Esther Perel: Das Geheimnis des Begehrens in festen Beziehungen
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0:01 - 0:04Warum lässt guter Sex so oft nach,
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0:04 - 0:09selbst bei Paaren, die einander
immer noch innig lieben? -
0:09 - 0:13Und warum bedeutet gute Intimität
nicht automatisch guten Sex, -
0:13 - 0:15obwohl wir das alle glauben?
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0:15 - 0:17Oder eine weitere Frage:
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0:17 - 0:20Können wir begehren,
was wir schon haben? -
0:20 - 0:23Das ist die Preisfrage, richtig?
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0:23 - 0:24Und warum ist Verbotenes so erotisch?
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0:24 - 0:29Warum lösen Grenzverstöße
so großes Begehren aus? -
0:29 - 0:30Und warum führt Sex zu Babys,
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0:30 - 0:34und warum bedeuten Babys in
Beziehungen eine erotische Katastrophe? -
0:34 - 0:37Der ultimative Erotikkiller, nicht wahr?
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0:37 - 0:39Wie fühlt sich das an, wenn man liebt?
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0:39 - 0:43Und wenn man begehrt,
was ist der Unterschied? -
0:43 - 0:44Dies sind einige der Fragen,
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0:44 - 0:47die den Kern meiner Forschung bilden:
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0:47 - 0:50Das Wesen des erotischen Verlangens
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0:50 - 0:54und die Probleme, die es in
modernen Beziehungen mit sich bringt. -
0:54 - 0:55Also reise ich um die Welt
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0:55 - 0:58und stelle fest, dass
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0:58 - 1:00überall, wo Romantik ins Spiel kommt,
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1:00 - 1:03das Verlangen anscheinend
in eine Krise rutscht. -
1:03 - 1:08Eine Krise des Verlangens bzw.
der Steuerung von Verlangen – -
1:08 - 1:11Verlangen als Ausdruck unserer Individualität,
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1:11 - 1:15unserer freien Wahl, unserer
Vorlieben, unserer Identität. -
1:15 - 1:18Verlangen nimmt auch
einen zentralen Platz -
1:18 - 1:22in moderner Liebe und in einer
individualistischen Gesellschaft ein. -
1:22 - 1:25Zum ersten Mal in der
Geschichte der Menschheit -
1:25 - 1:31versuchen wir, Sexualität
langfristig zu erfahren, -
1:31 - 1:35nicht weil wir 14 Kinder haben wollen –
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1:35 - 1:39da müssten wir ja noch viel mehr haben,
denn viele überleben ja nicht – -
1:39 - 1:43und nicht, weil es in der Ehe
ausschließlich Pflicht der Frau ist. -
1:43 - 1:48Zum ersten Mal wollen wir
Sex über lange Zeit -
1:48 - 1:52mit Lust- und Verbundenheitsgefühlen,
die im Verlangen wurzeln. -
1:52 - 1:56Was hält Verlangen also aufrecht,
und warum ist es so schwierig? -
1:56 - 2:01In einer festen Partnerschaft
Verlangen aufrecht zu erhalten, -
2:01 - 2:07erfordert den Ausgleich zweier
grundlegender menschlicher Bedürfnisse: -
2:07 - 2:12Einerseits unser Bedürfnis nach
Sicherheit und Vorhersehbarkeit, -
2:12 - 2:19nach Geborgenheit, Verbindlichkeit,
Verlässlichkeit, nach Dauerhaftigkeit – -
2:19 - 2:22all diese verankernden und erdenden
Erfahrungen in unserem Leben, -
2:22 - 2:24die wir "unser Zuhause" nennen.
