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34C3 - Zamir Transnational Network und Zagreb Dairy

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    34C3 Vorspannmusik
  • 0:15 - 0:19
    Herald-Engel: In Zeiten des Krieges ist
    Kommunikation ein wichtiges Gut und diese
  • 0:19 - 0:26
    aufrechtzuerhalten ist auch mit dann die
    bürgerliche Pflicht. Und wie das dann so
  • 0:26 - 0:30
    passiert oder passiert ist in der
    Vergangenheit, jetzt konkret im
  • 0:30 - 0:35
    Jugoslawienkrieg in den 90ern, darüber
    werden euch unsere nächsten Vortragenden
  • 0:35 - 0:41
    ausführlich berichten. Bitte ein schön
    runder Applaus für Wam, Rena und Padeluun.
  • 0:41 - 0:48
    Applaus
  • 0:48 - 0:53
    Wam: Ja, ich muss erstmal deutlich machen,
    dass ich nicht Deutscher bin.
  • 0:53 - 0:57
    Ich tue mein Bestes, um meine Rudi-
    Carrell-Akzent zu behalten. Publikum lacht
  • 0:57 - 1:00
    Dann wird's alles
    ein bisschen weniger ernsthaft.
  • 1:00 - 1:02
    Dazu bin ich auch ein
    bisschen erschrocken,
  • 1:02 - 1:04
    wenn ich heute Mittag in diese Raum kam,
  • 1:04 - 1:08
    weil ich hatte irgendwie so vorgestellt
    so einen Klassenraum mit 20 Leuten,
  • 1:08 - 1:11
    womit ich so ein bisschen
    über früher reden kann,
  • 1:11 - 1:17
    und sehe hier in einmal so'n
    Riesenraum.
  • 1:17 - 1:20
    Ja, ich bin Wam, Niederländer,
  • 1:20 - 1:23
    gerade mal 61 geworden.
  • 1:23 - 1:26
    Hoffentlich sieht man das nicht soviel?!
  • 1:26 - 1:28
    Padeluun: Nein! Nein! Nein! Nein. –
  • 1:28 - 1:34
    W: … und irgendwie Mitte Siebzigerjahren
  • 1:34 - 1:40
    war ich so wie viele von meine Jahrgang
    oder von meiner Zeit so ein richtiger
  • 1:40 - 1:46
    Anti-Computer-Freak. Computers waren das,
    was die Welt regiert und was alles
  • 1:46 - 1:54
    kontrolliert und so, und ich war völlig
    dagegen. Und meine Onkel, Niederländer,
  • 1:54 - 2:02
    war Verteidigungsminister und fand, dass
    ich im Militär in Kriegsdienst müsste.
  • 2:02 - 2:06
    Ich hatte da völlig
    andere Gedanken darüber,
  • 2:06 - 2:09
    und hab' ihm dann gesagt,
    das tue ich nicht.
  • 2:09 - 2:13
    Und er konnte nicht anders reagieren,
    dann mir zwei Jahren im Knast abzustellen.
  • 2:13 - 2:18
    Und in die zwei Jahren habe
    ich ganz viel über Computers gelesen und
  • 2:18 - 2:22
    mir dann einmal gedacht: Hey, das ist ein
    interessantes Topic.
  • 2:22 - 2:26
    Und ich hab' meine Doktorstudium
    in Soziologie dann auch geschrieben in 79
  • 2:26 - 2:30
    über das Thema: Stell dich vor,
    Computers werden klein.
  • 2:30 - 2:38
    Publikum lacht und applaudiert
  • 2:38 - 2:45
    Geschrieben auf einem VAX,
    so ein großes Supercomputer
  • 2:45 - 2:48
    von der Universität von Amsterdam,
    die ein kleine Atomzentrale nötig hatte,
  • 2:48 - 2:54
    um überhaupt irgendwie was
    auf den Bildschirm zu kriegen.
  • 2:54 - 2:57
    Um lange Geschichte kurz zu machen,
  • 2:57 - 3:02
    wir hatten diese Art von Geräten
    – meine Prof und ich –
  • 3:02 - 3:12
    diese Art von Geräten irgendwo
    erwartet in 2070, 2080, um die Dreh.
  • 3:12 - 3:15

    Jetzt muss man sich mal vorstellen,
  • 3:15 - 3:19
    es gab ein Zeit, da gab es die nicht.
  • 3:19 - 3:22
    Es gab kein Handys.
  • 3:22 - 3:29
    Es gab auch keine Laptops
    in die 80er Jahren.
  • 3:29 - 3:33
    Und in die 80er Jahren war ich aktiv
    in ein Organisation,
  • 3:33 - 3:38
    die heißt European Youth Forest Action
    oder auch,
  • 3:38 - 3:42
    Europäische Jugend Waldaktion,
    ein von die erste Umweltnetzwerke,
  • 3:42 - 3:46
    die in Ost- und Westeuropa
    gleichzeitig aktiv war.
  • 3:46 - 3:48
    Und wir haben ziemlich schnell bemerkt,
  • 3:48 - 3:53
    es ist ziemlich schwer,
    miteinander zu kommunizieren mit Telefon,
  • 3:53 - 3:59
    weil wenn man nach Russland angerufen hat
    oder nach Prag oder Dings, dann ––,
  • 3:59 - 4:02
    das dauerte Stunden.
  • 4:02 - 4:05
    Wir hatten auf unsere Büro in Niederlande
    eine spezielle Person,
  • 4:05 - 4:10
    die die ganze Nacht nichts anderes
    getan hat, dann Russland anrufen
  • 4:10 - 4:12
    in die Hoffnung, dass wir mal durchkamen.
  • 4:12 - 4:14
    P: Mit'm Bleistift als Telefonierhilfe,
  • 4:14 - 4:17
    damit man sich die
    Fingernägel nicht kaputtwählte.
  • 4:17 - 4:22
    W: Eine Repeat-Taste gab es auch nicht.
    Man war eigentlich oder so… oder so …
  • 4:22 - 4:24
    P: Sprechen wir das Wort aus:
  • 4:24 - 4:25
    W-Ä-H-L-S-C-H-E-I-B-E.
    W: Ja.
  • 4:25 - 4:29
    P: Kennt Ihr noch Wählscheiben?
  • 4:29 - 4:34
    W: Die gab's. Die gab's.
  • 4:34 - 4:41
    Irgendwie habe ich in die Studium gelernt
    so was von Datenkommunikation.
  • 4:41 - 4:43
    Man konnte von eine
    Computer über die andere Computer
  • 4:43 - 4:48
    miteinander kommunizieren, wenn man die
    richtige Name von die Computer wusste
  • 4:48 - 4:51
    und die Gebrauche und richtige Kommandos
  • 4:51 - 4:55
    und diese verdammte Editor mit x-i save
  • 4:55 - 4:58
    und alle die Sachen auswendig lernte,
  • 4:58 - 5:01
    dann konnte man irgendwie
    mit Computers kommunizieren.
  • 5:01 - 5:06
    Aber es gab da in die Mitte 80er Jahren
    eine Erfindung, die heißt die Faxmaschine.
  • 5:06 - 5:10
    Kennt ihr das noch, Faxmaschine?
    unverständlich
  • 5:10 - 5:14
    P: Ja, das'n Gerät, das behauptet,
    kein Computer zu sein und nicht
  • 5:14 - 5:16
    mit anderen Computern
    zu kommunizieren.
  • 5:16 - 5:19
    P: Deswegen haben die Leute
    weniger Angst davor gehabt.
  • 5:19 - 5:20
    W: Kurz für die Leute,
  • 5:20 - 5:22
    die alles technisch haben wollen:
  • 5:22 - 5:25
    Es ist ein Scanner, ein Printer
    und ein Modem miteinander verbunden.
  • 5:25 - 5:27
    So, man scannt ein Papier
  • 5:27 - 5:30
    und kommt dann die andere Seite
    aus die Printer raus.
  • 5:30 - 5:34
    Und damit konnte man kommunizieren.
    Und das konnte man ziemlich
  • 5:34 - 5:38
    schnell Menschen deutlich machen,
    wie das funktionierte und irgendwie
  • 5:38 - 5:45
    habe ich ein großes japanisches Betrieb
    in Niederlande so weit gekriegt,
  • 5:45 - 5:49
    dass er mir 26 Telefaxmaschinen
    geschickt hat.
  • 5:49 - 5:52
    Der hat nicht gefragt,
    ob ich Geld dafür hatte.
  • 5:52 - 5:56
    Ich meine, ich hab’ sie einfach bestellt
    und gedacht, wir werden sehen,
  • 5:56 - 6:00
    was passiert, wenn die kommen.
    Publikum lacht
  • 6:00 - 6:03
    Das Schlimmste, was passieren kann, ist,
    dass die mir in Knast stecken
  • 6:03 - 6:06
    und zwei Jahren Knasterfahrung
    hatt' ich schon
  • 6:06 - 6:09
    und ich hab’ mein Doktor da gemacht,
    so gedacht… pfff... Publikum lacht
  • 6:09 - 6:12
    Ist übrigens ein von die beste Platze,
  • 6:12 - 6:15
    wo man studieren kann, im Knast.
    Publikum lacht
  • 6:15 - 6:17
    Man wird absolut nicht abgelenkt.
  • 6:17 - 6:18
    Rena: Viel Zeit.
  • 6:18 - 6:20
    Applaus
  • 6:20 - 6:23
    W: Sicher, wenn man weiß,
    warum man im Knast ist.
  • 6:23 - 6:24
    He! Nicht, äh ––
  • 6:24 - 6:26
    P: Ja, also, vielleicht müssen
    wir jetzt aber
  • 6:26 - 6:29
    für die Leute, die promovieren, sagen:
  • 6:29 - 6:32
    Eigentlich gilt das nicht,
    sondern es gehört dazu,
  • 6:32 - 6:35
    wenn man promoviert, auch
    den Rest des Lebens geregelt zu kriegen.
  • 6:35 - 6:37
    Das ist das Eigentliche,
    was man dabei lernen muss.
  • 6:37 - 6:38
    So, weil sonst kann man
  • 6:38 - 6:40
    mit dem Rest des Lebens auch nix anfangen,
  • 6:40 - 6:43
    wenn man immer Knast braucht,
    um was erledigt zu kriegen.
  • 6:43 - 6:44
    Gruß an alle Prokrastinierer.
  • 6:44 - 6:48
    W: Ich hab's klasse organisiert
    irgendwie. Ein vegetarisches Restaurant
  • 6:48 - 6:51
    aus Utrecht hat jeden Tag uns Essen
    gebracht.
  • 6:51 - 6:54
    Mein Onkel ein bisschen dachte,
    das ist nicht gut,
  • 6:54 - 6:58
    wenn meine Neffe da verhungert,
    und ich verweigert hab',
  • 6:58 - 7:01
    um das Fleisch von dem Militär zu essen.
  • 7:01 - 7:03
    Jedenfalls, ich habe diese Firma
    so weit gekriegt,
  • 7:03 - 7:10
    dass er in meinem Büro 25
    Telefaxe abliefert. Und wir haben dann so
  • 7:10 - 7:14
    schnell wie möglich versucht, all diese
    Telefaxe in Osteuropa zu kriegen.
  • 7:14 - 7:16
    Das war noch vor 89.
  • 7:16 - 7:20
    Und wir haben dann das Gefühl
    gehabt, solange die in Osteuropa seien,
  • 7:20 - 7:23
    kommen die nicht wieder zurück.
