Kavita Ramdas: Radikale Frauen, die sich Tradition zu eigen machen
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0:01 - 0:03Salaam. Namaskar.
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0:03 - 0:05Guten Morgen.
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0:05 - 0:07Angesichts meines TED Profils könnten Sie erwarten,
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0:07 - 0:09dass ich zu Ihnen über die neuesten philantropischen
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0:09 - 0:11Trends sprechen werde.
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0:11 - 0:13Wie über den, der gerade die Wallstreet
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0:13 - 0:15und die Weltbank beschäftigt,
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0:15 - 0:17wie man in Frauen investieren könnte,
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0:17 - 0:20wie man sie ermächtig, wie man sie rettet.
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0:20 - 0:22Ich nicht.
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0:22 - 0:24Mich interessiert, wie Frauen
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0:24 - 0:26uns retten.
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0:26 - 0:29Sie retten uns, indem sie eine Zukunft neu definieren
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0:29 - 0:32und erfinden, die akzeptierten Polaritäten trotzt
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0:32 - 0:34und sie verschwimmen lässt.
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0:34 - 0:37Polaritäten, die wir lange Zeit als gegeben hinnahmen,
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0:37 - 0:40wie die zwischen Moderne und Tradition,
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0:40 - 0:43erster Welt und dritter Welt,
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0:43 - 0:45Unterdrückung und Chance.
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0:45 - 0:47Inmitten entmutigender Herausforderungen,
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0:47 - 0:49denen wir als globale Gemeinschaft gegenüber stehen,
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0:49 - 0:51lässt etwas in diesem
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0:51 - 0:53dritten Raga
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0:53 - 0:55mein Herz singen.
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0:55 - 0:57Was mich dabei am neugierigsten macht,
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0:57 - 0:59ist wie Frauen das bewerkstelligen,
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0:59 - 1:01trotz einer Anzahl von Widersprüchen,
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1:01 - 1:04die sowohl frustrierend als auch faszinierend sind.
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1:04 - 1:07Wie kommt es, dass Frauen, einerseits
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1:07 - 1:10durch kulturelle Bräuche grausam unterdrückt werden,
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1:10 - 1:12und doch, zur gleichen Zeit,
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1:12 - 1:15in den meisten Gesellschaften die Bewahrer der Kultur sind?
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1:15 - 1:17Ist der Hijab oder das Kopftuch
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1:17 - 1:19ein Symbol für Unterdrückung,
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1:19 - 1:21oder für Widerstand?
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1:21 - 1:24Wenn soviele Frauen und Mädchen
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1:24 - 1:26geschlagen, vergewaltigt, verstümmelt werden,
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1:26 - 1:28jeden Tag,
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1:28 - 1:30im Namen unterschiedlichster Gründe,
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1:30 - 1:32Ehre, Religion, Nationalität,
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1:32 - 1:35was ermöglicht es Frauen, neue Bäumen zu pflanzen,
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1:35 - 1:37Gesellschaften neu aufzubauen,
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1:37 - 1:39radikale, gewaltlose Bewegungen
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1:39 - 1:41für soziale Veränderungen zu leiten?
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1:41 - 1:43Sind es verschiedene Frauen,
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1:43 - 1:46die bewahren oder radikalisieren?
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1:46 - 1:48Oder sind es ein und dieselben?
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1:48 - 1:51Haben wir zu Unrecht angenommen, wie Chimamanda Adichie
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1:51 - 1:53uns auf der TED Konferenz in Oxford erinnerte,
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1:53 - 1:56dass es nur eine einzige Geschichte des Kampfes
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1:56 - 1:58der Frauen um ihre Rechte gibt,
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1:58 - 2:00während es in Wirklichkeit viele sind?
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2:00 - 2:02Und was, wenn überhaupt,
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2:02 - 2:04haben Männer damit zu tun?
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2:04 - 2:06Ein Großteil meines Lebens war die Suche
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2:06 - 2:09nach ein paar Antworten auf diese Fragen.
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2:09 - 2:11Sie hat mich um die Welt geführt,
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2:11 - 2:13und brachte mich mit einigen erstaunlichen Menschen in Kontakt.
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2:13 - 2:16In diesem Prozess sammelte ich ein paar Bruchstücke,
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2:16 - 2:19um die Ungereimtheiten etwas ins Licht zu bringen.