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2:24 - 2:28Aber andererseits haben Männer und
Frauen auch ein ebenso großes Bedürfnis -
2:28 - 2:34nach Abenteuer, Neuem,
Geheimnisvollem, Risiko, Gefahr, -
2:34 - 2:37nach Unbekanntem, Unerwartetem,
Überraschungen – -
2:37 - 2:41Sie wissen, was ich meine –
nach Reisen, Unterwegssein. -
2:41 - 2:43Unser Bedürfnis nach Sicherheit
und unser Bedürfnis nach -
2:43 - 2:46Abenteuer in einer einzigen
Beziehung miteinander zu vereinen, -
2:46 - 2:49oder in einer – modern ausgedrückt –
leidenschaftlichen Ehe, -
2:49 - 2:52wurde immer als absoluter
Widerspruch betrachtet. -
2:52 - 2:55Ehe war eine wirtschaftliche Institution,
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2:55 - 2:58durch die man eine
lebenslange Partnerschaft -
2:58 - 3:01im Hinblick auf Kinder,
sozialen Status, -
3:01 - 3:03Erbfolge und
Kameradschaft einging. -
3:03 - 3:08Heutzutage soll unser Partner
uns dies nach wie vor bieten, -
3:08 - 3:10aber zusätzlich soll er
auch bester Freund, -
3:10 - 3:14Vertrauensperson und leidenschaftlicher
Liebhaber sein, der uns anturnt. -
3:14 - 3:15Und wir werden doppelt
so alt wie früher. -
3:15 - 3:18(Lachen)
-
3:18 - 3:22Wir treffen also auf eine einzige Person
-
3:22 - 3:25und wollen, dass sie uns all das gibt,
was früher ein ganzes Dorf leistete: -
3:25 - 3:29Gib mir ein Zugehörigkeitsgefühl,
gib mir Identität, gib mir Kontinuität, -
3:29 - 3:33aber gleichzeitig auch Transzendenz,
Rätsel, beeindrucke mich. -
3:33 - 3:35Gib mir Komfort, gib mir Aufregung.
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3:35 - 3:37Gib mir Neues, gib mir Vertrautheit.
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3:37 - 3:39Gib mir Vorhersehbarkeit,
gib mir Überraschungen. -
3:39 - 3:43Und das finden wir selbstverständlich; und
Spielzeug und Reizwäsche sollen das bewerkstelligen. -
3:43 - 3:49(Applaus)
-
3:49 - 3:53Wir kommen jetzt also zur Essenz
dieser Geschichte, ok? -
3:53 - 3:59Denn ich glaube, irgendwie –
und darauf komme ich noch zurück – -
3:59 - 4:02ist die Krise des Verlangens oft
eine Krise der Fantasie. -
4:02 - 4:06Warum lässt guter Sex
also so oft nach? -
4:06 - 4:08Welche Beziehung besteht
zwischen Liebe und Verlangen? -
4:08 - 4:12Und warum geraten sie in Konflikt?
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4:12 - 4:15Denn darin liegt das
Geheimnis der Erotik. -
4:15 - 4:19Für mich gibt es ein Verb für
Liebe, und das ist "haben". -
4:19 - 4:23Und ein anderes Verb für Erotik,
und das ist "begehren". -
4:23 - 4:27In der Liebe wollen wir haben,
da wollen wir den Geliebten kennen, -
4:27 - 4:32die Distanz verringern,
die Lücke schließen. -
4:32 - 4:36Wir wollen Spannungen
neutralisieren. Wir wollen Nähe. -
4:36 - 4:41Aber beim Begehren möchten wir
nicht die gewohnten Pfade einschlagen, -
4:41 - 4:44Vorhersehbarkeit interessiert
uns nicht auf Dauer. -
4:44 - 4:49Beim Verlangen wollen wir jemand Fremden auf der
anderen Straßenseite, den wir besuchen können, -
4:49 - 4:52mit dem wir ein bisschen
Zeit verbringen können -
4:52 - 4:56und herausfinden können, was so
in seinem "Rotlichtmilieu" passiert. -
4:56 - 4:59Beim Verlangen möchten wir
eine Brücke überqueren können. -
4:59 - 5:03Manchmal sage ich auch:
Feuer braucht Luft. -
5:03 - 5:05Verlangen braucht Raum.
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5:05 - 5:08So gesagt, hört sich das abstrakt an.
