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Kavita Ramdas: Radikale Frauen, die sich Tradition zu eigen machen

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    Salaam. Namaskar.
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    Guten Morgen.
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    Angesichts meines TED Profils könnten Sie erwarten,
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    dass ich zu Ihnen über die neuesten philantropischen
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    Trends sprechen werde.
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    Wie über den, der gerade die Wallstreet
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    und die Weltbank beschäftigt,
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    wie man in Frauen investieren könnte,
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    wie man sie ermächtig, wie man sie rettet.
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    Ich nicht.
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    Mich interessiert, wie Frauen
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    uns retten.
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    Sie retten uns, indem sie eine Zukunft neu definieren
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    und erfinden, die akzeptierten Polaritäten trotzt
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    und sie verschwimmen lässt.
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    Polaritäten, die wir lange Zeit als gegeben hinnahmen,
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    wie die zwischen Moderne und Tradition,
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    erster Welt und dritter Welt,
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    Unterdrückung und Chance.
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    Inmitten entmutigender Herausforderungen,
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    denen wir als globale Gemeinschaft gegenüber stehen,
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    lässt etwas in diesem
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    dritten Raga
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    mein Herz singen.
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    Was mich dabei am neugierigsten macht,
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    ist wie Frauen das bewerkstelligen,
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    trotz einer Anzahl von Widersprüchen,
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    die sowohl frustrierend als auch faszinierend sind.
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    Wie kommt es, dass Frauen, einerseits
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    durch kulturelle Bräuche grausam unterdrückt werden,
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    und doch, zur gleichen Zeit,
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    in den meisten Gesellschaften die Bewahrer der Kultur sind?
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    Ist der Hijab oder das Kopftuch
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    ein Symbol für Unterdrückung,
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    oder für Widerstand?
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    Wenn soviele Frauen und Mädchen
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    geschlagen, vergewaltigt, verstümmelt werden,
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    jeden Tag,
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    im Namen unterschiedlichster Gründe,
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    Ehre, Religion, Nationalität,
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    was ermöglicht es Frauen, neue Bäumen zu pflanzen,
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    Gesellschaften neu aufzubauen,
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    radikale, gewaltlose Bewegungen
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    für soziale Veränderungen zu leiten?
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    Sind es verschiedene Frauen,
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    die bewahren oder radikalisieren?
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    Oder sind es ein und dieselben?
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    Haben wir zu Unrecht angenommen, wie Chimamanda Adichie
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    uns auf der TED Konferenz in Oxford erinnerte,
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    dass es nur eine einzige Geschichte des Kampfes
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    der Frauen um ihre Rechte gibt,
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    während es in Wirklichkeit viele sind?
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    Und was, wenn überhaupt,
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    haben Männer damit zu tun?
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    Ein Großteil meines Lebens war die Suche
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    nach ein paar Antworten auf diese Fragen.
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    Sie hat mich um die Welt geführt,
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    und brachte mich mit einigen erstaunlichen Menschen in Kontakt.
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    In diesem Prozess sammelte ich ein paar Bruchstücke,
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    um die Ungereimtheiten etwas ins Licht zu bringen.
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    Unter denen, die mir halfen, meine Augen
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    für einen dritten Weg zu öffnen,
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    sind eine gläubige Muslima in Afghanistan,
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    eine Gruppe einander verbundener Lesben in Kroatien,
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    und eine Tabubrecherin in Liberia.
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    Ich stehe in ihrer Schuld,
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    wie in der meiner Eltern,
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    die wegen einiger Vergehen in ihrem letzten Leben,
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    in diesem mit drei Töchtern gesegnet wurden.
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    Und aus mir schleierhaften Gründen,
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    überaus stolz auf uns drei zu sein scheinen.
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    Ich bin hier in Indien geboren und aufgewachsen,
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    und ich lernte von klein auf,
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    zutiefst misstrauisch gegenüber den Tanten und Onkeln zu sein,
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    die sich herunterbeugten, uns den Kopf tätschelten,
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    und dann ohne mit der Wimper zu zucken
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    zu unseren Eltern sagten,
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    „Arme Dinger. Ihr habt nur drei Töchter.
