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36C3 - Von Menschen radikalisiert: Über Rassismus im Internet

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    36C3 Vorspannmusik
  • 0:19 - 0:24
    Herald: Michael Kreil ist Experte für
    Datenanalysen und Datenvisualisierung und
  • 0:24 - 0:29
    er hat sich sehr intensiv damit befasst,
    wie es eigentlich dazu kommen kann, dass
  • 0:29 - 0:33
    Menschen, die man eigentlich für
    vollkommen rational und vernünftig und
  • 0:33 - 0:38
    auch irgendwie ganz okay hält, sich
    plötzlich radikalisieren bis hin zum
  • 0:38 - 0:43
    Rechtsextremismus. Vor zwei Jahren hat er
    hier auf dem Kongress schon einen Talk
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    gehalten, wo es vor allem um Fake News und
    Filterblasen ging, und vieles, was er in
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    dem Talk gleich erzählen wird, wird daran
    anschließen. Also hier eine klare
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    Empfehlung: Schaut euch das unbedingt mal
    an! Einen ganz herzlichen Applaus, bitte,
  • 0:56 - 0:58
    für Michael Kreil.
  • 0:58 - 1:06
    Applaus
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    Michael: Ja, schönen guten Tag! Ich habe
    euch in eine Falle gelockt. "Von Menschen
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    radikalisiert: Über Rassismus im
    Internet". Ich habe mal Internet
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    reingeschrieben, damit überhaupt Leute
    kommen. Denn eigentlich geht es nämlich um
  • 1:18 - 1:26
    Rassismus in der Gesellschaft. Ich habe
    vor zwei Jahren einen Vortrag darüber
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    gehalten, welche Effekte wir im Internet
    beobachten können. Filterblasen,
  • 1:31 - 1:36
    Echokammern, Fake News und so weiter. Und
    darauf haben mich ganz viele Leute,
  • 1:36 - 1:40
    insbesondere aus der Extremismusforschung,
    aus den Sozialwissenschaften,
  • 1:40 - 1:44
    Politikwissenschaften, Psychologie und so
    weiter angesprochen, wie denn das zu
  • 1:44 - 1:48
    erklären ist, was wir da im Internet sehen
    und ob es eine Ursache ist oder nur ein
  • 1:48 - 1:54
    Symptom. Und die schlechte Nachricht ist:
    Es sieht so aus, als ob es einfach
  • 1:54 - 1:59
    wahnsinnig viele Symptome sind und nicht
    die tatsächlichen Ursachen dafür. Und ich
  • 1:59 - 2:03
    habe jetzt in den letzten zwei Jahren mich
    mit unterschiedlichen Studien beschäftigt,
  • 2:03 - 2:08
    um zu gucken: Was ist Rassismus? Was ist
    Rechtsextremismus? Wie wechselwirkt das
  • 2:08 - 2:14
    mit unterschiedlichen Medien? Und ...
    genau. Hauptsächlich ist immer die Frage:
  • 2:14 - 2:18
    Was, welche Effekte sind tatsächlich
    relevant? Und was ist die Ursache? Und was
  • 2:18 - 2:23
    ist die Wirkung? Um ein Beispiel mal
    reinzunehmen, mit welchem völligen
  • 2:23 - 2:26
    Bullshit-Thema sich man da inzwischen
    beschäftigt hat, ist das Thema Social
  • 2:26 - 2:31
    Bots. Die würden die Gesellschaft
    radikalisieren. Ich habe dazu einen
  • 2:31 - 2:35
    Vortrag in Bulgarien gehalten, auf dem
    Open Fest "The Army that Never Existed:
  • 2:35 - 2:39
    The Failure of Social Bots Research". Da
    unten ist ne URL, auf github.io habe ich
  • 2:39 - 2:42
    mal meine ganzen Lecture Notes
    zusammengetragen. Ich hoffe, dass in den
  • 2:42 - 2:46
    nächsten Tagen der Vortrag auch online
    ist, dann kann ich ihn da einfügen. Der ist
  • 2:46 - 2:49
    auf Englisch und ist eine Zusammenfassung,
    welche Forschergruppen es gibt, wie die
  • 2:49 - 2:54
    Berichterstattung aussieht und auf welchen
    katastrophalen wissenschaftlichen Methoden
  • 2:54 - 2:57
    sozusagen dieses gesamte Thema basiert.
    Die Studien widersprechen sich
  • 2:57 - 3:02
    gegenseitig. Man behauptet, ganz
    unterschiedliche Accounts seien Social
  • 3:02 - 3:06
    Bots, aber es ist von vorne bis hinten
    völliger Käse, und es ist erstaunlich,
  • 3:06 - 3:09
    dass sie dann von Fachzeitschriften
    angenommen werden und sogar Preise
  • 3:09 - 3:16
    gewinnen. Weil wissenschaftlich ist das
    Unsinn. Wenn wir uns mit dem Thema
  • 3:16 - 3:22
    Rassismus und wie wechselwirkt Rassismus
    mit dem Internet genauer beschäftigen
  • 3:22 - 3:26
    wollen, müssen wir natürlich auch
    verstehen, was Rassismus ist. Und ich habe
  • 3:26 - 3:30
    festgestellt, wenn ich mich mit Leuten
    über Rassismus unterhalte, gibt es
  • 3:30 - 3:34
    unterschiedliche Vorstellungen davon, was
    denn Rassismus tatsächlich ist. Das ist
  • 3:34 - 3:40
    auch deswegen so, weil Rassismus... das
    ist ein extrem hochkomplexes Phänomen, das
  • 3:40 - 3:44
    mit Soziologie, Psychologie,
    Politikwissenschaften, Medienwissenschaft,
  • 3:44 - 3:48
    Psychologie und so weiter wechselwirkt.
    Und da wird heute noch dran geforscht. Bis
  • 3:48 - 3:53
    heute stellt man neue Zusammenhänge fest,
    stellt man fest, dass es dann doch noch
  • 3:53 - 3:57
    komplizierter ist, als man es sich
    vorstellt. Und es führt sogar auch dazu,
  • 3:57 - 4:00
    dass in den Sozialwissenschaften es
    unterschiedliche Strömungen gibt, was man
  • 4:00 - 4:05
    jetzt noch zu Rassismus dazu zählt und was
    nicht. Aber es ist, auch wenn es nervt,
  • 4:05 - 4:09
    wahnsinnig interessant und wichtig, sich
    einmal mit diesem Diskurs zu beschäftigen.
  • 4:09 - 4:13
    Wenn ich normalerweise Leute frage, was
    ist Rassismus, dann heißt es immer
  • 4:13 - 4:16
    begründet mit der Rassentheorie werden
    Menschen auf der Basis ihrer Rasse in
  • 4:16 - 4:19
    höhere und minderwertige Gruppen
    eingeteilt. Damit wird dann Gewalt nach
  • 4:19 - 4:23
    unten legitimiert. Klassischerweise stellt
    man sich irgendwelche kahlgeschorenen
  • 4:23 - 4:30
    Jugendlichen vor, aber es ist gar nicht so
    einfach. Zum Ersten ist es halt, auch wenn
  • 4:30 - 4:34
    der Begriff Anfang des 20. Jahrhunderts
    entwickelt wurde, ist es ja super alt.
  • 4:34 - 4:38
    Also das Konzept Rassismus ist super alt.
    Schon in der Geschichte, in der Antike
  • 4:38 - 4:44
    wurden Ausländer als Barbaren bezeichnet
    und damit Versklavung legitimiert. Der
  • 4:44 - 4:48
    Sklavenhandel an sich natürlich im 16.
    Jahrhundert basierte komplett auf
  • 4:48 - 4:54
    Rassismus. Afrikaner, die als minderwertig
    bezeichnet wurden, wurden verschleppt,
  • 4:54 - 4:59
    versklavt, es wurden Experimente an ihnen
    durchgeführt. Folter, Vergewaltigung, Tod
  • 4:59 - 5:03
    - alles gehörte dazu. Und das war
    Rassismus, auch wenn es den Begriff damals
  • 5:03 - 5:07
    noch nicht gab. Auch die Idee, dass
    sozusagen dann die Rassentheorie die
  • 5:07 - 5:11
    Ursache dafür ist, ist Blödsinn. Denn die
    historische Forschung hat gezeigt, dass
  • 5:11 - 5:13
    die Wissenschaftler, die die Rassentheorie
    entwickelt haben, teilweise auch ihre
  • 5:13 - 5:18
    Ergebnisse verschoben oder gefälscht
    haben. Und der heutige Stand des Wissens
  • 5:18 - 5:22
    ist: Nicht die Rassentheorie war Ursache
    für Rassismus, sondern der Rassismus der
  • 5:22 - 5:26
    Wissenschaftler war die Ursache für die
    Rassentheorie. Die haben sozusagen ein
  • 5:26 - 5:29
    pseudowissenschaftliches Konzept
    entwickelt, um ihren Rassismus zu
  • 5:29 - 5:34
    legitimieren. Das heißt, wir können den
    Punkt komplett weglassen, auch zu dem
  • 5:34 - 5:37
    nächsten Punkt, dass man sozusagen Leute
    in Rassen einteilt. Heute wissen wir
  • 5:37 - 5:43
    natürlich, dass das kein Konzept ist, das
    so stimmt, dass es Menschenrassen gibt.
  • 5:43 - 5:46
    Und dazu wissen wir auch, dass
    beispielsweise Nazis jetzt nicht einen
  • 5:46 - 5:52
    DNA-Test machen, bevor sie jemanden
    angreifen, sondern das wird dann halt auf
  • 5:52 - 5:56
    Basis von Ethnie, Herkunft,
    Staatsangehörigkeit, Hautfarbe, Sprache,
  • 5:56 - 6:02
    Glaube, Religion durchgeführt. Sozusagen
    an Merkmalen, die man außen sehen kann
  • 6:02 - 6:09
    oder die... ja. Auch Gewalt ist nicht das
    zentrale Element des Rassismus, sondern es
  • 6:09 - 6:14
    geht noch weiter wie Beleidigungen,
    Ausgrenzung, Benachteiligung... Genau. Und
  • 6:14 - 6:20
    wir sehen das Grundkonzept sozusagen: Es
    werden Eigenschaften benutzt, damit
  • 6:20 - 6:24
    Gruppen definiert, die werden
    herabgewertet und damit auch solche Sachen
  • 6:24 - 6:27
    legitimiert. Um das mal graphisch zu
    zeigen: Ich habe mal so eine Tabelle
  • 6:27 - 6:29
    gemacht. Spaltenweise die
    unterschiedlichen Eigenschaften, nach
  • 6:29 - 6:33
    denen diskriminiert wird. Zeilenweise die
    unterschiedlichen Formen der
  • 6:33 - 6:36
    Diskriminierung. Und wenn man dann halt so
    in der normalen Bevölkerung rumfragt,
  • 6:36 - 6:40
    denkt man: Das ist Rassismus, also Gewalt
    auf Basis von Rasse. Manche gehen noch
  • 6:40 - 6:43
    weiter und sagen: Ja, okay, Beleidigung
    gehört halt auch noch dazu. Die Wahrheit
  • 6:43 - 6:49
    ist: Das ist Rassismus. Und das muss den
    Leuten klar sein. Und das wissen wir auch
  • 6:49 - 6:55
    schon relativ lange, schon im Grundgesetz
    aus dem Jahr 1949: "Niemand darf wegen
  • 6:55 - 6:59
    seines Geschlechts, seiner Abstammung,
    seiner Rasse, seiner Sprache, Heimat,
  • 6:59 - 7:02
    Herkunft, Glauben, religiöse politische
    Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt
  • 7:02 - 7:08
    werden". Auch die Europäische Kommission
    gegen Rassismus und Intoleranz definiert
  • 7:08 - 7:12
    das so. Die Vereinten Nationen im
    internationalen Übereinkommen zur
  • 7:12 - 7:17
    Beseitigung jeder Form von
    Rassendiskriminierung definiert das
  • 7:17 - 7:23
    genauso. Das sind alles Formen des
    Rassismus. Interessant ist noch, dass hier
  • 7:23 - 7:27
    im Grundgesetz noch der Begriff Geschlecht
    drinnen vorkommt, was ganz interessant ist,
  • 7:27 - 7:31
    weil wenn wir mal zurück in die vorherigen
    Definitionen gehen und dann noch das
  • 7:31 - 7:35
    Geschlecht eintragen. Es werden Menschen
    auf der Basis ihres Geschlechts in höher-
  • 7:35 - 7:39
    und minderwertige Gruppen eingeteilt, und
    damit wird dann Gewalt, Beleidigungen,
  • 7:39 - 7:44
    Ausgrenzung, Benachteiligung legitimiert:
    Das ist Sexismus, und da sieht man, dass
  • 7:44 - 7:47
    es einen überraschenden
    Überlappungsbereich zwischen Sexismus und
  • 7:47 - 7:53
    Rassismus gibt. Der Mechanismus ist der
    gleiche, und das kann man sogar nochmal
  • 7:53 - 7:58
    ausweiten. Ich habe hier mal eine ganze
    lange Liste gemacht: Feindlichkeit,
  • 7:58 - 8:02
    Sexismus natürlich und Rassismus, aber
    auch Antisemitismus, Islamophobie,
  • 8:02 - 8:06
    Araberfeindlichkeit, Klassismus - wenn man
    sozusagen unterschiedliche soziale
  • 8:06 - 8:10
    Schichten abwertet. Altersdiskriminierung.
