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rc3 Vorspannmusik
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Herald: Als nächstes kommt ein Talk auf
den ich mich schon den ganzen Tag freue.
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Und zwar "Digitalisierung. In eriner
Pandemie. Im Gesundheitsamt!". Deutsche
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Behörden und Digitalisierung ist ja eher
ein Oxymoron als schöne Wirklichkeit. Und
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was man dann erlebt, wenn Gesundheitsämter
in einer Pandemie auf einmal wirklich
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relevant werden, das wird uns jetzt Bianca
Kastl erzählen.
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Bianca: Guten Abend, mein Name ist Bianca
Kastl und das Thema für die nächsten 40
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Minuten bei diesem Talk ist
"Digitalisierung. In einer Pandemie. Im
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Gesundheitsamt!". Jo, wer bin ich? Mein
Name ist Bianca, ihr findet mich unter
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bkastl.de im Wold Wide Web, bei Twitter
unter @bkastl und bei Mastodon
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@bkastl@mastodon.social. Wenn Ihr zufällig
mein Büro finden solltet, dann steht davor
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das Thema "Digitalisierung". Das ist
nämlich mein Büroschild. Und das ist
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tatsächlich auch das, was ich beruflich
eigentlich aktuell gerade mache, denn ich
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bin, naja, hab so ein bisschen 'ne
Karriere hinter mir in dem Bereich. Ich
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bin eigentlich Software-Projektmanagerin,
bin Web-Entwicklerin, habe aber wärend der
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Pandemie die digitale
Kontaktnachverfolgung in verschiedenen
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Gesundheitsämtern betreut, arbeite aktuell
an einer Digitalisierung im Gesundheitsamt
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Frankfurt, wie erwähnt, das war dazu das
Schild, bin die Verfahrensverantwortliche
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für das Thema IRIS connect, das ist eine
Schnittstelle für Kontaktnachverfolgung in
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aktuell 5 Bundesländern, und ich habe auch
schonmal die Luca App gehackt, vielleicht
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kennen mit die einen oder anderen dazu.
Jo, dieser Talk ist eigentlich ein Meta
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Talk. Das heißt, dieser Talk geht nicht
auf sehr viele fachliche Details in der
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Tiefe ein, geht aber auf sehr viele
verschiedene Bereiche, die alle irgendwas
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mit Digitalisierung, Problemen und
Erfahrungen in dem Bereich zu tun haben
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ein. Wenn ihr jetzt irgendwelche Luca-
Talks von mir suchen wollt, die gibt's im
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am Ende auch im Anhang. Aber das ist jetzt
ersmal so der Versuch, den ich gemacht
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habe: "10 Erkenntnisse aus dem Versuch,
die Pandemie mit digitalen Tools besser zu
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bewältigen" in relativ kurzer Form
überblicksweise zu vermitteln. Das hat
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erstmal keine Priorität, diese 10
Erkenntnisse, sondern das ist erstmal so
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eine historische, chronologisch gewachsene
Kenntnis, die man so vielleicht auch ein
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bisschen aus der Erfahrung der letzten
Zeit mitgeben kann. Falls ihr euch fragt,
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wie ich zu dem Thema digitale
Kontaktnachverfolgung, Gesundheitsämtern
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kam, das ist eigentlich eine sehr, sehr
spannende Geschichte, weil irgendwann im
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August 2020 wurde ich mal angerufen und es
kam an mich der Auftrag "Ja, Frau Kastl,
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Sie müssen uns dabei helfen, die
Zettelwirtschaft im Gesundheitsamt
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abzuschaffen.". Das war auch schonmal eine
sehr konkrete Ansage, was ich denn
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eigentlich zu tun hätte. Wie ich dann dazu
kam und was dann daraus passiert ist,
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werden wir nachher noch mitkriegen, aber
tatsächlich ist mein Einstieg in das Thema
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"Digitalisierung von Gesundheitsämtern"
ein sehr praktisches gewesen, nämlich
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tatsächlich in dieser Pandemie in dem
Bereich. Wir haben grad Pandemie, wir
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haben sehr viele Daten, müssen Kontakt
nachverfolgen, können uns dabei helfen.
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Dazu aber später noch ein bisschen mehr.
Erste These, erste Erfahrungen, die man
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bei digitaler Kontaktnachverfolgung ganz
besonders hat, aber auch bei anderen
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Themen, sei es beim Thema Impfen oder wie
auch immer. Das schlechte
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Benutzererfahrung nicht skaliert. Das ist
eigentlich offensichtlich, nur muss man es
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glaube ich im Thema der Digitalisierung
idie jetzt in Gesundheitsämtern passiert
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dann noch ein bisschen anders sehen. Wir
haben ja so Szenarien, die sich ganz gerne
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wiederholen von Benutzerflows. Dann haben
wir zum Beispiel diesen hier. Es kam
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neulich mal die Ansage Mitte des Jahres.
Sag mal, du Bianca, wir legen total viele
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Kontaktpersonen im gleichen Haushalt an.
Kann man das nicht irgendwie vereinfachen?
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Ähm, das ist eigentlich immer der gleiche
Vorgang. Man telefoniert mit einer
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positiven Person, die hat meistens dann
halt Corona und frägt die dann: Ja, Sie
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sind jetzt positiv. Jetzt haben sie
vielleicht irgendwelche Kontakte. Die
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müssten wir jetzt isolieren, damit wir die
Ansteckung eindämmen können. Wer ist denn
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da so noch Kontaktpersonen bei Ihnen? Man
wird dann feststellen. Ja, also natürlich,
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ich bin, wohne im Haushalt. Dann ist z.B.
meine Familie, die Kinder, ähm,
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Lebenspartner, -partnerinnen. Und, und von
denen muss man eigentlich irgendwie Daten
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erheben. Weil es geht darum, dass man
natürlich denen einerseits vielleicht
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Quarantäne-Bescheide erstellt. Es geht
aber auch um Abrechnungen von, z.B.
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Ausfall von Arbeitsleistung. Das ist
eigentlich ein Datenerfassungsvorgang. Das
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passiert sehr häufig über Telefon. Das es
sehr wenig digitalisiert. Ich habe
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tatsächlich... Mein Einstieg in das Thema
war, diesen Prozess zu digitalisieren.
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Aber das ist tatsächlich telefonieren.
Leute fragen, wen sie getroffen haben in
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dem relevanten Zeitraum und davon dann die
Daten aufnehmen. Dieser Prozess passiert
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bei jedem, bei jedem Fall eigentlich.
Zumindest, als es noch anständige
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Kontaktnachverfolgungen in
Anführungszeichen gab. Immer wieder von
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vorne. Das heißt, wir haben zum Beispiel
100 Fälle pro Tag. Haben dann die
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Erfassung von Kontaktpersonen. Das sind so
4, 5 in der Zeit 2020. Das ist natürlich
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in der Zeit, in der wir jetzt leben, mit
vielen Kontakten oder wo wir viele
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Kontakte hatten, sind es natürlich sehr
viel mehr. Also heißt das, man macht den
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gleichen Benutzerflow, den man auch immer
händisch am Telefon quasi durch
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telefoniert und abtippt immer wieder. Der
heißt Ich möchte zu einem Fall eine
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Kontaktperson anlegen. Die möchte ich dann
auch noch sagen, ist im gleichen Haushalt.
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Die hat dann wahrscheinlich die gleiche
Adresse, wie die Index Person. Also der
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positive Corona-Fall. Hat dann vielleicht
auch die gleiche Telefonnummer und sehr
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viele Daten werden sich gleichen. Aber
irgendwie fehlt dazu wahrscheinlich so ein
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Nutzerflow. Das ist eigentlich in der
Benutzererfahrung relativ einfach zu
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lösen, indem man einfach einen Button
schafft, der sagt: Naja, neue
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Kontaktperson im Haushalt anlegen. Nun
muss man dazu natürlich diesen Prozess
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auch wirklich tatsächlich mal begleiten.