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5:08 - 5:10Aber ich habe eine
Frage mitgenommen. -
5:10 - 5:13Ich war in den letzten Jahren
in über 20 Ländern, -
5:13 - 5:15wo es "Paarung in Gefangenschaft" gibt,
und ich fragte die Menschen: -
5:15 - 5:19Wann fühlen sich sich zu Ihrem
Partner am meisten hingezogen? -
5:19 - 5:22Nicht nur sexuell angezogen,
sondern zu ihm hingezogen. -
5:22 - 5:25Und die Antworten, unabhängig von
Kultur, Religion und Geschlecht, -
5:25 - 5:31waren – bis auf eine einzige
Ausnahme –, immer dieselben. -
5:31 - 5:35Die 1. Gruppe sagte: "Ich fühle mich zu
meinem Partner am meisten hingezogen, -
5:35 - 5:42wenn sie weg ist, wenn wir getrennt
sind, wenn wir uns wiedersehen. -
5:42 - 5:46Im Grunde also dann,
wenn ich wieder in der Lage bin, -
5:46 - 5:49mich mit meinem
Partner vorzustellen, -
5:49 - 5:52wenn wieder Fantasie ins Spiel kommt,
-
5:52 - 5:57wenn diese in Abwesenheit
oder Sehnsucht wurzelt, -
5:57 - 6:00was ein Hauptbestandteil
des Verlangens ist. -
6:00 - 6:03Aber die 2. Gruppe ist
noch interessanter: -
6:03 - 6:05Ich fühle mich zu meinem Partner
am meisten hingezogen, -
6:05 - 6:09wenn ich ihn in seinem Studio sehe,
wenn sie auf der Bühne steht, -
6:09 - 6:13wenn er in seinem Element ist,
wenn sie etwas mit Leidenschaft angeht. -
6:13 - 6:16Wenn ich ihn auf einer Party sehe
und andere sich zu ihm hingezogen fühlen, -
6:16 - 6:19wenn andere sie hofieren.
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6:19 - 6:23Im Grunde dann, wenn ich meinen Partner
strahlend und selbstsicher erlebe, -
6:23 - 6:26das turnt uns alle
wahrscheinlich am meisten an. -
6:26 - 6:29Strahlend im Sinne von souverän.
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6:29 - 6:32Ich sehe diesen Menschen
an – übrigens, im Verlangen -
6:32 - 6:34reden Menschen selten darüber,
wenn sie in einem Abstand von 5 cm -
6:34 - 6:38miteinander verschmelzen.
Ich weiß nicht, wie viel das in Zoll ist. – -
6:38 - 6:41Aber die Entfernung darf
auch nicht so groß sein, -
6:41 - 6:43dass man den anderen nicht mehr sieht.
-
6:43 - 6:47Bei einer angenehmen Entfernung
erscheint mein Partner – dieser Mensch, -
6:47 - 6:51der mir schon so
vertraut und bekannt ist – -
6:51 - 6:56auf einmal wieder geheimnisvoll
und nicht ganz greifbar. -
6:56 - 7:01Und in diesem Raum zwischen mir und
dem anderen entsteht die erotische Anziehung, -
7:01 - 7:04die Bewegung zum anderen hin.
-
7:04 - 7:06Denn manchmal – wie Proust sagt –
-
7:06 - 7:08liegt das Geheimnisvolle
nicht an fremden Orten, -
7:08 - 7:11sondern in einem neuen Blickwinkel.
-
7:11 - 7:14Wenn ich also meinen Partner
eigenständig erlebe und -
7:14 - 7:17und er etwas tut, das ihn vereinnahmt,
-
7:17 - 7:22verschiebt sich einen Moment lang
meine Wahrnehmung, -
7:22 - 7:27und ich bin offen für die
Geheimnisse um mich herum. -
7:27 - 7:32Ganz besonders wichtig an dieser
Beschreibung des anderen -
7:32 - 7:35oder meiner selbst – das ist dasselbe –
besonders interessant ist, -
7:35 - 7:38dass es keine Bedürftigkeit
im Begehren gibt. -
7:38 - 7:40Keiner braucht den anderen.
