Martin Haase/maha, Kai Biermann: „Nach bestem Wissen und Gewissen“ – Floskeln in der Politik
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0:00 - 0:09Vorspannmusik
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0:13 - 0:16Herald: Ich freue mich, dass ihr alle
wieder hier seid, so früh am Morgen. -
0:16 - 0:22Und ich freue mich umso mehr,
maha und Kai Biermann begrüßen zu dürfen. -
0:22 - 0:29Applaus
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0:32 - 0:36Hier ist „Nach bestem Wissen und Gewissen
– Floskeln in der Politik”. Ich habe -
0:36 - 0:39vollstes Vertrauen, dass die beiden uns
auch heute abend gut unterhalten werden. -
0:39 - 0:47Applaus
maha + Kai: Heute abend? -
0:47 - 0:50Guten Tag, meine sehr verehrten
Damen und Herren, -
0:50 - 0:53liebe Wählerinnen und Wähler,
liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer -
0:53 - 0:56des 32. Chaos Communication Congress,
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0:56 - 0:59liebe Vertreterinnen und Vertreter
gesellschaftlicher Gruppen, -
0:59 - 1:03liebe Zuschauerinnen und Zuschauer
an den neuartigen Empfangsgeräten. -
1:03 - 1:04Lachen
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1:04 - 1:07Liebe Freunde, ich freue mich, heute
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1:07 - 1:12hier in diesem Raum, vor Ihnen,
vor euch reden zu dürfen. -
1:12 - 1:16Irgendwie sehen wir alle
nicht aus wie Revolutionäre. -
1:16 - 1:19Jedenfalls nicht wie die, die
man sich so landläufig vorstellt. -
1:19 - 1:23Und trotzdem stecken wir
mittendrin in einer Revolution, -
1:23 - 1:27die wir einerseits beobachten,
die wir andererseits aber auch -
1:27 - 1:32in den unterschiedlichsten Rollen
am eigenen Leib erleben. -
1:32 - 1:34Die Frage vor der wir stehen ist:
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1:34 - 1:39Sind wir eigentlich Subjekte des
Wandels wie klassische Revolutionäre? -
1:39 - 1:42Bestimmen wir mit, wohin die Reise geht?
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1:42 - 1:45Oder werden wir Objekte der Mächte,
die auf immer neuen Feldern -
1:45 - 1:48diese Revolution für sich nutzen?
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1:48 - 1:52Es geht um die Grundlagen des Lebens
der Generationen, die nach uns kommen. -
1:52 - 1:56Wir wissen: wir müssen heute handeln.
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1:56 - 1:58maha: Ja...
Kai: Das muss der An... -
1:58 - 2:00das muss der Anspruch...
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2:00 - 2:03maha: Ja, gut, also.
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2:03 - 2:10Applaus
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2:10 - 2:14maha: Das war jetzt bis auf die Worte
„32. Chaos Communication Congress“ -
2:14 - 2:16kein Text von Kai, sondern
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2:16 - 2:20Originaltexte von Angela Merkel.
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2:20 - 2:26Lachen
Applaus -
2:26 - 2:30Ja, auch das mit der Revolution.
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2:30 - 2:35Also wir merken schon, es geht
hier um Phrasen und Floskeln -
2:35 - 2:38und weil ja so‘n bisschen der
wissenschaftliche Anspruch da sein muss, -
2:38 - 2:40gibt‘s erst mal eine Definition.
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2:40 - 2:46Die Phraseologie ist ja bekanntlich
die Lehre von den Phraseologismen, -
2:46 - 2:49also von festen Wendungen.
Was wir hier machen ist neu, -
2:49 - 2:54das ist die Phrasologie, nämlich
die Lehre von den leeren Phrasen, -
2:54 - 2:58Floskeln und Gemeinplätzen.
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2:58 - 3:03Ja was sind das, Phrasen,
Floskeln, Gemeinplätze? -
3:03 - 3:07Man erkennt sie daran, dass sie wenig bis
gar keine neue Information enthalten. -
3:07 - 3:09Das ist nachher auch
ein wichtiges Kriterium, -
3:09 - 3:11wir wollen ja solche entdecken, in Texten.
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3:11 - 3:17Und eben genau diese Dinge, die eben
keine neue Information enthalten -
3:17 - 3:23sind irgendwie, ja, auffällig.
Sie klingen gut. -
3:23 - 3:28Gut das kann man jetzt weniger schlecht,
äh, weniger gut, genau, einordnen. -
3:28 - 3:32Und sie sind offensichtlich wahr.
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3:32 - 3:37Man kann auch vielleicht
von Blähsprech sprechen. -
3:37 - 3:40vereinzeltes Lachen
Ja, es wird gelacht -
3:40 - 3:42einzelnes Klatschen
und geklatscht. -
3:42 - 3:45Aber das heißt wirklich so,
nur auf griechisch. -
3:45 - 3:50Pleonasmus ist nichts
anderes als Blähsprech. -
3:50 - 3:55Lachen und Applaus
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3:55 - 4:02Ja, wir fangen an mit Hypothesen.
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4:04 - 4:06Ach, ich soll das machen?
Kai: Da steht maha. -
4:06 - 4:09maha: Ja, ok. Also, wir sind
noch nicht ganz wach. -
4:09 - 4:11Kai: Entschuldigung!
maha: Floskeln, Phrasen und Gemeinplätze -
4:11 - 4:15haben also eine Funktion in der
politischen Sprache, ist unsere Hypothese, -
4:15 - 4:20die sind nicht einfach nur so da, um
den Text länger zu machen. -
4:20 - 4:23Sie haben eine Aufgabe. Und das möchten
wir dann auch zeigen, an Beispielen. -
4:23 - 4:25Also Zusammenhänge
sollen verschleiert werden. -
4:25 - 4:28Das ist irgendwie sehr naheliegend.
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4:28 - 4:32Die Informationsdichte
soll verringert werden, -
4:32 - 4:36oder es soll überhaupt von geringer
Informationsmenge abgelenkt werden. -
4:36 - 4:42Wir haben nachher eine Presse-
Erklärung, da ist null Information drin. -
4:42 - 4:46Und das werden wir uns dann anschauen.
Sie sollen manchmal auch davon ablenken, -
4:46 - 4:50worum es eigentlich geht.
Auf der anderen Seite, -
4:50 - 4:53und das betrifft jetzt auch so‘n
bisschen den Journalismus, -
4:53 - 4:57sie sollen für zitierfähige Sätze sorgen,
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4:57 - 5:00ohne eine klare Position
erkennen zu lassen. -
5:00 - 5:06Und sie sollen bei möglichst vielen
Menschen den Eindruck hervorrufen, -
5:06 - 5:13dass eben diese Menschen gehört
haben, was sie hören wollen. -
5:13 - 5:16Das ist, diese Sätze sind
oft so semantisch offen, -
5:16 - 5:19dass man eben seinen eigenen Eindruck
da irgendwie reininterpretieren kann. -
5:19 - 5:22Wir werden das auch nachher
an einem Beispiel sehen, -
5:22 - 5:25wo jemand eine Pressekonferenz hält
-
5:25 - 5:28und alle hören raus,
was sie raushören wollen. -
5:28 - 5:31Das ist wirklich... das ist
auch ein bekannter Text. -
5:31 - 5:37Ja, und dann geht es natürlich um
Schlagworte, und zwar um Schlagworte, -
5:37 - 5:40die bestimmte Leute hören wollen,
die sollen verwendet werden. -
5:40 - 5:45Und, ja, sie sollen
kontextualisiert werden -
5:45 - 5:49durch möglicherweise harmlosen Kontext.
Und jetzt kommt gleich das erste Beispiel, -
5:49 - 5:53weil das alles so abstrakt ist.
Und jetzt ist aber Kai... -
5:53 - 5:56Kai: Und wir haben natürlich ein
„heißes Eisen” mitgenommen, -
5:56 - 5:59um gleich eine solche
Floskel zu verwenden. -
5:59 - 6:02Sie hören gleich einen
bekannten Politiker. -
6:02 - 6:07Der spricht zum Thema Exporte
oder geplante Exporte -
6:07 - 6:09von Leopard-Panzern nach Saudi-Arabien.
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6:09 - 6:11Die sind ja nicht ganz unumstritten.
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6:11 - 6:14Und wir hören ihn in zwei Versionen.
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6:16 - 6:19Gabriel: Die Waffen, die Waffen,
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6:19 - 6:22bei denen Sie bereit sind,
das sie geliefert werden dürfen, -
6:22 - 6:25bedrohen nicht den Iran,
sondern die Demokratiebewegung. -
6:25 - 6:28Sie schützen nicht Israel,
sondern ein feudales Herrscherhaus -
6:28 - 6:32und sie gefährden, und das will
ich dann auch mal deutlich sagen, -
6:32 - 6:36im Zweifel dann auch irgendwann uns,
denn eine Lehre haben wir doch, -
6:36 - 6:40wenn wir im Westen in der
Vergangenheit gedacht haben, -
6:40 - 6:42amerikanische Außenpolitik nach dem Motto
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6:42 - 6:46„der Teufel den wir kennen, ist besser
als den, den wir nicht kennen“ -
6:46 - 6:48dass sowas schnell schiefgehen kann.
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6:48 - 6:52Und erst Waffen schicken und dann
hinterher Bundeswehrsoldaten -
6:52 - 6:55um Friedens- oder
Kriegseinsätze zu machen, -
6:55 - 6:57diese Waffen denen wieder abzunehmen,
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6:57 - 6:59das ist auch keine besonders
kluge Außenpolitik, -
6:59 - 7:05sie ist gefährlich für unsere Soldatinnen
und Soldaten, meine Damen und Herren. -
7:06 - 7:11K: Hier nochmal der Text, so zum bisschen
nachlesen, meine Damen und Herren. -
7:11 - 7:12Das war relativ klar.
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7:12 - 7:14Natürlich hat er so ein
paar Phrasen benutzt -
7:14 - 7:20also zum Beispiel die, dass er etwas
besonders klar sagen will und so -
7:20 - 7:24aber in der Summe
war der Text relativ klar. -
7:24 - 7:292011, man bemerke das Datum, Sigmar
Gabriel war damals in der Opposition. -
7:29 - 7:33Der gleiche Politiker, zum gleichen Thema,
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7:33 - 7:38mit der gleichen Grundhaltung: 2014.
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7:39 - 7:40G: Religiös, ethnisch und politisch
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7:40 - 7:45war der arabische Raum schon immer
eine der komplexesten Regionen der Welt, -
7:45 - 7:47das gilt heute vielleicht mehr denn je.
-
7:47 - 7:51Viele dieser Konflikte werden
gewaltsam ausgetragen, -
7:51 - 7:55weitere Spannungen können sich über
kurz oder lang militärisch entladen. -
7:55 - 7:58So ist es spätestens jetzt
unausweichlich geworden, -
7:58 - 8:01Rüstungsgüter nur nach
sehr strengen Kriterien -
8:01 - 8:04und nach dem Grundsatz
größter Zurückhaltung -
8:04 - 8:06in diese Region auszuführen.
