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rC3 Vorspannmusik
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Herald: Aus meiner Sicht war es ein
netzpolitisch eher ruhiges Jahr, aber dann
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kam der November und der Dezember und
nichts war mehr ruhig. Es hätte kaum
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hektischer sein können. Es gab ein BND-
Gesetz Novelle, eine TKG Gesetzesnovelle.
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Es gab ein neues IT-Sicherheitsgesetz und
dann auch noch den Digital Services Act.
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Und ich habe bestimmt noch etwas
vergessen. Und ob dieses Jahr wirklich vor
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November so ruhig war, wie ich es
wahrgenommen habe und meine Wahrnehmung
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richtig ist, das erzählt euch jetzt Markus
Beckedahl. Markus Beckedahl ist einer der
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führenden Köpfe hinter netzpolitik.org und
ich freue mich total ihn anzukündigen mit
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dem netzpolitischen Jahresbericht, dem
netzpolitischen Wetterbericht 2020. Viel
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Spaß!
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Markus Beckedahl: Ja, willkommen zum
netzpolitischen Wetterbericht in Jahr 2020
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in der "Wir kommen, um uns zu beschweren"
Variante. Es ist etwas ungewöhnlich für
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mich, hier vor so vielen oder wenigen
Menschen zu sprechen, eigentlich gucke ich
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nur in eine Kamera und unser Netzpolitik
Video Mensch öwünsch sitzt dahinter.
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Da müssen wir alle durch. Hoffentlich um im
nächsten Jahr uns wieder richtig sehen zu
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können und vielleicht auch nochmal
irgendwann solche Momente zu erleben.
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Das ist ein Wetterbericht. Wir fangen mit dem
schlechten Wetter an.
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Eines der Top-Themen in diesem Jahr war: EU-Minister wollen
Hintertüren in verschlüsselter
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Kommunikation haben. Dazu hatte das
deutsche Innenministerium die EU-
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Ratspräsidentschaft in diesem zweiten
Halbjahr des Jahres genutzt, um eine
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Resolution durchzubringen, die jetzt die
EU-Kommission auffordern soll, einen
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Gesetzesvorschlag in diese Richtung zu
bringen. Das Problem an dieser Debatte
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ist: Entweder haben wir vertrauenswürdige,
verschlüsselte Kommunikation oder wir
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haben sie nicht. Denn wer glaubt denn
tatsächlich, dass solche Hintertüren nur
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rechtsstaatlich kontrolliert genutzt
werden können? Wir müssen die Augen
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aufhalten. Das ist eine Debatte, die die
Integrität unserer Kommunikation wie kaum
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eine andere betrifft. Und das ist keine
neue Debatte. Viele waren überrascht, wo
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auf einmal dieser Resolutionsvorschlag, wo
die Resolution herkam. Matthias Monroy hat
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auf Netzpolitik aufgeschrieben, dass das
eigentlich ein mittlerer Höhepunkt einer
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über fünf Jahre bisher laufenden Kampagne
für Hintertüren in verschlüsselter
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Kommunikation ist. Ein anderes Thema, was
damit verwandt ist, sind die sogenannten
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Staatstrojaner, ein Running Gag in jedem
netzpolitischen Wetterbericht jedes Jahr.
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Staatstrojaner gibt's jetzt für alle, also
für fast alle oder zumindest schon mal für
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einen Teil. Die Bundesregierung hat dieses
Jahr beschlossen, im Rahmen des
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Verfassungsschutzrechtsreform allen 19
Geheimdiensten in Lizenz zum Hacken mit
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Staatstrojaner zu geben. Die Bundespolizei
soll es erhalten. Ich glaube der Zoll
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solls erhalten. Irgendwann ist die Frage
da: Welche Behörde soll da eigentlich keine
-
Staatstrojaner behalten? Das Problem
bleibt das Gleiche. Unsere
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Sicherheitsbehörden kaufen mit
Steuergeldern Staatstrojaner bzw.
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Sicherheitslücken auf Graumärkten auf
Schwarzmärkten auf, um diese
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Staatstrojaner zu munitionieren. Um andere
zu hacken. Und der Zwischenzeit bleiben
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unsere Geräte alle auch verwundbar. Und im
Namen der Sicherheit wird hier massive IT
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Unsicherheit geschaffen. Es gibt aber auch
gute Entwicklungen im Bereich
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Staatstrojaner. Mittlerweile finden auch
Razzien bei Staatstrojaner-Firmen statt
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wie bei FinFisher. Das ist übrigens das
Ergebnis einer gemeinsamen Strafanzeige
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von uns, also netzpolitik.org, Reporter
ohne Grenzen, der Gesellschaft für
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Freiheitsrechte und ECCHR. Wir haben mal
Strafanzeige gestellt, weil mal überprüft
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werden sollte, wie kommen denn finden
FinFisher Staatstrojaner in repressive
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Staaten, wo sie nicht hin exportiert
werden dürfen? Da gibt es tatsächlich
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mittlerweile Ermittlungen. Das ist
erfreulich. 2020 war auch das erste Jahr,
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wo Smart Home Geräte als Zeugen vor
Gericht geladen werden. So in der letzten
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Woche passiert in Regensburg, wo mit Alexa
Daten ein Mord ermittelt wurde. In diesem
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Jahr haben hat auch das Bundesministerium
des Innern für Bau und Heimat das zweite
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IT-Sicherheitsgesetz auf den Weg gebracht.
Zumindest im Bundeskabinett wurde es im
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Dezember beschlossen. Es war die vierte
Version eines zweiten Gesetzes. Für die
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vierte Version gab es ganze, ich glaube
zweieinhalb Tage Reaktionszeit. Das ist
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ein Armutszeugnis bzw., ja, ein Schlag ins
Gesicht für engagierte Ehrenamtler, die
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sich in diese Debatte einbringen wollten,
würden, um mit ihrer Expertise der
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Bundesregierung auch zu helfen, ihre
Gesetzesvorschläge besser zu begutachten,
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bevor das später in die freie Welt
Wildbahn entlassen wird. Es gibt eine
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ganze Menge Kritik an diesem IT-
Sicherheitsgesetz Version 2.0. Die Kritik
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geht in die Richtung. Es gibt erhebliche
mehr Erweiterungen der darin erhaltenen
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Überwachungsbefugnisse. Das BSI ist immer
noch nicht unabhängig, sondern immer noch
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weisungsbefugt durch das Innenministerium.
Die Befürchtung ist, dass das BSI damit
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noch stärker zu einer weiteren
Sicherheitsbehörde werden kann. Das BSI
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soll auch hacken dürfen, soll auch in
Datenverkehr reingucken dürfen. Also eine
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ganze Menge Befugnisse für das BSI, was
auf der einen Seite Vertrauen schaffen
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soll, auf der anderen Seite durch seine
fehlende Unabhängigkeit zu wenig Vertrauen
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zu Recht genießt. 2020 war ein
ambivalentes Jahr. Erst einmal wurde das
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BND-Gesetz aus dem Jahr 2016, glaube ich,
für illegal erklärt oder in Teilen
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verfassungswidrig erklärt, dem voraus ging
eine Klage unter anderem durch die
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Gesellschaft für Freiheitsrechte und
Reporter ohne Grenzen. Hier sieht man
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Christian Mihr und Ulf Buermeyer in
Karlsruhe. Das war ein schönes Erlebnis.
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Andererseits führte das dazu, dass die
Bundesregierung das BND-Gesetz eigentlich
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ohne große Änderungen dann jetzt Ende des
Jahres wieder durchgebracht hat. Das
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heißt, wir müssen jetzt wieder, es wird ja
zum Schnelldurchgang durch den Bundestag
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gehen, weil nächstes Jahr Bundestagswahlen
sind. Das heißt, alles, was jetzt
-
beschlossen wurde, wird jetzt irgendwie im
nächsten halben Jahr durchgepeitscht. Und
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dann müssen wir wieder ein paar Jahre
warten, bis die das
-
Bundesverfassungsgericht darüber urteilen
wird. Wir gehen davon aus, dass es immer
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noch verfassungswidrig ist. 2020 war aber
auch ein gutes Jahr für gute Nachrichten.
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Wir haben immer noch traditionelle
Informations Transportmittel. Pferd
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schlägt Internet. Zumindest wenn man im
Sauerland vier Gigabyte Daten über 10km in
-
eine dort entfernte Druckerei schicken
möchte. Das Pferd braucht da eine Stunde,
-
die Internetleitung brauchte über drei
Stunden. Ja, auch das ist alles. Hängt
-
zusammen mit einem verkorksten
Breitbandausbau. Die Bundesregierung hat
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die Novelle des Telekommunikationsgesetzes
auch kurz vor Weihnachten auf den Weg
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gebracht. Eines von vielen Gesetzen, wo
sie es geschafft haben, noch mehr
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Überwachungsbefugnisse unterzubringen.
