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Gesundheit und Krankheit des Menschen aus evolutionärer Sicht.

  • 0:01 - 0:05
    Etwa in der neunten Woche
    meiner ersten Schwangerschaft,
  • 0:05 - 0:09
    fand ich heraus, dass ich Träger einer
    tödlichen genetischen Krankheit bin,
  • 0:09 - 0:10
    der Tay-Sachs-Krankheit.
  • 0:11 - 0:16
    Das bedeutet, dass eines der
    2 Kopien von Chromosom 15
  • 0:16 - 0:18
    in allen meinen Zellen
  • 0:18 - 0:20
    eine genetische Mutation aufweist.
  • 0:20 - 0:23
    Da ich noch eine normale
    Kopie dieses Gens habe,
  • 0:24 - 0:26
    bemerke ich von der Mutation nichts.
  • 0:26 - 0:30
    Aber wenn ein Baby diese Mutation
    von beiden Elternteilen erbt,
  • 0:30 - 0:34
    wenn beide Kopien dieses Gens
    nicht richtig funktionieren,
  • 0:34 - 0:36
    kommt es zu Tay-Sachs,
  • 0:36 - 0:38
    eine unheilbare Krankheit,
  • 0:38 - 0:41
    die nach und nach das
    zentrale Nervensystem zerstört
  • 0:41 - 0:43
    und vor dem 5. Lebensjahr zum Tod führt.
  • 0:45 - 0:49
    Für viele schwangere Frauen
    wäre das ein Grund zur Panik.
  • 0:49 - 0:51
    Aber mein Vorwissen beruhigte mich
  • 0:52 - 0:55
    als ich diese unglaubliche Nachricht
    über meiner eigenen Biologie hörte.
  • 0:55 - 0:56
    Ich wusste, dass mein Mann,
  • 0:56 - 1:00
    dessen Vorfahren nicht, wie meine,
    osteuropäische Juden sind,
  • 1:00 - 1:02
    sehr wahrscheinlich
  • 1:02 - 1:05
    kein Träger der Tay-Sachs-Mutation ist.
  • 1:06 - 1:08
    Die Zahl an heterozygoten Individuen,
  • 1:08 - 1:12
    die eine normale und eine mutierte
    Version des Gens tragen,
  • 1:12 - 1:18
    ist 1 aus 27 Personen bei
    aschkenasichen Juden, wie mir,
  • 1:18 - 1:20
    aber in den meisten Bevölkerungsgruppen
  • 1:20 - 1:24
    tragen nur etwa 1 aus 300 Personen
    die Tay-Sachs-Mutation.
  • 1:25 - 1:28
    Glücklicherweise, machte ich mir
    zurecht nicht so viele Gedanken.
  • 1:28 - 1:30
    Mein Mann ist kein Träger
  • 1:30 - 1:33
    und wir haben heute zwei
    wundervolle, gesunden Kinder.
  • 1:36 - 1:37
    Wie ich schon sagte,
  • 1:37 - 1:39
    durch meinen jüdischen Hintergrund,
  • 1:39 - 1:41
    wusste ich von der hohen Rate an Tay-Sachs
  • 1:41 - 1:44
    in der aschkenasischen Bevölkerung
  • 1:44 - 1:47
    Doch erst ein paar Jahre nach
    der Geburt meiner Tochter,
  • 1:47 - 1:51
    als ich in Harvard ein Seminar
    zu Evolutionsmedizin hielt,
  • 1:51 - 1:55
    stellte ich die Frage: Wieso?
  • 1:55 - 1:57
    Und ich fand eine mögliche Antwort.
  • 1:57 - 2:00
    Evolution durch natürliche Selektion
  • 2:00 - 2:02
    eliminiert meist schädliche Mutationen.
  • 2:03 - 2:06
    Also warum blieb dieses
    defekte Gen bestehen?
