Iss dich jung | Frank Madeo | TEDxGraz
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0:13 - 0:15Vielen Dank, meine Damen und Herren.
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0:15 - 0:18Lassen Sie mich gleich mit einer
ketzerischen Frage beginnen. -
0:18 - 0:20Warum soll man Altersforschung
überhaupt betreiben? -
0:20 - 0:23Ich finde jeder, der Steuergelder
verbraucht, sollte sich fragen, -
0:23 - 0:25ob er zumindest irgendwann
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0:25 - 0:27potenziell der Gesellschaft
was zurückgeben kann. -
0:27 - 0:29Die Antwort ist ganz klar.
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0:29 - 0:30Wir wissen mittlerweile,
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0:30 - 0:32dass die Lebenserwartung
zum Zeitpunkt der Geburt -
0:32 - 0:37nur zu etwa 25 % genetisch
determiniert ist, -
0:37 - 0:41d. h. es muss irgendwelche
Umwelteinflüsse, Ernährungsregimes geben, -
0:41 - 0:45die Einfluss auf Alterungsprozesse haben.
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0:45 - 0:47Warum wissen wir trotzdem noch so wenig?
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0:47 - 0:51Warum werden wir bombardiert
von sinnverwirrenden Nachrichten -
0:51 - 0:53aus dem Ernährungsbereich,
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0:53 - 0:55die sich zum Teil
gegenseitig widersprechen? -
0:55 - 0:59Hier erinnern sich alle: Vor 15 Jahren
schien der Schuldige gefunden, -
0:59 - 1:00es war Fett.
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1:00 - 1:03Man dachte sich, wenn man Fett
aus der Nahrung eliminiert, -
1:03 - 1:06werden wir alle schlank
und werden gesund alt, -
1:06 - 1:09was zur Generierung von
kilometerlangen, absurden Regalen -
1:09 - 1:13mit verschiedenen Low-Fat-Produkten in
amerikanischen Supermärkten geführt hat, -
1:13 - 1:15und was nichts daran geändert hat,
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1:15 - 1:18dass die Amerikaner
jedes Jahr dicker geworden sind. -
1:18 - 1:21Dann hat man gesagt: Ach nein,
[es ist] doch nicht das Fett! -
1:21 - 1:22Es sind die Kohlenhydrate.
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1:22 - 1:27Was dann zu Verirrungen
wie der Paleo-Diät, der Low-Carb-Diät, -
1:27 - 1:30der Atkins-Diet usw. geführt hat.
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1:30 - 1:34Es wird also immer wieder eine neue
diätetische Sau durchs Dorf gehetzt. -
1:34 - 1:35(Lachen)
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1:35 - 1:37Woher die ganzen Verirrungen?
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1:37 - 1:42Der Grund ist, für meinen Geschmack,
zum Teil zumindest, -
1:42 - 1:45dass wir durch journalistisch
fragwürdige Ansätze -
1:45 - 1:48anekdotische Einzelfälle
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1:48 - 1:51zu wissenschaftlichen Weisheiten
hochstilisieren. -
1:52 - 1:55Hier ein typisches Beispiel
für einen anekdotischen Einzelfall. -
1:55 - 1:57Den Knaben kennen Sie alle.
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1:57 - 2:011968 veröffentlichte eine vielgelesene
Zeitschrift eine neue Rubrik. -
2:01 - 2:05Die Top 10 der prominentesten
Todeskandidaten für das kommende Jahr. -
2:05 - 2:07(Lachen)
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2:07 - 2:11Keith Richards wurde sieben Jahre lang
auf Platz eins nominiert, -
2:11 - 2:13dann starb die Zeitung.
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2:13 - 2:14(Lachen)
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2:17 - 2:18Oder diese Dame hier, Jean Calmet.
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2:18 - 2:21Der älteste Mensch, der nachweislich
je auf der Erde gelebt hat. -
2:21 - 2:23[Sie ist] 122 Jahre alt geworden.
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2:23 - 2:26Ich weiß, es gibt irgendwo Leute,
die behaupten, sie sind 600, -
2:26 - 2:29können aber gerade
ihre Geburtsurkunde nicht finden. -
2:29 - 2:33Jean Calmet ist tatsächlich 122 geworden,
und sie hörte mit 117 auf zu rauchen. -
2:34 - 2:36(Lachen)
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2:36 - 2:38Fing aber mit 118 wieder an.
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2:38 - 2:39(Lachen)
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2:39 - 2:44Um dann schließlich mit 120
vollends dem Pfad der Tugend zu folgen -
2:44 - 2:46und aufzuhören zu rauchen.