    Publikum lacht
  • 7:23 - 7:27
    Und Abholen können sie auch vergessen.
    Publikum lacht
  • 7:27 - 7:30
    Und das ging eigentlich. In einem Jahr
    haben wir es geschafft,
  • 7:30 - 7:36
    um 26 Telefaxmaschines in Osteuropa
    hinzustellen zwischen 87 und 88.
  • 7:36 - 7:39
    Und Lustige ist, dass die in der Tat alle
  • 7:39 - 7:43
    auf solche Plätze gekommen sein,
    die später in 89 nochmal
  • 7:43 - 7:49
    wichtige Rolle gespielt haben
    in lokale Revolution.
  • 7:49 - 7:56
    Und paar von diese Faxmaschines waren
    in Beograd und in Zagreb gelandet.
  • 7:56 - 8:05
    Bei ein Gruppe, die heißt, äh, ... damals…
    ähm… Zeleni … äh…ähm,
  • 8:05 - 8:07
    Grüner Kreis.
  • 8:07 - 8:10
    Komm’ kurz nicht auf die
    kroatische Namen…
  • 8:10 - 8:13
    Ähm...
  • 8:13 - 8:15
    Zeleni Krug!
  • 8:15 - 8:21
    Und da fing Anfang 80er/90er Jahren,
    fing da an Spannung zu kommen.
  • 8:21 - 8:27
    Es war nicht so ganz alle
    dieselbe Meinung mehr,
  • 8:27 - 8:30
    dass Jugoslawien gut war, und da waren...
  • 8:30 - 8:33
    ...ich sag mal, Krieg war in die Luft.
  • 8:33 - 8:38
    Und ein von die Sachen, die ich irgendwie
    mal unterwegs gelernt war,
  • 8:38 - 8:46
    war Non-Conflict-, äh, of– Non-Violent
    Conflict Resolution,
  • 8:46 - 8:48
    Gewaltfreie Konfliktlösung.
  • 8:48 - 8:51
    Und die hatten in Zagreb
    und Beograd gedacht:
  • 8:51 - 8:54
    Ah, das ist praktisch,
    wir holen ihn mal hierhin
  • 8:54 - 8:58
    und so bin ich Anfang 90er Jahren
    in Zagreb gelandet, eigentlich nur für
  • 8:58 - 9:05
    drei Monaten. Das war das Idee. Ich sollte
    drei Monaten lang die Polizei und Leuten
  • 9:05 - 9:10
    in Krankenhäuser lernen, dass man
    miteinander kommunizieren muss, statt dass
  • 9:10 - 9:12
    man einander die Gehirne einschlagt.
  • 9:12 - 9:20
    zögerlicher Applaus
  • 9:20 - 9:27
    – und da saß ich dann irgendwie in einem
    Krankenhaus in Osijek, und die erste
  • 9:27 - 9:33
    Granate kommt von oben rein und du denkst:
    Wam, irgendwie hat’s nicht geklappt mit
  • 9:33 - 9:39
    das Lernen. Ich will nicht sagen, ist mein
    Schuld, dass die Krieg ausgebrochen ist,
  • 9:39 - 9:43
    aber ich hab’ nicht mein Bestes getan, um
    ihn zu stoppen. Irgendwie war das schon
  • 9:43 - 9:49
    da, vor dass ich irgendwie begriffen hab’,
    was los war. Und das erste, was die
  • 9:49 - 9:55
    Idioten tun in Jugoslawien – oder Idioten?
    – die verschiedenen Regierungen, die da
  • 9:55 - 10:01
    aktiv waren – das erste, was die tun, ist
    die Telefonleitungen kappen. Man konnte
  • 10:01 - 10:08
    von Zagreb nicht mehr nach Beograd
    anrufen. Von Sarajevo konnte man mit Mühe
  • 10:08 - 10:12
    nach Zagreb anrufen, aber nicht mehr nach
    Beograd. Und so waren all die Länder
  • 10:12 - 10:18
    eigentlich voneinander isoliert. Und das
    Lustige war, es gab in die Zeit schon ein
  • 10:18 - 10:25
    Netzwerk, das heißt ARPANET. Und das war
    von die Universitäte. Und da waren alle
  • 10:25 - 10:30
    Universitäten auf die ganze Welt so mehr
    oder weniger angeschlossen. Und das
  • 10:30 - 10:36
    Arpanet, das hatten die auch verbrochen.
    Man konnte eigentlich nur mit Umwegen –
  • 10:36 - 10:41
    das ist das Vorteil von dieser Art Netz.
    Man kann Dinge brechen, aber die Berichten
  • 10:41 - 10:46
    finden doch ihr Weg. Das war nämlich das
    ganze Idee: Wenn die Hälfte von dieses
  • 10:46 - 10:51
    System von den Atombomben vernichtet wird,
    dann werden die Berichten trotzdem vom
  • 10:51 - 10:58
    Versender nach Empfänger kommen. So, das
    funktionierte. Aber die meisten Leute, die
  • 10:58 - 11:03
    aktiv waren in Friedensbewegung, in
    Frauenbewegung, in humanitäre
  • 11:03 - 11:08
    Organisationen und so, die hatten noch nie
    von Computers gehört. Nein, das war
  • 11:08 - 11:12
    einfach nicht ein Ding, wo man Anfang 90er
    Jahren als normaler Aktivist sich mit
  • 11:12 - 11:17
    beschäftigt hat. Es hat sogar bei die
    Grünen nochmal ein richtiger Eklat
  • 11:17 - 11:21
    gegeben, wenn eine von die Grünen so ein
    Ding mitgenommen hat in
  • 11:21 - 11:28
    Fraktionssitzungen. Man hatte noch immer
    das Gefühl, es ist etwas, wo man mit
  • 11:28 - 11:35
    aufpassen muss. Sie kontrollieren uns. Und
    ziemlich schnell in Zagreb hatten wir
  • 11:35 - 11:41
    rausgefunden, es gibt ein Weg, wie wir
    kommunizieren können mit Beograd. Wir
  • 11:41 - 11:51
    schicken ein Fax nach England und in
    England saß das Hauptbüro von APC. Das war
  • 11:51 - 11:55
    Association for Progressive Communication,
    so ungefähr das erste alternative
  • 11:55 - 12:02
    Netzwerk, was weltweit entstanden war. Und
    die waren bereit, diese Fax mit ihre
  • 12:02 - 12:07
    Maschine nach Beograd zu schicken und vice
    versa. So, wenn man schnell war, dann
  • 12:07 - 12:11
    kostet das ein paar Stunde und wenn man
    Glück hat, kriegte man in einem Tag
  • 12:11 - 12:16
    Antwort, was in die Zeit richtig schnell
    war. Die andere Weg war nämlich, die Bus
  • 12:16 - 12:21
    zu nehmen von Zagreb nach Budapest, und
    dann von Budapest die Bus zu nehmen nach
  • 12:21 - 12:30
    Beograd und da warst du ein Tag unterwegs.
    Und es gab noch ein anderes System. Es gab
  • 12:30 - 12:36
    die X.25-Netzwerke, die man erreichen
    konnte, wenn man es wusste, wie man es
  • 12:36 - 12:44
    macht. Und ich kam in Jugoslawien an mit
    den 300-bps-Modem. Weiß jemand, was 300
  • 12:44 - 12:47
    bps ist? Zuruf unverständlich Ungefähr,
    ja.
  • 12:47 - 12:50
    P: Tatsächlich war es ein 300-Baud-Modem
    sogar.
  • 12:50 - 12:57
    W: Was?! Man kann schneller lesen denn
    senden…, aber damit konnte man auf die
  • 12:57 - 13:02
    X.25-Netzwerken kommen, und man konnte
    dann auch Berichte verschicken.
  • 13:02 - 13:11
    P: Langsam. Ganz – Man konnte mitlesen,
    wenn die Daten reinkamen. Das war cool.
  • 13:11 - 13:16
    W: Ja, man konnte sie auch sehen. Jeden
    Bit konnte man sehen, wie er rausgegangen
  • 13:16 - 13:17
    ist.
    P: Ach, das wurde gleich als ASCII
  • 13:17 - 13:20
    umgesetzt.
    W: Man konnte mithören. Ich weiß nicht.
  • 13:20 - 13:23
    Gibt es Menschen, die die Geräusche noch
    kennen?
  • 13:23 - 13:27
    Versuche im Raum das Geräusch
    nachzuahmen
  • 13:27 - 13:35
    Ich hab's mal geschafft, das Ding auf
    9.600 ein-to-whistlen. Mit mein Geräusch
  • 13:35 - 13:38
    konnte ich tatsächlich mit
    Telefaxmaschines an die andere Seite
  • 13:38 - 13:45
    kommunizieren. Ich meine, wenn man 25
    Telefaxmaschines auf 26 verschiedene
  • 13:45 - 13:50
    Telefonsystemen in Osteuropa installiert
    hat, dann lernt man ein bisschen, wie das
  • 13:50 - 13:52
    funktioniert.
    P: Angeblich geht ja Sex bei Hackern so:
  • 13:52 - 13:56
    Sie pfeifen sich gegenseitig Töne ins Ohr,
    bis sie connecten.
  • 13:56 - 14:04
    W: Ungefähr. lacht Tun wir auch. Tun wir
    auch. Und wir haben dann irgendwann
  • 14:04 - 14:09
    nachgedacht, es funktioniert nicht. Wir
    kommen nicht in Kontakt mit unsere
  • 14:09 - 14:20
    Freundinnen in Beograd. Und da gab es auf
    diese Computernetzwerke, da gab es
  • 14:20 - 14:26
    Newsgroups. Da konnte man sich Abo drauf
    nehmen. Und eine von diesen Newsgroup war
  • 14:26 - 14:35
    social.cultural.yugoslavia. Und die
    social.cultural.yugoslavia war alle Leute
  • 14:35 - 14:39
    von die ganze Welt hatten da Zugang
    darauf. Hauptsächlich waren es Leute, die
  • 14:39 - 14:45
    irgendwie mal ein Vorvater gehabt haben,
    die in Jugoslawien geboren waren. Und da
  • 14:45 - 14:50
    habe ich etwas miterlebt, was ich bis
    dahin von das Netz – es heißt damals noch
  • 14:50 - 14:58
    kein Internet – nicht kannte, nämlich
    Krieg, komplette, ausgewachsene Krieg auf
  • 14:58 - 15:02
    das Netz. Wenn die eine das eine
    geschrieben hat, dann hat die andere
  • 15:02 - 15:10
    geschrieben: Das stimmt nicht. Und wenn
    man jetzt über Fake News oder solche Dinge
  • 15:10 - 15:17
    hat, so Fake wie die News war, das schafft
    sogar Trump nicht mehr.
  • 15:17 - 15:22
    Publikum lacht
    Das war echt… so, es war ziemlich
  • 15:22 - 15:26
    deutlich, irgendwie, wenn man Kroaten und
    Serben sicher, wenn die ins Ausland sein,
  • 15:26 - 15:32
    wenn die irgendwie, … wenn wir versuchen
    zu kommunizieren mit denen, dann brauchen
  • 15:32 - 15:37
    wir ein schnellerer Weg, um zu
    kommunizieren, weil nicht jeden hat eine
  • 15:37 - 15:44
    Modem mit 300 bps dabei, und nicht jeden
    wusste, wie ein X.25-Netzwerk
  • 15:44 - 15:52
    funktionierte oder kennten diese Codes
    auswendig. Und ein Amerikaner, Eric
  • 15:52 - 16:00
    Bachmann, die in Bielefeld –– Bielefeld
    existiert. Publikum lacht Nur so
  • 16:00 - 16:06
    nebenbei. Das habe ich damals gelernt. Es
    existiert. Man wusste damals auch noch
  • 16:06 - 16:10
    nicht, dass es nicht existierte.