Man muss Leuten zuhören und sie fragen:
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Ja, was behindert euch denn bei der
Benutzung von unserer Software denn am
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ehesten? Wo könnte man am ehesten
optimieren? Wo können wir denn
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kontinuierlich optimieren? Und erst dann
kommen auch so Einsparungen, die sich
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tatsächlich aus der Benutzung ergeben, wie
dieses beim Telefonieren die ganze Familie
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erfassen. Da würde ein Button helfen, dass
man so eine Software tatsächlich auch
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besser macht. Denn Software, damit sie
sinnvoll genutzt werden kann. Und dass
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Software oder Dienstleistungen wirklich
sinnvoll genutzt werden können, braucht es
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nicht nur gute Konzeption zu Beginn,
sondern es braucht auch immer die Adaption
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an die Benutzung und es braucht konstante
Begleitung. Und ich kann euch sagen, dass
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als wir diese
Kontaktnachverfolgungssoftware entwickelt
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haben, in einem agilen Verfahren. Es war
kein SORMAS. Es tut mir leid. Haben wir da
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auch relativ gute Erfahrungen gemacht, zu
sagen: Ja gut, lass uns doch mal gucken,
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was haben wir denn für Benutzungsflows,
die wir ständig optimieren können, weil da
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wir auch tatsächlich Zeit sparen, weil
sich die wiederholen, da ist Potenzial
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drin. Und ja, die haben wir quasi dann
kontinuierlich eigentlich in so einem
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agilen Benutzungs-User-Story-Szenario
optimiert und das hatte tatsächlich auch
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nachher dann positive Auswirkungen. Wie
gesagt, in einem Gesundheitsamt, in der
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Pandemie. Das geht alles. Zweite These:
Softwareprozesse solltest du immer
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lauffähig halten. Ein Szenario, was wir im
Januar 2021 hatten, war der erste
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B.1.1.7-Fall. Das ist das, was man heute
unter Alpha kennt. Das ist eine
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Virusvariante. Die war damals halt quasi
die erste große Virus Variante, die
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bedeutend war. Früher gab es den Wildtyp.
Das war nur Corona und dann gab es die
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Virusvariante B.1.1.7 und das war damals
im Januar 2021, als es nach Deutschland
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kam etwas Besonderes. Weil es war
natürlich noch mal ansteckend, es war
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gefährlicher. Und ja, wie passiert sowas
dann? Wie kriegt man so so Mutanten in ein
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System rein? Ja gab irgendwann an nem
Donnerstag, gab es einen Anruf, der hieß
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dann: Ja, jetzt müssten wir mal schnell
mal das mit den Mutanten da rein kriegen.
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Das haben wir dann auch sehr, sehr schnell
aufgenommen, weil wir auch wussten, das
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ist natürlich relativ eilig. Das sollte
man auch sinnvoll erfassen, weil sich
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dadurch, durch Mutanten auch verschiedene
Containment Strategien daran anschließen.
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Weil Mutanten muss man unter Umständen
besser isolieren als normale Fälle. Weil
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die ist ja beide irgendwie... schon
schlimm sind, aber Mutanten waren damals
-
halt noch, nochmal um so schlimmer. Und
dann war die Ansage: Baut mal da dieses
-
Thema mit Virusvarianten in das System
ein. Und ja, haben wir gemacht, hat drei
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Stunden gedauert. Nach drei Stunden waren
wir fertig und haben es dann am Abend
-
deployed. Ähm. Das klingt jetzt irgendwie
nicht so beeindruckend. Man muss es aber
-
glaube ich auch so sehen, dass das
natürlich auch, äh, ein laufendes Produkt
-
war, was man einfach kontinuierlich
erweitern konnten. Und es stellte sich
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raus, als wir das am Donnerstag deployt
hatten... Wir dachten uns ja, das haben
-
jetzt mal sinnvoll erstellt, haben wir
schnell erledigt. War gut. Werden wir
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jetzt bald in zwei Wochen brauchen. Ne, es
hat sich rausgestellt: dieses Feature, was
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wir am Donnerstag fertiggestellt hatten,
wurde dann am Samstag schon benötigt, weil
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es am Samstag den ersten B.1.1.7 Fall gab
in dem Gesundheitsamt, was ich damals
-
betreut hatte. Und man kann durchaus
sagen, dass wir dann eigentlich so schnell
-
reagiert haben auf die Veränderungen, die
es eben gab, ähm, dass wir dann...
-
Eigentlich das Feature als wir das
deployed hatten, war der erste Fall, der
-
dafür relevant war, schon unterwegs. Das
heißt, das ist auch die Agilität und die
-
Flexibilität, mit der man auch in
Softwareprozesse rangehen muss. Das war so
-
ein bisschen wie ein... Ja, was jetzt
aktuell mit log4j so bisschen rumschwirrt.
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Da muss man auch schnell reagieren und das
war mit den Virusvarianten tatsächlich in
-
der Softwareentwicklung genauso. Das geht
aber nur, wenn du lauffähige Prozesse
-
hast. Das heißt, wenn du auch Deployment,
wenn du Entwicklung, wenn du alles das
-
aktiv hast und auch relativ schnell wieder
aktivieren kannst. Und es ist nie nur ein
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Projekt, wo du sagst, es ist
abgeschlossen, es wird nie wieder
-
weiterentwickelt, das wird nie wieder
angefasst, sondern es ist immer auch ein
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lebendes Produkt Software. Und Projekte
sind immer so abgeschlossene Dinge,
-
die man nie wieder anfasst. Das ist es
aber nie. Speziell auch nicht in einer
-
Pandemie. These Nummer drei: Agiles
Arbeiten kann auch in einer Verwaltung
-
funktionieren. Das klingt so ein bisschen
utopisch. Ähm, Verwaltungen, agil
-
arbeiten, das passt eigentlich gar nicht.
Ich kann aber bestätigen: es kann
-
funktionieren. Ähm. Eckdaten dazu: Wir
hatten sechs Monate lang ein agiles
-
Softwareprojekt. Das war eigentlich fully
remote. Also teilweise waren auch die
-
Leute in der Verwaltung, die diese
Software genutzt haben und mit uns
-
entwickelt haben, remote beteiligt an
diesem Projekt. Jetzt hab ich Projekt
-
gesagt. Naja, an dieser Software. Und wir
haben tatsächlich dann über
-
Videokonferenzen und voll remote dieses
Thema 6 Monate lang entwickelt. Wir haben
-
das in Scrum getan. Es gab 2-Wochen-
Sprints. Wir haben es auch mal mit
-
kürzeren Sprints versucht, weil das Thema
so dynamisch war. Es ging tatsächlich um
-
Kontaktnachverfolgung und was da eben so
sich auch dynamisch verändert. Und ein
-
sehr dynamisches Feld übrigens. Und ja,
wir haben dann versucht, mal kürzere
-
Sprints zu machen. Hat nicht so ganz
funktioniert. 2-Wochen-Sprints sind für ne
-
Verwaltung eigentlich ganz okay, weil da
ändert sich kontinuierlich was. Aber Leute
-
können dann Leute auch gegenseitig
schulen, dass sich was verändert. Das hat
-
ganz gut funktioniert. Und was tatsächlich
auch ganz gut funktioniert hat,
-
erstaunlicherweise, war softwarebezogene
Kommunikation über GitLab. Das heißt,
-
Leute in Issues und in Meilensteinen und
in projektbezogene Kommunikation
-
einzuführen und nicht irgendwelche E-Mails
wüst hin- und her zu schicken, hat
-
wunderbar funktioniert, wurde wunderbar
angenommen, war für alle Leute gut
-
einsehbar und war eigentlich ein voller
Erfolg. Ich weiß eigentlich nicht, warum
-
wir nicht mehr über so Strukturen wie z.
B. GitLab oder Issues, Meilensteine,
-
Projekt-Boards bei manchen Dingen
arbeiten, scheint in Verwaltungen einfach
-
noch so ein bisschen verschlafen worden zu
sein. Das Ergebnis dieses ganzen
-
Softwarevorgehens war, dass wir diese
Kontaktnachverfolgung von Fällen und
-
Kontaktpersonen messbar auch tatsächlich
zu 90% aller Fälle und Kontaktpersonen
-
tagaktuell erreicht haben. Das heißt, wir
haben 90% aller Fälle und Kontaktpersonen,
-
diese Person auch am gleichen Tag
erreicht. Das ist auch das, was du
-
ansetzen musst, um überhaupt irgendwie
eine Eindämmung in dieser Pandemie zu
-
erreichen. Da muss alles das, was du
verarbeitest, eigentlich tagaktuell sein.