-
7:40 - 7:42Es gibt keine Fürsorglichkeit
beim Verlangen. -
7:42 - 7:48Fürsorglichkeit ist mächtige Liebe und
ein starkes Anti-Aphrodisiakum. -
7:48 - 7:50Ich habe noch nie jemanden
gesehen, der sich von jemandem -
7:50 - 7:52angeturnt fühlt, der ihn braucht.
-
7:52 - 7:55Jemanden zu begehren ist eine Sache,
jemanden zu brauchen ein Lustkiller. -
7:55 - 7:57Frauen haben das schon immer gewusst.
-
7:57 - 8:00Denn alles, was mit Elternschaft zu tun hat,
-
8:00 - 8:03verringert gewöhnlich
die erotische Spannung. -
8:03 - 8:05Und das hat gute Gründe, nicht wahr?
-
8:05 - 8:08Und die 3. Gruppe antwortet
gewöhnlich wie folgt: -
8:08 - 8:13"Wenn ich überrascht bin,
wenn wir zusammen lachen." -
8:13 - 8:15Heute sagte jemand
zu mir im Büro: -
8:15 - 8:17Wenn er seinen Smoking trägt
-
8:17 - 8:20– entweder den Smoking
oder die Cowboystiefel. -
8:20 - 8:23Im Grunde, wenn etwas Neues passiert.
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8:23 - 8:28Dabei geht es nicht um neue Stellungen,
nicht um ein Repertoire an Techniken. -
8:28 - 8:31Bei Neuerungen geht es darum,
welche Seiten man hervorkehrt. -
8:31 - 8:34Welche Seiten an einem
werden gerade gesehen? -
8:34 - 8:36Denn eigentlich kann man sagen:
-
8:36 - 8:38"Sex ist nicht, was man tut.
-
8:38 - 8:41Sex ist ein Ort, den man besucht.
Einen Raum, den man -
8:41 - 8:45in sich selbst und mit einem
oder mehreren anderen betritt. -
8:45 - 8:47Wohin gehen Sie also,
wenn Sie Sex haben? -
8:47 - 8:50Welche Teile von sich
verbinden Sie damit? -
8:50 - 8:52Was möchten Sie dort ausdrücken?
-
8:52 - 8:55Ist es ein Ort der Transzendenz
und spiritueller Vereinigung? -
8:55 - 8:59Ist es ein Ort für Ungezogenheit, und ein Ort,
an dem man gefahrlos aggressiv sein kann? -
8:59 - 9:02Ist es ein Ort, wo Sie sich
endlich hingeben können -
9:02 - 9:05und nicht ständig Verantwortung
für alles übernehmen müssen? -
9:05 - 9:08Ist es ein Ort, wo Sie infantile
Wünsche ausdrücken können? -
9:08 - 9:10Was kommt da heraus?
Es ist eine Sprache. -
9:10 - 9:12Es ist nicht bloß ein Verhalten.
-
9:12 - 9:15Es ist das Poetische an dieser
Sprache, das mich interessiert. -
9:15 - 9:19Deshalb begann ich, den Begriff
der "erotischen Intelligenz" zu erforschen. -
9:19 - 9:21Tiere haben Sex.
-
9:21 - 9:25Das ist ihr Dreh- und Angelpunkt,
das ist Biologie, der natürliche Instinkt. -
9:25 - 9:28Wir sind die einzigen,
die ein erotisches Leben führen, -
9:28 - 9:34d.h., die menschliche Fantasie
verwandelt unsere Sexualität. -
9:34 - 9:38Wir sind die einzigen,
die stundenlang lieben können, -
9:38 - 9:41im Himmel schweben,
multiple Orgasmen haben, -
9:41 - 9:45ohne dabei jemanden zu berühren,
nur weil wir uns das vorstellen können. -
9:45 - 9:47Wir können es andeuten und
müssen es noch nicht einmal tun. -
9:47 - 9:51Wir können starke Vorfreude empfinden,
-
9:51 - 9:53eine Voraussetzung für Verlangen,
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9:53 - 9:57die Fähigkeit sich etwas vorzustellen,
als ob es gerade geschieht, -
9:57 - 10:01es zu erleben, als ob es passiert,
obwohl gar nichts passiert, -
10:01 - 10:04und alles gleichzeitig passiert.
