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35C3 - Stalking, Spy Apps, Doxing: Digitale Gewalt gegen Frauen

  • 0:00 - 0:21
    35c5 Vorspannmusik
  • 0:21 - 0:24
    Herald: Ja, unsere nächste Rednerin - ich
    weiß gar nicht, ob man sie auf einem
  • 0:24 - 0:30
    Chaos-Event überhaupt groß vorstellen muss
    - aber ist Anne Roth. Anne ist eine
  • 0:30 - 0:34
    politische Aktivistin, die wahrscheinlich
    viele von euch kennen. Ich habe schon ein
  • 0:34 - 0:42
    "Huh" gehört. lacht Glühende
    Netzaktivistin und ich kenne sie vor allem
  • 0:42 - 0:48
    auch gut als glühende Netz-Feministin. Sie
    organisiert solche tollen Seiten wie
  • 0:48 - 0:51
    "speakerinnen.org" oder auch das Blog "50
    Prozent", wo gezählt wird, wie viele
  • 0:51 - 0:54
    Frauen auf Konferenzen sitzen. Könnte man
    hier ja auch mal zählen.
  • 0:54 - 0:57
    Anne Roth: Haben wir schon.
    Herald: Hast du schon gezählt.
  • 0:57 - 0:59
    Roth: Nein, ich nicht. Aber wurde schon.
    Herald: Kann man alles nachlesen auf "50
  • 0:59 - 1:03
    Prozent" - dem Blog. Sie ist außerdem
    Referentin für Netzpolitik bei der
  • 1:03 - 1:08
    Linksfraktion und hier gibt es jetzt
    gleich einen Talk, ja, über Gewalt, über
  • 1:08 - 1:13
    digitale Gewalt gegen Frauen. Einen warmen
    Applaus für Anne, bitte.
  • 1:13 - 1:15
    Applaus
  • 1:15 - 1:17
    Roth: Dankeschön.
  • 1:17 - 1:20
    Applaus
  • 1:20 - 1:24
    Roth: Okay, digitale Gewalt. Was ist das
    eigentlich? Ich versuche in den nächsten
  • 1:24 - 1:30
    30 bis 40 Minuten zu erklären, was mit dem
    Begriff "digitale Gewalt" gemeint ist,
  • 1:30 - 1:35
    welche Formen es gibt, wer davon betroffen
    ist und wie häufig das überhaupt vorkommt.
  • 1:35 - 1:38
    Außerdem geht es darum, wie sich
    Betroffene dagegen zur Wehr setzen können.
  • 1:38 - 1:44
    Also, welche juristischen Möglichkeiten es
    gibt, wie die Polizei reagiert. Und last
  • 1:44 - 1:49
    but not least: Warum eigentlich so wenig
    darüber gesprochen wird, was die
  • 1:49 - 1:53
    Bundesregierung dazu sagt. Und wenn wir es
    schaffen, was nötig wäre, damit sich die
  • 1:53 - 2:03
    Lage ändert. Hahaha. Okay, jetzt haben wir
    hier gleich schon mal ein kleines Problem.
  • 2:03 - 2:12
    Da gibt es doch eine intelligentere Lösung,
    das zu machen. Weiß jemand aus dem Stand
  • 2:12 - 2:18
    Vollbildmodus, ist es das oder wie muss
    man das einstellen? Schon, oder?
  • 2:18 - 2:24
    Zuruf Publikum
    Roth: Ah, wer weiß das? Dia-Show?
  • 2:24 - 2:33
    Zuruf Publikum
    Roth: Okay, so! Ich hoffe, dass es jetzt
  • 2:33 - 2:36
    nicht von selber weiterstellt. Dann müssen
    wir nochmal probieren. Egal! Was ist
  • 2:36 - 2:42
    digitale Gewalt? Der Begriff "digitale
    Gewalt" bezeichnet alle Formen von Gewalt,
  • 2:42 - 2:46
    die sich technischer Hilfsmittel oder
    digitaler Medien bedienen, sowie Gewalt,
  • 2:46 - 2:50
    die im digitalen Raum stattfindet, also
    beispielsweise im Rahmen von Online-
  • 2:50 - 2:53
    Portalen oder sozialen Plattformen. Es
    gibt verschiedene Begriffe dafür. Im
  • 2:53 - 2:57
    Englischen sagt man auch "online
    violence", "cyber violence", "online
  • 2:57 - 3:03
    harassment" oder auch - das habe ich
    gefunden im ersten Bericht der UN-
  • 3:03 - 3:07
    Sonderberichterstatterin zur Gewalt gegen
    Frauen schon 2006 - "ICT facilitated
  • 3:07 - 3:13
    violence against women". Digitale Gewalt
    findet nicht im luftleeren Raum statt. Der
  • 3:13 - 3:18
    Bundesverband Frauenberatungsstellen und
    Frauennotrufe / Frauen gegen Gewalt e.V. -
  • 3:18 - 3:24
    oder auch BFF kurz - geht davon aus, dass
    digitale Gewalt nicht getrennt von
  • 3:24 - 3:29
    analoger Gewalt funktioniert, sondern
    meist eine Fortsetzung oder Ergänzung von
  • 3:29 - 3:33
    Gewaltverhältnissen und -dynamiken
    darstellt. Also als eine Form häuslicher
  • 3:33 - 3:40
    und geschlechtsspezifischer Gewalt gesehen
    werden sollte. Und was ist also konkret
  • 3:40 - 3:45
    gemeint? Am Bekanntesten sind die Formen
    von Aggression und Gewalt, die öffentlich
  • 3:45 - 3:49
    stattfinden. Also beispielsweise
    Beleidigungen und Beschimpfungen, auch als
  • 3:49 - 3:54
    "Hate Speech" vielfach diskutiert, die
    Manipulation von Bildern von Personen, die
  • 3:54 - 3:59
    dann so veröffentlicht werden. Erstellung
    von täuschend ähnlichen Profilen und dann
  • 3:59 - 4:03
    entsprechende Postings dort, die so
    wirken, als seien sie von der Person. Das
  • 4:03 - 4:08
    Bloßstellen und Anschwärzen, das
    sogenannte Cyber-Mobbing. Doxing, also das
  • 4:08 - 4:13
    Veröffentlichen von persönlichen Daten,
    beispielsweise der Adresse, Geburtsdatum,
  • 4:13 - 4:18
    Arbeitsplatz und so weiter. Es gibt dann
    außerdem die nicht- oder semi-öffentlichen
  • 4:18 - 4:21
    Formen, beispielsweise Mobbing. Das ist
    der Ausschluss - das ist unter
  • 4:21 - 4:24
    Jugendlichen eher bekannt, aber gibt es
    natürlich auch anderswo - Ausschluss aus
  • 4:24 - 4:30
    Messenger-Gruppen zum Beispiel. Nötigung
    und Erpressung – bekannter Begriff dafür
  • 4:30 - 4:35
    wäre "Revenge Porn", also die nicht
    einvernehmliche Verbreitung intimer Bilder
  • 4:35 - 4:40
    oder die Androhung der Veröffentlichung.
    Sextortion, das ist die Erpressung oder
  • 4:40 - 4:46
    Bedrohung, um überhaupt intime Bilder zu
    bekommen. Das Verbreiten von Gerüchten und
  • 4:46 - 4:52
    Diffamierungen, Identitätsmissbrauch und
    -diebstahl und auch die offene Androhung
  • 4:52 - 4:58
    von Gewalt. Dann die Funktion von
    Kontrolle über andere. Das sind
  • 4:58 - 5:02
    beispielsweise das Anbringen und Bedienen
    heimlicher Kameras und sonstiger
  • 5:02 - 5:07
    Aufnahmegeräte, die Lokalisierung, zum
    Beispiel über das Smartphone der Person.
  • 5:07 - 5:11
    Die Anwendung von Spy-Apps, um das
    Smartphone auszulesen. Manipulation
  • 5:11 - 5:18
    smarter Geräte. Also Internet of Things.
    Sowohl öffentlich als auch nichtöffentlich
  • 5:18 - 5:22
    können stattfinden: Stalking – da hat hier
    gerade ein ganz interessanter und
  • 5:22 - 5:25
    spannender Talk zu stattgefunden. Ich
    hoffe, dass ihn viele gesehen haben, sonst
  • 5:25 - 5:28
    schaut ihn euch später nochmal an. Und
    dann die Gruppe der bildbasierten
  • 5:28 - 5:32
    sexualisierten Gewalt, also beispielsweise
    das Filmen von Vergewaltigungen und das
  • 5:32 - 5:36
    Veröffentlichen der Aufnahmen.