Eines der schönsten Parts des
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Koalitionsvertrags dieser aktuellen
Regierung war ein Recht auf Internet als
-
Versprechen, ein Universaldienst, der
zumindest 2025 kommen sollte. Also etwas
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Hoffnung für einige Menschen, die z.B. in
Brandenburg wohnen und noch nicht mal
-
Telefon im Moment haben. Zumindest kein
Mobiltelefon. Ich kenne genug Gegenden, wo
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ich irgendwie in diesem Sommer mal zum
Spazieren war und echt verwundert war.
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Aber ja, das Recht auf Internet kommt
jetzt doch nicht. Also total abgeleitet
-
vielleicht so ein bisschen. 2025 sollt es
aber Gigabit Internet geben. Also wenn das
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mal eine gute Durchhalteparole ist. Also
der Markt wird schon richten, der Markt
-
wird es weiter richten. Der Markt hat uns
in den letzten 30 Jahren erfolgreich
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Glasfaserkabel überall hingelegt. Aus der
Kategorie "ausnahmsweise würde hier
-
Überwachung mal mehr Sinn machen". Der
häufig bisher unkontrollierte Zugriff von
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Polizeibeamt:innen auf Meldedaten bleibt
ein großes Problem. Hier gibt's einen
-
schönen Podcast mit der Kabarettistin Idil
Baydar, was Constanze Kurz und Linus
-
Neumann gemacht haben. Sie ist selbst
betroffen durch die NSU 2.0 Mails. Es war
-
tatsächlich so ein kleiner Volkssport,
hatte man das Gefühl in diesem Jahr, dass
-
PolizeibeamtInnen weitgehend
unkontrolliert, ohne dass es irgendwie
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geprüft wird, auf Meldedaten zugreifen
können, die dann in den unzähligen
-
Einzelfall-Chat-Gruppen von Rechtsextremen
Sicherheitsbehörden, MitarbeiterInnen
-
auftauchen und ja, die Regierungen,
Landesregierungen, Bundesregierung nicht
-
mehr hinterherkommen, diese Einzelfälle
zusammen zu zählen. Das bleibt ein
-
wichtiges Thema nächstes Jahr, weil eine
Lösung haben wir bisher noch nicht gesehen.
-
Ein Thema war auch sehr dominant
dieses Jahr die drohende Auslieferung von
-
Julian Assange an die USA für die
Enthüllungen, die Wikileaks im Jahr 2010
-
durchgeführt hat, von Collateral Murder
bis zu den Cables. Am vierten Januar 2021
-
soll da eine Entscheidung kommen. Das
Verfahren ist immer noch ein politischer
-
Prozess. Es wird kein faires, kein fairer
Prozess für Julian Assange in den USA
-
geben. Das ist ein Status Exempel. Damit
sollen alle Journalist:innen und
-
Whistleblower:innen ja eingeschüchtert
werden, dass sie sich bloß nicht mit den
-
USA anlegen und das gefährdet die
Pressefreiheit. Insofern Solidarität mit
-
Julian Assange. Solidarität mit
Wikileaks. Und wir drücken die Daumen,
-
dass es doch noch besser läuft als
befürchtet. Erinnert ihr euch noch an
-
letztes Jahr, wo wir zu Tausenden
gemeinsam spazieren gingen, um auf die
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drohende Urheberrechtsreform aufmerksam zu
machen? Die Urheberrechtsreform wird jetzt
-
in nationales Recht umgesetzt und
eigentlich ist alles noch viel schlimmer
-
als befürchtet. Eigentlich läuft es genau
so, wie man es befürchtet hat.
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UploadFilter sollen kommen, auch wenn
letztes Jahr von allen gesagt wurde,
-
keiner möchte was mit Uploadfilter zu tun
haben. Die große Koalition regelt das aber
-
schon so in diese Richtung. Ja, eigentlich
in einem ersten Gesetzesentwurf sollten
-
kleine Auszüge zumindest legal bleiben,
Auszüge wie Memes oder bestimmte kleine
-
Grafiken und Videos in bestimmten
Formaten, das war schon alles absurd, aber
-
im Moment sieht es dann heraus, dass
selbst diese ganzen Sachen wegfallen.
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Julia Reda macht hier eine super Arbeit.
Die Gesellschaft für Freiheitsrechte sind
-
dran mit dem Projekt Control C. Das ist
auf jeden Fall ein Thema, wo es nochmal
-
Großdemonstrationen geben müsste. Ja,
leider fällt das jetzt auch alles erst
-
einmal aus, weil die Querdenker:innen
leider das alles erfolgreich durchgespielt
-
haben und auch einen Boden bereitet haben,
wo Demonstrationen absehbar leider
-
wahrscheinlich so nicht möglich sein
werden, in Verbindung mit der Corona
-
Pandemie. Wo wir bei Musik-Industrie sind.
Die Musikindustrie geht jetzt auch gegen
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OpenSource Tools vor. In diesem Fall hat
es YouTube DL getroffen, weil mit YouTube DL
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als Tool Use-Tool auch urheberrechtlich
geschützte Inhalte von YouTube
-
heruntergeladen werden können. Neben allen
anderen Inhalten, die explizit zum
-
Herunterladen dort eingestellt werden, wie
z.B. unsere ganzen Videos. Die Electronic
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Frontier Foundation unterstützt jetzt
YouTube DL. Der Source Code ist wieder da.
-
Es hat auch Auswirkungen auf Deutschland.
In Deutschland sind auch Provider, Hoster
-
und Projekte von Abmahnungen betroffen
gewesen. Wir bleiben da dran. Das ist so
-
eine gefährliche Entwicklung. Wir dachten
eigentlich, diese Art von Copyright Wars
-
sind vorbei. Aber die Musikindustrie
schlägt zurück. Ein Thema, was die letzten
-
Jahre sehr dringend war, wo wir vom
Schlimmsten ausgegangen sind, ist die EU-
-
Verordnung gegen Terrorpropaganda. Da gibt
es jetzt vom sogenannten Trilog zwischen
-
EU-Parlament, EU-Kommission und EU-Rat
eine Einigung. Die, wir sind ja schon
-
glücklich darüber, wenn sich ganz so
apokalyptisch schlimm wird, die dazu
-
geführt hat, dass es keine verpflichtenden
Uploadfilter gibt, aber Uploadfilter
-
eingesetzt werden dürfen, dass ist
wenigstens nicht kleine und nicht
-
kommerzielle Plattformen getroffen hat.
Aber das Hauptproblem bleibt. Schnelle
-
Reaktionszeiten, fehlende demokratische
Kontrolle, was denn jetzt wie in diesen
-
Terrorpropaganda-Datenbanken drin steckt.
Und die große ungeklärte Frage ist: Was
-
ist eigentlich Terrorpropaganda? Was ist
Terrorismus? Das ist tatsächlich eine
-
politische Debatte. Es ist nicht ganz so
klar definiert und es wird auch
-
unterschiedlich interpretiert. Das, was
Orban vielleicht in Ungarn für
-
Terrorpropaganda hält, das sind für uns
Menschenrechtler. Wenn in Polen gegen
-
LGBTQ-Aktivist:innen vorgegangen wird, dann
kann das auch als Terrorismus oder
-
Terrorpropaganda von Teilen der polnischen
Bevölkerung angesehen werden. Und für
-
Teile der NRW Landesregierung und RWE sind
Aktivist:innen von Ende Gelände und
-
ähnlichen sozialen Bewegungen Terroristen.
Und soll man dann diesen Politiker:innen
-
in diesen Institutionen die Möglichkeit
geben, einfach mal Inhalte von Protesten
-
sperren zu lassen? Wir sind da nicht so
ganz überzeugt, dass die Safe Guards in
-
diesem Kompromiss überzeugend sind, wo
drin steht, die Meinungsfreiheit soll auf
-
jeden Fall gedeckt sein, aber man soll auch
mit grenzüberschreitenden Befugnissen
-
einfach mal irgendwelche Sachen löschen
können und lassen uns überraschen. Ein
-
Thema ist zurück, was wir dachten, es ist
endlich auf der Mottenkiste der
-
netzpolitischen Debatte gelandet. Die
Netzsperren sind zurück. Und zwar wollen
-
verschiedene Landesmedienanstalten gegen
verschiedene Porno-Portale mit Netzsperren
-
vorgehen, weil die Porno Portale sich
weigern, obwohl sie in der EU sitzen -in
-
Malta- sich auf Jugendschutz
Verifikationssysteme einzurichten. Das
-
Problem in dieser Debatte ist, vor zehn
Jahren hat die Zivilgesellschaft
-
Alternativen entwickelt mit Löschen statt
Sperren, die auch tatsächlich zu einer
-
besseren Durchsetzung damals im Kampf
gegen Missbrauchsdarstellungen von Kindern
-
irgendwie geführt haben. In diesem Fall
fehlt einfach eine Debatte. Und uns fehlen
-
die guten Argumente und die guten
Alternativen, die wir dagegen setzen
-
können, um diese Netzsperren zu
verhindern, die sonst womöglich auf einem
-
Verwaltungsakt kommen werden. Den, wo dann
alle überrascht sind, wo auf einmal diese
-
Netzsperren herkommen. 2020 war auch das
Jahr, wo Amazon und Co gegen
-
Protestierende demonstriert haben. Es gibt
hier eine ganz gute Enthüllung über das
-
Global Security Operations Center, einem
eigenen Überwachungsapparat innerhalb von
-
Amazon, der ja Klimaaktivisten beobachtet.