    Man kennt das vielleicht. Ältere Menschen
  • 8:10 - 8:15
    kriegen keinen Job mehr oder bekommen
    keinen Kredit mehr. Homophobie,
  • 8:15 - 8:21
    Transphobie, Behindertenfeindlichkeit -
    sehr großes Thema. Sizeism, Lookism, sogar
  • 8:21 - 8:24
    die Diskriminierung auf Basis des
    Vornamens, die man... ich hab den Begriff
  • 8:24 - 8:31
    Kevinismus gefunden. Serophobie,
    Linguizismus - die zum Beispiel hab ich
  • 8:31 - 8:35
    bei mir selber entdeckt, dass ich lange
    Zeit Leute, die sächsisch reden, nicht
  • 8:35 - 8:38
    ernst genommen habe, weil ich das von
    Komikern kenne. Aber wenn man darüber
  • 8:38 - 8:42
    nachdenkt und sich hineinversetzt in
    Leute, die in Sachsen leben und alle
  • 8:42 - 8:46
    lachen sozusagen aus für ihren Dialekt,
    ist das halt eine Diskriminierung.
  • 8:46 - 8:50
    Obdachlosendiskriminierung,
    Arbeitslosenabwertung und so weiter und so
  • 8:50 - 8:55
    fort. Diese unterschiedlichen
    Diskriminierungsformen sind
  • 8:55 - 8:58
    unterschiedlich stark ausgeprägt. Also
    jemand, der den Vornamen Kevin hat, ist
  • 8:58 - 9:02
    zum Beispiel nicht deswegen vom Tode
    bedroht. Das ist bei Rassismus, was
  • 9:02 - 9:07
    einem... was Millionen von Menschen das
    Leben gekostet hat, etwas anderes. Aber
  • 9:07 - 9:12
    die Mechanismen dahinter sind immer die
    gleichen. Professor Heitmeyer hat dann den
  • 9:12 - 9:16
    Begriff der "Gruppenbezogenen
    Menschenfeindlichkeit" entwickelt, um
  • 9:16 - 9:21
    sozusagen einen Überbau dazu zu
    entwickeln. Ich weiß, es nervt natürlich:
  • 9:21 - 9:27
    Jetzt gibt's neun komplexe
    Begriffskombinationen, um das zu
  • 9:27 - 9:31
    beschreiben. Aber die Gedanken dahinter
    sind, glaube ich, ganz interessant und
  • 9:31 - 9:36
    wichtig zu verstehen. Gruppenbezogene
    Menschenfeindlichkeit ist, wenn man länger
  • 9:36 - 9:40
    drüber nachdenkt, auch kein guter Begriff
    aus zwei Gründen: Das erste ist: Diese
  • 9:40 - 9:44
    Gruppen, die da diskriminiert werden,
    existieren ja meist gar nicht. Die werden
  • 9:44 - 9:48
    ja von den Tätern erst konstruiert. Da
    sind unterschiedliche Menschen, die kennen
  • 9:48 - 9:50
    sich gar nicht, und die werden dann alle
    zusammen in eine Gruppe geworfen. Das
  • 9:50 - 9:55
    heißt, die Gruppe ist eigentlich erst eine
    Konstruktion des Täters. Und zum anderen,
  • 9:55 - 10:00
    wenn man zum Beispiel Kinder auf dem
    Schulhof hört, wie sie antisemitische
  • 10:00 - 10:04
    Witze machen, einfach aus Dummheit heraus
    oder weil sie vielleicht noch nicht so
  • 10:04 - 10:08
    gefestigt sind, ist es schwierig, sie dann
    als Menschenfeinde zu bezeichnen. Das
  • 10:08 - 10:11
    heißt, Gruppenbezogene
    Menschenfeindlichkeit scheint es auch noch
  • 10:11 - 10:16
    nicht so richtig im vollen Umfang zu
    treffen. Und es gibt noch eine neue
  • 10:16 - 10:20
    Begriffskonstruktion, die ich sehr gerne
    mag, und zwar die "pauschalisierende
  • 10:20 - 10:25
    Ablehnungskonstruktion" von Professor Kurt
    Möller ein Konzept. Da muss man ein
  • 10:25 - 10:31
    bisschen drüber nachdenken. Wir sehen
    Menschen, pauschalisieren über sie und
  • 10:31 - 10:35
    lehnen sie dann ab, meist aufgrund von
    Eigenschaften, die wir sehen können. Das
  • 10:35 - 10:39
    kennen wir auch tatsächlich aus dem Alltag
    und auch aus unserem eigenen Denken.
  • 10:39 - 10:43
    Beispielsweise so etwas wie: "Wenn du
    nicht in der Schule lernst, arbeitest du
  • 10:43 - 10:47
    bei der Müllabfuhr oder wirst Putzfrau".
    Es gibt so eine Art Diskriminierung
  • 10:47 - 10:50
    gegenüber bestimmten Berufsgruppen. Ich
    hab mir mal ein anderes Beispiel
  • 10:50 - 10:54
    herausgegriffen: "All Cops are Bastards"
    ist eine pauschalisierende
  • 10:54 - 10:58
    Ablehnungskonstruktion. Weil: Sie ist
    pauschal, sie sagt alle Polizisten. Und
  • 10:58 - 11:04
    sie ist eine Ablehnung. Bastard, was
    übrigens ein uneheliches Kind ist. Ja.
  • 11:04 - 11:10
    Alle Polizisten, die sich zum Beispiel
    gegen Polizeigewalt engagieren oder gegen
  • 11:10 - 11:14
    Rassismus oder gegen andere strukturelle
    Probleme in der Polizei engagieren, werden
  • 11:14 - 11:20
    damit auch abgelehnt. Das muss euch
    sozusagen klar sein. Dann gibt es noch den
  • 11:20 - 11:24
    Aspekt des "strukturellen Rassismus". Und
    der funktioniert komplett ohne Rassisten.
  • 11:24 - 11:28
    Ich habe mir mal ein Beispiel
    herausgegriffen, das ihr vielleicht kennt:
  • 11:28 - 11:34
    Da ist ein Mann, der braucht ein weißes
    Handtuch, um Seife aus dem Seifenspender
  • 11:34 - 11:39
    zu bekommen. Denn wenn er es mit der
    eigenen Hand macht, geht's nicht. Der
  • 11:39 - 11:43
    Lichtsensor scheint mit seiner Hautfarbe
    ein Problem zu haben. Die Ingenieure, die
  • 11:43 - 11:48
    das gebaut haben, sind ja keine Rassisten.
    Die haben das ja nicht mutwillig gemacht.
  • 11:48 - 11:52
    Sie haben das gemacht, weil sie einfach
    nicht dran gedacht haben. Vielleicht ist
  • 11:52 - 11:56
    das selber sozusagen ein Mechanismus des
    strukturellen Rassismus, dass dort nur
  • 11:56 - 12:00
    weiße Ingenieure gearbeitet haben und die
    gar nicht darüber reflektiert haben, wie
  • 12:00 - 12:03
    sieht das mit anderen Leuten aus. Ich habe
    auch darüber nie nachgedacht. Wenn ich
  • 12:03 - 12:08
    z.B. ein Pflaster benutze, dass das
    eigentlich meine Hautfarbe hat. Und wie
  • 12:08 - 12:11
    sieht das mit Leuten aus, mit dunkler
    Hautfarbe? Gibt es einen Tweet, der so
  • 12:11 - 12:14
    umgegangen ist. Ich habe nie darüber
    nachgedacht, wie sehr sich Leute darüber
  • 12:14 - 12:20
    freuen, ein Pflaster in ihrer eigenen
    Hautfarbe zu haben. Ein Punkt, den ich
  • 12:20 - 12:23
    schon ein bisschen länger kenne und der
    mir immer wieder aufstößt: Ich als
  • 12:23 - 12:27
    Berliner kann im ägyptischen Museum die
    Nofretete besuchen. Ich fahre da einfach
  • 12:27 - 12:33
    hin, zahle 2,50 Euro Eintritt und kann mir
    einen sehr alten und wichtigen ägyptischen
  • 12:33 - 12:37
    Kulturschatz anschauen. Einen Freund von
    mir, der aus Ägypten stammt, habe ich
  • 12:37 - 12:40
    ausgefragt: Ja, was ist denn das
    eigentlich, wenn ein Ägypter sich seinen
  • 12:40 - 12:44
    eigenen ägyptischen Kulturschatz anschauen
    möchte? Er hat mir dann aus der deutschen
  • 12:44 - 12:49
    Botschaft aus Ägypten dann mal die
    Unterlagen zuschicken lassen. Damit sich
  • 12:49 - 12:51
    ein Ägypter seinen eigenen Kulturschatz
    anschauen kann, braucht er einen
  • 12:51 - 12:54
    Reisepass, ein ausgefülltes
    Antragsformular, unterschriebene
  • 12:54 - 12:57
    Belehrung, biometrisches Passfoto, nicht
    älter als 6 Monate, einen
  • 12:57 - 13:00
    Krankenversicherungsnachweis, eine
    Mogamma-Bescheinigung über Reisebewegungen
  • 13:00 - 13:03
    während der letzten 7 Jahre, Nachweis der
    Hotelreservierung, schriftliche
  • 13:03 - 13:07
    Informationen zum Reiseziel, zur
    Reiseroute, Nachweis der Flugreservierung,
  • 13:07 - 13:11
    aktuelle chronologische Bankbelege der
    letzten 6 Monate inklusive Sparbuch und
  • 13:11 - 13:14
    sonstigem Vermögen, Schreiben des
    Arbeitgebers mit Angabe, seit wann, in
  • 13:14 - 13:18
    welcher Position und mit welchen Einkommen
    beschäftigt und für welchen Zeitraum
  • 13:18 - 13:26
    Urlaub gewährt wird. Das ist Rassismus.