-
Wir haben auch eine digitale Einbindung
aller Beteiligten an diesem ganzen Prozess
-
hinbekommen und zwar über eine Plattform.
Da war beteiligt u. A. das Gesundheitsamt
-
natürlich. Das Gesundheitsamt ist dafür
zuständig, diese Kontaktperson zu
-
erfassen, diese Fälle zu erfassen. Aber
das geht dann auch weiter an
-
Ordnungsämter, die sich dann kümmern um
Quarantänebescheide. Zumindest ist das so
-
in Baden-Württemberg. Und das geht dann
auch noch an Ortspolizeibehörden, die sich
-
dann um die Quarantäne-Überwachung
kümmern. Das heißt, wir haben auch noch 23
-
Gemeinden angebunden an ein System. Das
war durchaus spannend, auch als wir denen
-
dann erklärt hatten, dass sie jetzt Zwei-
Faktor- Authentifizierung nutzen müssen.
-
Hat auch funktioniert. Und ja, es war kein
SORMAS. Zu SORMAS aber später noch mehr
-
vielleicht. Aber wie ihr seht: Es kann
tatsächlich auch in einer Pandemie
-
funktionieren, digitale Software agil zu
entwickeln, auch in einer Verwaltung, weil
-
Leute auch gesehen haben: Okay, da sind
sehr viele Daten, da müssen wir unsere
-
Prozesse irgendwie optimieren und gucken,
dass wir das auch irgendwie besser
-
hinkriegen. Und wenn du mit vielen Daten
und Leuten und mit einem gewissen Druck,
-
die auch erkennen, dass sie ihre Prozesse
auch selbstständig beeinflussen können,
-
zum Besseren wandeln, dann haben die da
auch tatsächlich Lust drauf, das zu tun,
-
auch wenn sie in der Verwaltung sind. Das
ist die Erkenntnis, die ich jetzt da
-
mitgeben kann. Ich weiß nicht, ob es
außerhalb dieses Pandemiekontextes so gut
-
funktioniert hätte. Aber dadurch, dass da
kontinuierlich auch immer eine gewisse
-
Arbeitslast da war, hat es erstaunlich gut
funktioniert. Ja, gut funktioniert ist
-
auch so ein Thema. Was glaube ich auch
wichtig ist, wenn man irgendwelche
-
Learnings hat, wenn man irgendwas Gutes
tut, sollte man auch darüber schreiben.
-
Ich habe im März 2021 diesen wunderbaren
Artikel verfasst: "Die Corona
-
Schnittstellenlage und andere Probleme".
Das ist ein Artikel, der beschreibt
-
eigentlich so ein bisschen, wie die
Systematik mit SORMAS funktioniert, was
-
ist DEMIS, also DEMIS ist die
Schnittstelle für Labordaten. Dann gibt es
-
SORMAS zum Beispiel, dann gibt es SurvNet,
wo dann diese Fälle übermittelt werden in
-
Gesundheitsämtern. Das war eigentlich so
ein Grundlagenartikel. Den
-
Grundlagenartikel habe ich wie gesagt am
1. März veröffentlicht. Der lag dann so
-
ein bisschen rum und hatte irgendwie so
ein bisschen Wind aufgenommen. Und dann
-
kamen relativ spannende Reaktionen zurück.
Ich habe mal Fanpost bekommen von Smudo,
-
also dem Smudo, der dann nachher dann
versucht, die luca-App zu verkaufen. Der
-
schreibt jetzt, glaube ich, keine Fanpost
mehr, aber damals gab es Fanpost von ihm.
-
Es gab relativ viele Reaktionen von
Menschen, die da fachlich auch Ahnung von
-
hatten. Ich habe ja auch Anfragen von
Menschen bekommen, die einfach mal erkannt
-
haben: Guck mal, du hast ja von dem Thema
wirklich Ahnung, kannst du mal mir das und
-
das erklären? Eigentlich nur, weil ich
einen Artikel geschrieben habe. Also den
-
Artikel, war wohl nachweislich irgendwie
ganz okay. Aber wie ihr merkt, es ist
-
glaube ich immer sinnvoll, egal in welchen
fachlichen Kontexten ihr unterwegs seid,
-
da auch über eure Erlebnisse und euer
Wissen das auch zu teilen. Und ich weiß
-
nicht was passiert wäre, hätte ich diesen
Artikel nicht geschrieben. Ich würde
-
wahrscheinlich nicht hier sitzen und
diesen Vortrag halten. So kann man es
-
eigentlich auch sehen. Und ja, also wie
gesagt, wenn ihr gute Sachen tut, schreibt
-
darüber. So, kommen wir zu dem Thema
Digitalisierung. Mein aktuelles
-
Lieblingsthema. Und dazu die folgende
These: Sinnvolle Digitalisierung
-
elektrifiziert nicht einfach nur analoge
Abläufe. Das gab es früher mal unter der
-
platten Formulierung "Wenn du einen
Scheißprozess digitalisierst, hast du
-
einen scheiß digitalen Prozess." Ich würde
das jetzt erstmal so formulieren, dass die
-
Digitalisierung halt mehr ist als das, was
man analog hat irgendwie mit
-
elektronischen Kommunikationsmitteln
aufzubohren. Man sollte sich bei so
-
Digitalisierungsthemen auch immer die
Frage stellen: Welches Problem wollen wir
-
denn eigentlich wirklich lösen? Und dazu
gibt es zwei Beispiele. Das ist die
-
wunderbare Meldekette. Die nennt sich das
German computerized reporting system. Das
-
ist eigentlich das, wie die Meldekette von
Corona-Fällen immer noch größtenteils
-
funktioniert. Das ist entnommen aus einer
Beschreibung von SurvNet aus dem Jahre
-
2006, eigentlich 15 Jahre alt, aber wir
sehen das zum Beispiel, wenn ein Patient
-
von einem Labor einen Erregernachweis
bekommt, geht dieser Erregernachweis -
-
damals ging es noch über Fax, inzwischen
geht er digital - über DEMIS, also eine
-
digitale Schnittstelle, die auch in dieser
Pandemie geschaffen wurde, an das local
-
health department, also das
Gesundheitsamt. Das Gesundheitsamt hat
-
dazu auch noch personenbezogene Daten von
dieser Person, um mit dieser Person in
-
Kontakt zu treten. Das Gesundheitsamt
schickt dann diese Daten via SurvNet über
-
eine Art E-Mail, also das ist eine E-Mail
mit Transportdaten, an das state health
-
department, also meistens das
Landesgesundheitsamt. Und das wiederum
-
fasst diese Dinge zusammen und schickt
diese Dinge dann, auch wiederum via
-
SurvNet, ans Robert-Koch-Institut. Am Ende
kommen dann beim RKI immer so diese
-
Tageszahlen von Coronafällen oder anderen
Infektionskrankheiten,
-
aber aktuell ist
Corona das, was Leute interessiert. Und
-
wir sehen dann hier so Themen wie: Da
hatte man mal vom Labor zum Gesundheitsamt
-
24 Stunden Delay. Das kommt immer noch
ganz gut hin. Der Delay zwischen dem
-
Gesundheitsamt und dem
Landesgesundheitsamt ist ein bisschen
-
kürzer geworden, zumindest nicht mehr Tage
und ist auch nicht mehr eine Woche, wo das
-
Landesgesundheitsamt braucht, um's an's
Robert-Koch-Institut zu schicken. Das
-
macht es eigentlich inzwischen täglich,
aber der Prozess ist als solcher schon
-
noch im Wesentlichen der gleiche. Es wird
immer noch über mehrere Ecken dieses Thema
-
durch die Gegend geschickt und deswegen,
weil es über so viele Ecken durch die
-
Gegend geschickt wird unabhängig davon,
ob's jetzt SORMAS ist oder nicht, wird es
-
jetzt auch nicht unbedingt vom Prozess her
schneller und effizienter, sondern es ist
-
halt immer noch ein Prozess mit sehr, sehr
vielen Fallstricken. Auch wenn du
-
irgendwann mal SORMAS einsetzen würdest
und sagst "Das finden wir total toll" hast
-
du immer noch vorne irgendwas, wo du
Falldaten übermitteln musst, hast auch
-
nachher noch eine Anbindung an SurvNet,
hast manchmal auch eine Anbindung an die
-
Landesgesundheitsämter. Also wie gesagt,
SORMAS ist einfach nur eine moderne Hülle
-
für den aktuell eh nicht so wirklich
gelungenen Prozess. Denn die Frage ist
-
eigentlich: Geht es uns um einen
schnellen, möglichst aktuellen Überblick?