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2:19 - 2:21Unter denen, die mir halfen, meine Augen
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2:21 - 2:23für einen dritten Weg zu öffnen,
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2:23 - 2:26sind eine gläubige Muslima in Afghanistan,
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2:26 - 2:29eine Gruppe einander verbundener Lesben in Kroatien,
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2:29 - 2:32und eine Tabubrecherin in Liberia.
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2:32 - 2:34Ich stehe in ihrer Schuld,
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2:34 - 2:36wie in der meiner Eltern,
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2:36 - 2:39die wegen einiger Vergehen in ihrem letzten Leben,
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2:39 - 2:42in diesem mit drei Töchtern gesegnet wurden.
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2:42 - 2:44Und aus mir schleierhaften Gründen,
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2:44 - 2:47überaus stolz auf uns drei zu sein scheinen.
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2:48 - 2:50Ich bin hier in Indien geboren und aufgewachsen,
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2:50 - 2:52und ich lernte von klein auf,
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2:52 - 2:55zutiefst misstrauisch gegenüber den Tanten und Onkeln zu sein,
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2:55 - 2:57die sich herunterbeugten, uns den Kopf tätschelten,
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2:57 - 2:59und dann ohne mit der Wimper zu zucken
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2:59 - 3:01zu unseren Eltern sagten,
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3:01 - 3:04„Arme Dinger. Ihr habt nur drei Töchter.
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3:04 - 3:07Aber ihr seid jung. Ihr könntet es noch erneut versuchen.“
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3:07 - 3:09Mein Gefühl der Entrüstung
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3:09 - 3:11über die Rechte von Frauen
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3:12 - 3:15erreichte den Höhepunkt, als ich etwa elf war.
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3:15 - 3:17Meine Tante, eine unglaublich wortgewandte
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3:17 - 3:19und brilliante Frau,
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3:19 - 3:22wurde früh Witwe.
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3:22 - 3:25Eine Schar Verwandter fiel über sie her.
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3:25 - 3:27Sie nahmen ihr ihren farbenfrohen Sari.
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3:27 - 3:30Sie zwangen sie dazu, einen Weißen zu tragen.
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3:30 - 3:33Sie wischten ihr ihr Bindi von der Stirn.
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3:33 - 3:35Sie zerbrachen ihre Armreifen.
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3:35 - 3:37Ihre Tochter, Rani,
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3:37 - 3:39ein paar Jahre älter als ich,
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3:39 - 3:41saß in ihrem Schoß, verstört,
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3:41 - 3:43nicht wissend, was der
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3:43 - 3:45selbstbewußten Frau geschehen war,
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3:45 - 3:47als die sie ihre Mutter gekannt hatte.
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3:47 - 3:49Spät in dieser Nacht hörte ich meine Mutter
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3:49 - 3:51meinen Vater bitten,
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3:51 - 3:54„Bitte mach etwas, Ramu. Kannst du nicht einschreiten?“
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3:54 - 3:57Und mein Vater murmelte mit leiser Stimme,
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3:58 - 4:01„Ich bin nur der jüngste Bruder. Es gibt nichts was ich tun könnte.
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4:01 - 4:03Das ist der Brauch.“
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4:03 - 4:05In dieser Nacht lernte ich die Regeln kennen, die bestimmten,
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4:05 - 4:08was es bedeutete, auf dieser Welt eine Frau zu sein.
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4:09 - 4:11Die Regel werden nicht von den Frauen gemacht,
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4:11 - 4:13aber sie definieren uns,
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4:13 - 4:15und sie bestimmen unsere Möglichkeiten und Chancen.
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4:15 - 4:18Und auch die Männer sind von diesen Regeln betroffen.
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4:18 - 4:21Mein Vater, der in drei Kriegen gekämpft hatte,
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4:22 - 4:24konnte seine eigene Schwester nicht
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4:24 - 4:26vor diesem Leid bewahren.
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4:30 - 4:32Mit 18,
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4:32 - 4:34unter der exzellenten Anleitung meine Mutter,
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4:34 - 4:36war ich daher, wie man erwarten könnte,
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4:36 - 4:38eine rebellische Feministin.