    Bildmontagen mit pornografischen Inhalten
  • 5:36 - 5:40
    und das Hochladen auf Dating- und
    Sexwebsites oder das Zusenden von
  • 5:40 - 5:45
    pornografischen Inhalten und
    sexualisierten Bedrohungen. Warum ist es
  • 5:45 - 5:48
    interessant, ob die digitale Gewalt
    öffentlich oder nicht-öffentlich
  • 5:48 - 5:53
    stattfindet? Aus meiner Perspektive, weil
    ... Oder das hat mich so ein bisschen zu
  • 5:53 - 5:56
    dem Thema gebracht auch, weil ich den
    Eindruck hatte, über die öffentlichen
  • 5:56 - 6:00
    Formen wird inzwischen ziemlich viel
    gesprochen. Was nicht bedeutet, dass Hate
  • 6:00 - 6:03
    Speech oder Cybermobbing, was so die
    Begriffe sind, die vielen schon mal
  • 6:03 - 6:07
    begegnet sind, weniger schlimm wären. Aber
    immerhin gibt es eine Auseinandersetzung
  • 6:07 - 6:12
    mit dem Problem und mit den Auswirkungen.
    Es gibt Hilfsangebote und Beratung. Was
  • 6:12 - 6:16
    fast völlig fehlt, ist eine Diskussion
    über und eine Auseinandersetzung mit der
  • 6:16 - 6:21
    digitalen Seite der häuslichen Gewalt und
    allem, was nicht öffentlich stattfindet.
  • 6:21 - 6:28
    Also eben nicht auf sozialen Plattformen
    oder anderen Websites. Was ist häusliche
  • 6:28 - 6:32
    Gewalt - nur ganz kurz? Häusliche Gewalt
    bezeichnet Gewalt in Partner-Beziehungen,
  • 6:32 - 6:35
    häufig durch Ex-Partner, etwa weil sich
    eine Frau von ihrem früheren Partner
  • 6:35 - 6:39
    getrennt hat oder trennen will. Eine
    wesentliche Bedeutung - auch das war eben
  • 6:39 - 6:45
    im Talk schon kurz angedeutet - sind dabei
    der Versuch zu kontrollieren und zu
  • 6:45 - 6:49
    überwachen, aber auch Macht zu
    demonstrieren und zu erschrecken. Ich
  • 6:49 - 6:54
    werde da nicht weiter darauf eingehen, das
    ist ein eigenes Thema. Aber wichtig ist
  • 6:54 - 7:01
    vielleicht nur, im Kopf zu behalten, dass
    häusliche Gewalt zunächst oft mit der
  • 7:01 - 7:04
    Ausübung körperlicher Gewalt verbunden
    wird. Und das ist natürlich auch ein
  • 7:04 - 7:09
    zentraler Teil davon. Aber häufig geht es
    eben um Kontrolle und um psychischen
  • 7:09 - 7:13
    Druck. Und genau das lässt sich mit
    Technologie natürlich sehr gut erreichen.
  • 7:13 - 7:21
    Wie oft kommt es zu digitaler Gewalt? Was
    kommt wie oft vor und wer ist davon
  • 7:21 - 7:24
    betroffen? Das haben wir eben auch schon
    gehört. Es gibt kaum aussagekräftige
  • 7:24 - 7:29
    Studien zu diesem Thema. Und zwar nicht
    nur zu Stalking, sondern insgesamt zu
  • 7:29 - 7:34
    digitaler Gewalt und zwar international
    wie in Deutschland. Auch ein Vergleich
  • 7:34 - 7:38
    solcher verschiedener Erhebungen, die es
    gibt, ist schwierig, weil es kein klar
  • 7:38 - 7:44
    abgrenzbares Phänomen ist und jeweils
    unterschiedliche Dinge untersucht werden.
  • 7:44 - 7:48
    Teils Hate Speech oder Mobbing oder
    Stalking oder nur die online sichtbaren
  • 7:48 - 7:53
    Teile oder andere. Ein paar Zahlen aus
    verschiedenen Berichten zu dem Thema. Hier
  • 7:53 - 7:56
    beispielsweise jetzt im Juni
    veröffentlicht: der Bericht der UN-
  • 7:56 - 8:01
    Sonderberichterstatterin zu Gewalt gegen
    Frauen in einem Bericht über digitale
  • 8:01 - 8:06
    Gewalt. Und ich übersetze mal. Das ist das
    Original-Zitat: Nachdem es sich um ein
  • 8:06 - 8:10
    relativ neues Phänomen handelt und es
    daher wenig aussagekräftige Daten gibt,
  • 8:10 - 8:17
    wird geschätzt, dass 23 Prozent aller
    Frauen davon berichten, mindestens einmal
  • 8:17 - 8:20
    online Misshandlungen oder Verfolgung
    erlebt zu haben und dass eine von zehn
  • 8:20 - 8:24
    Frauen ab dem Alter von 15 Jahren
    irgendeine Form digitaler Gewalt erlebt
  • 8:24 - 8:31
    hat. Amnesty International hat letztes
    Jahr die Ergebnisse einer Umfrage
  • 8:31 - 8:36
    veröffentlicht, bei der je 500 Frauen
    zwischen 18 und 55 Jahren in sechs EU-
  • 8:36 - 8:41
    Staaten, Neuseeland und in den USA zu
    digitaler Gewalt befragt wurden. Die
  • 8:41 - 8:46
    Ergebnisse: Knapp ein Viertel, das sind
    die 23 Prozent, die auch vorher schon von
  • 8:46 - 8:50
    der UN-Sonderberichterstatterin
    aufgegriffen wurden – knapp ein Viertel
  • 8:50 - 8:55
    hatte digitale Gewalt erlebt. Davon
    fühlten sich 41 Prozent in der Folge auch
  • 8:55 - 9:01
    in ihrer psychischen Sicherheit bedroht,
    fürchteten 24 Prozent, dass die Sicherheit
  • 9:01 - 9:07
    ihrer Familien bedroht war. 55 Prozent
    erlebten Panikattacken oder Angstzustände,
  • 9:07 - 9:12
    36 Prozent hatten Schlafstörungen, 76
    Prozent änderten die Art und Weise, wie
  • 9:12 - 9:18
    sie Social Media benutzen. Die europäische
    Grundrechteagentur kam 2014 zu dem
  • 9:18 - 9:22
    Ergebnis, dass ein Zehntel - und das war
    vorhin auch schon, das ist dann
  • 9:22 - 9:26
    aufgegriffen worden im letzten Report -
    ein Zehntel aller Mädchen und Frauen über
  • 9:26 - 9:33
    15 Jahren eine Form von digitaler Gewalt
    erfahren haben. Der Bundesverband
  • 9:33 - 9:41
    Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe /
    Frauen gegen Gewalte e.V. hat 2017 eine
  • 9:41 - 9:45
    Umfrage unter Frauenberatungsstellen und
    Frauennotrufen zu ihren Erfahrungen mit
  • 9:45 - 9:50
    digitaler Gewalt in der Beratungstätigkeit
    durchgeführt, an der sich sechzig
  • 9:50 - 9:53
    Beratungsstellen beteiligten. Ein Großteil
    der Beratungsstellen gab an, dass die
  • 9:53 - 9:57
    Beratungsanfragen zum Thema digitale
    Gewalt in den letzten drei Jahren
  • 9:57 - 10:02
    angestiegen sind. Vor allem bei Stalking
    werden mittlerweile in nahezu allen Fällen
  • 10:02 - 10:06
    das Internet oder digitale Medien dazu
    genutzt, Stalking-Handlungen auszuüben.
  • 10:06 - 10:22
    Die Bundesregierung weiß von nichts. Es
    gab jetzt im November die Antwort auf eine
  • 10:22 - 10:27
    Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke zum
    Thema digitale Gewalt gegen Frauen. Und da
  • 10:27 - 10:32
    sagt die Bundesregierung, dass beim
    Bundesamt für Familie und
  • 10:32 - 10:37
    zivilgesellschaftliche Aufgaben
    zugesiedelte Hilfetel-, angesiedelte
  • 10:37 - 10:43
    Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen berät zu
    allen Formen der Gewalt. Der Jahresbericht
  • 10:43 - 10:48
    2017 weist Beratungen zum Themenfeld
    digitale Gewalt aus. So waren 0,33 Prozent
  • 10:48 - 10:54
    der 23.978 Beratungen mit erweiterter
    Dokumentation dieser Gewaltform
  • 10:54 - 11:03
    zugeordnet. Das wären 79,13 Fälle und
    passt auf jeden Fall überhaupt nicht zu
  • 11:03 - 11:08
    den Angaben aller anderen, die sich damit
    beschäftigt haben. In derselben Kleinen
  • 11:08 - 11:15
    Anfrage wurde noch konkreter gefragt, ob
    es denn Statistiken gibt und welche. Die
  • 11:15 - 11:25
    Antwort war, dass es im Grunde keine
    Statistiken dazu gibt, wie viele Formen
  • 11:25 - 11:30
    von digitaler Gewalt angezeigt wurden und
    auch da sagt die Bundesregierung, das kann
  • 11:30 - 11:35
    sie leider nicht sagen, weil auch das
    nicht erfasst wird. Weiß man also nicht.