  • 2:06 - 2:12
    Und warum kommt es in dieser
    Bevölkerungsgruppe so häufig vor?
  • 2:13 - 2:17
    Evolutionsmedizin bietet
    wertvolle Einblicke,
  • 2:17 - 2:20
    denn sie fragt, wie und warum
  • 2:20 - 2:22
    die Evolutionsgeschichte des Menschen
  • 2:22 - 2:26
    uns anfällig gegenüber Krankheiten
    und anderen Problemen macht.
  • 2:26 - 2:28
    Dabei zeigt sie, dass natürliche Selektion
  • 2:28 - 2:32
    unsere Körper nicht immer verbessert.
  • 2:32 - 2:34
    Das kann sie gar nicht.
  • 2:35 - 2:37
    Aber, wie meine Geschichte
    hoffentlich veranschaulicht,
  • 2:37 - 2:41
    kann ein Verständnis
    der eigenen Evolutionsgeschichte
  • 2:41 - 2:44
    uns bei persönlichen
    Gesundheitsfragen helfen.
  • 2:45 - 2:49
    Als ich begann Tay-Sachs aus
    evolutionärer Sicht zu untersuchen,
  • 2:49 - 2:52
    kam ich auf eine spannende Hypothese.
  • 2:52 - 2:55
    Die heute ungewöhnlich hohe
    Zahl an Tay-Sachs-Mutationen
  • 2:55 - 2:58
    unter aschkenasichen Juden,
  • 2:58 - 3:01
    könnte von Vorteilen rühren,
    die die Mutation
  • 3:01 - 3:04
    dieser Bevölkerung
    in der Vergangenheit verschaffte.
  • 3:04 - 3:06
    Sicher denken einige von Ihnen jetzt:
  • 3:06 - 3:08
    "Wollen Sie etwa sagen,
  • 3:08 - 3:12
    dass eine krankheitserregende
    Mutation Vorteile hatte?"
  • 3:12 - 3:13
    Ja, ganz genau.
  • 3:13 - 3:17
    Sicher nicht für Individuen
    mit zwei Kopien der Mutation
  • 3:17 - 3:18
    und somit Tay-Sachs.
  • 3:19 - 3:21
    Aber unter bestimmten Umständen
  • 3:21 - 3:22
    konnten Menschen wie ich
  • 3:22 - 3:25
    mit nur einer defekten Kopie des Gens
  • 3:25 - 3:29
    mit höherer Wahrscheinlichkeit
    überlebt, reproduziert
  • 3:29 - 3:31
    und ihr Erbgut weitergegeben haben,
  • 3:31 - 3:33
    eingeschlossen des mutierten Gens.
  • 3:35 - 3:40
    Die Idee, dass Heterozygoten
    manchmal besser dran sind,
  • 3:40 - 3:43
    kennen einige vielleicht schon.
  • 3:43 - 3:46
    Evolutionsbiologen nennen dieses Phänomen
  • 3:46 - 3:48
    heterozygoten Vorteil.
  • 3:48 - 3:51
    Es erklärt, zum Beispiel,
  • 3:51 - 3:53
    warum Träger der Sichelzellanämie
  • 3:53 - 3:57
    häufiger in der afrikanischen
    und asiatischen Bevölkerung auftreten
  • 3:57 - 4:00
    oder generell bei Menschen mit
    Vorfahren aus tropischen Regionen.
  • 4:01 - 4:06
    In diesen geographischen Regionen
    ist Malaria ein großes Gesundheitsrisko.
  • 4:07 - 4:09
    Der Parasit, der Malaria verursacht,
  • 4:09 - 4:15
    kann nur in normalen runden
    Blutkörperchen überleben.
  • 4:15 - 4:19
    Durch die Formänderung
    der roten Blutkörperchen,
  • 4:19 - 4:23
    schützt die Sichelzellmutation
    also gegen Malaria.