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4:38 - 4:40Auf den Straßen skandierend,
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4:40 - 4:42[Hindi]
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4:42 - 4:44[Hindi]
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4:44 - 4:47„Wir sind die Frauen von Indien.
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4:47 - 4:49Wir sind keine Blumen, wir sind die Funken der Veränderung.“
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4:49 - 4:52Als ich 1995 nach Peking kam,
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4:52 - 4:54war mir klar, dass der einzige Weg
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4:54 - 4:56um die Gleichberechtigung der Geschlechter zu erreichen,
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4:56 - 4:58darin lag, Jahrhunderte
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4:58 - 5:00unterdrückerischer Tradition umzustoßen.
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5:00 - 5:02Bald nachdem ich aus Peking zurückgekehrt war,
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5:02 - 5:05ergriff ich die Gelegenheit, für diese wunderbare Organisation zu arbeiten,
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5:05 - 5:07von Frauen gegründet,
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5:07 - 5:10die Frauenrechtsorganisationen auf der ganzen Welt unterstützt.
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5:12 - 5:14Aber nach kaum 6 Monaten in diesem neuen Job,
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5:14 - 5:16traf ich eine Frau,
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5:16 - 5:19die mich zwang, alle meine Annahmen in Frage zu stellen.
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5:19 - 5:21Ihr Name ist Sakena Yacoobi.
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5:23 - 5:25Sie kam in mein Büro,
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5:25 - 5:27zu einer Zeit als niemand in den USA wußte,
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5:27 - 5:30wo Afghanistan lag.
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5:32 - 5:35Sie sagte zu mir, „Es geht nicht um die Burka.“
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5:35 - 5:37Sie war die entschlossenste Fürsprecherin
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5:37 - 5:39für Frauenrechte, die ich jemals gehört habe.
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5:39 - 5:42Sie erzählte mir, dass in Afghanistan Frauen
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5:42 - 5:45in ihren Gemeinden Schulen im Untergrund betrieben,
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5:45 - 5:47und dass ihre Organisation, das Afghanische Institut für Bildung,
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5:47 - 5:50eine Schule in Pakistan eröffnet hat.
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5:50 - 5:53Sie sagte, „Das Erste, dass jeder Muslim weiß,
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5:54 - 5:57ist, dass der Koran Bildung erfordert
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5:57 - 6:00und auch stark unterstützt.
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6:00 - 6:02Der Prophet wollte, dass jeder Gläubige
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6:02 - 6:04den Koran selbst lesen kann.“
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6:04 - 6:06Hatte ich richtig gehört?
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6:06 - 6:08Eine Verfechterin von Frauenrechten,
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6:08 - 6:11die Religion ins Feld führt?
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6:11 - 6:13Aber Sakena verwehrt sich der Etikettierung.
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6:13 - 6:16Sie trägt immer ein Kopftuch.
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6:16 - 6:18Aber ich bin am Strand neben ihr gegangen,
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6:18 - 6:21und ihr langes Haar wehte im Wind.
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6:21 - 6:23Sie beginnt jede Unterrichtsstunde mit einem Gebet,
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6:23 - 6:26aber sie ist eine alleinstehende, mutige,
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6:26 - 6:28finanziell unabhängige Frau
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6:28 - 6:31in einem Land, in dem Mädchen mit 12 Jahre verheiratet werden.
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6:31 - 6:34Sie ist ebenso ungeheuer pragmatisch.
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6:35 - 6:38„Dieses Kopftuch und diese Kleider,“ sagt sie,
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6:38 - 6:41„geben mir die Freiheit zu tun, was ich tun muss,
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6:41 - 6:43um mit denjenigen zu sprechen, deren Unterstützung und Hilfe
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6:43 - 6:46wesentlich für diese Arbeit sind.
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6:46 - 6:48Als ich eine Schule in einem Flüchtlingslager eröffnen sollte,
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6:48 - 6:50ging ich zum Imam.
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6:50 - 6:53Ich sagte zu ihm, „Ich bin gläubig, und Frauen und Kinder
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6:53 - 6:55brauchen ihren Glauben um unter diesen
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6:55 - 6:58schrecklichen Bedingungen zu überleben."
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6:58 - 7:00Sie lächelte gewitzt.
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7:00 - 7:02„Er war geschmeichelt.
