückt dieser
    Tag in Deutschland, aber auch in allen
  • 3:28 - 3:33
    anderen Ländern, immer näher an den
    Jahresanfang heran. Das Größte unter den
  • 3:33 - 3:37
    ökologischen Problemen, da erzähle ich
    Ihnen natürlich nichts Neues oder
  • 3:37 - 3:44
    Spannendes, ist der Klimawandel. Hier
    sehen Sie abgetragen über die Monate, wie
  • 3:44 - 3:49
    sich seit Aufzeichnung valider oder
    brauchbarer Klimadaten die
  • 3:49 - 3:54
    durchschnittliche Erdtemperatur entwickelt
    hat. Und Sie sehen auch, dass wir uns der
  • 3:54 - 4:00
    1,5-Grad-Restriktion, die ja auf der
    inzwischen legendär verklärten Pariser
  • 4:00 - 4:06
    Klimaschutzkonferenz verkündet wurde,
    bedrohlich genähert haben. Wenn wir großes
  • 4:06 - 4:11
    Glück haben, erreichen wir vielleicht
    einen Wert zwischen 1,5 und 2 Grad. Dafür,
  • 4:11 - 4:17
    damit dies Realität wird, alles zu tun,
    ist das Gebot der Stunde. Zwei Reaktionen
  • 4:17 - 4:22
    gibt es auf diese Gemengelage. Und damit
    beschreibe ich das Terrain der durchaus
  • 4:22 - 4:27
    kontrovers geführten
    Nachhaltigkeitsdebatte. Zum einen erleben
  • 4:27 - 4:32
    wir, dass das Konzept des sogenannten
    grünen Wachstums oder des Green Growths
  • 4:32 - 4:37
    oder der Green Economy die Debatte
    dominiert. Sowohl in der Politik als auch
  • 4:37 - 4:41
    in der Wissenschaft und natürlich erst
    recht in den Medien. Damit ist gemeint,
  • 4:41 - 4:47
    dass zeitgenössische Wohlstandsmodell,
    basierend auf Konsum, immer mehr Mobilität
  • 4:47 - 4:52
    und sonstiger Inanspruchnahme
    industriegemachter Bequemlichkeit nicht
  • 4:52 - 4:57
    einzuschränken oder strukturell zu
    verändern, sondern nur die Inhalte, d. h.
  • 4:57 - 5:04
    die Güter, die Technologien, die Science
    (?) so zu verändern, dass das selber auf
  • 5:04 - 5:07
    Wachstum beruhende Wohlstandsmodell
    neuerdings eben ökologisch verträglich
  • 5:07 - 5:12
    wird. Hier ist also der technische
    Fortschritt, wie man so sagen will, der
  • 5:12 - 5:16
    Dreh- und Angelpunkt einer Transformation
    mit Zielrichtung ökologische
  • 5:16 - 5:20
    Überlebensfähigkeit. Die ökologische
    Effizienz, auf die ich noch eingehe, ist
  • 5:20 - 5:25
    hier als eine Strategie oder Teilstrategie
    zu benennen, dann aber auch die
  • 5:25 - 5:28
    erneuerbaren Energieträger und drittens
    die geschlossenen,
  • 5:28 - 5:32
    entweder technischen oder
    biologischen Kreisläufe.
  • 5:32 - 5:35
    Dem gegenübergestellt
    erleben wir im Moment,
  • 5:35 - 5:39
    wenngleich mehr in der Nische befindlich,
    eben auch eine Nachhaltigkeitsdebatte,
  • 5:39 - 5:44
    die wachstumskritisch ist. Das heißt also,
    hier ist der kulturelle Wandel, also ein
  • 5:44 - 5:48
    völlig neues Verständnis von dem, was
    gutes und vor allem verantwortbares Leben
  • 5:48 - 5:53
    ist. Hier erleben wir also den kulturellen
    Wandel als Schrittmacher der Wende. Und
  • 5:53 - 5:57
    hier haben wir dann kein Schnittmengen-
    modell, das suggeriert, dass die
  • 5:57 - 6:01
    Wirtschaft weiter wachsen kann und damit
    eben soziale Probleme gelöst werden können
  • 6:01 - 6:05
    und zugleich die Ökosphäre stabilisiert
    werden kann. Sondern hier haben wir eher
  • 6:05 - 6:11
    eine Logik, die also dann als
    Teilmengenkonstruktionen dargestellt ist,
  • 6:11 - 6:16
    die kompatibel ist mit den Gesetzen der
    Thermodynamik, nämlich dass die Ökologie
  • 6:16 - 6:20
    nicht verhandelbar ist und auch nicht mit
    sich handeln lässt. D.h. technischer
  • 6:20 - 6:25
    Fortschritt kann nicht bewirken, dass die
    Wachstumsgrenzen nach außen verrückt
  • 6:25 - 6:30
    werden. Das bedeutet, dass also die
    Gesellschaft als Ganzes eingebettet sein
  • 6:30 - 6:34
    muss in die ökologischen Grenzen und nicht
    darüber hinaus wachsen kann. Und die
  • 6:34 - 6:38
    Ökonomie wiederum ist ein Teilsystem der
    Gesellschaft und stellt keinen Selbstzweck
  • 6:38 - 6:44
    dar, sondern ein Mittel zum Zweck, d. h.
    der Befriedigung der materiellen
  • 6:44 - 6:50
    Bedürfnisse jener Menschen, die innerhalb
    dieses Systems ihr Dasein fristen. Hier
  • 6:50 - 6:55
    sind vor allem maßvolle Lebensstile oft
    auch als Suffizienz bezeichnet, ein
  • 6:55 - 7:00
    relevanter Schrittmacher, ebenso aber wie
    die partielle und wohlgemerkt nur
  • 7:00 - 7:04
    punktuelle Selbstversorgung, d. h. der
    Ausstieg aus einer technisierten,
  • 7:04 - 7:10
    globalisierten, industrialisierten
    Güterversorgung. Wenn wir uns also vor
  • 7:10 - 7:14
    allem das Paradigma des grünen Wachstums
    und damit die sogenannte
  • 7:14 - 7:19
    Entkopplungungsstrategie näher anschauen,
    dann stellen wir fest, dass hier so viele
  • 7:19 - 7:23
    theoretische und empirische Widersprüche
    lauern, dass man diese Strategie nicht
  • 7:23 - 7:27
    ernsthaft in Erwägung ziehen kann. Aber
    eins nach dem anderen. Zunächst möchte ich
  • 7:27 - 7:31
    noch eine andere Ebene der Wachstumskritik
    mit Ihnen beschreiten, die aber dann
  • 7:31 - 7:35
    überleitet zu genau diesem Problem,
    nämlich der Unmöglichkeit eines
  • 7:35 - 7:39
    sogenannten grünen Wachstums. Und diese
    Ebene, die ich als erstes also beschreiben
  • 7:39 - 7:44
    möchte, bezeichne ich von ihrer,
    ja, von ihre Funktionsweise her,
  • 7:44 - 7:45
    wenn man so sagen will,
  • 7:45 - 7:49
    als Produktivitätsfalle. Wenn wir
    mal die Frage stellen, wie es überhaupt zu
  • 7:49 - 7:53
    diesem exorbitanten Reichtum kommen
    konnte, den wir derzeit auf dem Planeten
  • 7:53 - 7:57
    Erde erzielen und der noch vor wenigen
    Jahrzehnten selbst für die Reichsten der
  • 7:57 - 8:01
    Reichen Science-Fiction gewesen wäre, vor
    allem in Bezug auf die vielen technischen
  • 8:01 - 8:05
    und mobilitätsbasierten Möglichkeiten,
    über die wir verfügen.
  • 8:05 - 8:08
    Da gibt es verschiedene Antworten,
    verschiedene Narrative,
  • 8:08 - 8:11
    möchte ich fast sagen,
    die sich in den Sozial-
  • 8:11 - 8:15
    und damit auch Wirtschaftswissenschaften,
    aber auch in den Geisteswissenschaften
  • 8:15 - 8:19
    finden. Ein roter Faden, der sich durch
    all diese Narrative zieht ist, dass es
  • 8:19 - 8:25
    – natürlich – 4 industrielle Revolutionen
    waren, die also menschliche Gesellschaften
  • 8:25 - 8:32
    aus der Not befreit haben. Wobei dann
    unter Not zu verstehen war, dass jede Art
  • 8:32 - 8:37
    der Transformation von Materie in Güter
    sich eigentlich nur speisen konnte aus der
  • 8:37 - 8:42
    handwerklichen, der manuellen, der
    körperlichen Arbeit der Individuen einer
  • 8:42 - 8:46
    Gesellschaft. Und wenn dann alle
    arbeitsfähigen Menschen ausgelastet waren,
  • 8:46 - 8:50
    dann war damit auch ein Output-Niveau
    erreicht, das über Jahrtausende hinweg
  • 8:50 - 8:55
    nicht wachsen konnte. Erst mit der
    industriellen Revolution Nr. 1 – das war
  • 8:55 - 9:00
    die Etablierung der Dampfmaschine, mit der
    man dann Manufakturen, Werkstätten und zum
  • 9:00 - 9:03
    Teil auch die Agrarproduktion
    mechanisieren konnte –
  • 9:03 - 9:06
    gelang es plötzlich, aus diesem engen
    Korsett
  • 9:06 - 9:09
    der begrenzten Produktion auszubrechen,
    indem die menschliche Hand
  • 9:09 - 9:12
    jetzt nicht mehr direkt
    den Spaten oder den Hobel anfasst, sondern
  • 9:12 - 9:15
    einen Schalter umlegt und damit Kräfte
    entfesselt, die weit über die
  • 9:15 - 9:21
    Energievorräte eines menschlichen Körpers
    hinausreichen. So konnte also bei gleicher
  • 9:21 - 9:27
    Beschäftigung also die Produktion
    potenziert werden. Und das setzte sich
  • 9:27 - 9:31
    so fort mit entsprechenden Wachstumsraten
    über die 2. industrielle Revolution, also
  • 9:31 - 9:35
    die Elektrifizierung, dann die 3., die vor
    allem die erste Welle der
  • 9:35 - 9:41
    Computerisierung, der Mikroelektronik und
    damit auch der Automatisierung mit sich
  • 9:41 - 9:45
    brachte. Und jetzt erleben wir gerade den
    Beginn einer noch viel furioseren
  • 9:45 - 9:49
    industriellen Revolution, nämlich der
    sogenannten Industrie 4.0, die darauf
  • 9:49 - 9:54
    beruht, absolut alles, was in irgendeiner
    Form in Verbindung mit Wertschöpfung
  • 9:54 - 10:01
    steht, zu digitalisieren. Das Ganze mündet
    ein – also alle 4 industriellen
  • 10:01 - 10:05
    Revolutionen – in die Erhöhung, teilweise
    sprunghafte Erhöhung, der
  • 10:05 - 10:09
    Arbeitsproduktivität. Das heißt, wir
    brauchen immer weniger Arbeitskräfte, um
  • 10:09 - 10:16
    ein bestimmtes Quantum an Produktion zu
    gewährleisten. Und das hat natürlich dann
  • 10:16 - 10:20
    verschiedene Nebenwirkungen, außer dass
    wir immens reich geworden sind. Mit wir
  • 10:20 - 10:24
    meine ich natürlich nicht den globalen
    Süden oder noch nicht den globalen Süden,
  • 10:24 - 10:27
    der noch dort ist ja mit einer
    atemberaubenden Geschwindigkeit
  • 10:27 - 10:33
    festzustellen, dass also unser Industriemodell
    kopiert wird. Also das heikle Verhältnis,
  • 10:33 - 10:38
    das damit herauf beschworen wird, spielt
    sich ab zwischen technischen,
  • 10:38 - 10:42
    ökonomischen, ökologischen und schließlich
    auch sozialen Belangen. Denn genau
  • 10:42 - 10:47
    dieselbe Technologieentwicklung, die uns
    so reich hat werden lassen, bedingt ja
  • 10:47 - 10:51
    auch mit weniger Arbeitskraft in der Lage
    zu sein, ein bestimmtes Output-Niveau zu
  • 10:51 - 10:55
    erreichen. Und dies, das hat schon Karl
    Marx sehr trefflich beschrieben, kann dann
  • 10:55 - 10:58
    eben auch zu sozialen Krisen führen, weil
    wir dann eben Massenarbeitslosigkeit
  • 10:58 - 11:04
    befürchten müssen. Aber die Grundidee
    eigentlich der Entwicklung aller
  • 11:04 - 11:09
    Industriestaaten und zwar ganz egal,
    ob wir von sozialistischen
    Planwirtschaften oder
  • 11:09 - 11:14
    kapitalistischen Marktwirtschaften reden,
    ist, das hinreichendes Wachstum dafür
  • 11:14 - 11:19
    sorgt, dass die Früchte der Technisierung
    eben nicht einmünden in soziale Krisen.
