Kees Moeliker: Wie eine tote Ente mein Leben veränderte
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0:00 - 0:04Das ist das Museum für
Naturgeschichte in Rotterdam, -
0:04 - 0:06an dem ich als Kurator tätig bin.
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0:06 - 0:09Ich sorge mich um das Wohlergehen
und das Wachstum -
0:09 - 0:11der Kunstsammlung.
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0:11 - 0:17Im Prinzip sammle ich tote Tiere.
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0:17 - 0:191995 bekamen wir
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0:19 - 0:23einen neuen Museumsflügel.
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0:23 - 0:26Er war aus Glas,
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0:26 - 0:31und das Gebäude war
ein Segen für meinen Job. -
0:31 - 0:35Es war ein richtiger Vogelmörder.
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0:35 - 0:38Vielleicht wissen Sie, dass
Vögel das Konzept "Glas" -
0:38 - 0:41nicht verstehen. Sie sehen es nicht,
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0:41 - 0:45also fliegen sie gegen
das Fenster und sterben. -
0:45 - 0:47Ich musste also nur rausgehen,
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0:47 - 0:51sie einsammeln und für
die Sammlung präparieren lassen. -
0:51 - 0:54(Lachen)
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0:54 - 0:56Damals
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0:56 - 0:59entwickelte ich ein Gehör dafür, die Vögel
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0:59 - 1:05nur am Geräusch zu erkennen,
als sie gegen die Scheibe klatschten. -
1:05 - 1:09Und am 5. Juni 1995
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1:09 - 1:13hörte ich einen lauten Knall
an der Scheibe, -
1:13 - 1:17der mein Leben veränderte
und das einer Ente beendete. -
1:17 - 1:23Ich sah das hier, als ich
aus dem Fenster sah. -
1:23 - 1:26Das ist die tote Ende.
Sie flog gegen das Fenster. -
1:26 - 1:28Sie liegt tot auf dem Bauch.
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1:28 - 1:31Aber daneben steht eine lebendige Ende,
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1:31 - 1:33und beachten Sie:
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1:33 - 1:37Beide sind Erpel.
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1:38 - 1:41Und dann passierte dies.
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1:41 - 1:44Der lebende Erpel stieg auf den toten
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1:44 - 1:46und begann zu kopulieren.
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1:46 - 1:49Ich bin ein Biologe. Ein Ornithologe.
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1:49 - 1:52Ich dachte mir: "Hier stimmt doch was nicht."
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1:52 - 1:58Einer war tot, einer lebendig.
Das war Nekrophilie. -
1:58 - 2:01Ich schaute hin: Beide sind männlich.
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2:01 - 2:05Homosexuelle Nekrophilie.
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2:05 - 2:10Also – (Lachen)
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2:10 - 2:13Also nehme ich meine Kamera,
mein Notizbuch, -
2:13 - 2:19zog einen Stuhl heran und
beobachtete das Geschehen. -
2:19 - 2:24Nach 75 Minuten – (Lachen) –
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2:24 - 2:29hatte ich genug gesehen
und außerdem Hunger. -
2:29 - 2:32Ich wollte nach Hause.
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2:32 - 2:35Also ging ich raus, sammelte die Ente ein
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2:35 - 2:37und bevor ich sie in den Eisschrank steckte,
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2:37 - 2:42vergewisserte ich mich
noch einmal des Geschlechts. -
2:42 - 2:46Hier ist das seltene Bild eines Entenpenis,
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2:46 - 2:49es war also wirklich ein Erpel.
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2:49 - 2:52Es ist deswegen so selten,
weil es 10.000 Vogelarten gibt -
2:52 - 2:57und nur 300 einen Penis haben.
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2:57 - 2:59["Der erste Fall homosexueller
Nekrophilie bei der Stockente"] -
2:59 - 3:03Ich wusste, das war etwas Besonderes,
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3:03 - 3:09aber es dauerte noch sechs Jahre, bis ich
mich für eine Veröffentlichung entschied. -
3:09 - 3:11(Lachen)
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3:11 - 3:15Es ist ja eher ein Thema
für eine Geburtstagsfeier -
3:15 - 3:17oder die Kaffeepause.
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3:17 - 3:20Es war etwas anderes, sich
an die Fachwelt zu wenden. -
3:20 - 3:22Ich hatte keinen Referenzrahmen.
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3:22 - 3:25Nach 6 Jahren also drängten mich
Freunde und Kollegen dazu, -
3:25 - 3:28also veröffentlichte ich
"Der erste Fall homosexueller Nekrophilie -
3:28 - 3:30bei der Stockente".
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3:30 - 3:32Und hier ist die Situation wieder.
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3:32 - 3:35A ist mein Büro,
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3:35 - 3:37B die Stelle, wo die Ente in die Scheibe flog,
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3:37 - 3:40C ist mein Beobachtungspunkt.
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3:40 - 3:43Und hier sind wieder die Enten.