    Publikum lacht
  • 16:10 - 16:17
    Jedenfalls der war in Minden auf
    dem Friedenszentrum, und die hat gehört,
  • 16:17 - 16:25
    es gibt Netzwerke, die direkt an die
    Telefon verbunden seien und wo man sich
  • 16:25 - 16:31
    gegenseitig anrufen kann und dann Daten
    austauschen. Und dieses Netzwerk, das
  • 16:31 - 16:38
    heißt in Deutschland Zerberus-System. Man
    hat auch Fido, man hat verschiedene
  • 16:38 - 16:42
    Systeme, aber Zerberus war echt richtig
    ein ausgedachtes und funktionierendes
  • 16:42 - 16:48
    System. Und das Schöne von Zerberus war,
    es gab vor die Gebrauche auch ein
  • 16:48 - 16:53
    Programm, womit er zu Hause das System
    anrufen konnte und seine Daten abholen und
  • 16:53 - 17:00
    dann auf seine Homecomputer das dann
    beantworten. Das war ein echt …
  • 17:00 - 17:04
    R: Eric war bei uns in der Nähe von
    Bielefeld und war im Umweltzentrum tätig
  • 17:04 - 17:10
    auch. Und Eric fand dann raus, dass es
    sowas wie Mailboxen und
  • 17:10 - 17:19
    Mailboxkommunikation gab, und hat uns dann
    angefangen, ein Loch in den Bauch zu
  • 17:19 - 17:25
    fragen. Denn Padeluun und ich mit dem
    FoeBuD e.V. damals noch haben eine Mailbox
  • 17:25 - 17:32
    betrieben namens BIONIC. Und Eric wollte
    alles wissen, alles, alles, alles. Und
  • 17:32 - 17:36
    Eric hat sich darum gekümmert, Rechner
    aufzutreiben. Eric hat sich darum
  • 17:36 - 17:41
    gekümmert, Leute dafür zu gewinnen und das
    Geld aufzutreiben. Denn Ihr müsst Euch
  • 17:41 - 17:46
    vorstellen, dass Telefonate ins Ausland
    damals unglaublich teuer waren. Damals
  • 17:46 - 17:50
    waren auch noch––, gab es einen großen
    Unterschied zwischen Ortsgesprächen und
  • 17:50 - 17:57
    Gesprächen halt im ganzen Land. Es gab
    einen Acht-Minuten-Takt, und es war
  • 17:57 - 18:00
    wirklich verdammt teuer.
    P: Und Ausland natürlich einen Takt
  • 18:00 - 18:03
    schneller. Der Acht-Minuten-Takt war im
    Ortsnetz.
  • 18:03 - 18:07
    R: Ja. Und im Ausland war es..., zum
    Ausland zu telefonieren war wirklich
  • 18:07 - 18:13
    schweineteuer. Und der Umweg, die
    Umwegmöglichkeit, die wir gefunden hatten,
  • 18:13 - 18:20
    war dann eben, statt Fax nach London und
    wieder zurück von Belgrad nach Zagreb oder
  • 18:20 - 18:24
    so zu schicken, war dann eben das
    automatisch zu machen mit einer Mailbox,
  • 18:24 - 18:28
    aber eben auch über einen Umweg, weil die
    direkten Telefonate waren ja nicht
  • 18:28 - 18:34
    möglich. Und so wurde Bielefeld, stand in
    Bielefeld dann der zentrale Server für das
  • 18:34 - 18:40
    ZaMir Transnational Network, was dann
    eingerichtet wurde. Und wir telefonierten
  • 18:40 - 18:45
    aus Bielefeld halt nach Zagreb, nach
    Belgrad, nach Ljubljana, nach Sarajevo,
  • 18:45 - 18:47
    nach Tuzla, –
    P: Pristina.
  • 18:47 - 18:51
    R: .. und in den Kosovo…
    P: Mostar.
  • 18:51 - 18:54
    R: Nein. Mostar kam später.
    P: Kam später, ja…
  • 18:54 - 19:01
    W: Aber wo ich war, war das alles noch
    Zukunftsmusik, (R: Ja.) weil wenn ich die
  • 19:01 - 19:07
    erste Mal Eric in Zagreb getroffen hat,
    hat er gesagt, es gibt in Deutschland ein
  • 19:07 - 19:12
    Gruppe, die heißt BIONIC und die haben ein
    System, und das wird vielleicht
  • 19:12 - 19:14
    funktionieren.
    P: Eric hat erst später gemerkt, dass
  • 19:14 - 19:19
    FoeBuD die BIONIC betreibt, aber… nur mal,
    um den Namen, den alten, ausgesprochen zu
  • 19:19 - 19:19
    haben.
    W: Was?
  • 19:19 - 19:22
    R: Aber weil der so schwer zu merken ist,
    haben wir uns auch umbenannt in
  • 19:22 - 19:25
    Digitalcourage.
    P: Ja, also BIONIC war die Mailbox, Kat.
  • 19:25 - 19:30
    FoeBuD war die Organisation, die jetzt
    Digitalcourage heißt.
  • 19:30 - 19:35
    W: Okay, das haben wir dann auch alle
    wieder auf die Reihe. Und Eric kommt in
  • 19:35 - 19:41
    Zagreb an und erzählte mir, dass es gibt
    diesen Leuten in äh… in äh ... ähm ...
  • 19:41 - 19:44
    P: Bielefeld.
    W: Bielefeld.
  • 19:44 - 19:47
    Publikum lacht
    W: Ich kenne Bielefeld eigentlich nur
  • 19:47 - 19:51
    wegen die Blitzer, die da steht auf die
    A2…
  • 19:51 - 19:53
    Publikum lacht
    P: (dazwischen) Von irgendwas müssen wir
  • 19:53 - 19:56
    leben..
    W: Ich fahr’ kein Auto, aber diejenige, wo
  • 19:56 - 20:04
    ich mitfahr’, hat da immer Problem –– und
    er erzählt mir das, und wir hatten
  • 20:04 - 20:08
    mittlerweile in Zagreb eine Organisation
    gegründet, die heißt die Anti-Ratna-
  • 20:08 - 20:12
    Kampagne, die Anti-Kriegs-Kampagne. Das
    war ein Zusammenschluss von verschiedenen
  • 20:12 - 20:18
    Frauenorganisationen und
    Umweltorganisationen und ein Ausländer:
  • 20:18 - 20:25
    ich. Mittlerweile konnte ich auch das
    Lokalsprachen ein bisschen verstehen. Und
  • 20:25 - 20:32
    wir hatten es auch geschafft, um einige
    Computers gespendet zu kriegen. Und die
  • 20:32 - 20:37
    Leuten im Westen oder in Nordeuropa, die
    haben gedacht, Wam, komm’, wir schicken
  • 20:37 - 20:43
    dem was gutes. Wir schicken dem Apples.
    Das war die größte Fehler, die die machen
  • 20:43 - 20:48
    konnte, weil wenn du mal ein Apple gesehen
    hat, die kriegt man nicht offen. Man muss
  • 20:48 - 20:54
    ein echter speziale Schraubendreher dafür
    haben, um das verdammte Ding offen zu
  • 20:54 - 20:59
    kriegen. So, ein Problem mit dem Apple in
    Sarajevo bedeutet Ding wegschmeißen. Es
  • 20:59 - 21:03
    hat einfach keinen Platz gehabt, um die zu
    reparieren. Man konnte auch kein Modems
  • 21:03 - 21:10
    drauf anschließen. Kurzum, ein völlig
    nutzloses Ding. Aber ich hatte noch ein
  • 21:10 - 21:19
    alte AT mitgenommen. Weißt, was ein AT
    ist, häh?! – ein 386er. Okay.
  • 21:19 - 21:24
    P: Hatte der eine Festplatte?
    W: Die hatte bis dahin große Festplatte,
  • 21:24 - 21:27
    die ich damals gekauft hat. Ja, 40
    Megabyte.
  • 21:27 - 21:33
    P: Megabyte. Er hat Megabyte gesagt.
    W: Meine erste Festplatte war 20 Megabyte
  • 21:33 - 21:38
    und die Typ hat gesagt, Du brauchst nie im
    Leben eine neue zu kaufen.
  • 21:38 - 21:44
    Publikum lacht
    Das war 1982, aber wir sind jetzt fast
  • 21:44 - 21:51
    zehn Jahren weiter… und das Zerberus-
    Netzwerk funktionierte auf meine AT. Das
  • 21:51 - 21:56
    ging. Es war eh alles DOS, weißt?!
    Wahrscheinlich funktioniert er nicht auf
  • 21:56 - 22:05
    Windows oder auf irgendein… es war alles
    DOS. Und das wurde die erste Node vom
  • 22:05 - 22:11
    unseres Netzwerk und das Idee war
    natürlich schnell: Wie nennen wir so ein
  • 22:11 - 22:19
    Ding? Wie nennen wir so Netzwerk? Und man
    hatte damals die maximale Buchstaben, die
  • 22:19 - 22:26
    man geben konnte, waren acht Buchstaben.
    Größere Buchstaben passten nicht. Da
  • 22:26 - 22:32
    konnte man die File nicht mehr benennen.
    Und ziemlich schnell war das natürlich „za
  • 22:32 - 22:38
    mir“, bedeutend „für Frieden“. Das war
    ganz deutlich. ZaMir wird es, und wir
  • 22:38 - 22:41
    mussten einfach die verschiedenen
    Netzwerke die verschiedene Hubs, die wir
  • 22:41 - 22:48
    aufbauen, die Namen von die Stadt geben.
    So, meine wurde dann ZaMir-ZG. ZaMir
  • 22:48 - 22:54
    Zagreb. Und die stand dann neben meinem
    Bett mit diesen 300-bps-Modem dran, die
  • 22:54 - 22:59
    ich da offiziell anschließen darfte, was
    in Deutschland verboten war. Und in
  • 22:59 - 23:02
    Deutschland musste man so ein ...
    R: Wir habens trotzdem gemacht.
  • 23:02 - 23:05
    man so ein, so *piept und zeigt die Geste
    für das Auflegen eines Telefonhörers auf
  • 23:05 - 23:13
    einen Akustikkoppler* — und damit fing es
    an. Wir konnten Berichte austauschen. Und
  • 23:13 - 23:17
    Eric ist dann nach Beograd gegangen, hat
    da bei dem Friedenszentrum in Beograd auch
  • 23:17 - 23:24
    jemand gefunden, die gesagt hat: Ja, ich
    kann ihn bedienen und wir haben auch ein
  • 23:24 - 23:31
    Telefonlinie. Das war übrigens die größere
    Problem, Telefonlinie zu kriegen, weil...
  • 23:31 - 23:33
    ich weiß nicht, gibt es hier Leuten, in
    die DDR geboren sein?