Falls die mal Amazon Boykotte starten
-
wollen, aber auch Streikende beobachtet
und sehr genau definieren kann, dass z.B.
-
in Leipzig 46,37% der Personen an einem
Streik teilgenommen haben, aber keine
-
Führungskräfte. Wir haben dann über
netzpolitik.org mal angefragt, was Amazon
-
da zu diesen Vorwürfen sagt, und wir
bekamen eines der schönsten
-
überspezifischem Dementis in diesem Jahr
präsentiert, als dann ein Sprecher zurück
-
schrieb, dass es nie eine Beobachtung der
Aktivitäten durch operative Mitarbeiter
-
vor Ort gab. Mit anderen Worten: Man
beobachtet sie nicht mit operativen
-
Mitarbeitern, aber man weiß sehr genau,
wer und wie viel dort vor Ort waren. Man
-
sourct das dann wahrscheinlich aus. 2020
war auch das Jahr, wo dann endgültig
-
beschlossen wurde, dass ab 2021
Fingerabdrücken in unseren
-
Personalausweisen aufgenommen werden
sollen. Wer noch keinen neuen
-
Personalausweis hat, wer verhindern
möchte, dass die eigenen biometrischen
-
Fingerabdrücke ab dem Sommer nächsten
Jahres in irgendwelchen Datenbanken
-
landen, wo man sie wahrscheinlich nie
wieder raus bekommt. Bis Sommer ist noch
-
Zeit, sich einen neuen Personalausweis zu
organisieren. Der alte kann vom Hund
-
gefressen sein, in den Gulli gefallen
sein, irgendwas. Das kostet nur leider
-
etwas, einen neuen auszustellen. Wer dafür
seine Fingerabdrücke behalten möchte, kann
-
sich ja überlegen, ob das einem etwas wert
ist. Ja. Kommen wir mal zu heiter bis
-
wolkig. Dieses Jahr hat auch gezeigt, oder
hat die konservative Elite gezeigt, welche
-
Digitalkompetenzen und
Wirtschaftskompetenzen prägende Personen
-
aufweisen können. Karl-Theodor zu
Guttenberg hatte gleich zwei glückliche
-
Händchen. Sowohl mit Augustus Intelligence
als auch mit Wirecard hat er zweimal auf
-
das richtige Pferd gesetzt und dann
gleichzeitig seine Kompetenz gezeigt. Als
-
Lobbyist, aber auch als naja, ein guter
Versteher von innovativen
-
Geschäftsmodellen, die unsere Wirtschaft
nach vorne bringen oder zumindest das
-
Potenzial haben, sehr viel Geld zu
verbrennen und zwar das Geld von anderen
-
Menschen. 2020 war auch das Jahr, wo wir
zum ersten Mal getestet haben, ob unsere
-
Katastrophen-Alarmsysteme funktionieren.
Rückblickend kann man sagen, gut, dass wir
-
getestet haben. Sie haben nämlich nicht
funktioniert. Teilweise wurde die falsche
-
Technik eingesetzt. Möglicherweise gibt es
da jetzt Reformen. Teilweise waren die
-
Prozesse halt so, dass sich Alarmmeldungen
irgendwie überschnitten haben, sich
-
gegenseitig blockiert haben, und ja, wäre
jetzt die Zombieapokalypse eingetreten,
-
dann wären wir jetzt alle tot. Das wird
beim nächsten Mal hoffentlich besser. 2021
-
war auch das Jahr, wo wir zumindest im
Sommer gute Hoffnung hatten, dass
-
wenigstens eine positive Sache aus Corona
hervorgehen kann, nämlich Masken schützen
-
vor Überwachung. Ja, also das war
zumindest ein bisschen die Hoffnung im
-
Sommer. Mittlerweile haben die ganzen
Machine Learning Algorithmen irgendwie
-
nachtrainiert und sich verbessert. Eine
Maske hilft immer noch gegen Erkennung,
-
aber wir wissen nicht mehr so genau, ob
sozusagen jedes System Maskenträger jetzt
-
nicht mehr identifizieren kann oder nicht.
Man sollte im Zweifelsfall doch schon
-
wieder davon ausgehen. Also zusätzlich
schminken oder sonstige Sachen verwenden.
-
2020 war auch das Jahr, wo eine polnische
Firma eine Gesichtserkennungs-Suchmaschine
-
in der Europäischen Union auf den Markt
brachte, nach unserer Berichterstattung
-
die Europäische Union verlassen musste.
PimEyes zeigte, dass jedes Foto, was
-
irgendjemand im Netz hinterlässt, von
solchen Unternehmen, die nicht nachfragen,
-
ob sie diese Bilder verwenden dürfen, auch
missbraucht werden können, um
-
Überwachungsapparate damit zu füttern.
Aber wenigstens gibt es auch positive
-
Entwicklungen. Es gibt ein Moratorium,
zumindest in den USA, von einigen Firmen
-
wie IBM, Amazon und Microsoft erst einmal
nicht. Überwachungstechnologie mit
-
Gesichtserkennungssystem an die
Sicherheitsbehörden, an die
-
Polizeibehörden zu liefern. IBM scheint da
rhetorisch sogar noch weiter zu gehen. Wie
-
gesagt, wir müssen uns immer von der
Realität dann überzeugen lassen, was
-
tatsächlich auch aus diesen PR-Meldungen
wird. Aber es ist zumindest sagen wir mal
-
einer der Verdienste der Black Lives
Matter Bewegung, dass es in den USA eine
-
gesellschaftliche Debatte um
Gesichtserkennungs-Überwachungssysteme gab
-
und gibt und ihre rassistischen Bias-
Probleme. Das löst natürlich nicht unser
-
Problem in der Europäischen Union. Was
fehlt, ist immer noch ein Verbot von
-
automatisierter Gesichtserkennung im
öffentlichen Raum. Die Kampagne Ban Facial
-
Recognition dot EU von EDRi und anderen
europäischen Organisationen möchte das
-
schaffen. Dringend notwendig wäre es, weil
man sieht, diese Technologie wird sonst
-
immer weiter ausgerollt. 2020 hat auch Max
Schrems das zweite Mal gezeigt, dass man
-
durch Engagement, juristische
Hartnäckigkeit ein Datentransfer Abkommen
-
zum zweiten Mal abschießen kann. Er hat
das Privacy Shield abgeschossen. Seitdem
-
ist Panik überall,wie man denn jetzt damit
umgehen sollte, dass halt der Europäische
-
Gerichtshof einfach mal dieses Privacy
Shield, was wir damals schon als Safe
-
Harbor mit neuem Logo verkündet hatten,
dass das ja einfach weiterhin
-
verfassungswidrig ist, weil in den USA
einfach nicht gewährleistet ist, dass
-
unsere Daten dort nicht von
Sicherheitsbehörden, Geheimdiensten
-
zweckentfremdet werden dürfen. Das heißt,
unsere Datenschutzrechte werden in den USA
-
nicht so berücksichtigt, wie es auf dem
Werbepaket-Prospekt steht. Das Problem
-
bleibt natürlich, dass unsere Rechte auch
in europäischen Ländern nicht ausreichend
-
geschützt werden. Das ist so ein kleines
Logikroblem hinter dieser Entscheidung.
-
Aber das sollte der Europäische
Gerichtshof auch mal lösen. Dafür hat die
-
Werbeindustrie durch ihr Lobbying es
geschafft, besseren Schutz von
-
Verbraucher:innen gegen intransparentes
Tracking und Datenschutzvoreinstellungen
-
im Rahmen der ePrivacy-Verordnung zu
verhindern. Die ePrivacy-Verordnung könnte
-
uns erlösen, auch von diesen ganzen Dark
Patterns, wenn wir auf irgendwelche Seiten
-
gehen, um dann irgendwie diese Cookies
auszuschalten oder nicht und so weiter.
-
Das hängt alles damit zusammen, dass
eigentlich seit fünf Jahren, seit der
-
Datenschutzgrundverordnung, die ePrivacy-
Verordnung als kleine Schwester parallel
-
hätte beschlossen werden sollen, aber
massiver Widerstand dazu geführt hat, dass
-
wir einfach immer noch schutzlos
intransparentem Tracking ausgesetzt sind.
-
Die ePrivacy-Verordnung kann man deshalb
auch als BER der Netzpolitik bezeichnen.