  • 11:35 - 11:39
    Und wie viele Fälle digitaler Gewalt es
    überhaupt gab und wie viele Frauen
  • 11:39 - 11:47
    betroffen waren. Dasselbe: weiß man leider
    nichts. Das heißt, abgesehen von diesen
  • 11:47 - 11:51
    eigenartigen 0,3 Prozent am Anfang, die
    beim Hilfetelefon aufgefallen sind, ist
  • 11:51 - 11:56
    der Bundesregierung einfach nichts über
    das Problem bekannt. Wen trifft digitale
  • 11:56 - 12:01
    Gewalt? Da wir insgesamt wenig
    aussagekräftige Zahlen haben, lässt sich
  • 12:01 - 12:07
    diese Frage tatsächlich nur ungefähr
    beantworten. Auch Männer, Trans- und nicht
  • 12:07 - 12:11
    binäre Personen sind natürlich von
    digitaler Gewalt betroffen, gerade wenn es
  • 12:11 - 12:15
    um öffentliche Beleidigungen, Bedrohungen
    und Beschimpfungen geht. Da gab es
  • 12:15 - 12:20
    beispielsweise 2014 eine Umfrage des US-
    amerikanischen Poll Research Centers zum
  • 12:20 - 12:25
    Thema Online Harassment. Und dabei kam
    beispielsweise raus, dass Männer
  • 12:25 - 12:29
    tatsächlich häufiger von digitaler Gewalt
    betroffen sind, wenn es um die weniger
  • 12:29 - 12:34
    gravierenden Formen geht. Das setze ich
    jetzt mal in Häkchen. Das ist natürlich
  • 12:34 - 12:37
    schwer zu bewerten. Aber eben um
    Beleidigungen, Beschimpfungen und so
  • 12:37 - 12:42
    weiter. Aber dass vor allem jüngere Frauen
    deutlich häufiger von Stalking,
  • 12:42 - 12:46
    sexualisierter Bedrohung und fortgesetzter
    Belästigung betroffen sind. Generell sind
  • 12:46 - 12:50
    jüngere Frauen stärker betroffen.
    Entsprechend der Nutzung natürlich auch
  • 12:50 - 12:55
    von digitalen Geräten, die in den
    Altersgruppen, die jünger sind, zunimmt.
  • 12:55 - 12:59
    Öffentlich sichtbare Frauen sind stärker
    betroffen, also Parlamentarierinnen,
  • 12:59 - 13:05
    Journalistinnen, Bloggerinnen,
    Feministinnen, die öffentlich sich äußern.
  • 13:05 - 13:09
    Die schon zitierte UN-
    Sonderberichterstatterin stellt fest, dass
  • 13:09 - 13:13
    insgesamt Frauen, die von verschiedenen
    Diskriminierungen betroffen sind,
  • 13:13 - 13:18
    entsprechend auch stärker von Anfeindungen
    im digitalen Raum betroffen sind. Auch
  • 13:18 - 13:21
    wieder verschiedene Varianten von Hate
    Speech, Bedrohungen und
  • 13:21 - 13:27
    Beleidigungen.Worüber wir wenig wissen,
    ist das Ausmaß und die Struktur der
  • 13:27 - 13:31
    Betroffenen, die von massiven Formen von
    Stalking, Überwachung, Manipulation durch
  • 13:31 - 13:35
    smarte Geräte oder Spy-Apps betroffen
    sind. Also den Bereich, den wir einerseits
  • 13:35 - 13:39
    als häusliche Gewalt bezeichnen, und die
    Bereiche, die von Unbekannten geübt
  • 13:39 - 13:44
    werden, aber nicht öffentlich stattfinden.
    Hier gibt es einerseits die Umfrage des
  • 13:44 - 13:47
    BFF, des Bundesverbandes
    Frauenberatungsstellen, vorhin schon
  • 13:47 - 13:52
    zitiert, und das, was mir Anwältinnen
    berichtet haben, die die Klagen der
  • 13:52 - 13:59
    Betroffenen unterstützen. Die Fälle, um
    die es geht, einige habe ich vorhin schon
  • 13:59 - 14:03
    aufgeführt, das sind also beispielsweise
    Doxing, also das Veröffentlichen von
  • 14:03 - 14:08
    personenbezogenen Daten im Netz, Adresse,
    Name, Arbeitsstelle. Die damit verbundenen
  • 14:08 - 14:14
    Belästigungen, also Bestellungen von
    Dingen. Das wäre quasi noch harmlos. Aber
  • 14:14 - 14:19
    ist auch, wer das schon mal erlebt hat,
    keine Freude. Dann beispielsweise das
  • 14:19 - 14:23
    Veröffentlichen von Adresse und
    Telefonnummer auf Dating-Websites oder
  • 14:23 - 14:28
    Sexarbeitsanzeigen oder auch Social Media
    mit einem entsprechenden Text, Adresse,
  • 14:28 - 14:35
    Kopf einer Person. Dazu dann: Komm vorbei,
    ich warte auf dich. Das kommt vor. Aber
  • 14:35 - 14:38
    auch Bedrohungen, die entsprechend
    veröffentlicht werden. Also mit Texten.
  • 14:38 - 14:42
    Sinngemäß: Warte, bis ich dich kriege.
    Sowas wird dann zugesandt oder auch
  • 14:42 - 14:47
    veröffentlicht. Erpressung und Androhung,
    dass intime Bilder veröffentlicht werden,
  • 14:47 - 14:51
    habe ich schon beschrieben. Revenge Porn.
    Die Androhung, private Informationen
  • 14:51 - 14:56
    beispielsweise an Kolleginnen und Kollegen
    oder Bekannte zu verschicken, über eine
  • 14:56 - 15:00
    frühere Beziehung, die die Frau nicht
    weiterführen möchte, von der ansonsten das
  • 15:00 - 15:05
    Umfeld vielleicht noch gar nichts gewusst
    hat. Dann die Überwachung von Smartphones.
  • 15:05 - 15:11
    Das heißt: das Auslesen von Aufenthalt und
    Bewegung der BesitzerInnen, die
  • 15:11 - 15:16
    Überwachung der gesamten Kommunikation,
    also beispielsweise Mails, SMS, Messenger
  • 15:16 - 15:22
    und so weiter. Was dann dazu führen kann -
    und das kommt vor - dass Mails zum
  • 15:22 - 15:26
    Beispiel an künftige Arbeitgeber vor
    Bewerbungsgesprächen geschickt werden,
  • 15:26 - 15:32
    weil ja der Täter über zum Beispiel eine
    App auf dem Telefon schon wusste, dass es
  • 15:32 - 15:41
    hier eine Bewerbung gibt und bei wem und
    wann das Gespräch stattfindet.
  • 15:41 - 15:45
    Entsprechendes kann auch an das gesamte
    soziale Umfeld geschickt werden. Das ist
  • 15:45 - 15:48
    mir berichtet worden. Kommt zum Beispiel,
    aber natürlich bei Weitem nicht nur, auch
  • 15:48 - 15:56
    unter Nazis gerne mal vor, betreffend dann
    ex-rechte Frauen. Es kommt zur
  • 15:56 - 16:00
    Installation von Kameras oder
    Aufnahmegeräten in Wohnungen. Es gibt die
  • 16:00 - 16:03
    unterschiedlichsten Gerätschaften, die man
    benutzen kann für diese Form von
  • 16:03 - 16:08
    Überwachung. Es gibt beispielsweise
    Ladegeräte für Smartphones, in die man, in
  • 16:08 - 16:13
    die ein Mikrofon und eine SIM-Karte
    integriert sind und die dann ermöglichen,
  • 16:13 - 16:17
    wenn das, während das Telefon geladen
    wird, die Gespräche im Raum aufzunehmen
  • 16:17 - 16:23
    und direkt dann auch zu verschicken. Was
    es noch relativ selten, aber zunehmend
  • 16:23 - 16:28
    auch gibt, wird sowohl hier in Deutschland
    als auch anderswo noch stärker berichtet,
  • 16:28 - 16:33
    ist der gesamte Bereich des Internet of
    Things. Das heißt, die Manipulationen,
  • 16:33 - 16:37
    beispielsweise der Beleuchtung, der
    Heizung, von Musik, die Türverriegelung
  • 16:37 - 16:41
    und so weiter. Das kann, wenn man davon
    betroffen ist und sich nicht erklären
  • 16:41 - 16:44
    kann: "Was passiert hier eigentlich
    gerade, warum ist das Licht an, obwohl ich
  • 16:44 - 16:48
    es ausgemacht habe. Es ist jemand in der
    Lage, die Tür zu öffnen. Wieso läuft hier
  • 16:48 - 16:56
    Musik, die ich nicht eingestellt habe?",
    natürlich massive, massive Ängste und
  • 16:56 - 16:58
    tatsächlich auch psychische Probleme
    auslösen, weil du dich die ganze Zeit
  • 16:58 - 17:02
    fragst: "Was ist hier eigentlich los? Ist
    da jemand? Habe ich mich getäuscht?