  • 11:19 - 11:26
    Das heißt, wenn bei VW beispielsweise eine
    neue Generation der Robotik dafür sorgt,
  • 11:26 - 11:29
    dass man nur noch halb soviel Arbeiter
    braucht und Arbeiterinnen, um einen
  • 11:29 - 11:34
    bestimmten Output zu erzeugen und dann die
    Gefahr besteht, dass man die Hälfte der
  • 11:34 - 11:38
    Belegschaft freisetzen muss, dann müsste
    schlicht und ergreifend der Output nur
  • 11:38 - 11:41
    verdoppelt werden und schon würde trotz
    des technischen Fortschritts erreicht
  • 11:41 - 11:46
    werden, dass alle Menschen an Bord bleiben
    können, die dort bislang auch beschäftigt
  • 11:46 - 11:51
    waren. Aber was uns jetzt ins Haus steht
    an sprunghafter Steigung der
  • 11:51 - 11:57
    Arbeitsproduktivität, das ist absolut
    epochal. Die sogenannte Industrie 4.0
  • 11:57 - 12:00
    beruht auf verschiedenen Paradigmen, die
    Sie alle wahrscheinlich besser kennen als
  • 12:00 - 12:05
    ich, als Teilnehmer dieser Konferenz. Also
    künstliche Intelligenz. Also ?
  • 12:05 - 12:10
    Intelligenz, Robotik, ein soge-
    nanntes Internet der Dinge, Fab-Labing,
  • 12:10 - 12:15
    3D-Druck, BigData, vor allem in der
    wissensintensiven Wirtschaft und
  • 12:15 - 12:18
    Dienstleistungswirtschaft,
    Beratungswirtschaft, auch
  • 12:18 - 12:23
    Finanzwirtschaft. Dann, eine völlig
    erweiterte Möglichkeit von Sensorik etwa
  • 12:23 - 12:27
    in Fertigungsstätten oder dort, wo
    Endfertigung stattfindet. Vor allem dann
  • 12:27 - 12:31
    eben dort auch digitale Endgeräte mit der
    sogenannten SLAM-Charakteristik und den
  • 12:31 - 12:37
    weiteren Entwicklungen, die sich daraus
    eben ergeben haben. Wenn wir nun also die
  • 12:37 - 12:43
    Frage stellen, wie es also aussieht mit
    dem Zusammenhang zwischen technischem
  • 12:43 - 12:46
    Fortschritt und der Stabilisierung einer
    modernen Gesellschaft, dann ist die Frage
  • 12:46 - 12:50
    relevant: Wie viel Arbeit braucht eine
    Volkswirtschaft? Und die Arbeitsnachfrage
  • 12:50 - 12:56
    hängt eben ab. 1. vom Output der
    Volkswirtschaft – hier dargestellt als Y – und
  • 12:56 - 13:03
    dem pro Output-Einheit notwendigen Input
    an Arbeitskräften. Und dieser Quotient ist
  • 13:03 - 13:06
    eben der, der sich permanent verändert
    durch technischen Fortschritt. Und wir
  • 13:06 - 13:10
    stehen damit an einer Eskalationsstufe.
    Wenn wir hinreichendes Wachstum bei
  • 13:10 - 13:17
    technischem Fortschritt erzielen, dann
    haben wir zwei Pluspunkte, nämlich einmal
  • 13:17 - 13:21
    Vollbeschäftigung. Trotz der eben
    Automatisierung – oder Rationalisierung
  • 13:21 - 13:25
    nennt man das ja auch oft so im Volksmund
    – und einem höheren Einkommens- und
  • 13:25 - 13:30
    Konsumniveau. Denn: Wenn die Technik die
    Produktivität erhöht, dann sind
  • 13:30 - 13:34
    diejenigen, die einen Job haben, gesegnet
    damit, ein höheres Einkommen zu erhalten.
  • 13:34 - 13:37
    Das heißt, sie können dann auch das, was
    zusätzlich produziert wird, durch den
  • 13:37 - 13:40
    technischen Fortschritt, also die
    gewonnene Produktivität, eben auch kaufen
  • 13:40 - 13:45
    können. Und das ist das Märchen vom
    immerwährenden Wohlstand. Und dem
  • 13:45 - 13:50
    gegenübergestellt eben die Tragödie. Würde
    das Wachstum nicht hinreichen, um also
  • 13:50 - 13:55
    tatsächlich Beschäftigungslosigkeit zu
    vermeiden, dann drohen soziale Krisen. Ich
  • 13:55 - 14:00
    sag nochmal Karl Marx hat dazu schon als
    Pionier sehr viel geschrieben. Was sich
  • 14:00 - 14:04
    daraus ergibt, lässt sich im Sinne einer
    Eskalation sehr gut darstellen, wenn wir
  • 14:04 - 14:08
    zwei Wachstumsraten mal unterscheiden.
    Wachstumsraten der volkswirtschaftlichen
  • 14:08 - 14:11
    Produktion – oder Sie können auch sagen des
    Bruttoinlandsproduktes, das würde hier
  • 14:11 - 14:14
    rein heuristisch jetzt von der
    Argumentation her keinen Unterschied
  • 14:14 - 14:19
    machen –, nämlich das mindestens
    erforderliche Wachstum, das bei einer ganz
  • 14:19 - 14:24
    bestimmten Automatisierung durch
    technischen Fortschritt also dann vonnöten
  • 14:24 - 14:29
    ist, um Vollbeschäftigung zu erhalten; und
    das tatsächlich mögliche Wachstum. Das
  • 14:29 - 14:33
    hängt natürlich nicht von der
    Produktivität ab, sondern das hängt
  • 14:33 - 14:39
    einfach davon ab, welche limitierenden
    Faktoren dem Wachstum Grenzen setzen. Und
  • 14:39 - 14:43
    wenn wir mal so ein bisschen auf die
    Historie dieser 4 industriellen Revolution
  • 14:43 - 14:48
    schauen und mal zunächst nur das nötige
    Wachstum, um die Volkswirtschaft stabil zu
  • 14:48 - 14:52
    halten – wenn wir uns mal dieses Wachstum
    näher anschauen, stellen wir fest, dass es
  • 14:52 - 14:57
    permanent natürlich höher gewesen als in
    der Epoche vorher. Das heißt, je mehr
  • 14:57 - 15:01
    Technik wir einsetzen können, um die
    Produktivität zu steigern, umso mehr muss
  • 15:01 - 15:05
    die Wirtschaft wachsen, um zu verhindern,
    dass auf diese Weise eben Arbeitskräfte
  • 15:05 - 15:11
    freigesetzt werden. Und die These, die ich
    hier schon, also über der Eintragung
  • 15:11 - 15:16
    Industrie 4.0 versuche, graphisch zu
    kommunizieren, lautet: Jetzt werden wir
  • 15:16 - 15:21
    ein noch viel, viel höheres Wachstum
    brauchen, um die immensen
  • 15:21 - 15:25
    Produktivitätsfortschritte bedingt durch
    die Digitalisierung sozial und politisch
  • 15:25 - 15:30
    aufzufangen. Wenn wir uns jetzt die andere
    Wachstumsrate angucken, also nicht die
  • 15:30 - 15:34
    theoretisch erforderliche, um
    Vollbeschäftigung trotz Automatisierung zu
  • 15:34 - 15:38
    haben, sondern jene, die überhaupt möglich
    war – Das ist die Rückschau bis zur dritten
  • 15:38 - 15:42
    industriellen Revolution – oder die
    vermutlich möglich sein wird – Ab da haben
  • 15:42 - 15:45
    wir ja keine Empirie mehr, sondern das ist
    schlicht und ergreifend meine These, die
  • 15:45 - 15:50
    ich aufstelle – dann stellen wir fest:
    Während der ersten 3 industriellen
  • 15:50 - 15:53
    Revolutionen haben wir mit der Brechstange
    und unter Plünderung des Planeten
  • 15:53 - 15:58
    irgendwie gerade erreichen können, dass
    das nötige, – für die Vollbeschäftigung –
  • 15:58 - 16:03
    nötige Wachstum dem Möglichen entsprach.
    Wir haben sogar eine Phase erlebt, wo das
  • 16:03 - 16:08
    Wachstum in Deutschland so boomte, dass
    trotz anfänglicher 3. industrieller
  • 16:08 - 16:12
    Revolution sogar ein Arbeitskräftemangel
    vorlag. Das ist die Zeit, als sie viele
  • 16:12 - 16:17
    Mitbürgerinnen und Mitbürger aus der
    Türkei haben überreden können, in
  • 16:17 - 16:21
    Deutschland die Zelte aufzuschlagen und
    hier zu arbeiten. Wir sollten diesen
  • 16:21 - 16:24
    Menschen vielleicht sogar dankbar dafür
    sein. Aber was uns jetzt droht, ist, dass
  • 16:24 - 16:30
    wir in ein doppeltes Dilemma schlingern.
    Erstens: Noch nie zuvor war Mitteleuropa so
  • 16:30 - 16:35
    reich wie jetzt und stand noch nie unter
    einem solchen Wachstumsdruck, weil der
  • 16:35 - 16:39
    technische Fortschritt, den wir anstrengen
    durch die Digitalisierung, eben durch die
  • 16:39 - 16:45
    Freisetzung von Arbeitskräften eben eine
    Zerreißprobe bedeutet. Gleichzeitig
  • 16:45 - 16:50
    standen wir noch nie vor solch eklatanten
    Wachstumsgrenzen. Denken wir an den
  • 16:50 - 16:55
    Klimawandel, den Artenschwund, die
    Verringerung der Ressourcenvorräte, vieles
  • 16:55 - 16:59
    andere mehr. Das muss ich Ihnen hier
    überhaupt nicht näher erläutern. Und diese
  • 16:59 - 17:04
    Kluft wird nicht durchhaltbar sein. Oder
    doch? Oder gelingt es doch, das mögliche
  • 17:04 - 17:09
    Wachstum so zu steigern, dass wir trotz
    ökologischer Grenzen in der Lage sind, den
  • 17:09 - 17:14
    digitalen Fortschritt politisch und sozial
    integer zu meistern? Nun, damit komme ich
  • 17:14 - 17:18
    auf die zweite Ebene der Wachstumskritik,
    festgemacht an der Frage, ob es denn nicht
  • 17:18 - 17:22
    doch so etwas wie grünes Wachstum geben
    kann, mit dem wir in der Lage sein können,
  • 17:22 - 17:28
    tatsächlich die beste aller Welten zu
    erreichen. Eine bequeme, auf technischem
  • 17:28 - 17:33
    Fortschritt beruhende Güterproduktion und
    Vollbeschäftigung und damit eben auch eine
  • 17:33 - 17:36
    gerechtere Verteilung natürlich des
    Überschusses einer Volkswirtschaft. Nun
  • 17:36 - 17:42
    hier habe ich eine kleine Karikatur für
    Sie. Die stammt aus einem Medium, das in
  • 17:42 - 17:48
    Frankreich Verbreitung findet und den
    Namen "La décroissance" hat. Das ist die
  • 17:48 - 17:52
    Postille der wachstumskritischen Bewegung
    in Frankreich, also der Décroissance-
  • 17:52 - 17:57
    Bewegung. Und Sie können vielleicht ja am
    Stil dieser Karikatur erkennen, dass hier
  • 17:57 - 18:01
    die Macherinnen und Macher von Charlie
    Hebdo diejenigen sind, die auch dieses
  • 18:01 - 18:07
    Journal am grafisch gestalten. Jetzt mal
    weniger lustig, wie sieht grünes Wachstum
  • 18:07 - 18:10
    denn überhaupt in Theorie und Praxis aus?