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2:46 - 2:48Mit 122 ist sie dann gestorben.
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2:48 - 2:49Was sagt uns das?
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2:49 - 2:53Nicht, dass Zigaretten gesund sind,
sondern es sagt uns, -
2:53 - 2:57dass Altern sehr kompliziert ist
und dass wir saubere Statistiken brauchen. -
2:57 - 3:00Wir brauchen einfache
experimentelle Systeme -
3:00 - 3:02und wir müssen einfache Fragen stellen.
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3:02 - 3:05Eine ganz einfache Frage,
und ein ganz einfacher Sachverhalt, -
3:05 - 3:07der in verschiedenen Ländern
konserviert ist: -
3:07 - 3:09Frauen werden älter als Männer.
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3:09 - 3:11Woran liegt das?
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3:11 - 3:12Wir wissen es mittlerweile.
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3:12 - 3:15Es liegt am Testosteron,
am Sexualhormon also, -
3:15 - 3:18das in den männlichen Nebenhoden
produziert wird. -
3:18 - 3:21Es gibt einen ganz
einfachen Beweis dafür: -
3:21 - 3:24Kastrierte Männer werden
genau so alt wie Frauen. -
3:25 - 3:27Kann jetzt jeder
für sich selbst überlegen -- -
3:27 - 3:28(Lachen) --
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3:28 - 3:31ob das ein gangbare[r]
Anti-Aging-Weg ist. -
3:31 - 3:32Österreich ist ein freies Land.
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3:32 - 3:35Aber es kommen noch bessere Tipps,
keine Angst. -
3:35 - 3:36(Lachen)
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3:36 - 3:41Generell sollen wir uns hüten,
Korrelation mit Kausalität zu verwechseln. -
3:41 - 3:46Klingt kompliziert, ist aber an
üblichen Fragetechniken zu illustrieren. -
3:46 - 3:49Da besucht also jemand
eine 100-jährige Oma und fragt: -
3:49 - 3:52"Was haben Sie anders gemacht oder
gegessen, dass Sie so alt geworden sind?" -
3:53 - 3:55Ah, die Oma hat jeden Tag
zehn Zigaretten geraucht. -
3:55 - 3:58Das ist wohl das Geheimnis ihres Alters.
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3:58 - 4:01Dabei haben die zehn Zigaretten
vielleicht nur nicht geschadet, -
4:01 - 4:02oder aber sie haben geschadet,
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4:02 - 4:05und die Oma würde ohne
die 10 Zigaretten noch älter werden. -
4:05 - 4:09Selbst harte Statistiken
sind nicht immer aussagekräftig. -
4:09 - 4:13Es gibt z. B. eine sehr harte Statistik,
die zeigt, dass Menschen, -
4:13 - 4:16die Töpferkurse in der Toskana besuchen,
älter werden als Menschen, -
4:16 - 4:17die das nicht tun.
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4:17 - 4:18(Lachen)
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4:18 - 4:18Einwandfrei.
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4:18 - 4:20Ist reproduzierbar.
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4:20 - 4:22Liegt das an der toskanischen Tonerde?
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4:22 - 4:25Nein, es liegt daran, dass die Leute
genug Geld in der Tasche haben, -
4:25 - 4:26um sich gut um ihr Alter
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4:26 - 4:29und die altersassoziierten
Erkrankungen zu kümmern. -
4:29 - 4:33Gebe ich aber einer Gruppe
von Labortieren einen Zusatz zum Futter -
4:33 - 4:37und diese Gruppe damit 20 % länger lebt
als eine Vergleichsgruppe, -
4:37 - 4:41die den Zusatz nicht bekommen hat, aber
ansonsten genau gleich gehalten wurde, -
4:41 - 4:45dann habe ich tatsächlich
wohl einen ursächlichen Faktor -
4:45 - 4:48in der Ernährung getroffen.
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4:48 - 4:51Und tatsächlich sind
solche Versuche gemacht worden. -
4:51 - 4:54Ich muss Ihnen sagen,
die Alters-Community ist sehr zerstritten. -
4:54 - 4:57Aber selbst ich bin
mit meinen Feinden darin einig, -
4:57 - 5:00dass regelmäßiges Fasten
das Leben verlängert -- -
5:00 - 5:03und das funktioniert für
die unterschiedlichsten Organismen. -
5:03 - 5:04Zum Beispiel bei Bakterien.
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5:04 - 5:07Sie sehen hier eine Lebensspannkurve
von Bakterien. -
5:07 - 5:10Wenn sie fasten,
in der gestrichelten Linie gezeigt, -
5:10 - 5:12dann leben sie deutlich länger.
