Ami Klin: Eine neue Art der Diagnose für Autismus
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0:01 - 0:03Ich wollte schon immer
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0:03 - 0:06ein lebendes Labor für
soziales Engagement werden, -
0:06 - 0:10die Gefühle und Gedanken
anderer Menschen aufnehmen, -
0:10 - 0:15ihre Absichten und Beweggründe,
während ich mit ihnen zusammen bin. -
0:15 - 0:21Als Wissenschaftler wollte ich immer
schon diese Schwingungen messen, -
0:21 - 0:23dieses Gespür für das Andere,
das so schnell passiert, -
0:23 - 0:26in einem Augenblick.
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0:26 - 0:28Wir erkennen intuitiv
die Gefühle anderer. -
0:28 - 0:29Wir kennen die Bedeutung
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0:29 - 0:32ihrer Handlungen
bereits bevor sie passieren. -
0:32 - 0:34Wir sind ständig der Auffassung,
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0:34 - 0:37Gegenstand der Subjektivität
anderer zu sein. -
0:37 - 0:40Wir machen das andauernd.
Wir können es einfach nicht abschütteln. -
0:40 - 0:42Es ist so wichtig, dass
genau die Methoden, -
0:42 - 0:44die wir nutzen, um uns selbst
zu verstehen, um die Welt -
0:44 - 0:48um sie herum zu verstehen,
durch diese Haltung geprägt sind. -
0:48 - 0:51Wir sind bis aufs Mark sozial.
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0:51 - 0:54Meine Reise in die Welt des
Autismus begann also, als ich -
0:54 - 0:58in einer Wohngruppe für
Erwachsene mit Autismus lebte. -
0:58 - 1:01Die meisten dieser Personen
hatten einen Großteil ihres Lebens -
1:01 - 1:05in Langzeiteinrichtungen von Krankenhäusern
verbracht. Das ist lange her. -
1:05 - 1:09Und für sie war
Autismus verheerend. -
1:09 - 1:13Sie hatten schwerwiegende
geistige Behinderungen. -
1:13 - 1:16Sie sprachen nicht.
Doch vor allem -
1:16 - 1:20waren sie
außergewöhnlich isoliert -
1:20 - 1:23von der Welt um sie herum,
von ihrer Umgebung -
1:23 - 1:25und von den Menschen.
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1:25 - 1:28In der Tat konnte man,
wenn man damals in eine Schule -
1:28 - 1:32für Menschen mit Autismus kam,
eine Menge Lärm hören, -
1:32 - 1:38viel Aufregung, Aktivitäten,
Menschen in Aktion, -
1:38 - 1:41doch immer nur
jeder für sich. -
1:41 - 1:46So schauten sie vielleicht
eine Lampe an der Decke an, -
1:46 - 1:49oder sie würden alleine
in einer Ecke sitzen, -
1:49 - 1:52oder sie würden sich monotonen
Bewegungen hingeben, -
1:52 - 1:57selbststimulierenden Bewegungen,
die zu nichts führten. -
1:57 - 2:00In höchstem Maße isoliert.
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2:00 - 2:04Nun wissen wir, dass Autismus
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2:04 - 2:07eine Unterbrechung ist,
die Unterbrechung der Resonanz, -
2:07 - 2:10von der ich Ihnen berichte.
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2:10 - 2:12Dies sind Überlebenstechniken,
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2:12 - 2:14Überlebenstechniken, die wir
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2:14 - 2:16über viele hunderttausende
von Jahren -
2:16 - 2:19der Evolution geerbt haben.
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2:19 - 2:24Sehen Sie, Babys werden in einem Zustand
absoluter Zerbrechlichkeit geboren. -
2:24 - 2:26Ohne ihren Betreuer würden
sie nicht überleben, -
2:26 - 2:28somit leuchtet es ein,
dass die Natur sie mit -
2:28 - 2:32diesen Überlebensmechanismen
ausstatten würde. -
2:32 - 2:34Sie orientieren sich
am Betreuer. -
2:34 - 2:38Von den ersten Lebenstagen
und -wochen an -
2:38 - 2:41hören Babys lieber
menschliche Klänge als nur -
2:41 - 2:43Umgebungsgeräusche.