  • 13:26 - 13:28
    Hier gibt es zahlreiche Beispiele,
  • 13:28 - 13:32
    insbesondere von der taz recherchiert und
    veröffentlicht, von Leuten, die
  • 13:32 - 13:36
    Schwierigkeiten haben, Wohnungen zu
    finden. Hier ist das Beispiel im ersten
  • 13:36 - 13:41
    Artikel, von einem Herrn Ming Li, der sich
    bei unterschiedlichen Wohnung beworben
  • 13:41 - 13:44
    hat, keine Antwort bekommen hat. Er hat
    sich dann nochmal gemeldet und einfach
  • 13:44 - 13:48
    angegeben er heißt Leon Kuntze. Und dann
    hat es halt funktioniert. Das kann man
  • 13:48 - 13:52
    auch, wie so einen strukturellen
    Rassismus, systematisch erforschen. Hier
  • 13:52 - 13:58
    hat ein Team 528 Jobangebote überprüft und
    zu jedem Jobangebot zwei Bewerbungen
  • 13:58 - 14:01
    geschickt und zwar einmal mit einem
    türkischen Namen, einmal mit einem
  • 14:01 - 14:05
    deutschen Namen und hat die Rücklaufquote
    sich angeschaut. Konnte das genau
  • 14:05 - 14:08
    untersuchen. Kleine Unternehmen versus
    große Unternehmen, wie sieht es mit
  • 14:08 - 14:12
    unterschiedlichen Branchen aus?
    Privatwirtschaft versus Verwaltung und so
  • 14:12 - 14:16
    weiter. Und hier ist zum Beispiel das
    große Ergebnis 14 Prozent wahrscheinlicher
  • 14:16 - 14:20
    ist es, dass man eine Rückantwort bekommt,
    wenn man einen deutschen Namen hat. Und
  • 14:20 - 14:24
    ich habe das nicht gewusst. Ich habe da
    nie drüber nachgedacht. Ich merke die
  • 14:24 - 14:28
    Diskriminierung gar nicht, weil ich keinen
    türkischen Nachnamen habe, oder mich damit
  • 14:28 - 14:34
    um einem Job bewerben möchte. Und das kann
    man übrigens auch gleich zum Thema
  • 14:34 - 14:39
    Sexismus weiterdenken. Das Thema Medien.
    Wie häufig nennen Medien die Herkunft von
  • 14:39 - 14:44
    Tatverdächtigen? Da gibt es eine
    Untersuchung vom Mediendienst Integration.
  • 14:44 - 14:49
    Die haben sich versucht, ganz aktuell,
    haben sich versucht anzugucken, wie ist
  • 14:49 - 14:52
    die Berichterstattung zu Tatverdächtigen.
    Auf der linken Seite sieht man laut
  • 14:52 - 14:58
    Polizeistatistik, wer Deutscher und
    Ausländer ist. Und wie sieht das in der
  • 14:58 - 15:04
    Fernsehberichterstattung aus? Man sieht
    interessanterweise auch, dass selbst wenn
  • 15:04 - 15:09
    die Anteile für ausländische Kriminalität
    ungefähr gleich hoch ist wie in der
  • 15:09 - 15:14
    Statistik, die Deutschen sind völlig
    unterrepräsentiert. Und da sehen wir einen
  • 15:14 - 15:18
    strukturellen Rassismus. Ich habe hier mal
    als Modell 10 Deutsche genommen und 10
  • 15:18 - 15:22
    Migranten. Jeweils davon sind 10 Prozent
    kriminell. Und wir sehen sowohl in den
  • 15:22 - 15:26
    Untersuchungen, dass die Deutschen
    unterrepräsentiert und die Migranten
  • 15:26 - 15:30
    überrepräsentiert sind in der
    Berichterstattung. Aber was ein
  • 15:30 - 15:34
    Kernproblem ist, das sozusagen nicht-
    kriminelle Migranten in unserer
  • 15:34 - 15:38
    Gesellschaft unsichtbar sind. Und das
    führt dazu, dass, wenn ich mich jetzt in
  • 15:38 - 15:42
    den Medien über Migration und Flüchtlinge
    und Asylbewerber informieren möchte, sehe
  • 15:42 - 15:45
    ich eigentlich hauptsächlich nur noch
    etwas über Terrorismus und Kriminalität.
  • 15:45 - 15:50
    Und das prägt natürlich auch mein Bild von
    der Welt. Wenn die Medien, oder
  • 15:50 - 15:56
    journalistische Medien, den Anspruch
    haben, die Welt abzubilden. Ich habe bei
  • 15:56 - 16:00
    einem Bier mit einem Juristen, dessen
    Namen ich nicht erwähnen möchte, drüber
  • 16:00 - 16:04
    gesprochen, und er hat dann spontan den
    Begriff der "strukturellen
  • 16:04 - 16:08
    Volksverhetzung" entwickelt, und das finde
    ich ganz interessant. Wenn ich jetzt
  • 16:08 - 16:12
    sozusagen als Medium die ganze Zeit
    behaupten würde: "Flüchtlinge sind
  • 16:12 - 16:15
    kriminell." Dann wäre das eine
    Volksverhetzung. Wenn ich jetzt aber in
  • 16:15 - 16:19
    meiner Berichterstattung nur die Themen
    herrauswähle, wo Flüchtlinge kriminell
  • 16:19 - 16:22
    sind, dann ist das eine strukturelle
    Volksverhetzung. Ich glaube, da müsste man
  • 16:22 - 16:30
    mal drüber nachdenken. Ein paar Beispiele.
    Rassismus aus meiner eigenen Kindheit. Das
  • 16:30 - 16:36
    Buch, das Lied ist ein zutiefst
    rassistisches Lied. Zehn Kinder sterben.
  • 16:36 - 16:41
    Sie haben Unfälle aus Dummheit, sie
    erschießen sich gegenseitig. Sie wollen
  • 16:41 - 16:44
    einen Bauern beklauen und werden
    erschlagen. Und nachdem neun Kinder tot
  • 16:44 - 16:49
    sind und noch eins übrig ist, findet es
    eine Frau und kriegt zehn neue Kinder. Das
  • 16:49 - 16:53
    ist zutiefst rassistisch, ist das. Da
    fragt man sich, ob es hier eigentlich um
  • 16:53 - 16:58
    Kinder geht, oder ob ihr der Autor hier
    Ungeziefer bezeichnen will. Das ist Otto
  • 16:58 - 17:02
    Waalkes. Viel gelacht. Über seine
    rassistischen Witze kann ich nicht lachen.
  • 17:02 - 17:09
    Die Berichterstattung in Medien, 70er bis
    90er, insbesondere die SPIEGEL-Cover,
  • 17:09 - 17:12
    Bild-Zeitung, auch immer dabei. Hier habe
    ich ein interessantes Zitat gefunden:
  • 17:12 - 17:16
    "Städte wie Berlin, München oder Frankfurt
    können die Invasion kaum noch bewältigen:
  • 17:16 - 17:22
    Es entstehen Ghettos...", sprach man über
    die türkischen Migranten. Filme, die ich
  • 17:22 - 17:27
    sehr gerne mag. Sowas wie "Zurück in die
    Zukunft". Wo hat denn eigentlich Doc Brown
  • 17:27 - 17:31
    sein Plutonium her? Stimmt, von
    libanesischen Terroristen. Arnold
  • 17:31 - 17:36
    Schwarzenegger hat als Gegenspieler
    natürlich arabische Extremisten. Indiana
  • 17:36 - 17:43
    Jones. Indiana Jones ist doch nicht
    rassistisch, oder? Gut, ich meine, das
  • 17:43 - 17:46
    bestätigt schon gewisse Klischees. Die
    stehen immer im Weg, sind faul, sind
  • 17:46 - 17:51
    hinterhältig, gewalttätig und so weiter.
    Aber was mich wirklich gepackt hat, ist,
  • 17:51 - 17:56
    Indiana Jones Aufgabe ist es, in andere
    Kulturen zu reisen und dort die
  • 17:56 - 18:01
    Kulturschätze zu klauen, um sie dann in
    westliche Museen zu bringen. Das ist genau
  • 18:01 - 18:10
    das, was wir vorhin bei Nofretete hatten.
    Das ist sozusagen kolonialistisch, aber
  • 18:10 - 18:14
    sozusagen als Wert. Und das ist fies: Wenn
    man sich mit Rassismus beschäftigt, stellt
  • 18:14 - 18:19
    man ihn miteinmal an so vielen Ecken fest,
    und macht einem auch so Filme und
  • 18:19 - 18:23
    Kulturgut kaputt. Und ich meine, Disney,
    Disney kann nicht rassistisch sein, oder?
  • 18:23 - 18:26
    vereinzeltes Lachen
    Michael: Aladin und die Wunderlampe? Also
  • 18:26 - 18:30
    davon abgesehen, dass die bösen Araber,
    die haben natürlich eine krumme Hakennase
  • 18:30 - 18:34
    und so weiter, Aladin und seine Freundin
    sehen aus wie Latino Teenager vom
  • 18:34 - 18:43
    amerikanischen College. Aber das Krasse
    ist, das Eingangslied war ursprünglich
  • 18:43 - 18:48
    über die Herkunft von Aladin. "Where they
    cut off your ear if they don't like your
  • 18:48 - 18:51
    face, it's barbaric, but hey, it's home"
    Wo sie das Ohr abschneiden wenn sie dein
  • 18:51 - 18:55
    Gesicht nicht mögen, es ist barbarisch,
    aber hey, es ist mein Zuhause. Aufgrund
  • 18:55 - 19:00
    von öffentlichem Druck hat Disney diesen
    Eingangs-Song gewechselt. Das ist schon
  • 19:00 - 19:04
    interessant, wie viele rassistische
    Stereotypen man im letzten Jahrhundert so
  • 19:04 - 19:09
    findet. Araber seien faul und primitiv,
    hinterhältig, kriminell, Terroristen. Aber
  • 19:09 - 19:13
    das Gute ist, das sind ja nur Hollywood-
    Klischees. Das stimmt ja gar nicht, das
  • 19:13 - 19:18
    wissen wir ja alle. Und dann kam die
    Hollywood-reife Verfilmung des 11.
  • 19:18 - 19:23
    September 2001. Ein Schock ging um die
    Welt. Menschen wurden durch die Bilder
  • 19:23 - 19:26
    traumatisiert, Leute saßen am Fernsehen
    und haben danach psychologische Betreuung
  • 19:26 - 19:34
    gebraucht. Die Täter alles muslimische
    Männer, alles junge, gewalttätige Araber.
  • 19:34 - 19:37
    Dann gab es noch zahlreiche terroristische
    Anschläge in Europa. Ich habe auf die
  • 19:37 - 19:42
    Bilder verzichtet, sondern nur von den
    Blumen und Denkmälern Fotos genommen. Und
  • 19:42 - 19:48
    auch hier gibt's die Berichterstattung:
    Alles junge muslimische Männer. Die Frage
  • 19:48 - 19:53
    ist: Was macht das mit einer Gesellschaft,
    wenn wir über Jahrzehnte immer wieder die
  • 19:53 - 19:56
    gleichen Narrative pushen, und sowohl die
    Medien, als auch der islamistische Terror?
  • 19:56 - 20:03
    Was macht das mit der Gesellschaft? 2012
    ist eine Studie herausgekommen. "Muslime
  • 20:03 - 20:07
    und ihre Religion sind so verschieden von
    uns, dass es blauäugig wäre, einen
  • 20:07 - 20:09
    gleichen Zugang zu allen
    gesellschaftlichen Positionen zu fordern."