    Eigentlich ist es ganz simpel.
  • 18:10 - 18:12
    Es gibt zwei technologische Tricks.
  • 18:12 - 18:15
    Der eine wird als Effizienz
    bezeichnet und was ich hier
  • 18:15 - 18:20
    mache, ist, dass ich diese Logik nur
    anwende auf den Klimawandel, zu mehr
  • 18:20 - 18:24
    reicht die Vortragszeit nicht. Und da geht
    es natürlich um Energie und die
  • 18:24 - 18:30
    ökologische Effizienz würde dann als eine
    der beiden Greengrowth-Strategien bedeuten
  • 18:30 - 18:34
    möglichst wenig Primärenergie pro
    Wertschöpfung Einheit, pro
  • 18:34 - 18:39
    Produktionsergebnis, können Sie auch
    sagen, einzusetzen. Und die zweite
  • 18:39 - 18:44
    Strategie als Teil oder als zweiter
    Stützpfeiler des grünen Wachstums ist die
  • 18:44 - 18:48
    sogenannte ökologische Konsistenz. Hier
    geht es nicht darum, Ressourcen
  • 18:48 - 18:52
    – in diesem Fall Primärenergie –
    einzusparen, sondern die Qualität
  • 18:52 - 18:54
    der Umwandlung und der Auswahl
  • 18:54 - 18:58
    von Ressourcen so zu optimieren,
    dass die Schadintensität einer
  • 18:58 - 19:02
    verbrauchten Input-Einheit, also
    Primärenergie-Einheit möglichst gering
  • 19:02 - 19:05
    ist. Das heißt hier konkret bezogen auf
    das Beispiel Klimaschutz die
  • 19:05 - 19:10
    CO2-Intensität einer Primärenergie-Einheit
    zu minimieren und die erneuerbaren
  • 19:10 - 19:16
    Energieträger und das ist das Paradigma
    der deutschen Energiewende. Naja, das ist
  • 19:16 - 19:21
    natürlich dann alles nichts anderes als
    eine Strategie der Vermehrung der Nutzung
  • 19:21 - 19:24
    erneuerbarer Energieträger. Und der
    Gesamteffekt lässt sich dann als
  • 19:24 - 19:29
    verminderte CO2-Emission pro Wertschöpfung
    seiner darstellen. Und wenn Sie das
  • 19:29 - 19:32
    grafisch mal anschauen wollen, sieht das
    so aus wie hier rechts auf der Folie Das
  • 19:32 - 19:36
    Bruttoinlandsprodukt BIP abgekürzt soll
    weiter wachsen. Hurra! Unser Wohlstand
  • 19:36 - 19:40
    wird nicht eingeschränkt, aber die
    CO2-Emissionen sollen entweder nicht so
  • 19:40 - 19:45
    schnell wachsen, das nennt man relative
    Entkopplung, bringt aber gar nichts oder
  • 19:45 - 19:48
    sogar absolut gesenkt werden.
    Also das CO2-Niveau.
  • 19:48 - 19:49
    Und das müssen wir auch, weil in
  • 19:49 - 19:53
    der B.R.D. verbrauchen
    die Menschen im Durchschnitt 12 Tonnen an
  • 19:53 - 19:58
    CO2-Äquivalenten pro Kopf und Jahr und wir
    müssten runter auf eine Tonne laut Angabe
  • 19:58 - 20:04
    des Umweltbundesamtes, dass ja im Auftrag
    der Bundesregierung eben auch tätig ist.
  • 20:04 - 20:08
    Das heißt, wir müssten also die Pro-Kopf-
    Emission in Deutschland um den Faktor 12
  • 20:08 - 20:13
    verringern. Also gut, das ist eben dann
    das, was das grüne Wachstum, wenn es
  • 20:13 - 20:17
    diesen Namen verdienen wollte, leisten
    müsste. Und das scheitert auf mind.
  • 20:17 - 20:20
    den folgenden 4 Ebenen. Zunächst einmal
    scheint ja eine geradezu religiöse
  • 20:20 - 20:25
    Überschätzung des technischen Fortschritts
    vorzulegen, keineswegs nur in Politik und
  • 20:25 - 20:28
    Medien, sondern mehr noch eigentlich in
    den Universitäten, die ich inzwischen als
  • 20:28 - 20:34
    "churches of progress" bezeichnen würde.
    Zweitens vernachlässigen wir ein besonders
  • 20:34 - 20:39
    interessantes Phänomen in hoch modernen,
    aufgeklärten Konsumgesellschaften, nämlich
  • 20:39 - 20:42
    das, was ich unter ökologischem
    Versteckspiel oder auch ökologischem
  • 20:42 - 20:46
    Ablasshandel verstehe. Zu den
    Grundbedürfnissen des Homo sapiens zählt
  • 20:46 - 20:51
    nämlich nicht nur die Deckung essentieller
    Bedürfnisse und vielleicht noch einiger
  • 20:51 - 20:55
    Bedarfe, die darüber hinausgehen, sondern
    auch natürlich so etwas wie soziale und
  • 20:55 - 21:00
    psychische Integrität. Und das setzt
    voraus, kognitive Dissonanzen zu
  • 21:00 - 21:05
    verarbeiten oder in irgendeiner Form zu
    tilgen. Und die kognitive Dissonanz, die
  • 21:05 - 21:09
    einen besonders mit Umweltbewusstsein und
    Bildung ausgestatteter Homo sapiens
  • 21:09 - 21:13
    erleidet, wenn er eine Kreuzfahrt bucht,
    einen SUV kauft oder sich jedes
  • 21:13 - 21:16
    Vierteljahr ein neues Smartphone leistet,
    ist beträchtlich.
  • 21:16 - 21:19
    Was kann man tun, um diese
    kognitive Dissonanz zu beseitigen?
  • 21:19 - 21:23
    Indem ganz einfach das gelingt,
    indem zusätzlich
  • 21:23 - 21:26
    zu den bisherigen ruinösen ökologischen
    Aktivitäten dann eben auch noch die
  • 21:26 - 21:31
    Photovoltaikanlage aufs Dach gesetzt wird.
    ökofairer Kaffee getrunken wird oder
  • 21:31 - 21:35
    Unterwäsche von Hess Natur gekauft wird.
    So wächst also beides um die Wette, das
  • 21:35 - 21:39
    Schmutzigste und weniger Schmutzige und
    das kann natürlich innerhalb ökologischer
  • 21:39 - 21:42
    Grenzen auch nicht darstellbar sein. Und
    vor allem ist dieses ökologische
  • 21:42 - 21:48
    Versteckspiel eine Stabilisierung. Einer
    ökosuizidalen Lebensweise. Dann drittens
  • 21:48 - 21:52
    haben wir eine massive Unterschätzung
    sogenannter Rebound-Effekte. Das sind also
  • 21:52 - 21:57
    die Nebenwirkungen der eingesetzten
    technologischen oder sonstigen Innovation
  • 21:57 - 22:02
    mit dem Ziel immer, die Wirtschaft von
    ökologischen Schäden zu entkoppeln. Da
  • 22:02 - 22:06
    haben wir einkommensbedingte Rebound-
    Effekte, die darauf beruhen, dass wenn wir
  • 22:06 - 22:10
    effizientere in diesem Fall also um beim
    Beispiel zu bleiben, energieeffizientere
  • 22:10 - 22:14
    Technologien einsetzen, dass wir dann ja
    auch am Geld sparen. Und dieses eingesparte
  • 22:14 - 22:18
    Geld kann dann wieder investiert werden
    für den – wenn's sein muss – schmutzigsten
  • 22:18 - 22:22
    Konsum. Muss nicht so sein, aber laut
    aller vorliegenden Studien ist es
  • 22:22 - 22:26
    teilweise schon der Fall und ein viel,
    viel eklatanter Rebound-Effekt. Das ist
  • 22:26 - 22:31
    der materielle Rebound-Effekt beruht
    darauf, dass bis heute noch nie eine
  • 22:31 - 22:35
    Technologie erfunden oder auch nur
    ersonnen oder geschweige denn praktiziert
  • 22:35 - 22:40
    wurde, die es vermochte, einen
    ökologischen Schaden zu beseitigen, ohne
  • 22:40 - 22:46
    ihn räumlich, stofflich, zeitlich oder
    systemisch zu verlagern. Das muss man sich
  • 22:46 - 22:51
    klarmachen. Auch Photovoltaikanlagen und
    Windkraftanlagen fallen ja nicht vom
  • 22:51 - 22:55
    Himmel. Und vor allem Sie kommen nicht
    ohne Platzbedarf aus. Das heißt, sie
  • 22:55 - 22:58
    verlagern eigentlich ein ökologisches
    Problem in einen bestimmten
  • 22:58 - 23:02
    Aggregatzustand, in diesem Fall gasförmig,
    einfach nur in einen anderen physischen
  • 23:02 - 23:06
    und damit ökologisch relevanten
    Aggregatzustand. Das ist alles. Das heißt
  • 23:06 - 23:09
    übrigens nicht, dass Wind und Sonne
    schlechte Energiequellen sind. Es heißt
  • 23:09 - 23:14
    nur, dass sie das Wachstumsproblem nicht
    lösen können. Das ist gemeint. In der 4.
  • 23:14 - 23:18
    Ebene, die ich auch ohne Anspruch auf
    Vollständigkeit noch kurz benenne, geht
  • 23:18 - 23:22
    es mir darum, die Handlungsunfähigkeit und
    das Versagen moderner Politik
  • 23:22 - 23:25
    herauszustellen. Oft wird ja geklagt
    darüber: Ah, der Markt ist böse und er schafft
  • 23:25 - 23:29
    das natürlich nicht. Eine ökologische
    Wende herbeizuführen. Völlig richtig. Das
  • 23:29 - 23:33
    würde ich sofort unterschreiben. Aber die
    Politik, die versagt, muss dann eben bitte
  • 23:33 - 23:36
    auch genannt werden. Also zur
    Techniküberschätzung. Hier sehen wir mal
  • 23:36 - 23:40
    das Wunderwerk der deutschen Energiewende.
    Und nochmal: Die Bundesrepublik
  • 23:40 - 23:44
    Deutschland gilt auf dem internationalen
    Parkett als Musterschüler des
  • 23:44 - 23:48
    Klimaschutzes! Und nicht nur das, sondern
    auch vor allem als Musterschüler des
  • 23:48 - 23:51
    grünen Wachstums. Denn wir sind ja nicht
    nur Klimaschutzweltmeister, sondern wir
  • 23:51 - 23:56
    haben also, wenn wir mal von der Schweiz
    und vielleicht Neuseeland oder Schweden
  • 23:56 - 23:59
    absieht. Wir haben einen irre hohen
    Lebensstandard, vielleicht mit den
  • 23:59 - 24:04
    höchsten auf diesem Planeten halt. Und die
    Königsdisziplin der deutschen Energiewende
  • 24:04 - 24:08
    ist nichts anderes, als den Anteil der
    erneuerbaren Energieträger an der gesamten
  • 24:08 - 24:13
    Energieverbrauchsmenge kontinuierlich zu
    steigern. Und was in Deutschland geschehen
  • 24:13 - 24:16
    ist, vor allem auch mit der Brechstange
    gegen die letzten Landschaften, wenn wir
  • 24:16 - 24:20
    von Windenergie vor allem reden und
    Biogas, aber auch Photovoltaik-
  • 24:20 - 24:23
    Freiflächenanlagen, das kann sich sehen
    lassen. Das ist auch gar nicht zu
  • 24:23 - 24:28
    verstecken. Ganze Landschaften sind
    umgewandelt worden und das Ergebnis ist,
  • 24:28 - 24:31
    dass an der gesamten Primärenergiemenge,
    die wir in Deutschland verbrauchen, gerade
  • 24:31 - 24:37
    mal 15 % regenerativ sind. Und das ist zum
    Teil sogar eine sehr katastrophale
  • 24:37 - 24:43
    Energieerzeugung, weil nämlich etwa die
    nicht mehr ganz, aber bis vor kurzem die
  • 24:43 - 24:46
    Hälfte davon Bioenergie ist. Und
    Bioenergie hat keine positive CO2-Bilanz,
  • 24:46 - 24:52
    erhöht die CO2-Mengen. Das wissen wir
    inzwischen auf Basis von vielen Studien
  • 24:52 - 24:56
    zur Öko-Bilanzierung der sogenannten
    Bioenergie. Also das ist die Elektrizität,
  • 24:56 - 25:00
    die aus Biomassekraftwerken kommt. Und
    Wind und Sonne sind dann also weitaus
  • 25:00 - 25:04
    kleiner als einfach nur 15 %. Da sagen
    viele, naja, man muss halt den
  • 25:04 - 25:09
    Endenergieverbrauch eher anschauen, weil
    der Endergieverbrauch im Vergleich zum
  • 25:09 - 25:13
    Primärenergieverbrauch schon die
    Umwandlungsverluste, vor allem thermischer
  • 25:13 - 25:16
    Art, bei der Nutzung fossiler
    Energieträger, weil dies alles
  • 25:16 - 25:20
    eingerechnet wird. Was wir sehen, ist
    wirklich kein Silberstreif am Horizont.