-
2:43 - 2:45Sie schauen lieber Personen
als Gegenstände an; -
2:45 - 2:47und selbst, wenn sie
Personen anschauen, -
2:47 - 2:50betrachten sie ihre Augen,
-
2:50 - 2:54denn das Auge ist das Fenster zu
den Erfahrungen des Anderen; -
2:54 - 2:56das geht soweit, dass sie sogar
lieber Menschen ansehen, -
2:56 - 3:01die sie auch anschauen,
als Menschen, die wegschauen. -
3:01 - 3:03Nun, sie wenden sich
dem Betreuer zu. -
3:03 - 3:05Der Betreuer wendet sich
dem Baby zu. -
3:05 - 3:09Und von dieser sich gegenseitig
verstärkenden Choreografie -
3:09 - 3:13hängt eine Menge dessen ab,
was für die geistige Entwicklung wichtig ist, -
3:13 - 3:18für den Gemeinschaftssinn, das soziale Gehirn.
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3:18 - 3:20Wir denken bei Autismus immer
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3:20 - 3:25an etwas, das erst
spät im Leben passiert. -
3:25 - 3:31Tut es nicht. Es beginnt
am Lebensanfang. -
3:31 - 3:35Wenn Babys mit Betreuern
interagieren, erkennen sie bald, -
3:35 - 3:39dass es etwas
zwischen den Ohren gibt, -
3:39 - 3:41das sehr wichtig ist –
-
3:41 - 3:45es ist unsichtbar, man kann es nicht sehen –
aber es ist wirklich wichtig, -
3:45 - 3:46und diese Sache nennt
sich Aufmerksamkeit. -
3:46 - 3:49Und sie lernen schon bald,
noch bevor sie auch nur -
3:49 - 3:52ein Wort sprechen können,
dass sie diese Aufmerksamkeit -
3:52 - 3:58auf etwas richten können, um Dinge
zu bekommen, die sie haben wollen. -
3:58 - 4:01Sie lernen auch,
dem Blick anderer zu folgen, -
4:01 - 4:03denn, was auch immer
Personen angucken, -
4:03 - 4:07ist das,
worüber sie nachdenken. -
4:07 - 4:09Und schon bald beginnen sie,
die Bedeutung -
4:09 - 4:13von Dingen zu lernen,
denn wenn jemand etwas anschaut -
4:13 - 4:15oder jemand auf etwas zeigt,
-
4:15 - 4:18bekommen sie nicht nur einen
richtungsweisenden Tipp, -
4:18 - 4:20sondern erfahren etwas über
die Bedeutung dieses Gegenstands -
4:20 - 4:23für die Person, ihre Einstellung dazu,
und schon bald -
4:23 - 4:27fangen sie an, einen Korpus
an Bedeutungen aufzubauen, -
4:27 - 4:30doch Bedeutungen,
die im Rahmen von -
4:30 - 4:32sozialen Interaktionen
erworben wurden. -
4:32 - 4:34Dies sind Bedeutungen,
die als Teil -
4:34 - 4:38ihrer mit anderen geteilten
Erfahrungen erworben werden. -
4:38 - 4:45Nun, dies ist ein 15 Monate altes
kleines Mädchen, -
4:45 - 4:49und sie ist autistisch.
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4:49 - 4:52Ich nähere mich ihr so sehr,
dass ich vielleicht -
4:52 - 4:565 cm von ihrem Gesicht entfernt bin,
und sie nimmt mich überhaupt nicht wahr. -
4:56 - 4:58Stellen Sie sich vor,
ich täte das mit Ihnen -
4:58 - 5:00und näherte mich Ihrem
Gesicht bis auf 5 cm. -
5:00 - 5:02Sie würden vermutlich
zwei Dinge machen, nicht? -
5:02 - 5:06Sie würden zurückweichen.