-
2020 soll es eine Reform des
Netzwerkdurchsetzungsgesetz geben. Wir
-
sind und waren dahingehend sehr
ambivalent. Auf der einen Seite sollte es
-
Verbesserungen geben gegenüber der ersten
Version durch ein sogenanntes "put back"
-
oder "put back"-Möglichkeiten, also eine
bessere Ausgestaltung der Rechte von
-
Nutzer: innen gegen Overblocking, gegen
generell Löschaktionen vorgehen zu können,
-
mehr Rechte für Verbraucherinnen. Die
Bundesregierung hat es geschafft,
-
sozusagen das zu vermixen mit einer
Meldepflicht für soziale Netzwerke, sodass
-
halt alle potenziell strafbaren Inhalte
direkt ans Bundeskriminalamt hätten
-
weitergeleitet werden sollen, wo dann
riesige Datenbanken entstanden wären mit
-
potentiell strafbaren Inhalten. Aber
potenziell vielleicht auch nicht. Mal gucken.
-
Der Bundespräsident hat das Ganze
wieder zurückgeschickt und sich geweigert,
-
das zu unterschreiben. Wir sind gespannt,
wie die Reform aussieht. Die Reform hängt
-
aber auch damit zusammen, dass
mittlerweile auf EU-Ebene die passenden
-
Gesetzesprozesse angelaufen sind. Und zwar
mit dem sogenannten Digitale Dienste
-
Paket, einen Gesetzesprozess, der seinen
ersten Höhepunkt im Dezember 2020
-
erreichte, durch die Präsentation des
digitalen Dienste Gesetzesentwurfs und des
-
digitalen Marktes Gesetzesentwurf. Nichts
weniger als ein Platformen Grundgesetz
-
will die EU-Kommission auf den Weg bringen
und das wird die entscheidende
-
netzpolitische Schlacht und Debatte der
nächsten Jahre werden. Hier geht es auf
-
der einen Seite darum, wie wir die
Marktmacht von großen Plattformen, von
-
marktdominanten Plattformen begrenzen
können, welche Mittel es dafür gibt. Es
-
geht aber auch um ganz banale Dinge wie
Content-Moderation, also um all die
-
Debatten, die wir schon im
Netzwerkdurchsetzungsgesetz geführt haben.
-
Es geht um Fragen der Interoperabilität,
ob wir zukünftig von WhatsApp irgendwie zu
-
Signal kommunizieren können oder ob
überall dann auch einfach mal bei den
-
Übergängen Hintertüren eingebaut werden
sollen. Es geht um Zugang zu Daten für
-
Forschende, für Regulierungsbehörden. Weil
im Moment gibt es eine massive
-
Machtasymmetrie, dass diese Plattformen
auch durch den Echtzeit-Zugriff auf ihre
-
ganzen Datenberge und in Verbindung mit
ihren Forschungsabteilungen eigentlich in
-
Echtzeit genau feststellen können, ob ein
Button einen Millimeter weiter links
-
irgendwie süchtiger macht oder nicht. Es
gibt aber so gut wie keine also legalen
-
Möglichkeiten bisher sozusagen für
Überprüfbarkeit, Kontrolle und so weiter.
-
Das wird alles in diesem Gesetzespaket
verhandelt. Es geht um Algorithmen,
-
Transparenz und Kontrolle. Es geht
eigentlich darum, ja, wie, welche Regeln
-
gelten fürs Netz in den nächsten 20, 25
Jahren, weil das Ganze ist auch eine
-
Reform der E-Commerce Richtlinie aus dem
Jahre 2001. Damals war Google ganz klein,
-
Facebook hatte sich noch nicht gegründet
und Amazon verkaufte Bücher. Mittlerweile
-
ist die Welt eine andere. Es betrifft aber
nicht nur Plattformen, sondern
-
möglicherweise betrifft halt diese
Gesetzgebung erst einmal das halbe Netz,
-
auch wenn Haftungsfragen erst einmal nicht
so wirklich angefasst worden sind außer
-
für Markt dominante Inhalte. 2020 war dann
auch die Renaissance einer alten
-
Technologie, von der wir gehofft hatten
und geglaubt hatten, dass sie schon längst
-
wieder weg ist. Comeback des Jahres: das
Faxgerät. Es steht aber leider auch für
-
den Zustand unseres Gesundheitssystems.
Das ist in einer Pandemie leider ein
-
bisschen suboptimal, um es mal
diplomatisch auszudrücken. Kann es aber
-
auch sagen, ohne Faxgeräte wäre
wahrscheinlich echt am Arsch. Mal gucken,
-
ob es da noch Verbesserungen gibt. Ja, ein
Verdienst der digitalen Zivilgesellschaft
-
war die Corona-Warn-App. Man kann viel
über die Corona-Warn-App kritisieren.
-
Wenigstens gibt es kein anderes Land, wo
mehr Menschen sowas nutzen. Die meiste
-
Kritik an der Warn-App ist auch ein
bisschen unqualifiziert. Wir konnten auch
-
erfolgreich verhindern, dass diese ganze
Debatten im Frühjahr dazu genutzt wurden,
-
um einen Überwachungsapparat aufzubauen,
der für den Sinn und Zweck der Kontakt
-
Verfolgung möglicherweise komplett
irrelevant gewesen wäre, aber dazu geführt
-
hätte, dass wir alle viel mehr Überwachung
bekommen. Auch heute vergeht eigentlich
-
kein Tag, wo alte weiße Männer ohne viel
Ahnung von Technik den Datenschutz dafür
-
verantwortlich machen, dass wir in dieser
Corona-Pandemie stecken. Ich kenne sehr
-
viele andere Gründe, die viel logischer
wären. Die Corona-Warn-App hat weiterhin
-
Probleme. Ein Problem war, dass man in der
Bundesregierung das mit dem Open-Source
-
noch nicht so ganz versprochen hat, äh
verstanden hatte. Es war zwar schön, dass
-
wir eine App haben, die Open-Source ist,
aber Open-Source bedeutet auch, im
-
Idealfall, dass eine App immer
weiterentwickelt wird mit einer Community.
-
Man hatte manchmal das Gefühl, so im
Frühjahr wurde die App präsentiert, dann
-
waren Sommerferien, dann dachten alle so
puh, Corona-Pandemie ist vorbei, wenn wir
-
Glück haben, brauchen wir diese App auch
nicht weiterzuentwickeln. Und dann waren
-
auf einmal die hohen Fallzahlen der
zweiten Welle wieder da und seitdem gibt
-
es hektisches Geschehen, es gibt Updates,
aber einiges fehlt noch. Cluster Erkennung
-
ist noch nicht eingebaut. Gibt demnächst
einen Kontakt-Tagebuch. Wir müssen
-
weiterhin verhindern, dass irgendwie
Überwachungsmaßnahmen eingebaut werden.
-
Und die Probleme bestehen einfach bei
dieser App darin, dass immer noch nicht
-
alle Labore an das System angeschlossen
sind, dass teilweise Testergebnisse eine
-
Woche dauern, bis sie mal von A nach B
kommen, um in das System reingefahren zu
-
werden, dass man auch monatelang gebraucht
habe, um auf die nächste Version der
-
Google/Apple-Schnittstellen aufzurüsten,
dass es irgendwie eine viel zu schlechte
-
Kommunikation gibt, was zu weniger
Vertrauen führt und zu, ja, mehr
-
Akzeptanzschwierigkeiten. Das sind alles
lösbare Probleme. Aber letztendlich
-
bräuchten wir diese App auch gar nicht,
wenn unsere Hausaufgaben in der Politik
-
früher gemacht worden wären, wenn wir uns
darauf vorbereitet hätten auf eine
-
mögliche Pandemie und wenn wir als
Gesellschaft alle Masken überall tragen
-
würden. Corona hat auch dazu geführt, dass
es ja mittlerweile Corona-Listen gibt. Ihr
-
kennt das alle oder, ja, aus der
Vergangenheit, als wir noch in Bars und
-
Restaurants gehen konnten, zumindest
diejenigen, die da hingehen wollten. Man
-
trug sich dann ein. Kaum einer gab seinen
richtigen Namen an, weil das mit dem
-
Datenschutz nicht wirklich gut gelöst war.