  • 20:09 - 20:16
    Mehr als die Hälfte der deutschen
    Bevölkerung, 57 Prozent stimmt dem zu. Die
  • 20:16 - 20:22
    Frage hat abgefragt, ob die Leute
    rassistisch sind. Aufgrund ihres Glaubens
  • 20:22 - 20:25
    dürfen sie nicht an der Gesellschaft
    teilnehmen. Das ist eine Abfrage, haben
  • 20:25 - 20:28
    sie sozusagen Islamfeindlichkeit? 57
    Prozent stimmen zu. Die Studien kommen
  • 20:28 - 20:34
    auch zu dem Ergebnis, dass Rassismus und
    Rechtsextremismus kein Randphänomen ist,
  • 20:34 - 20:38
    sondern es ist bereits in der Mitte der
    Gesellschaft angekommen. Wir haben den
  • 20:38 - 20:41
    Punkt erreicht, wo mehr als die Hälfte der
    deutschen Bevölkerung rassistische und
  • 20:41 - 20:45
    islamfeindliche Einstellungen hat. Aber
    das Gute ist ja, der Islam ist ja hier
  • 20:45 - 20:50
    nicht, der ist ja ganz weit weg. In der
    arabischen Welt. Und dann kam der Krieg in
  • 20:50 - 20:55
    Syrien. Die Berichterstattung zeigt uns
    Bilder. Alles junge Männer. Die sehen alle
  • 20:55 - 21:00
    aus wie die Terroristen. Der
    Religionsmonitor 2019 der
  • 21:00 - 21:08
    Bertelsmannstiftung: "Insgesamt empfindet
    rund die Hälfte der Befragten den Islam
  • 21:08 - 21:13
    als Bedrohung." In Ostdeutschland ist
    Anteil bei 57 Prozent. Den Absatz
  • 21:13 - 21:17
    weiterzulesen ist auch ganz interessant.
    Offenbar sehen viele Menschen den Islam
  • 21:17 - 21:21
    derzeit weniger als Religion, sondern vor
    allem als politische Ideologie an und
  • 21:21 - 21:27
    nehmen ihn deswegen von der religiösen
    Toleranz aus. Aus ihrer Sicht... Hierzu
  • 21:27 - 21:29
    haben aus ihrer Sicht auch die
    gesellschaftlichen Debatten und
  • 21:29 - 21:32
    Medienberichte der vergangenen Jahre
    beigetragen, die den Islam häufig in einem
  • 21:32 - 21:37
    negativen und kritischen Zusammenhang
    rückten. In unserer Gesellschaft gibt es
  • 21:37 - 21:41
    rassistische Ängste aber als
    Massenphänomen. Ich weiß nicht, wie groß
  • 21:41 - 21:46
    es ist, je nachdem man es abgrenzt.
    Vielleicht 30 bis 50 Prozent haben eine
  • 21:46 - 21:50
    Angst vor dem Islam und haben eine Angst
    vor einer Islamisierung. Und die Frage
  • 21:50 - 21:55
    ist, wenn so viele Leute Angst davor
    haben, was sind die Folgen davon? Das
  • 21:55 - 21:59
    Erste ist, wenn solche Leute sozusagen,
    man muss sich da mal hineinversetzen, man
  • 21:59 - 22:03
    hat panische Angst vor einer
    Glaubensrichtung. Man entwickelt
  • 22:03 - 22:08
    Narrative, wie Asylflut, Flüchtlingswelle,
    Masseneinwanderung, Invasoren, importierte
  • 22:08 - 22:12
    Gewalt, Migrationswaffe, Asylindustrie,
    Islamisierung des Abendlandes,
  • 22:12 - 22:17
    Bevölkerungsaustausch und so weiter. Das
    sind alles Mechanismen, um Menschen zu
  • 22:17 - 22:24
    entmenschlichen und sie als Waffe oder, in
    anderer Form, ihr Menschsein abzusprechen
  • 22:24 - 22:28
    und zum Beispiel auch Gewalt damit zu
    legitimieren. Jetzt gibt es zum Glück auch
  • 22:28 - 22:32
    Leute, die sich dagegen engagieren und
    versuchen, Rassismus zu bekämpfen. Und die
  • 22:32 - 22:35
    werden dann natürlich von Leuten, die
    Panik vor dem Islam haben, als
  • 22:35 - 22:39
    Volksverräter, Gutmenschen,
    linksgrünversifft oder sogar
  • 22:39 - 22:44
    Linksfaschisten bezeichnet. Medien, die
    über Rassismus berichten oder nicht über
  • 22:44 - 22:46
    die eigentliche Gefahr in Deutschland, die
    Islamisierung, berichten sind dann hat
  • 22:46 - 22:49
    automatisch die Lügenpresse, die
    Staatsmedien und man spricht von
  • 22:49 - 22:54
    Gleichschaltung. Diese Narrative sind
    deshalb völlig unlogisch, weil sie
  • 22:54 - 22:58
    komplett auf einer Gefühlsebene
    stattfinden. Man muss sich vorstellen, die
  • 22:58 - 23:05
    Leute haben Panik, haben Angst und greifen
    nach diesen Narrativen, die dann erstmal
  • 23:05 - 23:09
    auf den ersten Blick keinen Sinn machen.
    Hatespeech, auch eine Folge davon. Das ist
  • 23:09 - 23:14
    für die rassistische Masse einfach nur
    verbale Notwehr. Ich möchte mal
  • 23:14 - 23:20
    insbesondere den Blick auf Frau Chebli und
    Frau Dunja Hayali bringen, die über
  • 23:20 - 23:25
    Twitter einfach zeigen, mit was für einer
    Flut an Hass und Morddrohungen sie
  • 23:25 - 23:31
    konfrontiert werden. Für sie sind sie
    nicht nur Projektionsflächen, da sie
  • 23:31 - 23:36
    sozusagen die Islamisierung in Deutschland
    nicht nur nicht wahrnehmen, sondern weil
  • 23:36 - 23:43
    sie dann auch noch zusätzlich sozusagen
    selber einen Migrationshintergrund haben,
  • 23:43 - 23:47
    sind sie sozusagen Teil der Islamisierung.
    Und die Leute, die da irgendwie völlig
  • 23:47 - 23:50
    abgedreht in dieser Verschwörungswelt
    hängen, schreiben dann halt Morddrohungen
  • 23:50 - 23:54
    an die Frauen. Und ich kann einfach nur
    meinen tiefsten Respekt aussprechen
  • 23:54 - 23:56
    gegenüber diesen Frauen und den vielen,
    vielen anderen Menschen, die diesen Scheiß
  • 23:56 - 23:58
    aushalten müssen.
  • 23:58 - 24:06
    Applaus
  • 24:06 - 24:10
    Michael: Menschen mit rassistischen
    Ängsten lassen sich kaum mit logischen
  • 24:10 - 24:14
    Argumenten überzeugen, weil sie sich
    komplett auf einer Gefühlsebene finden. Um
  • 24:14 - 24:20
    das mal zu erklären. Ich habe Höhenangst.
    In China gibt es eine Glasbrücke. Mich
  • 24:20 - 24:25
    würde da keine zehn Pferde rüber bekommen.
    Ich würde einfach Panik.. und schwitzen,
  • 24:25 - 24:31
    einfach, dort. Ich weiß dass diese Ängste,
    über eine Glasbrücke zu laufen, völlig
  • 24:31 - 24:35
    irrational sind. Aber wenn mir jetzt einer
    kommt und sagt: Ja, das ist aber, keine
  • 24:35 - 24:38
    Ahnung, geprüft und, keine Ahnung, und
    abgenommen und so weiter, und das ist ganz
  • 24:38 - 24:40
    sicher. Dann sind das zwar logische
    Argumente, die werden mir aber in meiner
  • 24:40 - 24:45
    Höhenangst nicht weiterhelfen. Man müsste
    mich trotzdem so drüber schleifen. Und das
  • 24:45 - 24:49
    ist ein Problem. Wer hier sozusagen
    tatsächlich Angst und Panik hat, dem wird
  • 24:49 - 24:53
    man mit logischen Argumenten in diesem
    Diskurs nicht weiterhelfen können. Und es
  • 24:53 - 24:56
    hilft auch nicht, Menschen mit
    rassistischen Ängsten als Nazis zu
  • 24:56 - 25:01
    bezeichnen. Sie sind keine Nazis,
    zumindest noch nicht. Viele von ihnen sind
  • 25:01 - 25:05
    noch keine Nazis. Aber Nazis, inzwischen
    ja auch ein komplett sinnentleertes
  • 25:05 - 25:09
    Schimpfwort gewonnen. Ich denke zum
    Beispiel an Rechtschreib-Nazi oder sowas.
  • 25:09 - 25:12
    Heißt, wenn einer mir zum Beispiel von
    seinen rassistischen Ängsten erzählt und
  • 25:12 - 25:15
    ich sage: "Du bist ein Rassist", oder: "Du
    bist ein Nazi", dann empfindet die Person
  • 25:15 - 25:19
    das nur als Beleidigung, und man kommt
    dann halt auch nicht weiter. Psychologisch
  • 25:19 - 25:23
    spricht man auch von einer kognitiven
    Dissonanz. Menschen mit rassistischen
  • 25:23 - 25:26
    Ängsten verstoßen gegen ihre eigenen
    Werte. Sie sind ja auch gezwungen, einen
  • 25:26 - 25:32
    Menschen abzuwerten. Und die Folgen
    solcher kognitiven Dissonanz sind unter
  • 25:32 - 25:36
    anderem: klar könnte ich mich mit meinen
    Ängsten beschäftigen, aber ich kann auch
  • 25:36 - 25:40
    Umgehungsstrategien fahren. Und das mal
    aus der Wikipedia, die Beispiele sind dann
  • 25:40 - 25:45
    von mir. Die Erregung wird auf andere
    Ursachen zurückgeführt. "Die Gutmenschen
  • 25:45 - 25:48
    holen wieder die Nazikeule raus." Der
    Widerspruch zwischen dem eigenen Verhalten
  • 25:48 - 25:52
    und der Einstellung wird heruntergespielt.
    "Man wird ja noch mal seine Meinung sagen
  • 25:52 - 25:55
    dürfen." Das Verhalten wird als gezwungen
    dargestellt. "Es ist meine bürgerliche
  • 25:55 - 25:59
    Pflicht, Deutschland zu verteidigen."
    Nichtwahrnehmen, Leugnen oder Abwerten von
  • 25:59 - 26:03
    Informationen, zum Beispiel das klassische
    "Lügenpresse". Und die selektive
  • 26:03 - 26:07
    Beschaffung und Interpretation von
    dissonanzreduzierenden Informationen. "Der
  • 26:07 - 26:12
    Weihnachtsmarkt heißt jetzt Wintermarkt!"
    Die Leute brauchen zur Auflösung ihrer
  • 26:12 - 26:16
    kognitiven Dissonanz greifen die wirklich
    jeden Strohhalm raus. Und vielleicht kennt
  • 26:16 - 26:21
    ihr das Beispiel, ich habe es nochmal
    rausgezogen: ein Foto eines Busses und
  • 26:21 - 26:25
    seinen Sitzen, und das ging durch die
    Medien, weil Leute tatsächlich da drinnen
  • 26:25 - 26:29
    eine Islamisierung erkannt haben, und zwar
    Burkaträgerinnen haben Sie darin gesehen.
  • 26:29 - 26:32
    Wir haben uns darüber lustig gemacht. Wir
    haben gar nicht darüber nachgedacht. Da
  • 26:32 - 26:36
    gibt es Leute, die haben so eine Angst
    davor, dass sie selbst darin eine
  • 26:36 - 26:41
    Islamisierung erkennen. Menschen mit
    rassistischen Ängsten brauchen diese Fake
  • 26:41 - 26:44
    News zur Selbstbestätigung. Es geht hier
    um kognitive Dissonanz, und das
  • 26:44 - 26:48
    massenhafte Auftreten von Fake News ist
    nicht das Problem, sondern ein Symptom
  • 26:48 - 26:53
    eines viel größeren Problems. Und das kann
    weiter wachsen. Verschwörungstheorien.
  • 26:53 - 26:58
    Menschen mit rassistischen Ängsten können
    in Verschwörungstheorien abgleiten.