Sie würden die Polizei rufen. (Lachen) -
5:06 - 5:08Sie würden etwas unternehmen,
denn es ist schier unmöglich, -
5:08 - 5:11jemandes körperliche
Privatsphäre zu durchbrechen -
5:11 - 5:12und keine Reaktion zu erhalten.
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5:12 - 5:16Wir machen das, erinnern Sie sich,
intuitiv, ohne Anstrengung. -
5:16 - 5:17Das ist unsere Körperweisheit.
Es ist nicht -
5:17 - 5:22durch unsere Sprache vermittelt.
Unser Körper weiß es schlicht -
5:22 - 5:25und wir wissen das schon lange.
-
5:25 - 5:28Und das kann man
nicht nur bei Menschen finden. -
5:28 - 5:31Es ist auch bei einigen unserer
phyletischen Cousins zu beobachten; -
5:31 - 5:33denn wenn man ein Affe ist
-
5:33 - 5:35und einen anderen Affen anschaut
-
5:35 - 5:39und dieser Affe in der Hierarchie
höher steht als man selbst -
5:39 - 5:42und dies als Zeichen oder
Drohung verstanden wird, -
5:42 - 5:45nun, dann wird man
nicht mehr lange leben. -
5:45 - 5:50Etwas, das also bei anderen Spezies
Überlebensmechanismen sind, -
5:50 - 5:53ohne die sie schlicht
nicht leben würden, -
5:53 - 5:56bringen wir in den Kontext
der Menschen, -
5:56 - 6:00und das benötigen wir,
um einfach sozial zu handeln. -
6:00 - 6:03Sie nimmt mich also nicht wahr
und ich bin ihr so nah, -
6:03 - 6:05und man meint,
sie könne einen vielleicht sehen, -
6:05 - 6:07sie könne einen vielleicht hören.
-
6:07 - 6:09Nun, ein paar Minuten später
geht sie in eine Ecke -
6:09 - 6:15des Zimmers und findet eine
winzige Süßigkeit, einen M&M. -
6:15 - 6:19Ich konnte also ihre
Aufmerksamkeit nicht wecken, -
6:19 - 6:22doch etwas, ein Ding, konnte es.
-
6:22 - 6:24Nun machen die meisten von uns
einen großen Unterschied -
6:24 - 6:29zwischen der gegenständlichen Welt
und der menschlichen Welt. -
6:29 - 6:33Für dieses Mädchen aber
ist der Unterschied nicht so deutlich -
6:33 - 6:37und die menschliche Welt
interessiert sie nicht so sehr, -
6:37 - 6:38wie wir es gerne hätten.
-
6:38 - 6:40Erinnern Sie sich nun,
dass wir vieles -
6:40 - 6:42durch Erfahrungsaustausch lernen.
-
6:42 - 6:46Nun, was ihr gerade geschieht, ist,
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6:46 - 6:50dass ihr Lernweg
immer weiter abweicht -
6:50 - 6:54mit jedem Moment,
den sie sich abkapselt. -
6:54 - 6:57Manchmal scheint es uns,
als sei das Gehirn deterministisch, -
6:57 - 6:59das Gehirn bestimmt,
wer wir sein werden. -
6:59 - 7:02Doch tatsächlich wird das Gehirn
auch zu dem, was wir sind, -
7:02 - 7:06und während ihre Verhaltensmuster
-
7:06 - 7:09sich dem Reich sozialer Interaktion entziehen,
geschieht dasselbe -
7:09 - 7:15mit ihrem Geist und ihrem Gehirn.
-
7:15 - 7:20Autismus ist die am stärksten genetisch
bedingte Krankheit -
7:20 - 7:24unter den Entwicklungsstörungen,
-
7:24 - 7:27und es ist eine Störung
der Hirnfunktion. -
7:27 - 7:29Es ist eine Störung, die weit vor
-
7:29 - 7:32der Geburt des Kindes beginnt.