  • 25:20 - 25:24
    Also der Klimaschutz-Musterschüler
    verharrt auf einem irre hohen Niveau an
  • 25:24 - 25:28
    Endenergieverbräuchen, bei entsprechend
    kleinem Teil eben nur an erneuerbaren
  • 25:28 - 25:32
    Energieträgern. Und wenn wir das mal im
    europäischen Vergleich sehen, dann muss
  • 25:32 - 25:37
    man folgendes konstatieren: Deutschland
    ist das Klimaschutzschmuddelkind. Alle
  • 25:37 - 25:41
    Länder, die noch schlechter dastehen als
    Deutschland im im europäischen Vergleich,
  • 25:41 - 25:44
    was den Anteil der erneuerbaren
    Energieträger am Endenergieverbrauch
  • 25:44 - 25:49
    anbelangt, sind also in gewisser Weise
    überhaupt nicht bestrebt, überhaupt
  • 25:49 - 25:54
    Klimaschutz zu betreiben. Wenn ich mir
    etwa Polen anschaue und ähnliche Länder.
  • 25:54 - 25:57
    Deutschland liegt unter dem europäischen
    Durchschnitt, also die meisten Länder
  • 25:57 - 26:02
    haben einen wesentlich höheren Anteil an
    erneuerbaren Energieträgern. Woran liegt
  • 26:02 - 26:06
    das? Dabei haben die nicht einmal so
    verschandelte Landschaften wie dort, wo in
  • 26:06 - 26:10
    Deutschland die Energiewende tobt, ganz
    einfach: Sie sparen mehr Energie. Sie
  • 26:10 - 26:14
    frönen möglicherweise nicht demselben
    Wachstumsdogma wie die Bundesrepublik
  • 26:14 - 26:18
    Deutschland. Wenn man sich dann die
    Bruttostromerzeugung anschaut, wird einem
  • 26:18 - 26:22
    schwindlig und Sie wissen ganz genau,
    warum die nach wie vor steigt, trotz
  • 26:22 - 26:27
    angeblicher Effizienz. Richtig, es ist die
    Digitalisierung. Wenn wir uns die
  • 26:27 - 26:31
    CO2-Emission anschauen, stellen wir fest,
    naja, es hat da so ein paar Einbrüche
  • 26:31 - 26:36
    gegeben im Hinblick auf die
    makroökonomisch betrachtete Höhe der CO2-
  • 26:36 - 26:41
    Mengen energiebedingt. Nur: Das hat nichts
    mit grünem Wachstum, auch nichts mit
  • 26:41 - 26:46
    technologischer Entkopplung zu tun.
    1. Die energieintensivsten Bestandteile
  • 26:46 - 26:51
    der Produktionsketten, die für unseren
    Wohlstand in Deutschland maßgeblich sind,
  • 26:51 - 26:56
    werden nach und nach, Tendenz steigend,
    verlagert. Natürlich nach China, Indien
  • 26:56 - 27:00
    und in einige andere Länder auch. So kann
    man natürlich die eigene umweltökonomische
  • 27:00 - 27:05
    Gesamtrechnung in Bezug auf CO2 wunderbar
    aufhübschen. Aber es sind dann Fake News
  • 27:05 - 27:09
    zu behaupten, wir hätten es geschafft, in
    Deutschland irgendwie einen Fortschritt in
  • 27:09 - 27:13
    Sachen Klimaschutz zu erreichen. Dann
    gibt's den Honecker-Degrowth-Effekt. Nun,
  • 27:13 - 27:17
    der Zusammenbruch der DDR hat in den 90er
    Jahren der B.R.D. den
  • 27:17 - 27:22
    Ruf eingebracht, doch mal zu zeigen, wie
    es wirklich geht mit Klimaschutz auf der
  • 27:22 - 27:27
    einen Seite und der Bewahrung eines
    rekordverdächtigen Wohlstandsniveaus. Die
  • 27:27 - 27:30
    Lehman Brothers haben Ähnliches geleistet.
    Man müsste jetzt noch Klaus Wowereit
  • 27:30 - 27:34
    nennen, der der beste Klimaschutzmanager
    aller Zeiten, ist halt nicht so ein guter
  • 27:34 - 27:39
    Flughafenmanager anscheinend oder
    politischer Manager. Aber dass er den BER
  • 27:39 - 27:43
    so verzögert hat, heißt, dass er die
    schlimmste CO2-Schleuder Berlins damit
  • 27:43 - 27:48
    eben auch verzögert hat. Aber noch
    wichtiger ist mir der 4. Aspekt: Das
  • 27:48 - 27:54
    legendäre, als Klimaschutzdurchbruch
    verklärte EEG in Deutschland. Bedeutet ja,
  • 27:54 - 27:58
    dass wenn ich Anlagen aufstelle und
    erneuerbaren Strom produziere, dann kriege
  • 27:58 - 28:00
    ich eine verdammt hohe Vergütung, nicht
    vom Staat, sondern von den
  • 28:00 - 28:05
    Energiekonzernen, die durch das EEG dazu
    verdonnert werden. So weit so gut. Und wenn
  • 28:05 - 28:09
    ich dann jetzt plötzlich so mehrere solcher
    Windparks eröffnet habe – hoffentlich nicht
  • 28:09 - 28:12
    unbedingt im Mittelgebirge, wo ich noch
    mehr Landschaft zerstöre, sondern an
  • 28:12 - 28:18
    geeigneter Stelle – und ich damit so viel
    Energie erzeuge, dass ich Kohle oder
  • 28:18 - 28:23
    Braunkohlekraftwerke herunterfahren kann.
    Hurra, hab ich dann CO2-Emissionen
  • 28:23 - 28:28
    eingespart? Punkt 1: Das klappt ja schon
    deshalb nicht, weil die Übertragungsnetze
  • 28:28 - 28:32
    und die Speicherkapazitäten so weit davon
    entfernt sind, sich auf das Niveau zu
  • 28:32 - 28:37
    entwickeln, das wir bräuchten, um
    eventuell erneuerbare Energieträger
  • 28:37 - 28:42
    hernehmen zu können, damit wir Braun- und
    Steinkohle ersetzen. Klammer zu. Aber
  • 28:42 - 28:45
    selbst wenn, dann haben wir folgendes
    Problem: Es gibt nämlich außer dem EEG
  • 28:45 - 28:50
    noch ein viel wichtigeres Rahmenwerk, was
    den gesetzlichen Klimaschutz anbelangt.
  • 28:50 - 28:54
    Und das ist der europäische
    Emissionshandel. Das heißt so viel wie,
  • 28:54 - 28:57
    dass jeder Betreiber eines fossilen
    Kraftwerks natürlich im Umfang der
  • 28:57 - 29:02
    durchschnittlichen jährlichen Emissionen
    Emissionszertifikate, also Lizenzen
  • 29:02 - 29:07
    braucht. Und die sind Geld wert. Wenn also
    jemand seine Emissionen senkt, dann unter
  • 29:07 - 29:11
    Umständen auch deshalb, um dann die
    Zertifikate, die nicht mehr benötigt
  • 29:11 - 29:15
    werden, auf dem dafür vorgesehenen Markt
    zu verkaufen. Wenn also in Deutschland
  • 29:15 - 29:21
    jemand ein Kohlekraftwerk runter fährt,
    weil es nicht mehr gebraucht wird durch
  • 29:21 - 29:25
    den Ausbau von Windkraft, dann werden die
    Zertifikate nicht verbrannt im Kamin,
  • 29:25 - 29:29
    sondern die werden schön hübsch verkauft.
    Und dann findet sich natürlich irgendwo in
  • 29:29 - 29:33
    Europa ein anderer Kraftwerksbetreiber,
    der sich freut, dass er diese Zertifikate
  • 29:33 - 29:37
    günstig kriegt. Denn wenn der bisherige
    Halter der Zertifikate sie nicht los wird,
  • 29:37 - 29:41
    dann wird der Preis solange gesenkt, bis
    die Zertifikate einen Käufer oder eine
  • 29:41 - 29:44
    Käuferin finden. Und wer sind die Käufer?
    Das sind diejenigen, die die
  • 29:44 - 29:48
    ineffizientesten Kraftwerke haben, weil
    für die ist es ja eine Option, lieber
  • 29:48 - 29:51
    Zertifikate zu kaufen, als durch
    technischen Fortschritt in irgendeiner
  • 29:51 - 29:56
    Form CO2 zurückzuhalten was übrigens
    – Klammer auf – auch nicht wirklich klappt
  • 29:56 - 29:59
    – Klammer zu –. Das heißt, das Ganze ist am
    Ende ein Nullsummenspiel. Deswegen können
  • 29:59 - 30:03
    wir an den Verläufen der CO2-Emissionen in
    der Bundesrepublik Deutschland überhaupt
  • 30:03 - 30:07
    nicht erkennen, ob wir irgendeinen
    Fortschritt in Sachen Klimaschutz erzielt
  • 30:07 - 30:11
    haben. Und wenn wir uns dann eben
    anschauen, wie die Verlagerung der
  • 30:11 - 30:17
    energiebedingten CO2-Emissionen weltweit
    erfolgt, dann ist das wirklich exorbitant.