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5:12 - 5:18Das gleiche gilt für Hefen,
Würmer, Fliegen, Mäuse, -
5:18 - 5:21und kürzlich wurde vor etwa zwei Jahren
in den USA gezeigt, -
5:21 - 5:23dass es sogar für Affen gilt.
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5:23 - 5:25Dabei geht es nicht darum, dünn zu sein.
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5:25 - 5:28Es funktioniert auch
bei Liebhabern der üppigen Küche. -
5:28 - 5:32Das ist ein anderes Experiment, das
in den Vereinigten Staaten gemacht wurde. -
5:32 - 5:33Was hat man hier getan?
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5:33 - 5:35Man hat eine Mausgruppe genommen
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5:35 - 5:37und hat ihr
eine High-Fat-Diät verabreicht, -
5:37 - 5:41eine McDonalds-artige Diät,
bei der sie so viele Käsestücke -
5:41 - 5:43Tag und Nacht bekommen hat,
und wen wundert's? -
5:43 - 5:45Die Mäuse sind dick geworden, krank,
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5:45 - 5:48und haben eine ganz schlimme Fettleber
und schlechte Leberwerte gehabt. -
5:48 - 5:50Dann hat man eine parallele
Mausgruppe genommen -
5:50 - 5:54und hat der genau die gleiche Anzahl
Käsestücke gefüttert, -
5:54 - 5:56nur dass zwischendurch eine Pause war.
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5:56 - 5:58Sie durften tagsüber nichts essen,
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5:58 - 6:00dafür haben sie nachts
doppelt so viel gegessen. -
6:00 - 6:03Diese Mäuse sind schlank, gesund
und haben keine Fettleber. -
6:03 - 6:06Obwohl beide Mausgruppen
isokalorisch ernährt wurden, -
6:06 - 6:08beide haben gleich viel gegessen,
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6:08 - 6:10ist die eine krank und die andere gesund.
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6:10 - 6:13Was passiert da eigentlich?
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6:13 - 6:16Es wird ein Prozess
namens zelluläre Selbstreinigung, -
6:16 - 6:18oder Autophagie, angeschaltet.
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6:19 - 6:21Wann immer Sie Organismen
oder Zellen Nahrung wegnehmen, -
6:21 - 6:26dann fängt der Organismus an,
überflüssige Bestandteile in der Zelle, -
6:26 - 6:27oder geschädigte Bestandteile,
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6:27 - 6:30abzubauen, um daraus
wieder Energie zu machen. -
6:30 - 6:31Das macht Sinn.
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6:31 - 6:32Das sieht so aus:
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6:32 - 6:35Sie können sehen, wie sich
in der Zelle regelrecht Müllsäcke bilden, -
6:35 - 6:38hauptsächlich um Schrott,
der während des Alters akkumuliert, -
6:38 - 6:40der fusioniert dann mit dem Magen.
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6:40 - 6:42Die Bestandteile werden kleingehackt,
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6:42 - 6:45und der Zelle als Energie
wieder zur Verfügung gestellt. -
6:45 - 6:49Dadurch werden Schäden, die im Alter
akkumulieren, in Grenzen gehalten. -
6:49 - 6:55Das ist durchaus das molekulare Korrelat
der Katarsis, oder der Seelenreinigung, -
6:55 - 6:57von der Fastende oft berichten.
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6:58 - 6:59Also, um es zusammenzufassen:
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6:59 - 7:02Regelmäßiges Fasten verlängert das Leben
in verschiedensten Organismen, -
7:03 - 7:07und es ist wahrscheinlich anzunehmen,
dass das auch bei Menschen funktioniert. -
7:07 - 7:11Wir lernen daraus, dass Sie nicht,
wie in Diätzeitschriften empfohlen, -
7:11 - 7:15jedes kleine Hüngerchen am Tag
mit 20 Portiönchen bekämpfen sollen. -
7:15 - 7:18Nein, Sie sollen sich sagen,
wenn Sie Hunger haben: -
7:18 - 7:21Vielleicht wird gerade
die Autophagie angeschaltet -- -
7:21 - 7:23begrüßen Sie ihren Hunger
wie einen Freund. -
7:23 - 7:26Und das macht auch
evolutionsbiologisch Sinn. -
7:26 - 7:28Während 99,99 % der Menschheitsgeschichte
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7:29 - 7:31hat der Mensch was getan,
wenn er Hunger hatte? -
7:31 - 7:32Genau, er ist jagen gegangen.