-
7:32 - 7:36Mittlerweile wissen wir, dass das
Autismusspektrum weit gefächert ist. -
7:36 - 7:38Es gibt Betroffene, die zutiefst
intellektuell beeinträchtigt sind, -
7:38 - 7:41aber es gibt auch solche,
die begabt sind. -
7:41 - 7:44Es gibt jene,
die gar nicht sprechen. -
7:44 - 7:46Es gibt solche,
die zu viel reden. -
7:46 - 7:48Es gibt diejenigen,
die man in ihrer Schule -
7:48 - 7:51dabei beobachtet,
wie sie den ganzen Tag -
7:51 - 7:54am Zaun entlang rennen,
wenn man sie lässt; -
7:54 - 7:56und diejenigen, die immer wieder
zu einem kommen, -
7:56 - 7:58und einen wiederholt und unerbittlich
in Beschlag nehmen, -
7:58 - 8:02jedoch häufig auf
unbeholfene Art und Weise, -
8:02 - 8:06ohne die unmittelbare Resonanz.
-
8:06 - 8:10Das ist viel weiter verbreitet,
als wir zuvor dachten. -
8:10 - 8:11Als ich auf diesem Gebiet anfing,
dachten wir, -
8:11 - 8:14vier von 10 000 Personen
hätten Autismus, -
8:14 - 8:16eine sehr seltene Krankheit.
-
8:16 - 8:20Mittlerweile wissen wir,
dass es ungefähr einer von 100 ist. -
8:20 - 8:25Um uns herum gibt es Millionen
Menschen mit Autismus. -
8:25 - 8:28Die gesellschaftlichen Kosten
dieser Erkrankung sind riesig. -
8:28 - 8:32Allein in den USA vielleicht
35 bis 80 Milliarden Dollar. -
8:32 - 8:35Und wissen Sie was?
Die meisten dieser Mittel -
8:35 - 8:37stehen im Zusammenhang mit Jugendlichen
und insbesondere mit Erwachsenen, -
8:37 - 8:39die immens beeinträchtigt sind,
-
8:39 - 8:41mit Personen,
die Rundum-Pflege benötigen, -
8:41 - 8:44sehr intensive Pflege,
und solche Pflege -
8:44 - 8:48kann mehr als
60- bis 80 000 Dollar im Jahr kosten. -
8:48 - 8:52Es sind Personen, die keine
Frühbehandlung genossen haben, -
8:52 - 8:56denn mittlerweile wissen wir,
dass Autismus sich ausbildet, -
8:56 - 8:59während sie sich von
diesem Lernweg wegbewegen, -
8:59 - 9:01wie ich beschrieben habe.
-
9:01 - 9:04Wenn wir diese Erkrankung
zu einem früheren Zeitpunkt -
9:04 - 9:08erkennen und behandeln könnten,
-
9:08 - 9:10ich kann Ihnen sagen,
und das hat in den letzten 10 Jahren -
9:10 - 9:13wahrscheinlich mein Leben verändert,
-
9:13 - 9:17diese Vorstellung,
dass wir diese Erkrankung -
9:17 - 9:19definitiv abschwächen können.
-
9:19 - 9:21Außerdem haben wir
begrenzte Zeit zu handeln, -
9:21 - 9:24denn das Gehirn ist nur
für eine gewisse Zeit formbar; -
9:24 - 9:26und dieser Handlungsspielraum umfasst
-
9:26 - 9:27die ersten drei Lebensjahre.
-
9:27 - 9:31Der Spielraum ist nicht
absolut darauf begrenzt. -
9:31 - 9:34Aber er verringert sich gewaltig.