-
Oder geht es darum, dass wir die
Verwaltungsstrukturen, die wir eigentlich
-
haben, digital abbilden wollen? Diese
Struktur, die ich euch gerade eben gezeigt
-
habe mit dieser Meldekette von, ja, geht
erst mal ans Gesundheitsamt, dann geht's
-
einmal von dem Gesundheitsamt ins
Landesgesundheitsamt und dann jetzt geht's
-
noch ans RKI, ist einfach eine normale
Verwaltungsstruktur, weil halt so die
-
Zuständigkeiten in diesem Bereich sind.
Und das hat man digital abgebildet. Dass
-
das natürlich jetzt nicht wirklich gut
skaliert, dass Meldeketten in Deutschland
-
so ein bisschen ineffizient sind und so
weiter, liegt aber auch daran, dass
-
natürlich die technische Reife der Lösung
dazwischen nicht wirklich gut ist, das
-
nicht wirklich skaliert. Man hat
einfach gesagt: Okay, man nimmt das, was
-
man als Verwaltungszuständigkeit hat, und
baut so eine Meldekette und macht das dann
-
digital. Das ginge auch wesentlich
effizienter, schneller. Es ist zum
-
Beispiel auch sehr spannend, dass diese
Meldeketten von Gesundheitsämtern auch
-
immer nur einmal am Tag ausgeführt werden.
Das weiß auch kein Mensch, warum, aber das
-
ist halt so dieser digital nachgebaute
Aktenlauf. Menschen in Gesundheitsämtern
-
fragen mich, warum sie denn das immer noch
manuell übermitteln müssen, wenn sie den
-
Fall schon abgeschlossen haben. Ja, man
hat einfach so ein bisschen dieses
-
Verwaltungsdenken - mit Akten und man
packt die Akten dann auf ein Wägelchen und
-
schiebt die dann weiter zur nächsten
Stelle - digital abgebildet. Und ja, man
-
könnte dieses Prinzip auch einfacher
machen. Man könnte da natürlich ein paar
-
Teile der Kette raus nehmen, effizienter
machen, aber es ist auch irgendwie, nach
-
außen wirkt es so, als wäre es digital. Es
ist aber eigentlich nur ein
-
elektrifizierter Aktengang von einer zur
nächsten Behörde und dementsprechend auch
-
nicht wirklich schnell und auch nicht
wirklich immer sehr resilient. Der nächste
-
Kandidat für das Thema Elektrifizieren von
Prozessen, den ich habe, ist das
-
wunderbare Thema Luca. Das ist so eine
Chronologie von dem, wie bei Luca dann
-
Daten abgefragt werden: Man nimmt die
Meldung vom Gesundheitsamt, dann wird die
-
Person kontaktiert. Die gibt dann Dinge
frei, die merkt dann: Okay, man muss bei
-
einer Location dann Dinge anfragen und
dann werden diese Dinge dann freigegeben
-
und dann kann man von den Check-Ins
gucken, wer dann Kontakt hatte. Man
-
versucht dann, diese Leute irgendwie zu
kontaktieren, sei es jetzt per Telefon
-
oder inzwischen seit neuestem wohl auch
per Chat oder per Warnung oder wie auch
-
immer. Aber es ist ein manuell ausgelöster
Prozess. Dieser Prozess hat natürlich von
-
dem hier funktioniert, auch mal die große
Frage: Was sollen wir jetzt hier
-
eigentlich damit tun? Will ich möglichst
schnell Leute bei Risikokontakten warnen?
-
Das würde einfach implizieren, naja,
positive Personen waren Kontakte,
-
vielleicht in digital, so wie es zum
Beispiel die Corona-Warn-App tut? Oder
-
möchte ich diesen Datenerhebungsvorgang,
der quasi bei Luca immer stattfindet? Also
-
ich habe mich wo eingecheckt, habe mich
registriert und habe dann quasi meine
-
Daten digital angegeben, schicke die dann
quasi an einen Server, wo die Sachen vom
-
Gesundheitsamt abgefragt werden und
abgearbeitet werden. Möchte ich den
-
nachbauen? Wie gesagt, wieder ein
elektrifizierter Prozess nicht wirklich
-
komplett digital gedacht, sondern einfach
nur ah ja, das was in der Corona-
-
Verordnung drin stand, bestmöglich
versucht zu digitalisieren. Man hat auch
-
ein paar Kollateralschäden im Bereich der
IT-Security erzeugt. Super. Aber ja, das
-
ist nicht wirklich die, die Evolution im
Sinne eines gelungenen digitalen
-
Prozesses. Wir erkennen: konsequente
Digitalisierung verändert die
-
Zuständigkeiten teils völlig. Sie gibt
etablierten Strukturen vielleicht sogar
-
das Gefühl, keine Kontrolle mehr über den
Prozess zu haben. Was meine ich damit?
-
Dieser eigentlich gelungene dgitale Warn-
Prozess, den wir jetzt zum Beispiel bei
-
der Corona-Warn App-haben. Ist halt
tatsächlich einer, der hat gar keine
-
Zwischenhändler von Daten mehr, sondern es
ist quasi immer direkt die
-
entsprechende Person gibt ihr Testergebnis
frei und warnt damit Andere. Das ist der
-
direktmöglichste Weg. Das ist aber auch
der, der am schnellsten funktioniert. Und
-
das ist auch der, der am resilientesten
funktioniert. Weil wenn ein Teil der Kette
-
rausfällt, dann haben wir jetzt mal nen
Test weniger. Aber die generelle Kette
-
hängt nicht irgendwie an einzelnen Single
Points of Failure. Ja, aber natürlich: es
-
sind Gesundheitsämter nicht wirklich davon
begeistert, weil sie über diesen Prozess,
-
der CWA nicht wirklich mehr Kontrolle
haben, weil sie haben ja nichts mehr
-
davon. Also die einzigen, die Kundschaft,
die von der CWA kommt, ist dann höchstens
-
die, die dann positiv testet. Aber bei den
restlichen Personen hat sie ja quasi
-
keinen Einfluss mehr, weil es sind ja
anonyme Personen. Von daher klärt sich
-
auch ein bisschen, warum Luca damals bei
den Gesundheitsämtern so ein bisschen gut
-
ankam; teilweise, nicht bei allen. Weil
sie das Gefühl hatten, die Illusion von
-
Kontrolle zu haben, weil es kamen dann
plötzlich wieder Daten raus, mit denen
-
hätte man irgendwas machen können, hätte
man die denn die Zeit gehabt. Aber
-
gelungener, effizienter digitaler Prozess
ist das natürlich nicht. Auch nicht so
-
gelungen ist bei dem Thema Luca, das Thema
mit der Sicherheit. Wir haben jetzt... bei
-
Luca wurde viel geworben mit: Wir haben ja
so alles verschlüsselt, und auch doppelt
-
verschlüsselt und das ist total sicher.
Aber wir haben gelernt, dass Kryptographie
-
allein keine Sicherheitsprobleme löst.
Dazu gibt es zwei Sicherheitslücken, die
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ich jetzt auch offiziell bestätigt vom
Ministerium für Soziales, Gesundheit und
-
Integration des Landes Baden-Württemberg,
hier als offiziell bestätigte
-
Sicherheitslücke zitieren kann. Äh, blos,
falls wieder irgendjemand das abstreiten
-
sollte. Das Ausspähen von QR-Codes, QR-
Code-Schlüsselanhängern, die Möglichkeit
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des Kopieren des Codes auf die Contact
Historie des hinterlegten Codes
-
zurückzugreifen. Und wir haben noch das
Thema der Code Injection beim Download von
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CSV-Dateien durch die Gesundheitsämter.