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10:04 - 10:06Als ich also anfing,
über Erotik nachzudenken, -
10:06 - 10:09begann ich, über die Poesie
im Sex nachzudenken, -
10:09 - 10:12und wenn ich sie als Intelligenz sehe,
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10:12 - 10:14dann ist es etwas,
das man kultiviert. -
10:14 - 10:18Was sind die Zutaten?
Fantasie, Verspieltheit, -
10:18 - 10:22Neues, Neugierde, Geheimnisvolles.
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10:22 - 10:26Aber der Protagonist ist die Fantasie.
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10:26 - 10:30Aber noch wichtiger war für mich
Folgendes: Um zu verstehen, -
10:30 - 10:32welche Paare den "erotischen Funken" hatten,
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10:32 - 10:35was Begehren fördert, musste ich
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10:35 - 10:38zur ursprünglichen Definition
von Erotik zurückkehren, -
10:38 - 10:40zur mystischen Definition.
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10:40 - 10:44Dazu befasste ich mich
näher mit Trauma – -
10:44 - 10:46das ist die andere Seite –
-
10:46 - 10:49in der Gemeinde,
in der ich aufwuchs. -
10:49 - 10:53Das war eine Gemeinde in Belgien,
alles Überlebende des Holocaust. -
10:53 - 10:55Da gab es zwei Gruppen:
-
10:55 - 10:59Die, die nicht gestorben waren, und die,
die wieder zum Leben zurückfanden. -
10:59 - 11:03Diejenigen, die nicht gestorben waren,
lebten wie in einem Korsett, -
11:03 - 11:06sie konnten nicht mehr
genießen, nicht mehr vertrauen. -
11:06 - 11:09Wenn man auf der Hut ist,
besorgt, verängstigt und -
11:09 - 11:12unsicher, kann man
den Kopf nicht heben, -
11:12 - 11:17abheben, verspielt, geborgen
und fantasievoll sein. -
11:17 - 11:20Diejenigen, die zum Leben zurückfanden,
-
11:20 - 11:22verstanden Erotik als
Gegenmittel zum Tod. -
11:22 - 11:26Sie wussten, wie sie sich
am Leben erhalten konnten. -
11:26 - 11:30Und wenn ich den Paaren zuhöre,
die keinen Sex haben, -
11:30 - 11:33höre ich sie manchmal sagen:
"Ich möchte mehr Sex," -
11:33 - 11:36aber im Allgemeinen,
wollen sie "besseren Sex", -
11:36 - 11:39und das bedeutet, sich der
Lebendigkeit wieder zuzuwenden, -
11:39 - 11:43zu vibrieren, sich zu erneuern;
Vitalität, Eros und Energie, -
11:43 - 11:46all das, was Sex ihnen früher gab,
oder was sie sich -
11:46 - 11:47davon erhofft haben.
-
11:47 - 11:50Und dann begann ich, eine
andere Frage zu stellen. -
11:50 - 11:55"Ich mache zu, wenn..."
begann jetzt die Frage. -
11:55 - 11:59"Ich blockiere mein Verlangen, wenn ..."
was nicht dasselbe ist wie: -
11:59 - 12:03"Was mich abturnt ist..." und
"Du turnst mich ab, wenn..." -
12:03 - 12:06Und die Leute sagten:
"Ich schalte mich ab, wenn -
12:06 - 12:09ich mich innerlich tot fühle,
wenn ich meinen Körper nicht mag, -
12:09 - 12:12wenn ich mich alt fühle,
wenn ich keine Zeit für mich habe, -
12:12 - 12:14wenn ich nicht einmal Zeit
für einen Termin bei Ihnen hatte, -
12:14 - 12:16wenn ich schlecht arbeite,
-
12:16 - 12:19wenn ich wenig Selbstwertgefühl habe,
wenn ich mich wertlos fühle, -
12:19 - 12:22wenn ich glaube, kein Recht
auf Begehren und Nehmen -
12:22 - 12:25von Genuss zu haben."