-
8:06 - 8:09Gleichzeitig dürfen die
Massivität und die Komplexität -
8:09 - 8:12der Gewaltausbrüche
uns nicht dazu verleiten, -
8:12 - 8:16auf Differenzierungen, auch innerhalb
des arabischen Raums, zu verzichten. -
8:16 - 8:21Wir sollten jedenfalls in jedem Fall eine
sorgfältige Einzelfallabwägung treffen. -
8:21 - 8:23Die vielfach nachgefragte Lieferung
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8:23 - 8:26von Kampfpanzern Leopard
in den arabischen Raum, -
8:26 - 8:29oder auch in andere Regionen der Welt,
darf deshalb eben gerade nicht -
8:29 - 8:32unter wirtschaftspolitischen Interessen
entschieden werden, sondern auf der -
8:32 - 8:36Grundlage einer solch differenzierten
außen- und sicherheitspolitischen Analyse. -
8:36 - 8:40Ich komme bei dieser
Analyse zu dem Ergebnis, -
8:40 - 8:43dass sich die Lieferung
dieses Waffensystems -
8:43 - 8:46wie auch in den vergangenen
Jahrzehnten nicht rechtfertigen ließe. -
8:46 - 8:50Natürlich muss regelmäßig überprüft
werden, ob die getroffenen Beurteilungen -
8:50 - 8:52von denkbaren Exportländern noch zutreffen
-
8:52 - 8:55oder sich verändert haben, aufgrund der
-
8:55 - 9:00politischen und gesellschaftlichen
Veränderungen vor Ort. -
9:00 - 9:06Kai: Hier nochmal für alle, denen es zu
schnell ging oder zu viel war, der Text. -
9:06 - 9:10Nochmal. Das gleiche Thema.
Die gleiche Grundhaltung. -
9:10 - 9:13Ich hoffe, Sie haben es erkannt, dass
Sigmar Gabriel immer noch die Haltung hat, -
9:13 - 9:20dass er den Export von
Leopard-Panzern ablehnt. -
9:20 - 9:22Es klingt nur etwas anders.
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9:22 - 9:232011 waren es Waffen,
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9:23 - 9:26und die waren gefährlich, für die
eigenen Soldatinnen und Soldaten -
9:26 - 9:28und überhaupt und eine dumme Idee.
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9:28 - 9:322014 – Sigmar Gabriel ist
inzwischen in der Regierung – -
9:32 - 9:36sind es Waffensysteme, und ein Export
lässt sich nicht mehr rechtfertigen. -
9:36 - 9:39Muss aber regelmäßig überprüft
werden, ob das noch stimmt. -
9:39 - 9:43Sprache verschleiert hier sehr gut,
-
9:43 - 9:45dass er immer noch
der gleichen Meinung ist, -
9:45 - 9:51aber es inzwischen nicht mehr so richtig
opportun ist, die so klar zu äußern. -
9:51 - 9:55maha: Genau. Wir kommen
jetzt zum Vorlesungsteil. -
9:55 - 9:58Ja, Typen von Phrasen,
Floskeln, was gibt‘s da? -
9:58 - 10:01Also ich hab die so kategorisiert.
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10:01 - 10:04Die echten Phraseologismen,
gleich kommen die Beispiele, -
10:04 - 10:08oder Kollokationen,
dann Gemeinplätze, -
10:08 - 10:11dann die bekannten Pleonasmen,
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10:11 - 10:13da besonders Hendiadyoin,
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10:13 - 10:16und bedeutungsleere Wörter.
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10:16 - 10:18Wir fangen an mit den
echten Phraseologismen, -
10:18 - 10:22da sind ein paar bekannte Beispiele:
Es wird sich immer gern „bekannt“, -
10:22 - 10:25das hatten wir im letzten
Jahr in der digitalen Agenda, -
10:25 - 10:27da wurde sich sehr viel
bekannt zum Breitbandausbau. -
10:27 - 10:32„Wir schaffen das“ ist so ähnlich,
also optimistische Grundhaltung, -
10:32 - 10:35aber was genau getan
wird, wissen wir nicht. -
10:35 - 10:40„Hochrangige Gespräche“,
klar, das ist irgendwie... -
10:40 - 10:42hochrangig und Gespräche,
das passt gut zusammen, -
10:42 - 10:47obwohl es keine niederrangigen Gespräche
gibt, da kommen wir gleich noch drauf. -
10:47 - 10:50„Deutscher Boden“ ist
auch jetzt sehr beliebt; -
10:50 - 10:53„auf deutschem Boden deutsches
Recht“ soll eingehalten werden -
10:53 - 10:55hat Pofalla damals gesagt.
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10:55 - 10:59Da gibt‘s ja, gab‘s ja auch noch einen
Vortrag über die Weltraumtheorie und so. -
10:59 - 11:04„Gute Arbeit“ wird geleistet,
schlechte Arbeit meistens nicht. -
11:04 - 11:08Die „Grenzen der Belastbarkeit“
ist so eine feste Wendung, -
11:08 - 11:12„der Auftrag des Wählers“,
„ist vom Tisch“ auch wieder Pofalla, -
11:12 - 11:15„die rote Linie“, „unter Hochdruck“,
kommen wir noch drauf. -
11:15 - 11:18Hier ein paar, hier nochmal
ein besonderes Beispiel -
11:18 - 11:22was uns aufgefallen ist, „sich
mit etwas zufrieden äußern“ -
11:22 - 11:24eigentlich so eine Doppelprädikation,
-
11:24 - 11:29also sich äußern und zufrieden sein,
hier sind also mal ein paar Beispiele -
11:29 - 11:34wer... mit was man sich alles
zufrieden äußern kann. -
11:34 - 11:39Ja, dann hab ich hier so eine
ganze Gruppe von Beispielen -
11:39 - 11:44die was mit klar, und
Klartext zu tun haben: -
11:44 - 11:49„Klar sagen“, „Klartext reden“,
„klare Worte“, „klar Stellung beziehen“. -
11:49 - 11:52Wie man unklar Stellung beziehen
kann, weiß ich auch nicht so genau. -
11:52 - 11:56Und Pofalla will sogar
„zusätzliche Klarheit“ haben. -
11:56 - 11:58Also, wenn schon alles klar ist,
-
11:58 - 12:02was ist dann die zusätzliche
Klarheit, man weiß es nicht. -
12:02 - 12:05Dann die berühmten Gemeinplätze.
Ich hatte dieses T-Shirt schonmal an -
12:05 - 12:07und bin gefragt worden,
was das eigentlich bedeutet, -
12:07 - 12:11also „das Gras ist grün“
ist so ein Gemeinplatz. -
12:11 - 12:12Fällt auch auf, weil es hier rot ist,
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12:12 - 12:19das haben Hörer meiner Vorträge
entworfen für mich, dieses T-Shirt. -
12:19 - 12:23Oder Westerwelle „Nichts ist einfach,
vieles bleibt schwierig in Afghanistan.“ -
12:23 - 12:26auch ein Beispiel, was wir
schon mal hatten. Lachen -
12:26 - 12:29Klar! Also ein Gemeinplatz
ist etwas, was schon -
12:29 - 12:31von vornherein klar ist.
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12:31 - 12:34„Die Lage ist ernst.“ De Maizière.
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12:34 - 12:36Oder auch de Maizière: „Wir
können nur etwas erreichen, -
12:36 - 12:41wenn alle ihren Beitrag leisten.“
Ja. Klar. Dann kann man was erreichen. -
12:41 - 12:44Und jetzt hier die Krönung
aller Gemeinplätze, -
12:44 - 12:49die jetzt sogar Mem-Status hat und,
ohne dass wir uns abgesprochen haben, -
12:49 - 12:52schon von Fefe gestern vorgeführt
wurde, wie ich gehört habe, -
12:52 - 12:53aber trotzdem. Es ist so schön:
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12:53 - 12:57De Maizière: „Irgendwelche Hacker mögen
immer irgendwas hacken können, -
12:57 - 13:02aber die Zuverlässigkeit und Sicherheit
des neuen Personalausweises -
13:02 - 13:04steht nicht in Frage.“
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13:04 - 13:06maha: Ja.
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13:06 - 13:09So. Nochmal speziell zu den Pleonasmen.
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13:09 - 13:12Die erkennt man daran
– ich hab‘s vorhin schon angedeutet – -
13:12 - 13:16dass man sie nicht verneinen kann. Also:
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13:16 - 13:20„Konstruktive Gespräche“:
„Unkonstruktive Gespräche“ klingt komisch. -
13:20 - 13:25„Geltendes Recht“: Nichtgeltendes
Recht ist irgendwie kaum denkbar. -
13:25 - 13:29„Unermüdlicher Einsatz“: Das Wort
„ermüdlich“ gibt‘s gar nicht im Deutschen. -
13:29 - 13:32Also es gibt nur unermüdlichen
Einsatz, ermüdlicher Einsatz -
13:32 - 13:35ist zwar vorstellbar, aber das
Wort „ermüdlich“ gibt‘s nicht. -
13:35 - 13:38„Künftige Gefährdungen“:
Das kommt von de Maizière -
13:38 - 13:41und naja. Gefährdung ist ja immer
etwas, was auf die Zukunft... -
13:41 - 13:44also die Gefahr ist in der Zukunft,
-
13:44 - 13:47und künftige Gefährdungen,
also es wird erst künftig gefährlich, -
13:47 - 13:49ist irgendwie auch seltsam.
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13:49 - 13:56„Unschuldige Opfer“: also
schuldige Opfer... seltsam, ne? -
13:56 - 13:59Es wird auch immer nur von
„schwierigen Lagen“ gesprochen, -
13:59 - 14:02also „einfache Lage“...
hab ich noch nie gehört. -
14:02 - 14:04Kai: Aber es gibt inzwischen
die Lage allein als Lage. -
14:04 - 14:06maha: Als Lage. Klar.
Aber gern mit „schwierig“. -
14:06 - 14:10Aber „schwierig“ führt eben keine
zusätzliche Bedeutung hinzu. -
14:10 - 14:15„Ganz konkrete Einzelfälle“:
Lachen -
14:15 - 14:18...unkonkrete Einzelfälle
sind irgendwie seltsam. -
14:18 - 14:20Kai: Guck mal, ich mach‘
mal mein Hemd auf. -
14:20 - 14:24maha: Ich bin der... ah! „Bedauerliche...“
ja, die sind auch häufig, ja. -
14:24 - 14:28„Ich bin der festen Überzeugung“:
Man sagt selten: „ich bin nicht...“ also -
14:28 - 14:32ich bin vielleicht nicht der Überzeugung,
aber „ich bin einer unfesten Überzeugung“ -
14:32 - 14:36ist nicht vorstellbar.
Oder „volles/vollstes Vertrauen“... -
14:36 - 14:41das mag ja was anderes bedeuten,
aber „halb leeres Vertrauen“ -
14:41 - 14:45ist auch nicht denkbar. Und die
„nicht-volle Sympathie“ ist auch seltsam. -
14:45 - 14:49Also Verneinungen passen nicht. Und das
hängt eben damit zusammen, dass gerade -
14:49 - 14:54der erste Teil in diesem
Pleonasmus überflüssig ist, -
14:54 - 14:57er enthält keine Information.
-
14:57 - 15:01Besonderer Fall, es ist eigentlich
auch eine Art von Pleonasmus, -
15:01 - 15:04ist das Hendiadyoin. Das ist Griechisch,
-
15:04 - 15:07„Hen“ heißt eins, „dia“ durch,
„dyoin“ zwei. -
15:07 - 15:10Eins durch zwei. Also eine Sache
wird durch zwei ausgedrückt. -
15:10 - 15:13Und das haben wir dieses
Jahr ja häufig gehört, -
15:13 - 15:17„nach bestem Wissen und Gewissen“
etwas tun, handeln. -
15:17 - 15:20Wissen und Gewissen sind so ähnlich,
-
15:20 - 15:22man kann den Unterschied
nicht so genau ausmachen. -
15:22 - 15:25Gewissen ist auch Wissen,
aber ein bisschen stärker, -
15:25 - 15:28da hängt noch so die moralische
Komponente mit drin. -
15:28 - 15:32Oder: „nach Recht und Gesetz“: Also
„nach Recht“ würde vielleicht reichen, -
15:32 - 15:35„nach Gesetz“ würde reichen, aber es wird
kombiniert, „nach Recht und Gesetz“. -
15:35 - 15:39Also zwei Dinge, die
eigentlich nur eins aussagen. -
15:39 - 15:41Oder: „offen und ehrlich.“
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15:41 - 15:44Nur „offen“ oder nur „ehrlich“
würde ja ausreichen. -
15:44 - 15:47Aber „offen und ehrlich“...
werden zwei Dinge gesagt. -
15:47 - 15:51Weil es einfach besser klingt, weil es
mehr Masse mit sich bringt... naja. -
15:51 - 15:56Das ist einfach dann nochmal verstärkt,
es ist nämlich einfach nicht nur -
15:56 - 15:59das Gewissen, sondern es ist auch das
Wissen. Und es ist nicht nur das Wissen, -
15:59 - 16:03sondern auch das Gewissen. Es klingt
einfach besser, wenn man zwei Dinge sagt. -
16:03 - 16:08Dann um Text aufzublähen sind natürlich
bedeutungsleere Wörter besonders schön, -
16:08 - 16:12die „Maßnahme“ haben wir schon
in unserem Blog vor langer Zeit gehabt. -
16:12 - 16:16Und neuerdings, das ist jetzt
vor allen Dingen de Maizière, -
16:16 - 16:18der hat dann gerne von
„Exekutivmaßnahme“ gesprochen, -
16:18 - 16:20was aber auch eine Maßnahme ist.