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    Aber ihr seid jung. Ihr könntet es noch erneut versuchen.“
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    Mein Gefühl der Entrüstung
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    über die Rechte von Frauen
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    erreichte den Höhepunkt, als ich etwa elf war.
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    Meine Tante, eine unglaublich wortgewandte
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    und brilliante Frau,
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    wurde früh Witwe.
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    Eine Schar Verwandter fiel über sie her.
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    Sie nahmen ihr ihren farbenfrohen Sari.
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    Sie zwangen sie dazu, einen Weißen zu tragen.
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    Sie wischten ihr ihr Bindi von der Stirn.
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    Sie zerbrachen ihre Armreifen.
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    Ihre Tochter, Rani,
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    ein paar Jahre älter als ich,
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    saß in ihrem Schoß, verstört,
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    nicht wissend, was der
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    selbstbewußten Frau geschehen war,
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    als die sie ihre Mutter gekannt hatte.
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    Spät in dieser Nacht hörte ich meine Mutter
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    meinen Vater bitten,
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    „Bitte mach etwas, Ramu. Kannst du nicht einschreiten?“
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    Und mein Vater murmelte mit leiser Stimme,
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    „Ich bin nur der jüngste Bruder. Es gibt nichts was ich tun könnte.
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    Das ist der Brauch.“
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    In dieser Nacht lernte ich die Regeln kennen, die bestimmten,
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    was es bedeutete, auf dieser Welt eine Frau zu sein.
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    Die Regel werden nicht von den Frauen gemacht,
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    aber sie definieren uns,
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    und sie bestimmen unsere Möglichkeiten und Chancen.
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    Und auch die Männer sind von diesen Regeln betroffen.
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    Mein Vater, der in drei Kriegen gekämpft hatte,
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    konnte seine eigene Schwester nicht
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    vor diesem Leid bewahren.
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    Mit 18,
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    unter der exzellenten Anleitung meine Mutter,
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    war ich daher, wie man erwarten könnte,
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    eine rebellische Feministin.
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    Auf den Straßen skandierend,
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    [Hindi]
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    [Hindi]
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    „Wir sind die Frauen von Indien.
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    Wir sind keine Blumen, wir sind die Funken der Veränderung.“
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    Als ich 1995 nach Peking kam,
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    war mir klar, dass der einzige Weg
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    um die Gleichberechtigung der Geschlechter zu erreichen,
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    darin lag, Jahrhunderte
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    unterdrückerischer Tradition umzustoßen.
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    Bald nachdem ich aus Peking zurückgekehrt war,
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    ergriff ich die Gelegenheit, für diese wunderbare Organisation zu arbeiten,
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    von Frauen gegründet,
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    die Frauenrechtsorganisationen auf der ganzen Welt unterstützt.
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    Aber nach kaum 6 Monaten in diesem neuen Job,
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    traf ich eine Frau,
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    die mich zwang, alle meine Annahmen in Frage zu stellen.
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    Ihr Name ist Sakena Yacoobi.
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    Sie kam in mein Büro,
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    zu einer Zeit als niemand in den USA wußte,
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    wo Afghanistan lag.
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    Sie sagte zu mir, „Es geht nicht um die Burka.“
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    Sie war die entschlossenste Fürsprecherin
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    für Frauenrechte, die ich jemals gehört habe.
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    Sie erzählte mir, dass in Afghanistan Frauen
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    in ihren Gemeinden Schulen im Untergrund betrieben,
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    und dass ihre Organisation, das Afghanische Institut für Bildung,
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    eine Schule in Pakistan eröffnet hat.
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    Sie sagte, „Das Erste, dass jeder Muslim weiß,
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    ist, dass der Koran Bildung erfordert
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    und auch stark unterstützt.
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    Der Prophet wollte, dass jeder Gläubige
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    den Koran selbst lesen kann.“
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    Hatte ich richtig gehört?
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    Eine Verfechterin von Frauenrechten,
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    die Religion ins Feld führt?
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    Aber Sakena verwehrt sich der Etikettierung.
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    Sie trägt immer ein Kopftuch.
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    Aber ich bin am Strand neben ihr gegangen,
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    und ihr langes Haar wehte im Wind.