  • 17:02 - 17:11
    Erinnere ich mich nicht richtig?" Für all
    diese Dinge gibt es eigene Websites, Chats
  • 17:11 - 17:16
    und dort dann auch verteilt eigene
    Software, die dezidiert und auch genauso
  • 17:16 - 17:22
    beschrieben, für die Überwachung der
    eigenen Frau beziehungsweise Ex-Frau
  • 17:22 - 17:24
    gedacht sind. Es wird da sehr offen dran
    geschrieben. Das kann man relativ
  • 17:24 - 17:29
    unkompliziert im Netz auch finden. Dort
    werden Techniken und Apps vorgestellt und
  • 17:29 - 17:38
    bewertet. Ganz explizit zum Zweck etwa der
    Smartphone-Überwachung. Es zeigt sich im
  • 17:38 - 17:43
    Grunde immer wieder: Wer Zugriff und
    Kontrolle über technische Geräte hat, kann
  • 17:43 - 17:47
    auch leicht überwachen. Beispielsweise:
    Die Frau wechselt das Handy und die
  • 17:47 - 17:51
    Telefonnummer, aber der Ex-Mann hat
    Zugriff auf den Telefonvertrag, weil er
  • 17:51 - 17:56
    die App dazu schon immer hat und da
    entsprechend dann nachvollziehen kann, wie
  • 17:56 - 18:01
    ihre neue Telefonnummer ist und vielleicht
    auch, wo sie hingezogen ist. Wer die
  • 18:01 - 18:04
    Kontrolle über den Router zuhause hat oder
    die Zugangsdaten für den Blog oder die
  • 18:04 - 18:09
    Lokalisierungsfunktion des Smartphones,
    kann unglaublich viel damit machen, ohne
  • 18:09 - 18:13
    dass die Betroffene vielleicht auch nur im
    Weitesten eine Ahnung hat, wie es
  • 18:13 - 18:18
    eigentlich dazu kommt und wovor sie sich
    eigentlich schützen muss. Natürlich kommt
  • 18:18 - 18:22
    es auch häufig vor, dass in Beziehungen
    Passwörter zu Emails, Social-Media oder
  • 18:22 - 18:27
    auch die Bilder in der Cloud geteilt
    werden. Möglicherweise ist das nicht allen
  • 18:27 - 18:30
    Beteiligten bekannt und entsprechend in
    dem Moment, wo du versuchst, dich zu
  • 18:30 - 18:34
    trennen oder jemanden hinter dir zu
    lassen, gibt es dort immer noch permanent
  • 18:34 - 18:38
    diesen Zugriff. Es kann sein, dass du das
    merkst, aber vielleicht auch nicht. Oder
  • 18:38 - 18:43
    auch Apps zum Zugriff auf die
    Krankenkasse. Damit die Wohnadresse, Apps
  • 18:43 - 18:46
    für die Post, die Bahnreisen, den
    Leihwagen und so weiter und so fort. Die
  • 18:46 - 18:49
    Betroffenen wissen oft überhaupt nicht,
    wie das funktioniert, welche
  • 18:49 - 18:53
    Zugriffsmöglichkeiten es gibt und wie sie
    die Kontrolle über ihre Geräte
  • 18:53 - 19:00
    zurückbekommen können. Das meiste davon
    ist natürlich illegal, aber ist es auch
  • 19:00 - 19:06
    Cybercrime? Diese Frage hab ich dem BKA
    vor zweieinhalb Jahren schon mal gestellt,
  • 19:06 - 19:11
    als gerade das neue Lagebild Cybercrime
    veröffentlicht wurde, und das BKA findet
  • 19:11 - 19:15
    natürlich, dass das also schon irgendwie -
    nein, also Cybercrime ist es jedenfalls
  • 19:15 - 19:20
    nicht. Für die deutschen Polizisten und
    auch für die Innenpolitiker ist digitale
  • 19:20 - 19:25
    Gewalt ein Gedöns-Thema bis heute. Und das
    zeigt auch die Kleine Anfrage, in der
  • 19:25 - 19:32
    dieselbe Frage jetzt vor Kurzem nochmal
    gestellt wurde. Ist digitale Gewalt gegen
  • 19:32 - 19:36
    Frauen nach Meinung der Bundesregierung
    dem Thema, dem Phänomen Cybercrime
  • 19:36 - 19:38
    zuzuordnen? Und hier - und das fand ich
    wirklich interessant - sagte die
  • 19:38 - 19:43
    Bundesregierung: Da es sich bei digitaler
    Gewalt nicht um Straftaten handelt, die
  • 19:43 - 19:47
    sich gegen das Internet, Datennetze,
    informationstechnische Systeme oder deren
  • 19:47 - 19:51
    Daten richten, sind sie nicht dem Phänomen
    Cybercrime zuzuordnen. Ich weiß nicht, wer
  • 19:51 - 19:55
    sich schon mal mit Cybercrime beschäftigt
    hat, aber das ist die eingeschränkteste
  • 19:55 - 20:01
    Definition, die ich seit langer Zeit dazu
    gelesen habe. Bei Europol zum Beispiel ist
  • 20:01 - 20:06
    es gleich schon ganz anders. Das hier ist
    aus dem Jahresbericht von Europol 2016/17.
  • 20:06 - 20:10
    Das ist der letzte, da wird zum Beispiel
    aufgeführt, was die alles zum Cybercrime
  • 20:10 - 20:15
    zählen, und da sieht man schon: Das ist
    deutlich mehr und für das European
  • 20:15 - 20:21
    Cybercrime Center, eine Unterabteilung von
    Europol, ist es zum Beispiel so, dass
  • 20:21 - 20:24
    Kinderpornographie zu den drei zentralen
    Themen gehören, die sie bearbeiten. Nichts
  • 20:24 - 20:29
    IT-Sicherheit oder Netze oder so, sondern
    deutlich ein Thema, was ich sagen würde
  • 20:29 - 20:36
    von der Grundproblematik her der digitalen
    Gewalt nicht unähnlich ist. Es lässt sich
  • 20:36 - 20:38
    daran aber gut erkennen, dass
    sexualisierte Gewalt nur dann ein Thema
  • 20:38 - 20:41
    von Polizei und Justiz wird, wenn es auch
    andere Interessen bedient , nämlich
  • 20:41 - 20:45
    umfangreicher, die Möglichkeit zu
    umfangreicher Überwachung und Kontrolle
  • 20:45 - 20:50
    der Gesellschaft. Gewalt gegen Frauen
    hatte noch nie eine große Lobby. Hier gibt
  • 20:50 - 20:55
    es weder Interesse noch Geld. Dabei hat
    die Bundesregierung dieses Jahr mit der
  • 20:55 - 20:59
    Unterzeichnung der Istanbul-Konvention,
    das ist das Übereinkommen des Europarates
  • 20:59 - 21:04
    zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt
    gegen Frauen und häusliche Gewalt, sich
  • 21:04 - 21:09
    dazu verpflichtet, alle Formen der Gewalt
    gegen Frauen aktiv zu bekämpfen und im
  • 21:09 - 21:14
    Übrigen auch Studien über ihr Ausmaß zu
    fördern. Allerdings hat sie in der Antwort
  • 21:14 - 21:18
    auf die bereits mehrfach zitierte Kleine
    Anfrage erklärt, dass sie nicht vorhat,
  • 21:18 - 21:23
    irgendwelche Studien durchführen zu
    lassen, sondern verweist dann nur ein
  • 21:23 - 21:27
    bisschen umständlich darauf, dass es ja im
    Bereich Rechtsextremismus irgendwelche
  • 21:27 - 21:33
    Studien geben soll und da schließlich gibt
    es ja auch immer Gender-Aspekte und damit
  • 21:33 - 21:42
    wird das dann also irgendwie umfasst
    werden. Kurz dazu, wie sich Polizei und
  • 21:42 - 21:46
    Justiz in Deutschland verhalten, wenn
    Frauen versuchen Hilfe zu finden.