  • 26:58 - 27:04
    Beispiel ist dafür "Frau Merkel hat wohl
    einen Plan, damit sie die ganzen Moslems
  • 27:04 - 27:07
    hierher holt". Bis hin zu
    Rechtsextremismus, wo man dann einfach zum
  • 27:07 - 27:10
    Beispiel antisemitische
    Verschwörungstheorien abgreift: "Das ist
  • 27:10 - 27:15
    ein Plan der Juden, die Moslems
    herzuholen, um uns umzuvolken." Was
  • 27:15 - 27:19
    passiert, wenn es in Deutschland 20
    Millionen Menschen gibt, die rassistische
  • 27:19 - 27:26
    Ängste haben? Wahrscheinlich sind es noch
    mehr. Sie gehen auf die Straße in Form von
  • 27:26 - 27:30
    Patriotischen Europäern gegen die
    Islamisierung des Abendlandes. Das meinen
  • 27:30 - 27:34
    die ernst, die glauben das wirklich. Das
    sieht man auch in jedem Interview. Die
  • 27:34 - 27:39
    glauben wirklich, dass der Islam eine
    Bedrohung ist. Und sie würden natürlich
  • 27:39 - 27:43
    auch gerne wählen können. Aber es gibt
    keine Parteien, die sie abdeckt, so
  • 27:43 - 27:47
    richtig, weil Parteien sich normalerweise
    an das Grundgesetz halten müssen. Und so
  • 27:47 - 27:51
    eine Forderung, wie alle Moslems
    abzuschieben, verstößt gegen das
  • 27:51 - 27:55
    Grundgesetz. Aber das Gute ist, es gibt
    eine Partei namens Alternative für
  • 27:55 - 27:59
    Deutschland, und der Begriff Alternative
    für Deutschland ist eine super schöne
  • 27:59 - 28:04
    Projektionsfläche. Andere Parteien haben
    Sozialismus oder Grüne oder sonst
  • 28:04 - 28:07
    irgendwas in ihrem Namen, was einem
    Wertesystem entspricht. Alternative für
  • 28:07 - 28:10
    Deutschland kann alles sein, und das kann
    halt auch ein super schöner Magnet sein
  • 28:10 - 28:15
    für Rassisten und Rechtsextremisten. Und
    genau das ist passiert. Bernd Lucke ist
  • 28:15 - 28:20
    Juli 2015 ausgetreten. Seine Begründung
    war Rechtsextremismus in der Partei.
  • 28:20 - 28:23
    Frauke Petry September 2017 ist
    ausgetreten. Begründung Rechtsextremismus
  • 28:23 - 28:28
    in der Partei. Und rechts, Konrad Adam
    hatte Ende 2015 vor dem Rechtsextremismus
  • 28:28 - 28:32
    in der eigenen Partei gewarnt und ist von
    seinem eigenen Kreisverband abgemahnt
  • 28:32 - 28:37
    worden. Er ist weiterhin in der Partei.
    Wäre mal interessant zu hinterfragen,
  • 28:37 - 28:42
    warum eigentlich? Das Spannende ist, dass
    wir hier die Partei als eine Symbiose von
  • 28:42 - 28:46
    zwei Kräften haben, und zwar
    Konservatismus und Rechtsextremismus. Die
  • 28:46 - 28:49
    Konservativen haben die Aufgabe, innerhalb
    dieser Symbiose den Rechtsextremismus
  • 28:49 - 28:53
    herunterzuspielen, und zu sagen, ach das
    ist gar nicht so schlimm. Ich habe ein
  • 28:53 - 28:56
    Zitat leider rausgeworfen, sowas wie, in
    unserer Partei gibt es keinen
  • 28:56 - 29:00
    Rechtsextremismus. Das Publikum lacht dann
    laut, und die Rechtsextremisten haben die
  • 29:00 - 29:05
    Aufgabe, mit der Radikalität Wählerstimmen
    ranzuholen. Es gibt die Leute, die dann
  • 29:05 - 29:09
    halt sagen, eine AfD, die ist ja schon
    angepasst, die sitzt ja in den Parlamenten
  • 29:09 - 29:12
    und bereichert sich und so weiter. Aber
    solange ein Björn Höcke drinnen sitzt und
  • 29:12 - 29:16
    dann immer noch seinen rechtsradikalen
    rechtsextremistischen Scheiss raushaut,
  • 29:16 - 29:19
    legitimiert er die Partei sozusagen von
    der rechtsextremistischen Seite. Und das
  • 29:19 - 29:23
    ist eine Symbiose, die nur so zusammen
    funktioniert. Man sieht ja auch Bernd
  • 29:23 - 29:26
    Lucke hat versucht, eine Partei zu
    gründen. Frauke Petry hat eine Partei
  • 29:26 - 29:29
    versucht, eine Partei zu gründen, und es
    hat nicht funktioniert. Es ist erst die
  • 29:29 - 29:32
    Symbiose zwischen den Konservativen und
    Rechtsextremisten. Wie sieht es
  • 29:32 - 29:39
    international aus? Hier ist eine Studie in
    den westlichen Ländern. Was ist denn die
  • 29:39 - 29:42
    Einschätzung, die Realität, wie viele
    Moslems es in einem Land gibt? In
  • 29:42 - 29:46
    Deutschland beispielsweise gibt es fünf
    Prozent Moslems. In den Befragungen kommt
  • 29:46 - 29:50
    man aber auf über 20 Prozent, von dem die
    Leute glauben, wieviele Moslems es in dem
  • 29:50 - 29:56
    Land gibt. Diese völlige Überschätzung
    gibt es in fast allen Ländern. Hier eine
  • 29:56 - 30:01
    Studie "Was verbindet die Wählerbasis
    unterschiedlicher rechtspopulistischer
  • 30:01 - 30:05
    Parteien?" Sind da relativ
    unterschiedlicher Meinung. Aber wenn es um
  • 30:05 - 30:11
    Immigration geht, da haben sie alle die
    gleiche Meinung. Das muss man verstehen,
  • 30:11 - 30:18
    das sozusagen eine weite Verbreitung von
    solchen rassistischen, islamfeindlichen
  • 30:18 - 30:23
    Konzepten einfach eine Plattform bildet
    für neues Wählerpotenzial, insbesondere
  • 30:23 - 30:27
    für rechtsextremistische Parteien. Mal ein
    paar internationale Beispiele, die
  • 30:27 - 30:31
    rassistische Bewegung in Großbritannien.
    Beim Brexit spielte insbesondere
  • 30:31 - 30:36
    Islamfeindlichkeit eine Rolle. The
    Breaking Point, die EU würde jetzt
  • 30:36 - 30:40
    sozusagen Großbritannien dazu zwingen, die
    ganzen Moslems aufzunehmen. Die
  • 30:40 - 30:44
    rassistische Bewegung in Frankreich. Ein
    84-Jähriger, der Kandidat der Front
  • 30:44 - 30:49
    National war, hat sogar eine Moschee
    angegriffen. Wikipedia schreibt über die
  • 30:49 - 30:53
    Front National. Besonders die Einwanderung
    aus muslimischen Ländern wird kritisch
  • 30:53 - 30:57
    gesehen. Die Partei warnt vor einer
    Islamisierung des Landes. Niederlande,
  • 30:57 - 31:02
    Geert Wilders. Die Partei warnt vor einer
    aus ihrer Sicht stattfindenden
  • 31:02 - 31:07
    Islamisierung der Niederlande und ruft
    offen zu einer Bekämpfung auf. Italien,
  • 31:07 - 31:12
    Salvini. In der Einwanderungspolitik
    wendet sich die Lega Nord gegen weitere
  • 31:12 - 31:14
    Zuwanderung nach Italien - insbesondere
    aus muslimischen und afrikanischen
  • 31:14 - 31:22
    Ländern. USA. Donald Trump hat seinen
    Moslem Ban und seinen, wie können wir das
  • 31:22 - 31:30
    nennen, rassistischen Schutzwall oder
    sowas dort gebaut. Und das haben viele
  • 31:30 - 31:35
    nicht verstanden. Warum die Leute jemanden
    wählen und nicht merken, dass er halt
  • 31:35 - 31:40
    irgendwie irgendwie Rassist ist oder so.
    Und das Problem ist, dass die Leute ihn
  • 31:40 - 31:43
    nicht wählen, obwohl er Rassist ist. Die
    Leute wählen ihn, weil er ein Rassist ist.
  • 31:43 - 31:46
    Und wir müssen mal drüber nachdenken, wenn
    jetzt zum Beispiel ein Impeachment
  • 31:46 - 31:50
    Verfahren Donald Trump entfernen würde.
    Das rassistische Potenzial ist in der
  • 31:50 - 31:53
    Bevölkerung immer noch vorhanden. Und wen
    wählen die denn dann? Vielleicht werden
  • 31:53 - 31:58
    wir zurückschauen und sagen, Trump war
    wenigstens ein Idiot. Der hat wenigstens
  • 31:58 - 32:03
    nicht ganz so viele schlimme Sachen
    verursachen können oder hat z.B.
  • 32:03 - 32:09
    vielleicht keinen Faschismus oder sowas in
    den USA hochgebracht. Ich möchte mal
  • 32:09 - 32:13
    zurückkommen zu Rassismus und Medien.
    Falls ihr euch noch erinnert an das
  • 32:13 - 32:18
    Kanzlerduell. Mehr als die Hälfte der Zeit
    drehte sich um Terror, Islam, Migration
  • 32:18 - 32:23
    und Abschiebung. Man kann den Leuten halt
    auch einfach einreden, dass das die
  • 32:23 - 32:31
    wichtigsten Themen sind. Strukturelle
    Volksverhetzung findet man insbesondere in
  • 32:31 - 32:35
    der Bild-Zeitung. Ich habe hier mal die 20
    auf Twitter meistgelesenen Bild-Artikel
  • 32:35 - 32:42
    gescraped aus dem Oktober 2019. Von den 20
    Artikeln handeln 6 über Kriminalität durch
  • 32:42 - 32:47
    Migranten in Rot markiert, in Grün
    markiert wo Migranten positiv dargestellt
  • 32:47 - 32:52
    werden. Richtig, ihr seht keinen.. Und die
    restlichen schwarzen Artikel das sind
  • 32:52 - 32:58
    alles Artikel, die die AfD Narrative
    pushen. Claudia Roth ist eine Antisemitin.
  • 32:58 - 33:04
    Die Grünen verzocken 72 000 Euro. Die
    Antifa gefährdet unsere Freiheit und so
  • 33:04 - 33:08
    weiter. Das geht inzwischen so weit, dass
    der ehemalige Chefredakteur der Bild am
  • 33:08 - 33:11
    Sonntag, der hat dort zehn Jahre lang als
    Chefredakteur gearbeitet, in Zwischenzeit
  • 33:11 - 33:18
    die Bild als Vorfeldorganisation der AfD bezeichnet.
    Das muss einem klar sein, dass sozusagen die
  • 33:18 - 33:21
    ganze Narrative, die die AfD aufgreift,
    diese teilweise gar nicht selbst
  • 33:21 - 33:25
    entwickelt hat, die es schon vorher gab
    und zum Beispiel auch von der Bild-Zeitung
  • 33:25 - 33:29
    entwickelt wurde. Man muss leider sagen,
    die westliche Medienlandschaft hat
  • 33:29 - 33:32
    versagt. Sie hat sich für die
    Terrorpropaganda instrumentalisieren
  • 33:32 - 33:38
    lassen. Kurze Anmerkung Terror ist keine
    militärische Strategie. Terror ist eine
  • 33:38 - 33:44
    Kommunikationsstrategie, und spektakuläre
    Bilder funktionieren halt immer gut. Auch
  • 33:44 - 33:51
    für die Klicks. Eigentlich, ich meine, wir
    kennen es zum Beispiel davon, wenn ein
  • 33:51 - 33:54
    Prominenter sich das Leben nimmt, gibt es
    den Werther-Effekt. Man muss vorsichtig
  • 33:54 - 33:58
    sein, darüber zu berichten, sonst gibt es
    Nachahmer. Und warum gibt es eigentlich,
  • 33:58 - 34:01
    wenn man über Terroranschläge berichtet,
    nicht den Satz drunter, falls ihnen dieser
  • 34:01 - 34:04
    Terroranschlag Angst macht oder diese
    Berichterstattung darüber, muss Ihnen klar
  • 34:04 - 34:09
    sein, das ist das Ziel der Terroristen.