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3:43 - 3:45Vielleicht wissen Sie, dass so einen
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3:45 - 3:47wissenschaftlichen Artikel normalerweise
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3:47 - 3:50nur sechs bis sieben Leute lesen.
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3:50 - 3:55(Lachen)
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3:57 - 3:59Aber etwas Tolles passierte.
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3:59 - 4:04Ich erhielt einen Anruf
von einem Marc Abrahams, -
4:04 - 4:09der sagte: "Sie haben einen Preis
mit dem Entenartikel gewonnen: -
4:09 - 4:12den Ig-Nobelpreis."
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4:12 - 4:14Und der Ig-Nobelpreis –
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4:14 - 4:19(Lachen) (Beifall) –
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4:19 - 4:21der Ig-Nobelpreis belohnt Forschung,
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4:21 - 4:24die Menschen erst zum Lachen,
dann zum Nachdenken bringt, -
4:24 - 4:27und dessen Ziel es ist, mehr Leute
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4:27 - 4:30für Wissenschaft zu interessieren.
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4:30 - 4:34Das ist etwas Gutes,
also nahm ich ihn an. -
4:34 - 4:37(Lachen)
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4:37 - 4:40Zur Erinnerung: Marc Abrahams rief mich nicht
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4:40 - 4:42aus Stockholm an.
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4:42 - 4:44Der Anruf kam aus Cambridge, Massachusetts.
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4:44 - 4:47Ich reise also nach Boston, nach Cambridge,
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4:47 - 4:50und besuchte diese wunderbare
Ig-Nobelpreis-Zeremonie, -
4:50 - 4:53die an der Harvard-Uni abgehalten wurde.
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4:53 - 4:58Es war ein tolles Erlebnis.
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4:58 - 5:01Echte Nobelpreisträger überreichen die Preise.
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5:01 - 5:03Das war nicht alles.
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5:03 - 5:06Es gab noch neun andere Preisträger.
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5:06 - 5:09Hier ist einer der anderen Gewinner.
Das ist Charles Paxton, -
5:09 - 5:14er erhielt 2000 den Biologie-Preis
für seine Studie -
5:14 - 5:18"Balzverhalten von Straußen
gegenüber Menschen -
5:18 - 5:21auf Farmen in Großbritannien."
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5:21 - 5:25(Lachen)
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5:25 - 5:28Und es gibt noch einen oder zwei
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5:28 - 5:31Ig-Nobelpreisträger in diesem Raum.
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5:31 - 5:35Dan, wo bist du? Dan Ariely?
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5:35 - 5:37Applaus für Dan.
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5:37 - 5:40(Beifall)
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5:40 - 5:44Dan gewann seinen Medizinpreis
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5:44 - 5:48für den Beweis, dass teure falsche Medizin
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5:48 - 5:51besser funktioniert als kostengünstige falsche.
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5:51 - 5:55(Lachen)
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5:55 - 5:58Hier ist also meine Ruhmminute,
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5:58 - 6:02meine Dankesrede,
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6:02 - 6:05und hier die Ente.
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6:05 - 6:09Das ist ihre Premiere an der
amerikanischen Westküste. -
6:09 - 6:12Ich reiche sie mal herum.
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6:12 - 6:17(Lachen)
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6:17 - 6:19Ja?
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6:19 - 6:20Sie können sie herumgeben.
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6:20 - 6:23Es ist zwar ein Museumsexemplar,
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6:23 - 6:28aber die Vogelgrippe bekommen Sie davon nicht.
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6:28 - 6:32Nach dem Preis veränderte sich mein Leben.
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6:32 - 6:34Zuerst fingen die Leute an, mir alle möglichen
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6:34 - 6:38Dinge über Enten zu schicken,
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6:38 - 6:41und ich bekam eine schöne Sammlung.
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6:41 - 6:43(Lachen)
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6:43 - 6:50Aber insbesondere schickten
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6:50 - 6:54mir Leute schickten Beobachtungen
über außergewöhnliches -
6:54 - 6:56Tierverhalten, und glauben Sie mir,
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6:56 - 6:59wenn sich auf dem Planeten
ein Tier daneben verhält, -
6:59 - 7:01hab ich davon gehört.
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7:01 - 7:06(Lachen)
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7:06 - 7:10Das ist ein Elch.
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7:10 - 7:12Der versucht gerade,
mit der Bronzestatue -
7:12 - 7:15eines Büffels zu kopulieren.
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7:15 - 7:19Das ist 2008 in Montana.
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7:19 - 7:23Hier ist ein Frosch, der es
mit einem Goldfisch treiben will. -
7:23 - 7:26Das ist 2011 in den Niederlanden.
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7:26 - 7:31Das sind Aga-Kröten und überfahrene Tiere
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7:31 - 7:32in Australien.
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7:32 - 7:35Das ist übrigens Nekrophilie.
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7:35 - 7:37Diese Position: bemerkenswert.
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7:37 - 7:41Die Missionarsstellung ist
im Tierreich sehr selten. -
7:41 - 7:46Hier sind Tauben in Rotterdam.