  • 23:33 - 23:36
    Raunen im Publikum
  • 23:36 - 23:42
    Naja, also, Telefonsystemen in
    Jugoslawien war noch schlimmer. lacht
  • 23:42 - 23:50
    Das heißt, durchschnittlich hatte jeden
    zwei Telefon nur drei Kabels. Wenn du zwei
  • 23:50 - 23:55
    Nummers auf drei Kabels, wenn die eine am
    Telefonieren war, konnten die anderen
  • 23:55 - 24:00
    nicht telefonieren. Und man wusste nicht,
    welche das andere Nummer war. Und man
  • 24:00 - 24:04
    wusste nicht, wo die wohnte. Und wenn wir
    ein Modem drangehängt haben, war die
  • 24:04 - 24:09
    Telefon natürlich immer besetzt. lacht
    Das bedeutete, wenn die uns ärgern
  • 24:09 - 24:13
    wollten, hatten die einfach die Horn da
    abgenommen, und wir konnten zwei Tage lang
  • 24:13 - 24:18
    nichts mehr tun, weil wir konnten
    auch nicht rausfinden, wo diese andere
  • 24:18 - 24:22
    Person wohnte, so dass…
    R: Eine neue Telefonleitung
  • 24:22 - 24:26
    einzurichten, kostete nicht hundert Mark,
    wie es bei uns in Westdeutschland war,
  • 24:26 - 24:29
    sondern es kostete über tausend.
    W: Ja, und Zeit.
  • 24:29 - 24:32
    P: Es dauerte zwei Jahre, bis es …
    W: … und Zeit. Es war eigentlich
  • 24:32 - 24:36
    hauptsächlich Zeit. Und so haben wir in
    Zagreb eigentlich hauptsächlich Häuser
  • 24:36 - 24:42
    gemietet von wegen Telefonlinie. lacht
    Wenn wir Haus versucht zu finden, dann war
  • 24:42 - 24:48
    die erste Fragen: Gibt es Telefon? Nein.
    Mieten wir es nicht. Das war ganz wichtig.
  • 24:48 - 24:53
    So hatten wir auch in bestimmte Moment
    sogar drei Telefonlinien zusammen. Das war
  • 24:53 - 25:02
    alles später. Das erste, womit
    konfrontiert wurde,... Ich hab’ gesagt, es
  • 25:02 - 25:11
    gab diese Gruppe, diese News-Gruppe, die
    heißen social.cultural.yugoslavia, und ich
  • 25:11 - 25:15
    hab’ mal ein Jahr in Beograd gewohnt, in
    1980, und da kannte ich noch viele
  • 25:15 - 25:24
    Menschen. Und die erzählten mir über das
    Internet, hier Arpanet, dass die orthodoxe
  • 25:24 - 25:29
    Kirche in Zagreb gesprengt war. Da war
    unser Büro ungefähr 50 Meter von die
  • 25:29 - 25:34
    orthodoxe Kirche, und ich konnte jeden Tag
    diese Kirche sehen. Und da war nichts
  • 25:34 - 25:40
    gesprengt. So schwer es ist, um zu
    beweisen, dass Bielefeld existiert,
  • 25:40 - 25:47
    Publikum lacht ist es zu beweisen über
    das Internet, dass ein Kirche, wovon die
  • 25:47 - 25:50
    andere Seite davon ausgeht, dass er
    gesprengt ist, zu beweisen, dass er nicht
  • 25:50 - 25:53
    gesprengt ist.
    P: Und man muss wissen, Wikipedia war auch
  • 25:53 - 25:56
    noch nicht so weit, dass man da hätte
    nachgucken können, was jetzt wirklich wahr
  • 25:56 - 25:59
    ist.
    W: Man konnte noch keine Bilder
  • 25:59 - 26:02
    verschicken, weißt?!
    P: Die haben nicht richtig ordentlich
  • 26:02 - 26:06
    gelacht. Die haben das nicht verstanden.
    W: Was? Wie wir das gemacht haben…
  • 26:06 - 26:07
    P: Na, eigentlich habe ich erwartet, wenn
    ich sage, dass ... in
  • 26:07 - 26:10
    Wikipedia nachgucken, dass was wahr ist,
  • 26:10 - 26:15
    dass alle hier in brüllendes Gelächter
    ausbrechen. Also, es… Entschuldigung. ––
  • 26:15 - 26:20
    äh, meine Witze sind nicht gut oder ihr…
    die Vorbildung fehlt. Also, ich nehme an,
  • 26:20 - 26:25
    meine Witze sind nicht gut. lacht
    W: … und das meist Idioten, das waren
  • 26:25 - 26:30
    Menschen, die ich kannte und die glaubte
    nicht, dass die Kirche noch stand. Und
  • 26:30 - 26:35
    diese Kirche spielte auch ein Art cruciale
    Rolle in das Ganze, weil es war die Kirche
  • 26:35 - 26:40
    von die Serbe in Zagreb. Und wenn die
    Serben in Beograd sagen: Guck mal, die
  • 26:40 - 26:45
    Kroaten haben unsere Kirche gesprengt,
    dann gab das da natürlich eine ganze Menge
  • 26:45 - 26:50
    Leuten, die böse wurden. Guck mal, die
    verdammte Kroaten sind alle Faschisten und
  • 26:50 - 26:56
    sprengen unsere Kirche. Ich bin ein Woche
    lang beschäftigt gewesen mit Fotos zu
  • 26:56 - 27:03
    machen, zu entwickeln. Elektrische
    Telefon, Digitaltelefonie, Digitalkameras
  • 27:03 - 27:08
    gab es auch nicht. So man musste erst ein
    Foto nehmen und die dann entwickeln
  • 27:08 - 27:13
    lassen.
    P: Das Fälschen war schwieriger von Fotos.
  • 27:13 - 27:17
    Das brauchte… Da musste man noch was
    können, um es richtig gut hinzukriegen.
  • 27:17 - 27:21
    W: So hatten wir jemand organisiert, die
    mit einem Autobus nach Beograd, von
  • 27:21 - 27:28
    Beograd nach Budapest gefahren ist,
    Zeitung unter die Arm und bei uns in
  • 27:28 - 27:31
    Zagreb angekommen ist, und mit diese Typ
    habe ich ein Foto vor diese Kirche
  • 27:31 - 27:36
    gemacht. Und diese Foto haben wir zurück
    nach Beograd geschickt. Elektronisch ging
  • 27:36 - 27:44
    nicht. Es musste alles richtig analog. Und
    das war die erste Moment, dass man merkte,
  • 27:44 - 27:49
    wie unheimlich wichtig es ist, um in
    solchen Situationen gegen
  • 27:49 - 27:56
    Mißinformationen, gegen Fake-Informationen
    etwas zu tun. Weil aus diese Fake-
  • 27:56 - 28:06
    Informationen holte die Leuten die Grund,
    um Krieg zu führen. Ja? Wenn ihr unsere
  • 28:06 - 28:11
    Kirche kaputtmacht, dann machen wir eure
    Kirche kaputt. Auch ein dumme Reaktion,
  • 28:11 - 28:16
    aber die Mensch ist nur einmal ein dummes
    Tier manchmal.
  • 28:16 - 28:20
    P: Kirche um Kirche, Zahn um Zahn.
    W: Was?
  • 28:20 - 28:23
    P: Kirche um Kirche, Zahn um Zahn.
    W: Ja, aber das war das einzigste, was
  • 28:23 - 28:28
    unterschiedlich war. Die Sprache war
    dieselbe. Weißt, man konnte nur am Glaube
  • 28:28 - 28:31
    vielleicht sehen, ob die verschiedene
    Nationalitäten hatten.
  • 28:31 - 28:37
    P: Actually... Die Sprache war schon
    dieselbe. Trotzdem wurden in serbischen
  • 28:37 - 28:41
    Kinos kroatische Filme untertitelt.
    W: Ja, und anders rum.
  • 28:41 - 28:43
    R: Ja, nach dem Krieg.
    W: Und andersrum.
  • 28:43 - 28:46
    P: Und andersrum.
    R: Das war der Brüller, dass Leute ins
  • 28:46 - 28:50
    Kino gegangen sind, um zu sehen, wie ihre
    eigene Sprache untertitelt wird mit
  • 28:50 - 28:56
    derselben Sprache. Nur dass statt
    „Schrippen“ dann „Brötchen“ da steht oder
  • 28:56 - 28:59
    „Semmeln“. Bei solchen Sachen
    unterscheidet es sich halt zwischen
  • 28:59 - 29:04
    Serbisch und Kroatisch.
    W: Bloß, dass Tuđman, das war die Chef in
  • 29:04 - 29:11
    Kroatien, dass die ein komplett neue
    kroatische Sprache entwickelt hat. Weil
  • 29:11 - 29:15
    irgendwie musste die doch angeben, dass
    wir ein eigene Volk sind und ein eigene
  • 29:15 - 29:20
    Sprache haben. So, normalerweise würde man
    in Jugoslawien sagen „Telefon“. Das
  • 29:20 - 29:27
    verstand jeden. In Kroatisch heißt es
    „brži glas“. Das bedeutet dasselbe. Das
  • 29:27 - 29:29
    bedeutet „Schnellsprecher“.
  • 29:29 - 29:31
    R: Fernsprechtischapparat.
    W: Ja.
  • 29:31 - 29:36
    P: Mit Gebührenanzeige.
    W: Hund. Hund war auch so ein schönes
  • 29:36 - 29:42
    Wort. Hund ist ein Tier mit vier Beine,
    die das Haus verteidigt. „Hund“ in
  • 29:42 - 29:49
    Kroatisch heißt „pas“. Die kroatische Name
    war ein halbe Stunde. Publikum lacht
  • 29:49 - 29:55
    Diese Situation. Und eigentlich – hab'
    schon an Anfang gesagt – ich sollte nur
  • 29:55 - 30:03
    drei Monaten gehen, aber ich hab’ – ja,
    ein Mensch ist ein Mensch, ich hab' mir
  • 30:03 - 30:12
    ein bisschen verliebt im Land. Und eine
    bestimmte Person, die hat mir irgendwie
  • 30:12 - 30:15
    mal nach einem Monat gesagt – (P redet
    dazwischen
    )
  • 30:15 - 30:16
    W: Was?
    P: Du hast zu jemand so lange ins Ohr
  • 30:16 - 30:21
    gepfiffen, bis der Carrier connected hat.
    W: Ja, ja, wir haben eigentlich direkt die
  • 30:21 - 30:25
    erste Abend schon connected. Das war…
    P: (dazwischen) Connect auf den ersten
  • 30:25 - 30:29
    Versuch. Das ist nicht schlecht, ja.
    W: Wir haben noch nicht mal gepfiffen.
  • 30:29 - 30:32
    lacht Wir haben noch nicht mal
    gepfiffen. Publikum lacht Ich war auch
  • 30:32 - 30:36
    die neue Kid on the block, Ausländer,
    Computer dabei, wusste, was für ein Ding
  • 30:36 - 30:39
    ist.
    P: (singt) fremder schöner Mann.