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16:20 - 16:25Klar, de Maizière gehört zur Exekutive,
also gibt‘s Exekutivmaßnahmen. -
16:25 - 16:30Dann „Verfahren“. Dann „Ereignis“,
oder „Lage“. Die Lage, die werden wir -
16:30 - 16:33nachher auch nochmal hören, von
de Maizière, da gibt‘s sehr viele Lagen. -
16:33 - 16:38„Die Arbeit“. Ne, sagt ja eigentlich auch
nichts aus. Es wird Arbeit verrichtet. -
16:38 - 16:41„Einrichtung“. „Bekennen“
hatten wir vorhin schon. -
16:41 - 16:45Und dann vor allen Dingen
Zusammensetzungen mit „Szene“. -
16:45 - 16:49Zum Beispiel die „Gefährderszene“.
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16:49 - 16:54Ja. Wir machen weiter.
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16:54 - 16:57Kai: Es gibt noch einen schönen
Bereich in diesem Theorieteil, -
16:57 - 17:01dann kommen wir gleich wieder zur Praxis:
die Neuschöpfungen. -
17:01 - 17:04Wörter, die es so nicht gibt,
die neu geschaffen wurden, -
17:04 - 17:07und das ist der Bereich über
den wir meistens bloggen, -
17:07 - 17:12wenn wir im Neusprech-Blog was schreiben,
oder im Podcast was podcasten. -
17:12 - 17:16Und ich glaube der Oberste ist
allen bekannt, sollte es zumindest, -
17:16 - 17:19das ist die Vorratsdatenspeicherung, die
es in vielen Iterationen inzwischen gibt. -
17:19 - 17:22Zur Zeit heißt sie
Verkehrsdatenspeicherung. -
17:22 - 17:26Immer wieder steht dahinter der Versuch,
nicht zu sagen worum es eigentlich geht, -
17:26 - 17:32oder zu sagen worum es geht, aber zu
verschweigen, was damit bewirkt wird. -
17:32 - 17:35Das Flughafenverfahren ne, es geht nicht
um die Abwicklung von Flughäfen, -
17:35 - 17:38sondern das Flughafenverfahren ist, wenn
-
17:38 - 17:41Asylsuchende noch auf dem Flughafen
festgesetzt werden und den nicht mehr -
17:41 - 17:43verlassen dürfen, bis sie
wieder abgeschoben werden. -
17:43 - 17:46Ähnlich der Hotspot, da kommen sie
gar nicht erst bis zum Flughafen, -
17:46 - 17:49sondern bleiben gleich in dem
Land aus dem sie fliehen wollten. -
17:49 - 17:52Oder das Aufnahmezentrum, das
niemanden aufnehmen will, -
17:52 - 17:55sondern auch in erster Linie dazu
gebaut wird, um Leute abzuschieben. -
17:55 - 18:01Und jetzt eine Meisterin dieser
Neuschöpfungen, ihr kennt sie alle: -
18:01 - 18:06Merkel: Diejenigen, die keine
Bleibeperspektive haben, -
18:06 - 18:09müssen unser Land auch wieder verlassen
und deshalb haben wir darüber gesprochen, -
18:09 - 18:12Fehlanreize zu beseitigen.
-
18:12 - 18:16Das heißt, Bargeldbedarf
in Erstaufnahmeeinrichtungen -
18:16 - 18:19soll so weit wie möglich durch
Sachleistungen ersetzt werden. -
18:19 - 18:24Die Geldleistungen sollen maximal einen
Monat im Voraus ausgezahlt werden. -
18:24 - 18:30Und Sozialleistungen für vollziehbar
Ausreisepflichtige werden reduziert. -
18:30 - 18:36Wer vollziehbar ausreisepflichtig ist,
muss unser Land auch verlassen. -
18:36 - 18:39Kai: Das ist ungeschnitten. Das
waren 30 Sekunden Angela Merkel, -
18:39 - 18:43Originaltext, bei einer Pressekonferenz,
-
18:43 - 18:46und ich fand: eine erstaunliche
Häufung von diesen Neuschöpfungen. -
18:46 - 18:51„Keine Bleibeperspektive“ heißt:
Du kommst hier nicht rein. -
18:51 - 18:57„Fehlanreize“... eine ganz
interessante Theorie, die besagt: -
18:57 - 19:02Wer hier das Grundrecht auf Asyl
wahrnimmt, der bekommt Geld. -
19:02 - 19:04Das ist sozusagen Teil dieses Grundrechts.
-
19:04 - 19:07Der bekommt ‘ne Grundleistung,
damit er nicht erstmal verhungert. -
19:07 - 19:11Und dieses Geld könnte ja ein Anreiz sein
für Leute, herzukommen. Also nicht etwa, -
19:11 - 19:15weil sie verfolgt werden, sondern
weil sie das Geld haben wollen nur. -
19:15 - 19:18Und das ist ja dann ein Fehlanreiz
und den muss man beseitigen. -
19:18 - 19:19Also man muss den Leuten
das Geld wegnehmen, -
19:19 - 19:21oder ihnen gar nicht erst anbieten.
-
19:21 - 19:24Sagt auch das nächste: „Bargeldbedarf“
– meint eigentlich Geld – -
19:24 - 19:29durch „Sachleistungen“
– meint Lebensmittelgutscheine – ersetzen. -
19:29 - 19:31„Geldleistungen“: wieder ‘ne
Umschreibung für Geld. -
19:31 - 19:34„Sozialleistungen“: ‘ne Umschreibung
für alles wo nicht mehr ganz klar ist, -
19:34 - 19:36was kriegen die denn noch
und was nicht mehr? -
19:36 - 19:41Und das schönste:
„vollziehbar Ausreisepflichtige“. -
19:41 - 19:46Das heißt, dass eigentlich
jeder erkennen müsste, -
19:46 - 19:49dass er sowieso keine Chance hat, dieses
Grundrecht auf Asyl hier zu bekommen -
19:49 - 19:53und dass er doch dann bitte gleich
bleiben soll wo der Pfeffer wächst. -
19:53 - 19:56Der Witz daran ist: nur der
deutsche Staat kann erkennen, -
19:56 - 20:00dass diese Menschen ausreisepflichtig
sind, also wieder gehen müssen. -
20:00 - 20:04Diejenigen, die hier erstmal auf Asyl
hoffen, die sehen das gar nicht so. -
20:04 - 20:06Die kennen sich mit dem deutschen
Recht im Zweifel nicht so gut aus, -
20:06 - 20:08die wissen nur man kann
hier Asyl beantragen, -
20:08 - 20:12wenn man zu Hause Fassbomben
auf den Kopf kriegt. -
20:12 - 20:16Manche werden bitter enttäuscht.
-
20:16 - 20:20Wir haben jetzt mal versucht,
ein bisschen zu sortieren, -
20:20 - 20:22wo diese Floskeln so herkommen,
-
20:22 - 20:25was so die beliebtesten Bereiche sind,
-
20:25 - 20:29aus denen sprachliche
Bilder gewählt werden. -
20:29 - 20:34Und da fiel uns zuerst mal das auf:
die maritimen Metaphern. -
20:34 - 20:37„Das Boot ist voll“:
alle schonmal gehört, ne? -
20:37 - 20:41Das Bild dahinter sagt: Ja im Boot, da
können nicht beliebig viele drin sitzen, -
20:41 - 20:44denn irgendwann kentert es ja und
dann säuft es ab und alle sterben. -
20:44 - 20:48Ne schöne Metapher um zu sagen:
„Du kommst hier nicht rein.“ -
20:48 - 20:52Dann der „Flüchtlingsstrom“, der
zur Welle, zum Sturm, zur Flut, -
20:52 - 20:55ja zum „Flüchtlingstsunami“ werden kann.
-
20:55 - 20:58Ja, ich find‘ das gar nicht so
lustig, ehrlich gesagt, -
20:58 - 21:01weil das Bild was dahinter
steht soll Angst machen. -
21:01 - 21:05Es soll Angst machen.
Jeder, der diesen Ausdruck benutzt, will, -
21:05 - 21:08dass Andere sich vor
Flüchtlingen fürchten. -
21:08 - 21:11John Oliver hat in Last Week Tonight
mal ein schönes Bild dafür gefunden, -
21:11 - 21:13auch ‘ne Metapher durch
‘nen Überschärfer ersetzt, -
21:13 - 21:14um‘s deutlich zu machen, funktionierte.
-
21:14 - 21:17Er meinte: Naja, vor ‘nen paar Katzen,
wenn die auf mich zukommen, -
21:17 - 21:19da hock‘ ich mich hin
und will die kraulen. -
21:19 - 21:21Wenn ein Katzentsunami auf mich zukommt,
-
21:21 - 21:23dann renn‘ ich auf 'en Berg,
nehm‘ ‘ne Schrotflinte -
21:23 - 21:26und fang‘ an zu schießen,
damit die mich nicht kriegen. -
21:26 - 21:31Und genau darum geht‘s: Angst machen.
-
21:31 - 21:33„In einem Boot sitzen.“
Ne, ihr sitzt alle in einem Boot. -
21:33 - 21:36Ich sitz‘ im ander‘n, ich steh‘ hier oben.
-
21:36 - 21:38Oder wir sitzen alle in einem Boot,
aber wir wollen dafür sorgen, -
21:38 - 21:40dass die, die von draußen kommen
nicht auch noch ‘rein kommen. -
21:40 - 21:42Auch darum geht‘s.
-
21:42 - 21:44„Das Steuer herumreißen“:
wir können was tun, -
21:44 - 21:46wir sind aktiv, wir können das
alles in eine andere Richtung... -
21:46 - 21:48wir können die alle draußen halten.
-
21:48 - 21:53„Der Lotse geht von Bord“, das ist so ‘ne
Floskel, die ist schon viele Jahrzehnte alt. -
21:53 - 21:56Wir verlieren jemand sehr wichtiges,
der das alles gesteuert hat -
21:56 - 21:58und herumgerissen hat.
-
21:58 - 22:01Der nächste Bereich
– auch sehr beliebt – -
22:01 - 22:07Bellizismen:
Phrasen aus dem Bereich „Krieg“. -
22:07 - 22:10Alles schonmal gehört, ne?
„Zielgenau“, da „explodieren die Kassen“, -
22:10 - 22:14da „schlägt jemand Alarm“.
Da ist jemand „auf dem Vormarsch“. -
22:14 - 22:16Und auch die sind gerade
wieder sehr häufig -
22:16 - 22:19beim ganzen Themenkomplex „Flüchtlinge“.
-
22:19 - 22:21Das ist nämlich plötzlich ein „Ansturm“.
-
22:21 - 22:23Ansturm kommt ursprünglich
aus dem Militär, ne? -
22:23 - 22:26Da stürmte eine Front von Soldaten
auf eine andere Front zu -
22:26 - 22:28und versuchte, sie umzubringen.