-
12:25 - 12:27Und dann fragte ich
nach dem Gegenteil: -
12:27 - 12:30"Ich komme in die Gänge, wenn..."
Denn meistens -
12:30 - 12:33fragen Leute nach:
"Du turnst mich an, -
12:33 - 12:36Was mich anturnt ist ...", und ich kann
nichts mehr tun. Verstehen Sie? -
12:36 - 12:41Wenn man innerlich tot ist, kann sich der andere
am Valentinstag die größte Mühe geben, -
12:41 - 12:44das wird nichts bewirken.
Das steht keiner am Empfang. -
12:44 - 12:45(Lachen)
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12:45 - 12:47Also: "Ich springe an,
-
12:47 - 12:51ich wecke mein Verlangen,
ich wache auf wenn ..." -
12:51 - 12:56In diesem Paradoxon zwischen
Liebe und Verlangen -
12:56 - 13:00ist es verblüffend, dass
genau die Zutaten, -
13:00 - 13:04die Liebe nähren –
Gegenseitigkeit, Wechselseitigkeit, -
13:04 - 13:08Schutz, Sorge, Verantwortung
für den Partner – -
13:08 - 13:12manchmal genau die Zutaten sind,
die das Verlangen ersticken. -
13:12 - 13:17Denn Verlangen geht
oft mit Gefühlen einher, -
13:17 - 13:20die der Liebe nicht
immer förderlich sind: -
13:20 - 13:25Eifersucht, Besitzergreifen,
Aggression, Macht, Dominanz, -
13:25 - 13:26Unanständigkeit, Unfug.
-
13:26 - 13:30Die meisten von uns werden nachts
von genau den Sachen angeturnt, -
13:30 - 13:34die sie tagsüber ausdrücklich verpönen.
-
13:34 - 13:37Der erotische Geist ist
politisch nicht sehr korrekt. -
13:37 - 13:40Wenn jeder von uns auf einem
Rosenbett träumen würde, -
13:40 - 13:43hätten wir darüber keine so
interessanten Gespräche. -
13:43 - 13:46Nein, in unserem Gehirn
-
13:46 - 13:50geschehen so viele Sachen,
von denen wir nicht immer wissen, -
13:50 - 13:52wie wir sie dem geliebten Menschen
näherbringen sollen, -
13:52 - 13:55denn wir denken,
dass Liebe Selbstlosigkeit ist, -
13:55 - 13:58und Verlangen hat tatsächlich
etwas mit Egoismus -
13:58 - 14:00im besten Sinne zu tun:
-
14:00 - 14:03Die Fähigkeit, bei sich selbst zu sein,
-
14:03 - 14:05in der Gegenwart eines anderen.
-
14:05 - 14:08Ich möchte für Sie ein
kleines Bild zeichnen, -
14:08 - 14:11denn diesen beiden Bedürfnissen
muss man gerecht werden, -
14:11 - 14:13wir werden mit ihnen geboren.
-
14:13 - 14:16Unser Bedürfnis nach Verbundenheit,
unser Bedürfnis nach Trennung, -
14:16 - 14:18oder unser Bedürfnis nach
Sicherheit und Abenteuer, -
14:18 - 14:21oder unser Bedürfnis nach
Zusammensein und nach Autonomie. -
14:21 - 14:23Wenn Sie an dieses Kind
auf Ihrem Schoß denken, -
14:23 - 14:28das sich anschmiegt und
sich wohl und sicher fühlt, -
14:28 - 14:32und irgendwann muss jeder von
uns einmal in die Welt hinaus, -
14:32 - 14:34um sie zu entdecken und zu erforschen.
-
14:34 - 14:36Da beginnt dann das Verlangen.