  • 30:39 - 30:45
    W: Richtig alles, was man so nötig hat in
    die Zeit, um aufzufallen. Ich war auch die
  • 30:45 - 30:50
    einzige Ausländer, die da war, auf diesen
    Moment, außerhalb von der UN, die da mit
  • 30:50 - 30:54
    weiße Autos rumgefahren hat, aber die
    hatten keinen Kontakt mit die lokale
  • 30:54 - 31:02
    Bevölkerung. Und sie sagt gegen mir auf
    einen bestimmten Moment: Weißt du, wenn es
  • 31:02 - 31:06
    echt Krieg wird und da wird hier
    geschossen, du kannst immer nach Hause
  • 31:06 - 31:11
    gehen. Und da habe ich irgendwie die
    magische Worte gesprochen, dass ich so
  • 31:11 - 31:18
    lange in Jugoslawien bleib’, bis die Krieg
    zu Ende war. Das hatte ich in 1990 nicht
  • 31:18 - 31:23
    sagen müssen. Das hat dann fünf Jahren
    gedauert die erste Mal und noch mal drei
  • 31:23 - 31:29
    Jahren im Kosovo. Aber ich habe meine
    Versprechen gehalten. Ich bin tatsächlich
  • 31:29 - 31:36
    die ganze Zeit da gewesen. Und ein Grund,
    dass ich jetzt in Deutschland wohnt, war,
  • 31:36 - 31:43
    dass ich ganz müde war nach fünf Jahren
    und hier ausgeruht hab' und eigentlich
  • 31:43 - 31:49
    hängen geblieben bin. Und so war ich in
    Jugoslawien, und es war deutlich, ich war
  • 31:49 - 31:56
    diejenige, die ZaMir-Netzwerk gründet,
    weil viel Leuten gab es nicht in Zagreb,
  • 31:56 - 32:01
    die es konnt’. In Sarajevo auch nicht. In
    Beograd auch nicht. Und Eric konnte auch
  • 32:01 - 32:06
    nicht überall gleichzeitig sein, und ich
    hatte ein richtig schlechtes Gefühl, weil
  • 32:06 - 32:17
    ich hatte Kinder. Ein Mädel und zwei Söhne
    und irgendwie war Papa weg. Papa war ganz
  • 32:17 - 32:23
    lang weg. Und dann habe ich gedacht, ich
    fang’ an, dem jeden Tag zu schreiben, was
  • 32:23 - 32:29
    ich tue. Wenn die mal alt und weise
    geworden sein, dann können die das immer
  • 32:29 - 32:40
    nachlesen, was Papa da gemacht hat. Und
    das wurde dann jeden Tag die Zagreb Diary.
  • 32:40 - 32:45
    Das war im Grund genommen nur gemeint, um
    meine Kinder zu erzählen, was passierte.
  • 32:45 - 32:56
    Aber nach drei Tagen passierte etwas, wo
    ich über geschrieben hat, was so viel
  • 32:56 - 33:03
    Einfluss auf die Welt damals gegeben hat,
    dass meine Tagesbücher nicht mehr in meine
  • 33:03 - 33:13
    Privatfamilie geblieben sein. Es gab da
    ein kleine Grenzplatz zwischen Bosnien und
  • 33:13 - 33:24
    Serbien und Kroatien. Da so das Dreieck.
    Und wir hatten in Zagreb ein Faxlinie mit
  • 33:24 - 33:29
    diese Platz, warum, weiß kein Mensch. Aber
    die Menschen, die in diese Stadt wohnte,
  • 33:29 - 33:33
    schrieben uns, dass Serben diese Stadt
    überfallen waren. Das waren die,... das
  • 33:33 - 33:43
    waren die... wie heißen die? ... die White
    Eagles, das waren Tschetniks. Die sind von
  • 33:43 - 33:48
    Tür nach Tür gegangen, und irgendwie ist
    die erste Fax angekommen, da waren die
  • 33:48 - 33:53
    noch fünf Häuser weiter und jeden Fax, die
    danach kamen, waren die Leuten immer naher
  • 33:53 - 33:58
    dran. Und die Menschen wurde unterwegs,
    wurde alle Leuten, die die aus die Häuser
  • 33:58 - 34:04
    geholt haben, wurden auf die Straße
    erschossen. Und jemand schreibt das. Wir
  • 34:04 - 34:08
    kriegen das. Und ich setze das via
    GreenNet aufs Internet, auf diese
  • 34:08 - 34:16
    social.cultural.yugoslavia. Und die erste
    Reaktion kam aus Amerika und von jemand,
  • 34:16 - 34:24
    die sagte: Wam, Du übertreibst, es war
    nicht auf CNN. Raunen im Publikum Habe
  • 34:24 - 34:28
    ich ab diesem Moment begriffen, wenn ein
    Krieg nicht auf CNN ist, ist es kein
  • 34:28 - 34:34
    Krieg. Dann kann passieren, was passiert,
    aber man glaubt es nicht. Drei Tage später
  • 34:34 - 34:40
    hat CNN mein Bericht gelesen und hat dann
    gesagt, es stimmt. Und ab diesem Moment
  • 34:40 - 34:45
    war mein Tagesbuch, in einmal wurde
    durchgereicht. Immer mehr Menschen hatten
  • 34:45 - 34:52
    das Ding. Ich völlig – ich weiß es nicht,
    ich wusste es nicht. Es hat mir einfach
  • 34:52 - 34:58
    fast ein Jahr lang gedauert, vor dass ich
    begriffen hat, dass mein Tagesbuch
  • 34:58 - 35:02
    unheimlich große Kreise geschlagen hat.
    P: Wobei, vielleicht muss man einmal dazu
  • 35:02 - 35:06
    sagen... Du hast gerade versehentlich das
    Wort „war es im Internet“ gesagt. Nee, das
  • 35:06 - 35:09
    war nicht im Internet. Das war in
    Mailboxen. Das war vielleicht gerade mal
  • 35:09 - 35:13
    im Usenet, wo es sich ein bisschen
    verbreitet hat. Aber es war ja gerade das
  • 35:13 - 35:18
    Spannende dabei, dass das zum ersten Mal
    etwas war, wo die Weltbevölkerung
  • 35:18 - 35:23
    mitbekommen hat, es gibt eine Möglichkeit
    zu kommunizieren per Textkommunikation und
  • 35:23 - 35:26
    nicht nur über Telefon und teure Leitung,
    sondern da können Leute was schreiben und
  • 35:26 - 35:30
    versenden. Sie können es verbreiten. Für
    uns war tatsächlich das ZaMir-Netz ein
  • 35:30 - 35:35
    Glücksfall, weil sich Medien endlich mal
    für unsere Systeme interessiert haben,
  • 35:35 - 35:39
    weil wir hatten längst Netze aufgebaut,
    die Leute benutzen konnten. Also, ich sag'
  • 35:39 - 35:42
    mal, in Deutschland waren vielleicht eine
    Million Menschen in Zerberus, CL und
  • 35:42 - 35:47
    ähnlichen Netzen aktiv. Es hat sich kein
    Medium dafür interessiert tatsächlich.
  • 35:47 - 35:54
    Aber jetzt gab es einmal dieses großartige
    Ding einer Vernetzung, die der Eric
  • 35:54 - 35:59
    Bachmann halt in Saraje.., in Ex-
    Jugoslawien aufgebaut hat mit Wam
  • 35:59 - 36:07
    zusammen. Also, allein schon mal diese
    ganze UNO-Embargos zu unterlaufen, die
  • 36:07 - 36:12
    Computer zum Teil in UN-
    Transportflugzeugen mitzuschmuggeln. Ich
  • 36:12 - 36:17
    glaube, Wam war Angestellter der UN
    nominell. Du hast einen Dollar im Jahr
  • 36:17 - 36:19
    verdient.
    R: (dazwischen) Das war Eric.
  • 36:19 - 36:21
    P: Bitte?
    R: Eric.
  • 36:21 - 36:23
    P: Ach, Eric war das, ja.
    W: (dazwischen) Ich bin diejenige, die den
  • 36:23 - 36:26
    offiziellen Vertrag mit der UNO hatte...
    P: Du warst das auch. Aber ihr habt da zum
  • 36:26 - 36:29
    Teil Computer da reingeschmuggelt, um auf
    einer Low Tech einfach zu arbeiten. Also,
  • 36:29 - 36:33
    es wurde schon gesagt, auf einem 286er.
    Das kann man vielleicht vergleichen mit
  • 36:33 - 36:40
    Rechenkapazität von zweimal C64. Ja, damit
    hat man gearbeitet, und damit hat man mit
  • 36:40 - 36:43
    einer Telefonleitung, die nicht
    gemultiplext war, sondern da ging genau
  • 36:43 - 36:48
    ein Datenstrom drüber von jemand von A
    nach B, ja?! Damit hat man kommuniziert.
  • 36:48 - 36:52
    Dann wurde es verbreitet. Dann waren in
    manchen Mailboxen, zum Beispiel in
  • 36:52 - 36:56
    unserer, Journalisten drin, die das wieder
    empfangen haben als so genannter Point.
  • 36:56 - 37:00
    Also, als jemand, der die Daten einmal
    abholt, dann gelesen hat, davon in andere
  • 37:00 - 37:05
    Redaktionen ging, gedruckt wurde. Das war
    halt tatsächlich im Grunde, bevor das
  • 37:05 - 37:09
    Internet da war. Wir sprechen hier von 92,
    93, 94. Also, wo es so langsam schon
  • 37:09 - 37:14
    anfing, war überhaupt mal ein Gespür in
    der Öffentlichkeit da: Hey, mit diesen
  • 37:14 - 37:17
    Netzen kann man was machen. Das sind nicht
    nur technische Idioten, die da irgendwie
  • 37:17 - 37:24
    rumspielen und nackte Mädels verticken und
    Raubkopien verbreiten, was Mailboxen nicht
  • 37:24 - 37:27
    waren. In unserer war ausschließlich Text
    drin, ja, wo es... nein, keine
  • 37:27 - 37:32
    pornographischen Geschichten, sondern:
    politische Sachen. Politische Gruppen
  • 37:32 - 37:37
    waren vernetzt und eben über APC,
    GreenNet. Sämtliche Antifa-Gruppen haben
  • 37:37 - 37:41
    darüber gearbeitet. Da wurde richtig
    ordentliche Arbeit gemacht. Das war ein
  • 37:41 - 37:44
    spannendes Netz, bevor das Internet das
    übrigens alles kaputt gemacht hat, das
  • 37:44 - 37:47
    übrigens auch noch dabei. Aber das ist
    eine andere Geschichte, die dann an einem
  • 37:47 - 37:51
    anderen Ort erzählt werden wird. Und das
    war das spannende, und dein Tagebuch war
  • 37:51 - 37:55
    der Inhalt, den die Leute sich angucken
    konnten, weil es war spannend geschrieben.
  • 37:55 - 38:01
    Du warst zwar da nur in Zagreb, hast da in
    den Flüchtlingslagern, bist mit dem VW-Bus
  • 38:01 - 38:07
    rum, wo die Leute, die ihre Familien
    suchten, dann den Computer benutzen
  • 38:07 - 38:11
    konnten und sich da zusammengeführt haben.
    Das war eine ganz geniale Arbeit, die da
  • 38:11 - 38:16
    geschehen ist. Aber dieses Tagebuch, das
    darüber zu beschreiben, diese Erlebnisse.
  • 38:16 - 38:20
    Der hat Menschen nicht nur gezeigt, ah,
    das ist ein Krieg und das ist furchtbar,
  • 38:20 - 38:24
    aber in dem Krieg wird auch gelebt und
    auch gelacht. Es gibt fantastische,
  • 38:24 - 38:29
    lustige Geschichten aus Sarajevo während
    des Beschusses. Allein dieser Wettbewerb:
  • 38:29 - 38:31
    Schaffe ich es über die Straße zu kommen,
    ohne etwas abzukriegen – das haben die
  • 38:31 - 38:35
    wirklich gespielt dort, ja?! Allein, das
    mitzukriegen, das mitzuerleben – das hat
  • 38:35 - 38:39
    den Menschen auch in der ganzen Welt
    gezeigt, was eigentlich diese neuen
  • 38:39 - 38:44
    Datennetze sein könnten. Und das war noch
    mal ein ganz anderer Aspekt, der mit dem
  • 38:44 - 38:48
    Krieg, und dass wirklich Leute in
    Jugoslawien –– Du warst da auf Reisen. Du
  • 38:48 - 38:52
    hast Leute kennengelernt, die, nachdem die
    erfahren haben, dass du von der BIONIC-
  • 38:52 - 38:55
    Mailbox kamst, mit Tränen in den Augen dir
    gedankt haben, weil du ihre Familien
  • 38:55 - 39:00
    wieder zusammengebracht hast. Also, als
    Figur dann quasi....