-
22:28 - 22:31Jetzt stürmen Flüchtlinge.
-
22:31 - 22:35Das Problem ist,
hier seht ihr ein paar Verwendungen. -
22:35 - 22:40Das Problem dabei ist,
auch das soll Angst machen. -
22:40 - 22:42Das soll Angst machen vor den
Leuten die hier anstürmen -
22:42 - 22:44und nichts weiter zum Ziel haben,
-
22:44 - 22:48als unser gutes und schönes und
ordentliches Deutschland zu vernichten. -
22:48 - 22:51„Zu ändern“ könnte man auch sagen.
Aber nein, es soll Angst übertragen werden -
22:51 - 22:53und wenn Medien das übernehmen
oder selbst nutzen -
22:53 - 22:56– hier seht ihr BILD, Focus und n-tv,
-
22:56 - 23:00also durchaus Massenmedien –
dann sagt das was. -
23:00 - 23:05Nichts Gutes, wie wir finden.
-
23:05 - 23:08Der nächste Bereich, sehr beliebt zum
Thema Internet auch, Verkehrsmetaphern. -
23:08 - 23:11Die „Leitplanken“, die im Internet
eingezogen werden müssen – -
23:11 - 23:13haben sicher alle schon mal gehört.
-
23:13 - 23:18die „Weichen“ will man „stellen“, da wird
jemand „aufs Abstellgleis geschoben“. -
23:18 - 23:20Oder irgendein Internetkonzern
wie die Telekom -
23:20 - 23:23befindet sich auf der „Überholspur“,
-
23:23 - 23:24„drückt aufs Tempo“
-
23:24 - 23:28– und drosselt andere.
-
23:28 - 23:29Da wird „auf die Bremse gedrückt“,
-
23:29 - 23:35oder „die Preisbremse gezogen“,
oder „grünes Licht gegeben“. -
23:35 - 23:39Was uns wichtig dabei ist:
es geht nicht darum zu lügen. -
23:39 - 23:43Diese Metaphern haben nicht
die Idee, Lügen zu verbreiten. -
23:43 - 23:48Es geht eher darum, nicht so ganz
zu sagen, worum es eigentlich geht. -
23:48 - 23:51Um ‘nen schönen,
plakativen Begriff zu haben, -
23:51 - 23:55und das eigentliche Problem
nicht anzusprechen. -
23:55 - 23:58Es gibt noch weitere Bereiche:
„Technik und Physik“, auch sehr beliebt. -
23:58 - 24:00Da werden Dinge „auf Eis gelegt“ –
-
24:00 - 24:02kein schöner Gedanke eigentlich –,
-
24:02 - 24:05„luftdicht abgeriegelt“, „hermetisch“,
auch kein schöner Gedanke. -
24:05 - 24:09Da gibt es „Gewaltspiralen“
und „hitzige Debatten“. -
24:09 - 24:14Der nächste Bereich wär‘ der Sport.
Auch da gibt es viel. -
24:14 - 24:16Was bleibt... ist maha.
-
24:16 - 24:19Ein Gedanke noch dazu: Wie
gesagt, es geht nicht um Lüge, -
24:19 - 24:21das ist der eine Punkt der uns
wichtig ist und der zweite Punkt ist, -
24:21 - 24:24das Zuhören lohnt!
Das ist nicht Rauschen. -
24:24 - 24:27Wenn Leute solche Metaphern
nutzen, das ist nicht Rauschen -
24:27 - 24:29was man überhören sollte, sondern
darin verstecken sich Informationen. -
24:29 - 24:31Und um die geht es uns,
dass man da hinhört -
24:31 - 24:36und sich diese Informationen ‘rausfiltert.
-
24:36 - 24:39maha: Ja. Wir haben jetzt mal versucht,
‘was herauszufinden was bleibt, -
24:39 - 24:45wenn man den gesamten Blähsprech,
die Pleonasmen usw. abzieht. -
24:45 - 24:51Und was zunächst mal hier bleibt,
ist zum Beispiel „Landesverrat“. -
24:51 - 24:54Wir erinnern uns an die Vorkommnisse,
-
24:54 - 24:58und eigentlich wussten wir alle
schon gut Bescheid, Anfang August, -
24:58 - 25:04als sich dann Herr Range,
der Generalbundesanwalt, -
25:04 - 25:07auch noch mal zu Wort gemeldet hat
mit einer Pressekonferenz. -
25:07 - 25:12Der Text ist sehr kurz, den hören wir uns
jetzt mal an, und dann schauen wir mal an, -
25:12 - 25:16was da wirklich an Information kam.
-
25:18 - 25:22Range: Zur Wahrung und Sicherung
der Objektivität der Ermittlungen, -
25:22 - 25:29habe ich am 19. Juni 2015 ein externes
Gutachten in Auftrag gegeben. -
25:29 - 25:32Der unabhängige
Sachverständige sollte klären, -
25:32 - 25:36ob es sich bei den veröffentlichten
Dokumenten um ein Staatsgeheimnis handelt. -
25:36 - 25:39Der Sachverständige
teilte mir gestern mit, -
25:39 - 25:42dass es sich nach seiner
vorläufigen Bewertung -
25:42 - 25:47bei den am 15. April 2015
veröffentlichten Dokumenten -
25:47 - 25:51um ein Staatsgeheimnis handelt.
Der Sachverständige hat damit die -
25:51 - 25:53Rechtsauffassung der Bundesanwaltschaft
-
25:53 - 25:55und des Bundesamtes für Verfassungsschutz
-
25:55 - 26:00insoweit vorläufig bestätigt.
-
26:00 - 26:02Die Bewertung des
unabhängigen Sachverständigen -
26:02 - 26:05habe ich dem Bundesministerium der Justiz
-
26:05 - 26:08gestern unverzüglich mitgeteilt.
-
26:08 - 26:12Mir wurde die Weisung erteilt,
das Gutachten sofort zu stoppen -
26:12 - 26:15und den Gutachtenauftrag zurückzuziehen.
-
26:15 - 26:20Dieser Weisung habe ich Folge geleistet.
-
26:20 - 26:22Meine Damen und Herren,
-
26:22 - 26:25die Presse- und Meinungsfreiheit
ist ein hohes Gut. -
26:25 - 26:27Dieses Freiheitsrecht gilt aber nicht
-
26:27 - 26:30– auch nicht im Internet – schrankenlos.
-
26:30 - 26:35Das entbindet die Journalisten
nicht von der Einhaltung der Gesetze. -
26:35 - 26:41Über die Einhaltung der Gesetze
zu wachen ist Aufgabe der Justiz. -
26:41 - 26:43Diese Aufgabe kann sie nur erfüllen,
-
26:43 - 26:46wenn sie frei von politischer
Einflussnahme ist. -
26:46 - 26:51Daher ist die Unabhängigkeit der Justiz
von der Verfassung ebenso geschützt, -
26:51 - 26:55wie die Presse- und Meinungsfreiheit.
Auf Ermittlungen Einfluss zu nehmen, -
26:55 - 26:59weil deren mögliches Ergebnis
politisch nicht opportun erscheint, -
26:59 - 27:03ist ein unerträglicher Eingriff
in die Unabhängigkeit der Justiz. -
27:03 - 27:07Mit Blick auf diese im
Raum stehenden Vorwürfe -
27:07 - 27:10und die anderen Vorwürfe habe
ich mich auch gehalten gesehen, -
27:10 - 27:13die Öffentlichkeit heute
darüber zu informieren. -
27:13 - 27:17Vielen Dank.
-
27:17 - 27:22maha: Ja. Hier ist der gesamte Text,
und ich hab‘ jetzt mal diese Stellen, -
27:22 - 27:26die Informationen, also neue – also
nicht neu, wir wussten das eh alle – -
27:26 - 27:29die Informationen enthalten, sind
jetzt hier farblich hervorgehoben. -
27:29 - 27:34Und der ganze Rest
ist eigentlich überflüssig. -
27:34 - 27:37Also es fängt damit an,
dass hier z. B. das Adjektiv -
27:37 - 27:41– naja gut, der Anfang mit „zur Wahrung und
Sicherung der Objektivität der Ermittlungen“, -
27:41 - 27:45das ist... ja. Das muss er sowieso tun.
-
27:45 - 27:51Dann „unabhängige Sachverständige“
-
27:51 - 27:53– ja was denn sonst?
Also wenn die nicht unabhängig sind, -
27:53 - 27:55dann handelt es sich
nicht um Sachverstand, -
27:55 - 27:58also „unabhängig“ ist
da sicher überflüssig. -
27:58 - 28:02Nach seiner „vorläufigen Bewertung“:
Ich hab‘ nur das „vorläufig“ dringelassen, -
28:02 - 28:05weil das wichtig ist.
Das wird dann mehrmals wiederholt, -
28:05 - 28:09dann ist es natürlich weiß,
wenn „vorläufig“ nochmal vorkommt. -
28:09 - 28:11Und dann eben die eigentliche Information:
-
28:11 - 28:16dass die vermeintlichen
Dokumente „vorläufig -
28:16 - 28:20nach Meinung des Sachverständigen
ein Staatsgeheimnis“ beinhalten. -
28:20 - 28:26Und dann hat er diese Bewertung
dem Bundesministerium mitgeteilt, -
28:26 - 28:31und das hat Weisung erteilt, den
Gutachtenauftrag zurückzuziehen, -
28:31 - 28:36und Range hat Folge geleistet.
-
28:36 - 28:38Der ganze zweite Teil ist dann nur noch
-
28:38 - 28:41voll mit Phrasen bzw. mit Gemeinplätzen.
-
28:41 - 28:44Denn niemand bezweifelt, dass „die Presse-
und Meinungsfreiheit ein hohes Gut“ ist, -
28:44 - 28:49da macht man keine Pressekonferenz
um das mitzuteilen. -
28:49 - 28:53Dieses „Freiheitsrecht gilt aber nicht
– auch nicht im Internet – schrankenlos“. -
28:53 - 28:55Klar. Ist auch Konsens.
-
28:55 - 28:59Es „entbindet Journalisten nicht von
der Einhaltung der Gesetze“. Ja auch. -
28:59 - 29:03Das ist völlig klar. Also der ganze
Rest ist eigentlich überflüssig. -
29:03 - 29:05Aber so ganz überflüssig
ist er dann doch nicht, -
29:05 - 29:09denn es wird da noch gesagt,
-
29:09 - 29:12dass die Einflussnahme unerträglich ist.
-
29:12 - 29:15Er sagt nicht, dass Einfluss
genommen worden ist, -
29:15 - 29:19er sagt nur „eine Einflussnahme
ist unerträglich“. -
29:19 - 29:23Und am Ende sagt er dann: „Mit Blick
auf die im Raum stehenden Vorwürfe“, -
29:23 - 29:27er hat aber keine Vorwürfe gemacht.
Die kann man sich jetzt nur noch denken. -
29:27 - 29:33Also wenn er sagt „eine
Einflussnahme ist unerträglich“, -
29:33 - 29:36dann kann man daraus interpretieren,
wenn dann von Vorwurf die Rede ist, -
29:36 - 29:39dass er das irgendwie sagt.
Er hat es aber nicht gesagt. -
29:39 - 29:44Naja, er ist eben Jurist
und möchte sich nicht angreifbar machen. -
29:44 - 29:48Und viele haben eben ‘rausgelesen,
dass er den Vorwurf macht, -
29:48 - 29:55dass da Einfluss genommen worden ist.
-
29:55 - 29:59Auf der anderen Seite ist natürlich klar,
-
29:59 - 30:03die Bundesanwaltschaft ist weisungs-
gebunden, also Weisungen sind ganz normal, -
30:03 - 30:05vielleicht ist die
Einflussnahme unerträglich, -
30:05 - 30:09aber die wird auch
nicht wirklich vorgeworfen. -
30:09 - 30:13Dann kommt am Ende dieser Satz
-
30:13 - 30:16„Ich habe mich gehalten gesehen, die
Öffentlichkeit hierüber zu informieren.“ -
30:16 - 30:19Ja worüber eigentlich zu informieren?