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    Sie beginnt jede Unterrichtsstunde mit einem Gebet,
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    aber sie ist eine alleinstehende, mutige,
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    finanziell unabhängige Frau
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    in einem Land, in dem Mädchen mit 12 Jahre verheiratet werden.
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    Sie ist ebenso ungeheuer pragmatisch.
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    „Dieses Kopftuch und diese Kleider,“ sagt sie,
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    „geben mir die Freiheit zu tun, was ich tun muss,
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    um mit denjenigen zu sprechen, deren Unterstützung und Hilfe
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    wesentlich für diese Arbeit sind.
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    Als ich eine Schule in einem Flüchtlingslager eröffnen sollte,
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    ging ich zum Imam.
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    Ich sagte zu ihm, „Ich bin gläubig, und Frauen und Kinder
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    brauchen ihren Glauben um unter diesen
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    schrecklichen Bedingungen zu überleben."
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    Sie lächelte gewitzt.
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    „Er war geschmeichelt.
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    Er begann zweimal die Woche in mein Zentrum zu kommen,
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    weil Frauen nicht zur Moschee gehen konnten.
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    Und nachdem er gegangen war,
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    blieben die Frauen und Mädchen noch.
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    Wir begannen mit einem kleinen Alphabetisierungskurs,
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    um den Koran zu lesen,
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    dann ein Mathematikkurs, dann ein Englischkurs, dann ein Computerkurs.
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    Innerhalb weniger Wochen kam jede in dem Flüchtlingslager
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    in unsere Kurse.“
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    Sakena ist eine Lehrerin in einer Zeit,
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    in der Frauen in Afghanistan zu unterrichten
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    ein gefährliches Unterfangen ist.
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    Sie ist auf der Todesliste der Taliban.
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    Ich sorge mich jedesmal um sie, wenn sie durch das Land fährt.
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    Sie zuckt die Achseln, wenn ich sie wegen der Sicherheit fragen.
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    “Kavita Jan, wir können uns nicht erlauben Angst zu haben.
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    Schau dir diese jungen Mädchen an, die zur Schule zurückkehren,
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    nachdem Säure in ihre Gesichter geschüttet wurde“
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    Und ich lächle und ich nicke,
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    während ich begreife, dass ich Frauen und Mädchen beobachte
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    die ihre eigenen religiösen Traditionen und Praktiken nutzen,
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    um sie in Instrumente des Widerstands
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    und der Möglichkeit zu verwandeln.
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    Es ist ihr eigener Weg,
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    und er zeigt auf ein Afghanistan,
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    das anders sein wird.
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    Anders zu sein ist etwas, das die Frauen
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    von Lesbor in Zagreb, Kroatien,
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    nur zu gut kennen.
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    Eine Lesbe, eine Dyke,
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    homosexuell zu sein,
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    ist in den meisten Teilen der Welt,
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    unser Land hier, Indien, miteinbegriffen,
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    mit ungeheuren Unannehmlichkeiten
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    und extremen Vorurteilen verbunden.
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    In Nachkriegsgesellschaften wie Kroatien,
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    wo Hyper-Nationalismus und Religiösität
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    eine Umgebung geschaffen haben, die für jeden,
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    der als sozial ausgestoßen
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    betrachtet werden könnte, unerträglich ist.
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    Bühne frei für eine Gruppe offen lebender Dykes,
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    junge Frauen, die die alte Musik lieben,
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    die einst in der Region
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    von Mazedonien bis Bosnien,
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    von Serbien bis Slowenien verbreitet war.
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    Diese Folkssängerinnen trafen sich an der Hochschule in einem Gender Studies Kurs.
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    Viele sind in ihren Zwanzigern. Manche sind Mütter.
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    Viele haben damit gekämpft, sich in ihrer Gemeinde zu outen.
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    Die religiösen Vorstellungen der Familien machen es schwer,
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    zu akzeptieren dass ihre Töchter nicht krank,
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    sondern nur lesbisch sind.
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    Wie Leah, eine der Gründerinnen der Gruppe sagt,
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    „Ich mage traditionelle Musik sehr gerne.
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    Und ich mag auch Rock'n Roll.
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    Mit Lesbor, verschmelzen wir beides.