Ausnahmen bestätigen die Regel. Aber eines
-
der Hauptprobleme war und ist halt immer
noch, dass die Polizei diese Corona-Listen
-
für Ermittlungen nutzen wollte und das
auch tat. Hier hätte der Gesetzgeber durch
-
eine klare Begrenzung des Zugriffs auf
diese Daten mehr Vertrauen und Akzeptanz
-
schaffen können. Wir werden alle
zwangsgeimpft. Was letztes Jahr eigentlich
-
noch ganz putzig war, wurde dieses Jahr
tierischer Ernst. Zumindest in Teilen der
-
Gesellschaft und befeuert durch die
Mechanismen von Plattformen wie YouTube,
-
Telegram, Facebook und ausgenutzt von
denen, denen man früher den Vogel gezeigt
-
hätte. 2020 war dann auch das Jahr, als
wir unseren Eltern und Verwandten erklären
-
mussten, dass sie nicht alles glauben
sollen, was im Internet steht, oder auf
-
WhatsApp von einer Cousine dritten Grades
ihrem Freund weitergeleitet wurde. 2020
-
war auch das Jahr, wo wir sehr viel mehr
über Verschwörungsmythen erklären und
-
recherchieren mussten. Wir wissen zwar
immer noch nicht, wie viel Geld bei
-
einigen Verschwörungsunternehmern gelandet
ist, haben aber das System verstanden und
-
nehmen uns bei der nächsten Pandemie vor
damit richtig reich zu werden. Es ist auch
-
vollkommen unglaublich, was für Menschen
da gerade rumlaufen und mit was für
-
Geschichten einfach mal sehr vielen
Menschen, die Kontrollverlust verspüren,
-
die Unsicherheit verspüren, das Geld aus
der Tasche ziehen können. Es gibt auch
-
wieder Standard Franchise Systeme, Michael
Ballweg von Querdenken 7 11 hat das
-
perfektioniert. Damit wird man auch
Unternehmer des Jahres, wie das ZDF
-
Magazin Royale in einer Kooperation mit
uns feststellen konnte. 2020 wurde auch
-
das Jahr wo jetzt endgültig Licht auf die
verschleppte Digitalisierung des
-
Bildungssystems geworfen wurde. Wo sind
eigentlich die Milliarden aus dem
-
Digitalpakt gelandet? Bisher wurden
anscheinend erst Millionen ausgesendet.
-
Viele Eltern und Schüler:innen sind immer
noch traumatisiert von den Erfahrungen im
-
ersten Lockdown, wo man, ja, wo man die
ganze Zeit PDFs und .doc-Dokumente zum
-
Ausdrucken und wieder Einscannen
zugeschickt bekam und dann nichts mehr
-
hörte. Und viele freuen sich gerade auf
die ersten Wochen oder Monate im neuen
-
Jahr, wenn das so weitergeht. Viele
Versprechungen wurden von der Politik
-
gemacht und vielleicht gibt es am Ende
dieser Pandemie etwas mehr Digitalisierung
-
an unseren Schulen. Vielleicht war auch
die nächste Pandemie gemeint. Kommen wir
-
mal zu positiveren Themen. Auch wenn die
Digitalisierung des Bildungssystems
-
teilweise schiefgegangen ist, ein
Unterricht im Lockdown nicht immer
-
funktioniert, weil dafür müssten alle
Schüler:innen ja auch Geräte haben und vor
-
allen Dingen Bildungsplattformen haben. So
hat sich zumindest in diesem Jahr gezeigt,
-
dass es viele engagierte Menschen aus der
digitalen Zivilgesellschaft gibt, die
-
mitgeholfen haben Infrastrukturen
bereitzustellen, die a) funktionieren und
-
b) datenschutzfreundlich sind und c) nicht
Zoom oder Microsoft Teams sind. Danke an
-
alle Menschen, die das aufgebaut haben.
Hier nur ein paar als Beispiele: an den
-
Unis, an unzähligen Schulen, an Kommunen
wie Ulm oder Mannheim, Vereinen wie
-
cyber4EDU oder groß skaliert wie Freifunk
München. Ihr habt vielen Menschen den
-
Arsch gerettet und vor allen Dingen
geholfen, dass halt Alternativen zum
-
Monopol der datenkapitalistischen
Zentralisierung möglich sind. Also schön,
-
dass es datenschutzfreundliche, offene
Alternativen gibt. Aber es war auch schön
-
zu sehen, dass es im Frühjahr vor allen
Dingen aus der digitalen Zivilgesellschaft
-
viel Hilfsbereitschaft gab. In dem Moment,
wo die Politik erklären musste, dass sie
-
vollkommen überrascht war, wo diese
Pandemie herkommt und wo klar wurde wir
-
hatten zu wenig Schutzmaterial und zu
wenig Masken. Die Makerkultur hat
-
besonders gezeigt, wie man, was digitales
Ehrenamt ist und wie man Schutzscharniere
-
herstellen kann. Das ist ein Bild vom
havel:lab im Verstehbahnhof. Strickmuster
-
teilen wurde auf einmal zum Volkssport.
Ist übrigens eine Urheberrechtsverletzung,
-
je nachdem wer das Urheberrecht an diesen
Strickmustern hat. Ich finde es toll, in
-
diesem Fall. Es hat tatsächlich etwas
geholfen. FFP2 Masken sind auf jeden Fall
-
besser, weiß man mittlerweile. Sollte man
sich am besten nicht herstellen, sondern
-
gucken, wo man sie kaufen kann.
Stellvertretend für viele Klagen von Frag
-
den Staat gibts jetzt auch Twitter-
Direktnachrichten auf IFG-Antrag. Das ist
-
eine schöne Entwicklung. Kurz vor
Weihnachten gab es auch nochmal das ganze
-
in einer EU-Edition. Eine schöne
Entwicklung ist auch, dass endlich
-
Freifunk Communities gemeinnützig werden.Ab nächstes Jahr sollen Spenden von der
-
Steuer absetzbar sein. Gemeinwohlorientierter Journalismus ist leider noch
-
nicht gemeinnützig. Das wurde hier
verpasst. Das sollte nachgeholt werden.
-
Und generell fehlt weiterhin
Rechtssicherheit für
-
zivilgesellschaftliche Organisationen, die
sich im Sinne der Demokratie engagieren
-
und denen die ganze Zeit so nen Damokles-
Schwert der Finanzbehörde über ihnen
-
schwebt, die ihnen, ja, die
Gemeinnützigkeit und damit Steuervorteile
-
und Vertrauen entziehen könnten. Es gab
auch lustige Meldungen, die positiv sind.
-
Es gibt eine erste Anerkennung für einen
Aspekt der Digitalkultur. Und zwar ist die
-
Demoszene fürs immaterielle Kulturerbe
nominiert. Jetzt steht die Demoscene
-
endlich in einer Reihe mit anderen
traditionellen deutschen Kulturgütern wie
-
dem Brieftaubenwesen und dem
Buchbinderhandwerk. Vollkommen verdient
-
auf jeden Fall. 2020 war auch das Jahr, wo
sich ARD und ZDF mehr für Creative Commons
-
und alternative Lizenzierungsformen
geöffnet haben. Hier kann man klar sagen,
-
ZDF hats eher verstanden als die ARD.
Allerdings ist da auch noch bei beiden
-
Institutionen viel Platz nach oben. Aber
ich weiß von hinter den Kulissen, was das
-
für ein Kampf war, der zuständigen
Redakteur:innen in diesen Systemen über
-
viele Jahre für diese kleinen Reformen zu
kämpfen. Hoffen wir mal, dass da noch mehr
-
von kommt und noch mehr Inhalte unter
freie und offene Lizenzen gestellt werden.
-
Weil immerhin, wir haben dafür bezahlt.
2020 war auch ein Jahr, wo Systemabsturz
-
mal mehr Songs gemacht haben, mehr Singles
rausgebracht haben. Leider weniger
-
Konzerte gespielt haben. Da hoffe ich auf
mehr. Ich weiß gar nicht, ob der
-
Systemabsturz irgendwo in diesem Programm
des Kongresses unter reinkommt.
-
Wahrscheinlich schon. Ansonsten guckt auf
Systemabsturz, wo ihr sie hören können.
-
Das war der netzpolitische Wetterbericht
in diesem Jahr. Unser Motto ist Niemals
-
Aufgeben. Diese ganzen Debatten verfolgen
uns teilweise schon seit 20, 30 Jahren.
-
Die werden uns die nächsten 20, 30 Jahre
verfolgen. Wenn wir dranbleiben, wenn wir
-
gemeinsam uns engagieren, wenn wir
diejenigen stärken, die für uns und unsere
-
Rechte kämpfen, dann haben wir die Chance,
eine lebenswerte digitale Gesellschaft zu
-
schaffen und insofern Fight For Your
Digital Rights. Vielen Dank fürs Zuhören
-
und kommt gut ins neue Jahr. Bleibt gesund
und irgendwann bis nach der Pandemie.
-
Tschüss.
-
Herald: Okay. Ich hoffe, ich bin jetzt
wieder zu sehen. Wir hatten leider ein
-
paar technische Schwierigkeiten bei diesem
Vortrag. Dafür möchte ich mich herzlich
-
bei all den Personen, die jetzt noch
zuschauen, entschuldigen. Ich habe gehört,
-
aber es nicht bestätigt bekommen, dass das
gerüchteweise nicht an uns liegt oder an
-
der Infrastruktur, sondern daran, dass wir
eine DDoS-Attacke gerade von außen
-
erleiden müssen. Ob das wirklich stimmt
oder nicht, weiß ich nicht. De facto sind
-
Leute daran, die versuchen das Probleme zu
beheben. Und bis dahin haben wir jetzt
-
aber trotzdem noch ein paar Minuten, genau
genommen so 20 Minuten Zeit, um mit Markus
-
Beckedahl zu diskutieren. Der ist jetzt
auch hier im Stream und bereit für eure
-
Fragen. Bisher gibts noch nicht sonderlich
viele Fragen. Ich nehme an, das hat damit
-
zu tun, dass der Vortrag nicht unbedingt
gut zu hören oder zu verstehen war. Macht
-
euch keine Sorgen. Der Vortrag wird
insgesamt so wie er vorgetragen wurde,
-
auf media.ccc.de landen und da könnt ihr
ihn euch nochmal ohne technische
-
Schwierigkeiten angucken. Bis dahin haben
wir jetzt noch etwas Zeit zu diskutieren.