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7:32 - 7:36Wir gehen regelmäßig am Kühlschrank
jagen, wenn wir Hunger haben, -
7:36 - 7:38und das ist sicher gegen die Biologie.
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7:39 - 7:42Nun wissen wir natürlich,
und das steht schon in der Bibel, -
7:42 - 7:46in Matthäus Kapitel 26 Vers 41,
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7:46 - 7:49der Geist ist willig,
aber das Fleisch ist schwach. -
7:49 - 7:52Das Paradies sieht für uns
ganz anders aus. -
7:52 - 7:56Hier schon von Jan Brueghel in einem
mittelalterlichen Paradies gezeigt: -
7:56 - 8:00Den drei Kerlen hier geht's gut, die essen
den ganzen Tag, lassen sich bedienen. -
8:00 - 8:03Das ist, sozusagen,
die eigentliche Wunschvorstellung. -
8:03 - 8:07Wir haben uns daher auf
die Suche nach Substanzen gemacht, -
8:07 - 8:11die die molekulare Antwort des Fastens
anschalten, obwohl der Organismus isst. -
8:11 - 8:15Das könnte für Menschen interessant sein,
deren Willensstärke nicht ausreicht, -
8:15 - 8:18gelegentliche Fastenpausen einzulegen.
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8:18 - 8:19Und es könnte uns vielleicht
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8:19 - 8:22vor einer der härtesten Wegkreuzungen
des Lebens bewahren. -
8:23 - 8:25(Lachen)
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8:28 - 8:31Die Frage ist also: Können wir
die Fasten-Antwort, die Autophagie, -
8:31 - 8:34die zelluläre Selbstverdauung,
anschalten, obwohl wir essen? -
8:34 - 8:37Wir haben viele 100, an die 1000,
Substanzen durchsucht, -
8:37 - 8:38natürliche Substanzen.
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8:38 - 8:41Wir haben in der Tat eine gefunden,
die heißt Spermidin. -
8:41 - 8:44Spermidin ist eine Substanz, die in allen
Organismen natürlicherweise vorkommt, -
8:44 - 8:48die aber auch in allen Organismen
während des Alterns weniger wird. -
8:48 - 8:51In der Haut ist es am ausgeprägtesten.
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8:51 - 8:54Dreißigjährige Menschen haben schon
deutlich weniger Spermidin in der Haut -
8:54 - 8:56als 25-jährige.
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8:56 - 8:59Wenn wir jetzt Spermidin
auf menschliche Zellen geben, -
8:59 - 9:01dann sehen Sie Folgendes:
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9:01 - 9:04Das ist eine humane Zelle,
der Zellkörper, der Zellkern. -
9:04 - 9:08Wir geben Spermidin drauf und wir sehen
viele tausend dieser kleinen Müllkörbe -
9:08 - 9:11in der Zelle entstehen, die den Schrott,
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9:11 - 9:13der während des Alters
akkumuliert, aufräumt. -
9:13 - 9:16Gefastete Zellen würden genau so aussehen.
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9:16 - 9:19Und das funktioniert
in verschiedensten Organismen. -
9:19 - 9:22Hier z. B. gezeigt
an einem Fliegenmuskelfilet. -
9:22 - 9:24Also, wir haben eine Substanz gefunden,
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9:24 - 9:28die die molekulare Fastenantwort
anschaltet: die Autophagie. -
9:28 - 9:31Leben denn die Organismen
damit auch länger? -
9:31 - 9:33Die Antwort ist wieder ja.
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9:33 - 9:34Sie sehen hier
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9:34 - 9:36eine typische Überlebenskurve
von einer Fliegenpopulation. -
9:36 - 9:39Das sind einfache Drosophila,
Fruchtfliegen. -
9:39 - 9:42Nach 80 Tagen sind die alle tot,
nach 40 Tagen ist etwa die Hälfte tot. -
9:42 - 9:45Wann immer wir Spermidin
ins Trinkwasser geben, hier in bunt, -
9:45 - 9:48werden die Tiere älter
und überleben besser. -
9:48 - 9:50Wir wissen auch, dass menschliche Zellen,
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9:50 - 9:52die wir von Spendern
ex vivo gezapft haben, -
9:52 - 9:57in Kultur etwa dreimal so lange überleben,
wenn wir sie mit Spermidin versetzen. -
9:57 - 10:01Neueste Forschungen legen auch nahe,
dass selbst das Leben von ganzen Mäusen -
10:01 - 10:04durch Spermidin verlängert wird,
und es ist nicht nur das Leben, -
10:04 - 10:06es ist auch die Gesundheitsspanne,
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10:06 - 10:08diese Mäuse sind
deutlich immunkompetenter. -
10:08 - 10:11Jetzt wollen Sie natürlich alle wissen,
wo kommt Spermidin vor? -
10:11 - 10:15Wie der Name schon sagt,
ist es im Sperma entdeckt worden. -
10:15 - 10:17Da kommt es in sehr
hohen Konzentrationen vor. -
10:17 - 10:21Aber ich kann Sie trösten,
auch in Weizenkeimen, -
10:21 - 10:24frischen grünen Pfeffer, Pilzen, Käse
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10:24 - 10:26und einem Produkt aus
fermentierten Sojabohnen, -
10:26 - 10:31das in Japan großes Ansehen genießt,
das sogenannte Natto. -
10:31 - 10:33Kommt sehr viel Spermidin vor.