-
9:34 - 9:38Trotzdem wird die Diagnose
hierzulande erst -
9:38 - 9:40durchschnittlich im Alter
von fünf Jahren gestellt. -
9:40 - 9:42In benachteiligten Bevölkerungen,
-
9:42 - 9:45jenen ohne Zugang
zu klinischer Versorgung, -
9:45 - 9:48ländlichen Bevölkerungen,
Minderheiten, -
9:48 - 9:51wird die Diagnose
noch später gestellt. -
9:51 - 9:53Das ist fast so, als ob
ich Ihnen sagen würde, -
9:53 - 9:56dass wir diese Gemeinden
dazu verdammen, -
9:56 - 10:00Mitglieder mit schwereren Formen
von Autismus zu haben. -
10:00 - 10:03Ich meine also, wir haben
eine bio-ethische Verpflichtung. -
10:03 - 10:06Die Wissenschaft gibt es schon,
-
10:06 - 10:09aber Wissenschaft ist irrelevant,
wenn Sie keine Wirkung -
10:09 - 10:13auf die Gemeinschaft hat,
und wir können es uns einfach nicht leisten, -
10:13 - 10:15diese Gelegenheit zu verpassen,
-
10:15 - 10:18denn aus Kindern mit Autismus
werden Erwachsene mit Autismus, -
10:18 - 10:22und wir meinen,
dass das, was wir -
10:22 - 10:24für diese Kinder, für diese Familien,
frühzeitig tun können, -
10:24 - 10:27lebenslange Konsequenzen
für das Kind, -
10:27 - 10:31die Familie und die Gemeinde
im allgemeinen hat. -
10:31 - 10:34Das ist also unsere Sicht
auf Autismus. -
10:34 - 10:37Über hundert Gene werden
mit Autismus in Verbindung gebracht. -
10:37 - 10:39Wir glauben,
dass es in der Tat wahrscheinlich -
10:39 - 10:43zwischen 300 und 600 Gene sind,
-
10:43 - 10:47vielmehr genetische Anomalien
als einfach nur Gene. -
10:47 - 10:51Und hier stellt sich
im Grunde eine Frage, -
10:51 - 10:55denn, wenn es so viele
verschiedene Ursachen von Autismus gibt, -
10:55 - 10:58wie kommt man von diesen
-
10:58 - 11:01zum eigentlichen Syndrom?
Denn Menschen wie ich -
11:01 - 11:04erkennen ein Kind mit Autismus,
-
11:04 - 11:07wenn wir ein
Spielzimmer betreten. -
11:07 - 11:09Wie gelangt man also
von vielfältigen Ursachen -
11:09 - 11:12zu einem eher
homogenen Syndrom? -
11:12 - 11:15Und die Antwort lautet:
über das dazwischen, -
11:15 - 11:18über die Entwicklung.
-
11:18 - 11:21Tatsächlich haben wir
ein großes Interesse -
11:21 - 11:24an diesen ersten
beiden Lebensjahren, denn -
11:24 - 11:26diese Belastungen entwickeln sich
nicht zwingend zu Autismus. -
11:26 - 11:29Autismus erschafft sich selbst.
-
11:29 - 11:34Könnten wir innerhalb
dieser Lebensjahre eingreifen, -
11:34 - 11:36könnten wir einige Fälle
mildern und, wer weiß, -
11:36 - 11:40vielleicht sogar einige verhindern.
-
11:40 - 11:42Wie stellen wir das aber an?
-
11:42 - 11:45Wie bringen wir dieses
Gefühl der Resonanz ein? -
11:45 - 11:49Wie gelangen wir
in das Wesen eines Anderen? -
11:49 - 11:52Ich erinnere mich, als ich mit dem
15 Monate alten Mädchen interagierte, -
11:52 - 11:54ging mir durch den Kopf:
-
11:54 - 11:57"Wie kann man
in ihre Welt eintreten? -
11:57 - 12:01Denkt sie über mich nach?
Denkt sie über andere nach?" -
12:01 - 12:06Das ist schwierig,
deshalb mussten wir -
12:06 - 12:09die Technologien entwickeln. Wir mussten uns
im Grunde in einen Körper hineinversetzen. -
12:09 - 12:13Wir mussten die Welt
durch ihre Augen sehen. -
12:13 - 12:16So haben wir über viele Jahre
diese neuen Technologien erstellt, -
12:16 - 12:20die auf der Verfolgung
der Augenbewegungen basieren. -
12:20 - 12:22Wir können für jeden
Moment nachvollziehen, -
12:22 - 12:25womit sich Kinder beschäftigen.