  • 21:46 - 21:50
    Natürlich hängt es davon ab, worum es
    geht. Bei der Bandbreite der verschiedenen
  • 21:50 - 21:54
    Formen lässt sich das ziemlich schlecht
    verallgemeinern. Es gibt keine eigenen
  • 21:54 - 21:59
    Straftatbestände zum Phänomen digitale
    Gewalt gegen Frauen. Es gibt auch keine
  • 21:59 - 22:03
    oder jedenfalls mir nicht bekannt, keine
    spezialisierten Polizei-Dezernate oder
  • 22:03 - 22:08
    Staatsanwaltschaften. Und das ist
    wahrscheinlich den meisten schon mal in
  • 22:08 - 22:12
    der einen oder anderen Form begegnet, in
    dem Moment, wo man versucht mit sozusagen
  • 22:12 - 22:18
    Internet-Fragestellungen zur Polizei zu
    kommen, wird in aller Regel nicht mit
  • 22:18 - 22:25
    großer Kompetenz und Verständnis darauf
    reagiert. Das ist auch so bei den
  • 22:25 - 22:30
    Sexualdelikts-Dezernaten. Die gibt es
    tatsächlich. Die sind, kann ich jetzt auch
  • 22:30 - 22:34
    nicht pauschal sagen, aber zumindest in
    Berlin beispielsweise extrem kompetent und
  • 22:34 - 22:39
    auch hilfreich. Aber auch die sagen, in
    dem Bereich, wo es um Stalking, also
  • 22:39 - 22:44
    digitales Stalking oder Spy-Apps geht oder
    so, haben die einfach keine Ahnung. Da
  • 22:44 - 22:45
    wissen sie weder, wie sie das feststellen
    können, noch wie sie sonst irgendwas
  • 22:45 - 22:53
    machen können. Die Bereitschaft der
    Bundesregierung, das zu ändern, ist nicht
  • 22:53 - 22:57
    erkennbar. Ich will jetzt nicht die ganze
    Kleine Anfrage vorlesen, aber auch da
  • 22:57 - 23:01
    wurde danach gefragt: Gibt es da eine
    Bereitschaft da vielleicht noch mehr an
  • 23:01 - 23:10
    Ausbildung, an Kompetenzen, an auch
    möglicherweise eine Anpassung von
  • 23:10 - 23:13
    Straftatbeständen und Gesetzen zu denken.
    Das hat die Bundesregierung derzeit nicht
  • 23:13 - 23:20
    vor. Viele Delikte sind nicht einfach
    nachweisbar, also beispielsweise die
  • 23:20 - 23:23
    Lokalisierung per Smartphone oder der
    Zugriff auf Mail-Konten. Das ist für die
  • 23:23 - 23:27
    normale Polizei jetzt nichts, was die aus
    dem Ärmel schütteln. Das führt dazu, dass
  • 23:27 - 23:33
    die Sachen dann irgendwann eingestellt
    werden oder auch gar nicht erst
  • 23:33 - 23:36
    tatsächlich ermittelt wird. Es ist nämlich
    so, dass eine Reihe von den
  • 23:36 - 23:41
    Straftatbeständen, die es gibt, sogenannte
    absolute Antrags-Delikte sind. Das heißt,
  • 23:41 - 23:44
    die werden nur verfolgt, wenn die
    Betroffene einen Strafantrag stellt. Die
  • 23:44 - 23:51
    Staatsanwaltschaft darf in solchen Fällen
    nicht von selbst tätig werden. Ulrike
  • 23:51 - 23:59
    Lembke hat in einem Aufsatz genau zu dem
    Thema festgestellt, dass diese
  • 23:59 - 24:03
    Straftatbestände oder dass diese Probleme,
    sagen wir mal die Fälle, um die es geht,
  • 24:03 - 24:08
    häufig ja aus vielen Teilen bestehen. Das
    heißt, es gibt verschiedene Dinge, die die
  • 24:08 - 24:14
    Betroffene erlebt. Zugriff auf Mail oder
    Kontrolle des Smartphones und so weiter
  • 24:14 - 24:20
    und so fort. Vielleicht ... oder andere,
    andere Geschichten: Beleidigungen und
  • 24:20 - 24:24
    Erpressungen oder Bedrohungen in Social
    Media. Aber das sind dann gewissermaßen
  • 24:24 - 24:31
    jeweils einzelne, einzelne Delikte, die
    für sich alleine, wenn sie überhaupt zur
  • 24:31 - 24:37
    Anzeige kommen, in aller Regel irgendwann
    auch wieder eingestellt werden. Viele
  • 24:37 - 24:40
    entscheidende Aspekte gehen dabei unter.
    Das heißt, das Ausmaß der Kontrolle durch
  • 24:40 - 24:44
    die Täter, die Belastung für die
    Betroffenen, die dem ständig ausgesetzt
  • 24:44 - 24:53
    sind, werden durch die vorhandenen
    Möglichkeiten, dem juristisch nachzugehen,
  • 24:53 - 24:59
    einfach nicht gerecht. Interessant dabei
    ist, dass - ich weiß nicht, wer das schon
  • 24:59 - 25:02
    mal gesehen hat. Das ist ein schönes
    Dokument. Das passt jetzt, würde man
  • 25:02 - 25:05
    denken, erst mal gar nicht dazu. Das ist
    die Umsetzungsstrategie der
  • 25:05 - 25:10
    Bundesregierung dazu, wie sie die
    Digitalisierung gestalten wollen. Und da
  • 25:10 - 25:15
    drin beispielsweise gibt es – und die
    Umsetzungsstrategie beinhaltet im Grunde
  • 25:15 - 25:19
    verschiedene Projekte der verschiedenen
    Ministerien, wie sie uns alle
  • 25:19 - 25:24
    digitalisieren wollen. Und da wird dann
    just vom Familien-, Frauen-Familien-
  • 25:24 - 25:29
    Ministerium vorgeführt ein Projekt, was
    der Bundesverband Frauenberatungsstellen
  • 25:29 - 25:33
    tatsächlich durchführt, was nicht wirklich
    reichlich finanziert ist und dafür
  • 25:33 - 25:36
    unheimlich viel leisten soll. Und das wird
    dann aber ganz stolz vorgestellt als: Hier
  • 25:36 - 25:47
    machen wir jetzt was zu digitaler Gewalt
    gegen Frauen. Genau. Was die tun, ist
  • 25:47 - 25:51
    beispielsweise diese Webseite - "Aktiv
    gegen digitale Gewalt ". Kann ich nur
  • 25:51 - 25:58
    wärmstens empfehlen. Und müssen aber mit
    den begrenzten Ressourcen, die sie haben,
  • 25:58 - 26:00
    tatsächlich unheimlich viel leisten. Das
    ist der Dachverband der
  • 26:00 - 26:05
    Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe.
    Das heißt, die sind im Grunde dazu da, die
  • 26:05 - 26:08
    Frauenberatungsstellen weiterzubilden,
    überhaupt erst mal zu informieren, was
  • 26:08 - 26:12
    passiert da eigentlich. Was ist das? Was
    kann man dagegen tun? Wie kann man sich
  • 26:12 - 26:18
    auch dagegen zur Wehr setzen? Ja, alle die
    ihr irgendwie mit Technik zu tun habt,
  • 26:18 - 26:22
    wisst, dass sich solche Sachen wahnsinnig
    schnell weiterentwickeln. Das heißt, das,
  • 26:22 - 26:25
    was ich heute sicher weiß, wie ich gegen
    irgendwas mich schütze, kann in zwei
  • 26:25 - 26:33
    Jahren schon wieder ganz anders aussehen.
    Parallel dazu wird über dieses Projekt
  • 26:33 - 26:40
    Informationen für Betroffene zur Verfügung
    gestellt und was sie auch tun ist eben,
  • 26:40 - 26:46
    die Regierung, ja, belobbyieren. Das
    heißt, zu versuchen durchzusetzen, dass es
  • 26:46 - 26:50
    überhaupt eine Form von Interesse und
    politischer Auseinandersetzung mit dem
  • 26:50 - 26:58
    Thema gibt. Ich find die total großartig
    und - ja, empfohlen habe ich sie ja schon.
  • 26:58 - 27:07
    Genau. Ja. Was fehlt? Eigentlich alles,
    könnte man sagen zu dem Thema. Es gibt,
  • 27:07 - 27:12
    das habe ich gesagt, es gibt zu wenig
    Studien über Formen und Ausmaß. Es fehlen
  • 27:12 - 27:15
    Weiterbildungen für Polizei,
    Staatsanwaltschaften und Gerichte. Es
  • 27:15 - 27:20
    fehlen Anpassungen der Gesetze. Auch das
    wurde in einer kleinen Anfrage noch einmal
  • 27:20 - 27:24
    explizit gefragt, hat die Bundesregierung
    deutlich gesagt, hat sie kein Interesse.
  • 27:24 - 27:29
    Es fehlt massiv Geld für Beratungsstellen
    für Weiterbildung und Infomaterial. Und
  • 27:29 - 27:32
    was natürlich auch fehlt, ist in diesen
    Beratungen Kontakt zu ForensikerInnen.
  • 27:32 - 27:36
    Einfach um überhaupt zu wissen, wo wir …
    wir haben hier eine Frau, die hat ein
  • 27:36 - 27:40
    Gerät. Dieses Gerät ist irgendwie komisch.
    Niemand weiß genau, was damit komisch ist.