  • 4:24 - 4:27
    Menschen mit der Mutation
    werden genauso häufig
  • 4:27 - 4:29
    von krankheitsübertragenden
    Mücken gestochen,
  • 4:29 - 4:33
    aber es führt seltener
    zu Krankheit oder Tod.
  • 4:33 - 4:36
    Ein Träger von Sichelzellanämie zu sein
  • 4:36 - 4:41
    ist daher in einer Umgebung mit Malaria
    die beste genetische Option.
  • 4:41 - 4:44
    Träger sind weniger anfällig für Malaria,
  • 4:44 - 4:47
    da sie einige sichelförmige
    rote Blutkörperchen bilden
  • 4:47 - 4:50
    aber sie bilden noch genügend normale,
  • 4:50 - 4:53
    dass sie keine Nachteile daraus haben.
  • 4:55 - 5:01
    Mein defektes Gen schützt
    mich nicht vor Malaria.
  • 5:01 - 5:04
    Aber das ungewöhnlich hohe Vorkommen
  • 5:04 - 5:07
    der Tay-Sachs Mutation in der
    aschkenasischen Bevölkerung
  • 5:07 - 5:11
    könnte ein weiteres Beispiel
    für heterozygoten Vorteil sein.
  • 5:11 - 5:14
    Hier durch Resistenz gegen Tuberkulose.
  • 5:16 - 5:20
    Die ersten Hinweise auf eine Verbindung
    zwischen Tay-Sachs und Tuberkulose
  • 5:21 - 5:22
    stammen aus den 1970gern.
  • 5:22 - 5:24
    Damals publizierten Forscher Daten,
  • 5:24 - 5:27
    die zeigten, dass unter den
    osteuropäischen Großeltern
  • 5:27 - 5:31
    einer Stichprobe aschkenasicher
    Amerikaner mit Tay-Sachs
  • 5:31 - 5:35
    Tuberkulose eine ausgesprochen
    seltene Todesursache war.
  • 5:35 - 5:39
    Tatsächlich war nur einer
    dieser 306 Großeltern
  • 5:39 - 5:41
    an Tuberkulose gestorben,
  • 5:41 - 5:44
    obwohl Tuberkulose im
    frühen 20. Jahrhundert
  • 5:44 - 5:49
    bis zu 20% aller Todesfälle in großen
    osteuropäischen Städten bewirkte.
  • 5:50 - 5:53
    Auf der einen Seite,
    war das nicht überraschend.
  • 5:53 - 5:55
    Man hatte schon erkannt,
  • 5:55 - 5:57
    das Juden und Nicht-Juden in Europa
  • 5:57 - 6:01
    zwar ebenso häufig Tuberkulose hatten,
  • 6:01 - 6:05
    aber die Todesrate unter
    Nicht-Juden doppelt so hoch war.
  • 6:06 - 6:09
    Aber die Hypothese, dass die
    aschkenasischen Großeltern
  • 6:09 - 6:12
    eben deshalb seltener
    an Tuberkulose starben,
  • 6:12 - 6:16
    weil zumindest einige von ihnen
    Träger von Tay-Sachs waren
  • 6:16 - 6:18
    war neu und überaus interessant.
  • 6:18 - 6:20
    Die Daten wiesen darauf hin,
  • 6:20 - 6:22
    dass das hohe Vorkommen
    der Tay-Sachs Mutation
  • 6:22 - 6:24
    unter aschkenasischen Juden
  • 6:24 - 6:25
    von den Vorteilen rührt,
  • 6:25 - 6:31
    die seine Träger in einer
    tuberkulosereichen Umgebung hatten.
  • 6:32 - 6:34
    Sie merken allerdings,
  • 6:34 - 6:37
    dass diese Erklärung nur
    einen Teil des Rätsel löst.