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7:02 - 7:05Er begann zweimal die Woche in mein Zentrum zu kommen,
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7:05 - 7:07weil Frauen nicht zur Moschee gehen konnten.
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7:07 - 7:09Und nachdem er gegangen war,
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7:09 - 7:11blieben die Frauen und Mädchen noch.
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7:11 - 7:13Wir begannen mit einem kleinen Alphabetisierungskurs,
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7:13 - 7:15um den Koran zu lesen,
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7:15 - 7:18dann ein Mathematikkurs, dann ein Englischkurs, dann ein Computerkurs.
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7:18 - 7:21Innerhalb weniger Wochen kam jede in dem Flüchtlingslager
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7:21 - 7:23in unsere Kurse.“
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7:23 - 7:26Sakena ist eine Lehrerin in einer Zeit,
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7:26 - 7:29in der Frauen in Afghanistan zu unterrichten
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7:29 - 7:31ein gefährliches Unterfangen ist.
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7:31 - 7:34Sie ist auf der Todesliste der Taliban.
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7:34 - 7:37Ich sorge mich jedesmal um sie, wenn sie durch das Land fährt.
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7:37 - 7:40Sie zuckt die Achseln, wenn ich sie wegen der Sicherheit fragen.
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7:40 - 7:43“Kavita Jan, wir können uns nicht erlauben Angst zu haben.
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7:43 - 7:45Schau dir diese jungen Mädchen an, die zur Schule zurückkehren,
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7:45 - 7:47nachdem Säure in ihre Gesichter geschüttet wurde“
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7:47 - 7:49Und ich lächle und ich nicke,
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7:49 - 7:51während ich begreife, dass ich Frauen und Mädchen beobachte
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7:51 - 7:54die ihre eigenen religiösen Traditionen und Praktiken nutzen,
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7:54 - 7:56um sie in Instrumente des Widerstands
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7:56 - 7:59und der Möglichkeit zu verwandeln.
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7:59 - 8:01Es ist ihr eigener Weg,
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8:01 - 8:04und er zeigt auf ein Afghanistan,
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8:04 - 8:06das anders sein wird.
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8:06 - 8:08Anders zu sein ist etwas, das die Frauen
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8:08 - 8:10von Lesbor in Zagreb, Kroatien,
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8:10 - 8:12nur zu gut kennen.
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8:12 - 8:14Eine Lesbe, eine Dyke,
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8:14 - 8:16homosexuell zu sein,
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8:16 - 8:18ist in den meisten Teilen der Welt,
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8:18 - 8:20unser Land hier, Indien, miteinbegriffen,
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8:20 - 8:22mit ungeheuren Unannehmlichkeiten
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8:22 - 8:24und extremen Vorurteilen verbunden.
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8:24 - 8:27In Nachkriegsgesellschaften wie Kroatien,
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8:27 - 8:30wo Hyper-Nationalismus und Religiösität
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8:30 - 8:32eine Umgebung geschaffen haben, die für jeden,
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8:32 - 8:34der als sozial ausgestoßen
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8:34 - 8:36betrachtet werden könnte, unerträglich ist.
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8:36 - 8:38Bühne frei für eine Gruppe offen lebender Dykes,
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8:38 - 8:41junge Frauen, die die alte Musik lieben,
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8:41 - 8:43die einst in der Region
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8:43 - 8:45von Mazedonien bis Bosnien,
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8:45 - 8:47von Serbien bis Slowenien verbreitet war.
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8:47 - 8:50Diese Folkssängerinnen trafen sich an der Hochschule in einem Gender Studies Kurs.
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8:51 - 8:54Viele sind in ihren Zwanzigern. Manche sind Mütter.
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8:54 - 8:57Viele haben damit gekämpft, sich in ihrer Gemeinde zu outen.
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8:57 - 9:00Die religiösen Vorstellungen der Familien machen es schwer,
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9:00 - 9:02zu akzeptieren dass ihre Töchter nicht krank,
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9:02 - 9:04sondern nur lesbisch sind.
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9:04 - 9:07Wie Leah, eine der Gründerinnen der Gruppe sagt,
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9:07 - 9:10„Ich mage traditionelle Musik sehr gerne.
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9:10 - 9:12Und ich mag auch Rock'n Roll.