  • 30:17 - 30:22
    Das heißt, wir verlagern immer mehr nach
    außerhalb, auch Europas, also nicht nur
  • 30:22 - 30:30
    innerhalb Europas. Eine zweite
    Sollbruchstelle des Wachstumsdogmas liegt
  • 30:30 - 30:33
    dort, wo wir nochmal zurückkehren
    vielleicht zu der Frage, woher unser
  • 30:33 - 30:36
    Wohlstand kommt. Ich habe schon gesagt, es
    sind 4 industrielle Revolutionen, die
  • 30:36 - 30:40
    maßgeblich dafür sind, aber die gehen
    natürlich einher mit einer entgrenzten
  • 30:40 - 30:46
    Produktion. D. h. die Technisierung der
    Produktion bedingt auch eine Zerlegung
  • 30:46 - 30:52
    jeglicher Produktionsprozesse in einzelne
    spezialisierte, isolierte und
  • 30:52 - 30:56
    standardisierte Einzelprozesse. Und die
    schieben wir dann auf der Erdoberfläche,
  • 30:56 - 31:02
    die dann zu einer globalen Produktionsstätte
    wird, immer genau dahin, wo die geringsten
  • 31:02 - 31:06
    betriebswirtschaftlichen Kosten sind, wo
    keine Steuern gezahlt werden, wo es keine
  • 31:06 - 31:08
    Gewerkschaften gibt oder die
    Gewerkschafter gerade im Knast sitzen und
  • 31:08 - 31:12
    so weiter und so fort. Und so kann man
    natürlich die Gesamtkosten entlang der
  • 31:12 - 31:16
    Kette, an deren Ende dann die
    Wohlstandsartefakte baumeln, die wir uns
  • 31:16 - 31:20
    sozusagen gönnen – die Kosten natürlich
    senken. Und wenn dann diese gesenkten
  • 31:20 - 31:24
    Kosten noch über Märkte, auf den
    Konkurrenz herrscht, über Preissenkungen
  • 31:24 - 31:28
    weitergegeben werden: Hurra! Dann kann sich
    wirklich jeder Menschen Samsung Galaxy
  • 31:28 - 31:33
    leisten, was früher mal ein Wunderwerk der
    Technik war. Diese Art der Produktion hat
  • 31:33 - 31:37
    aber eben die Charakteristik eines
    Kartenhauses. Die Komplexität, die
  • 31:37 - 31:41
    Risiken, die Verletzlichkeit und der
    Verlust vor allem auch an Autonomie und
  • 31:41 - 31:47
    Kontrolle über das, was da wie produziert
    wird, bedeutet, dass wir eine immer höhere
  • 31:47 - 31:51
    soziale Fallhöhe auch erreicht haben. Das
    heißt, wenn auch noch so weit entfernt ein
  • 31:51 - 31:55
    Störereignis eintritt, kann passieren,
    dass die gesamte Kette, das gesamte Netz
  • 31:55 - 32:00
    plötzlich in Erosion versetzt wird. Und
    die letzten Krisen das Platzen der New
  • 32:00 - 32:04
    Economy, die Peak-Oil-Krise Mitte der
    Nullerjahre, dann die Lehman-Brothers-
  • 32:04 - 32:08
    Krise, jetzt die Corona-Pandemie. Und mal
    sehen, was dann noch alles kommt an
  • 32:08 - 32:13
    Finanzkrisen, Inflationskrisen, vielleicht
    Eurokrisen und so weiter und so fort. Das
  • 32:13 - 32:18
    alles führt dazu, dass das Modell, in dem
    wir uns bewegen, eben immer fragiler wird.
  • 32:18 - 32:22
    Und einhergegangen mit dieser Art des
    Wirtschaftens ist eben auch eine
  • 32:22 - 32:27
    Verkümmerung der Fähigkeit, sich zumindest
    graduell selbst zu versorgen. Und Corona
  • 32:27 - 32:31
    ist in dieser Gemengelage für mich
    eigentlich eher so ein Prozess der
  • 32:31 - 32:34
    Aufdeckung. Was hier aufgedeckt wird, ist
    ein Zielkonflikt zwischen einer
  • 32:34 - 32:38
    technisierten und globalisierten
    Minimierung betriebswirtschaftlicher
  • 32:38 - 32:44
    Kosten, was sich dann niederschlägt in
    volkswirtschaftlichen Wachstum auf der
  • 32:44 - 32:48
    einen Seite und der Resilienz, d.h. der
    Krisenrobustheit auf der anderen Seite.
  • 32:48 - 32:53
    Wenn alles mit allem verbunden ist – und
    das ist das Resultat der Digitalisierung –,
  • 32:53 - 32:56
    dann geht eben auch alles den Bach runter,
    wenn an bestimmten Stellen eben die
  • 32:56 - 33:02
    exogenen Schocks oder Ereignisse für
    Schaden sorgen. Und das wirft uns zurück
  • 33:02 - 33:07
    auf die Ebene, da, wo gefragt wird, ob der
    Spatz in der Hand dann nicht vielleicht
  • 33:07 - 33:11
    besser ist als die Taube auf dem Dach.
    Denn der Spatz in der Hand heißt, etwas
  • 33:11 - 33:14
    bescheidener zu sein, aber dafür die
    Sicherheit zu haben, dass eine bestimmte
  • 33:14 - 33:21
    Versorgungsleistung auch erbracht werden
    kann. Corona-Viren und CO2-Moleküle haben
  • 33:21 - 33:25
    da also tatsächlich eine ähnliche
    Eigenschaft. Sie ... werfen uns
  • 33:25 - 33:29
    zurück vor die ursprüngliche
    Fragestellung, also am Vorabend der ersten
  • 33:29 - 33:34
    industriellen Revolution: Was geben wir
    alles auf? Was ist der Preis dafür, dass
  • 33:34 - 33:40
    wir diesen globalisierten, technisierten
    Wohlstand eben nutzen? Und diese
  • 33:40 - 33:47
    Wachstumsfrage, an die uns eben nicht nur
    der Corona-Effekt führt, lässt uns
  • 33:47 - 33:52
    natürlich auch einen ganz neuen Diskurs in
    Augenschein nehmen, der da überschrieben
  • 33:52 - 33:56
    ist mit Resilienz, also Krisenstabilität.
    Es gibt in der Tat so etwas wie eine
  • 33:56 - 34:01
    kleine Dogmenhistorie des Denkens in
    Kategorien von Resilienz, nämlich dass der
  • 34:01 - 34:05
    Spatz in der Hand, ich sage es nochmal,
    unter Umständen die bessere Lösung ist im
  • 34:05 - 34:09
    Vergleich zur Taube auf dem Dach. Ich will
    jetzt auf die einzelnen Autoren, die ich
  • 34:09 - 34:12
    abermals ohne Anspruch auf Vollständigkeit
    vermerkt habe, nicht eingehen. Will nur
  • 34:12 - 34:17
    sagen, dass resiliente Systeme natürlich
    kleinräumig, genügsam, autonom,
  • 34:17 - 34:21
    flexibel, vielfältig sind und
    gekennzeichnet sind durch eine viel
  • 34:21 - 34:25
    geringere Komplexität und geringere
    Distanz zwischen Verbrauch und Produktion.
  • 34:25 - 34:30
    Was übrigens den Nebeneffekt hat, dass wir
    dann Produktionsbedingungen eventuell eben
  • 34:30 - 34:36
    auch demokratischer, selbsttätiger
    gestalten können. Genügsamkeit ist aber
  • 34:36 - 34:41
    eine Voraussetzung dafür, denn die Abkehr
    von der großen globalisierten Wirtschaft
  • 34:41 - 34:46
    bedeutet immer, dass wir nicht dasselbe
    Wohlstandsniveau aufrechterhalten können.
  • 34:46 - 34:52
    Ja. Damit sind wir letzten Endes schon an
    dem Punkt, wo es um einen Lösungsvorschlag
  • 34:52 - 34:57
    geht, den ich als Postwachstumsökonomie
    bezeichne und der sich aus einer zunächst
  • 34:57 - 35:03
    einmal groben oder makroökonomischen
    Perspektive folgendermaßen skizzieren
  • 35:03 - 35:07
    lässt. Wir sind also durch die 4
    industriellen Revolutionen, vermittels eines
  • 35:07 - 35:13
    exponentiellen Anstiegs der
    Wohlstandsproduktion, immer reicher
  • 35:13 - 35:16
    geworden, haben aber tatsächlich die
    Belastungsgrenzen der Ökosphäre
  • 35:16 - 35:21
    durchbrochen und müssen jetzt durch einen
    Rückbau, weil die Technik nicht weiter
  • 35:21 - 35:25
    hilft – Das habe ich ja an Hand eines
    simplen Beispiels versucht grob zu
  • 35:25 - 35:31
    skizzieren – und müssen durch einen
    Rückbau praktisch der Gütermengen, der
  • 35:31 - 35:35
    Produktionskapazitäten, dafür sorgen, dass
    wir wieder innerhalb ökologischer Grenzen
  • 35:35 - 35:41
    verbleiben können. Und in diesem
    Zusammenhang habe ich versucht, die
  • 35:41 - 35:45
    sogenannte Postwachstumsökonomik, eine
    ökologisch orientierte, auf den Grundlagen
  • 35:45 - 35:50
    der Thermodynamik basierende Teildisziplin
    der Wirtschaftswissenschaften zu
  • 35:50 - 35:54
    etablieren. Und hier will ich Ihnen nur
    ganz kurz sagen, dass es hier um 3
  • 35:54 - 35:59
    wichtige Aspekte geht. Um Wachstumskritik
    aus theoretischer und empirischer, also in
  • 35:59 - 36:03
    jeder Hinsicht wissenschaftlicher Sicht.
    Dann aber auch die Frage nach dem
  • 36:03 - 36:07
    Wachstumszwängen. Und 3. schließlich – und
    darauf will ich jetzt ganz kurz noch
  • 36:07 - 36:11
    eingehen – 3. schließlich geht es in der
    Postwachstumsökonomk darum, was sind denn
  • 36:11 - 36:18
    dann zukunftstaugliche, nicht mehr auf
    Wachstum beruhende Versorgungssysteme, die
  • 36:18 - 36:28
    sich demokratisch, freiheitlich, friedlich
    auch wirklich umsetzen lassen? Und diese
  • 36:28 - 36:32
    verschiedenen Versorgungsmuster will ich
    heute nur ganz, ganz grob zusammenfassend
  • 36:32 - 36:39
    noch skizzieren und sie lassen sich
    unterteilen oder lassen sich erstrecken,
  • 36:39 - 36:43
    eigentlich auf die beiden Seiten eines
    Marktes, nämlich auf die Nachfrage- und
  • 36:43 - 36:47
    Angebotsseite. Also die Angebotsseite
    nehme ich als Nächstes, als Übernächstes
  • 36:47 - 36:51
    dran. Erstmal möchte ich den Blick mit
    Ihnen werfen auf die Nachfrageseite. Es
  • 36:51 - 36:57
    gibt viel Wissen inzwischen darüber, weil
    wirklich multi-disziplinär dazu geforscht
  • 36:57 - 37:00
    wurde. Über den Zusammenhang zwischen
    individuellem Wohlbefinden, Sie können
  • 37:00 - 37:04
    auch sagen, Lebensqualität oder
    Lebenszufriedenheit auf der einen Seite
  • 37:04 - 37:09
    und der Verfügbarkeit von Konsum,
    Mobilität, Digitalisierung und sonstiger
  • 37:09 - 37:13
    Industrie gemachter Bequemlichkeit auf der
    anderen Seite. Was wir hier erkennen, ist
  • 37:13 - 37:19
    das eine ganz, ganz grobe extrakthafte
    Skizzierung der wesentlichen Inhalte oder
  • 37:19 - 37:24
    Ergebnisse dieser Forschung ist: Kein
    Konsum, ist auch keine Lösung, völlig
  • 37:24 - 37:28
    klar. Aber für Konsum gilt dasselbe wie
    für jede Medizin, nämlich dass die Dosis
  • 37:28 - 37:33
    das Gift macht. Wir erleben im Moment eine
    Sättigungserscheinung ausgerechnet in den
  • 37:33 - 37:36
    reichsten Konsum- und
    Industriegesellschaften. Die
  • 37:36 - 37:39
    durchschnittliche psychische Gesundheit
    geht zurück. Orientierungslosigkeit,
  • 37:39 - 37:45
    Stress, Burn-out, digitale Demenz oder
    eben auch Aufmerksamkeitsdefizite. Dies
  • 37:45 - 37:50
    alles greift um sich. Womit ich sagen will
    ist, dass der Großteil – wir reden von 90%
  • 37:50 - 37:54
    – der Bevölkerung moderner
    Konsumgesellschaften über
  • 37:54 - 37:59
    ein Nutzen steigerndes, Lebensqualität
    erhöhendes Reduktionpotenzial verfügt, um
  • 37:59 - 38:06
    endlich stressfrei in der Lage zu sein,
    die nicht vermehrbare menschliche
  • 38:06 - 38:12
    Aufnahmekapazität und auch die nicht
    vermehrbaren psychischen Ressourcen auf
  • 38:12 - 38:16
    ein bestimmtes Quantum an Wohlstand zu
    richten, um das dann auch tatsächlich
  • 38:16 - 38:21
    ausschöpfen zu können, statt in einer
    Lawine der Multi-Optionalität zu
  • 38:21 - 38:26
    versinken. Das ist, um es ganz kurz und
    prägnant zu charakterisieren, der aktuelle
  • 38:26 - 38:31
    Zustand, den wir also durchleben. Dazu
    habe ich ein kleines Büchlein zusammen mit
  • 38:31 - 38:36
    Manfred Folkers vorgelegt. Hier geht es um
    eine buddhistische und eine eher
  • 38:36 - 38:42
    knallharte ökonomische Analyse der
    Möglichkeiten einer reduktiven Wende. Wenn
  • 38:42 - 38:46
    wir uns jetzt die Angebotsseite hingegen
    anschauen, dann müssen wir die Frage
  • 38:46 - 38:50
    stellen, wie denn das, was dann noch
    übrig bleibt, nach einer Entrümpelung der
  • 38:50 - 38:54
    Gesellschaft, wie das produziert werden
    kann? Und das verteilt sich auf 3
  • 38:54 - 39:00
    Produktionssysteme. Und zwar ist es so,
    dass derzeit ... dass diese 3
  • 39:00 - 39:04
    Produktionssysteme hinlänglich bekannt
    sind. Wir haben einmal die globalisierten,
  • 39:04 - 39:09
    kapitalintensiven, technisierten,
    industrialisierten Wertschöpfungsketten,
  • 39:09 - 39:13
    die uns, wie ich das ja heute grob
    beschrieben haben, so reich haben werden
  • 39:13 - 39:18
    lassen, uns aber auch an einen
    ökologischen Abgrund geführt haben. Und da
  • 39:18 - 39:22
    hilft uns die technologische Entwicklung
    eben nicht weiter. Dieser Teil der
  • 39:22 - 39:26
    Wirtschaft muss zurückgebaut werden, aber
    bitte nicht auf Null, sondern vielleicht
  • 39:26 - 39:31
    auf 50 %. Und das auch nicht von heute auf
    morgen im Sinne einer Rosskur, sondern
  • 39:31 - 39:34
    geordnet durch einen allmählichen
    kulturellen und hoffentlich auch
  • 39:34 - 39:39
    politischen Wandel. Dann müssen aber die
    beiden anderen Produktionssysteme, nämlich
  • 39:39 - 39:43
    die Regionalökonomie, die weniger komplex,
    weniger technisiert ist und natürlich
  • 39:43 - 39:48
    kürzere Distanzen zwischen Verbrauch und
    Produktion aufweist und die reine lokale
  • 39:48 - 39:52
    Subsistenzwirtschaft, – Sie können sagen
    Eigenarbeit, Selbermachen,
  • 39:52 - 39:55
    Selbstversorgung – diese beiden Bereiche
    müssen dann eben auch ausgebaut werden.