-
12:25 - 12:28Das ist mein Kollege
Warren Jones, mit dem -
12:28 - 12:31wir diese Methoden,
diese Studien erstellt haben -
12:31 - 12:33über die letzten 12 Jahre,
-
12:33 - 12:36und Sie sehen ein fröhliches,
fünf Monate altes Baby, -
12:36 - 12:42einen fünf Monate alten, kleinen Jungen,
der Dinge beobachten wird, -
12:42 - 12:45die aus seiner Welt
hergebracht werden, -
12:45 - 12:47seine Mama, die Betreuung,
aber auch Erfahrungen, -
12:47 - 12:52die er in der Tagesstätte
machen würde. -
12:52 - 12:54Wir wollen diese Welt erfassen
-
12:54 - 12:55und sie in unser Labor bringen,
-
12:55 - 12:59aber damit wir das tun konnten,
mussten wir -
12:59 - 13:02diese hochkomplizierten
Messtechniken entwickeln, -
13:02 - 13:05Maße dafür, wie Menschen,
wie kleine Babys, -
13:05 - 13:08wie Neugeborene
sich mit der Welt beschäftigen, -
13:08 - 13:10Moment für Moment,
-
13:10 - 13:13was wichtig ist und was nicht.
-
13:13 - 13:16Wir erstellten also
diese Maße und hier -
13:16 - 13:20sehen Sie einen so genannten
Aufmerksamkeitstrichter. -
13:20 - 13:22Sie sehen ein Video an,
-
13:22 - 13:24die Bilder haben einen Abstand
von circa einer Sekunde, -
13:24 - 13:27durch die Augen von 35
sich typisch entwickelnden -
13:27 - 13:29Zweijährigen.
-
13:29 - 13:32Wir halten das Bild an,
-
13:32 - 13:35und das machen
typische Kinder. -
13:35 - 13:39In diesem Scan-Ausweis, in grün hier,
sind Zweijährige mit Autismus. -
13:39 - 13:43Bei diesem Standbild
beobachten -
13:43 - 13:46typische Kinder das,
-
13:46 - 13:49das Gefühl des Ausdrucks
dieses kleinen Jungen, -
13:49 - 13:51als er etwas mit
dem kleinen Mädchen streitet. -
13:51 - 13:54Was machen die Kinder
mit Autismus? -
13:54 - 13:57Sie konzentrieren sich
auf die Drehtür, -
13:57 - 13:59die sich öffnet und schließt.
-
13:59 - 14:02Ich kann Ihnen sagen,
dass diese Abweichung, -
14:02 - 14:02die Sie hier sehen,
-
14:02 - 14:06nicht nur in unserem fünf-minütigen
Experiment vorkommt. -
14:06 - 14:09Sie kommt in jedem Moment
ihres realen Lebens vor, -
14:09 - 14:12und ihr Verstand formt sich,
-
14:12 - 14:15und ihr Gehirn spezialisiert sich
auf etwas anderes -
14:15 - 14:19als bei ihren typischen
Altersgenossen. -
14:19 - 14:22Wir nahmen ein Konstrukt
-
14:22 - 14:25unserer Freunde
aus der Pädiatrie, -
14:25 - 14:27das Konzept der
Wachstumskurven. -
14:27 - 14:29Sie wissen schon, wenn man
mit dem Kind zum Kinderarzt geht, -
14:29 - 14:33hat man physische Größe
und Gewicht. -
14:33 - 14:36Wir entschieden uns also,
Wachstumskurven -
14:36 - 14:38von sozialen Bindungen
zu erstellen; -
14:38 - 14:41und wir untersuchten Kinder
von der Zeit ihrer Geburt an. -
14:41 - 14:47Hier auf der X-Achse
sehen Sie zwei, drei, vier, -
14:47 - 14:51fünf, sechs Monate und neun,
ungefähr bis zum Alter von 24 Monaten, -
14:51 - 14:54und das ist der
Prozentsatz der Zeit, -
14:54 - 14:55in der sie sich auf die Augen
der Menschen konzentriert haben, -
14:55 - 14:58und das ist ihre Wachstumskurve.
-
14:58 - 15:01Sie beginnen hier drüben,
sie lieben menschliche Augen, -
15:01 - 15:03und das bleibt ziemlich stabil.