Das sind zwei Dinge, die gingen eigentlich
-
komplett an dieser ganzen Verschlüsselung
vorbei. Was ist passiert? Wir haben das
-
Thema LucaTrack, da war ich mit beteiligt
zusammen mit Tobias Rabenstein. Und was
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haben wir da gefunden? Bei Luca gabs so
Schlüsselanhänger, das waren so QR-Codes
-
wo du dich am Luca-System einchecken
lassen hast können. War zu diesem QR-Codes
-
allerdings noch einen Endpunkt angelegt,
aus dem man dann auch noch sinnloserweise
-
von diesen QR-Codes dann beliebig die
Bewegungshistorie dieses QR-Codes auslesen
-
konnte. Heißt: hatte man den QR-Code,
hatte man auch die gesamte
-
Bewegungshistorie bei allen mehreren
1000 Schlüsselanhängern. Da bringt dir
-
auch nichts mehr mit Verschlüsselung. Weil
wenn du den Schlüssel dazu auch noch mit
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dazu ablegst, ja dann kannst du dein
Krypto-Konzept auch knicken. Ebenso
-
knicken kannst du dein Krypto-Konzept wenn
du auf die Idee kommst. Hmm, also
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angenommen ich schiebe jetzt in dieses
Luca so Code rein, der vielleicht mit CSV
-
versucht, Dinge zu erzeugen, also zum
Beispiel in Excel eine Formel aufzulösen.
-
Krieg ich das dann eigentlich durch? Ja,
das ist damals passiert, als Markus Mengs
-
dieses Thema mit der CSV-Injection bei
Luca vorgeführt hat. Wir haben Schadcode
-
in Excel, schreiben ihn in Luca in z.B.
ein Kontaktdatenfeld. Wir nehmen mal die
-
Postleitzahl weil es besonders absurd ist
und tragen dann noch ein... Wir haben
-
jetzt natürlich nicht direkt die Formel
eingetragen. Sondern wir tragen da so ein
-
Komma ein und machen dann noch ne Formel
danach. Das war auch der ganze Witz bei
-
der Nummer. Und dann kriegen wir das
Gesundheitsamt dazu, dass sie diese Daten
-
öffnen. Ja, sie müssen die wahrscheinlich
auch öffnen, weil sie wollen ne
-
Kontaktnachverfolgung machen. Also müssen
Sie mit diesen Daten arbeiten. Machen
-
diese Daten in Excel auf und tada!
Theoretisch könnte man eine Ransomware auf
-
ein Gesundheitsamt fahren. Das ist vom BSI
auch als plausibel bezeichnet worden. Man
-
muss es schon weit treiben, aber es ist
durchaus plausibel. Und da bringt
-
natürlich auch nichts, wenn du ein Krypto-
Konzept hast. Wenn du als Krypto ein
-
Konzept, wenn dem Krypto-Konzept
vollkommen egal ist, was denn da
-
eigentlich an Daten durch die Gegend
geschoben wird. Wir lernen: Kryptographie
-
ist toll, aber es ersetzt natürlich keine
anderen Sicherheitskonzepte und sonstigen
-
Sicherheitsmaßnahmen, die man eigentlich
sinnvollerweise tun sollte, bevor man
-
möglicherweise irgendein Krypto-Konzept
über irgendwas drüber packt und sich sagt:
-
Ja, toll, ist jetzt sicher wegen Krypto.
Das ist das nämlich seltenst, sondern eher
-
so ein Add-On. So. Was ich bei Luca auch
so ein bisschen durchgezogen hat durch das
-
Szenario ist so ein Phänomen, was ich mir
als Digital-Savior-Phänom bezeichnen
-
würde. Es gibt Menschen, die sagen ich
kann doch hier Digitaltechnik. Ich kann
-
Software. Damit kann ich jetzt alle
Probleme der Welt lösen. Das ist meistens
-
Unsinn. Denn Digital Saviors können allein
keine Probleme lösen. Dazu folgendes,
-
folgende Episode aus meinem Alltag. Ich
hatte im März 2021 die Gelegenheit,
-
zusammen mit dem Gesundheitsamt am
Bodenseekreis die Luca-App zu pilotieren.
-
Und wird durften die dann ein bisschen
früher ausprobieren und sollten uns dazu
-
eine Meinung bilden. Und wir stellten dann
schon relativ früh fest, dass dieses Thema
-
für Kontaktnachverfolgung, Masse und
Effizienz und was auch immer fachlich
-
extremst ungeeignet ist. Wir haben noch
ein paar Bugs, ein paar Features, Feature-
-
Requests, ein sonstige Dinge dem guten
Hersteller auch mitgeteilt. Die meisten
-
Dinge davon hat er inzwischen davon auch
mal erledigt. Aber er hat durchaus relativ
-
viel Produktentwicklung Know-How
auch aus Gesundheitsämtern bekommen. Ja,
-
aber dieses Luca war halt nicht so
wirklich der Weisheit letzter Schluss und
-
auch nicht so wirklich der große Bringer.
Das war wie gesagt im März 2021 schon,
-
wurde schon fachlich festgestellt, unter
Mithilfe meiner Person. Das ist auch
-
zitiert in der ZEIT in diesem wunderbaren
Artikel von Eva Wolfangel. Und was in
-
diesem Artikel auch aufkam neben diesem
Problem, dass es fachlich einfach Luca das
-
Produkt relativ ja an der Realität vorbei
entwickelt wurde und es natürlich auch
-
nicht die Rolle des Gesundheitsamtes ist,
Entwicklungshilfe für private Betreiber zu
-
leisten, kam natürlich auch noch auf,
dass Gesundheitsämter natürlich diese
-
Software auch nicht auditieren können.
Weil ein Gesundheitsamt ist eigentlich
-
nicht in der Lage so ein Audit bei
einzelnen Anbietern zu machen. Dass ich
-
das dann noch in meiner Freizeit gemacht
habe, ist eine relativ lustige Episode,
-
weil ich ja einerseits das Thema Luca
fachlich schon mal mit betreut hatte und
-
dann halt noch... Ja, man möchte natürlich
auch wissen, wie so was technisch
-
funktioniert als, als gute Nerdin.
Deswegen, habe ich das noch ein bisschen
-
nebenher angeguckt, wie jetzt, was so die
Technik dahinter ist. Nachdem wir ja
-
festgestellt haben, dass die fachliche
Thematik ja nicht so wirklich gut
-
abgedeckt wurde. Und ja, wir merken bei
diesem Thema Luca auch immer wieder, dass
-
es ... Es gibt so Menschen, die sagen: Ich
löse mit digitalen Tools Probleme. Die
-
sind aber meistens fachlich sehr ignorant.
Weil sie haben ja ... verstehen ja das
-
Digitale und dadurch verstehen sie auch
irgendwie die Welt. Aber sie verstehen
-
meistens die fachliche Dimension nicht.
Auf der anderen Seite gibt es wiederum
-
fachliche Expert.innen, die oft digital
ignorant sind. Ich kenne durchaus viele
-
Fachverfahrenshersteller, die sagen: Hier
das ist ein super Fachverfahren. Auch in
-
Gesundheitsämtern, auch im
Kontaktnachverfolgungskontext, auch in
-
Fachverfahren für Infektionsoftware,
SORMAS. Die sind fachlich gut, aber
-
meistens digital nicht so ganz ausgereift.
Wir erkennen aber, dass eigentlich
-
entstehen erfolgreiche digitale
Anwendungen nur durch fachliche und
-
digitale Expertise. Und, auch immer ganz
wichtig, natürlich kann man das, kann man
-
so nen Experten-System bauen. Aber das
alles wird nur dann funktionieren, wenn du
-
das wirklich auch nutzerzentriert baust.
Sei es für Bürger.innen oder zum Beispiel
-
auch so eine B2B-Anwendung für deine, ja,
die Anwender.innen in deinen Ämtern,
-
Verwaltungen oder sonstigen
Expertensystemen. So, wenn man dann jetzt
-
so zu Anwendungen baut, sollte man
eigentlich erst mal anders denken. Man
-
sollte nämlich zuerst in Infrastruktur
denken, in APIs, und dann in Anwendungen.