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9:12 - 9:14Mit Lesbor, verschmelzen wir beides.
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9:14 - 9:16Ich sehe traditionelle Musik als eine Art Rebellion,
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9:16 - 9:19in der Menschen wirklich eine Stimme haben,
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9:19 - 9:21besonders in den traditionellen Liedern
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9:21 - 9:23aus anderen Teilen der früheren Republik von Jugoslawien.
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9:23 - 9:26Nach dem Krieg waren viele dieser Lieder verlorengegangen.
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9:26 - 9:28Aber sie sind Teil unserer Kindheit und unserer Geschichte,
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9:28 - 9:30und wir sollten sie nicht vergessen.“
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9:30 - 9:33Unglaublich, dieser L.G.B.T. Chor
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9:33 - 9:35hat gezeigt, wie Frauen
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9:35 - 9:38in Tradition investieren um Veränderung herbeizuführen,
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9:38 - 9:41wie Alchemistinnen, die Zwietracht in Harmonie verwandeln.
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9:41 - 9:43Ihr Repertoire beinhaltet
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9:43 - 9:45die kroatische Nationalhymne,
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9:45 - 9:47ein bosnisches Liebeslied,
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9:47 - 9:49und serbische Duette.
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9:49 - 9:51Und, fügt Leha mit einem Grinsen hinzu,
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9:51 - 9:54„Kavita, auf unsere Weihnachtsmusik sind wir besonders stolz ,
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9:54 - 9:57weil sie zeigt, dass wir offen gegenüber religiösen Bräuchen sind,
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9:57 - 9:59auch wenn die katholische Kirche
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9:59 - 10:01uns L.G.B.T. hasst.“
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10:01 - 10:03Ihre Konzerte nehmen Anleihe
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10:03 - 10:05bei ihren eigenen Gemeinden,
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10:05 - 10:07ja, aber auch bei einer älteren Generation,
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10:07 - 10:09einer Generation, die gegen Homosexualität
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10:09 - 10:11Mißtrauen hegen könnte, aber auch nostalgisch
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10:11 - 10:14für die eigene Musik ist, und für die Vergangenheit, die sie repräsentiert.
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10:14 - 10:17Ein Vater, der sich ursprünglich dagegen sperrte,
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10:17 - 10:19als seine Tochter durch so einem Chor ihr Coming Out hatte,
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10:19 - 10:21schreibt nun Lieder für sie.
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10:21 - 10:23Im Mittelalter waren es die Troubadoure,
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10:23 - 10:25die ihre Balladen singend
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10:25 - 10:28und Verse verbreitend durch die Lande zogen.
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10:28 - 10:31Lesbor reist genauso durch den Balkan,
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10:31 - 10:33singend, Menschen verbindend, die durch
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10:33 - 10:36Religion, Nationalität und Sprache getrennt sind.
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10:36 - 10:38Bosnier, Kroaten und Serben
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10:38 - 10:41entdecken einen seltenen gemeinsamen Bereich von Stolz in ihrer Geschichte,
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10:41 - 10:43und Lesbor erinnert sie daran,
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10:43 - 10:46dass die Lieder, die oft von einer Gruppe alleine beansprucht werden,
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10:46 - 10:48in Wirklichkeit allen gehören.
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10:48 - 10:55(Gesang)
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11:08 - 11:10Gestern zeigte uns Mallika Sarabhai,
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11:10 - 11:12dass Musik eine Welt erschaffen kann,
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11:12 - 11:14die Unterschiede mehr akzeptieren kann,
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11:14 - 11:17als die, die uns gegeben wurde.
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11:17 - 11:19Die Welt, die Layma Bowie gegeben worden war,
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11:19 - 11:21war eine Welt im Krieg.
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11:21 - 11:24Liberia wurde jahrzehntelang durch Bürgerkriege zerrüttet.
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11:25 - 11:28Layma war keine Aktivistin, sie war Mutter von drei Kindern.
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11:28 - 11:30Aber sie war krank vor Sorge.
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11:30 - 11:32Sie sorgte sich, dass ihr Sohn entführt
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11:32 - 11:34und als Kindersoldat verschleppt werden würde.
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11:34 - 11:36Sie sorgte sich, dass ihre Töchter vergewaltigt würden.
