-
Wie schwer ist es doch, zu verstehen...
-
Die Gesetze der Welt,
was ein Elfmeter ist, -
-
warum das Konto schon wieder überzogen
und die Banane krumm ist.
-
"Du verstehst mich einfach nicht!" -
-
das hat mancher schon mal
von seinem Partner gehört
-
und damit ist nicht die schlechte
Handyverbindung gemeint.
-
Verstehen ist eine Kunst!
-
Und eine Wissenschaft für sich.
-
Damit sich das auch so anhört,
dachten sich die Gelehrten
-
einen schicken Namen aus:
-
Hermeneutik.
-
Der Name leitet sich von einem ganz
besonders flinken Griechen ab:
-
Hermes.
-
Im Gegensatz zu heute hat
der aber keine Pakete ausgeliefert,
-
sondern göttliche Nachrichten überbracht.
-
Und weil die Götter immer nur
unverständliche Fachchinesisch
-
– oder besser Fachgriechisch
– von sich gaben,
-
war es nicht nur Hermes Aufgabe,
diese Botschaften zu überbringen,
-
sondern sie auch zu deuten.
-
In der Philosophie bedeutet
die Hermeneutik
-
das Verstehen von Sinnzusammenhängen
in menschlichen Lebensäußerungen aller Art.
-
Sie hilft, die Fehler
der Kommunikation aufzuzeigen
-
und wenn möglich zu umschiffen.
-
Denn wir meinen ja nicht immer,
was wir sagen!
-
Beim Kommunizieren
verwendet der Mensch Symbole.
-
Nur wenn wir die Symbole kennen
oder sie uns an etwas anderes erinnern,
-
können wir daraus Rückschlüsse
auf die Funktion ziehen.
-
Den Grundstein für die Entwicklung
der Hermeneutik
-
legte der Theologe Friedrich
Schleiermacher im 19. Jahrhundert
-
in dem er den einzelnen Gedanken
nicht mehr aus sich heraus
-
sondern aus dem Gesamtzusammenhang deutet.
-
Ihm zufolge, gibt es in jedem Text
oder Satz zwei Ebenen:
-
die grammatische und psychologische.
-
Erst, wenn es dem Interpreten
gelingt beide zu verstehen,
-
sich also auch in den Gemütszustand
des Autors hinein zu versetzen,
-
kann er richtig deuten.
-
Diese psychologische Ebene wurde
Anfang des 20. Jahrhunderts
-
von dem Deutschen
Wilhelm Dilthey noch verfeinert.
-
Für besonders wichtig hielt er
die Situationen und Einflüsse,
-
die unseren Verfasser geprägt haben.
-
Denn es ist ein Unterschied
ob ein Tourist,
-
der auf der Suche nach
der nächsten Frittenbude ist, sagt:
-
"Ich bin am verhungern"
-
oder ein afrikanisches Kind
aus der Sahelzone!
-
Allerdings kann das dazu führen
dass wir plötzlich glauben,
-
den Autor besser verstehen
zu können, als er sich selbst...
-
Und das führt bei Gadamer
-
- Nein, das ist kein holländischer
Stinkekäse sondern sondern Hans-Georg -
-
dazu, dass er die Lehre quasi umdrehte.
-
Hermeneutik ist für Gadamer
mehr Geschehen als Verstehen.
-
Sie ist die besondere Art und Weise,
in der Überlieferungen,
-
Traditionen und Werte erhalten
und weiterentwickelt werden.
-
Durch das Lesen und Auslegen
von überlieferten Texten,
-
vor allem auch durch
ihre Neuinterpretation,
-
können wir wertvolle Erkenntnisse
für die Gegenwart gewinnen.
-
Damit hört der Prozess
des Verstehens nie auf.
-
Wir schon! Und zwar jetzt.