-
Das ist aber so ein bisschen schwierig,
denn eigentlich wollen ja Leute Apps. Apps
-
wiederum schießen aber keine
Digitalisierungslücken. Wir haben es bei
-
Luca irgendwie erwähnt ja, es gibt hier
irgendwie so eine Checkin-App, die
-
macht dann Check-Ins aber die löst zum
Beispiel bestimmte Probleme ja nicht,
-
die sich auch vielleicht wiederholen
könnten. Also zum Beispiel das Thema "Wie
-
kann ich Ende-zu-Ende-verschlüsselt Daten
an ein Amt übermitteln, wenn ich als
-
Bürger.in Informationen austauschen
möchte, und zwar auf einer abstrakten
-
Basis?" Ich kann natürlich jetzt sagen,
Luca kann ja jetzt Daten hin-und-
-
herschieben, aber das ist ja kein offener
Standard, sondern es ist irgendwie so ein
-
sehr spezielles System, das mit doppelter
Verschlüsselung arbeitet, die auch sehr
-
speziell ist auf den Anwendungsfall der
Kontaktnachverfolgung. Weil es kommt
-
tatsächlich echt selten vor, dass du Daten
bei einem Anbieter zwischenparkst um sie
-
dann an ein Amt zu schicken. Meistens gibt
es einen direkten Austausch. Jetzt ist es
-
aber so wenn man so eine
Basisinfrastruktur baut und wenn man die
-
jetzt in einer Pandemie baut, dann wird
die jetzt nicht als besonders innovativ
-
wahrgenommen. Aber es ist natürlich ein
Problem, wenn sie nicht vorhanden ist,
-
weil sie dann durch ihr Fehlen die
digitale Innovation verhindert. So,
-
idealerweise solltest du aber nicht nur
Apps erzeugen, sondern eigentlich solltest
-
du für digitale Infrastruktur sorgen. Wir
haben das mal mit dem Thema IRIS versucht,
-
also als Gegenentwurf zu skizzieren. Das
ist die Architektur von IRIS Connect, das
-
ist ein ähnliches System wie Luca: Das
versucht auch, Gästelisten-Apps an
-
Gesundheitsämter anzubinden und wir sehen
hier so ein paar Sachen. Wir haben zum
-
Beispiel einen IRIS Client im
Gesundheitsamt, das ist dieses hier. Und
-
dann haben wir zum Beispiel einen
zentralen Teil im System, das sind aber im
-
Prinzip nur Dinge, die notwendig sind, um
Verbindungen herzustellen. Aber eigentlich
-
haben wir verschiedene Clients in
jeweiligen Gesundheitsämtern. Wir haben
-
eine Anbindung an entsprechende Apps, wir
haben Zertifikate, wir haben so
-
Endpunktsysteme. Wir haben die
Möglichkeit, das mit und Public und
-
Private Proxies an Ämter Daten übermitteln
können, sofern diese sie anfragen und wir
-
haben eigentlich auf abstrakter Ebene ein
System, was einfach ein digitales
-
Basisinfrastrukturproblem löst und was
dann halt noch als Nebeneffekt
-
Gästelisten-Apps anbindet, was aber
eigentlich sehr viel mehr tut, weil es
-
einfach eine Basisinfrastruktur darstellt.
Das kannst du nachher auch nutzen für
-
andere Themen. Es müssen keine
Gästelisten-Apps sein, es können
-
Trinkwasserkontrollen sein, es können was-
auch-immer sein, weil die Infrastruktur
-
hast du ja. Du hast keine App gebaut,
sondern du hast eine Infrastruktur in Code
-
gegossen. Und das ist wie gesagt, wir
verstehen IRIS Connect als Anbindung von
-
Apps, aber auch als Basis öffentlicher
digitaler Infrastruktur. Kommen wir fast
-
zum Ende zum Thema mit guten Intentionen.
Die schützen nicht vor Problemen. Wir
-
hatten da im Juni diesen Jahres oder Mai
diesen Jahres eine Anfrage, die hieß:
-
"Könnt ihr da mal ein Security-Audit
machen?" Es ging um ein Impfportal. Also
-
"worum geht es denn?" "Ja, wir haben da so
ein paar Tausend Emails von Menschen, die
-
wollen sich impfen lassen". In diesem
Moment war dann war dann eigentlich auch
-
schon wieder, schlugen wir die Hände über
dem Kopf zusammen und dachten uns "Ja,
-
wie, ihr sammelt hier Emails, macht
eigentlich auch noch so eine Art
-
Impfregister. Habt ihr eigentlich schon
verstanden, was ihr da gerade tut? Also
-
Ihr sammelt Emails, schickt denen
vielleicht noch irgendwelche Impftermine
-
bei irgendwelchen Ärzten, Ärztinnen und
loggt auch noch Daten davon mit? Es ist
-
schon ein Problem, was ihr da gerade
erzeugt." Das Problembewusstsein war nur
-
bedingt ausgeprägt. Das Bewusstsein für
für die sonstigen Probleme bei solchen
-
Architekturen war auch nur bedingt
ausgeprägt. Aber mit etwas Beratung und
-
Support beim Thema Architektur und
sonstigen Dingen konnten wir dann
-
tatsächlich auch dieses Rescue Project
auch noch so unterstützen, dass es auch
-
noch gewisserweise retten konnten. Falls
ihr euch fragt, was das für ein Portal
-
war: Das Portal nannte sich "sofort-
impfen.de". Die haben durchaus auch sehr,
-
sehr viele Daten eingesammelt, haben sehr,
sehr viele Ärzte ongeboarded, haben auch
-
versucht, sehr sehr viele Impfungen zu
vermitteln. Aber tatsächlich ist es auch
-
so: selbst wenn du ein ein Rescue Projekt
hast und du versuchst mit irgendwie mit
-
digitalen Kenntnissen Probleme in der Welt
zu verbessern, musst du dir auch gewahr
-
sein, dass du deine guten Intentionen auch
auch Nebenwirkungen haben können. Im
-
Bereich Datenschutz, im Bereich IT-
Sicherheit, im Bereich Liability, im
-
Bereich sonst irgendwie. Es ist nicht
immer nur an Rescue Project, sondern es
-
ist auch immer Verantwortung, die du
übernimmst; dem solltest du dir immer
-
gewahr sein. So als Erkenntnis von sofort-
impfen.de. Was mich zu der letzten Folie
-
führt, zur letzten These: Es gibt immer so
ein bisschen Frust über den kaputten Stand
-
der Digitalisierung. Es ist vollkommen
fein, diesen Frust zu nehmen und zu sagen
-
"Lass es uns besser machen". Nimm deinen
Frust, mach's besser, und das ist jetzt
-
auch das Ende meines Vortrags und ich
würde mich dann Fragen stellen.
-
Herald: Ja, danke Bianca für diesen
aufschlussreichen Vortrag. Falls ihr jetzt
-
noch Fragen habt, könnt ihr die gerne auf
Twitter oder Mastodon unter dem Hashtag
-
#rc3cwtv, also chaos west stage TV,
stellen und dann können mir Sie auch jetzt
-
gleich im Anschluss beantworten. Die erste
Frage wäre: Wie stehen die Chancen, dass
-
andere Verwaltungen, Organisationen,
Bürgeramt, diesem Beispiel folgen in der
-
Digitalisierung? Insbesondere: Gibt es
Kontakte zu ITDZ, also in Berlin, oder
-
wollen die alles alleine machen?
Bianca Kastl: Grundsätzlich sind die
-
Chancen, dass Best Practices abgeguckt
werden, eigentlich grundsätzlich gut. Aber
-
man muss vielleicht auch ein bisschen
gucken, was war davon jetzt besonders
-
pandemiegetrieben und was war ein bisschen
improvisiert? Was hätte man vielleicht
-
unter anderen Voraussetzungen ein bisschen
anders gemacht? Aber ich denke, man hat
-
zumindest mal verstanden, dass man sowas
tatsächlich auch agil machen kann. Es
-
kommt aber, glaube ich, immer so ein
bisschen auf die jeweilige Kommune an, das
-
jeweilige Ministerium, ob geht es
tatsächlich auch wirklich alle wollen. Und
-
in der Pandemie wollten es alle, deswegen
hat es ganz gut funktioniert.