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11:36 - 11:39Sie sorgte sich um ihre Leben.
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11:39 - 11:41Eines Nachts hatte sie einen Traum.
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11:41 - 11:43Sie träumte, dass sie und Tausende anderer Frauen
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11:43 - 11:45das Blutvergießen beenden würden.
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11:45 - 11:48Am nächsten Morgen, in der Kirche fragte sie die anderen, wie es ihnen geht.
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11:48 - 11:50Sie waren alle des Kämpfens müde.
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11:50 - 11:53Wir brauchen Frieden, und unsere Anführer müssen wissen,
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11:53 - 11:56dass wir nicht aufgeben, bis Friede ist.
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11:56 - 11:59Unter Laymas Freundinnen befand sich eine Polizistin, die Muslima war.
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11:59 - 12:02Sie versprach dieses Thema in ihrer Gemeinde zur Sprache zu bringen.
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12:02 - 12:04Bei der nächsten Freitagspredigt
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12:04 - 12:06begannen die Frauen, die im seitlichen Raum saßen,
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12:06 - 12:09ihr Leid über die Lage zu teilen.
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12:09 - 12:12„Was macht es?“ sagten sie, „Eine Kugel unterscheidet nicht
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12:12 - 12:14zwischen einem Muslim und einem Christen.“
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12:14 - 12:16Diese kleine Gruppe von Frauen
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12:16 - 12:18beschloss dem Krieg ein Ende zu bereiten.
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12:18 - 12:21Und sie beschlossen ihre Traditionen zu benutzen um sich durchzusetzen.
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12:21 - 12:23Liberianische Frauen tragen gewöhnlich
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12:23 - 12:25eine große Menge Schmuck und farbenfrohe Kleidung.
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12:25 - 12:27Aber nein, für den Protest, kleideten sie sich
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12:27 - 12:29alle in weiß, ohne Makeup.
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12:29 - 12:31Wie Layma sagte, „Wir trugen weiß
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12:31 - 12:33um zu sagen, dass wir auf Frieden aus sind.“
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12:33 - 12:35Sie standen am Rand der Straße,
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12:35 - 12:37auf der Charles Taylors Autoeskorte jeden Tag vorbei kam.
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12:37 - 12:39Wochenlang standen sie dort,
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12:39 - 12:42zuerst nur 10, dann 20, dann 50, dann hunderte Frauen,
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12:42 - 12:45die weiß trugen, singend, tanzend,
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12:45 - 12:48verkündeten sie, auf Frieden aus zu sein.
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12:48 - 12:50Schließlich wurden die gegnerischen Kräfte in Liberia
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12:50 - 12:53dazu gebracht in Ghana Friedensverhandlungen zu halten.
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12:54 - 12:57Die Verhandlungen zogen sich endlos dahin.
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12:57 - 12:59Layma und ihre Schwestern hatten genug davon.
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12:59 - 13:01Mit ihren verbliebenen Geldern brachten sie
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13:01 - 13:03eine kleine Gruppe Frauen an den Ort der Friedensgespräche,
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13:03 - 13:05und sie umzingelten das Gebäude.
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13:05 - 13:08In einem nun berühmten CNN Ausschnitt,
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13:08 - 13:10kann man sie auf dem Boden sitzen sehen, ihre Arme untergehakt.
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13:10 - 13:13Wir kennen das in Indien. Es heißt eine [Hindi].
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13:14 - 13:16Dann wird die Lage angespannt.
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13:16 - 13:19Die Polizei wird gerufen um die Frauen zu entfernen.
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13:19 - 13:22Als der dienstälteste Polizist sich mit einem Schlagstock nähert,
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13:22 - 13:24steht Layma bedachtsam auf,
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13:24 - 13:26hebt ihre Arme über den Kopf
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13:26 - 13:28und beginnt ganz langsam
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13:28 - 13:31ihr Kopftuch, das ihre Haare verdeckt, aufzubinden.
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13:31 - 13:34Man sieht das Gesicht des Polizisten.
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13:34 - 13:37Er ist verlegen. Er weicht zurück.
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13:37 - 13:39Und bevor man sich versieht,
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13:39 - 13:41ist die Polizei verschwunden.
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13:41 - 13:43Layma hat mir später gesagt,
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13:43 - 13:46„Es ist das Tabu, du weisst schon, in Westafrika.