  • 39:55 - 40:02
    Wenn wir diese Transformation unter dem
    Aspekt gelingender gesellschaftlicher,
  • 40:02 - 40:06
    sozialer Gerechtigkeit und Stabilität
    betrachten, haben wir sofort ein Problem.
  • 40:06 - 40:11
    Wie können wir denn Vollbeschäftigung
    gewähren, wenn die Wirtschaft langsam aber
  • 40:11 - 40:17
    sicher um 50 % gemessen an ihrer
    Wertschöpfung zurückgebaut wird? Natürlich
  • 40:17 - 40:20
    durch Arbeitszeitverkürzung, durch eine
    gerechte Verteilung der dann noch
  • 40:20 - 40:25
    erforderlichen monetär entgoltenen
    Arbeitszeit. Nur mal angenommen, eine 20
  • 40:25 - 40:30
    Stundenwoche wäre tatsächlich zu
    etablieren, würde auf die Akzeptanz der
  • 40:30 - 40:34
    Gesellschaft stoßen, dann hätten wir
    Vollbeschäftigung auch bei einem rapiden
  • 40:34 - 40:39
    Rückgang der Produktion und damit der
    ökolomischen Belastung. Und wir haben 20
  • 40:39 - 40:45
    Stunden, die dann sozusagen als ein Bonus
    verbleiben, die wir als Ressourcenbasis
  • 40:45 - 40:51
    betrachten können, um ergänzend zu
    herkömmlichen Erwerbsmodellen eigene
  • 40:51 - 40:56
    Leistung zu erbringen in der Subsistenz.
    Also wir würden dann einen kulturellen
  • 40:56 - 41:00
    Wandel anzetteln müssen, der dazu führt,
    dass aus Konsumenten und Konsumentinnen,
  • 41:00 - 41:04
    Prosumenten und Prosumentinnen werden. Was
    sind das für Leute? Die sehen genauso aus
  • 41:04 - 41:07
    wie Sie und ich, sind gut gebildet,
    arbeiten aber nur noch im
  • 41:07 - 41:11
    Lebenszeitdurchschnitt und das ist
    wirklich nur ein ganz grober Richtwert und
  • 41:11 - 41:15
    nicht irgend so ein Rasenmäher-Prinzip
    oder sowas. Arbeiten eben nur noch 20
  • 41:15 - 41:19
    Stunden. Aber nutzen jetzt die
    freigewordene Zeit, die marktfreie Zeit
  • 41:19 - 41:22
    wie ich sie nenne, handwerkliche
    Kompetenzen, die auch durch ein
  • 41:22 - 41:27
    verändertes Bildungs- und Erziehungssystem
    wieder gefördert werden müssen. Und vor
  • 41:27 - 41:33
    allem neue soziale Netze, Verbindungen,
    Gebilde und Bewegungen nutzen diese 3 Ebenen
  • 41:33 - 41:40
    um kollaborativ, gemeinschaftlich ein, man
    könnte sagen eine Nebenökonomie
  • 41:40 - 41:44
    aufzubauen, in der wir selbst
    gemeinschaftlich produzieren, Dinge
  • 41:44 - 41:50
    gemeinschaftlich nutzen. Dinge reparieren.
    Und damit natürlich auch Vieles tun für
  • 41:50 - 41:53
    unsere Gesundheit und unsere
    Selbstwirksamkeit. Auch hier gibt es so
  • 41:53 - 41:57
    viele Studien aus der
    Bildungswissenschaft, auch aus der
  • 41:57 - 42:02
    Psychologie, die zeigen, dass die
    Entfremdung der hochtechnisierten, auch
  • 42:02 - 42:06
    digitalisierten Arbeit, die uns krank zu
    machen droht, allein dadurch rückgängig
  • 42:06 - 42:11
    gemacht werden kann, indem wir wieder auch
    Verrichtungen, die manueller
  • 42:11 - 42:16
    künstlerischer, handwerklicher oder
    agrarischer Art sind, wieder tatsächlich
  • 42:16 - 42:20
    etablieren. Das heißt ja nicht, dass wir
    plötzlich nur so arbeiten, sondern das
  • 42:20 - 42:24
    Modell, um das es hier geht es ein duales
    Modell, das zwei Standbeine hat. Das eine
  • 42:24 - 42:27
    Standbein – ich wiederhole das nochmal, weil
    es so oft falsch verstanden wird – heißt:
  • 42:27 - 42:31
    Wir sind gebildet, wir haben eine
    Industrie und wir verteilen die damit
  • 42:31 - 42:35
    einhergehende Arbeitszeit gerecht auf
    alle, damit wir auch Geld verdienen und
  • 42:35 - 42:39
    die andere Hälfte, deswegen "duales
    Versorgungssystem" besteht darin, dass wir
  • 42:39 - 42:45
    die freigestellte Zeit benutzen, um mit
    anderen gemeinsam eben eine Ökonomie der
  • 42:45 - 42:49
    Selbstversorgung aufzubauen. Stellen wir uns
    doch mal vor, wir würden dort, wo wir
  • 42:49 - 42:53
    leben, mit unserer Peergroup oder auch mit
    Nachbarinnen und Nachbarn zu fünft eine
  • 42:53 - 42:58
    Waschmaschine, ein Auto, einen
    Staubsauger, vielleicht einen Rasenmäher,
  • 42:58 - 43:02
    eine kleine Werkstatt und so weiter
    teilen. Dann denken sie erstmal: Ahja! Das
  • 43:02 - 43:06
    schlägt der Wachstumskritiker vor, um den
    Planeten zu retten. Nein! Das schlage ich
  • 43:06 - 43:09
    vor, um unseren Geldbeutel zu retten, weil
    ich dann natürlich sehr viel weniger Geld
  • 43:09 - 43:14
    brauche. Von allem nur ein Fünftel. Wenn
    wir dann noch über die Kapazität verfügen,
  • 43:14 - 43:19
    in eigenen Gärten oder in der solidarischen
    Landwirtschaft und anderswo auf viel
  • 43:19 - 43:25
    günstigere, aber eben auch durch eigene
    Mitwirkung erzeugte Nahrungsmittel eben
  • 43:25 - 43:28
    auch Geld zu sparen, sogar noch qualitativ
    höhere Nahrungsmittel zu haben. Wenn wir
  • 43:28 - 43:33
    dann noch die Nutzungsdauer der Produkte,
    mit denen wir uns umgeben, verdoppeln
  • 43:33 - 43:37
    können durch Instandhaltung, durch
    Reparatur, durch Upgrading, Updating und
  • 43:37 - 43:42
    so weiter, dann sparen wir so viel Geld,
    dass es uns nicht weh tut. In einer Welt
  • 43:42 - 43:46
    zu leben, in der wir eben durchschnittlich
    ein geringeres Geld Einkommen haben. Dafür
  • 43:46 - 43:50
    haben wir aber ein anderes Einkommen.
    Eines, das man nicht in Geld messen kann.
  • 43:50 - 43:54
    Eines, das zu tun hat Lebensqualität mit
    Krisenresilienz und vor allem auch mit
  • 43:54 - 43:59
    einer Verantwortbarkeit für das 21.
    Jahrhundert. Ich möchte Ihnen an dieser
  • 43:59 - 44:04
    Stelle für die Aufmerksamkeit danken. Und
    möglicherweise gibt es ja noch die …
  • 44:04 - 44:10
    Chance, dass wir ins Gespräch miteinander
    kommen.
  • 44:10 - 44:14
    Herald: So Hallo, vielen Dank für den
    tollen Vortrag, Niko Paech. Dankeschön!
  • 44:14 - 44:20
    Wir machen jetzt noch ein Q&A. Das machen
    wir per Jitsi. Sorry, dass das heute
  • 44:20 - 44:23
    Mittag nicht direkt geklappt hat, aber das
    ist alles kein Problem, weil wir haben die
  • 44:23 - 44:25
    Fragen gesammelt und werden die jetzt
    stellen. Hallo Niko, schön, dass du da
  • 44:25 - 44:28
    bist.
    Niko: Hallo nochmal, vielen herzlichen
  • 44:28 - 44:32
    Dank für die Einladung.
    H: So, dann steigen auch direkt ein. Die
  • 44:32 - 44:38
    erste Frage ist: Was siehst du denn als
    Wege in eine Postwachstumsökonomie? Und
  • 44:38 - 44:40
    wie könnten diese global beschritten
    werden?
  • 44:40 - 44:46
    N: Zunächst einmal ist es so, dass die
    globale Ebene überhaupt erst verändert
  • 44:46 - 44:51
    werden kann, wenn es irgendwo auf diesem
    Planeten einen Staat gibt, der erstmal als
  • 44:51 - 44:58
    Beispiel vorlebt und vorführt, wie eine
    Postwachstumsökonomie funktioniert. Das
  • 44:58 - 45:04
    heißt, wir werden nicht top-down von
    irgendeiner Weltregierung ausgehend oder
  • 45:04 - 45:08
    auf Basis internationaler Vereinbarungen
    zu der Lösung kommen, dass sich jetzt
  • 45:08 - 45:11
    plötzlich alle mit einer
    Postwachstumsökonomie einverstanden
  • 45:11 - 45:16
    erklären, obwohl das der einzige Weg ist,
    die ökologische Überlebensfähigkeit der
  • 45:16 - 45:20
    menschlichen Zivilisation zu wahren. Nein,
    es wird so sein, dass der Wandel in
  • 45:20 - 45:24
    Richtung Postwachstumsökonomie genauso
    verläuft, wie jeder andere Wandel bisher
  • 45:24 - 45:27
    auch verlaufen ist. Es wird Nischen geben,
    es wird Avantgardisten geben und es wird
  • 45:27 - 45:31
    irgendwann ein Land geben – vielleicht ja
    Deutschland, das wäre mein Wunsch – das
  • 45:31 - 45:36
    tatsächlich ernst macht mit der Umsetzung
    eines solchen Konzeptes. Und genau dann
  • 45:36 - 45:40
    und nur dann werden sich die Menschen
    anderswo – etwa in Afrika, Asien,
  • 45:40 - 45:46
    Lateinamerika – werden sich damit vielleicht
    anfreunden können, weil sie dann sinnlich
  • 45:46 - 45:51
    erfahren können und nicht nur theoretisch,
    dass es kein Gang nach Canossa oder in die
  • 45:51 - 45:56
    Höhle oder ins Mittelalter ist, eine
    ökologisch verantwortbare Daseinsform
  • 45:56 - 46:03
    tatsächlich auch zu praktizieren.