-
H: Wie ist es mit Open Data? Im Grunde
sind die Daten ja wohl auch
-
veröffentlichbar. Journalist.innen würden
sich auch dafür interessieren. Und es gab
-
da auch mal Beschwerden, weil das RKI dann
ein Format mal unangekündigt am Wochenende
-
änderte.
B.K.: Also grundsätzlich können alle diese
-
Daten, die Gesundheitsämter, rausgeben
oder sie auch übermitteln. Die haben ja
-
irgendwann dann auch keinen Personenbezug
mehr. Das heißt, man könnte theoretisch
-
auch in Richtung Open Data gehen. Es gibt
auch Kommunen, die machen das zum
-
Beispiel, dass sie zumindest ihre
Tagesfallzahlendaten und sonstige Daten
-
auch irgendwie als CSV zur Verfügung
stellen. Es gibt jetzt allerdings nicht so
-
eine hübsche REST-API, in der man
irgendwie Open Data ausliefern könnte. Das
-
hat z.B. auch SORMAS nicht, SORMAS es ist
eher mal so gedacht als internes
-
Fachsystem, was dann halt bei Bedarf Daten
exportiert. Aber die sind nicht so ganz im
-
API-Zeitalter angekommen, dass man das
sinnvoll mit Open Data integrieren könnte,
-
leider.
H: Kannst du eine Einordnung geben, ob ein
-
Impfregister mit der aktuellen Datenlage
machbar ist?
-
B.K.: Also rein fachlich gesehen ist es
so, dass viele Gesundheitsämter aktuell
-
ein bisschen das Problem haben, dass sie,
wenn jetzt jemand natürlich sagt, er ist
-
geimpft, weil er der Quarantäne entgehen
will, dann ist die Nachweisbarkeit relativ
-
schwierig, weil eigentlich - es gibt
keinen keinen sinnvollen Weg, diese Daten
-
sicher zu ermitteln. Also verschlüsselte
E-Mails sind in den Gesundheitsämtern
-
nicht verfügbar, Fax ist auch nichts. Und
oftmals greift man halt dann Daten per
-
Telefon ab, Chargennummern oder sonstige
Dinge, um zumindest zu verifizieren, ob
-
diese Impfung sinnvoll ist. Das wäre von
dem Aufbau eines solchen Registers ein
-
ziemlich umständlicher Weg. Das wäre
einfach händisches Nacharbeiten. Wenn man
-
so ein Register aufbauen wollen würde -das
ist aber wirklich nur die theoretische
-
Möglichkeit, ich persönlich habe da
Zweifel - würde man das wahrscheinlich bei
-
irgendeiner größeren Aktion machen, die eh
stattfindet, sei es irgendwelche
-
Auffrischimpfung, sonstige Dinge, das wäre
wahrscheinlich einfacher, so was zu tun.
-
H: Wenn du als Spezialistin ein Problem
bearbeitest und dir Informationen fehlen,
-
wo wirst du außerhalb deines eigenes
Landkreises oder Bundeslandes zuerst
-
fündig? Beim Bund oder in einem anderen
Bundesland?
-
B.K.: Das ist ein bisschen schwierig, da
die Informationen zu finden. Es gibt so
-
diese Bundesregularien, die man beim Bund
relativ gut findet, wenn sie für den Bund
-
gelten. Es gibt natürlich auch immer diese
ganzen Landesnummern. Also das, was ich
-
mit Ordnungsämter und Ortspolizeibehörden
erklärt hatte, das war so in Baden-
-
Württemberg-Sondernummer, die musst du
dann immer beim Land finden, weil das Land
-
hat eine Abweichung von dem was im Bund
gilt. Und auch bei allem, was mit Corona
-
zu tun hat, gab es immer die Corona-
Landesverordnungen, im Vergleich zum Bund.
-
Also es ist eigentlich immer: erst beim
Land gucken, und dann gucken ob es
-
vielleicht noch eine Bundesverordnung
gibt, die dann irgendwie dem noch
-
entgegensteht. Aber meistens ist es das
Land, tatsächlich.
-
H: Zum Thema Land und Bund: Gefühlt will
da gerade keiner seine Zuständigkeit
-
abgeben. Wenn zum Beispiel auf Ebene des
Bundeslandes ist, führt es dazu, dass
-
jedes Bundesland sein eigenes Süppchen
kocht, weil sich die nicht auf etwas
-
einigen können oder wollen. Irgendwelche
Ideen, wie man diesen gordischen Knoten
-
durchschlagen kann? Hilft ja nichts, wenn
jeder das Rad neu erfindet und dann nichts
-
zusammenpasst.
B.K.: Es ist ein bisschen doof, dass man
-
jetzt im SORMAS als Negativbeispiel für so
was bringen muss, weil es war ja
-
tatsächlich die Bundeslösung, zu sagen:
"Wir haben eine Bundes-Investitionsschutz-
-
Anwendung", die dann aber nicht wirklich
funktioniert hat. Ich glaube, man kann den
-
Leuten schon beibringen, dass ein
Austausch von Daten über Bundeslandgrenzen
-
hinweg, speziell auch zum Beispiel
Investitionsschutz, eine sinnvolle Idee
-
ist. Man muss aber Leute tatsächlich auch
immer so ein bisschen da abholen, wo sie
-
sagen können: Okay, hier ist eine
Grundsoftware, die könnt ihr aber noch
-
nach euren Landesspezifika und sonstigen
Dingen noch ein bisschen anpassen. Weil
-
irgendwie brauchen das so Länderfürsten,
das irgendwie noch ihre Spezialitäten in
-
der Software drin haben, weil sie einfach
das Bundesland sowieso sind. Und im Sinne
-
von von leicht anpassbarer Software,
leicht anpassbaren Standards, kriegt man
-
das hin. Man sollte aber nicht davon
ausgehen, dass man oben Software reinwirft
-
und dass die dann für alle super
funktionieren wird; das geht leider nicht.
-
H: Die nächste Frage wäre Ist die Luca-App
aus deiner Sicht jetzt tot?
-
B.K.: Technologisch ja und von der Wirkung
einer Pandemie auch, weil es gibt de
-
facto, wenn in Gesundheitsämtern keiner
mehr dazu kommt, die Luka-App auszulösen,
-
Daten abzufragen, passiert auch nichts.
Das heißt, eigentlich ist jetzt die
-
Arbeitslast so hoch, dass man sagen kann,
sie hat keine Wirkung mehr. Und das hatten
-
wir eigentlich auch schon zu Beginn dieser
Pandemie gesagt. Dass wir das relativ
-
selten nutzen werden. Man hat es uns dann
nicht geglaubt, hat erst mal ein paar
-
Monate ein paar Millionen ausgegeben. Was
schade ist, aber irgendwie lernt man
-
glaube ich nur doch durch
Geldverschwendung. Ansonsten, ich wüsste
-
jetzt nicht, was die noch für einen Nutzen
haben soll, speziell mit Fallzahlen, wie
-
sie vielleicht mit Omikron passieren
könnten.
-
H: Was war denn das wichtigste
Kommunikationsmittel? GitLab?
-
B.K.: In der Kommunikation mit, wie wir
agil entwickelt haben, tatsächlich Gitlab,
-
GitHub, je nachdem, in welchen Projekten
das war. Und was tatsächlich auch
-
spannend war, in der Verwaltung gibt es
auch so Tendenzen, dass Menschen auch
-
beginnen zu chatten und zwar tatsächlich
über die VoIP-Anlage. Klingt komisch, aber
-
wenn das VoIP-Programm auch noch chatten
kann, ist es für Leute tatsächlich
-
schneller als eine Email zu schreiben. Das
hat es auch gegeben.
-
H: Macht für dich Infektionsschutz auf
Landesebene Sinn?