-
Also stellt eure Fragen, eure Impulse,
eure Kommentare im IRC oder auf Twitter
-
mit dem entsprechenden #rC3 und dann 'two'
auf Englisch, also rC3two auf Twitter.
-
Dann werden die lieben Signal Angel im
Hintergrund das in ein Pad werfen und ich
-
kann die Frage vorlesen. Markus, magst du
uns einmal ganz kurz vielleicht einen
-
Ausblick geben für das die kommenden
Monate? Worauf werden wir besonders achten
-
müssen?
Markus: Ja, eine große Herausforderung, in
-
den nächsten Monaten, ist das wir ja immer
noch die Corona-Pandemie, für das ganze
-
kommende Jahr nebenbei haben werden. Die
Bundesregierung hat jetzt in den letzten
-
Wochen einige Gesetze auf den Weg
gebracht, wie das
-
Telekommunikationsgesetz, das IT-
Sicherheitsgesetz, das BND-Gesetz. Einige
-
habe ich jetzt noch irgendwie vergessen.
Die dann in den nächsten Monaten im
-
parlamentarischen Alltag im Bundestag
ankommen werden, um noch vor der
-
Sommerpause wegen Wahlkampf und Wahlen
nach der Sommerpause durchgepeitscht
-
werden. Und genau in dem Zeitraum
wahrscheinlich, wenn April, Mai, Juni alle
-
wieder nach einem halben Jahr drinne
sitzen, rausgehen, Leute treffen wollen
-
und sich wahrscheinlich nicht mehr für
Politik interessieren werden. Das wird ne
-
große Herausforderung. Ich habe nicht
unbedingt jetzt den Glauben daran, dass
-
wir da groß noch etwas ändern können an
diesen ganzen unzähligen
-
Überwachungsmaßnahmen in verschiedenen
Gesetztespaketen. Aber wir werden uns
-
trotzdem bemühen, so viel Aufmerksamkeit
wie möglich drauf zu legen, so viele
-
Menschen wie möglich zu mobilisieren, sich
einzumischen. Ja, um diese Themen dann
-
auch möglicherweise in den
Bundestagswahlkampf platzieren zu können.
-
Und dann müssen wir darauf hoffen, dass
nach dieser Wahl wir keine große Koalition
-
mehr bekommen, weil diese große Koalition,
zumindest die große Koalition bestehend
-
aus CDU, CSU und SPD haben in den letzten
Jahren, letzten Jahrzehnten, letzten
-
Legislaturperioden gezeigt, dass mit
keiner anderen Konstellation so viel
-
Überwachungsgesetze auf den Weg gebracht
werden wie mit CDU, CSU und SPD gemeinsam.
-
Herald: Ja, danke für diese ausführliche
Antwort. Was ist denn insbesondere in
-
Bezug auf das IT-Sicherheitsgesetz für
dich einer der Key-Punkte, wo wir
-
besonders achtgeben müssen? Dass wir da
nochmal nen besonderen Push machen,
-
nochmal uns Mühe geben, vielleicht
Abgeordnete anschreiben, die MdBs
-
kontaktieren und gucken, was wir da
bewirken können? Was sind denn da die ein,
-
zwei, drei Key-Points von dir, wo du sagst
da müssen wir nochmal ran als
-
Gesellschaft?
Markus: Ja, also bei mir widerstrebt sich
-
alles rund um das BSI. Auf der einen Seite
ist das BSI eine sehr sinnvolle
-
Einrichtung, wo sehr viele, sehr fitte
Menschen arbeiten und ich bin ganz froh,
-
dass wir so etwas wie das BSI haben, wo
halt vor allen Dingen Techniker sitzen und
-
nicht nur Juristen, wie wir in den meisten
anderen Behörden in Deutschland haben. Das
-
Problem am BSI ist aber wiederum, dass es
nicht unabhängig ist. Das ist immer noch
-
weisungsbefugt, sozusagen, gegenüber dem
Innenministerium und es läuft sozusagen
-
Gefahr, die ganze Zeit, in die Architektur
der Sicherheitsbehörden eingebunden zu
-
werden, was wiederum die Akzeptanz und das
Vertrauen in die Arbeit vom BSI
-
unterminiert. Und das ist eine große
Herausforderung. Ich würde mir wünschen,
-
dass das BSI unabhängiger wäre, dass wir
uns darauf verlassen könnten, dass
-
beispielsweise Sicherheitslücken, die dort
gefunden werden, auch geschlossen werden
-
und nicht irgendwie mal zufälligerweise
bis zur Schließung dem BND oder dem
-
Verfassungsschutz übergeben werden. Das
BSI sagt zwar, das machen sie nicht. Aber
-
wir wissen nicht, ob das Innenministerium
nicht einfach mal die Parole durchgibt:
-
Ihr habt das jetzt zu tun. Und dann müssen
sie es machen.
-
Herald: Ja. Und da haben wir jetzt ja auch
im aktuellen Entwurf des BSI-Gesetz ne
-
Passage drin, dass das BSI nicht mehr
sofort melden darf, wenn eine
-
Sicherheitslücke bekannt wird, sondern
sich erstmal rückversichern muss bei den
-
Sicherheitsbehörden, ob dem denn nichts
entgegensteht, was Sicherheitsbehörden
-
dazu wollen würden. Ein Schelm, wer dabei
Böses vermutet. Wir haben noch eine
-
spannende Frage ausm Internet bekommen.
Wie siehst du den Zustand des Grundrechts
-
auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und
Integrität kritischer Systeme? Also der
-
übliche Artikel 2 Absatz 1, in Verbindung
mit Artikel 1 Absatz 2 Grundgesetz unseres
-
Bundesverfassungsgerichtes. Das IT-
Grundrecht. Wie siehst du den Zustand
-
2020? Jetzt nach diesem katastrophalen
Dezember?
-
Markus: Naja, also das Problem ist wir
haben hier ein Grundrecht, was eines von
-
zwei Grundrechten ist, die das
Bundesverfassungsgericht in den letzten 30
-
Jahren, also in der letzten Generation,
quasi geschaffen hat. Was von der
-
Bundesregierung weitgehend ignoriert wird.
Das heißt unser Grundrecht wird von dieser
-
Bundesregierung nicht ausreichend
geschützt, auch wenn jetzt alle was von
-
digitaler Souveränität faseln. Aber das
Grundrecht auf Integrität und
-
Gewährleistung der -
Herald: Vertraulichkeit und Integrität
-
Markus: - Vertraulichkeit und Integrität,
das müsste mal mit Leben gefüllt werden,
-
das müsste mal tatsächlich sozusagen
verteidigt werden. Und solange ist es halt
-
in einem sehr traurigen Zustand, solange
das nicht passiert.
-
Herald: Ja, da könnte ich dir nicht
deutlicher zustimmen. Auf jeden Fall. Wir
-
wollen mal bei diesem Themenkomplex
bleiben. Das Grundrecht auf Integrität und
-
Vertraulichkeit integrationstechnischer
Systeme wird ja nicht nur gefährdet durchs
-
IT-Sicherheitsgesetz, sondern auch durchs
Telekommunikationsgesetz. Da gab es ja
-
jetzt im Dezember auch eine umfangreiche
Novelle, die 450 Seiten oder sowas hatte.
-
Die Verbände bekamen ganze zwei Tage Zeit
dazu Stellung zu nehmen. Wie siehst du da
-
den Impact in Bezug auf das gerade
bekannte IT-Grundrecht? Ich machs mal
-
kurz.
Markus: Naja, das Telekommunikationsgesetz
-
ist eine riesige Herausforderung. Es kippt
eigentlich. Also es gibt einen Haufen
-
Lobbyisten der Telekommunikationsbranche,
die sich das sehr intensiv durchlesen. Es
-
gibt aber so gut wie keine unabhängigen
Expert:innen, die tatsächlich in der Lage
-
sind und auch willens sind, sich das
durchzulesen. Wir sind ganz glücklich bei
-
netzpolitik.org, dass wir Thomas Rudel
haben. Das ist aber auch der einzige bei
-
uns, der echt Spaß dran hat. Meistens
jedenfalls. Also zumindest manchmal, sich
-
sowas durchzulesen und dann halt all die
Passagen zu finden, die sonst keinem
-
auffallen. Also diese
Telekommunikationsgesetz-Novelle, da
-
gibt's Bestandsdatenauskunft, die
eigentlich kaum in der Berichterstattung
-
drin ist, die Vorratsdatenspeicherung
natürlich wieder irgendwie co- eingeführt,
-
bzw. naja, man wartet darauf oder hofft
drauf, dass das Bundesverfassungsgericht
-
möglicherweise sie doch irgendwie zulassen
könnte, die ja gerade auf Eis gelegt ist.