  • 6:38 - 6:40
    Selbst wenn die Tay-Sachs-
    Mutation bestehen blieb,
  • 6:40 - 6:44
    weil ihre Träger mit höherer
    Wahrscheinlichkeit überlebten,
  • 6:44 - 6:47
    reproduzierten und genetisches
    Material weitergaben,
  • 6:47 - 6:49
    warum verbreitete sich
    dieser Resistenzmechanismus
  • 6:49 - 6:53
    insbesondere unter aschkenasischen Juden?
  • 6:54 - 6:59
    Eine Möglichkeit ist, dass Gene
    und Gesundheit osteuropäischer Juden
  • 6:59 - 7:02
    nicht alleine von Geographie,
  • 7:02 - 7:05
    sondern auch von historischen und
    kulturellen Faktoren beinflusst wurden.
  • 7:06 - 7:09
    Mehrfach in der Geschichte,
    musste diese Bevölkerungsgruppe
  • 7:09 - 7:13
    in vollgestopften Ghettos mit schlechten
    Hygienebedingungen leben,
  • 7:13 - 7:17
    Ideale Voraussetzungen für Tuberkulose.
  • 7:17 - 7:22
    In dieser Umgebung war Tuberkulose
    eine besondere Bedrohung,
  • 7:22 - 7:27
    sodass Menschen ohne genetischen
    Sicherheitsmechanismus
  • 7:27 - 7:29
    wahrscheinlicher starben.
  • 7:29 - 7:32
    Dieser aussortierende Mechanismus,
  • 7:32 - 7:35
    gemeinsam mit einer starken
    kulturell geprägten Vorliebe
  • 7:35 - 7:39
    nur innerhalb der eigenen
    Bevölkerungsgruppe zu heiraten,
  • 7:39 - 7:43
    könnte die relative Zahl
    von Trägern erhöht haben,
  • 7:43 - 7:45
    was Tuberkulose-Resistenz erhöhte,
  • 7:45 - 7:49
    aber auch das Vorkommen von Tay-Sachs.
  • 7:50 - 7:53
    Studien aus den 80ger Jahren
    bekräftigen diese Theorie.
  • 7:54 - 7:56
    Der Teil der jüdischen
    Bevölkerung in Amerika,
  • 7:56 - 7:59
    der die meisten Tay-Sachs Träger aufweist,
  • 7:59 - 8:02
    hatte Vorfahren in europäischen Ländern,
  • 8:02 - 8:05
    wo Tuberkulose besondern häufig auftrat.
  • 8:06 - 8:09
    Die Vorteile, ein Tay-Sachs Träger
    zu sein, waren dort also am höchsten,
  • 8:09 - 8:13
    wo das Risiko an Tuberkulose
    zu sterben am höchsten war.
  • 8:14 - 8:17
    Und während es in den 70ger
    und 80ger Jahren unklar war,
  • 8:17 - 8:22
    wie genau die Tay-Sachs-Mutation
    gegen Tuberkulose schützt,
  • 8:22 - 8:24
    haben neue Studien herausgefunden,
  • 8:24 - 8:28
    wie die Mutation die Zellabwehr
    gegen das Bakterium erhöht.
  • 8:29 - 8:33
    Der heterozygote Vorteil kann erklären,
  • 8:33 - 8:35
    warum problematische Genmutationen
  • 8:35 - 8:38
    in bestimmten Bevölkerungsgruppen
    bestehen bleiben.
  • 8:38 - 8:42
    Aber das ist nur ein Beitrag
    der Evolutionsmedizin
  • 8:42 - 8:45
    zu unserem Verständnis
    menschlicher Gesundheit.
  • 8:45 - 8:46
    Wie schon erwähnt,
  • 8:46 - 8:48
    hinterfragt dieses Feld die Idee,
  • 8:48 - 8:51
    dass sich unser Körper mit der Zeit
    verbessert haben sollte.
  • 8:51 - 8:54
    Diese Idee kommt oft von
    fehlerhaften Annahmen,
  • 8:54 - 8:56
    wie Evolution funktioniert.