Über Dinge, die man schon weiß, -
30:19 - 30:22oder darüber dass die Presse- und
Meinungsfreiheit ein hohes Gut ist? -
30:22 - 30:24Also man weiß es nicht.
-
30:24 - 30:28Und dieser Text lässt einen am
Ende doch irgendwie ratlos zurück, -
30:28 - 30:33und wahrscheinlich – also man
kann da nur interpretieren – -
30:33 - 30:37hat Range sich schon das
Szenario so ausgedacht, -
30:37 - 30:39dass er dann irgendwie entlassen wird,
-
30:39 - 30:43und hier so ‘nen Text
ohne wirklichen Vorwurf, -
30:43 - 30:47aus dem man aber einen Vorwurf
vielleicht herauslesen kann. -
30:47 - 30:50Ein etwas anderes Beispiel,
etwas martialischer, -
30:50 - 30:55Thomas de Maizière auf
der BKA-Herbsttagung, -
30:55 - 30:59hier auch sehr schön zu sehen auf
dem Bild unter der Überschrift -
30:59 - 31:03„Terror in Europa“.
-
31:03 - 31:08Das illustriert hier den
Terror in Europa, okay. -
31:08 - 31:12Wir hören uns den Text
einfach mal an, zunächst. -
31:12 - 31:17Das Wort „Lage“ habe ich schonmal
erwähnt, das kommt hier häufig vor. -
31:17 - 31:23De Maizière: Nun gibt es eine Debatte,
wie gehen wir da mit der Öffentlichkeit um? -
31:23 - 31:28Und ich will ganz kurz noch mal
meine Position dazu erörtern. -
31:28 - 31:33Wir können nicht jeden Hinweis dieser Art
-
31:33 - 31:39in der Öffentlichkeit diskutieren.
Weder vor einer Lage, -
31:39 - 31:43erst Recht nicht während einer Lage
-
31:43 - 31:46– auch nicht durch Presseaktivität –
-
31:46 - 31:51und allermeistens auch
nicht nach einer Lage. -
31:51 - 31:54Warum ist das so?
-
31:54 - 32:02Der erste Punkt: Viele dieser Hinweise
kommen von Institutionen, -
32:02 - 32:06Einrichtungen, Menschen, die wollen nicht,
-
32:06 - 32:11dass die Tatsache dass sie den
Hinweis geben bekannt wird. -
32:11 - 32:14Wenn das passiert, besteht die Gefahr,
dass sie vielleicht in Zukunft -
32:14 - 32:16keinen Hinweis mehr geben.
-
32:16 - 32:20Weil sie, oder die Quelle von
der sie die Information haben, -
32:20 - 32:24vielleicht sogar gefährdet wird.
-
32:24 - 32:27Und es wäre dann nicht in unserem
Interesse – ich sag‘s ganz ernst – -
32:27 - 32:30nicht im nationalen Interesse,
-
32:30 - 32:32solche Hinweisgeber dazu zu veranlassen,
-
32:32 - 32:37in Zukunft uns nicht mehr mit
solchen Hinweisen auszustatten. -
32:39 - 32:42maha: Hier ist der Text.
-
32:42 - 32:46Wie gesagt: Unserer Meinung nach ist
lediglich an Informationen herauszulesen, -
32:46 - 32:50dass die Gefahr besteht, dass es
in Zukunft keine Hinweise mehr gibt, -
32:50 - 32:54weil die Quellen vielleicht
sogar gefährdet sind. -
32:54 - 32:56Naja das kann man sich fast auch denken.
-
32:56 - 33:00Also so richtig informationsvoll
ist das nicht. -
33:00 - 33:05Aber der ganze Rest sind Gemeinplätze.
-
33:05 - 33:10Also insbesondere, dass man vor der Lage,
nach der Lage, hinter der Lage -
33:10 - 33:16– ja also nie – was sagen kann, ist jetzt
irgendwie nicht besonders informativ. -
33:16 - 33:21Das Meiste hätte er sich
eigentlich schenken können. -
33:21 - 33:23Auch so eine Frage: „Warum ist das so?“
-
33:23 - 33:26Das ist eigentlich das,
was er beantworten soll, -
33:26 - 33:31das soll er nicht fragen.
-
33:31 - 33:34Wir können ja immer sagen,
das sind hier so Gelegenheitstexte. -
33:34 - 33:37Da ist jetzt so ‘ne Tagung,
da hält er mal ‘nen Vortrag und so. -
33:37 - 33:40Das ist alles nicht so richtig
offiziell für die Geschichte. -
33:40 - 33:42Was aber offiziell für die Geschichte ist,
-
33:42 - 33:44ist eine Regierungserklärung.
-
33:44 - 33:47Da sollte vor allen Dingen
etwas drin stehen, -
33:47 - 33:50was dann auch in die
Geschichtsbücher eingehen kann. -
33:50 - 33:55Und es sollte eigentlich wenig
drumherum geredet werden. -
33:55 - 33:59Wir schauen uns mal an, wie es real ist:
-
34:01 - 34:06Kai: Angela Merkel ist wie ich finde
eine Meisterin dieser politischen Sprache, -
34:06 - 34:10und wir sehen kurz - wir hören nicht das
wär‘ zu lang - die Regierungserklärung -
34:10 - 34:13die sie gehalten hat zu einer der Fragen,
die in den letzten Monaten -
34:13 - 34:16ich glaube die meisten Menschen
in diesem Land beschäftigt hat, -
34:16 - 34:20nämlich: Was ist der
Plan der Bundesregierung -
34:20 - 34:25mit einer Million oder mehr
Flüchtlingen umzugehen? -
34:25 - 34:29Das ist der Text der Regierungserklärung.
Der Komplette. -
34:29 - 34:32Muss man jetzt nicht lesen können,
da kommen gleich noch ein paar Beispiele. -
34:32 - 34:35Es geht nur darum, das war die gesamte
Menge. Die hat sie im Bundestag gehalten, -
34:35 - 34:40hat relativ lange gedauert. Das
waren 5237 Wörter zum Thema -
34:40 - 34:46„Wie will die Bundesregierung
mit Flüchtlingen umgehen?“ -
34:46 - 34:51So sieht der Text aus,
wenn man den ganzen Quatsch ‘rausnimmt. -
34:51 - 34:56Wenn man alle Dopplungen,
alle „ich sage jetzt mal konkret“, -
34:56 - 35:01oder „ich möchte hier betonen“ ‘rausnimmt,
wenn man alle Floskeln entfernt. -
35:01 - 35:03Der Witz ist, dass sich der Rest
immer noch sehr gut lesen lässt. -
35:03 - 35:07Das wäre ‘ne gute Rede.
Da steht durchaus was drin. -
35:07 - 35:13So wurde sie aber nicht gehalten.
Das war ungefähr die Quote. -
35:13 - 35:18Ich geb‘ zu, man könnte streiten
über unsere Streichungen. -
35:18 - 35:23Applaus
-
35:23 - 35:25Man könnte streiten über unsere
Streichungen, bei einigen könnte man -
35:25 - 35:27argumentieren „ja, da ist ja vielleicht
doch noch ‘ne Information drin -
35:27 - 35:32und vielleicht muss man dafür
was anderes streichen“ und so, -
35:32 - 35:35aber ich glaube die Quote stimmt ungefähr.
Regierungserklärung! -
35:35 - 35:37maha: Wir haben ja uns
darüber lange unterhalten, -
35:37 - 35:39also das ist ja schon diskutiert worden.
-
35:39 - 35:40Kai: Der Witz war: je öfter wir
den Text gelesen haben, -
35:40 - 35:44desto mehr haben wir gestrichen.
Lachen -
35:44 - 35:48Ein paar Beispiele: Angela Merkel.
-
35:48 - 35:50Merkel: Liebe Kolleginnen und Kollegen.
-
35:50 - 35:54Polizei und Nachrichtendienste arbeiten
in Deutschland unter Hochdruck -
35:54 - 35:56an der Aufklärung der grausamen Anschläge
-
35:56 - 35:59und Aufdeckung ihrer
terroristischen Strukturen. -
35:59 - 36:02Auch in Deutschland ist
die Bedrohungslage hoch. -
36:02 - 36:05Wir gehen allen Hinweisen nach,
und müssen natürlich -
36:05 - 36:08– das haben wir letzte Woche
Dienstag gesehen – immer wieder -
36:08 - 36:12eine schwierige Abwägung treffen,
zwischen Freiheit und Sicherheit. -
36:12 - 36:16Ich will hier ausdrücklich sagen,
auch im Namen der ganzen Bundesregierung, -
36:16 - 36:19wir haben Vertrauen in
unsere Sicherheitsbehörden, -
36:19 - 36:22dass sie mit Augenmaß handeln.
-
36:22 - 36:25Und sie brauchen unsere
politische Unterstützung -
36:25 - 36:26und die haben sie auch.
-
36:26 - 36:30Denn anders können
Sicherheitsbehörden nicht handeln. -
36:30 - 36:35Applaus im gezeigten Video
-
36:38 - 36:42Zwei Dinge sind mir sehr wichtig.
Erstens – und da möchte ich mich auch -
36:42 - 36:46beim deutschen Bundestag,
bei seiner Mehrheit bedanken – -
36:46 - 36:49wir müssen wachsam und wehrhaft sein
und deshalb war es richtig -
36:49 - 36:52– und das haben wir schon vor
den Anschlägen beschlossen – -
36:52 - 36:55dass wir eine personelle
und technische Verstärkung -
36:55 - 36:58unserer Sicherheitsbehörden haben werden.
Kai: Jetzt kommt der Inhalt. -
36:58 - 37:03Merkel: Es gibt 1000 neue Planstellen
im Jahr 2016 für die Bundespolizei, -
37:03 - 37:07insgesamt bis 2018
3000 zusätzliche Stellen. -
37:07 - 37:10Es werden so genannte
„robuste Einsatzeinheiten“ -
37:10 - 37:13bei der Bundespolizei aufgebaut,
-
37:13 - 37:16die so ausgebildet und
ausgestattet sein werden, -
37:16 - 37:19dass sie terroristischen
Lagen begegnen können, -
37:19 - 37:23und damit unsere Möglichkeiten
in solchen Fällen deutlich erweitern, -
37:23 - 37:27über das, was die Landespolizeien
und die GSG9 heute schon kann. -
37:27 - 37:30Wir stärken unsere Nachrichtendienste,
investieren unter anderem -
37:30 - 37:33in Modernisierung der
technischen Ausstattung, -
37:33 - 37:37verstärken das Bundesamt
für Verfassungsschutz -
37:37 - 37:41und den Bundesnachrichtendienst
auch personell. -
37:41 - 37:44Kai: Hier nochmal der Text.
Was steht da drin? -
37:44 - 37:48Ich hab‘s jetzt nicht farblich markiert
um‘s schwerer zu machen. -
37:48 - 37:50Da steht drin: „Wir verstärken Polizei
und Nachrichtendienste, und übrigens: -
37:50 - 37:55wir haben das schon beschlossen, bevor
diese Terroranschläge in Paris waren.“ -
37:55 - 37:59Was das jetzt alles mit der Regierungs-
erklärung zur Flüchtlingskrise zu tun hat? -
37:59 - 38:01Keine Ahnung.
-
38:01 - 38:04Wurde aber darin ausführlich besprochen.
-
38:04 - 38:06Da sind dann so schöne Worte drin wie
-
38:06 - 38:12„robuste Einsatzeinheiten
der Bundespolizei, -
38:12 - 38:14die so ausgebildet und ausgestattet sein
werden, dass sie terroristischen Lagen...“ -
38:14 - 38:17– da sind sie wieder –
„...begegnen können“. -
38:17 - 38:20Das hoffe ich doch, dass sie das können.