-
14:36 - 14:40Dieses Erforschen benötigt
Neugierde, Entdeckerdrang. -
14:40 - 14:44Und irgendwann dreht es
sich um und schaut dich an. -
14:44 - 14:47Wenn du ihm sagst:
-
14:47 - 14:49"Hey, Kleiner, die Welt ist
ein toller Ort. Hol sie dir. -
14:49 - 14:51Es macht so viel Spaß da draußen",
-
14:51 - 14:53dann können sie sich entfernen und
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14:53 - 14:56Verbundenheit und Trennung
gleichzeitig erleben. -
14:56 - 14:59Sie können in ihrer Fantasie
loslegen, in ihrem Körper, -
14:59 - 15:02frei sein in ihrer Verspieltheit
und gleichzeitig wissen, -
15:02 - 15:05dass jemand da ist,
wenn sie zurückkehren. -
15:05 - 15:07Aber wenn ihnen jemand sagt:
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15:07 - 15:11"Ich mache mir Sorgen. Ich habe Angst.
Ich habe Depressionen. -
15:11 - 15:13Mein Partner hat sich lange
nicht um mich gekümmert. -
15:13 - 15:15Was ist da draußen so toll?
Haben wir nicht alles, was wir brauchen, -
15:15 - 15:17du und ich gemeinsam?"
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15:17 - 15:20Dann kommen einige Reaktionen,
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15:20 - 15:23die alle von uns sehr gut kennen.
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15:23 - 15:28Einige von uns werden zurückkehren,
haben es vor vielen Jahren schon getan, -
15:28 - 15:30und dieses kleine Kind, das zurückkehrt,
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15:30 - 15:33ist das Kind, das einen
Teil von sich aufgibt, -
15:33 - 15:35um den anderen nicht zu verlieren.
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15:35 - 15:39Ich verzichte auf die Freiheit,
um die Verbindung nicht zu verlieren. -
15:39 - 15:42Und werde lernen, auf
eine gewisse Art zu lieben, -
15:42 - 15:46belaste Liebe mit
übermäßiger Sorge, -
15:46 - 15:49übermäßiger Verantwortung,
übermäßigem Schutz. -
15:49 - 15:52Und ich weiß nicht,
wie ich dich verlassen kann, -
15:52 - 15:55um zu spielen oder
Genuss zu empfinden, -
15:55 - 15:59um Dinge zu entdecken,
um in mich selbst zu gehen. -
15:59 - 16:02Übersetzen wir dies in
die Erwachsenensprache. -
16:02 - 16:05Es fängt sehr früh an und geht
in unserem Sexualleben weiter -
16:05 - 16:07bis zum Ende.
-
16:07 - 16:09Kind Nummer 2 kehrt zurück,
-
16:09 - 16:12guckt aber immer über seine Schulter.
-
16:12 - 16:14"Wirst du da sein?
-
16:14 - 16:16Wirst du mich verfluchen?
Wirst du schimpfen? -
16:16 - 16:18Wirst du mir böse sein?"
-
16:18 - 16:22Und sie sind vielleicht gegangen,
jedoch niemals fort. -
16:22 - 16:24Und dies sind oft die
Menschen, die dir sagen: -
16:24 - 16:26Am Anfang war es ganz heiß.
-
16:26 - 16:30Denn am Anfang war die
wachsende Intimität -
16:30 - 16:31noch nicht groß genug,
-
16:31 - 16:35um das Verlangen abzuschwächen.
-
16:35 - 16:38Je enger die Beziehung wurde,
je verantwortlicher ich mich fühlte, -
16:38 - 16:42umso weniger konnte ich
in deiner Nähe loslassen. -
16:42 - 16:44Das dritte Kind kommt
eigentlich gar nicht zurück. -
16:44 - 16:48Wenn man also Verlangen erhalten will,
-
16:48 - 16:50ist da ein echter Widerspruch.
-
16:50 - 16:54Auf der einen Seite will man
Sicherheit, damit man gehen kann. -
16:54 - 16:57Auf der anderen Seite kann man kein
Vergnügen finden, wenn man bleiben muss. -
16:57 - 17:00Dann kommt man nicht zum
Höhepunkt, hat keinen Orgasmus, -
17:00 - 17:03wird nicht erregt, weil man die Zeit
-
17:03 - 17:06im Körper und im Kopf des anderen verbringt
und nicht in seinem eigenen. -
17:06 - 17:10In diesem Dilemma der Aussöhnung
-
17:10 - 17:12dieser zwei grundlegenden Bedürfnisse
-
17:12 - 17:17habe ich ein paar Sachen begriffen,
die erotische Paare machen. -
17:17 - 17:20Erstens haben sie viel
sexuelle Privatsphäre. -
17:20 - 17:22Sie wissen, dass es einen
erotischen Raum gibt, -
17:22 - 17:24der jedem alleine gehört.