  • 39:00 - 39:03
    Das ist die eine Geschichte, aber die
    andere Geschichte auch: Es hat der Welt
  • 39:03 - 39:09
    geholfen, es hat Google geholfen,
    Microsoft geholfen, all das, gegen das
  • 39:09 - 39:13
    wir heute kämpfen, weil wir nämlich unsere
    eigenen Strukturen und eigenen Netze nicht
  • 39:13 - 39:16
    mehr in der Hand haben, weil wir heute –
    Moment –, weil wir heute, weil wir
  • 39:16 - 39:21
    vergessen haben, wie wichtig es ist,
    eigene Strukturen zu haben, mit 286ern zu
  • 39:21 - 39:24
    arbeiten, mit Modems, mit maximal
    Telefonleitung, mit Überlegungen, wie man
  • 39:24 - 39:29
    über gespendete Satelliten auch eine
    Connection herstellen kann. Wir haben
  • 39:29 - 39:32
    diese Strukturen (R: dezentral zu
    arbeiten) aufgegeben. Wir
  • 39:32 - 39:35
    arbeiten nicht mehr dezentral. Wir sind
    von einem großen roten Schalter abhängig,
  • 39:35 - 39:38
    der irgendwo bei ICANN gedrückt werden
    kann, und dann können wir nicht mehr
  • 39:38 - 39:42
    kommunizieren. So. Das ist nämlich auch
    noch eine Geschichte, die da reingehört.
  • 39:42 - 39:49
    Applaus
    W: Ihr hört, sie waren beide ziemlich
  • 39:49 - 39:55
    damit beschäftigt. Wusste ich aber nicht.
    Ich kannten die auch nur übers Internet.
  • 39:55 - 39:59
    Ich habe sie eigentlich vor 20 Jahren zum
    ersten Mal gesehen
  • 39:59 - 40:02
    P: Ich hab' dich beim Vortrag, als du da
    in Belzig (W: (dazwischen) ... in
  • 40:02 - 40:05
    Berlin...) warst, hast du ein Vortrag
    irgendwo gemacht. Da hab' ich dich zum
  • 40:05 - 40:06
    ersten Mal gesehen, lange nach
    Jugoslawien.
  • 40:06 - 40:12
    W: Haben wir schon fünf Jahren
    zusammengearbeitet. Und in einmal auf
  • 40:12 - 40:18
    meine Tagebuch habe ich unheimlich viel
    E-Mail gekriegt von Adressen, die ich
  • 40:18 - 40:24
    absolut nicht kannte. Eine Adresse ist mir
    gleich aufgefallen. Die heißt
  • 40:24 - 40:31
    "whitehouse.gov". Lachen im Publikum Und
    die Typ, die da schrieb, die heißte
  • 40:31 - 40:39
    "a.gore". Und ich hab' mir auf diesem
    Moment absolut nicht bewusst gehabt, dass
  • 40:39 - 40:48
    das die Vizepräsident von Amerika war. Und
    die fragt: Du sitzt da in Kroatien und
  • 40:48 - 40:55
    macht dein ganze Ding, brauchst du was?
    Na, hatte ich auch verschiedene Male Leute
  • 40:55 - 40:59
    gehabt, die gefragt haben: Brauchst du
    was? Und dann hatte ich auch alle kleine
  • 40:59 - 41:05
    Dinge, so, Diskettes... aber bei
    a.gore@whitehouse.gov hatte ich doch das
  • 41:05 - 41:08
    Gefühl, jetzt kann es echt interessant
    werden.
  • 41:08 - 41:11
    P: Weltfrieden!
    vereinzeltes Lachen im Publikum
  • 41:11 - 41:17
    W: Wenn ich begriffen hab, dass... man kam
    mit Leuten in Kontakt, die man
  • 41:17 - 41:24
    normalerweise wahrscheinlich absolut nie
    kennengelernt hat. Und ich hab' dann auch,
  • 41:24 - 41:28
    ich hab' dann unheimlich gut begriffen,
    ich kann hier alles schreiben, was ich
  • 41:28 - 41:34
    will. Ich kann echt alles schreiben, was
    ich will. Viel kaputt machen kann man in
  • 41:34 - 41:38
    einem anderen Krieg sowieso nicht. Ich
    meine, es ist schon alles kaputt, weißt?!
  • 41:38 - 41:42
    Wenn man in Sarajevo damals herumgelaufen
    hat, die Hälfte von die Gebäude war
  • 41:42 - 41:48
    kaputt, so viel kaputt machen konnten wir
    nicht mehr. Und ich hab' dann zum Beispiel
  • 41:48 - 41:56
    solche Dinge geschrieben: Stell Dich vor,
    es gibt in diese Welt ganz Chemiewerken
  • 41:56 - 42:01
    und die produzieren jeden Tag einen
    unglaublichen Scheiß, und die haben
  • 42:01 - 42:08
    irgendwie ein Konflikt mit ihre Gewissen.
    In Sarajevo haben wir ungefähr 40.000
  • 42:08 - 42:17
    Leuten, die brauchen jeden Tag ein
    Dialyse. Es gibt kein Dialyse-Flüssigkeit
  • 42:17 - 42:22
    mehr. 700.000 Leute sind eingekesselt.
    40.000 davon müssen jeden Tag Dialyse
  • 42:22 - 42:28
    haben und wir haben nichts mehr. Ich kann
    mir vorstellen, dass um Deine Gewissen
  • 42:28 - 42:33
    wieder ein bisschen ins Reine zu kriegen,
    ein paar von die Betrieben mal einen
  • 42:33 - 42:41
    Vorrat von diese Dialyse-Flüssigkeiten
    schicken. Und gleichzeitig habe ich
  • 42:41 - 42:45
    gedacht, Wam, es gibt ganz viele
    hauptsächlich amerikanische
  • 42:45 - 42:53
    Hubschrauberpiloten, die in Vietnam auch
    Dinge gemacht haben, wovon sie noch immer
  • 42:53 - 42:58
    nicht schlafen können. Hier gibt es eine
    Möglichkeit, um nach Bosnien zu kommen,
  • 42:58 - 43:06
    nach Kroatien zu kommen und gute Sachen zu
    fliegen. Und wir brauchen nur noch einen
  • 43:06 - 43:13
    Hubschrauber. 20 Minuten noch. Wir
    brauchen nur noch einen Hubschrauber. Und
  • 43:13 - 43:20
    solche Dinge denkst du, das wird mir nie,
    nie! Naja. Nächste Tag auf Fort Plesmo,
  • 43:20 - 43:32
    das ist die Luftbasis neben Zagreb, drei
    große Pharmaindustrien, die Medikamenten
  • 43:32 - 43:39
    geschickt haben, nicht nur Dialyse-
    Flüssigkeit. Wir hatten ungefähr 36
  • 43:39 - 43:46
    Hubschrauberpiloten innerhalb von drei
    Tagen und zwei Hubschrauber.
  • 43:46 - 43:54
    Applaus
    In so einem Moment denkst du, es
  • 43:54 - 43:59
    funktioniert, man kann die Dinge tun. Und
    so habe ich geschrieben von: Weißt, das
  • 43:59 - 44:05
    sind unglaublich viele Leute hier im
    Flüchtlingslager. Ganz viele Kinder. Die
  • 44:05 - 44:09
    sitzen hier Monate lang in
    Flüchtlingslagern und niemand, die was für
  • 44:09 - 44:15
    den tut. Die UN gibt dem Essen, ein Zelt
    und medizinische Versorgung, aber die
  • 44:15 - 44:21
    sitze Monaten da und haben nichts zu tun.
    Und ich war bei UNICEF vorbeigegangen, hat
  • 44:21 - 44:25
    gefragt: Darf ich mit Kinder im
    Flüchtlingslager spielen? Die haben mir
  • 44:25 - 44:29
    angerufen: Natürlich darfst Du mit Kinder
    im Flüchtlingslager spielen. Darf ich
  • 44:29 - 44:33
    meine Freunde einladen, um mit Kindern im
    Flüchtlingslager zu Spielen? – Oh,
  • 44:33 - 44:37
    natürlich, die kommen nie.
    verhaltenes Lachen im Publikum
  • 44:37 - 44:44
    Ja, gerade auf diesem Moment steht an die
    Grenze von Slowenia ein Zug in die Sonne,
  • 44:44 - 44:51
    zwei Tagen lang unterwegs nach Deutschland
    mit 600 Flüchtlinge drin, die die Zug nie
  • 44:51 - 44:56
    verlassen mussten, äh, konnten und wieder
    zurückgeschickt wurde. 8000 Leute sind
  • 44:56 - 45:04
    gekommen. 8000 Leuten waren bereit, ihre
    eigene Flug zu bezahlen, da hinzukommen,
  • 45:04 - 45:07
    zu bezahlen vor das Essen im
    Flüchtlingslager und mindestens drei
  • 45:07 - 45:12
    Wochen lang in ein Flüchtlingslager zu
    wohnen, um mit Kindern zu spielen. Jetzt
  • 45:12 - 45:16
    20 Jahre später wissen wir, dass das auch
    irgendwie was ganz gutes war, was wir da
  • 45:16 - 45:23
    gemacht haben, dass wir Kinder in ein
    Situation in Kontakt gebracht haben mit
  • 45:23 - 45:30
    Kultur von die ganze Welt, dass wir ganz,
    ganz bewusst gesagt haben, wir wollen
  • 45:30 - 45:37
    kein Leuten von ein Land. Wir wollen
    gemixte Gruppen in die Flüchtlingscamps.
  • 45:37 - 45:42
    Und meine Tagesbuch und ZaMir-Netzwerk war
    immer das wichtigste Teil. Wir waren die
  • 45:42 - 45:46
    erste Leuten in die Welt, die
    Flüchtlingslager hatten mit
  • 45:46 - 45:50
    Internetanschluss.
    verhaltener Applaus
  • 45:50 - 45:52
    Kannst du dir das vorstellen?
    P: Moment.
  • 45:52 - 45:55
    W: Und in diesem Fall sage ich echt
    Internetanschluss, weil es war
  • 45:55 - 46:01
    tatsächlich indirekt auf diesen Moment
    fing nämlich CERN an. Und CERN suchte
  • 46:01 - 46:05
    irgendwie etwas, was jeden Tag kam...
    P: Wam, wir haben uns ja im Vorfeld nicht
  • 46:05 - 46:09
    so richtig doll abgesprochen, und ich fänd
    es ganz gut, wenn wir dann doch jetzt die
  • 46:09 - 46:14
    Viertelstunde, die letzte, für Fragen aus
    dem Publikum dalassen würden. Vor allen
  • 46:14 - 46:18
    Dingen hab' ich eine Frage ans Publikum,
    nämlich, einmal ein Handzeichen, wer
  • 46:18 - 46:23
    eigentlich aus den ex-, ehemaligen
    jugoslawischen Ländern kommt. Das sind
  • 46:23 - 46:27
    immerhin ein paar. Haben welche davon
    auch tatsächlich mal das ZaMir-Netz
  • 46:27 - 46:32
    genutzt oder seid ihr alle zu jung für,
    ne?! – Sehe ich keine Hand mehr. Okay,
  • 46:32 - 46:38
    prima. Ja, dann würde ich dann doch
    unseren Herald bitten, das Mikro, die
  • 46:38 - 46:41
    Mikro-Organisation zu nehmen und dann die
    Fragen, bitte so.