    H: ... Danke Dir! Dann, wie spielenden denn
  • 46:03 - 46:07
    psychologische Faktoren deiner Meinung
    nach eine Rolle? Also auch zum Thema
  • 46:07 - 46:11
    kognitive Dissonanz.
    N: Die Psychologie spielt in der
  • 46:11 - 46:14
    wachstumskritischen
    Nachhaltigkeitsforschung natürlich an 2
  • 46:14 - 46:19
    Stellen eine prominente Rolle. Zunächst
    einmal, wenn wir das Misslingen aller
  • 46:19 - 46:25
    bisherigen Versuche, eine nachhaltige
    Entwicklung zu initiieren, mal Revue
  • 46:25 - 46:29
    passieren lassen, dann stellen wir fest,
    dass das Phänomen der kognitiven Dissonanz
  • 46:29 - 46:34
    hier maßgeblich ist. Das heißt, wir haben
    in der Bundesrepublik Deutschland ein
  • 46:34 - 46:39
    unglaublich prägnantes Phänomen, das, ich
    würde mal sagen gefühlt seit 30 Jahren
  • 46:39 - 46:43
    feststellbar ist, nämlich, dass wir jedes
    Jahr neue Rekorde aufstellen, was die
  • 46:43 - 46:49
    Verbreitung, die Nutzung und auch das
    Anpreisen nachhaltiger Lösungen anbelangt.
  • 46:49 - 46:52
    Alles, was irgendwie mit nachhaltiger
    Entwicklung, Klimaschutz oder dergleichen
  • 46:52 - 46:57
    zu tun hat, erreicht also ständig neue
    Höchstmarken. Gleichzeitig erreichen auch
  • 46:57 - 47:03
    die Pro-Kopf in Anspruch genommenen
    ökologischen Ressourcen immer weiter einen
  • 47:03 - 47:10
    neuen Rekord. Das heißt soviel wie, dass
    der Mensch als ein Wesen, das nicht alle
  • 47:10 - 47:15
    naturgegebenen Charakteristika überwinden
    kann, nicht nur Grundbedürfnisse hat, die
  • 47:15 - 47:20
    man als anthropologische Konstanten
    bezeichnen muss, sondern dass der Homo
  • 47:20 - 47:26
    Sapiens offensichtlich auch nach
    psychischer Stabilität strebt. Das heißt
  • 47:26 - 47:31
    soviel wie, dass je gebildeter ein Mensch
    ist und je ausgeprägter sein
  • 47:31 - 47:35
    Umweltbewusstsein ist, desto stärker ist
    die kognitive Dissonanz, wenn er ein
  • 47:35 - 47:40
    Flugzeug besteigt oder jedes Vierteljahr
    ein neues Smartphone kauft. Und um nun
  • 47:40 - 47:44
    tatsächlich ein psychisches Gleichgewicht
    wieder herzustellen, kauft derselbe Mensch
  • 47:44 - 47:49
    eben Demeter Brühewürfel oder eben
    Unterwäsche von Hess Natur oder trinkt nur
  • 47:49 - 47:56
    öko-fairen Latte Macchiato. Auf diese
    Weise wächst beides um die Wette. Einmal
  • 47:56 - 48:00
    das Zerstörerische und das nur etwas
    weniger Zerstörerische. An der 2. Stelle,
  • 48:00 - 48:04
    wo die Psychologie eine Rolle spielt, da
    geht es einfach um
  • 48:04 - 48:09
    Nachhaltigkeitskommunikation. Wir stehen
    immer vor der Frage, wie können Menschen
  • 48:09 - 48:15
    motiviert werden, abzulassen von einer
    öko-suizidalen Lebensführung? Was
  • 48:15 - 48:18
    motiviert sie? Und hier haben wir
    natürlich in der kognitiven Psychologie
  • 48:18 - 48:24
    und auch sonst in der Umweltpsychologie
    unglaublich gute Hilfestellung. Auch aus
  • 48:24 - 48:28
    der Psychologie wissen wir, dass die
    Intention eines Menschen nicht im stillen
  • 48:28 - 48:34
    Kämmerlein entsteht oder alleine Folge von
    Vererbung oder von anderen prägenden
  • 48:34 - 48:39
    Merkmalen ist, die unabänderlich sind.
    Nein, der Mensch ist ein soziales Wesen.
  • 48:39 - 48:43
    Das heißt, der Mensch lernt aus seiner
    Umgebung. Und das ist psychologisch
  • 48:43 - 48:47
    natürlich sehr relevant, wohl aber auch
    kulturwissenschaftlich. Deswegen bin ich
  • 48:47 - 48:52
    immer ein großer Freund. Wenn sich ...
    also der der Zusammenarbeit mit
  • 48:52 - 48:58
    Umweltpsychologen.
    H: Okay, danke. Wenn Politik und
  • 48:58 - 49:02
    Wirtschaft uns keine Lösung bieten, wie
    kommen wir denn zu einer Lösung oder zu
  • 49:02 - 49:06
    einer Revolution? Wie erreichen wir
    rechtzeitig die breite Masse der
  • 49:06 - 49:09
    Bevölkerung?
    N: Also zunächst einmal, ich würde nicht
  • 49:09 - 49:13
    sagen, dass die Wirtschaft keine Lösung
    bietet. Ich kritisiere das Wachstum, aber
  • 49:13 - 49:18
    nicht irgendeine Wirtschaft. Alles, was
    mit der Produktion und der Nutzung und
  • 49:18 - 49:23
    Verteilung von knappen Gütern zu tun hat,
    ist irgendeine Form der Wirtschaft. Was
  • 49:23 - 49:28
    ich selber vorstelle unter dem
    Begriffsmantel Postwachstumsökonomie ist
  • 49:28 - 49:32
    auch eine Wirtschaft. Natürlich gibt es
    wirtschaftliche Lösungen, sonst wäre ich
  • 49:32 - 49:36
    nicht Ökonom geworden und auch die Politik
    könnte irgendwann handlungsfähig werden.
  • 49:36 - 49:42
    Aber beides, die Wirtschaft und die
    Politik, können nur eine Transformation in
  • 49:42 - 49:48
    Richtung Postwachstumsökonomie vollziehen,
    wenn sich autonom in der Zivilgesellschaft
  • 49:48 - 49:54
    ein Plural an verschiedenen Bewegungen
    bildet, die nicht einfach nur labern und
  • 49:54 - 49:58
    kritisieren und fordern und die Welt
    scheiße finden, sondern die anfangen,
  • 49:58 - 50:02
    tatsächlich durch vorgelebte Beispiele,
    übrigens auch auf unternehmerischer Ebene,
  • 50:02 - 50:08
    und natürlich in Netzwerken, in neuen
    Institutionen, in neuen Projekten, in
  • 50:08 - 50:12
    neuen Reallaboren oder auch
    avantgardistischen Zirkeln, in Peer
  • 50:12 - 50:17
    Groups, in neuen Nachbarschaften usw., die
    anfangen, das vorzuleben, von dem sich
  • 50:17 - 50:20
    nach bestem Wissen und Gewissen sagen
    lässt, wenn der Rest der Welt dies auch
  • 50:20 - 50:27
    täte, dann würden wir würdig,
    demokratisch, frei, selbstbestimmt und
  • 50:27 - 50:31
    ökologisch verantwortbar leben. Nur über
    die horizontale Verbreitung und soziale
  • 50:31 - 50:36
    Interaktion des Neuen können wir eine
    kritische Masse erreichen, die auch von
  • 50:36 - 50:41
    den Medien, von anderen Institutionen
    wahrgenommen wird. Und erst dann kann die
  • 50:41 - 50:45
    Politik reagieren, und zwar in einer
    Demokratie. In China kann sie eher
  • 50:45 - 50:49
    regieren - reagieren, Entschuldigung -
    weil sie eben autoritär regiert. So wollte
  • 50:49 - 50:55
    ich das sagen. Aber ich bin ja überzeugter
    Demokrat. Und das heißt, dass eine
  • 50:55 - 51:01
    gewählte Regierung niemals etwas anderes
    sein kann als ein perfekter Spiegel der
  • 51:01 - 51:04
    Lebensrealität der Wählermehrheit. Und wer
    etwas anderes will, muss mir dann
  • 51:04 - 51:08
    erklären, was sein oder ihr
    Demokratieverständnis ist. Das heißt, ich
  • 51:08 - 51:12
    kann nicht die Politik von hier aus
    verändern. Ich muss die Gesellschaft als
  • 51:12 - 51:17
    solche verändern, damit die Politik
    tatsächlich den Mut aufbringen kann, ohne
  • 51:17 - 51:21
    abgestraft zu werden, tatsächlich dann auch
    Rahmenbedingungen für eine Wirtschaft ohne
  • 51:21 - 51:26
    Wachstum zu etablieren.
    H: Ja, darauf aufbauend Wie könnten denn
  • 51:26 - 51:29
    politische Szenarien in Richtung
    Postwachstum aussehen?
  • 51:29 - 51:36
    N: Also wie gesagt, jede Politik, die noch
    verhelfen kann dazu, dass wir ökologisch
  • 51:36 - 51:41
    überleben, kann nur eine Politik der
    Restriktion sein. Eine Politik der
  • 51:41 - 51:45
    Verminderung unserer Ansprüche. Das sagt
    man nicht gern in der Öffentlichkeit, aber
  • 51:45 - 51:49
    ich hab ja in dieser Hinsicht auch nichts
    mehr zu verlieren. Deswegen glaube ich,
  • 51:49 - 51:55
    dass wenigstens einige das sagen müssen.
    Das heißt also, bevor die Politik das tun
  • 51:55 - 52:00
    kann, muss die Bevölkerung zumindest in
    Teilen das schon eingeübt haben, denn
  • 52:00 - 52:05
    niemand ist so schizophren – Da sind wir
    übrigens wieder bei der Psychologie – eine
  • 52:05 - 52:09
    Politik zu wählen, die einen dazu zwingt,
    das zu tun, was Mann oder Frau freiwillig
  • 52:09 - 52:14
    nicht zu tun gedenkt. Ok. Aber wenn
    tatsächlich solche Mehrheiten da wären,
  • 52:14 - 52:19
    ist es ganz einfach: Jeder Mensch hätte am
    1.1. eines neuen Jahres ein bestimmtes
  • 52:19 - 52:25
    Budget z.B. an CO2-Emissionen, die er oder
    sie noch freisetzen dürfte, an Abfall, an
  • 52:25 - 52:29
    Flächenbeanspruchung usw.. Mit diesem
    Budget muss gewirtschaftet werden. Was die
  • 52:29 - 52:34
    Politik auch tun kann ist, sie muss
    unbedingt es den öffentlichen und privaten
  • 52:34 - 52:39
    Unternehmen leichter machen, Arbeitszeit
    zu verkürzen. Denn wir können soziale
  • 52:39 - 52:44
    Gerechtigkeit, Freiheit und Stabilität am
    Ende auch die Demokratie nur bewahren,
  • 52:44 - 52:49
    wenn der Rückbau der Wirtschaft einhergeht
    mit Verteilungsgerechtigkeit. Und das
  • 52:49 - 52:53
    vollzieht sich am ehesten auf der Ebene
    der Verteilung der knapper gewordenen
  • 52:53 - 52:58
    Arbeitszeit, wenn die Wirtschaft kleiner
    wird. 3. muss die Politik das
  • 52:58 - 53:03
    Bildungssystem umgestalten. Universitäten
    müssen geschlossen und teilweise
  • 53:03 - 53:07
    zurückgebaut werden. Wir haben einen viel
    zu großen Hochschulbereich, der aus
  • 53:07 - 53:11
    Menschen, Konsumenten und Weltreisende
    macht. Wir brauchen eine Bildung, die
  • 53:11 - 53:15
    Menschen dazu befähigt, wieder
    handwerklich, manuell, substanziell zu
  • 53:15 - 53:19
    arbeiten. Und natürlich brauchen wir
    Universitäten, aber nicht so viele wie
  • 53:19 - 53:23
    jetzt. Das heißt, der Bildungsbereich muss
    Menschen dazu befähigen, auch
  • 53:23 - 53:29
    deindustrialisiert und deglobalisiert mit
    weniger Technologie in die Lage zu kommen.