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13:46 - 13:49Wenn sich eine ältere Frau vor einem Mann auszieht,
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13:49 - 13:51weil sie es will,
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13:51 - 13:53dann ist die Familie des Mannes verflucht.
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13:53 - 13:55(Lachen)
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13:55 - 13:57(Applaus)
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13:57 - 14:00Sie sagte, „Ich weiß nicht, ob er es getan hat, weil er daran glaubte,
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14:00 - 14:02aber er wußte, dass wir nicht gehen würden.
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14:02 - 14:05Wir würden nicht weggehen, ehe nicht der Friedensvertrag unterzeichnet war.
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14:05 - 14:07Und der Friedensvertrag wurde unterzeichnet.
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14:07 - 14:09Und die Frauen von Liberia
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14:09 - 14:12arrangierten dann die Unterstützung für Ellen Johnson Sirleaf,
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14:12 - 14:14einer Frau, die selbst einige Tabus gebrochen hat,
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14:14 - 14:16als sie auf Jahre das erste gewählte, weibliche Staatsoberhaupt
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14:16 - 14:19in Afrika wurde.
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14:20 - 14:23Als sie ihre Antrittsrede als Präsidentin hielt,
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14:23 - 14:25würdigte sie diese tapferen Frauen in Liberia,
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14:25 - 14:28die ihr ermöglichten gegen einen Fußballstar zu gewinnen
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14:28 - 14:30in Amerika nennt ihr es Soccer –
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14:30 - 14:32nicht weniger.
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14:32 - 14:34Frauen, wie Sakena und Leah
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14:34 - 14:36und Layma
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14:36 - 14:39haben mich bescheiden gemacht, mich verändert
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14:39 - 14:42und erkennen lassen, dass ich nicht so schnell
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14:42 - 14:45Annahmen irgendeiner Art treffen sollte.
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14:46 - 14:48Sie retteten mich auch vor meinem gerechten Zorn,
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14:48 - 14:51indem sie mir Einblicke in diesen dritten Weg gewährten.
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14:52 - 14:54Eine philipinische Aktivistin sagte einmal zu mir,
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14:54 - 14:56„Wie kocht man einen Reiskuchen?
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14:56 - 14:59Mit Hitze von oben, und Hitze von unten.“
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14:59 - 15:01Die Proteste, die Märsche,
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15:01 - 15:03die kompromisslose Haltung, dass
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15:03 - 15:06Frauenrechte Menschenrechte sind, Punkt.
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15:07 - 15:09Das ist die Hitze von unten.
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15:09 - 15:11Das ist Malcolm X, und die Suffragetten,
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15:11 - 15:13und die Gay Pride Paraden.
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15:13 - 15:15Aber wir benötigen auch die Hitze von oben.
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15:15 - 15:17Und in den meisten Teilen der Welt
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15:17 - 15:19wird dieses Oben noch immer
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15:19 - 15:21von Männern kontrolliert.
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15:21 - 15:24Frei nach Marx: Frauen bewirken Veränderung,
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15:24 - 15:27aber nicht unter den Umständen ihrer Wahl.
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15:27 - 15:29Sie müssen verhandeln.
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15:29 - 15:32Sie müssen die Tradition, die sie einst zum Schweigen verurteilte, unterwandern,
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15:32 - 15:35um neuen Bestrebungen eine Stimme zu verleihen.
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15:35 - 15:38Und sie brauchen Verbündete aus ihrer Gemeinschaft,
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15:38 - 15:40Verbündete wie den Imam,
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15:40 - 15:42Verbündete wie den Vater, der nun Lieder
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15:42 - 15:45für die Lesbengruppe in Kroatien schreibt,
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15:45 - 15:48Verbündete wie den Polizisten, der ein Tabu respektierte und zurückwich,
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15:48 - 15:50Verbündete wie mein Vater,
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15:50 - 15:53der seiner Schwester nicht helfen konnte, aber seinen drei Töchtern half,
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15:53 - 15:55ihre Träumen zu verfolgen.
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15:55 - 15:57Vielleicht kommt das daher, dass Feminismus,
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15:57 - 15:59anders als nahezu jede andere soziale Bewegung,
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15:59 - 16:02sich nicht gegen einen bestimmten Unterdrücker richtet.