Weil sonst wären sie ja sinnlos, -
38:20 - 38:24bei terroristischen Lagen.
-
38:24 - 38:27Wie gesagt: es geht um Flüchtlinge, wir
machen mal weiter, vielleicht kommen wir -
38:27 - 38:29ja noch dazu, was die Regierung jetzt
eigentlich zum Thema Flüchtlinge -
38:29 - 38:31machen will, weil ich glaube es
interessiert wirklich Menschen. -
38:31 - 38:35Weil da kommen viele Leute
und „wie ist denn eigentlich der Plan?“ -
38:35 - 38:37Also weiter im Text:
-
38:37 - 38:40Merkel: Sie haben einen
klaren Anspruch darauf, -
38:40 - 38:45zu wissen, nach welcher Agenda,
nach welchem Plan die Bundesregierung -
38:45 - 38:51an der Bekämpfung der Fluchtursachen,
an den europäischen Maßnahmen -
38:51 - 38:54und an den nationalen Maßnahmen arbeitet.
-
38:54 - 38:58Beginnen müssen wir bei der
Bekämpfung der Fluchtursachen. -
38:58 - 39:03Es herrscht in vielen Regionen
Krieg und Terror, Staaten zerfallen, -
39:03 - 39:06viele Jahre haben wir es gelesen,
wir haben es gehört, -
39:06 - 39:09wir haben es im Fernsehen gesehen,
-
39:09 - 39:12aber wir haben damals noch
nicht ausreichend verstanden, -
39:12 - 39:15dass das was in Aleppo
und Mossul passiert, -
39:15 - 39:19für Essen oder Stuttgart
relevant sein kann. -
39:19 - 39:22Und damit müssen wir umgehen.
-
39:22 - 39:25Das wird Veränderungen in
unserer Politik mit sich bringen, -
39:25 - 39:29zugunsten der Außenpolitik,
zugunsten der Entwicklungspolitik, -
39:29 - 39:31weil wir uns immer fragen müssen:
-
39:31 - 39:35Was bedeutet welche Maßnahme
für uns hier zu Hause? -
39:35 - 39:37Applaus im Video
-
39:37 - 39:42Ich glaube es ist klar, dass wir dazu
einen langen Atem und Geduld brauchen. -
39:42 - 39:46Wir brauchen vor allen
Dingen auch Partner. -
39:46 - 39:48Kai: So! Was ist der Plan der
Bundesregierung zum Umgang -
39:48 - 39:51mit mehr als einer Million Flüchtlinge?
-
39:51 - 39:54Sie haben einen klaren Anspruch
darauf, das zu wissen. -
39:54 - 39:59Lachen
Ja, Sie lachen! -
39:59 - 40:03Da verstecken sich Informationen.
Sehr gut! -
40:03 - 40:06Da steht: wir müssen irgendwas tun,
wir müssen irgendwas im Ausland tun, -
40:06 - 40:09wir müssen irgendwas mit
unserer Flüchtlingspolitik tun. -
40:09 - 40:11Das wird irgendwas an
unserer Politik verändern, -
40:11 - 40:15wir brauchen Geduld dazu und
wir schaffen‘s nicht alleine. -
40:15 - 40:19Das ist die Information.
Gut verpackt. -
40:19 - 40:21Wie gesagt: Es geht nicht um Lügen.
-
40:21 - 40:25Es geht nur darum, Dinge so zu sagen,
-
40:25 - 40:28dass jeder das Gefühlt hat,
er hat irgendwas gehört, -
40:28 - 40:31was für ihn irgendwo passt
und er kann irgendwie zustimmen, -
40:31 - 40:37und muss nicht widersprechen und ablehnen.
-
40:37 - 40:41Haben wir noch Zeit? Ja.
-
40:41 - 40:44Hier ein kurzes Beispiel,
das schon viel älter ist, -
40:44 - 40:48was nur zeigen soll, wie sehr man
sich in sowas verlaufen kann: -
40:48 - 40:52Christian Ruck war ein Unionspolitiker,
der hat 2001 diesen schönen Satz gesagt -
40:52 - 40:56zum Thema Terrorismus:
-
40:56 - 40:59„Bin Laden und andere
Terroristen sind nicht arm, -
40:59 - 41:03aber die sozialen Sprengsätze
der Welt sind der Scheiterhaufen -
41:03 - 41:06für die Lunte, die die Terroristen
anzünden wollen.“ -
41:06 - 41:11Ist ‘ne Reihung von Phrasen,
-
41:11 - 41:16und der arme Mann ist völlig verwirrt. Er
weiß selber nicht mehr, was er da sagt. -
41:16 - 41:19Nur ein kleines Beispiel als Witz.
-
41:19 - 41:22Weil eigentlich gibt‘s
‘nen ernsten Hintergrund. -
41:22 - 41:25In Floskeln verstecken sich Informationen.
-
41:25 - 41:30Die kann man sehen. Das hier
-
41:30 - 41:33– übrigens die Daten dazu verdanken wir
der Floskelwolke, herzlichen Dank dafür – -
41:33 - 41:41Floskelwolke, falls es jemand von Ihnen...
Applaus -
41:41 - 41:45...ist ein Projekt von zwei Journalisten,
die Google News systematisch scannen, -
41:45 - 41:49nach z. Zt. ca. 130 Phrasen und Floskeln
und die jeden Tag eine Auswertung machen, -
41:49 - 41:53welche davon wie häufig genannt werden.
Gibt‘s als Twitter-Account und ne Website, -
41:53 - 41:56die Daten davon – gibt‘s als API – kann
man sich runterladen, wir haben die Daten -
41:56 - 42:00mal für das Jahr 2015
genommen, für ein paar -
42:00 - 42:06im Jahr 2015 wichtige Probleme
und haben die visualisiert. -
42:06 - 42:08Und da sieht man ein
paar interessante Dinge. -
42:08 - 42:12Zum Beispiel sieht man, das in der Mitte
– kann man die Begriffe lesen? -
42:12 - 42:15Sehr klein, tut mir leid,
es ging nicht anders. -
42:15 - 42:18Das in der Mitte, was so durchläuft,
wo überall Ausschläge sind, -
42:18 - 42:22das ist „alternativlos“.
Lachen -
42:22 - 42:24Applaus
-
42:24 - 42:28Das ist sowas wie der Nullwert
-
42:28 - 42:31der politischen Kommunikation.
Das kann man immer sagen. -
42:31 - 42:32Lachen
-
42:32 - 42:35Passt immer. Und wie man
sieht ist es völlig sinnlos, weil -
42:35 - 42:39alles ist alternativlos. Im Zweifel ist
alternativlos, dass wir hier oben stehen, -
42:39 - 42:45weil dann wär‘ hier kein Vortrag und Sie
würden sich langweilen, wär‘ auch schade. -
42:45 - 42:47Man sieht aber noch mehr.
-
42:47 - 42:51Der erste Begriff der da
auftaucht: „Überfremdung“. -
42:51 - 42:53Der taucht nur im Dezember auf, ganz kurz,
-
42:53 - 42:57weil ein, zwei sagen wir vorsichtig, sehr
konservative Medien ihn benutzt haben -
42:57 - 43:00als Beschimpfung für
das Flüchtlingsproblem. -
43:00 - 43:03Der zweite Begriff da drunter:
„menschliche Katastrophe“. -
43:03 - 43:06Relativ viele Ausschläge
verteilt über das ganze Jahr, -
43:06 - 43:09jedes Kästchen ist übrigens ein Tag.
Relativ viele Ausschläge -
43:09 - 43:13über das ganze Jahr, menschliche
Katastrophen gab‘s also ‘ne Menge. -
43:13 - 43:16Interessanterweise nehmen
sie zum Ende des Jahres ab. -
43:16 - 43:18Das heißt, das Thema
Flüchtlinge wird am Anfang -
43:18 - 43:21auch unter menschliche Katastrophe
subsummiert, später dann nicht mehr. -
43:21 - 43:26Da nehmen dann die Angst-Metaphern zu,
das sehen wir auch gleich noch. -
43:26 - 43:28Da drunter „die Lage eskaliert“,
-
43:28 - 43:31da eskaliert viel,
vor allem im zweiten Teil des Jahres, -
43:31 - 43:35das ist in erster Linie der Syrien-
Bürgerkrieg, den man da sieht. -
43:35 - 43:38Da gibt‘s mehrere Ausschläge.
-
43:38 - 43:41Sieht man auch an dem Begriff da drunter:
die „Luftschläge“. -
43:41 - 43:43Auch ‘ne schöne Floskel.
Niemand schlägt in die Luft, -
43:43 - 43:45sondern es geht um Bombardierungen.
-
43:45 - 43:48Auch die beziehen sich in erster
Linie auf den Bürgerkrieg in Syrien -
43:48 - 43:52und man sieht: im zweiten Teil
des Jahres wurden die wichtiger. -
43:52 - 43:56Dann hatten wir „alternativlos“,
da drunter ist der „Sozialtourismus“, -
43:56 - 43:59der spielt immer nur kurz
‘ne Rolle, zu Beginn, -
43:59 - 44:01also als diese Flüchtlingsdebatten
sehr heiß liefen, -
44:01 - 44:07da gab‘s mal kurz den Vorwurf, glaube
der CSU, das wäre ja nur Sozialtourismus. -
44:07 - 44:11Machen sie gerne mal, wie man am Anfang
des Jahres sieht, da gab‘s das auch kurz, -
44:11 - 44:14spielt aber nicht so ‘ne große Rolle.
-
44:14 - 44:16Interessanter schon die
beiden danach folgenden, -
44:16 - 44:20das sind die „Asylgegner“
und die „Asylkritiker“. -
44:20 - 44:24Das sind ja beides Umschreibungen
für Pegida-Demonstrationen, -
44:24 - 44:27die sind gegen Asyl,
relativ lautstark sogar, -
44:27 - 44:29und mit relativ hässlichen Parolen.
-
44:29 - 44:31Man kann die, wenn man unbedingt will
-
44:31 - 44:35als Asylgegner oder -kritiker bezeichnen,
das wurde auch relativ oft getan. -
44:35 - 44:38Dann gab‘s Kritik an den Begriffen und
sie hören auf. Sie schleichen sich aus, -
44:38 - 44:42wie man sieht am Ende des Jahres. Auch
interessant, das heißt es gibt durchaus -
44:42 - 44:46eine Debatte um Floskeln und man kann die
beeinflussen, auch das ist wichtig. -
44:46 - 44:50Dann kommen die „Bootsmigranten“,
da gibt‘s einen Ausschlag im Frühjahr, -
44:50 - 44:53das ist der Beginn der Mittelmeersaison.
-
44:53 - 44:57Das ist der Beginn der Zeit, wo relativ
viele Leute versuchen, mit selbstgebauten -
44:57 - 45:00Booten, Schlauchbooten und so, über‘s
Mittelmeer nach Europa zu kommen. -
45:00 - 45:02Die wurden anfangs als
Bootsmigranten bezeichnet, -
45:02 - 45:07dann hat man gesehen, was deren
Schicksale bedeuten und hat‘s gelassen. -
45:07 - 45:12Und dann kommt der „Flüchtlingstsunami“,
der immer mal wieder gerne benutzt wurde, -
45:12 - 45:18offensichtlich, in der gesamten Debatte,
gerade so im Herbst und Winter. -
45:18 - 45:21Und dann kommt der Bellizismus,
den wir vorhin schon hatten, -
45:21 - 45:24der „Flüchtlingsansturm“.