-
Und es geht darum, Messenger-Dienste wie
WhatsApp und Telegram zu regulieren.
-
Natürlich auch mit dem Ziel, da
möglicherweise irgendwie verpflichtende
-
Hintertüren irgendwann mal einzuführen.
Und das wird eine große Herausforderung.
-
Auf der einen Seite kann ich verstehen,
dass man auch für Messenger-Dienste, die
-
aber in Form von Telegram irgendwo
zwischen Plattformen und SMS sich bewegen,
-
dass man da eine andere Form von
Regulierung braucht. Aber das kann
-
natürlich auch dazu führen, dass da
ziemlich viel kaputt gemacht wird. Oder
-
wir am Ende mit ganz vielen
Überwachungsschnittstellen da stehen.
-
Herald: Ja richtig. Auch hier ist es, es
ist halt katastrophal wie es ist. 2019 hab
-
ich mich sehr verhalten, aber doch ein
bisschen gefreut, darüber, dass das
-
Bundesverfassungsgericht Teile der
Gesetzesgrundlage des BND gekippt hat.
-
Jetzt, im Dezember 2020 kam dann im
November, warte, oder bisschen früher, das
-
böse Erwachen, als das Bundeskanzleramt
den neuen Referentenentwurf eines BND-
-
Gesetzes vorstellte, mit einer sagen wir
mal neuen Überwachungs- und
-
Kontrollinfrastruktur, insbesondere den
unabhängigen Kontrollrat, und auch
-
Änderungen in der Zuständigkeit des
parlamentarischen Kontrollgremiums PKGr.
-
Wie bewertest du diese Änderungen dort?
Markus: Also ich halte da auch das jetzt
-
vom Bundeskabinett verabschiedete BND-
Gesetz immer noch für verfassungswidrig.
-
Das Problem ist, dass werden wir erst in 5
oder 8 Jahren rausfinden, wenn das
-
Bundesverfassungsgericht sozusagen diese
ganze DDoS-Queue der aktuellen
-
Bundesregierung abgearbeitet hat. Die
haben ja noch nicht einmal die letzte
-
Legislaturperiode bisher, vier Jahre
später, abarbeiten können. Wir warten
-
beispielsweise immer noch auf die
Datenhehlerei oder die
-
Vorratsdatenspeicherung. Das BND-Gesetz,
ja, also eines der Haupt-Kernprobleme
-
bleibt immer noch, dass wir in Sachen
Geheimdienstaufsicht und -kontrolle ein
-
Entwicklungsland sind. Selbst die USA
haben eine viel bessere
-
Geheimdienstkontrolle, als wir uns das
leisten wollen. Und das ist politisch
-
gewollt, dass wir sozusagen eine
Aufsplittung haben auf verschiedene
-
Gremien, die dann nicht miteinander reden
dürfen und eigentlich auch viel zu wenig
-
Personal haben. Also gleichzeitig haben
wir die Situation, dass der BND innerhalb,
-
also seit Start der Snowden-Enthüllungen
sein Budget verdoppelt bekommen hat, jetzt
-
die offizielle Lizenz hat, andere
Telekommunikationsnetze im Ausland zu
-
hacken, Provider zu hacken, dass er - das
ist sozusagen auch wiederum so eine
-
Absurdität, dass die Bundesregierung
denkt, sie hätte jetzt irgendwie den Geist
-
des Bundesverfassungsgericht irgendwie ins
Gesetz umgewandelt, indem der BND nun auch
-
bis zu 30 Prozent der weltweiten Netze
hacken darf, wo man die ganze Zeit denkt:
-
So also auch wenn er jetzt das doppelte
Budget hat, glaubt doch keiner, dass der
-
BND irgendwie 10 oder 20 Prozent der
kompletten Netze weltweit hacken kann.
-
Darum gehts auch nicht. Wenn der die
Erlaubnis hat, bis zu 30 Prozent der
-
weltweiten Netze hacken zu dürfen, dann
heißt das, alles was der BND hacken darf,
-
äh, hacken will, darf er einfach hacken.
Und das sozusagen also verkaufen von
-
wegen, ja, wir haben jetzt den besseren
Grundrechtsschutz. Also der BND wäre gar
-
nicht in der Lage 100 Prozent irgendwie zu
hacken, auch wenn das natürlich schön
-
wäre, oder zu überwachen, auch wenn es
natürlich aus deren Sicht schön wäre, wenn
-
sie das irgendwie könnten. Aber das ist
dann halt einfach so ne, ja, so ne billige
-
Verpackung. Zu sagen: so, wir haben jetzt
natürlich die Überwachungsmöglichkeiten
-
total beschränkt auf 30 Prozent. Das sind
jetzt -
-
Herald: Ja, danke für diese Aussage. Aus
dem Chat habe ich hier noch eine ganz
-
wichtige Aussage. Ich soll mich, und ich
schließe mich da auch persönlich an, bei
-
dir und beim Team von netzpolitik.org ganz
herzlich bedanken für eure fortwährenden
-
Anstrengungen, die netzpolitische Welt
zumindest zu dokumentieren und die
-
Interessen der Zivilgesellschaft zu
vertreten. Von mir, und ich glaube von
-
allen zuschauenden Menschen, herzlichen
Dank dafür. An die Zuschauer: Wir haben
-
noch ein paar Minuten Zeit. Wenn ihr
schnell seid, tut eure Fragen jetzt in IRC
-
oder ins Twitter: rC3 und dann t-w-o,
Englisch two, rC3two für diesen Saal rC2.
-
Dann werden die Signal Angel, herzlichen
Dank für eure euer Engagement, die Frage
-
hier in das Pad tun und dann kann ich sie
vorlesen. Und bis dahin würde ich gerne,
-
Markus, von dir nochmal wissen: Ich bin
ja, was EU-Recht betrifft, komplett ein
-
unbelecktes Blatt, quasi. Was hältst du
denn vom Digital-Services-Act?
-
Markus: Also dass digitale Dienste
Gesetzespaket wird wahrscheinlich die
-
größte Lobby Schlacht der netzpolitischen
Geschichte werden. Und nochmal die
-
Datenschutzgrundverordnung von vor ein
paar Jahren irgendwie um Weiten toppen. Es
-
geht eigentlich darum, sozusagen die
Bedingungen oder die Regeln für das
-
Internet in der Europäischen Union, die
vor 19 Jahren abgeschlossen worden sind,
-
zu reformieren und gleichzeitig Wege zu
finden, wie man halt gegen die Marktmacht
-
von großen Tech Riesen angehen kann. Ich
halte den Aufschlag, den es jetzt kurz vor
-
Weihnachten gegeben hat, für interessant.
Aber noch zu, also es gibt da noch zu
-
wenig Fokus auf den Schutz von
Grundrechten. Das kann doch irgendwie sehr
-
optimiert werden. Das ist ein sehr
wirtschaftsliberaler Ansatz, der eher so
-
in die Richtung denkt, naja, also wir
wollen jetzt gar nicht irgendwie groß
-
Google, Facebook und Co. zerschlagen,
sondern wir wollen irgendwie Wettbewerb
-
für alle ermöglichen. Ich würde mir
wünschen, wenn wir es schaffen würden.
-
Cory Doctorow hat das auch sehr schön in
seinem Talk gestern irgendwie erwähnt.
-
Wenn wir es hinbekommen würden, irgendwann
wieder klare Regeln und Möglichkeiten zu
-
haben, solche riesigen Konglomerate wie
Facebook, Google oder Amazon auch mal zu
-
zerschlagen. Weil beispielsweise, wenn man
sich Facebook anschaut. Die haben
-
seinerzeit WhatsApp und Instagram jeweils
übernommen mit dem Versprechen, diese
-
Daten nicht zusammenzufügen, was sie jetzt
selbstverständlich machen, auch um zu
-
verhindern, dass sie möglicherweise
irgendwann mal zerschlagen werden. Ich
-
finde, man sollte jetzt, ein bisschen
polemisch gesagt, ein
-
Sonderkündigungsrecht vonseiten der EU-
Kommission irgendwie beantragen und die
-
einfach zerschlagen, weil die haben sich
einfach nicht an die sozusagen an das
-
Versprechen gehalten, weswegen sie damals
überhaupt diesen Merger machen konnten.
-
Und das haben ja auch, so die
Herausforderungen haben wir halt auch mit
-
Google und Co. Google ist ja nicht nur die
Suchmaschine, sondern Google dominiert
-
mit Android, mit der Suchmaschine, mit
YouTube verschiedene Märkte und führt das
-
alles zusammen. Und durch diese Datenmacht
hat man halt die Möglichkeit, dann auch
-
noch neue Märkte zu erobern. Und das haben
wir viel zu lange uns angeschaut und da
-
brauchen wir klare Regeln, wie wir dagegen
vorgehen können. Und wir brauchen dann
-
auch Regulierungsbehörden, die in der Lage
sind, quasi mit ausreichend Personal, was
-
auch technisch qualifiziert ist, auf
Augenhöhe mit irgendwie diesen Tech Riesen
-
unsere Regeln durchsetzen zu können.