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    Ich sehe traditionelle Musik als eine Art Rebellion,
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    in der Menschen wirklich eine Stimme haben,
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    besonders in den traditionellen Liedern
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    aus anderen Teilen der früheren Republik von Jugoslawien.
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    Nach dem Krieg waren viele dieser Lieder verlorengegangen.
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    Aber sie sind Teil unserer Kindheit und unserer Geschichte,
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    und wir sollten sie nicht vergessen.“
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    Unglaublich, dieser L.G.B.T. Chor
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    hat gezeigt, wie Frauen
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    in Tradition investieren um Veränderung herbeizuführen,
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    wie Alchemistinnen, die Zwietracht in Harmonie verwandeln.
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    Ihr Repertoire beinhaltet
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    die kroatische Nationalhymne,
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    ein bosnisches Liebeslied,
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    und serbische Duette.
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    Und, fügt Leha mit einem Grinsen hinzu,
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    „Kavita, auf unsere Weihnachtsmusik sind wir besonders stolz ,
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    weil sie zeigt, dass wir offen gegenüber religiösen Bräuchen sind,
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    auch wenn die katholische Kirche
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    uns L.G.B.T. hasst.“
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    Ihre Konzerte nehmen Anleihe
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    bei ihren eigenen Gemeinden,
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    ja, aber auch bei einer älteren Generation,
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    einer Generation, die gegen Homosexualität
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    Mißtrauen hegen könnte, aber auch nostalgisch
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    für die eigene Musik ist, und für die Vergangenheit, die sie repräsentiert.
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    Ein Vater, der sich ursprünglich dagegen sperrte,
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    als seine Tochter durch so einem Chor ihr Coming Out hatte,
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    schreibt nun Lieder für sie.
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    Im Mittelalter waren es die Troubadoure,
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    die ihre Balladen singend
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    und Verse verbreitend durch die Lande zogen.
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    Lesbor reist genauso durch den Balkan,
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    singend, Menschen verbindend, die durch
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    Religion, Nationalität und Sprache getrennt sind.
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    Bosnier, Kroaten und Serben
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    entdecken einen seltenen gemeinsamen Bereich von Stolz in ihrer Geschichte,
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    und Lesbor erinnert sie daran,
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    dass die Lieder, die oft von einer Gruppe alleine beansprucht werden,
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    in Wirklichkeit allen gehören.
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    (Gesang)
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    Gestern zeigte uns Mallika Sarabhai,
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    dass Musik eine Welt erschaffen kann,
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    die Unterschiede mehr akzeptieren kann,
  • 11:14 - 11:17
    als die, die uns gegeben wurde.
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    Die Welt, die Layma Bowie gegeben worden war,
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    war eine Welt im Krieg.
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    Liberia wurde jahrzehntelang durch Bürgerkriege zerrüttet.
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    Layma war keine Aktivistin, sie war Mutter von drei Kindern.
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    Aber sie war krank vor Sorge.
  • 11:30 - 11:32
    Sie sorgte sich, dass ihr Sohn entführt
  • 11:32 - 11:34
    und als Kindersoldat verschleppt werden würde.
  • 11:34 - 11:36
    Sie sorgte sich, dass ihre Töchter vergewaltigt würden.
  • 11:36 - 11:39
    Sie sorgte sich um ihre Leben.
  • 11:39 - 11:41
    Eines Nachts hatte sie einen Traum.
  • 11:41 - 11:43
    Sie träumte, dass sie und Tausende anderer Frauen
  • 11:43 - 11:45
    das Blutvergießen beenden würden.
  • 11:45 - 11:48
    Am nächsten Morgen, in der Kirche fragte sie die anderen, wie es ihnen geht.
  • 11:48 - 11:50
    Sie waren alle des Kämpfens müde.
  • 11:50 - 11:53
    Wir brauchen Frieden, und unsere Anführer müssen wissen,
  • 11:53 - 11:56
    dass wir nicht aufgeben, bis Friede ist.
  • 11:56 - 11:59
    Unter Laymas Freundinnen befand sich eine Polizistin, die Muslima war.
  • 11:59 - 12:02
    Sie versprach dieses Thema in ihrer Gemeinde zur Sprache zu bringen.
  • 12:02 - 12:04
    Bei der nächsten Freitagspredigt
  • 12:04 - 12:06
    begannen die Frauen, die im seitlichen Raum saßen,
  • 12:06 - 12:09
    ihr Leid über die Lage zu teilen.