Der ist neu. Der ist relativ neu, -
45:24 - 45:29den gibt‘s nur so im November/Dezember,
dafür aber relativ konstant. -
45:29 - 45:31Was man an dem ganzen Bild sieht:
-
45:31 - 45:37Die Wahrnehmung von Leid nimmt
ab und die Angst nimmt zu. -
45:37 - 45:43Und dann die letzte Debatte, die das ja
auch zeigt: „Das Boot ist voll“. -
45:43 - 45:46Kommt auch erst am Ende. „Wir
haben genug von euch, es reicht.“ -
45:46 - 45:48Am Anfang haben wir ja noch gesagt:
„Okay, es tut uns leid, wer ihr seid, -
45:48 - 45:50und dass ihr dabei sterbt,
wenn ihr herkommen wollt, -
45:50 - 45:53aber langsam reicht‘s. Das
Boot ist voll. Nimmt zu.“ -
45:53 - 45:57Das heißt: Floskeln enthalten
Informationen. Man kann sie sehen. -
45:57 - 46:00Und deswegen finden wir
es wichtig, zuzuhören. -
46:00 - 46:03Das Problem ist nur, dass man
eine Filterleistung erbringen muss, -
46:03 - 46:09um dahinter zu kommen,
was eigentlich gemeint ist. -
46:09 - 46:11maha: Hängt schon mit
dem nächsten zusammen, -
46:11 - 46:15nämlich die Frage der Kontextualisierung
kann man hier auch nochmal schön sehen. -
46:15 - 46:18Ganz am Ende diese ganz krassen Sachen,
-
46:18 - 46:20wie Überfremdung und eben
auch Flüchtlingsansturm, -
46:20 - 46:25auch die Kriegsmetapher
die da drin steckt. -
46:25 - 46:30Wenn sowas verwendet wird,
dann gewöhnen sich die Leute -
46:30 - 46:34an das Reden über
-
46:34 - 46:37Konflikt und Krieg, und das
ist natürlich auch gefährlich. -
46:37 - 46:40Deshalb sollte man tunlichst...
-
46:40 - 46:44...oder solltet ihr
tunlichst solche Begriffe -
46:44 - 46:48oder Wortprägungen vermeiden.
-
46:48 - 46:52Wir sind nochmal bei unseren Hypothesen:
-
46:52 - 46:55In den Naturwissenschaften
möchte man ja immer falsifizieren, -
46:55 - 47:01wir müssen jetzt hier als
Geisteswissenschaftler Dinge verifizieren. -
47:01 - 47:05Zusammenhänge werden verschleiert,
ich glaube das ist deutlich geworden, -
47:05 - 47:09das ist besonders glaube ich am Beispiel
Merkel und am Beispiel de Maizière -
47:09 - 47:12deutlich geworden. Die
Informationsdichte wird verringert, -
47:12 - 47:15oder von geringer Informationsmenge
wird abgelenkt, -
47:15 - 47:20das ist mit Sicherheit bei Range so,
er hat eigentlich nichts gesagt, -
47:20 - 47:25aber wollte trotzdem ‘ne Pressekonferenz
machen. Also: Informationsmenge auffüllen -
47:25 - 47:30mit Phrasen. Es wird abgelenkt davon,
worum es eigentlich geht. -
47:30 - 47:34Das war, glaube ich, bei Merkel
sehr deutlich, es ging ja offensichtlich -
47:34 - 47:40eigentlich nur um die Stärkung
der Sicherheitsdienste -
47:40 - 47:46und das wurde da irgendwie eingebettet.
-
47:46 - 47:51Der Anlass waren Flüchtlinge und dann
sagt sie es gibt jetzt robuste Einheiten. -
47:51 - 47:55Also militärische Materialien
für die Polizei. -
47:55 - 47:59Zitierfähige Sätze ohne klare Position,
-
47:59 - 48:03bei Range ganz deutlich.
-
48:03 - 48:05Die Offenheit konnte man glaube ich
auch besonders bei Range sehen, -
48:05 - 48:09aber auch natürlich bei
de Maizière, und letztlich auch bei Merkel -
48:09 - 48:13also semantische Offenheiten waren
glaube ich in allen Beispielen zu finden. -
48:13 - 48:17Und Schlagworte, die hatten wir eben auch,
-
48:17 - 48:20bis hin zu den terroristischen
Lagen, sogar im Plural. -
48:20 - 48:22Und die Kontextualisierung,
das haben wir ja zum Schluss nochmal -
48:22 - 48:25bei der Flüchtlingswolke gezeigt,
-
48:25 - 48:31dass gewisse Dinge manchmal
harmlos kontextualisiert werden -
48:31 - 48:34und manchmal weniger harmlos. Bzw.
eigentlich schlimme Dinge -
48:34 - 48:38auch harmlos dargestellt werden.
-
48:38 - 48:43Anders nochmal formuliert
worum es eigentlich geht: -
48:49 - 48:54Kai: Nur kurz zusammengefasst:
Die lügen nicht. -
48:54 - 49:02Und wer das sagt, hat nicht verstanden,
worum es dabei eigentlich geht. -
49:02 - 49:05Das Problem ist: Die wollen
euch nicht vor den Kopf stoßen. -
49:05 - 49:08Die wollen nicht, dass ihr sagt: „Was?
Damit kann ich mich ja überhaupt nicht -
49:08 - 49:10einverstanden erklären, das find‘
ich doof, die wähle ich nicht mehr.“ -
49:10 - 49:12Das ist ihre größte Angst.
-
49:12 - 49:14In Politik geht es vor Allem darum,
wiedergewählt zu werden, -
49:14 - 49:16sonst kann man ja keine Politik mehr
machen und der Lebensinhalt ist weg. -
49:16 - 49:20Und man muss sich ‘nen anderen
suchen, das ist verständlich. -
49:20 - 49:26Also der Versuch, möglichst
viele Leute mitzunehmen, -
49:26 - 49:28damit sie sich damit
identifizieren können. -
49:28 - 49:32Wir sind ‘ne Mehrheitsgesellschaft,
wir verhandeln unsere Ideale -
49:32 - 49:36und unsere Werte.
Und das ist der Hintergrund. -
49:36 - 49:40Das heißt, es ist nicht per se böse.
-
49:40 - 49:44Aber man kann es ändern, indem man
(A) das rausfiltert, was man da hört, und -
49:44 - 49:47(B) vielleicht auch mit Meinungen,
die einem nicht so passen -
49:47 - 49:52sich auseinandersetzt. Und die Leute
nicht zwingt, so‘n Quatsch zu reden. -
49:52 - 49:55Das wars.
-
49:55 - 50:06Applaus
-
50:06 - 50:10Wir haben noch ein paar
Minuten für Fragen. -
50:10 - 50:12Herald: So ist es. Wir haben ein
paar Fragen aus dem Internet, -
50:12 - 50:14und ansonsten haben wir die
Mikrophone hier im Saal, -
50:14 - 50:17sechs Stück an der Zahl,
wo Ihr euch jetzt aufstellen könnt, -
50:17 - 50:24um Eure Frage möglichst kurz und präzise,
ohne viele Worthülsen... -
50:24 - 50:28Kai: Wir antworten natürlich in Floskeln.
-
50:28 - 50:31Herald: So, bis dahin, aus
dem Internet eine Frage? -
50:31 - 50:35Signal Angel: Ja, aus dem IRC:
Legt ihr bei euren Analysen -
50:35 - 50:39auch Wert auf die Mimik
und Gestik der Politiker? -
50:39 - 50:41Kai: Bisher nicht.
-
50:41 - 50:44maha: Bisher nicht. Man
sollte es vielleicht tun. -
50:44 - 50:46Gerade bei de Maizière ist
das ja sehr ausdrucksstark, -
50:46 - 50:49Merkels Mimik ist eher
nicht so ausdrucksstark. -
50:49 - 50:50lacht
-
50:50 - 50:53Aber bei de Maizière kann
man das sehr schön sehen. -
50:53 - 50:55Kai: Auch Frau von der Leyen, übrigens,
ist sehr stark. Die agiert immer sehr viel -
50:55 - 50:57mit den Händen und mit ihren
strahlenden blauen Augen -
50:57 - 50:59und so, also es fällt bei
manchen schon sehr auf, -
50:59 - 51:02aber ehrlich gesagt beschränken
wir uns auf die Sprache. -
51:02 - 51:07maha: Ich hab‘ kürzlich bei
einer anderen Gelegenheit, -
51:07 - 51:09bei einem Vortrag in Darmstadt,
den es glaube ich auch im Internet -
51:09 - 51:13inzwischen gibt, auch
de Maizière nochmal -
51:13 - 51:17mehr Aufmerksamkeit geschenkt, also
dieser berühmten Pressekonferenz, -
51:17 - 51:23wo er diesen Satz sagt, die Bevölkerung
könnte es verunsichern, was er sagt. -
51:23 - 51:27Da ist sehr viel Mimik drin.
-
51:27 - 51:31Er guckt immer so zu dem Jäger
‘rüber, und der Jäger zu ihm, -
51:31 - 51:34also der Innenminister, so
als seien sie gute Kumpels, -
51:34 - 51:37oder dann auch der Fußballmensch,
-
51:37 - 51:42der dann auch die Mikrofone
immer zu de Maizière schiebt, -
51:42 - 51:48da ist sehr viel Ausdruckskraft in der
ganzen Gestik und in der Mimik drin. -
51:48 - 51:51Also da könnte man
wirklich was dazu machen. -
51:51 - 51:54Werd‘ ich mir mal vornehmen
für die Zukunft. Danke! -
51:54 - 51:57Herald: Vielen Dank. Mikrofon Nr.2, bitte.
-
51:57 - 52:03Frage: Ja, da möchte ich anschließen.
Die Sache mit... Die Art der Präsentation, -
52:03 - 52:05z.B. der Range hat die
ganze Zeit runtergeschaut, -
52:05 - 52:09damit er das Wort gleich runterbekommt,
diesen ersten Teil des Textes. -
52:09 - 52:12Weil da sehr viele
Spezialfloskeln drin sind, -
52:12 - 52:14oder Spezialformulierungen
drinnen waren, -
52:14 - 52:18die auf einen Spezialwortschatz,
nämlich das Juridische zurückgreifen. -
52:18 - 52:20Und da zum Beispiel wäre
mir das Wort „Weisung“ -
52:20 - 52:22auch noch als wichtig erschienen,
-
52:22 - 52:26weil ein Beamter, der eine
Weisung nicht unterstützt, -
52:26 - 52:29kann über Remonstratio fordern,
dass sie ihm schriftlich gegeben wird, -
52:29 - 52:31und damit muss er sie zwar befolgen,
-
52:31 - 52:34kann aber damit dokumentieren,
dass er das nicht möchte. -
52:34 - 52:37Das ist einfach ein riesiger Disclaimer...
-
52:37 - 52:40Kai: Vielen Dank. Wir nehmen
sowas gerne als Hinweis an. -
52:40 - 52:43Tweet, Mail, etc. und das findet
sich im Blog, herzlichen Dank. -
52:43 - 52:45Frage: Passt! Danke!
-
52:45 - 52:50Herald: Okay, also Hinweise
per Email, Fragen jetzt: Mikrofon Nr.1. -
52:50 - 52:52Frage: Sorry, das ist ein ganz
kleines bisschen Off-Topic, -
52:52 - 52:56aber ich hab‘ trotzdem
den Drang, das zu sagen: -
52:56 - 53:00Und zwar find ich den eigentlichen
Skandal an der Merkel-Rede doch, -
53:00 - 53:03dass sie uns eigentlich
ihre Außenpolitik erklärt, -
53:03 - 53:08indem sie sagt, dass es mit der
Bekämpfung der Fluchtursachen beginnt, -
53:08 - 53:13und dass sie uns allen ins Gesicht sagt,
dass sie schon früher angefangen hätten, -
53:13 - 53:17diese Ursachen zu bekämpfen,
wenn sie gewusst hätte, -
53:17 - 53:21dass es einen Impact auf
Stuttgart und Essen gehabt hätte... -
53:21 - 53:23Kai: Abslolut!