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10:33 - 10:34Wir haben uns dann gefragt,
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10:34 - 10:37wenn Spermidin
gegen Alterungsprozesse hilft, -
10:37 - 10:39indem es den Schrott aufräumt,
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10:39 - 10:42hilft es dann eventuell auch
gegen Neurodegeneration? -
10:42 - 10:44Sie müssen nämlich wissen,
dass der gemeinsame Nenner -
10:44 - 10:47von allen neurodegenerativen
Erkrankungen ist, -
10:47 - 10:52dass während des Alters
Proteinschrott im Gehirn akkumuliert. -
10:52 - 10:55Wir haben in der Tat
Experimente dazu gemacht. -
10:55 - 10:56Sie werden sich wundern.
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10:56 - 10:58Wir haben die an Fruchtfliegen gemacht.
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10:58 - 11:01Fruchtfliegen werden auch
vergesslich, wenn sie alt werden. -
11:01 - 11:04Sie haben mehr Proteinschrott
im Gehirn, wenn sie alt werden, -
11:04 - 11:07und die molekularen Mechanismen,
die für Erinnerung zuständig sind, -
11:07 - 11:09sind ganz ähnlich wie beim Menschen.
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11:09 - 11:10Jetzt fragen Sie sich trotzdem:
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11:10 - 11:13Wie zum Teufel hat der Kerl die Erinnerung
von Fruchtfliegen gemessen? -
11:13 - 11:15Das ist das Experiment,
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11:15 - 11:18das wir gemeinsam mit Stefan Sigrist
von der Uni Berlin gemacht haben. -
11:18 - 11:21Sie nehmen 100 Fruchtfliegen
und sperren die hier ein, -
11:21 - 11:23geben denen einen Duft, den sie lieben:
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11:23 - 11:25Zwetschge --
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11:25 - 11:27und lassen die sich
in diesem Zwetschgenduft ahlen. -
11:27 - 11:31Dann nehmen Sie die gleichen Fliegen,
geben sie in die nächste Kammer -
11:31 - 11:34und geben ihnen einen anderen
Duft, den sie lieben, nämlich Kirsch. -
11:34 - 11:36Wir lassen sie den Kirschduft genießen,
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11:36 - 11:39während Sie aber
eine Zuckerbelohnung dazu geben. -
11:39 - 11:40Klassischer Belohnungsversuch.
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11:40 - 11:43Dann nehmen Sie wieder
die gleichen Fliegen, tun die hier rein. -
11:43 - 11:46Die fahren hier gerade
im Fahrstuhl runter, da sehen Sie sie. -
11:46 - 11:48Sind sie hier unten angekommen,
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11:48 - 11:50geben Sie von
der einen Seite Zwetschgenduft -
11:50 - 11:52und von der
anderen Seite Kirschduft dazu. -
11:52 - 11:54Wo gehen die alle hin?
-
11:54 - 11:56Klar, zur Kirsche.
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11:56 - 11:59Außer die beiden hier,
das sind die Depperten. -
11:59 - 12:01(Lachen)
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12:01 - 12:05Oder, sagen wir, sie haben Charakter:
Ich liebe meine Zwetschge, -
12:05 - 12:09und ich lasse mich nicht durch
so eine schnöde Belohnung korrumpieren. -
12:09 - 12:10(Lachen)
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12:10 - 12:14Okay, auch eine Form des Charakters,
die mit dem Alter zunimmt -- -
12:14 - 12:15nicht nur bei Fliegen.
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12:15 - 12:17(Lachen)
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12:17 - 12:22Wir konnten tatsächlich
die Erinnerungsfähigkeit der Fliegen -
12:22 - 12:26durch Spermidinfütterung
auf ein jugendliches Niveau bringen, -
12:26 - 12:28und die Proteinaggregate
die im Hirn entstanden waren, -
12:28 - 12:30waren wieder abgebaut.