  • 12:09 - 12:12
    „Was macht es?“ sagten sie, „Eine Kugel unterscheidet nicht
  • 12:12 - 12:14
    zwischen einem Muslim und einem Christen.“
  • 12:14 - 12:16
    Diese kleine Gruppe von Frauen
  • 12:16 - 12:18
    beschloss dem Krieg ein Ende zu bereiten.
  • 12:18 - 12:21
    Und sie beschlossen ihre Traditionen zu benutzen um sich durchzusetzen.
  • 12:21 - 12:23
    Liberianische Frauen tragen gewöhnlich
  • 12:23 - 12:25
    eine große Menge Schmuck und farbenfrohe Kleidung.
  • 12:25 - 12:27
    Aber nein, für den Protest, kleideten sie sich
  • 12:27 - 12:29
    alle in weiß, ohne Makeup.
  • 12:29 - 12:31
    Wie Layma sagte, „Wir trugen weiß
  • 12:31 - 12:33
    um zu sagen, dass wir auf Frieden aus sind.“
  • 12:33 - 12:35
    Sie standen am Rand der Straße,
  • 12:35 - 12:37
    auf der Charles Taylors Autoeskorte jeden Tag vorbei kam.
  • 12:37 - 12:39
    Wochenlang standen sie dort,
  • 12:39 - 12:42
    zuerst nur 10, dann 20, dann 50, dann hunderte Frauen,
  • 12:42 - 12:45
    die weiß trugen, singend, tanzend,
  • 12:45 - 12:48
    verkündeten sie, auf Frieden aus zu sein.
  • 12:48 - 12:50
    Schließlich wurden die gegnerischen Kräfte in Liberia
  • 12:50 - 12:53
    dazu gebracht in Ghana Friedensverhandlungen zu halten.
  • 12:54 - 12:57
    Die Verhandlungen zogen sich endlos dahin.
  • 12:57 - 12:59
    Layma und ihre Schwestern hatten genug davon.
  • 12:59 - 13:01
    Mit ihren verbliebenen Geldern brachten sie
  • 13:01 - 13:03
    eine kleine Gruppe Frauen an den Ort der Friedensgespräche,
  • 13:03 - 13:05
    und sie umzingelten das Gebäude.
  • 13:05 - 13:08
    In einem nun berühmten CNN Ausschnitt,
  • 13:08 - 13:10
    kann man sie auf dem Boden sitzen sehen, ihre Arme untergehakt.
  • 13:10 - 13:13
    Wir kennen das in Indien. Es heißt eine [Hindi].
  • 13:14 - 13:16
    Dann wird die Lage angespannt.
  • 13:16 - 13:19
    Die Polizei wird gerufen um die Frauen zu entfernen.
  • 13:19 - 13:22
    Als der dienstälteste Polizist sich mit einem Schlagstock nähert,
  • 13:22 - 13:24
    steht Layma bedachtsam auf,
  • 13:24 - 13:26
    hebt ihre Arme über den Kopf
  • 13:26 - 13:28
    und beginnt ganz langsam
  • 13:28 - 13:31
    ihr Kopftuch, das ihre Haare verdeckt, aufzubinden.
  • 13:31 - 13:34
    Man sieht das Gesicht des Polizisten.
  • 13:34 - 13:37
    Er ist verlegen. Er weicht zurück.
  • 13:37 - 13:39
    Und bevor man sich versieht,
  • 13:39 - 13:41
    ist die Polizei verschwunden.
  • 13:41 - 13:43
    Layma hat mir später gesagt,
  • 13:43 - 13:46
    „Es ist das Tabu, du weisst schon, in Westafrika.
  • 13:46 - 13:49
    Wenn sich eine ältere Frau vor einem Mann auszieht,
  • 13:49 - 13:51
    weil sie es will,
  • 13:51 - 13:53
    dann ist die Familie des Mannes verflucht.
  • 13:53 - 13:55
    (Lachen)
  • 13:55 - 13:57
    (Applaus)
  • 13:57 - 14:00
    Sie sagte, „Ich weiß nicht, ob er es getan hat, weil er daran glaubte,
  • 14:00 - 14:02
    aber er wußte, dass wir nicht gehen würden.