  • 8:57 - 9:01
    Zusammengefasst, gibt es drei Gründe,
    warum menschlische Körper,
  • 9:01 - 9:03
    eingeschlossen Ihrem und meinem,
  • 9:03 - 9:07
    auch heute noch anfällig gegenüber
    Gesundheitsproblemen sind.
  • 9:07 - 9:10
    Natürliche Selektion ist langsam,
  • 9:10 - 9:12
    die Veränderungen, die sie
    bewirken kann, sind begrenzt
  • 9:12 - 9:15
    und sie optimiert Fortpflanzungserfolg,
  • 9:15 - 9:17
    nicht Gesundheit.
  • 9:18 - 9:20
    Wie die Geschwindigkeit
    natürlicher Selektion
  • 9:20 - 9:22
    unsere Gesundheit beeinflusst,
  • 9:22 - 9:24
    ist wohl am besten in der Beziehung
  • 9:24 - 9:27
    zwischen Menschen und
    Infektionskeimen zu sehen.
  • 9:27 - 9:31
    Wir sind ständig im Wettkampf
    mit Bakterien und Viren.
  • 9:31 - 9:36
    Unser Immunsystem entwickelt sich,
    um Ansteckungschancen zu mindern
  • 9:36 - 9:41
    und sie entwickeln neue Wege
    Abwehrmechanismen zu umgehen.
  • 9:41 - 9:44
    Der Mensch hat einen besonderen Nachteil,
  • 9:44 - 9:47
    weil er so lange lebt und
    sich so langsam fortpflanzt.
  • 9:47 - 9:52
    In der Zeit, die wir brauchen einen
    Abwehrmechanismus zu entwickeln,
  • 9:52 - 9:55
    durchlaufen Pathogene Millionen
    von Generationszyklen
  • 9:55 - 9:58
    und haben ausreichend
    Zeit sich zu entwickeln,
  • 9:58 - 10:01
    um unsere Körper weiter
    als Wirt zu nutzen.
  • 10:02 - 10:05
    Was bedeutet die Aussage,
  • 10:05 - 10:07
    dass natürliche Selektion Grenzen hat?
  • 10:07 - 10:10
    Wieder sind mein Beispiele
    heterozygoter Vorteile
  • 10:10 - 10:12
    gut zur Veranschaulichung.
  • 10:13 - 10:15
    In Bezug auf Tuberkulose und Malaria
  • 10:15 - 10:18
    sind die physiologischen Auswirkungen
  • 10:18 - 10:21
    von Tay-Sachs und Sichelzallanämie gut.
  • 10:22 - 10:26
    Ihre Extremvarianten
    führen allerdings zu großen Problem.
  • 10:26 - 10:31
    Diese sensible Balance zeigt
    Grenzen des menschlichen Körpers auf
  • 10:31 - 10:34
    und macht deutlich, dass die Evolution
  • 10:34 - 10:37
    mit schon vorhandenen
    Werkzeugen arbeiten muss.
  • 10:37 - 10:39
    In vielen Fällen
  • 10:39 - 10:40
    bringt eine Veränderung,
  • 10:40 - 10:43
    die Überleben und Fortpflanzung
    auf bestimmte Art verbessert,
  • 10:43 - 10:45
    risikoreiche Nebenwirkungen mit sich.
  • 10:46 - 10:49
    Evolution ist keine Ingenieurin,
    die von Null anfängt,
  • 10:49 - 10:53
    um optimale Lösungen zu
    individuellen Problemen zu schaffen.
  • 10:53 - 10:56
    In der Evolution geht es um Kompromisse.
  • 10:57 - 10:59
    Man muss auch beachten,
  • 10:59 - 11:01
    dass Gesundheit
  • 11:01 - 11:03
    aus evolutionärer Perspektive
  • 11:03 - 11:06
    nicht der wichtigste Aspekt ist.
  • 11:06 - 11:08
    Es ist Fortpflanzung.