-
15:03 - 15:07In den ersten Monaten
ist es etwas stärker ausgeprägt. -
15:07 - 15:09Sehen wir uns an,
was mit den Babys passiert, -
15:09 - 15:12die autistisch wurden.
-
15:12 - 15:14Das ist etwas ganz anderes.
-
15:14 - 15:18Es beginnt hier oben,
aber dann kommt der freie Fall. -
15:18 - 15:21Es scheint, als ob sie
den Reflex mitbrächten, -
15:21 - 15:25der sie sich Menschen zuwenden lässt,
aber er hat keine Zugkraft. -
15:25 - 15:28Es ist fast, als ob
dieser Stimulus, Sie, -
15:28 - 15:31Sie haben keinen Einfluss darauf,
was passiert, -
15:31 - 15:35als sie durch ihr
tägliches Leben steuern. -
15:35 - 15:41Wir fanden diese Daten
auf eine Art so mächtig, -
15:41 - 15:44dass wir sehen wollten,
was in den ersten sechs -
15:44 - 15:47Lebensmonaten passierte,
denn wenn man mit -
15:47 - 15:49einem zwei- und drei-Monate
alten Baby interagiert, -
15:49 - 15:53wäre man überrascht,
wie gesellig diese Babys sind. -
15:53 - 15:56In den ersten sechs Lebensmonaten
können wir beobachten, -
15:56 - 16:02dass diese zwei Gruppen
sehr leicht zu unterscheiden sind. -
16:02 - 16:05Indem wir diese Maße,
und viele weitere, nutzten, -
16:05 - 16:09fanden wir heraus,
dass unsere Wissenschaft -
16:09 - 16:12diese Erkrankung tatsächlich
frühzeitig erkennen kann. -
16:12 - 16:15Wir mussten nicht
darauf warten, dass sich -
16:15 - 16:18autistische Verhaltensweisen
im zweiten Lebensjahr zeigten. -
16:18 - 16:21Wenn wir Dinge messen,
die entwicklungsgeschichtlich -
16:21 - 16:25stabil sind und sich entwicklungsgemäß
frühzeitig zeigen; -
16:25 - 16:28Dinge, die von den ersten
Lebenswochen an aktiv sind, -
16:28 - 16:30könnten wir das
Feststellen von Autismus -
16:30 - 16:32bis zu diesen
ersten Monaten vorziehen, -
16:32 - 16:36und das machen wir jetzt.
-
16:36 - 16:39Wir können jetzt die besten
Technologien entwickeln, -
16:39 - 16:43und die besten Methoden,
die Kinder zu identifizieren, -
16:43 - 16:46aber das wäre umsonst,
wenn wir keine Wirkung darauf hätten, -
16:46 - 16:50was in ihrer Realität
in der Gemeinschaft passiert. -
16:50 - 16:52Wir wollen natürlich,
dass diese Hilfsmittel -
16:52 - 16:55von denen eingesetzt werden,
die an der Front kämpfen, -
16:55 - 16:57unseren Kollegen,
den Hausärzten, -
16:57 - 17:00die jedes Kind
zu Gesicht bekommen, -
17:00 - 17:02und wir müssen diese Technologien
in etwas verwandeln, -
17:02 - 17:05das einen Mehrwert
für ihre Praxis bietet, -
17:05 - 17:08weil sie sich so viele Kinder
ansehen müssen. -
17:08 - 17:10Und wir möchten es
universell angehen, -
17:10 - 17:12so dass wir kein Kind auslassen,
-
17:12 - 17:14aber das wäre unmoralisch,
-
17:14 - 17:19wenn wir nicht auch
eine Infrastruktur für die Intervention, -
17:19 - 17:20für die Behandlung hätten.