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16:02 - 16:04Es ist nicht die herrschende Klasse,
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16:04 - 16:07oder die Eroberer, die Kolonialisatoren,
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16:07 - 16:10es richtet sich gegen ein tiefsitzendes Bündel von Glaube und Annahmen,
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16:10 - 16:13die viel zu oft von uns Frauen
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16:13 - 16:15selbst vertreten werden.
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16:15 - 16:18Aber vielleicht ist dies das ultimative Geschenk des Feminismus,
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16:18 - 16:21dass das Persönliche tatsächlich politisch ist.
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16:21 - 16:23So dass, wie Eleanor Roosevelt einst über die Menschenrechte sagte,
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16:23 - 16:26das Gleiche für die Gleichberechtigung gilt,
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16:26 - 16:29dass es an alltäglichen Orten beginnt, nicht weit von Zuhause.
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16:29 - 16:31Auf den Straßen, ja,
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16:31 - 16:34aber auch in den Verhandlungen am Küchentisch,
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16:34 - 16:36und im Ehebett,
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16:36 - 16:38und in Beziehungen zwischen Liebenden, und Eltern,
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16:38 - 16:40und Schwestern, und Freunden.
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16:42 - 16:44Und dann, und dann
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16:44 - 16:46bemerkst du, dass durch die Integration
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16:46 - 16:48von Aspekten von Tradition und Gemeinschaft
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16:48 - 16:50in ihre Kämpfe,
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16:50 - 16:53Frauen wie Sakena und Leah und Layma,
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16:53 - 16:55aber auch Sonia Gandhi hier in Indien,
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16:55 - 16:58und Michelle Bachelet in Chile,
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16:58 - 17:01und Shirin Ebadi im Iran,
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17:01 - 17:03etwas anderes tun.
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17:03 - 17:05Sie stellen die bloße Vorstellung der
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17:05 - 17:08westlichen Modelle von Entwicklung in Frage.
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17:08 - 17:11Sie sagen, wir müssen nicht wie ihr sein,
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17:11 - 17:13um einen Wandel herbeizuführen.
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17:13 - 17:16Wir können einen Sari tragen, oder einen Hijab,
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17:16 - 17:18oder Hose, oder einen Boubou,
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17:18 - 17:21und wir können Parteiführerinnen und Präsidentinnen
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17:21 - 17:23und Menschenrechtsanwältinnen sein.
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17:23 - 17:26Wir können unsere Traditionen nutzen um Veränderung zu steuern.
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17:26 - 17:29Wir können Gesellschaften entmilitarisieren
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17:29 - 17:31und die Mittel stattdessen
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17:31 - 17:34in Reservoire wahrer Sicherheit gießen.
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17:35 - 17:38In all diesen kleinen Geschichten,
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17:38 - 17:40diesen individuellen Geschichten,
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17:40 - 17:42sehe ich ein radikales Heldinnenepos, geschrieben
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17:42 - 17:44von Frauen auf der ganzen Welt.
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17:44 - 17:46In diesen Fäden,
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17:46 - 17:48die zu einem robusten Stoff gewebt werden,
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17:48 - 17:51der Gemeinschaften stützt,
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17:51 - 17:53finde ich Hoffnung.
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17:53 - 17:55Und wenn mein Herz singt,
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17:55 - 17:58ist es, weil in diesen Bruchstücken,
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17:58 - 18:00hie und da, ein Blick auf eine
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18:00 - 18:03ganz, ganz neue Welt sichtbar wird.
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18:03 - 18:06Und sie ist definitiv im Kommen.
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18:06 - 18:08Vielen Dank.
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18:08 - 18:16(Applaus)
- Title:
- Kavita Ramdas: Radikale Frauen, die sich Tradition zu eigen machen
- Speaker:
- Kavita Ramdas
- Description:
-
Wie sieht eine ermächtigte Frau aus? Kann sie eine Burqa tragen, einen Hijab, einen Sari? Kavita Ramdas spricht über drei bemerkenswerte Frauen, die ihr kulturelles Erbe hochhalten -- während sie daran arbeiten unterdrückerische Traditionen umzuwandeln.
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- English
- Team:
closed TED
- Project:
- TEDTalks
- Duration:
- 18:19