  • 27:40 - 27:44
    An wen können wir uns eigentlich wenden,
    um Hilfe zu kriegen, um rauszukriegen, ist
  • 27:44 - 27:50
    das jetzt eigentlich, ist das manipuliert
    worden, ja oder nein? Und das ist auch
  • 27:50 - 27:54
    tatsächlich … auch mit dem BFF habe ich
    selber gesprochen. Die haben die ganz
  • 27:54 - 27:57
    konkrete Bitte: Die haben gesagt: Wenn du
    da hinfährst und all diese Hacker – frag
  • 27:57 - 28:01
    sie: Gibt es hier Leute, die sich
    vorstellen können, hier mit Wissen
  • 28:01 - 28:09
    weiterzuhelfen? Wenn es Leute gibt – ihr
    könnt euch gerne an mich wenden. Und dazu
  • 28:09 - 28:14
    auch noch gibt es gleich einen Workshop
    „Wie kann Betroffenen geholfen werden?“
  • 28:14 - 28:21
    von Leena Simon, kündige ich gerne an. Der
    findet heute Abend 19 bis 20 Uhr in S 14/15
  • 28:21 - 28:25
    statt und richtet sich vor allem an
    Menschen, die Forensik und IT-Sicherheit
  • 28:25 - 28:31
    können und gemeinsam überlegen möchten,
    wie man Betroffenen helfen könnte. Und das
  • 28:31 - 28:48
    war es. Vielen Dank.
    Herald: Wunderbar, liebe Anne, dann haben
  • 28:48 - 28:52
    wir ja doch noch ganz schön viel Zeit für
    Fragen. Das heißt, ihr seid aufgerufen. Es
  • 28:52 - 28:56
    gibt hier Saalmikrofone. Eins ist dort
    drüben. Hier sind zwei, und dort, und
  • 28:56 - 29:00
    unser Signal Angel sagt mir bitte auch
    gerne Bescheid per Handzeichen, wenn es
  • 29:00 - 29:05
    Fragen aus dem Netz gibt. Da gibt es
    tatsächlich schon was. Aber ihr könnt euch
  • 29:05 - 29:09
    auch hier anstellen, wenn ihr wollt.
    Vielleicht fangen wir dann beim Signal
  • 29:09 - 29:19
    Angel an. Ja, Fragen aus dem Netz. Wir
    bräuchten einmal Ton auf dem Signal-Angel-
  • 29:19 - 29:27
    Mikrofon bitte.
    Signal-Engel: Danke. Die Frage ist: Die
  • 29:27 - 29:33
    Sprecherin sagte, dass die einzelnen
    Delikte einzeln behandelt werden. Aus
  • 29:33 - 29:37
    eigener Erfahrung weiß diese Person in
    Berlin, dass es die Strafsache
  • 29:37 - 29:43
    Nachstellung gibt, unter der scheinbar
    auch solche Delikte gesammelt werden
  • 29:43 - 29:47
    können. Jetzt die Frage: Kommt es da dann
    auf die Stelle darauf an, an die man sich
  • 29:47 - 29:52
    wendet?
    Herald: Sollen wir sammeln, oder willst du
  • 29:52 - 29:55
    gleich antworten?
    Roth: Ist mir egal. Also ich kann das auch
  • 29:55 - 29:59
    vielleicht kurz gleich beantworten. Ich
    bin weder Juristin noch Polizistin.
  • 29:59 - 30:03
    Insofern sozusagen kann ich da jetzt auch
    nur das wiedergeben, was mir erzählt wird.
  • 30:03 - 30:09
    Und das ist relativ pauschal, dass es
    wahnsinnig schwer ist, dazu zu kommen,
  • 30:09 - 30:14
    dass zum Beispiel das, was theoretisch
    möglich ist, auch tatsächlich eingesetzt
  • 30:14 - 30:17
    wird; auch im juristischen Bereich. Was
    wieder damit zu tun hat, dass du häufig
  • 30:17 - 30:23
    einfach mal auf Polizisten oder auch
    Staatsanwälte stößt, die sozusagen das
  • 30:23 - 30:26
    Problem an sich nicht erfassen, auch wenn
    es in dem Fall vielleicht theoretisch
  • 30:26 - 30:30
    möglich wäre.
    Herald: Dann haben wir da hinten eine
  • 30:30 - 30:36
    Frage. Bitte du. Hinteres Mikro, ja.
    Publikum: Hallo. Ich hab; also ich
  • 30:36 - 30:42
    beobachte Gewalt auch schon eine längere
    Zeit und habe festgestellt: So richtig gut
  • 30:42 - 30:46
    funktionieren diese ganzen Maßnahmen in
    Bezug auf die juristischen Maßnahmen
  • 30:46 - 30:54
    nicht. Deswegen ist meine Frage: In Bezug
    auf andere Maßnahmen, also Gewalt, die
  • 30:54 - 30:59
    insbesondere gegen Frauen ausgeübt wird –
    meistens von Männern – hat ja offenbar
  • 30:59 - 31:04
    etwas mit der Sozialisierung zu tun, denn
    ich glaube nicht, dass es an den Männern
  • 31:04 - 31:11
    liegt und dass Männer auf irgendeine Art
    und Weise böse sind. Genau. Deswegen ist
  • 31:11 - 31:16
    meine Frage sozusagen: Was sind denn
    Alternativen zu diesen ganzen juristischen
  • 31:16 - 31:21
    Maßnahmen, die Sie vorgestellt haben, die
    nötig wären oder möglich wären? Weil ich
  • 31:21 - 31:24
    denke, dass sie nicht das Problem lösen
    können.
  • 31:24 - 31:30
    Roth: Das ist eine gute Frage, die total
    schwer zu beantworten ist und sicher auch
  • 31:30 - 31:35
    nicht nur von mir alleine, weil es ja
    sozusagen von „Warum sind es so häufig
  • 31:35 - 31:39
    Männer und warum sind Frauen so oft
    betroffen?“ bis zu „Wie kann man sich
  • 31:39 - 31:42
    anders dagegen wehren als juristisch?“
    schon ganz schön breiten Boden schlägt.
  • 31:42 - 31:47
    Ich glaube, den ersten Teil der Frage, den
    würde ich fast gerne an die RednerInnen
  • 31:47 - 31:53
    des vorigen Talks zurückgeben, die sich ja
    noch mehr mit diesen Fragen beschäftigt
  • 31:53 - 32:00
    haben. Und was das Konkrete angeht, was
    man tun kann: Neben dem juristisch-
  • 32:00 - 32:03
    polizeilichen, glaube ich, da gibt es eine
    ganze Menge, was nötig ist. Das heißt, wir
  • 32:03 - 32:08
    brauchen, glaube ich, erst einmal sehr
    viel mehr an Diskussion, um überhaupt ein
  • 32:08 - 32:12
    Bewusstsein dafür zu schaffen, dass das
    ein Problem ist und für wen das ein
  • 32:12 - 32:17
    Problem ist und wie das entsteht. Das ist
    ja relativ wenig darüber bekannt. Das ist
  • 32:17 - 32:20
    so ähnlich wie – ich sage jetzt mal in
    Häkchen – der analogen häuslichen Gewalt,
  • 32:20 - 32:24
    die auch über Jahre, Jahrzehnte,
    Jahrhunderte gewissermaßen für völlig
  • 32:24 - 32:29
    normal und auch gesetzlich abgesegnet
    normal betrachtet wurde, bis es da
  • 32:29 - 32:34
    irgendwann mal Veränderungen gab, die dazu
    geführt haben, zu sagen: Natürlich ist es
  • 32:34 - 32:37
    überhaupt nicht in Ordnung, irgendeine
    Form von körperlicher Gewalt gegen
  • 32:37 - 32:44
    irgendjemanden einzusetzen; auch nicht
    gegen die eigene Frau. Und dass
  • 32:44 - 32:48
    beispielsweise erlaubt war, in der Ehe zu
    vergewaltigen, dass das abgeschafft wurde,
  • 32:48 - 32:52
    ist noch gar nicht lange her. Das hat sehr
    lange Diskussionen gebraucht. Und ich
  • 32:52 - 32:55
    glaube, das ist in diesem Fall jetzt auch
    nötig. Und gekoppelt ist es mit der
  • 32:55 - 33:03
    Schwierigkeit, dass Menschen, die
    Technologie in den verschiedensten Arten
  • 33:03 - 33:08
    und Weisen benutzen, häufig nicht viel
    darüber verstehen. Und das ist ein Problem
  • 33:08 - 33:13
    hier spezifisch in dem Fall von digitaler
    Gewalt und natürlich – aber das ist ja
  • 33:13 - 33:18
    Thema gewissermaßen dieser gesamten
    Veranstaltung – für alle anderen Menschen
  • 33:18 - 33:23
    ganz genauso auch. Ich habe hier was, das
    blinkt schön und funktioniert super und
  • 33:23 - 33:28
    macht viel Spaß. Alexa home und so weiter.