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7:48 - 7:51Rauchschwalben 2004 in Hong Kong.
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7:51 - 7:55Hier ist ein Truthahn in Wisconsin
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7:55 - 8:01auf dem Gelände der
Ethan-Allen-Jugendstrafanstalt. -
8:01 - 8:04Das dauerte den ganzen Tag,
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8:04 - 8:09die Gefangenen hatten einen Heidenspaß.
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8:09 - 8:11Was bedeutet das alles?
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8:11 - 8:14Also die Frage ist:
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8:14 - 8:16Wieso passiert das in der Natur?
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8:16 - 8:17Meine Schlussfolgerung
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8:17 - 8:20nach all diesen Fällen:
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8:20 - 8:24Es ist wichtig zu bemerken,
dass es nur passiert, -
8:24 - 8:28wenn der Tod unmittelbar
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8:28 - 8:30und abrupt ist
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8:30 - 8:33und die Position für Kopulation geeignet ist.
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8:33 - 8:39Zumindest dachte ich das,
bis mir jemand das schickte. -
8:39 - 8:41Hier sehen Sie eine tote Ente.
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8:41 - 8:44Sie lag da seit drei Tagen
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8:44 - 8:46auf ihrem Rücken.
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8:46 - 8:52So viel zu meiner Theorie über Nekrophilie.
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8:52 - 8:53Ein weiteres Beispiel des Einflusses
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8:53 - 8:55von Glasgebäuden auf das Leben von Vögeln.
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8:55 - 8:58Das ist Mad Max, eine Amsel in Rotterdam.
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8:58 - 9:04Diese Amsel flog ständig gegen das Fenster,
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9:04 - 9:09von 2004 bis 2008, jeden Tag.
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9:09 - 9:12Hier sehen wir sie in einem kurzen Video.
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9:12 - 9:14(Musik) (Klonk)
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9:20 - 9:21(Klonk)
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9:34 - 9:36(Klonk)
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9:45 - 9:46(Klonk)
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9:47 - 9:49Der Vogel bekämpft
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9:49 - 9:53sein Ebenbild.
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9:53 - 9:56Er bekämpft einen Eindringling
in seinem Revier, -
9:56 - 9:59der ihm ständig zu nahe kommt,
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9:59 - 10:00und er hört einfach nicht auf.
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10:00 - 10:04Erst dachte ich – ich beobachtete
den Vogel ein paar Jahre – -
10:04 - 10:07na ja, hat er nicht langsam
einen Gehirnschaden? -
10:07 - 10:10Nein. Hier sind ein paar Bilder,
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10:10 - 10:12ein paar Einstellungen aus dem Video,
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10:12 - 10:15und kurz bevor er ins Glas rennt,
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10:15 - 10:17stellt er seine Füße nach vorn
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10:17 - 10:22und dann knallt er ins Glas.
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10:22 - 10:27Ich schließe ab mit einer Einladung
zum Tag der Toten Ente. -
10:27 - 10:29Jedes Jahr am 5. Juni.
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10:29 - 10:33Fünf Minuten vor sechs am Nachmittag
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10:33 - 10:37treffen wir uns am Museum für
Naturgeschichte in Rotterdam, -
10:37 - 10:39die Ente kommt aus dem Museum
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10:39 - 10:42und wir besprechen neue Möglichkeiten,
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10:42 - 10:46Vögel von Kollisionen mit Fenstern abzuhalten.
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10:46 - 10:48Und vielleicht wissen Sie, oder auch nicht,
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10:48 - 10:51dass das weltweit eine
der häufigsten Todesursachen -
10:51 - 10:52für Vögel ist.
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10:52 - 10:55Allein in den USA stirbt eine Milliarde Vögel
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10:55 - 10:58durch Kollisionen mit Glasgebäuden.
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10:58 - 11:04Und am Ende gehen wir zum Chinesen
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11:04 - 11:09und bestellen sechs Gänge mit Ente.
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11:09 - 11:12Ich hoffe also, Sie nächstes Jahr
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11:12 - 11:15in Rotterdam in den Niederlanden zu sehen,
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11:15 - 11:16zum Tag der Toten Ente.
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11:16 - 11:17Danke.
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11:17 - 11:19(Beifall)
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11:19 - 11:25Oh, sorry.
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11:25 - 11:27Darf ich meine Ente wiederhaben?
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11:27 - 11:30(Lachen) (Beifall)
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11:30 - 11:35Danke
- Title:
- Kees Moeliker: Wie eine tote Ente mein Leben veränderte
- Speaker:
- Kees Moeliker
- Description:
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Eines Tages öffnete sich für Kees Moeliker eine Forschungsmöglichkeit, die nur wenige haben. Eine fliegende Ente raste in sein Glasgebäude, starb, und dann ... veränderte sich sein Leben. (Achtung: Einige Zuschauer könnten die Bilder als anstößig empfinden.)
- Video Language:
- English
- Team:
closed TED
- Project:
- TEDTalks
- Duration:
- 11:52
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