  • 11:08 - 11:12
    Erfolg wird nicht an der Gesundheit
    eines Individuums gemessen
  • 11:12 - 11:14
    oder danach wie lange man lebt,
  • 11:14 - 11:18
    sondern danach wieviele Gene
    in die nächste Generation gelangen.
  • 11:18 - 11:20
    Das erklärt, warum Mutationen,
  • 11:20 - 11:22
    wie die der Hungtington Krankheit,
  • 11:22 - 11:25
    eine weitere degenerative
    neurologische Erkrankung,
  • 11:25 - 11:28
    durch natürlichen Selektion
    nicht ausgerottet wurden.
  • 11:28 - 11:30
    Die schädlichen Folgen dieser Mutation
  • 11:30 - 11:35
    treten normalerweise erst nach
    dem typischen Fortpflanzungsalter auf,
  • 11:35 - 11:38
    wenn die Betroffenen ihre Gene
    schon weitergegeben haben.
  • 11:39 - 11:40
    Im Allgemeinen,
  • 11:40 - 11:44
    nutzt die Biomedzin
    unmittelbare Erklärungen
  • 11:44 - 11:47
    zur Gestaltung von Behandlungsansätzen.
  • 11:47 - 11:50
    Unmittelbare Erklärungen
    für Gesundheitsprobleme
  • 11:50 - 11:52
    bedenken die direkten Faktoren:
  • 11:52 - 11:55
    Welcher Vorgang im Körper des Patienten
  • 11:55 - 11:57
    löst dieses bestimmte Problem aus?
  • 11:57 - 11:59
    Kurzsichtigkeit ist zum Beispiel
  • 11:59 - 12:02
    normalerweise die Folge von
    Veränderungen der Augenform
  • 12:02 - 12:05
    und kann mit einer Brille
    einfach korrigiert werden.
  • 12:06 - 12:09
    Aber im Bezug auf den genetischen Zustand
  • 12:09 - 12:13
    ist eine unmittelbare Erklärung
    oft nur Teil des Gesamtbildes.
  • 12:14 - 12:16
    Mit einer evolutionären Perspektive,
  • 12:16 - 12:22
    die die Frage, warum dieses Problem
    ursprünglich auftauchte, stellt --
  • 12:22 - 12:26
    also die ursprüngliche Ursache sucht --
  • 12:26 - 12:28
    können wir Einblicke
  • 12:28 - 12:31
    in nicht unmittelbare
    Gesundheitsfaktoren bekommen.
  • 12:31 - 12:32
    Das ist wichtig,
  • 12:32 - 12:35
    denn es zeigt Wege auf,
  • 12:35 - 12:39
    wie wir unser Risiko oder das unserer
    Freunde und Familie mindern können.
  • 12:40 - 12:41
    Im Fall der Kurzsichtigkeit,
  • 12:41 - 12:43
    weisen einige Studien darauf hin,
  • 12:43 - 12:46
    dass sie in manchen Bevölkerungsgruppen
    immer häufiger auftritt,
  • 12:46 - 12:48
    weill heute so viele Menschen,
  • 12:48 - 12:51
    eingeschlossen die meisten in diesem Raum,
  • 12:51 - 12:54
    viel mehr Zeit mit Lesen, Schreiben
  • 12:54 - 12:57
    und vor einem Bildschirm verbringen,
  • 12:57 - 13:01
    als draußen mit der Welt zu interagieren.
  • 13:01 - 13:05
    Aus evolutionärer Sicht ist
    das eine neue Entwicklung.
  • 13:05 - 13:07
    In unserer Evolutionsgeschichte
  • 13:07 - 13:11
    nutzen Menschen ihr Sehvermögen,
    um in weite Landschaften zu blicken
  • 13:11 - 13:14
    und verbrachten mehr Zeit
    beim Jagen und Sammeln.