    Ich weiß nicht, wie viel Diskussion ihr so
  • 33:28 - 33:33
    darüber führt, wie supertoll das ist und
    dass das ja so praktisch ist, ohne zu
  • 33:33 - 33:36
    wissen, welche Gefahren damit einhergehen
    – insbesondere wieder auch hier, wenn
  • 33:36 - 33:40
    jemand, eine Person in der Familie, die
    Kontrolle darüber hat und vielleicht
  • 33:40 - 33:43
    möglicherweise auch wenn sie gar nicht
    zuhause ist, das fernsteuern kann. Lange
  • 33:43 - 33:48
    Rede kurzer Sinn: Ich glaube wir brauchen
    sehr viel mehr Wissen darüber, wie wir
  • 33:48 - 33:54
    unsere eigenen Geräte selbst kontrollieren
    können. Und dazu müsste quasi im
  • 33:54 - 34:00
    Kindergarten damit angefangen werden,
    Kindern und dann eben auch Erwachsenen ein
  • 34:00 - 34:04
    Bewusstsein dafür zu wecken, dass wir
    verstehen müssen, womit wir hantieren und
  • 34:04 - 34:09
    wie wir das selber beeinflussen können.
    Ich hoffe, dass das ungefähr die Frage
  • 34:09 - 34:14
    beantwortet hat.
    Publikum: Ungefähr. Und an der Stelle
  • 34:14 - 34:17
    fällt mir noch ein, dass es mir persönlich
    wichtig wäre, dass die Menschen einen
  • 34:17 - 34:22
    anderen Umgang mit Konflikten lernen, weil
    wenn wir sozusagen anders mit den
  • 34:22 - 34:27
    Konflikten umgehen können und die Männer
    nicht mehr – oder wer auch immer es tut –
  • 34:27 - 34:31
    darauf zurückgreifen müssen, die Geräte zu
    kontrollieren und zu stalken von jemand
  • 34:31 - 34:36
    anderem, sondern man proaktiv sozusagen
    miteinander den Konflikt angehen kann,
  • 34:36 - 34:39
    dann müsste man das gar nicht mehr machen.
    Roth: Auf jeden Fall.
  • 34:39 - 34:46
    Herald: Hier vorne bitte.
    Publikum: Ich habe das Wort Gedöns gehört
  • 34:46 - 34:51
    und ich habe eine Vermutung dazu. Nämlich
    dass seitens der Sicherheitsbehörden
  • 34:51 - 34:58
    digitale Gewalt gegen Frauen nicht nur
    deshalb als Gedöns wahrgenommen oder
  • 34:58 - 35:03
    geframed wird, weil es im Internet
    stattfindet, sondern auch leider deshalb,
  • 35:03 - 35:08
    weil es sich gegen Frauen richtet. Wir
    haben auch außerhalb des Internets ein
  • 35:08 - 35:17
    massives Problem mit, ja, mit dem massiven
    Herunterspielen von Gewalt gegen Frauen
  • 35:17 - 35:20
    bei den Sicherheitsbehörden – staatliche
    Institutionen sind chronisch
  • 35:20 - 35:26
    unterfinanziert, Frauenhäuser und so
    weiter. Meine Ansicht dazu ist: Da müssen
  • 35:26 - 35:31
    die Protestbewegungen zusammengebracht
    werden. Einerseits die Protestbewegungen,
  • 35:31 - 35:36
    die sich um simple Infrastruktur-Fragen
    kümmern wie, dass das Internet endlich
  • 35:36 - 35:41
    ernst genommen wird – nicht nur als „Ooh,
    da wollen mittelständische Firmen was auf
  • 35:41 - 35:45
    dem Land“, sondern auch als
    gesellschaftlicher Faktor, als der
  • 35:45 - 35:51
    öffentliche Raum, den das Internet seit
    20, 30 Jahren für die meisten hier im
  • 35:51 - 35:59
    Raum, die alt genug sind, darstellt. Jetzt
    ist die Frage: Was ist deine Ansicht dazu?
  • 35:59 - 36:06
    Was müssten wir politisch unternehmen,
    damit den Regierungsparteien nicht nur bei
  • 36:06 - 36:12
    219a-Protesten, sondern auch bei Gewalt im
    Netz … und wie machen wir eine
  • 36:12 - 36:17
    feministische Digitalisierung, dass den
    Regierungsparteien da der Arsch auf
  • 36:17 - 36:19
    Grundeis geht?
  • 36:19 - 36:25
    Applaus
  • 36:25 - 36:30
    Roth: Wenn ich das Rezept hätte, dann
    würde ich mit Transparenten auf der Straße
  • 36:30 - 36:35
    stehen. Vielleicht außerdem auch: Ich habe
    versucht, es so ein bisschen zu
  • 36:35 - 36:37
    skizzieren. Ich glaube es ist einfach
    vieles gleichzeitig nötig. Vor allen
  • 36:37 - 36:41
    Dingen ist eine Debatte überhaupt, ein
    Bewusstseinswerdungsprozess über das
  • 36:41 - 36:49
    Problem notwendig, viel Aufklärung dazu
    und zum Beispiel aber natürlich auch
  • 36:49 - 36:54
    sozusagen als Anfangspunkt Zahlen.
    Dadurch, dass wir überhaupt keine Empirie
  • 36:54 - 36:59
    haben sozusagen, also niemand genau weiß,
    wie viele eigentlich betroffen sind … Wenn
  • 36:59 - 37:04
    du das nicht hast, wirst du natürlich von
    jeder Bühne gefegt gewissermaßen, mit
  • 37:04 - 37:10
    einer Forderung dazu. Und da fängt das an.
    Das wäre ein zentraler Punkt. Und
  • 37:10 - 37:14
    ansonsten glaube ich: viel Beharrlichkeit
    und Masse.
  • 37:14 - 37:17
    Herald: Wir haben eine weitere Frage aus
    dem Internet, bevor du dran kommst.
  • 37:17 - 37:22
    Signal-Engel: Eine vielleicht sehr
    praktische Frage: Wie geht man am besten
  • 37:22 - 37:26
    damit um, dass Online-Gewalt und der
    Umgang damit oft auf mangelnde
  • 37:26 - 37:33
    Medienkompetenz der Betroffenen reduziert
    wird bzw. mit dem weit verbreiteten
  • 37:33 - 37:45
    Victim-Blaming in diesem Zusammenhang?
    Roth: Good point. Natürlich ist es
  • 37:45 - 37:50
    relevant oder … Das ist völlig richtig.
    Ich hoffe jedenfalls, dass ich mich dem
  • 37:50 - 37:53
    Vorwurf des Victim-Blaming jetzt hier
    nicht ausgesetzt habe, wenn ich gesagt
  • 37:53 - 37:57
    habe: Wir müssen alle lernen, unsere
    Geräte besser zu kontrollieren. Das
  • 37:57 - 38:00
    bedeutet nicht, dass wir selber daran
    schuld wären, wenn irgendjemand
  • 38:00 - 38:04
    irgendwelche Attacken fährt oder Geräte
    übernimmt oder uns in irgendeiner Weise im
  • 38:04 - 38:12
    Netz bedroht oder beleidigt oder in unsere
    Accounts einbricht. Dafür ist einfach eine
  • 38:12 - 38:16
    … genau so eine Diskussion nötig, wie sie
    letztlich, wenn man so will, um das
  • 38:16 - 38:21
    gesamte Thema Hackerethik führt, also was
    ist okay zu tun und was es nicht okay zu
  • 38:21 - 38:28
    tun – führen müsste, und die ist hier
    genauso notwendig. Aber natürlich liegt
  • 38:28 - 38:32
    die Schuld bei den Tätern und nicht bei
    den Opfern. Das ist hoffentlich ganz klar.
  • 38:32 - 38:38
    Herald: Und hier vorne bitte.
    Publikum: Erstmal danke für den tollen
  • 38:38 - 38:44
    Vortrag. Und ich hätte eine Frage. Das
    ging ja sehr stark um die bundespolitische
  • 38:44 - 38:48
    Ebene, was da an polizeilicher Arbeit
    gemacht wird, das ist ja auch oft
  • 38:48 - 38:53
    Ländersache. Das betrifft natürlich auch
    die Ausgestaltung in den Ländern. Gibt es
  • 38:53 - 38:57
    da vielleicht Vorreiter, die das anders
    machen, besser machen. Da gibt es ja die
  • 38:57 - 38:59
    unterschiedlichsten
    Regierungskonstellation und wenn die Linke
  • 38:59 - 39:02
    die Anfrage macht, könnte man sich ja
    fragen, wie es eigentlich in Berlin oder
  • 39:02 - 39:08
    in Thüringen aus, wo sie die Fähigkeit
    hätten, vielleicht etwas zu verändern?