    Wir wollen darüber berichten. Aber haben
  • 34:09 - 34:15
    Sie bitte keine Angst? Die
    Medienlandschaft begeht seit Jahrzehnten
  • 34:15 - 34:18
    strukturelle Volksverhetzung, und sie
    verdient auch mit beidem Geld. Ich möchte
  • 34:18 - 34:21
    das bitte nicht pauschalisieren. Ich
    möchte ein paar Beispiele hervorbringen,
  • 34:21 - 34:26
    die das sehr gut machen. Der Norddeutsche
    Rundfunk hat z.B. bei #EinMomentDerBleibt
  • 34:26 - 34:30
    insbesondere Flüchtlinge interviewt. Eine
    großartige Sendungsreihe. Viel gelernt,
  • 34:30 - 34:35
    viel geweint. SPIEGEL ONLINE - Diese
    Prominenten waren Flüchtlinge. Der
  • 34:35 - 34:38
    Tagesspiegel hat mehrere gute Aktionen
    gemacht. Eine die mir besonders gut
  • 34:38 - 34:42
    gefallen hat. Es gab eine Ausgabe, die
    komplett nur von Exiljournalisten
  • 34:42 - 34:48
    produziert wurde. Deutschlandfunk - Philip
    Banse hat vor kurzem ein sehr gutes
  • 34:48 - 34:53
    einstündiges Interview veröffentlicht über
    Rassismus in der Gesellschaft und auch in
  • 34:53 - 34:58
    den Medien. Wie geht unsere Regierung
    damit um? Es gibt ein Projekt, das heißt
  • 34:58 - 35:03
    Demokratie Leben. Ursprünglich initiiert
    von der SPD. Es gibt ungefähr eine Million
  • 35:03 - 35:09
    Euro für unterschiedliche zivile Projekte,
    die sich gegen Rechtsextremismus
  • 35:09 - 35:19
    engagieren. Z.B. ein Exit-Programm. Das
    sollte aber Ende 2019 gekürzt werden. Am
  • 35:19 - 35:22
    9. Oktober gab es einen Anschlag in Halle,
    von dem alle mitbekommen haben. Ein paar
  • 35:22 - 35:26
    Stunden später rudert die Bundesregierung
    zurück. Das Förderprogramm läuft weiter.
  • 35:26 - 35:36
    Das sind mal ein paar Beispiele aus der
    CDU. Wir haben einen Robert Möritz, der
  • 35:36 - 35:41
    Rechtsextremist ist. Kristina Schröder
    fällt immer wieder auf mit Positionen, wo
  • 35:41 - 35:51
    sie im Prinzip den den Muslimen grundsätzlich
    gewaltlegitimierende Männlichkeitsnormen
  • 35:51 - 35:56
    unterstellt. Das Muslime schwerer zu
    integrieren sind. Kristina Schröder wollte
  • 35:56 - 36:02
    Mittel für Rechtsextremismusbekämpfung
    kürzen, als Familienministerin. Nachdem
  • 36:02 - 36:08
    November 2011 der NSU aufgeflogen ist,
    wurde wieder zurückgerudert. Das
  • 36:08 - 36:09
    Rechtsextremismus Programme, die Mittel
    gekürzt wurden, das hatten wir schon mal
  • 36:09 - 36:16
    2011. Der NSU Fall hat das verhindert. Das
    muss man sich mal klar werden. Es gab
  • 36:16 - 36:21
    jetzt inzwischen zwei rechtsextremistische Anschläge,
    die Mittelkürzungen verhindert haben. Die
  • 36:21 - 36:25
    Junge Union will die Förderung für die
    Amadeu-Antonio-Stiftung streichen.
  • 36:25 - 36:28
    Gemeinnützigkeiten sollen entzogen werden.
    Das BMBF, hatte ich jetzt mit mehreren
  • 36:28 - 36:31
    Wissenschaftlern gesprochen, gibt relativ
    viel Fördermittel raus für
  • 36:31 - 36:37
    Extremismusforschung. Meistens geht es
    aber um islamistischen Extremismus. Erst
  • 36:37 - 36:41
    seit 2009 gibt es ein Förderprogramm, das
    sich auch intensiv mit Drittmitteln für
  • 36:41 - 36:45
    Rechtsextremismusforschung
    auseinandersetzt. Und das kann doch nicht
  • 36:45 - 36:49
    sein. Forschung muss doch ansetzen können,
    bevor Menschen sterben. Das kann nicht
  • 36:49 - 36:52
    sein, dass wir erst warten müssen, bis
    Leute getötet werden. Dann merkt es die
  • 36:52 - 36:55
    Politik. Dann gibt's die Fördertöpfe, dann
    können sie sich bewerben, dann wird
  • 36:55 - 36:59
    geforscht, und dann gibt es Ergebnisse. Da
    ist die Forschung verkehrt rum. Bettina
  • 36:59 - 37:03
    Kudla spricht von Umvolkung. Kurt
    Biedenkopf "Die Sachsen sind immun gegen
  • 37:03 - 37:07
    Rechtsextremismus". Kai Wegner nennt
    Seenotrettung "Taxidienst". CDU/CSU
  • 37:07 - 37:10
    stimmen im EU-Parlament gegen
    Seenotrettung. Joachim Herrmann verwendet
  • 37:10 - 37:13
    in einer Talkshow das N-Wort. Hans-Peter
    Friedrich nennt Anti-AfD-Demonstranten
  • 37:13 - 37:16
    "Linksfaschisten". Ein
    rechtsextremistisches Narrativ. Dobrindt
  • 37:16 - 37:21
    (CSU) "Anti-abschiebeindustrie" wurde
    "Unwort des Jahres". Söder spricht von
  • 37:21 - 37:24
    "Asyltourismus" und "Asylgehalt". Stephan
    Mayer nennt Seenotrettung
  • 37:24 - 37:27
    "Shuttleservice". Thomas de Maizière
    spricht von "Integrationsverweigerer."
  • 37:27 - 37:31
    Andreas Scheuer bezeichnet einen
    Senegalesen "den wird man nie wieder
  • 37:31 - 37:35
    abschieben können". Philipp Amthor bei
    einer Nationalhymne - "Hier ist ja keiner
  • 37:35 - 37:39
    von uns Moslem, der das nicht singen
    kann". Und das einzig gute Zitat stammt
  • 37:39 - 37:43
    von Jens Spahn. "Mit der AfD verbindet uns
    mehr als mit der SPD".
  • 37:43 - 37:46
    vereinzeltes Lachen
  • 37:46 - 37:51
    Die westliche Gesellschaft hat
    islamfeindlichen Rassismus als
  • 37:51 - 37:58
    Massenphänomen. Und wir wollen es nicht
    sehen. Stattdessen doktern wir an den
  • 37:58 - 38:01
    Symptomen rum. Ich habe das mal als Grafik
    zusammengefasst. Rassismus als
  • 38:01 - 38:06
    Massenphänomen. Wahrscheinlich
    insbesondere gepusht durch den
  • 38:06 - 38:11
    internationalen Terrorismus und eine
    unreflektierte Berichterstattung. Das wird
  • 38:11 - 38:16
    weiterhin verstärkt durch Politiker, die
    das nutzen wollen, um damit den Rassismus zu
  • 38:16 - 38:21
    normalisieren. Und auf der anderen Seite
    die strukturell rassistische
  • 38:21 - 38:25
    Berichterstattung, die diesen Rassismus
    bestätigt. Ich schlage das Wort
  • 38:25 - 38:31
    "strukturelle Volksverhetzung" vor. Und
    solch eine Massenbewegung hat genau diese
  • 38:31 - 38:35
    Effekte. Wie Hatespeech, Morddrohungen,
    Fake News, Echokammern, AfD, Pegida und
  • 38:35 - 38:39
    Rechtsextremismus. Das sind alles Folgen
    davon. Wir können gerne was gegen
  • 38:39 - 38:43
    Hatespeech machen. Aber den dicken
    Elefanten im Raum, Rassismus als
  • 38:43 - 38:49
    Massenphänomen, gegen den müssen wir
    vorgehen. Ich möchte ein Beispiel bringen.
  • 38:49 - 38:54
    Der Fall Wächtersbach, wo ein Extremist
    versucht hat, einen Mann aus Eritrea zu
  • 38:54 - 38:58
    erschießen. Hinterher gab es eine
    Recherche, wo denn der Mann eigentlich
  • 38:58 - 39:02
    herkommt. Was war sein soziales Umfeld?
    U.a. war man in seiner Stammkneipe, in der ganz
  • 39:02 - 39:08
    offen Rassismus reproduziert wird. Oder
    der Anschlag in Halle. Ein Mann wollte in
  • 39:08 - 39:12
    eine jüdische Synagoge eindringen. Man hat
    in der Backgroundgeschichte ein Interview
  • 39:12 - 39:18
    mit der Mutter gehabt. Auch sie vertritt
    antisemitische Positionen. Das ist ganz
  • 39:18 - 39:22
    interessant, dass wir uns jetzt mit
    Radikalisierung im Internet beschäftigen,
  • 39:22 - 39:24
    weil wir das im Internet überhaupt
    untersuchen können. Was wir nicht
  • 39:24 - 39:27
    untersuchen können ist, "Wie sieht
    Radikalisierung im familiären Umfeld aus?"
  • 39:27 - 39:34
    Oder "Radikalisierung in der Stammkneipe".
    Das ist unsichtbar. Nur weil wir das im
  • 39:34 - 39:38
    Internet sehen, heißt nicht, dass das
    Internet daran schuld ist. Der Rassismus
  • 39:38 - 39:43
    kommt aus der Gesellschaft. Vier Gründe,
    warum ihr euch alle mit Rassismus
  • 39:43 - 39:46
    beschäftigen müsst. Jetzt kommen die
    schlechten Nachrichten. Nur wenn ihr euch
  • 39:46 - 39:50
    mit Rassismus beschäftigt, könnt ihn
    erkennen und bekämpfen. Mir ist es vorher
  • 39:50 - 39:53
    aufgefallen, bevor ich mich damit
    beschäftigt habe. Wenn ich mit Rassismus
  • 39:53 - 39:57
    konfrontiert wurde, habe ich ihn oft nicht
    gesehen. Und zum anderen fehlten mir die
  • 39:57 - 40:01
    Argumente, ihn erkenntlich zu machen und
    zu zerlegen. Erst als ich mich tiefer mit
  • 40:01 - 40:06
    den Mechanismen beschäftigt habe, ist mir
    das klargeworden. Nur wenn ihr euch mit
  • 40:06 - 40:09
    Rassismus beschäftigt, könnt ihr auch in
    euch selbst erkennen. Das ist eine ganz
  • 40:09 - 40:14
    schlechte Nachricht. Als ich mich damit
    beschäftigt habe, habe ich auch festgestellt,
  • 40:14 - 40:18
    welche rassistischen Vorurteile ich habe.