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12:31 - 12:33Das heißt, Spermidin wirkt
nicht nur gegen Alterung, -
12:33 - 12:36sondern auch gegen
altersassoziierte Erkrankungen, eventuell. -
12:36 - 12:39Das ist wichtig, denn wir wollen
die Gesundheitsspanne, -
12:39 - 12:42nicht die Lebensspanne per se, verlängern,
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12:42 - 12:44es macht keinen Sinn,
die Zeit der Agonie zu verlängern. -
12:44 - 12:46Ich möchte Sie nicht entlassen,
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12:46 - 12:49ohne Ihnen ein paar
praktische Tipps zu geben, -
12:49 - 12:51wie wir eventuell jünger bleiben.
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12:51 - 12:53Nochmal, gelegentliches Fasten.
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12:53 - 12:55Es geht nicht darum,
dass man Gewicht reduziert. -
12:55 - 12:57Es gibt übrigens
mittlerweile in Österreich -
12:57 - 12:59eine Gruppe von 20 000 Leuten,
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12:59 - 13:01die einen Tag isst
und einen Tag nichts isst. -
13:01 - 13:04Das ist die sogenannte "10in2 Community"
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13:04 - 13:07unter der Leitung von
Bernhard Ludwig und Erwin Haas, -
13:07 - 13:10und die halten das sehr gut durch,
das heißt, es ist praktikabel. -
13:11 - 13:14Vermeiden Sie Zuckerschocks.
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13:14 - 13:15Es geht nicht um Kohlenhydrate,
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13:15 - 13:18komplexe Kohlenhydrate scheinen
überhaupt nicht gefährlich zu sein. -
13:18 - 13:20Es geht wirklich um Süßigkeiten.
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13:20 - 13:24Man weiß mittlerweile, das Zuckerschocks
hinreichend sind, um Diabetes auszulösen, -
13:24 - 13:26selbst dann, wenn Sie schlank sind.
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13:26 - 13:31Man weiß auch, dass Zucker das Wachstum
von Tumoren beschleunigen kann. -
13:31 - 13:34Hier sehen Sie eine Wurmpopulation,
die vor sich hin altert. -
13:34 - 13:36Nach 30 Tagen sind die alle tot.
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13:36 - 13:39Ganz geringe Dosen
von Glukose reichen aus, -
13:39 - 13:42um einen pro-geriatrischen Effekt
zu erzeugen. -
13:42 - 13:43Das ist nur ein Beispiel,
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13:43 - 13:46das funktioniert
in fast allen Organismen so. -
13:46 - 13:49Essen Sie regelmäßig Obst und Gemüse.
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13:49 - 13:52Vermeiden Sie die Zugabe
von zu vielen Vitamintabletten -
13:52 - 13:54oder von Vitamintabletten überhaupt.
-
13:54 - 13:57Man weiß mittlerweile,
dass Vitamin-A- und Vitamin-E-Zusätze -
13:57 - 13:59Krebs auslösen können.
-
13:59 - 14:02Das gilt unter Umständen
nicht für Vitamin D. -
14:02 - 14:05Wir sind hier eventuell gerade im Winter
im Vitamin-D-Mangelgebiet, -
14:05 - 14:09denn Vitamin D wird durch Sonnenlicht
auf der Haut gebildet. -
14:09 - 14:12Machen Sie mindestens dreimal
pro Woche eine halbe Stunde Sport. -
14:12 - 14:13Das ist trivial.
-
14:13 - 14:16Zigaretten, trotz der anfänglichen,
anekdotischen Beispiele, -
14:16 - 14:20kosten Sie epidemiologisch
10 bis 15 Jahre Lebenszeit. -
14:20 - 14:22Tun Sie sich in Zeiten
des ewigen Online-Seins -
14:22 - 14:24gelegentlich die Ruhe an.
-
14:24 - 14:28Der Einfluss von Beten und Blutdruck
auf die Lebenserwartung ist belegt. -
14:28 - 14:31Denn Mönche leben
fast so lange wie Frauen. -
14:31 - 14:32(Lachen)
-
14:34 - 14:39Alkoholtrinker, moderate Alkoholtrinker,
leben länger als Nichttrinker. -
14:39 - 14:41Weintrinker leben länger als Biertrinker,
-
14:41 - 14:44aber Biertrinker leben immer noch
länger als Nichttrinker. -
14:44 - 14:47(Lachen)
-
14:47 - 14:52(Applaus)
-
14:54 - 14:57Nur Schnapstrinker sterben
früher als Nichttrinker. -
14:57 - 14:58Woran liegt das?