  • 53:29 - 53:34
    Also eben auch, sich zu versorgen.
    H: Ja, super. Danke. Sorry, ich hatte hier kurz
  • 53:34 - 53:36
    technische Schwierigkeiten.
    [Gerede im Hintergrund]
  • 53:36 - 53:43
    Gibt es denn zu dem Thema detaillierte
    Vorlesungen online von dir?
  • 53:43 - 53:46
    [Gerede im Hintergrund]
    N: Es gibt von mir natürlich eine Menge
  • 53:46 - 53:51
    Vorlesungen, aber ... und die sind
    natürlich jetzt während der Corona-
  • 53:51 - 53:57
    Pandemie logischerweise online. Aber die
    sind jetzt nicht öffentlich, weil sonst
  • 53:57 - 54:00
    natürlich alle, die sich bei uns
    einschreiben, fragen, warum sie sich den
  • 54:00 - 54:03
    einschreiben, wenn alles was an den
    Universitäten läuft, öffentlich ist. Aber
  • 54:03 - 54:08
    ... aber weißt du, ich bin nicht
    jemand, der da so eine Art Wächterfunktion
  • 54:08 - 54:11
    hat. Also wer einfach in eine
    Veranstaltung von mir kommt, wird nicht
  • 54:11 - 54:15
    gefragt, wer er ist, wie er heißt und
    welche Berechtigung er oder sie hat. Ich
  • 54:15 - 54:19
    habe das erlebt in der Präsenzzeit in der
    Prä-Corona-Zeit, dass plötzlich Leute in
  • 54:19 - 54:23
    Vorlesungen kamen und sich da verstohlenen
    irgendwohin setzten aus Neugierde. Und die
  • 54:23 - 54:28
    waren herzlich willkommen, diese Leute.
    Aber, ich meine, ich kann hier und da mal
  • 54:28 - 54:33
    einen Vortrag beisteuern, der sicherlich
    auch Inhalte aus Vorlesungen mit aufgreift
  • 54:33 - 54:40
    im Kontext von Postwachstumsökonomik.
    H: Okay, wir haben jetzt tatsächlich gar
  • 54:40 - 54:47
    nicht mehr so viel Zeit. Ich würde aber
    gerne noch die Frage stellen: Also die
  • 54:47 - 54:51
    Klimakrise ist ja auch eine soziale Krise
    und den Wachstumszwang
  • 54:51 - 54:54
    gesamtgesellschaftlich aufzugeben, scheint
    unumgänglich zu sein.
  • 54:54 - 54:59
    [Gerede im Hintergrund]
    Aber wie kann dabei noch ein gutes Leben
  • 54:59 - 55:03
    für alle gewährleistet werden? Also gibt's
    ... Stichwort Umverteilung z.B.
  • 55:03 - 55:11
    N: Also jede Art von Gerechtigkeit, die
    sich als Konzeption nicht in unheilbare
  • 55:11 - 55:15
    Widersprüche verwickeln will, muss eine
    globale Gerechtigkeit sein. Und
  • 55:15 - 55:20
    Gerechtigkeit heißt, die knappsten Güter,
    also jene, von denen unsere Existenz
  • 55:20 - 55:26
    abhängt, zuvorderst global gerecht zu
    verteilen. Und das heißt eben, dass der
  • 55:26 - 55:30
    Verteilungsschlüssel des 21. Jahrhunderts
    sich nicht festmachen lässt an der
  • 55:30 - 55:33
    Einkommens- oder Vermögenssteuer, obwohl
    ich für ein ganz anderes und viel
  • 55:33 - 55:36
    gerechteres Einkommens- und
    Vermögenssteuerrecht bin. Das ist gar
  • 55:36 - 55:39
    keine Frage. Aber es geht um die
    Verteilung der ökologischen Ressourcen.
  • 55:39 - 55:44
    Wer darf sich noch mit welchem Recht
    wieviel an materiellen Freiheiten nehmen,
  • 55:44 - 55:48
    wohl wissend, dass es keine materielle
    Freiheit ohne ökologischen Verschleiß oder
  • 55:48 - 55:52
    ohne ökologischen Schaden gibt? Bezogen
    auf das wichtigste ökologische Problem
  • 55:52 - 55:56
    diskutieren wir doch nun seit 30 Jahren
    darüber und das ist der Klimawandel. Und
  • 55:56 - 56:01
    es ist vollkommen klar. Wollen wir
    überleben, wollen wir das 1,5- und 2-Grad-
  • 56:01 - 56:04
    Klimaschutzziel erreichen, dann gibt es
    gemessen an einem bestimmten
  • 56:04 - 56:08
    Planungshorizont, nehmen wir mal das Jahr
    2050 als Ende dieses ersten
  • 56:08 - 56:14
    Planungshorizont, dann gibt es ein
    bestimmtes irdisches Budget an CO2-
  • 56:14 - 56:17
    Äquivalenten, die wir noch freisetzen
    dürfen, ohne eben diese ökologische
  • 56:17 - 56:22
    Reißleine zu kappen. Und wenn wir dann
    dieses Budget auf alle derzeit lebenden
  • 56:22 - 56:27
    7,7 Milliarden Menschen egalitär, also
    gerecht verteilen, hat jeder Mensch von
  • 56:27 - 56:32
    uns noch ungefähr eine Tonne an CO2
    Äquivalenten. Damit sparsam umzugehen
  • 56:32 - 56:38
    heißt nicht in der Hölle zu leben, sondern
    heißt, dekadenten Luxus links liegen zu
  • 56:38 - 56:43
    lassen und sich mehr zu konzentrieren auf
    die basalen Grundbedürfnisse und ein
  • 56:43 - 56:47
    Augenmerk zu legen auf das, was ich in
    meiner letzten Buchpublikation als den
  • 56:47 - 56:50
    kleinen Luxus bezeichnet habe. Es gibt so
    viele schöne Dinge im Leben, die
  • 56:50 - 56:55
    wahnsinnig Spaß machen, die überflüssig
    sind, die man nicht begründen kann, die
  • 56:55 - 56:59
    man trotzdem gerne tut, die aber überhaupt
    keinen ökologischen Rucksack haben, der
  • 56:59 - 57:03
    nennenswert ist. Warum also richten wir
    unsere Aufmerksamkeit nicht auf diese
  • 57:03 - 57:07
    Dinge?
    H: Könntest du da mal 2, 3 Beispiele
  • 57:07 - 57:10
    nennen? Gerne?
    N: Ja, z.B. das, was ich heute Abend
  • 57:10 - 57:14
    wieder nicht tun kann, aber bald wieder
    tun werde. Nämlich Wirtshäuser zu
  • 57:14 - 57:18
    besuchen, auf Konzerte zu gehen natürlich
    solche, wo ich nicht hin fliegen muss. Ich
  • 57:18 - 57:21
    lebe in einem Land, ich lebe in
    Mitteleuropa. Ich kann ohne Flugzeug die
  • 57:21 - 57:25
    geilsten Bands erleben. Ich kann selber
    Musik mache. Ich spiele zwei Bands. Ich
  • 57:25 - 57:28
    kann im Garten arbeiten. Ich kann
    spazieren gehen. Ich kann mit meinen
  • 57:28 - 57:32
    Freunden, mit meiner Peergroup die
    wildesten Geschichten veranstalten. Ich
  • 57:32 - 57:36
    kann basteln. Ich kann lesen. Ich kann
    auch Musik hören. Alles Mögliche. Es gibt
  • 57:36 - 57:43
    1000 verschiedene Varianten eines kleinen
    Luxus, der einen so geringen ökologischen
  • 57:43 - 57:48
    Rucksack hat, dass ich also quasi in einem
    Wohlstand schwelge, der mir gut tut und
  • 57:48 - 57:51
    der der Ökosphäre auch keinen Schaden
    zufügt.
  • 57:51 - 58:00
    H: Ja, danke dir. Wie ist es denn, wenn
    jetzt nur Deutschland diese Vorschläge
  • 58:00 - 58:03
    umsetzen kann? Was passiert denn dann mit
    dem Rest der Welt? Wir haben jetzt...
  • 58:03 - 58:08
    N: Da passiert eine ganze Menge.
    Deutschland ist eine kulturelle
  • 58:08 - 58:13
    Kolonialmacht. Das hasse ich, weil ich was
    gegen Kolonialismus habe. Aber da es so
  • 58:13 - 58:18
    ist, frage ich mich: Wenn wir das, was wir
    derzeit durch unsere kulturelle Hegemonie
  • 58:18 - 58:24
    in die Köpfe und in die Orientierung und
    Erwartungshorizonte anderer Menschen
  • 58:24 - 58:28
    implementieren sozusagen, ja?
    Wenn wir das verändern,
  • 58:28 - 58:32
    indem wir das Land sind auf diesem
    Planeten, das sagt: Wir machen mal den 1.
  • 58:32 - 58:36
    Schritt. Wir versuchen mal vorzuführen,
    wie es ist, so zu leben, dass wenn alle so
  • 58:36 - 58:40
    leben, dass wir dann die ökologischen
    Grenzen einhalten können. Das hätte einen
  • 58:40 - 58:45
    total großen Effekt. Ich kann die Menschen
    in Afrika, die mir sehr am Herzen liegen,
  • 58:45 - 58:49
    die kann ich nur dann dazu bringen, unsere
    Fehler zu vermeiden, wenn wir als erste
  • 58:49 - 58:53
    diese Fehler erkennen und uns davon
    verabschieden. Wir tun aber genau das
  • 58:53 - 58:58
    Gegenteil. In Deutschland wird jedes Jahr
    in allen Bereichen ein neuer Rekord
  • 58:58 - 59:02
    erzielt, was ökologische Zerstörung
    anbelangt. Leider auch im Klimabereich.
  • 59:02 - 59:06
    Und so können wir keine Politik machen. So
    können wir auch niemanden auf diesem
  • 59:06 - 59:10
    Planeten anstiften oder inspirieren,
    endlich ökologische Verantwortung
  • 59:10 - 59:16
    anzunehmen. Das, was ich nicht vor der
    eigenen Haustür hinbekomme, das kann ich
  • 59:16 - 59:22
    auch nicht auf anderem Wege Menschen auf
    anderen Kontinenten nahelegen. Etwas mehr
  • 59:22 - 59:26
    Glaubwürdigkeit und etwas weniger
    Heuchelei in der Politik, in der
  • 59:26 - 59:30
    Nachhaltigkeitskommunikation, ja sogar in
    der Wissenschaft täte uns also gut.
  • 59:30 - 59:35
    H: Ja, super. Das ist ja ein großartiges
    Abschlusswort. Vielen Dank dir für die
  • 59:35 - 59:40
    Beantwortung der Fragen, für den tollen
    Vortrag und … Mach's gut! Dankeschön!
  • 59:40 - 59:42
    N: Ich danke euch vielmals. Aus!
  • 59:42 - 59:44
    [Abspannmusik]
  • 59:44 - 60:23
    Untertitel erstellt von c3subtitles.de
    im Jahr 2021. Mach mit und hilf uns!
Title:
#rC3 - Globalisierung, Digitalisierung und die Wachstumsfrage
Description:

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Video Language:
German
Duration:
01:00:23

German subtitles

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