Herald: Danke schön. Ich habe noch einen
-
kurzen Hinweis für die Zuschauer. Ich habe
keine Ahnung, ob ihr mich gerade überhaupt
-
sehen oder hören könnt oder ob der Stream
nach wie vor unter technischen
-
Schwierigkeiten leidet. Angeblich gibt es
wohl eine DDoS Attacke, eine distributed
-
denial of service Angriff auf die Videos
Streaming Infrastruktur derzeit. Falls ihr
-
mich gerade hören und sehen könnt, macht
euch keine Sorgen, all das hier ist in
-
guter Qualität aufgezeichnet und wird in
den nächsten Stunden auf media.ccc.de
-
veröffentlicht werden, inklusive dem
Vortrag. Ich habe bereits hier im
-
Kopfhörer aus der Stimme, von der Stimme
aus dem Off gehört, dass das Recording
-
einwandfrei und problemlos gelaufen ist
und der Vortrag deswegen, ihr könnt, ich
-
könnt ihn euch nochmals anschauen, falls
er für euch jetzt nicht genießbar war. Und
-
als abschließende, als eine der letzten
Fragen heute, wir haben noch Zeit für eine
-
weitere, würde ich dich bitten Markus,
erzähle uns doch nochmals ganz kurz. Jetzt
-
im Dezember haben du und ich mich auch
furchtbar aufgeregt über die unglaublich
-
kurzen Beteiligungsfristen seitens des
Bundesministerium des Innern für Bau und
-
Heimat. Die waren ja mit 26 Stunden für
108 Seiten lächerlich. Was ist denn aus
-
deiner Sicht deine Vision, deine Idee für
wie könnte man ein Beteiligungsverfahren
-
vonseiten des BMI eigentlich richtig
gestalten, proaktiv und konstruktiv
-
rangehen?
Markus: lacht Also das BMI hat ja, das
-
Innenministerium hat ja irgendwie mit dem
IT-Sicherheitsgesetz 2.0 vier Versuche
-
gebraucht, um irgendwie erst mal durchs
Bundeskabinetts zu bekommen. Also es wäre
-
schon mal hilfreich sozusagen, wenn man
z.B. Gesetzesentwürfe, die ja dann schon
-
überall zirkulieren, die allen Lobbys
schon auf dem Tisch liegen, selbst ins
-
Netz stellen würden, damit wir das nicht
immer machen müssen. Bei uns ist dann
-
immer eine Person den ganzen Tag lang
damit beschäftigt, irgendwie HTML rund um
-
so einen scheiß Gesetzestext rum zu
packen. Das könnte auch das BMI machen, ich
-
meine, wir bezahlen die dafür, so, und
dann könnte man natürlich längere
-
Antwortfristen haben. Man könnte das auch
alles sehr schön transparent zum
-
Gesetzesprozess mal gestalten, dass man
genau weiß, wo an welchen Punkten welche
-
Lobbyeinreichung gekommen sind, dass man
sich mit Argumenten auseinandersetzen
-
kann, dass halt das alles, was sozusagen
im Hintergrund passiert, dass das alles
-
mal aufgezeigt wird. Ich glaub, ich hab
jetzt nicht genau im Kopf, aber ich
-
glaube, die große Koalition hatte etwas in
diese Richtung in ihrem Koalitionsvertrag
-
versprochen. Ich hab's noch nie in freier
Wildbahn gesehen, dass es da mal, ja
-
einfach transparentere, bessere
Beteiligungsprozesse gibt. Möglich wär's,
-
so ein Thema wie ein IT-Sicherheitsgesetz
würde sich anbieten. Allerdings in der
-
öffentlichen Debatte ging es eigentlich
immer nur um Huawei, um 5G ja oder nein
-
und zum Schluss haben wir, hat man jetzt
hier so einen Formelkompromiss gefunden,
-
dass es vollkommen egal ist, ob Huawei und
5G, das irgendwann mal in der Zukunft
-
irgendwie beschlossen wird und alle sind
jetzt glücklich damit. Und dabei ist das
-
Thema einfach viel, viel relevanter und es
hätte eigentlich viel mehr mediale
-
Aufmerksamkeit auf all die anderen Aspekte
gebraucht, weil unser ganzes Internet,
-
unsere ganzen IT-Infrastrukturen, die sind
sowas von broken, da haben wir noch in
-
Zukunft viel mehr Probleme. Ich meine, da
gibt's einen ganzen Kongress gerade
-
darüber, was man da alles irgendwie mit
anstellen kann. Und das sind Probleme, die
-
wir lösen müssen und ein IT-
Sicherheitsgesetz oder mehr Investitionen
-
in IT-Sicherheit und eine andere IT-
Sicherheitspolitik, die auf Defensive
-
ausgerichtet ist, sind dringend notwendig,
aber werden nicht so wirklich von dieser
-
Bundesregierung realisiert.
Herald: Danke schön. Kommen wir zur
-
letzten Frage. netzpolitik.org schrieb
heute von einer Klage gegen das sächsische
-
Polizeigesetz. Kannst du uns einen kurzen
Abriss zum allgemeinen Stand der, auch der
-
anderen Klagen gegen die diversen
Polizeigesetze geben? Falls du das in
-
ungefähr 1-2 Minuten hinbekommst oder wäre
das zu umfangreich für jetzt?
-
Markus: Das müsste ich erst einmal bei uns
nachlesen, was vor allen Dingen Marie
-
Bröckling in den letzten Jahren alles
zusammengefasst hat. Also nee, also kann
-
ich jetzt nicht sagen, ich kann nur sagen,
irgendwie wenn man eine Klage einreicht,
-
dann muss man erst mal warten, ob sie
angenommen wird. Ja oder nein. Wenn sie
-
angenommen wird, dann dauert es halt
Ewigkeiten, bis sie dann auch mal
-
drankommt. Wie gesagt, ich habe es eben
schon einmal erwähnt. Wir haben eine ganze
-
Kette an früheren Überwachungsgesetzen und
dergleichen der letzten Legislaturperiode
-
der großen Koalition, die noch nicht
abgearbeitet wurde, während jetzt schon
-
ein Haufen neuer Gesetze da hingekommen
sind. Wir haben eine Pandemie, also auch
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Karlsruhe ist da leider nicht ganz so
schnell und schafft es auch nicht
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irgendwie das alles zeitnah abzuarbeiten,
was die große Koalition verbockt.
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Herald: Ja gut, vielen Dank. Vielleicht
magst du dann diesen Impuls mal mitnehmen.
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Falls bei euch in der Redaktion gerade mal
nichts brennt und der Krankenstand niedrig
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ist, wäre das ja mal ein cooles Projekt,
mal den aktuellen Stand der verschiedenen
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Polizeigesetze und der Klagen dagegen in
einem informativen Blogpost zu
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dokumentieren. Aber nur, falls nicht
gerade anderes brennt. Ich glaube, in den
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letzten 2 Monaten hätte es dafür keine
Chance gegeben, dafür Ressourcen
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freizumachen. Dafür habe ich großes
Verständnis. Willst du noch was sagen,
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Markus?
Markus: Ja. Danke fürs Zuhören. Wenn ihr
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unsere Arbeit gut findet, unterstützt uns
mit einer Spende. Wir sind fast
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ausschließlich spendenfinanziert bei
netzpolitik.org. Und ja, je mehr Geld wir
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haben, umso mehr können wir Themen
beackern und es gibt zu viele Themen, die
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auch von einer wachsenden digitalen
Zivilgesellschaft noch zu stiefmütterlich
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behandelt werden, weil wir einfach alle
keine Zeit haben, alles zu bearbeiten.
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Aber wir müssen mehr Augen auf mehr Themen
richten können, weil mittlerweile ist
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alles Netzpolitik. Im Bundestag wird
eigentlich in sämtlichen Ausschüssen über
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netzpolitische Fragen irgendwie diskutiert
bis hin in den Tourismus-Ausschuss, was
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viele vielleicht verwundern wird. Da
brauchen wir einfach mehr Augen drauf, um
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eine lebenswertere digitale Gesellschaft
zu schaffen.
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Herald: Vielen, vielen Dank Markus für
diesen tollen Vortrag und dieses
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ausgiebige Q&A danach. Ihr wisst, wie es
läuft, wenn ihr auf dem Weg raus seid.
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Bitte nehmt euren Müll mit und packt die
Flaschen in die bottle drop points neben
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den.. Ach, das war für nächstes Jahr, ne,
ok, anderer Text. Wir haben hier noch eine
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Herold News Show, wo wir euch, die
Herolde, erzählen, was sonst so passiert
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auch bei diesem rc3. Die, mit der geht es
jetzt hier gleich weiter und danach um
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19:20 mit einem super spannenden, hoch
technischen Vortrag zum Thema side channel
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attacks. Viel, viel Spaß und bis die Tage.
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rc3 Abspannmusik
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Untertitel erstellt von c3subtitles.de
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