-
14:58 - 15:01Die Leute vermuten, das hat
mit irgendwelchen Substanzen zu tun. -
15:01 - 15:03Ne, ne, das ist ganz einfach.
-
15:03 - 15:05Ist jetzt hier
ein Fettfleck am Fenster, -
15:05 - 15:08dann putze ich den mit einer
alkoholhaltigen Lösung weg. -
15:08 - 15:10Was Ähnliches passiert
wahrscheinlich in Ihrem Gefäßsystem. -
15:10 - 15:13Fettartige Ablagerungen,
Cholesterinplaques -
15:13 - 15:16werden durch Alkohol
unter Umständen da rausgelöst, -
15:16 - 15:19deswegen hat Alkohol vor allem
eine kardio-protektive Wirkung. -
15:19 - 15:21Einen festen Partner haben,
oder eine Familie, -
15:21 - 15:23ist mit Langlebigkeit assoziiert.
-
15:23 - 15:25Sie sollten nicht an einer
viel befahrenen Straße wohnen. -
15:25 - 15:27Jetzt denken Sie gleich Feinstaub.
-
15:27 - 15:30Das hat aber mit Feinstaub gar nichts
zu tun, es geht um Lärmbelastung. -
15:30 - 15:33Sie können messen, je näher jemand an
einer viel befahrenen Straße wohnt, -
15:33 - 15:35umso mehr Stresshormone hat er im Blut.
-
15:35 - 15:38Das auch, wenn er sagt:
"Ich habe mich eh daran gewöhnt. -
15:38 - 15:40Ich kann gut schlafen.
Der Lärm macht mir nichts aus." -
15:40 - 15:44Stimmt nicht, er hat trotzdem mehr
Stresshormone im Blut, das ist schlecht. -
15:45 - 15:49Sonneneinstrahlung sollte begrenzt werden
wegen Hautschäden natürlich. -
15:49 - 15:53Wir wissen mittlerweile, dass Knoblauch
sehr gute metabolische Effekte hat, -
15:53 - 15:57vor allem kann es den Cholesterinspiegel
senken, und wir wissen auch, -
15:57 - 16:01dass Zwiebeln und Knoblauch Mäuse
gegen Infektionskrankheiten schützen. -
16:01 - 16:04Das wussten übrigens
unsere Großmütter auch schon, -
16:04 - 16:08die uns mit Zwiebelsud usw.
traktiert haben, durchaus nicht ohne Sinn. -
16:09 - 16:12Mehrere Studien belegen,
dass dunkle Schokolade -
16:12 - 16:15gegen Demenz schützend wirken kann.
-
16:15 - 16:18Gerade kürzlich ist eine schöne Studie
rausgekommen, die gezeigt hat, -
16:18 - 16:22dass eine halbe Tafel
dunkle Schokolade pro Tag -
16:22 - 16:24die Erinnerungsfähigkeit eines 60-Jährigen
-
16:24 - 16:27auf das Niveau
eines 30-Jährigen bringen kann. -
16:27 - 16:29Ähnliches vermutet man vom Kaffee.
-
16:29 - 16:31Hier ist die Datenlage aber dünner.
-
16:31 - 16:34Es gibt Studien, die das zeigen,
es gibt Studien, die das nicht zeigen. -
16:34 - 16:37Klar ist, dass Kaffee
gegen Diabetes schützend wirkt -
16:37 - 16:40und somit Ihre metabolische
Leistung verbessert. -
16:40 - 16:42Kaffee ist übrigens
auch ein guter Fastenhelfer, -
16:42 - 16:44denn er löst Autophagie aus,
-
16:44 - 16:48wie wir gemeinsam mit Guido Kroemer
aus Paris zeigen konnten. -
16:49 - 16:51Eine sehr schöne und aufwendige Studie,
-
16:51 - 16:54in der 100 000 Menschen
15 Jahre lang untersucht wurden, -
16:54 - 16:58hat gezeigt, dass Menschen,
die jeden Tag eine Handvoll Nüsse essen -
16:58 - 17:01ihre Mortalitätswahrscheinlichkeit
um 20 % senken. -
17:02 - 17:05Das ist ein gewaltiger Wert
für eine epidemiologische Studie. -
17:05 - 17:11Und das gilt für Mandeln, Paranüsse,
Pistazien, Haselnüsse, Makadamia, -
17:11 - 17:15Pinienkerne, Walnüsse,
aber nicht für Erdnüsse, -
17:15 - 17:17die botanisch gesehen
eigentlich Bohnen sind. -
17:17 - 17:19Die geben nur an,
indem sie sich Nüsse nennen, -
17:19 - 17:21das sind aber eigentlich Bohnen.