    Und erst dann kann man sie auch
  • 40:18 - 40:24
    hinterfragen und damit auflösen. Jetzt
    kommen die richtig schlechten Nachrichten
  • 40:24 - 40:28
    für euch. Weiße Menschen profitieren vom
    Rassismus, ob sie wollen oder nicht. Wenn
  • 40:28 - 40:31
    das nächste Mal eine Polizeikontrolle im
    Rahmen von Racial Profiling an euch
  • 40:31 - 40:35
    vorbeigeht, dann profitiert ihr davon,
    weil das jemand anderen betrifft. Wann
  • 40:35 - 40:38
    immer ihr eine Wohnung bekommt und ein
    anderer nicht, profitiert ihr davon. Wann
  • 40:38 - 40:42
    immer ihr einen Job bekommt und eine
    andere mit türkischen Namen nicht,
  • 40:42 - 40:47
    profitiert ihr jedes Mal von diesem
    Rassismus. Diesen Rassismus nicht zu sehen
  • 40:47 - 40:53
    ist Teil des strukturellen Rassismus. Wer
    Rassismus ignoriert, macht mit. Und ich
  • 40:53 - 40:59
    hatte jahrzehntelang den Vorteil zu sagen,
    ich wusste nichts davon. Ich konnte sagen,
  • 40:59 - 41:02
    ich habe nicht mitgekriegt, dass es hier
    einen strukturellen Rassismus in dieser
  • 41:02 - 41:07
    Gesellschaft gibt. Ich habe es nicht
    mitbekommen. Tut mir leid. Die schlechte
  • 41:07 - 41:10
    Nachricht ist, ich habe euch diese
    Unschuld gerade genommen.
  • 41:10 - 41:12
    vereinzeltes Lachen
  • 41:12 - 41:18
    Ich habe euch damit konfrontiert. Wer
    jetzt seine Augen verschließt, macht mit. Dankeschön.
  • 41:18 - 41:33
    Applaus
  • 41:33 - 41:37
    Herald: Vielen Dank für diesen äußerst
    interessanten Vortrag. Wir haben jetzt
  • 41:37 - 41:44
    noch ein wenig Zeit für Fragen. Ich würde
    vorschlagen, wir fangen mit der
  • 41:44 - 41:51
    Fragestellerin am Mikro Nr. 1 an.
    Mikro 1: Ich werde vielleicht Kristina
  • 41:51 - 41:56
    Schröder in Kürze begegnen. Was sage ich
    zu ihr? Wenn sie irgendwann einen Satz
  • 41:56 - 42:00
    fallen lässt. Oder noch schlimmer, wenn
    sie keinen Satz fallen lässt, auf denen
  • 42:00 - 42:04
    ich etwas entgegnen kann, sondern wenn ich
    sie initiativ drauf ansprechen muss, dass
  • 42:04 - 42:11
    sie merkwürdige Dinge sagt.
    Michael: Das ist eine gute Frage. Das ist
  • 42:11 - 42:15
    wahnsinnig schwierig. Ich glaube, es gibt
    zwei Ebenen, über die wir diskutieren
  • 42:15 - 42:19
    müssen. Das eine ist "Was kann man gegen
    Rassismus tun?". Und das ist kein
  • 42:19 - 42:23
    einfaches Thema. Insbesondere wenn Leute
    in einer rassistischen Angstwelt verloren
  • 42:23 - 42:25
    gegangen sind. Das würde ich jetzt Frau
    Schröder nicht unterstellen, aber
  • 42:25 - 42:28
    sozusagen einer Gesellschaft. Ich weiß
    nicht, wir können keine Angsttherapie
  • 42:28 - 42:34
    machen für 50% der Bevölkerung. Das Zweite, was wir machen
    können und das ist glaub ich das Wichtigste ist, erst
  • 42:34 - 42:37
    einmal alle Strukturen zu hinterfragen,
    die das weiterhin unterstützen.
  • 42:37 - 42:41
    Insbesondere die, die rassistischen
    Narrative weiter unterstützen. Und
  • 42:41 - 42:44
    Kristina Schröder ist ja sozusagen die
    Rassismus- und Extremismus-Expertin
  • 42:44 - 42:49
    innerhalb der CDU gewesen. Da kann man
    vielleicht mal Diskussionen mit anderen
  • 42:49 - 42:54
    Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern
    empfehlen. Sich tiefer in das Thema hinein
  • 42:54 - 42:58
    zu versetzen. Vielleicht informiert man
    sich besser selber über Rassismus und kann
  • 42:58 - 43:04
    dann mit ihr über diese Aussagen,
    insbesondere muslimische Männer besonders
  • 43:04 - 43:08
    gefährlich seien, darüber diskutieren, was
    denn der Rassismus sozusagen daran ist.
  • 43:08 - 43:13
    Das sie den selber erkennt.
    Herald: Als nächstes hätten wir eine Frage
  • 43:13 - 43:18
    aus dem Internet.
    Signal Angel: Im IRC sind einige Leute,
  • 43:18 - 43:23
    die atheistisch sind und öfter Debatten
    führen, zu Themen wie Beschneidung von
  • 43:23 - 43:27
    Jungen. Und dagegen argumentieren möchten,
    dass das eine schlechte Idee ist. Und wo
  • 43:27 - 43:31
    ist da die Grenze zum Rassismus? Und wie
    führt man so eine Debatte, ohne
  • 43:31 - 43:35
    rassistisch zu werden?
    Michael: Das ist wahnsinnig schwierig. Wir
  • 43:35 - 43:39
    kennen zum Beispiel das Thema, dass es
    bestimmte Militäraktionen von Israel gibt,
  • 43:39 - 43:43
    wo es schwierig ist, zu kritisieren, ohne
    dass man damit einmal auf der gleichen
  • 43:43 - 43:47
    Seite der Antisemiten steht. Das ist
    wahnsinnig schwierig. Das tut mir leid zu
  • 43:47 - 43:54
    sagen Sorry, da gibts keine Antwort.
    Bisher fehlte mir aber eigentlich genau
  • 43:54 - 43:58
    eine vernünftige Debatte darüber, um
    überhaupt Lösungen entwickeln zu können.
  • 43:58 - 44:02
    Vielleicht gibt es ja auch noch gar keine
    richtige Lösung dazu. Vielleicht gibt es
  • 44:02 - 44:06
    auch ein paar, denen wir noch nicht
    zugehört haben.
  • 44:06 - 44:11
    Herald: Als nächstes hätten wir wieder
    eine Frage aus dem Saal bei der Nr. 4.
  • 44:11 - 44:17
    Mikro 4: Großartiger Vortrag. Anknüpfend
    an dein extrem utopisches T-Shirt.
  • 44:17 - 44:20
    Michael: Lachen
    Mikro 4: Für uns Kartoffel-Deutsche. Ein
  • 44:20 - 44:27
    Fakt, der mich überrascht hat und einen
    anderen Blick bringt. Du hast von 20
  • 44:27 - 44:31
    Millionen Menschen geredet, die Angst
    haben, rassistische Angst haben. Wir haben
  • 44:31 - 44:36
    in Deutschland auch 20 Millionen Menschen mit
    Migrationshintergrund, die Angst haben
  • 44:36 - 44:42
    müssen, Angst haben könnten und in der
    Debatte vernachlässigen wir deren Gefühle
  • 44:42 - 44:47
    total und denken immer an die armen
    Kartoffel-Deutschen.
  • 44:47 - 44:51
    Michael: Genau. Die Unsichtbarkeit der
    Betroffenen ist ein zentrales Element
  • 44:51 - 44:55
    dieses strukturellen Rassismus. Das ihnen
    nicht zugehört wird. Das man ihnen keinen
  • 44:55 - 44:58
    Raum verschafft. Es gibt zum Glück ein
    paar Programme. Ich möchte zum Beispiel
  • 44:58 - 45:04
    den "Halbe Kartoffel" Podcast empfehlen.
    Dort wird sich viel mit Leuten aus
  • 45:04 - 45:08
    unterschiedlichen Background unterhalten.
    Die scherzen darüber, dass sie einfach,
  • 45:08 - 45:11
    wenn sie irgendwohin fliegen wollen,
    einfach mal zwei, drei Stunden früher
  • 45:11 - 45:16
    kommen müssen und sich den Bart abrasieren
    müssen. Weil sonst werden sie dort durch
  • 45:16 - 45:20
    Racial Profiling herausgegriffen und
    können ihren Urlaub nicht antreten. Das
  • 45:20 - 45:23
    ist dann schon teilweise normal. Und damit
    konfrontiert zu werden, ist extrem
  • 45:23 - 45:28
    hilfreich. "Halbe Kartoffel" ist ein
    Vorschlag. "Maschallah!" von Katrin
  • 45:28 - 45:33
    Rönicke ist ein sehr guter Podcast.
    Generell mit mehr Formaten
  • 45:33 - 45:39
    auseinanderzusetzen, mit Menschen, die wir
    hier treffen könnten, mit denen uns
  • 45:39 - 45:44
    befreunden könnten. Das die, die
    Möglichkeit haben, über den Rassismus zu
  • 45:44 - 45:49
    sprechen, und dass wir da ein Bewusstsein
    für haben und entwickeln können.
  • 45:49 - 45:53
    Herald: Als nächstes hätten wir wieder
    eine Frage aus dem Saal bei der Nr. 7.
  • 45:53 - 45:58
    Mikro 7: Danke für den Talk. Du hast am
    Ende gesagt, "Wer Rassismus nicht sieht,
  • 45:58 - 46:04
    der macht mit". Am Anfang hast du von der
    kognitiven Dissonanz erzählt. Jetzt frage
  • 46:04 - 46:10
    ich mich, wie helfe ich Menschen, das zu
    sehen und zu akzeptieren, dass Rassismus
  • 46:10 - 46:13
    da ist?
    Michael: Das ist schwierig und es fehlen
  • 46:13 - 46:19
    noch ganz viele Lösungen. Die
    Konfrontation könnte tatsächlich helfen.
  • 46:19 - 46:23
    Vielleicht lädt man einmal eine Familie
    ein oder sonst irgendwas. Aber das ist
  • 46:23 - 46:28
    halt auch schwierig. Ehrlich gesagt, ich
    habe da gar keine Lösung dafür. Womit ich
  • 46:28 - 46:32
    mich jetzt vorrangig beschäftigt habe ist,
    "Was sind diese Phänomene?"; "Verschiebung
  • 46:32 - 46:37
    in der Politik", "Verschiebung der
    Berichterstattung", Fake news, Hatespeech
  • 46:37 - 46:42
    und so weiter. Das ich da den Rassismus
    als ein Massenphänomen, als Hauptursache
  • 46:42 - 46:47
    drinnen sehe. Wie man ihn bekämpft, weiß
    ich noch nicht. Vielleicht gibt es auch noch Leute,
  • 46:47 - 46:52
    die mehr Ahnung haben und dazu was
    erzählen können. Was ich auf jeden Fall
  • 46:52 - 46:56
    plädieren kann. Wir müssen damit aufhören,
    ihn weiter anzuheizen und weiter zu
  • 46:56 - 47:04
    verstärken.
    Herald: Wir hätten jetzt noch Zeit für eine
  • 47:04 - 47:10
    Frage. Bitte die Nr. 4.
    Mikro 4: Hallo, hast du im Rahmen deiner
  • 47:10 - 47:17
    Forschung auch untersucht, welche Rolle der
    Schule und dem Schulunterricht zukommt?
  • 47:17 - 47:24
    Und inwiefern da schon früh Manipulation
    stattfindet? Vielleicht durch Lehrerinnen
  • 47:24 - 47:27
    oder durch Medien oder durch Sprüche auf
    dem Schulhof?