  • 39:08 - 39:13
    Roth: Mir ist dazu wenig bekannt. Ich habe
    neulich mit Interesse zur Kenntnis
  • 39:13 - 39:16
    genommen, dass es in Mannheim eine
    Staatsanwaltschaft geben soll, die
  • 39:16 - 39:21
    irgendwie auf Cyber-irgendwas
    spezialisiert ist. Das fände ich auch
  • 39:21 - 39:25
    total interessant, sowas mal zu sammeln,
    um beispielsweise dann auch Nebenklage-
  • 39:25 - 39:30
    AnwältInnen, also den AnwältInnen, die die
    Betroffenen vertreten, zu ermöglichen, die
  • 39:30 - 39:34
    geeigneten Staatsanwaltschaften und
    Polizei-Dezernate zu kontaktieren. Das
  • 39:34 - 39:38
    Schöne an den Internet-Delikten ist ja,
    dass sie nicht ortsgebunden sind. Das
  • 39:38 - 39:42
    heißt, du musst nicht in Berlin eine
    Anzeige machen, wenn dir im Internet etwas
  • 39:42 - 39:48
    passiert. Du kannst das auch in Mannheim
    machen. Aber da darüber weiß ich einfach
  • 39:48 - 39:53
    nicht sehr viel. Und was die Bundesländer
    angeht – genauso wäre auch interessant, da
  • 39:53 - 39:57
    mal einen Uberblick zu kriegen. Und da
    sind wir wieder bei der Frage der
  • 39:57 - 40:01
    Ressourcen. Diejenigen, die sich sonst mit
    dem Thema häusliche Gewalt beschäftigen,
  • 40:01 - 40:04
    die sind schon – auch das wurde ja eben
    aus dem Publikum gesagt – so, die haben so
  • 40:04 - 40:08
    Land unter und so viel zu viel zu tun und
    kriegen permanent die Gelder gestrichen,
  • 40:08 - 40:11
    dass die gewissermaßen mit der
    zusätzlichen Aufgabe, jetzt auch noch
  • 40:11 - 40:16
    dieses Thema zu erfassen und zu
    dokumentieren und in eine politische
  • 40:16 - 40:20
    Diskussion zu bringen, einfach häufig an
    den Rand ihrer Kapazitäten gelangen.
  • 40:20 - 40:24
    Ansonsten gibt es einfach wenig Leute, die
    sich mit dem Thema beschäftigen. Es wäre
  • 40:24 - 40:27
    aber total notwendig. Ich fände es total
    interessant zu wissen, ob es irgendwo
  • 40:27 - 40:30
    Stellen gibt, die sich damit schon mal
    befasst haben. Mir ist das aber nicht
  • 40:30 - 40:38
    bekannt. Und um der Frage nach der Politik
    nicht auszuweichen: Da wo die Linke mit in
  • 40:38 - 40:42
    Regierungen ist oder wo es rot-rot-grüne
    oder so weiter Regierungen gibt – auch da
  • 40:42 - 40:48
    ist mir das nicht bekannt. Wäre aber auf
    jeden Fall etwas, was unbedingt stärker
  • 40:48 - 40:51
    angeschubst werden müsste.
    Herald: Letzte Frage bitte.
  • 40:51 - 40:55
    Publikum: Ich muss mal ganz
    uncharakteristisch die Polizei ein
  • 40:55 - 41:00
    bisschen in Schutz nehmen an der Stelle.
    Das hängt davon ab, zu wem man geht. Wenn
  • 41:00 - 41:04
    man einfach 110 anruft, landet man bei den
    Leuten, die vielleicht stinkig sind, dass
  • 41:04 - 41:08
    man keinen Autounfall oder so hat, wo es
    um Leben und Tod geht. Aber es gibt in
  • 41:08 - 41:13
    allen Bundesländern inzwischen zentrale
    Anlaufstellen für Cybercrime mit eigener
  • 41:13 - 41:16
    Telefonnummer. Das kann man im Internet
    recherchieren. Die sind jetzt …
  • 41:16 - 41:19
    Roth: Die sind aber nicht zuständig.
    Publikum: Moment. Moment. Sie sind laut …
  • 41:19 - 41:23
    ja, das findet die Bundesregierung, aber
    die Frage, ob sie zuständig sind,
  • 41:23 - 41:28
    entscheidet die jeweilige … das Land. Und
    wenn … die Polizei fühlt sich da schon
  • 41:28 - 41:33
    zuständig. Kann natürlich immer noch
    passieren, dass man den Falschen erwischt.
  • 41:33 - 41:43
    Aber es gibt diese Cybercrime-Rufnummern.
    Und wenn sonst alles hier so gloom und
  • 41:43 - 41:46
    doom ist – merkt euch das: Wenn ihr
    irgendwie ein Computer-Problem habt, dann
  • 41:46 - 41:50
    sucht diese Nummer raus und ruft da an. Da
    erwischt ihr dann auch jemanden, der schon
  • 41:50 - 41:53
    mal weiß irgendwie, dass es einen
    Unterschied zwischen Web und Browser gibt.
  • 41:53 - 42:00
    Und ansonsten würde ich dazu aufrufen
    wollen, ein bisschen sich zu überlegen,
  • 42:00 - 42:04
    was man überhaupt sinnvoll fordern kann.
    Wer in Berlin schon mal einen Fahrrad-
  • 42:04 - 42:09
    Diebstahl gemeldet hat, wird wissen, dass
    die Polizei auch bei anderen Delikten ganz
  • 42:09 - 42:13
    schnell die Füße streckt. Und jetzt gab es
    sogar eine Meldung im Sommer, dass so
  • 42:13 - 42:17
    kleine Diebstähle gar nicht mehr verfolgt
    werden. Insofern: Selbst wenn wir da jetzt
  • 42:17 - 42:21
    ein paar Millionen locker machen, ist
    nicht klar, dass es besser wird. Das liegt
  • 42:21 - 42:25
    auch daran, ob man das jetzt für ein
    Problem hält oder nicht. Und da halte ich
  • 42:25 - 42:29
    die politische Schiene für wichtiger als
    wie viel Geld man da jetzt zur Verfügung
  • 42:29 - 42:32
    zur Verfügung stellt.
    Roth: Das ist ja glücklicherweise kein
  • 42:32 - 42:36
    Entweder-Oder, sondern wir können auch
    gerne beides fordern. Was die Cyber-
  • 42:36 - 42:40
    Abteilung angeht – Ich habe mich da vor
    allen Dingen an das gehalten, was mir
  • 42:40 - 42:44
    AnwältInnen gesagt haben. Die sagen, es
    ist extrem schwierig, Staatsanwaltschaften
  • 42:44 - 42:51
    und Dezernate zu finden, die sich damit
    auskennen. Gut zu wissen, wenn es welche
  • 42:51 - 42:56
    gibt. Wenn jemand welche kennt, die sowohl
    sich mit Cyber- als auch mit häuslicher
  • 42:56 - 43:01
    Gewalt gleichermaßen befasst fühlen, das
    wäre, glaube ich, der Clou, das in der
  • 43:01 - 43:04
    Kombination zu finden, glaube ich, ist
    verhältnismäßig schwierig. Was vielleicht
  • 43:04 - 43:08
    noch interessant ist anzuführen, was ich
    auch mal gefragt habe, ist, inwieweit
  • 43:08 - 43:12
    möglicherweise das BSI denn eigentlich
    zuständig wäre. Auch ein Teil der kleinen
  • 43:12 - 43:16
    Anfrage. Sagt die Bundesregierung auch:
    „Das BSI doch nicht! Das BSI hat damit gar
  • 43:16 - 43:20
    nichts zu tun.“ Interessanterweise hat das
    BSI aber ein eigenes Portal. Also
  • 43:20 - 43:23
    Bundesamt für Sicherheit in der
    Informationstechnik – zuständig für
  • 43:23 - 43:28
    gewissermaßen alles, was mit Sicherheit
    und IT zu tun hat. Einen halben Satz noch.
  • 43:28 - 43:32
    Und die haben auch ein eigenes
    Bürgerportal, wo sie sozusagen Bürger
  • 43:32 - 43:36
    beraten im Bereich Sicherheit, wo man ja
    zum Beispiel auch Beratung in spezifisch
  • 43:36 - 43:42
    solchen Fällen auch mit anfügen könnte.
    Aber bisher leider nicht. Die Zeit ist um,
  • 43:42 - 43:44
    glaube ich.
    Herald: Vielen herzlichen Dank für diesen
  • 43:44 - 43:57
    erleuchtenden Talk.
    Roth: Dankeschön. Vielen Dank.
  • 43:57 - 44:02
    Abspannmusik
  • 44:02 - 44:19
    Untertitel erstellt von c3subtitles.de
    im Jahr 2019. Mach mit und hilf uns!
Title:
35C3 - Stalking, Spy Apps, Doxing: Digitale Gewalt gegen Frauen
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Video Language:
German
Duration:
44:19

German subtitles

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