-
17:20 - 17:23Wir müssen mit den Familien
arbeiten können, -
17:23 - 17:26sie unterstützen,
die ersten Jahre mit ihnen bewältigen. -
17:26 - 17:30Wir müssen
in der Lage sein, wirklich -
17:30 - 17:34von umfassender Vorsorge
zu umfassendem Behandlungszugang zu gelangen, -
17:34 - 17:37denn diese Behandlung
wird das Leben -
17:37 - 17:41dieser Kinder und
das ihrer Eltern verändern. -
17:41 - 17:45Wenn wir nun
darüber nachdenken, was wir -
17:45 - 17:49in diesen ersten Jahren
tun können, -
17:49 - 17:51ich kann Ihnen sagen,
-
17:51 - 17:54nachdem ich so lange
auf diesem Gebiet tätig bin, -
17:54 - 17:57fühlt man sich richtig verjüngt.
-
17:57 - 18:01Man hat das Gefühl, dass die Forschung,
mit der man sich beschäftigt hat, -
18:01 - 18:04wirklich einen Effekt
auf die Realität haben kann, -
18:04 - 18:07dass sie tatsächlich
diese Erfahrungen verhindern kann, -
18:07 - 18:11mit denen ich meinen Weg
auf diesem Gebiet begonnen hatte. -
18:11 - 18:14Damals dachte ich, dass es sich um eine
unnachgiebige Erkrankung handelte. -
18:14 - 18:18Jetzt nicht mehr.
Wir können sehr viel tun. -
18:18 - 18:21Es geht nicht darum,
Autismus zu heilen. -
18:21 - 18:24Darum geht es nicht.
-
18:24 - 18:26Wir wollen sicher stellen,
-
18:26 - 18:28dass jene Personen mit Autismus von den
verheerenden Konsequenzen befreit werden, -
18:28 - 18:33die die Erkrankung
manchmal mit sich bringt, -
18:33 - 18:36die tiefen geistigen Behinderungen,
der Mangel an Sprachfertigkeit, -
18:36 - 18:39die tiefgreifende Isolation.
-
18:39 - 18:42Wir denken, dass Personen
mit Autismus tatsächlich -
18:42 - 18:44eine sehr spezielle Sicht
auf die Welt haben, -
18:44 - 18:48und wir brauchen Vielfalt,
und sie können sehr gut -
18:48 - 18:50in einigen Bereichen
ihrer Stärken arbeiten: -
18:50 - 18:53in vorhersehbaren Situationen,
in Situationen, die definiert werden können. -
18:53 - 18:57Denn, alles in allem,
lernen sie die Welt kennen, fast so -
18:57 - 19:01als ob sie etwas darüber lernen,
nicht, wie man darin funktioniert. -
19:01 - 19:04Das ist jedoch eine Stärke,
wenn man beispielsweise -
19:04 - 19:06in der Technologie arbeitet.
-
19:06 - 19:08Es gibt Betroffene
mit unglaublichen -
19:08 - 19:10künstlerischen Fähigkeiten.
-
19:10 - 19:12Wir möchten sie befreien.
-
19:12 - 19:15Wir möchten, dass die nächste Generation
der von Autismus betroffenen -
19:15 - 19:18ihre Stärken nicht nur zeigen kann,
-
19:18 - 19:20sondern das Versprechen
dieser Stärken einlösen kann. -
19:20 - 19:24Danke fürs Zuhören. (Applaus)
- Title:
- Ami Klin: Eine neue Art der Diagnose für Autismus
- Speaker:
- Ami Klin
- Description:
-
Die frühzeitige Diagnose von Störungsbildern des autistischen Spektrums kann das Leben aller Betroffenen verbessern, aber das komplexe Ursachengeflecht macht es unglaublich schwierig, sie vorherzusehen. Bei TEDxPeachtree beschreibt Ami Klin eine neue Methode der frühzeitigen Erkennung, die Eye-tracking-Technologien nutzt, um die Fähigkeiten der sozialen Interaktion bei Babys zu beurteilen und das Risiko, dass sie Autismus entwickeln, verlässlich zu messen. (Gefilmt bei TEDxPeachTree.)
- Video Language:
- English
- Team:
- closed TED
- Project:
- TEDTalks
- Duration:
- 19:44
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Judith Matz accepted German subtitles for A new way to diagnose autism | ||
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