  • 47:27 - 47:33
    Michael: Die Untersuchungen in Kneipen
    oder in Schulen oder im Familienumfeld
  • 47:33 - 47:38
    sind halt extrem schwierig. Insbesondere
    Heitmeyer ist Erziehungswissenschaftler.Da
  • 47:38 - 47:42
    sind oft Wissenschaftler, die sich mit der
    Jugend auseinandersetzen. Ich kenne auch
  • 47:42 - 47:47
    anekdotische Evidenzen aus dem
    Schulunterricht. Aber jetzt speziell untersucht
  • 47:47 - 47:55
    werden kann das glaub ich nicht. Was man dort auch
    sieht, sind meist Dinge, die die Kinder
  • 47:55 - 48:05
    aus dem eigenen Elternhaus mitbringen.
    Genaueres weiß ich darüber aber nicht.
  • 48:05 - 48:14
    Herald: Gibt es noch Fragen?
    Mikro: Du hast vorhin gesagt, dass man ja
  • 48:14 - 48:20
    theoretisch immer rassistisch ist, wenn man einen Job
    annimmt oder wenn man die Zusage auf eine
  • 48:20 - 48:29
    Wohnung annimmt, weil irgendwie wird immer
    irgendwer benachteiligt, dann sind alle iin
  • 48:29 - 48:34
    einem gewissen Sinne auch Rassisten. Aber
    dagegen kann man ja eigentlich gar nichts
  • 48:34 - 48:39
    machen. Rassistisch zu sein. Was soll man
    denn sonst machen?
  • 48:39 - 48:45
    Michael: Ich sage nicht "Wer eine Wohnung
    annimmt, ist ein Rassist". Ab wann jemand
  • 48:45 - 48:50
    ein Rassist ist, ist ganz schwer
    abzugrenzen. Ich wollte nur mal darauf
  • 48:50 - 48:56
    hinweisen, dass wir davon profitieren.
    Solange ich weiß bin, bin ich Profiteur
  • 48:56 - 48:59
    von einem strukturellem Rassismus. Solange
    ich ein Mann bin, bin ich Profiteur von
  • 48:59 - 49:04
    strukturellem Sexismus. Das war mir vorher
    gar nicht klar. Erst wenn man sich damit
  • 49:04 - 49:08
    beschäftigt, merkt man das. Und wenn die
    Opfer darüber sprechen, wie sie unsichtbar
  • 49:08 - 49:16
    gemacht werden. Dann wird man damit
    konfrontiert, und deswegen kann ich jedem
  • 49:16 - 49:22
    damit empfehlen, auch wenn das Profitieren
    enorm klein ist und das unterstützen enorm
  • 49:22 - 49:26
    klein ist. Ist man aber Teil der Struktur
    automatisch, weil es sich um strukturellen
  • 49:26 - 49:30
    Rassismus handelt. Und das bringt uns alle
    in die Verpflichtung, sich mit den Themen
  • 49:30 - 49:37
    auseinanderzusetzen.
    Herald: Noch mal eine Frage von der Nr. 1.
  • 49:37 - 49:40
    Mikro 1: Erstens wollte ich sagen, dass
    ich es natürlich nicht schlimmer finde,
  • 49:40 - 49:43
    wenn Kristina Schröder keine rassistischen
    Aussagen macht, sondern nur schwieriger in
  • 49:43 - 49:47
    dem Moment für mich, sie darauf
    anzusprechen. Zweitens wollte ich fragen,
  • 49:47 - 49:54
    ist es, ist es ein Problem, dass wir über
    Dinge, die wir in unserer Gesellschaft
  • 49:54 - 49:58
    ändern wollen, mit einer Kriegsrhetorik
    reden? Dass wir sagen, wir wollen
  • 49:58 - 50:06
    Rassismus bekämpfen, und wir wissen, wir
    müssen es ausrotten. Ich habe das Gefühl,
  • 50:06 - 50:11
    da gibt es eine Rhetorik, die es Menschen,
    die das Gefühl haben, sie würden sich mit
  • 50:11 - 50:14
    Rassismus auseinandersetzen, wenn sie
    nicht das Gefühl hätten, sie müssen sich
  • 50:14 - 50:20
    selbst an die eigene Nase fassen. Es
    schwierig machen, sich damit
  • 50:20 - 50:23
    auseinanderzusetzen.
    Michael: Ganz klar. Ich glaube, dass sich
  • 50:23 - 50:29
    hier auch Sachen hochschaukeln. Nehmen wir
    mal an, ein Freund der Familie sagt etwas
  • 50:29 - 50:33
    Rassistisches. Dann kocht in mir die Wut
    hoch und ich sage "Du wählst eine
  • 50:33 - 50:40
    faschistische Partei". Obwohl, obwohl er
    daran nicht schuld ist. Es ist völlig
  • 50:40 - 50:46
    irrelevant, ob ich ihn jetzt überzeuge
    oder nicht. Meine Wut projeziert sich auf
  • 50:46 - 50:52
    diese Person. Ist es extrem schwierig,
    darüber zu diskutieren. Aber wir machen es
  • 50:52 - 50:57
    momentan gar nicht. Wenn wir uns beim
    Kaffee oder beim Bier treffen. Rassismus
  • 50:57 - 51:03
    oder Sexismus ist kein Alltagsthema,
    obwohl so viele Leute davon betroffen
  • 51:03 - 51:07
    sind. Und das ist eigentlich schade.
    Herald: Als nächstes nochmal eine Frage
  • 51:07 - 51:11
    von der Nr 7.
    Mikro 7: Ich möchte gerne in dem
  • 51:11 - 51:18
    Zusammenhang, also zu dem ganzen Thema, "Tupoka Ogette" und
    insbesondere ihr Buch "Exit Racism -
  • 51:18 - 51:23
    Rassismuskritisch denken lernen"
    empfehlen. Und ich wäre auch neugierig, ob
  • 51:23 - 51:25
    es noch weitere Empfehlungen gibt vom
    Sprecher. Danke.
  • 51:25 - 51:33
    Michael: Ich habe auch das Buch dazu
    gelesen. Es gibt wahnsinnig viel. Wie
  • 51:33 - 51:40
    gesagt, das einzige Plädoyer, was ich
    jetzt gerade machen kann, ist überhaupt zu sagen,
  • 51:40 - 51:43
    wir müssen mehr über Rassismus sprechen.
    Ich bin jetzt gar nicht darauf vorbereitet, dass
  • 51:43 - 51:47
    jetzt auch sofort direkt zu tun, sondern
    ich kann einfach nur sagen, dass das, was
  • 51:47 - 51:50
    wir jetzt bisher beobachtet haben, sind
    Effekte davon. Und was wir jetzt dagegen
  • 51:50 - 51:56
    tun und was wir selber tun können und
    müssen, darauf bin ich jetzt noch gar
  • 51:56 - 52:01
    nicht eingegangen. Das ist Teil 2.
    Herald: Als nächstes nochmal eine Frage
  • 52:01 - 52:06
    aus dem Saal.
    Mikro: Vielen Dank nochmal für den schönen
  • 52:06 - 52:13
    Vortag. Ich habe zwei Anmerkungen zu
    Fragen im Bereich. Ich bin selbst mit
  • 52:13 - 52:17
    Migrationshintergrund und lebe schon zehn
    Jahre in Deutschland und nehme relativ häufig
  • 52:17 - 52:23
    teil bei solche Art von Diskurs und ich
    finde das immer, wieder ganz geteilt. Die
  • 52:23 - 52:28
    Leute mit Migrationshintergrund reden
    darüber ganz alleine und die Deutschen
  • 52:28 - 52:32
    oder Europäer reden darüber ganz separat.
    Weil Rassismus, das ist nicht nur ein
  • 52:32 - 52:37
    weißes Phänomen. Unter den Migranten gibt
    es auch viel Rassismus, und ich finde das
  • 52:37 - 52:43
    verzuge sich immer zusammen mit
    sozioökonomischen Hintergründen: Wo ich
  • 52:43 - 52:47
    jetzt stehe? Was für Job habe ich? Wie
    viel Geld habe ich auch bekommen von
  • 52:47 - 52:53
    Vorfahren und so weiter. Und diese
    Elemente, finde ich irgendwie, sollten
  • 52:53 - 52:57
    noch mehr angesprochen [werden]. Und was
    sind Ihre Meinung dazu? Und warum zum
  • 52:57 - 53:02
    Beispiel sind diese Elemente nie so ganz
    stark in diese Forderung eingetragen
  • 53:02 - 53:05
    worden?
    Michael: Ja, das habe ich selber gemerkt.
  • 53:05 - 53:09
    Ich war an mehreren Veranstaltungen, die
    dann, beispielsweise im universitären
  • 53:09 - 53:13
    Umfeld, nur Studenten und Studentinnen
    betroffen hat oder nur im aktivistischen
  • 53:13 - 53:18
    Bereich NGOs und so weiter. Die
    gesamtgesellschaftliche Debatte fehlt. Ich
  • 53:18 - 53:21
    habe jetzt dieses Forum, sozusagen meine
    Möglichkeit, genutzt, das Thema hier
  • 53:21 - 53:28
    anzusprechen. Aber auf jeden Fall muss es
    größer werden. Ich weiß nicht ob das
  • 53:28 - 53:32
    hilft?
    Herald: So wir hätten jetzt noch Zeit für
  • 53:32 - 53:36
    eine letzte Frage, und zwar von der Nummer
    3.
  • 53:36 - 53:43
    Mikro 3: Okay, danke ich wollte noch eine
    kurze Anmerkung machen zu dem Thema Schule
  • 53:43 - 53:49
    und wie da schon sozusagen die Wurzeln
    gesät werden für diese Arten von
  • 53:49 - 53:54
    Ausgrenzung. Ich weiß nicht, wie es hier
    in Sachsen ist. Meine Kinder haben jetzt
  • 53:54 - 53:59
    das Glück oder Pech, auf eine königlich
    bayerische Grundschule zu gehen. Da gibt
  • 53:59 - 54:06
    es das Phänomen des Schul-Gottesdienstes.
    Und das bedeutet letztendlich: Die Kinder
  • 54:06 - 54:14
    laufen mit der Lehrerin zusammen in die
    nächstgelegene Kirche. Natürlich nur, die
  • 54:14 - 54:18
    sich zu irgendwelchen christlichen
    Religion bekennen. Alle anderen Kinder
  • 54:18 - 54:23
    müssen in der Schule bleiben und sich mit
    irgendetwas beschäftigen. Also hier sehe
  • 54:23 - 54:28
    ich schon, wie diese strukturelle
    Ungleichheit da praktisch in der
  • 54:28 - 54:34
    Grundschule schon den Kindern eingepflanzt
    wird, indem eine bestimmte Religion als
  • 54:34 - 54:40
    den anderen vielleicht überlegen oder
    zumindest gibt's eine Sonderbehandlung.
  • 54:40 - 54:47
    Ich persönlich als Atheist fühle mich da
    auch ausgegrenzt und diskriminiert. Nur so
  • 54:47 - 54:52
    als Hinweis, wie hier schon in der
    Grundschule dann entsprechend die Kinder
  • 54:52 - 54:55
    indoktriniert werden.
    Michael: Ja und sieht man es einmal, fängt
  • 54:55 - 55:01
    man an es überall zu sehen. Das fällt dann
    dann auf.
  • 55:01 - 55:05
    Herald: Vielen, vielen Dank für eure
    vielen Fragen. Ich würde vorschlagen
  • 55:05 - 55:10
    nochmal einen herzlichen Applaus für
    Michael Kalke, seinen wunderbaren Vortrag.
  • 55:10 - 55:13
    Applaus
  • 55:13 - 55:19
    36c3 Abspannmusik
  • 55:19 - 55:40
    Untertitel erstellt von c3subtitles.de
    im Jahr 2020. Mach mit und hilf uns!
Title:
36C3 - Von Menschen radikalisiert: Über Rassismus im Internet
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Video Language:
German
Duration:
55:40

German subtitles

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