  • 14:02 - 14:05
    Wir würden nicht weggehen, ehe nicht der Friedensvertrag unterzeichnet war.
  • 14:05 - 14:07
    Und der Friedensvertrag wurde unterzeichnet.
  • 14:07 - 14:09
    Und die Frauen von Liberia
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    arrangierten dann die Unterstützung für Ellen Johnson Sirleaf,
  • 14:12 - 14:14
    einer Frau, die selbst einige Tabus gebrochen hat,
  • 14:14 - 14:16
    als sie auf Jahre das erste gewählte, weibliche Staatsoberhaupt
  • 14:16 - 14:19
    in Afrika wurde.
  • 14:20 - 14:23
    Als sie ihre Antrittsrede als Präsidentin hielt,
  • 14:23 - 14:25
    würdigte sie diese tapferen Frauen in Liberia,
  • 14:25 - 14:28
    die ihr ermöglichten gegen einen Fußballstar zu gewinnen
  • 14:28 - 14:30
    in Amerika nennt ihr es Soccer –
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    nicht weniger.
  • 14:32 - 14:34
    Frauen, wie Sakena und Leah
  • 14:34 - 14:36
    und Layma
  • 14:36 - 14:39
    haben mich bescheiden gemacht, mich verändert
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    und erkennen lassen, dass ich nicht so schnell
  • 14:42 - 14:45
    Annahmen irgendeiner Art treffen sollte.
  • 14:46 - 14:48
    Sie retteten mich auch vor meinem gerechten Zorn,
  • 14:48 - 14:51
    indem sie mir Einblicke in diesen dritten Weg gewährten.
  • 14:52 - 14:54
    Eine philipinische Aktivistin sagte einmal zu mir,
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    „Wie kocht man einen Reiskuchen?
  • 14:56 - 14:59
    Mit Hitze von oben, und Hitze von unten.“
  • 14:59 - 15:01
    Die Proteste, die Märsche,
  • 15:01 - 15:03
    die kompromisslose Haltung, dass
  • 15:03 - 15:06
    Frauenrechte Menschenrechte sind, Punkt.
  • 15:07 - 15:09
    Das ist die Hitze von unten.
  • 15:09 - 15:11
    Das ist Malcolm X, und die Suffragetten,
  • 15:11 - 15:13
    und die Gay Pride Paraden.
  • 15:13 - 15:15
    Aber wir benötigen auch die Hitze von oben.
  • 15:15 - 15:17
    Und in den meisten Teilen der Welt
  • 15:17 - 15:19
    wird dieses Oben noch immer
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    von Männern kontrolliert.
  • 15:21 - 15:24
    Frei nach Marx: Frauen bewirken Veränderung,
  • 15:24 - 15:27
    aber nicht unter den Umständen ihrer Wahl.
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    Sie müssen verhandeln.
  • 15:29 - 15:32
    Sie müssen die Tradition, die sie einst zum Schweigen verurteilte, unterwandern,
  • 15:32 - 15:35
    um neuen Bestrebungen eine Stimme zu verleihen.
  • 15:35 - 15:38
    Und sie brauchen Verbündete aus ihrer Gemeinschaft,
  • 15:38 - 15:40
    Verbündete wie den Imam,
  • 15:40 - 15:42
    Verbündete wie den Vater, der nun Lieder
  • 15:42 - 15:45
    für die Lesbengruppe in Kroatien schreibt,
  • 15:45 - 15:48
    Verbündete wie den Polizisten, der ein Tabu respektierte und zurückwich,
  • 15:48 - 15:50
    Verbündete wie mein Vater,
  • 15:50 - 15:53
    der seiner Schwester nicht helfen konnte, aber seinen drei Töchtern half,
  • 15:53 - 15:55
    ihre Träumen zu verfolgen.
  • 15:55 - 15:57
    Vielleicht kommt das daher, dass Feminismus,
  • 15:57 - 15:59
    anders als nahezu jede andere soziale Bewegung,
  • 15:59 - 16:02
    sich nicht gegen einen bestimmten Unterdrücker richtet.