  • 13:15 - 13:19
    Der in den letzten Jahren stattfindende
    Anstieg an "nahen Tätigkeiten",
  • 13:19 - 13:22
    die den Fokus auf Dinge
    direkt vor uns fordern,
  • 13:22 - 13:26
    strengt die Augen über
    längere Zeit auf andere Weise an
  • 13:26 - 13:29
    und verändert ihre physiologische Form.
  • 13:30 - 13:35
    Zusammengenommen, hilft die ursprüngliche
    Erklärung für Kurzsichtigkeit,
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    dass Umwelt und Gewohnheitsänderungen,
    die Art wie wir die Augen nutzen ändern --
  • 13:40 - 13:43
    beim Verständnis
    der unmittelbaren Ursache.
  • 13:44 - 13:46
    Das führt zum unausweichlichen Schluss --
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    meine Mutter hatte recht,
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    ich hätte tatsächlich weniger Zeit über
    meinen Büchern verbringen sollen.
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    Das ist nur eins von vielen Beispielen.
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    Also nächstes Mal, wenn Sie oder Ihre
    Lieben Gesundheitsprobleme haben,
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    sei es Übergewicht, Diabetis,
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    eine Autoimmunerkrankung
  • 14:04 - 14:06
    oder eine Knie- oder Rückenverletzung,
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    denken Sie doch mal über mögliche
    ursprüngliche Erklärungen nach.
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    Das Verständnis, dass unsere Gesundheit
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    nicht nur vom aktuellen Zustand
    des Körpers bestimmt ist,
  • 14:17 - 14:21
    sondern auch von unserer genetischen
    Abstammung, Kultur und Geschichte,
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    kann uns helfen fundiertere Entscheidungen
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    bezüglich Prädispositionen, Risiken
    und Behandlungen zu treffen.
  • 14:28 - 14:32
    Ich würde nicht behaupten, dass die
    evolutionsmedizinische Perspektive
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    alle meine Enscheidungen,
    direkt beeinflusste,
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    zum Beispiel in der Partnerwahl.
  • 14:37 - 14:39
    Es stellte sich aber heraus,
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    dass mein Bruch mit der Tradition,
  • 14:42 - 14:44
    innerhalb der jüdischen
    Gemeinschaft zu heiraten,
  • 14:44 - 14:47
    am Ende genetisch positive
    Auswirkungen hatte,
  • 14:47 - 14:50
    da es mein Risiko auf ein Baby
    mit Tay-Sachs reduzierte.
  • 14:50 - 14:53
    Es ist ein gutes Beispiel,
    warum aschkenasische Eltern
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    nicht immer hoffen sollten,
    dass ihre Tochter
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    einen "netten jüdischen Jungen" heiratet.
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    (Gelächter)
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    (Publikum) Juhu!
  • 15:00 - 15:01
    Wichtiger ist jedoch,
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    dass das Wissen über meine Gene
  • 15:04 - 15:08
    mich lehrte über Gesundheit
    auf lange Sicht anders zu denken
  • 15:08 - 15:12
    und ich hoffe meine Geschichte
    inspiriert Sie, das gleiche zu tun.
  • 15:12 - 15:13
    Dankeschön.
  • 15:13 - 15:14
    (Applaus)
Title:
Gesundheit und Krankheit des Menschen aus evolutionärer Sicht.
Speaker:
Lara Durgavich
Description:

Inwiefern ist Ihre Gesundheit von Ihrem Erbgut, Ihrer Kultur und Ihrer Geschichte geprägt? Die biologische Anthropologin Lara Durgavich diskutiert das Feld der Evolutionsmedizin als Tor zu einem besseren Verständnis der menschlichen Biologie -- eingeschlossen der Frage, warum genetische Mutationen manchmal positive Effekte haben -- und betont wie unsere Evolutionsgeschichte Einblicke in unsere derzeitige und zukünftige Gesundheit gibt.

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
15:27

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