-
17:21 - 17:23Also für Erdnüsse gilt das nicht.
-
17:23 - 17:26Der nächste Punkt ist ein bisschen heikel.
-
17:26 - 17:31Vermeiden Sie die Aufnahme
von zu viel tierischem Protein, -
17:31 - 17:32also von Fleisch- und Milchprodukten,
-
17:32 - 17:35aber nur wenn Sie zwischen
45 und 65 Jahre alt sind. -
17:36 - 17:39Eine sehr schöne neue Studie zeigt,
dass, wenn Sie in diesem Zeitrahmen -
17:39 - 17:41zu viele tierische Proteine
zu sich nehmen, -
17:41 - 17:45Sie ihr Krebsrisiko so stark erhöhen,
als wenn Sie ein starker Raucher wären. -
17:45 - 17:49Das gilt nicht für die Zeit danach,
in der tierische Proteine gut sind, -
17:49 - 17:53und es gilt selbstverständlich nicht für
heranwachsende Kinder oder Jugendliche, -
17:53 - 17:55die tierische Proteine brauchen,
-
17:55 - 17:58und es gilt nicht für Schwangere
und solche, die es werden wollen. -
17:58 - 18:01Generell vermeiden Sie
Nahrungsdogmatismus. -
18:01 - 18:04Was auch immer Sie tun,
bleiben Sie geschmeidig. -
18:04 - 18:05(Lachen)
-
18:05 - 18:08Das wusste schon Friedrich Nietzsche,
der gesagt hat: -
18:08 - 18:13"Der Einwand, der Seitensprung,
das fröhliche Misstrauen, die Spottlust -
18:13 - 18:15sind Anzeichen der Gesundheit:
-
18:15 - 18:19Alles Unbedingte
gehört in die Pathologie." -
18:20 - 18:27Das ist Herr Salvatore Caruso,
der hat etwa nach diesem Regime gelebt, -
18:27 - 18:30und er ist 108 Jahre alt geworden.
-
18:30 - 18:32Er kommt aus meiner Heimat,
Kalabrien, aus einem Nachbardorf, -
18:32 - 18:35ist nie krank geworden
und ihm geht es sehr gut. -
18:35 - 18:37Er ist kein paradigmatischer Einzelfall,
-
18:37 - 18:41keine Anekdote, sondern er lebt
tatsächlich an einem Ort, -
18:41 - 18:44wo es besonders viele
gesunde Hundertjährige gibt. -
18:44 - 18:48Er ist den Ernährungsvorschriften gefolgt,
die ich Ihnen heute gesagt habe. -
18:48 - 18:52Wir sollten bei all den geschilderten
Experimenten eine wichtige Tatsache -
18:52 - 18:54allerdings nicht übersehen.
-
18:54 - 18:56Nämlich, dass das Hauptproblem des Alterns
-
18:56 - 18:57nie insgesamt ein biologisches,
-
18:57 - 19:00sondern ein gesellschaftliches
Problem zu sein scheint, -
19:00 - 19:03und damit schließlich ein psychologisches.
-
19:03 - 19:06Man traut den alten Menschen weniger zu,
und das könnte einer der fatalsten Fehler -
19:06 - 19:08unserer Kultur sein.
-
19:08 - 19:12Dostojewski schrieb den größten Roman
der Weltliteratur ein Jahr vor seinem Tod: -
19:12 - 19:14"Die Brüder Karamasow".
-
19:14 - 19:18Ein Werk, an dem zeitgenössische Kritiker
vor allem die jugendliche Frische lobten. -
19:18 - 19:20Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
-
19:20 - 19:22(Applaus)
- Title:
- Iss dich jung | Frank Madeo | TEDxGraz
- Description:
-
Dieser Vortrag wurde bei einem nicht von den TED-Konferenzen ausgerichteten, örtlichen TEDx-Event gehalten.
Dieser Vortrag erzählt von den Grundsätzen einer hohen Lebenserwartung durch angemessene Ernährung und beantwortet die Frage, welche biochemischen und molekularen Mechanismen von diesen Einflüssen abhängig sind. Madeo präsentiert eine Ernährung, die sich an die neue, menschliche Biologie anpasst. Was essen wir und wie oft? Kann unser Essen unsere Gesundheit und Lebenserwartung beeinflussen? - Video Language:
- German
- Team:
closed TED
- Project:
- TEDxTalks
- Duration:
- 19:33
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