  • 46:41 - 46:45
    H: So, ich denke, ich sprech' für alle
    hier, wenn ich Wam recht herzlich für
  • 46:45 - 46:49
    seinen durchaus sehr bewegenden
    Zeitzeugenbericht danke. Wir haben hier
  • 46:49 - 46:58
    Applaus
  • 46:58 - 47:00
    Wir haben hier im Saal
  • 47:00 - 47:05
    vier Mikrofone, zwei hier im
    Mittelgang, zwei links und rechts. Da
  • 47:05 - 47:09
    könnt Ihr euch hinstellen. Bitte haltet
    euch mit Danksagungen zurück. Stellt eine
  • 47:09 - 47:13
    kurze prägnante Frage, damit wir ein paar
    Leute durchbringen. Zuallererst: Gibt es
  • 47:13 - 47:18
    eine Frage von unserem Signal Angel? –
    Keine Frage aus dem Internet. Dann bitte
  • 47:18 - 47:24
    Mikrofon 1.
    M1: Ist es auf? – Ja. Wam, wir haben
  • 47:24 - 47:28
    heute auch wieder Flüchtlingsunterkünfte
    in Deutschland. Es gibt Leute, die sich
  • 47:28 - 47:33
    engagieren dort mit Freifunk auch einen
    Netzzugang zu legen. Hast du aus deiner
  • 47:33 - 47:38
    Erfahrung mit dem, wo du früher ähnlich
    gearbeitet hast, einen, sozusagen, einen
  • 47:38 - 47:42
    Ratschlag, einen Hinweis, was sind
    wichtige Dinge, was kann man machen, außer
  • 47:42 - 47:50
    dafür zu sorgen, dass der Router läuft?
    W: lacht Internet und Handys sind das
  • 47:50 - 47:55
    wichtigste Teil, das ein Flüchtling hat.
    Es ist seine Hausnummer. Es ist sein
  • 47:55 - 48:00
    Haus. Es ist, wie man ihn und sie
    erreichen kann. Das erste, was wir in
  • 48:00 - 48:04
    meinem Stadt, wo ich jetzt wohne – ich
    wohne in Bad Belzig. Das liegt irgendwie
  • 48:04 - 48:11
    zwischen hier und Berlin... das erste,
    was wir da in 1996 installiert haben ins
  • 48:11 - 48:19
    Flüchtlingsheim, war ein
    Internetanschluss. Und ich bin... Es ist
  • 48:19 - 48:26
    für Menschen, die Kommunikation ist ein
    Lebensding. Wir haben in Belzig jetzt fast
  • 48:26 - 48:31
    zehn Jahren gekämpft für, dass die
    Gemeinde bereit war, um Freifunk zu machen
  • 48:31 - 48:36
    innerhalb von die Stadt. Wir haben es
    mittlerweile. Seit 20 Jahren bieten wir
  • 48:36 - 48:41
    allen Flüchtlingen es an. Kommunikation
    ist so wichtig, dass Leuten in Kontakt
  • 48:41 - 48:48
    bleiben mit ihre Heimatländern. Das Schöne
    von Internet war und von, von .... ein
  • 48:48 - 48:53
    ganz kleine Anekdote ... die Typ, ne?!
    ... nur fünf Minuten... (P: lacht Nein,
  • 48:53 - 49:00
    nein, nein.) – Stell dich vor, stell dich
    vor: Pristina. Pristina liegt in Kosovo.
  • 49:00 - 49:06
    In Pristina sind die meisten Menschen
    seien Moslem. Das bedeutet, die Männer
  • 49:06 - 49:13
    darfen raus, und die Frauen müssen zu
    Hause bleiben. Und die Männer, die sind
  • 49:13 - 49:17
    jeden Abend ausgegangen in die Coffeeshop,
    und die hatten zwei Frauen, die nennten
  • 49:17 - 49:23
    wir die electronic witches. Und die sind
    rausgegangen mit den kleiner Laptop und
  • 49:23 - 49:27
    haben die Frauen zu Hause gelernt, wie man
    es auf das Internet kam. Das waren
  • 49:27 - 49:31
    Frauen, die wussten noch nicht mal, dass
    da Computers existierte. Die hatten noch
  • 49:31 - 49:37
    nie ein Tippmaschine gehabt und haben
    ihr tippen und schreiben auf
  • 49:37 - 49:44
    Computers, und zwar mit leuten in
    Amerika, in Australien. So, was wir
  • 49:44 - 49:49
    erreicht haben, war Frauen in Pristina,
    die mit die ganze Welt kommunizierte, mit
  • 49:49 - 49:54
    Frauen überall. Und Männer in Pristina in
    Coffeeshops, die über die Welt geredet
  • 49:54 - 49:58
    haben....
    Lachen und Applaus
  • 49:58 - 50:05
    ... und gedacht... Empowering! Empowering
    ist das wichtigste Wort in diese ganzen
  • 50:05 - 50:08
    Sachen. Gibt die Leuten die Möglichkeit,
    etwas zu tun. Computer sind keine
  • 50:08 - 50:16
    Techniken. Die Technik ist nur praktisch,
    wenn es auch eingesetzt wird. Wir können
  • 50:16 - 50:19
    die schönste Handys haben, wenn wir die
    nicht gebrauchen vor Dinge, die irgendwie
  • 50:19 - 50:24
    Sinn haben, dann ist es reine
    Umweltverschmutzung.
  • 50:24 - 50:26
    P: Außerdem müssen wir...
    R: Dann erzähl' ich gerade auch noch eine
  • 50:26 - 50:31
    Anekdote.
    Applaus
  • 50:31 - 50:38
    Ich hab nämlich Workshops für Frauen aus
    allen Landesteilen dort gegeben und habe
  • 50:38 - 50:43
    Frauen kennengelernt, die in der freien
    bosnischen Armee gekämpft haben und die
  • 50:43 - 50:49
    das Zentrum für vergewaltigte Frauen in
    Zenica aufgebaut haben. Die haben aus
  • 50:49 - 50:52
    Schrottcomputern, die sie gespendet
    bekommen haben, haben sie welche
  • 50:52 - 50:59
    funktionierende zusammengebaut. Wirklich
    bewundernswert. Und auch in Zagreb gab es
  • 50:59 - 51:06
    Frauen, die bei dem System engagiert waren.
    Denn das wurde dann Thema im Parlament in
  • 51:06 - 51:12
    Kroatien, und dort wurde gesagt: Das sind
    alles serbische Kommunisten, die diese
  • 51:12 - 51:18
    Mailbox betreiben, serbische Kommunisten,
    und Ihr unterschätzt sie, denn das sind
  • 51:18 - 51:23
    Frauen (Lachen), die sind gefährlich.
    Applaus
  • 51:23 - 51:26
    W: Du musst dir dich mal vorstellen, wenn
    du abends auf Fernsehen guckt und da
  • 51:26 - 51:30
    sitzen einmal deine eigene Porträt und
    die Porträt von deine Freundin und von
  • 51:30 - 51:36
    einer anderen Freundin und da wird gesagt
    und da steht: Ein guter Kroate weißt, was
  • 51:36 - 51:40
    er mit diese Leute machen musst.
    P: Ja, da sind wir ja in Deutschland auch
  • 51:40 - 51:46
    nahe dran. Vielleicht ein Hinweis noch
    für die Leute, die jetzt hier reingekommen
  • 51:46 - 51:49
    sind, weil sie dachten, noch mehr zur
    Technik zu hören. Brauchten wir gar nicht
  • 51:49 - 51:53
    machen, weil LaForge hat einen Vortrag
    gehalten am ersten Tag zu der
  • 51:53 - 51:57
    Mailboxtechnik, verschiedenen, die es
    damals gab. Ich habe vorhin in den
  • 51:57 - 52:01
    Vortrag reingeschaut. Der zeigt mit
    Protokollen und allem wirklich sehr, sehr
  • 52:01 - 52:05
    gut, wie das eigentlich technisch
    abgelaufen ist, und insofern, glaube ich,
  • 52:05 - 52:08
    braucht man das hier nicht machen, sondern
    es geht dann einfach doch um die Sachen,
  • 52:08 - 52:13
    wie es genutzt wurde. Ich könnte auch
    noch eine Anekdote beisteuern, weil
  • 52:13 - 52:17
    Mailboxen war natürlich auch in
    Deutschland ein ganz interessantes Thema.
  • 52:17 - 52:20
    Und auch der Verfassungsschutz hat
    Mailboxen aufgebaut. Also, einmal das
  • 52:20 - 52:23
    Spinnennetz und einmal das Thule-Netz.
    Das Spinnennetz war das linksradikale
  • 52:23 - 52:27
    Netzwerk. Das Thule-Netz war das
    rechtsradikale Netzwerk. Und im Thule-
  • 52:27 - 52:32
    Netz war dann eine Bombenbauanleitung
    gefunden worden, also, im öffentlichen
  • 52:32 - 52:37
    Bereich. Im geheimen Bereich konnte
    natürlich niemand rein. Im geheimen
  • 52:37 - 52:39
    Bereich war auch nichts in den Mailboxen,
    aber in dem öffentlichen Bereich war eine
  • 52:39 - 52:43
    kleine Bombenbauanleitung. Diese
    Bombenbauanleitung wurde nun allerdings
  • 52:43 - 52:47
    von jemandem geschrieben, der bei uns
    Systembetreuer war. Bei uns. BIONIC.
  • 52:47 - 52:51
    Bielefeld. Ich will jetzt nicht dazu
    sagen, dass der heute große Kongresse mit
  • 52:51 - 52:55
    Hackern organisiert...
    R: Er war damals noch minderjährig und in
  • 52:55 - 53:00
    der Schule, interessierte sich für Chemie.
    P: ... ja, und er hat es einfach, weil
  • 53:00 - 53:03
    wir hatten so ein Brett, wo man sich über
    Pyrotechnik austauschte, halt geschrieben,
  • 53:03 - 53:06
    damit die Leute, die die ganze... also,
    ihr alle habt ja hoffentlich mal mit
  • 53:06 - 53:11
    Sprengstoff experimentiert als anständige
    Menschen. Ich habe es zumindest gemacht,
  • 53:11 - 53:15
    und es waren klägliche Ergebnisse, die ich
    dabei rausholte, und da hätte ich
  • 53:15 - 53:18
    natürlich auch gerne schon Informationen
    gehabt, aber die jungen Leute machten das
  • 53:18 - 53:22
    halt auch: Chemical Hacking. Sie haben
    extra sich getroffen für ein schönes
  • 53:22 - 53:27
    Camp. Ah, da steht einer – ich mache es
    kurz. Aber diese Bombenbauanleitungen
  • 53:27 - 53:31
    führte auch dazu durch irgendwelche
    komischen Umstände, dass bei uns eine
  • 53:31 - 53:34
    Hausdurchsuchung stattfand.
    R: Ja, er hatte als Betreffzeile "Der
  • 53:34 - 53:37
    kleine Terrorist" gewählt.