  • 16:02 - 16:04
    Es ist nicht die herrschende Klasse,
  • 16:04 - 16:07
    oder die Eroberer, die Kolonialisatoren,
  • 16:07 - 16:10
    es richtet sich gegen ein tiefsitzendes Bündel von Glaube und Annahmen,
  • 16:10 - 16:13
    die viel zu oft von uns Frauen
  • 16:13 - 16:15
    selbst vertreten werden.
  • 16:15 - 16:18
    Aber vielleicht ist dies das ultimative Geschenk des Feminismus,
  • 16:18 - 16:21
    dass das Persönliche tatsächlich politisch ist.
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    So dass, wie Eleanor Roosevelt einst über die Menschenrechte sagte,
  • 16:23 - 16:26
    das Gleiche für die Gleichberechtigung gilt,
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    dass es an alltäglichen Orten beginnt, nicht weit von Zuhause.
  • 16:29 - 16:31
    Auf den Straßen, ja,
  • 16:31 - 16:34
    aber auch in den Verhandlungen am Küchentisch,
  • 16:34 - 16:36
    und im Ehebett,
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    und in Beziehungen zwischen Liebenden, und Eltern,
  • 16:38 - 16:40
    und Schwestern, und Freunden.
  • 16:42 - 16:44
    Und dann, und dann
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    bemerkst du, dass durch die Integration
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    von Aspekten von Tradition und Gemeinschaft
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    in ihre Kämpfe,
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    Frauen wie Sakena und Leah und Layma,
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    aber auch Sonia Gandhi hier in Indien,
  • 16:55 - 16:58
    und Michelle Bachelet in Chile,
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    und Shirin Ebadi im Iran,
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    etwas anderes tun.
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    Sie stellen die bloße Vorstellung der
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    westlichen Modelle von Entwicklung in Frage.
  • 17:08 - 17:11
    Sie sagen, wir müssen nicht wie ihr sein,
  • 17:11 - 17:13
    um einen Wandel herbeizuführen.
  • 17:13 - 17:16
    Wir können einen Sari tragen, oder einen Hijab,
  • 17:16 - 17:18
    oder Hose, oder einen Boubou,
  • 17:18 - 17:21
    und wir können Parteiführerinnen und Präsidentinnen
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    und Menschenrechtsanwältinnen sein.
  • 17:23 - 17:26
    Wir können unsere Traditionen nutzen um Veränderung zu steuern.
  • 17:26 - 17:29
    Wir können Gesellschaften entmilitarisieren
  • 17:29 - 17:31
    und die Mittel stattdessen
  • 17:31 - 17:34
    in Reservoire wahrer Sicherheit gießen.
  • 17:35 - 17:38
    In all diesen kleinen Geschichten,
  • 17:38 - 17:40
    diesen individuellen Geschichten,
  • 17:40 - 17:42
    sehe ich ein radikales Heldinnenepos, geschrieben
  • 17:42 - 17:44
    von Frauen auf der ganzen Welt.
  • 17:44 - 17:46
    In diesen Fäden,
  • 17:46 - 17:48
    die zu einem robusten Stoff gewebt werden,
  • 17:48 - 17:51
    der Gemeinschaften stützt,
  • 17:51 - 17:53
    finde ich Hoffnung.
  • 17:53 - 17:55
    Und wenn mein Herz singt,
  • 17:55 - 17:58
    ist es, weil in diesen Bruchstücken,
  • 17:58 - 18:00
    hie und da, ein Blick auf eine
  • 18:00 - 18:03
    ganz, ganz neue Welt sichtbar wird.
  • 18:03 - 18:06
    Und sie ist definitiv im Kommen.
  • 18:06 - 18:08
    Vielen Dank.
  • 18:08 - 18:16
    (Applaus)
Title:
Kavita Ramdas: Radikale Frauen, die sich Tradition zu eigen machen
Speaker:
Kavita Ramdas
Description:

Wie sieht eine ermächtigte Frau aus? Kann sie eine Burqa tragen, einen Hijab, einen Sari? Kavita Ramdas spricht über drei bemerkenswerte Frauen, die ihr kulturelles Erbe hochhalten -- während sie daran arbeiten unterdrückerische Traditionen umzuwandeln.

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
18:19
in. a. added a translation

German subtitles

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