Frage: ...das heißt, mit anderen Worten, -
53:23 - 53:27wie es in Syrien aussieht juckt
uns gar nicht, so lange uns hier -
53:27 - 53:32niemand damit auf die Füße tritt
und das finde ich das eigentliche Thema. -
53:32 - 53:40Applaus
Kai: Vielen Dank. -
53:40 - 53:43Herald: Dann bitte Mikrofon Nr.3.
-
53:43 - 53:47Frage: Sehr ihr die Abnahme der
Informationsdichte als Reaktion darauf, -
53:47 - 53:50dass immer mehr Leute Sprache
analysieren, also sowas machen wie ihr? -
53:50 - 53:53Kai: lacht
Schön wär‘s. -
53:53 - 53:58Nein, ich glaube das ist tatsächlich
ein politischer Zwang, -
53:58 - 54:01je ausgebildeter die
politische Landschaft ist, -
54:01 - 54:05und je mehr es im Parteienspektrum
gibt, die sich da tummeln... -
54:05 - 54:08es ist ein Zwang, möglichst
viele Menschen zu vereinen, -
54:08 - 54:10der Versuch der Union zum Beispiel,
-
54:10 - 54:13die so genannte Mitte anzusprechen,
was immer das ist, kein Mensch weiß das. -
54:13 - 54:17Vorher hat‘s die SPD versucht,
jetzt versucht‘s die Union. -
54:17 - 54:20Das hat weniger mit uns oder anderen
zu tun – wie die Floskelwolke – -
54:20 - 54:25die Sprache analysieren. Ich glaube,
es geht eher um politische Zwecke. -
54:25 - 54:28maha: Und das wird
sehr trickreich gemacht, -
54:28 - 54:31es gibt ja die berühmte
Pressekonferenz von Seehofer, -
54:31 - 54:36bei der alle hinterher dachten,
er will die Flüchtlinge rausschmeißen. -
54:36 - 54:38Oder erschießen an der Grenze oder so.
-
54:38 - 54:40Wenn man aber genau guckt was er sagt,
-
54:40 - 54:43dann spricht er am Anfang von
Flüchtlingen und dann spricht er aber -
54:43 - 54:47von der Zuwanderung. Also
wenn es um Begrenzung geht, -
54:47 - 54:50geht‘s immer nur um die Begrenzung
der Zuwanderung, was ‘was anderes ist, -
54:50 - 54:54als die Aufnahme von Flüchtlingen.
Und das ist ganz interessant. -
54:54 - 54:58Durch den Kontext denkt
der Stammtischhörer -
54:58 - 55:02in Bayern: Endlich tut mal einer
was gegen die Flüchtlinge. -
55:02 - 55:05Er hat es aber so formuliert, dass man
das eigentlich nicht rauslesen kann, -
55:05 - 55:08sondern es geht ihm um die
Begrenzung der Zuwanderung, -
55:08 - 55:14was ein bisschen ein anderer Aspekt ist,
als Flüchtlinge auszusperren. -
55:14 - 55:18Aber dennoch nimmt er
die Stammtische da mit. -
55:18 - 55:22Das heißt, er möchte eigentlich zu allen
reden und alle auf seine Seite bringen, -
55:22 - 55:26also einmal natürlich die Stammtische,
das geschieht durch den Kontext, -
55:26 - 55:29und dann diejenigen die vielleicht genauer
hinhören, die kann er auch noch mitnehmen, -
55:29 - 55:33weil er sagt „wir sind ja eigentlich nicht
gegen die Aufnahme von Flüchtlingen“. -
55:33 - 55:36Die CDU versteht das möglicherweise auch.
-
55:36 - 55:39Und das ist eigentlich im Grunde
-
55:39 - 55:43– ich will das jetzt nicht bewundern –
aber es ist schon sehr geschickt, -
55:43 - 55:46weil er es eben schafft,
irgendwie was zu sagen -
55:46 - 55:50wo die Stammtischbrüder und
-schwestern dann alle sagen „Jawoll“, -
55:50 - 55:53und die Anderen sagen „naja gut,
damit können wir auch leben.“ -
55:53 - 55:57Das ist gerade der Trick daran.
-
55:57 - 56:00Herald: Danke schön. Mikrofon Nr.2, bitte.
-
56:00 - 56:04Frage: Im IRC hat jemand den ersten
Foundation Roman aufgebracht, -
56:04 - 56:06mit diesen Abgesandten des Imperiums,
-
56:06 - 56:10die nach drei Tagen Palaverns
nichts gesagt haben, was aber erst -
56:10 - 56:15nach viel Analyse und mit viel Technik
herausgefunden wird. Denkt ihr, -
56:15 - 56:19man kann eure Bullshit-Analyse, die
Streichungen, irgendwie automatisieren, -
56:19 - 56:22damit man das einfach durch
‘nen Filter laufen lassen kann? -
56:22 - 56:27Lachen und Applaus
-
56:27 - 56:30Kai: Wir haben darüber nachgedacht,
-
56:30 - 56:32wir treffen uns im Januar
mit der Floskelwolke, -
56:32 - 56:35die ja einen Algorithmus haben, ob
man sowas nicht mal machen kann. -
56:35 - 56:39Es ist nicht so leicht, weil
der Kontext sehr wichtig ist. -
56:39 - 56:42maha: Aber ein paar Sachen kann
man sicherlich automatisieren, also z.B. -
56:42 - 56:44wenn etwas schon mal gesagt worden ist.
-
56:44 - 56:48Bei Range kommt ja dreimal „unabhängig“
und zweimal „Sachverständiger“ vor. -
56:48 - 56:52Das merkt dann auch
jeder Computer sehr leicht. -
56:52 - 56:55Aber...
-
56:55 - 56:57wenn die gleichen Sachen nochmal
ein bisschen anders wiederholt werden, -
56:57 - 57:00wird es dann schwieriger. Aber ich
glaube, da gibt‘s Möglichkeiten. -
57:00 - 57:01Wir werden da weiter drüber nachdenken
-
57:01 - 57:06und eine gewisse Automatisierung
ist sicherlich möglich. -
57:06 - 57:10Herald: Dankeschön. Mikrofon Nr.1, bitte.
-
57:10 - 57:12Frage: Diese Floskeln
werden ja zum Teil auch -
57:12 - 57:16von Leuten, ohne dass sie es wollen,
aufgegriffen und in Gesprächen benutzt, -
57:16 - 57:19auch von Leuten, die einem nahestehen.
-
57:19 - 57:22Meine Frage ist: Wie geht man damit um?
Klar kann ich jetzt anfangen, -
57:22 - 57:25mit diesen Leuten über
die Floskeln zu reflektieren, -
57:25 - 57:29aber dann ist wahrscheinlich
relativ schnell das Gespräch kaputt. -
57:29 - 57:32Kai: Also hauen und schütteln
wäre meine Variante, aber... -
57:32 - 57:37Lachen
Nein, im Gegenteil... -
57:37 - 57:40F: Entschuldigung, ich meinte Leute,
die mir nahe stehen! Ernsthaft! -
57:40 - 57:44Kai: Ja ja, schon klar. Ich auch.
-
57:44 - 57:49Lachen, Applaus
-
57:49 - 57:52Ich finde den Ansatz sehr gut.
Reflektieren über diese Floskeln. -
57:52 - 57:56Ich glaube, dass man auch auf friedliche
Art und Weise in einer Diskussion -
57:56 - 58:01sagen kann „Hey, was hast Du da
eigentlich gesagt? Was macht das mit Dir, -
58:01 - 58:04wenn Du sowas sagst, oder was macht das
mit mir, wenn Du sowas sagst?“ -
58:04 - 58:08Ich finde das sehr wichtig, so eine
Debatte zu führen und darüber zu reden. -
58:08 - 58:11Ich weiß, dass man damit aneckt
und im familiären Zusammenhang -
58:11 - 58:13die Augen gerollt werden, aber...
-
58:13 - 58:17ja um Gottes Willen! Bitte!
Debattiert über solche Begriffe. -
58:17 - 58:18Frage: Danke!
-
58:18 - 58:19Kai: Danke auch!
-
58:19 - 58:25Herald: Vielen Dank! Wir kommen
zur letzten Frage, Mikrofon 4, bitte. -
58:25 - 58:29Frage: Hallo! Ich fand Eure Visualisierung
von dieser Floskelwolke sehr schön, -
58:29 - 58:33vielen Dank dafür. Da ist ja zu
sehen, dass bestimmte Floskeln, -
58:33 - 58:36bestimmte Phrasen
ganz plötzlich auftauchen. -
58:36 - 58:40Habt Ihr Euch mal die Mühe gemacht die
Mechanismen anzugucken, wie das passiert, -
58:40 - 58:44von welchen Menschen oder Institutionen
das ausgeht, wie auch diese Ausschläge, -
58:44 - 58:48also ob die am Anfang hoch sind
und dann langsam runter gehen, -
58:48 - 58:52oder ob irgendwie mal in ‘nem
Blog der Begriff auftaucht -
58:52 - 58:56und dann langsam übernommen wird,
was da genau abläuft? -
58:56 - 58:57Kai: Floskelwolke analysiert Google News.
-
58:57 - 59:00Und Google News wertet
ja Nachrichtenquellen aus. -
59:00 - 59:01Also Blogs und Medien.
-
59:01 - 59:04Das sind keine Politikeraussagen per se,
-
59:04 - 59:08sondern nur indirekt, die darin
zitiert werden. Und ja, es stimmt. -
59:08 - 59:11Z.B. Überfremdung war ein Begriff,
den kann man nachvollziehen. -
59:11 - 59:17Das war ein AfD-nahes Blog, das den zuerst
aufgebracht hat und dann war es irgendeine -
59:17 - 59:20– ich glaube Junge Freiheit oder so – eine
Zeitung, die das weiter verbreitet hat. -
59:20 - 59:23Aber auch sowas spiegelt sich in Google
News wider, auch in Zitationen, -
59:23 - 59:27weil andere das dann zitieren und sagen
„die haben geschrieben, dass“ und sowas. -
59:27 - 59:31Im Zweifel kann man das nachvollziehen,
ist allerdings sehr mühsam. -
59:31 - 59:35maha: Wir haben das ja vor ein paar Jahren
mal versucht mit dem „Rettungsschirm“, -
59:35 - 59:41und da kann man zumindest gut den
Zeitpunkt und die ersten Verwender sehen. -
59:41 - 59:44Was man manchmal ermitteln kann,
ist ob es eher aus der Politik kommt -
59:44 - 59:49oder eher aus dem Journalismus.
Das kriegt man ganz gut hin. -
59:49 - 59:52Das hängt natürlich immer vom
Wort ab. Aber das ist in der Tat -
59:52 - 59:56‘ne interessante Frage, wo das
herkommt und wer das aufbringt. -
59:56 - 59:59Kai: Beim „Rettungsschirm“ übrigens war‘s
Medien, die Financial Times Deutschland, -
59:59 - 60:02glaube ich, die hat‘s zuerst geschrieben.
Und machte dann ziemlich Konjunktur, -
60:02 - 60:05der Begriff, und wurde letztlich sogar
von der Politik übernommen, also -
60:05 - 60:07vom Wirtschaftsministerium und vom
Bundestag, findet sich dann auch -
60:07 - 60:11in Bundestagsreden wieder, aber
erstmal, der Anfang war in den Medien. -
60:11 - 60:14Es gibt umgekehrte Floskeln,
wie „Vorratsdatenspeicherung“, -
60:14 - 60:16die kommen aus der Politik,
finden sich dann in den Medien wieder. -
60:16 - 60:20Das ist ein Kreislauf.
-
60:20 - 60:23Herald: Vielen, vielen Dank.
Applaus -
60:23 - 60:29Abspannmusik
-
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