    P: Also war bei uns eine
  • 53:37 - 53:41
    Hausdurchsuchung. Pünktlich 14 Uhr stand
    die Polizei an der Tür. Öffnungszeiten an
  • 53:41 - 53:47
    der Tür sind klasse, weil dann kommen sie
    nicht um sechs. Und dann hatten die den
  • 53:47 - 53:52
    Auftrag von der Staatsanwaltschaft alles
    abzuräumen, alle Computer mitzunehmen. Das
  • 53:52 - 53:55
    wäre jetzt nicht besonders toll gewesen.
    Dann meinte ich eben: Schauen Sie mal
  • 53:55 - 53:58
    hier, ich habe so einen Presseausweis. Da
    hätten sie sehr schlechte Presse, wenn
  • 53:58 - 54:02
    sie das jetzt mitnehmen. Meinte der
    Polizist, der Einsatzleiter: Schlechte
  • 54:02 - 54:05
    Presse interessiert mich nicht. – Stimmt,
    sagte ich, ist gut, weil dann wären Sie
  • 54:05 - 54:09
    auch ein schlechter Polizist, aber über
    unser Mailboxsystem werden auch
  • 54:09 - 54:13
    Hilfsgütertransporte organisiert. Und
    wenn Sie morgen Nachrichten gucken, und
  • 54:13 - 54:16
    Sie kriegen mit, in Sarajevo sind
    Menschen gestorben, weil
  • 54:16 - 54:20
    Hilfsgütertransporte nicht angekommen
    sind, dann haben Sie auch ein schlechtes
  • 54:20 - 54:24
    Gewissen. Und dann wurde er nachdenklich
    und ging ans Telefon und hat anderthalb
  • 54:24 - 54:28
    Stunden mit der Staatsanwaltschaft
    gefightet, dass er nichts mitnehmen wird.
  • 54:28 - 54:34
    Applaus Also, uns hat dieses System
    auch tatsächlich geschützt. So, gerade
  • 54:34 - 54:39
    noch eine Anschlussanekdote –
    entschuldige bitte, dass ich die jetzt
  • 54:39 - 54:43
    noch bringe, aber die muss ich einfach
    bringen. Zwei Monate später klingelt das
  • 54:43 - 54:46
    Telefon, Rena ist am Apparat: Müller,
    schönen guten Tag, Staatsschutz
  • 54:46 - 54:50
    Bielefeld, ich habe mal eine Frage – mein
    Sohn muss ein Praktikum machen. Kann er
  • 54:50 - 54:54
    das bei Ihnen machen?
    Lachen und Applaus – P: Moment, es geht
  • 54:54 - 54:58
    weiter, es geht weiter!
    R: Ich sagte ihm, Sie wissen schon, dass
  • 54:58 - 55:00
    Ihre Kollegen vor einem Monat bei uns
    waren für eine Hausdurchsuchung?
  • 55:00 - 55:03
    P: Ja, sagt der Herr Müller.
    R: (gleichzeitig) Ja, sagt er, und die
  • 55:03 - 55:06
    haben so begeistert davon erzählt.
    Lachen
  • 55:06 - 55:10
    P: Okay.
    H: Okay, dann haben wir noch eine Frage an
  • 55:10 - 55:14
    Mikrofon Nummer 1.
    M 1: Mich interessiert, wie hoch war die
  • 55:14 - 55:21
    Frequenz im ZaMir-Netz an Nachrichten,
    und was war so, also neben deinen Diaries,
  • 55:21 - 55:25
    sonst noch dort darauf zu lesen. Also
    über Katzenvideos, haben wir ja schon
  • 55:25 - 55:28
    gelernt, gab es damals noch nicht.
    W: Ich kann es eigentlich ganz technisch
  • 55:28 - 55:34
    muss ich sagen, wir hatten ungefähr 1200
    Gebrauche in Sarajevo, ungefähr 700 in
  • 55:34 - 55:41
    Kroatien, ungefähr 600 in Serbien,
    ungefähr 500 in Kosovo und 200 so
  • 55:41 - 55:49
    ungefähr in Slowenien. Das war die
    Gebrauche innerhalb vom Land. Das war
  • 55:49 - 55:56
    übrigens Durchschnitt höhere Gebraucherate
    als in Deutschland zum die Zeit. Mehr
  • 55:56 - 56:00
    Leuten in Kroatien haben damals Computer
    benutzt für Datenkommunikation dann in
  • 56:00 - 56:03
    Deutschland.
    P: Das bezweifle ich jetzt mal, aber ist
  • 56:03 - 56:08
    okay, ne?!
    W: Na, jedenfalls es war ungefähr 20 bis
  • 56:08 - 56:15
    30 Megabyte pro Tag, was wir verteilt
    haben. Unheimlich viel Post, und manchmal
  • 56:15 - 56:19
    habe ich dann unten im Keller gesessen
    nach die Computer und ich hab' jedem Bit,
  • 56:19 - 56:26
    die nach Sarajevo gegangen ist, gesehen,
    weil irgendwie lief es eine Zeit lang
  • 56:26 - 56:31
    unser System immer wieder fest, und wir
    konnten nicht herausfinden, was es war.
  • 56:31 - 56:37
    Und irgendwie in Amerika saß auf einem
    Uni, konnte man Spiele bestellen, und die
  • 56:37 - 56:44
    wurden dann in Blocks über das Netz nach
    jemand geschickt, die es bestellt hat, in
  • 56:44 - 56:50
    E-Mail-Blocks. Und jemand in Sarajevo hat
    Doom bestellt. (Lachen im Publikum)
  • 56:50 - 56:59
    Mitten im Krieg! (Lachen im Publikum)
    Ob da draußen nicht genug los war, ja?!
  • 56:59 - 57:04
    (Lachen) Ich habe das später auch mal
    gesehen in Sarajevo: jemand auf ein
  • 57:04 - 57:09
    Computer Doom spielend und auf das Bild
    war dasselbe Gebäude, was an die Überseite
  • 57:09 - 57:15
    stand. (Lachen) Solche Dinge passierte.
    Wir konnten nur Berichten schicken. Es
  • 57:15 - 57:20
    war nur Text. Es war rein nur Text, und
    noch immer bin ich eigentlich rein nur
  • 57:20 - 57:25
    Text.
    H: Gibt es noch weitere Fragen? Ich sehe
  • 57:25 - 57:30
    jetzt niemanden mehr am Mikrofon stehen.
    Aus dem Internet was? Signal Angel? –
  • 57:30 - 57:34
    Schüttelt mit dem Kopf. Dann hätten wir
    noch etwa drei Minuten für eine
  • 57:34 - 57:37
    Abschlusspointe.
    P: Oh.
  • 57:37 - 57:43
    R: Oh ja, Sarajevo. Die Mailbox fiel
    regelmäßig gegen Mittag aus. Eine Frau,
  • 57:43 - 57:48
    die am System gearbeitet hat, ist dem
    Problem dann nachgegangen und ist dem
  • 57:48 - 57:54
    Kabel gefolgt und fand dann heraus, dass
    im Keller ein anderer Bewohner, der
  • 57:54 - 57:59
    Hausmeister, um die Zeit dann immer einen
    Herd eingesteckt hat, um sein Essen warm
  • 57:59 - 58:05
    zu machen. Und dann war halt einfach der
    Strom weg, und dann war klar, Eric
  • 58:05 - 58:10
    Bachmann hat dann bei seinem nächsten
    Besuch in Sarajevo eine Mehrfachsteckdose
  • 58:10 - 58:14
    mitgebracht.
    W: Naja, und ein Solarpanel, was später
  • 58:14 - 58:19
    von ein paar Granaten auseinandergenommen
    wurde. Unseren Mailbox stand in die
  • 58:19 - 58:29
    Postbüro von Sarajevo. Und um damit zu
    enden, auf diese Postbüro stand in großen
  • 58:29 - 58:36
    Buchstaben: „Ovo je Velika Srbija“. Das
    bedeutet: „Hier ist Großserbien.“ Jemand
  • 58:36 - 58:40
    anderes hat darunter geschrieben: „Idiota,
    ovo je pošta.“ – „Idiot, das ist hier die
  • 58:40 - 58:44
    Post.“
    Lachen und Applaus
  • 58:44 - 58:52
    P: Vielleicht... vielleicht, damit wir
    auch noch was lernen für spätere Kriege,
  • 58:52 - 58:58
    die da kommen mögen. Wir hatten dann
    irgendwann mal einen Anruf von jemandem,
  • 58:58 - 59:02
    der irgendwie geheimdienstlich
    Militärfunker war oder so, pensioniert
  • 59:02 - 59:07
    war, so hat er sich uns vorgestellt und
    gab uns einen guten Tipp. Er sagte
  • 59:07 - 59:12
    nämlich, was ihr da macht, in
    Exjugoslawien ist extrem gefährlich. Das
  • 59:12 - 59:17
    kann im Krieg unter Kriegsrecht als
    Spionage gewertet werden. Das heißt,
  • 59:17 - 59:21
    Leute, also Soldaten, könnten reinkommen,
    euch rausholen und direkt erschießen. Da
  • 59:21 - 59:26
    braucht es überhaupt kein Verfahren mehr
    dafür. Deshalb ist folgender Tipp: Macht
  • 59:26 - 59:31
    es nicht heimlich, sondern macht es
    offen. Schreibt in großen Lettern an euer
  • 59:31 - 59:36
    Haus, was ihr dort tut, hängt Zettel aus,
    was ihr tut, zeigt, was ihr tut und macht
  • 59:36 - 59:42
    genau das, weil das schützt euch und noch
    etwas: Kommuniziert niemals
  • 59:42 - 59:47
    verschlüsselt, weil das kann ist die
    Gefährdung für Spionagevorwürfe noch sehr
  • 59:47 - 59:51
    viel höher. Übrigens der Grund, warum wir
    in die Definition von OpenPGP ein
  • 59:51 - 59:55
    Feature.. (R: bei ZConnect)
    ... oder bei ZConnect haben wir es
  • 59:55 - 59:59
    eingebaut, ein Feature eingebaut: Bitte
    nicht verschlüsselt antworten.
  • 60:02 - 60:03
    Sacken lassen. Mitnehmen.
    R: Für Kriegsgebiet.
  • 60:03 - 60:07
    P: Genau, ist auch manchmal...
    W: Ist ganz, ganz wichtig!
  • 60:07 - 60:12
    P: Ja, also nicht immer denken: Ah, da
    ist Krieg, ich muss dem was verschlüsselt
  • 60:12 - 60:16
    schicken, sondern im Gegenteil. Also immer
    mal ein bisschen weiter denken. Überhaupt
  • 60:16 - 60:18
    sich mit militärischer Aufklärung zu
    beschäftigen so, ist sowieso spannend.
  • 60:18 - 60:21
    R: Und bis dahin sollten wir uns damit
    beschäftigen, (P: Ja.) dass wir keinen
  • 60:21 - 60:23
    Krieg bekommen (P: Ja.) und verschlüsselt
    kommunizieren.
  • 60:23 - 60:39
    Applaus
    H: Nochmals vielen, vielen Dank, Wam, Rena
  • 60:39 - 60:41
    und Padeluun!
    P: Ja.
  • 60:41 - 60:45
    Applaus
  • 60:45 - 60:50
    34C3 Abspannmusik
  • 60:50 - 61:07
    Untertitel erstellt von c3subtitles.de
    im Jahr 2020. Mach mit und hilf uns!
Title:
34C3 - Zamir Transnational Network und Zagreb Dairy
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Video Language:
German
Duration:
01:01:07

German subtitles

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