-
17:24 - 17:27Sie wissen ebenfalls,
dass man das Vorspiel -
17:27 - 17:29nicht 5 Minuten vor dem Akt macht.
-
17:29 - 17:33Das Vorspiel beginnt vielmehr direkt
nach dem vorangegangenen Orgasmus. -
17:33 - 17:36Sie wissen auch, dass der erotische Raum
-
17:36 - 17:38nicht bedeutet, den anderen zu streicheln.
-
17:38 - 17:42Es geht darum, einen Ort zu schaffen,
wo man die Firma hinter sich lässt, -
17:42 - 17:44vielleicht auch sein Fitnessprogramm vergisst.
-
17:44 - 17:46(Lachen)
-
17:46 - 17:49Dann betritt man wirklich den Raum,
-
17:49 - 17:51wo man damit aufhört,
ein braver Bürger zu sein, -
17:51 - 17:54der sich um andere kümmert
und verantwortungsbewusst ist. -
17:54 - 17:57Verantwortungsbewusstsein und
Verlangen mögen sich nicht. -
17:57 - 18:00Sie können nicht gut miteinander.
-
18:00 - 18:04Erotische Liebespaare wissen, dass
Leidenschaft kommt und geht. -
18:04 - 18:08Wie der Mond mit gelegentlichen Finsternissen.
-
18:08 - 18:10Aber sie wissen auch, wie sie
sie wiederbeleben können. -
18:10 - 18:12Sie können sie sich zurückholen.
-
18:12 - 18:13Und sie können das,
-
18:13 - 18:16weil sie einen großen Mythos
demystifiziert haben, -
18:16 - 18:19nämlich den Mythos der Spontaneität,
-
18:19 - 18:22dass das Verlangen schon vom Himmel fallen wird,
während man die Wäsche zusammenlegt, -
18:22 - 18:25wie ein Deus ex machina.
Sie haben verstanden, dass -
18:25 - 18:28alles, was in einer langen
Beziehung passieren wird, -
18:28 - 18:31schon passiert ist.
-
18:31 - 18:34Verbindlicher Sex ist geplant,
-
18:34 - 18:36beabsichtigt, gewollt.
-
18:36 - 18:39Es geht um Fokus und Präsenz.
-
18:39 - 18:41Frohen Valentinstag.
-
18:41 - 18:49(Applaus)
- Title:
- Esther Perel: Das Geheimnis des Begehrens in festen Beziehungen
- Speaker:
- Esther Perel
- Description:
-
In festen Beziehungen erwarten wir oft vom geliebten Menschen, sowohl bester Freund als auch erotischer Partner zu sein. Aber Esther Perel sagt, dass sich guter und verbindlicher Sex aus zwei widersprüchlichen Bedürfnissen nährt: unserem Bedürfnis nach Sicherheit und unserem Bedürfnis nach Überraschung. Wie kann man also Begehren aufrechterhalten? Mit Witz und Eloquenz weiht uns Perel in das Geheimnis der "erotischen Intelligenz" ein.
- Video Language:
- English
- Team:
- closed TED
- Project:
- TEDTalks
- Duration:
- 19:10
Judith Matz edited German subtitles for The secret to desire in a long-term relationship | ||
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Judith Matz approved German subtitles for The secret to desire in a long-term relationship | ||
Judith Matz commented on German subtitles for The secret to desire in a long-term relationship | ||
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Judith Matz edited German subtitles for The secret to desire in a long-term relationship | ||
Clemens Löbner commented on German subtitles for The secret to desire in a long-term relationship | ||
Retired user accepted German subtitles for The secret to desire in a long-term relationship |