-
B.K.: Ich glaube, Infektionsschutz auf
Landes- oder dezentraler Ebene ist schon
-
sinnvoll, weil, man muss tatsächlich auch
an den Menschen nah dran sein. Es gibt da
-
Spezifika, die man glaube ich auch nur
rausfindet in irgendwelchen
-
Datenzusammenhängen, die man nur kennt,
wenn man Ortskenntnis hat. Ob man jetzt in
-
jedem Land noch eigene Coronaverordnungen
oder sonstige Dinge braucht, bin ich mir
-
jetzt unsicher, würde ich mal eher sagen:
Nein. Aber ich glaube, dass man das auch
-
sehr lokal - Zumindest in der Ausführung
ist es glaube ich wichtig, bei den
-
gesetzlichen Regularien, kann man durchaus
auch eher eine Vereinheitlichung
-
anstreben, weil das vielleicht dann doch
irgendwie ein bisschen einfacher zu
-
handhaben ist in ganz Deutschland.
H: Du hast von der Einbindung von
-
Gemeinden, Ordnungsämtern mit 2-Faktor-
Authentifizierung gesprochen. Wie lief das
-
denn? Die fragenstellende Person kann sich
das nicht mit ausreichendem Datenschutz
-
vorstellen.
B.K.: Ja, das ist eine Baden-Würtemberg-
-
Sondernummer. Normalerweise ist es so,
dass die Gesundheitsämter auch diese
-
Aufgaben in Union ausführen, also quasi
die Ortspolizeibehörden sind quasi die,
-
die die Quarantäne auch überwachen. Und
das wird ja in dem Fall - in Baden-
-
Württember ist es so: die Polizeibehörde
überwacht quasi die Quarantäne und
-
übermittelt auch auch die Unterlagen dazu.
Dafür gibt es in Baden-Württemberg auch
-
eins mit der Datenschutzbehörde
abgestimmtes Tool dazu. Das hat auch
-
seinen rechtlichen Rahmen und es wurde mit
dem Datenschutz auch abgestimmt. Auch der
-
Kommunikationsweg ist abgestimmt und so
weiter. Das ist aber tatsächlich eine
-
Baden-Württemberg-Spezialität.
Normalerweise läuft es zentral über das
-
Gesundheitsamt des jeweiligen Kreises.
H: Da interessiert sich noch wer dafür -
-
Die Frage ist: "Ich wüsste gerne mal, wie
die Corona-Warn-App die Daten der
-
Impfzertifikate ablegt. Sind die gegen
Zugriff durch andere Apps vernünftig
-
gesichert?
B.K.: Ja, das ist ein ganz tolles Thema,
-
weil das hat sich jetzt nämlich gerade
verändert. Normalerweise ist es so, dass
-
die Corona-Warn-App tatsächlich die Daten
sinnvollerweise auch nur auf dem Device
-
speichert und Zugriff durch die anderen
Apps ist meines Wissens nicht möglich. Nun
-
hat die Corona-Warn-App mit Version 2.15
noch ein Update rausgebracht, in der es
-
dann möglich ist, mit Ticket-Buchungen
online das Impfzertifikat zur Prüfung an
-
einen Prüfprovider zu übermitteln, in dem
Fall die Telekom - da hat auch Lilith in
-
der Keynote davon gesprochen. Das heißt,
aktuell kann ich nicht abschließend sagen,
-
dass es sicher ist, weil es gibt diese
Funktion, dass Impfzertifikate an Online-
-
Prüfprovider übermittelt werden, die sie
dann an ein Ticket-Provider weiterleiten
-
kann und sagen kann: "guck mal hier, ist
geprüft", aber ich kann im aktuellen
-
Zustand nicht sagen, dass das vollständig
sicher ist, weil es gibt diese Möglichkeit
-
zur Ausleitung an diese Prüfprovider.
H: Schade. Weiß man ob Bundesländer schon
-
ihre Luca-Lizenzen verlängert haben oder
ob die das alle auslaufen lassen?
-
B.K.: Also gibt es zum Beispiel, in Baden-
Württemberg - da weiß ich es relativ gut,
-
weil ich sitze hier in Stuttgart - da gibt
es die Option, dass diese Lucageschichte
-
auf zwei Jahre läuft. Und wenn das Land
jetzt nicht kündigt, wird es sich
-
verlängern und es ist, glaube ich, in den
meisten Bundesländern so. Es gibt durchaus
-
Bundesländer, die haben jetzt auch von den
Regularien umgestellt darauf, dass auch
-
die Corona-Warn-App möglich ist, zum
Beispiel Baden-Württemberg oder auch
-
Brandenburg oder Bremen. Da deutet sich
an, dass zumindest eine Verlängerung nicht
-
angestrebt wird. Es gibt aber
Bundesländer, in denen wird das vielleicht
-
unter Umständen weiter gehen. Aber das
wird sich, glaube ich, erst dann so Anfang
-
des Jahres bis zum April zeigen, wenn die
Verträge dann tatsächlich auslaufen.
-
H: Haben die Gesundheitsämter aus deiner
Sicht etwas gelernt und sind auf künftige
-
Pandemien besser vorbereitet? Und ich
würde gern noch anhängen: Kann man
-
vielleicht aus diesem Prozess sogar auf
andere Behörden schließen und die besser
-
in der Digitalisierung mitnehmen?
B.K.:Also ich glaube, Gesundheitsämter,
-
oder Behörden generell, haben verstanden,
dass Digitalisierung tatsächlich auch
-
etwas nutzen kann. Das ist, weil ich
glaube, früher gab es eine so eine
-
Geschichte, man wird jetzt nicht in eine
Situation kommen, wo man dann plötzlich
-
irgendwie vernetzte, dezentrale
Remoteoffices braucht und so weiter, wo es
-
total sinnvoll wäre. Die haben schon
verstanden, dass das mit der
-
Digitalisierung jetzt nicht so komplett
falsch ist, dass es sie auch nutzen kann
-
und dass man es auch zu seinem Vorteil
nutzen kann. Das Problem, was man
-
natürlich hat, ist, dass man jetzt aber
nicht von null auf hundert irgendwie
-
plötzlich dann hundert Digitalexpert.innen
im Amt hat, sondern man muss immer nach
-
den gleichen Ressourcen arbeiten, die man
hat: Es ist zu wenig Personal, das
-
Personal ist schlecht bezahlt, es fehlt an
Kompetenz, es fehlt an Fortbildungen, es
-
fehlt an vielen Dingen. Um da einen
wirklichen Wandel auszulösen, müsste man
-
mehr tun um dieses
Digitalisierungs-Flow, den man in der
-
Pandemie gelernt hat, in die
nachpandemische Zeit zu überführen. Also
-
ich glaube, in Gesundheitsämtern hat man
das erkannt, aber ich glaube da scheitert
-
es an den Ressourcen. In anderen Ämtern
hat man es vielleicht auch erkannt, dass
-
es schon ganz gut wäre, wenn man
vielleicht auch mal Homeoffice oder
-
sonstwas machen könnte und so weiter und
wenn man das mit diesen Portalen ganz gut
-
funktionieren würde. Aber da gibt es ein
Resourcenproblem und ich glaube, den
-
Spirit kann man mitnehmen, aber es hängt
an vielen Ressourcen, die einfach -
-
teilweise ist dieser Ressourcenmangel auch
hausgemacht.
-
H: Du sprichst öfter von wir. Mit wem
arbeitest du denn zusammen?
-
B.K.: Ja, es ist ein bisschen kompliziert,
das in diesem Talk ausführlich zu
-
erklären. Im Prinzip ist es so: Dieser
Talk ist eigentlich zweigeteilt. Ich habe
-
dieses Thema mit der Kontaktnachverfolgung
im Bodenseekreis gemacht mit meiner Firma
-
damals in Stuttgart, das ist die Firma
cron. Das Thema IRIS ist zusammen mit dem
-
InÖG entwickelt worden und der Björn-
Steiger-Stiftung und das Thema mit den
-
Securitysachen mit Leuten zusammen, wie
man das halt so macht.
-
H: Cool. Das war auch schon die letzte
Frage. Danke Bianca für deinen Einsatz und
-
dass du dich auch in deiner Freizeit so
viel mit solchen Dingen beschäftigst, die
-
uns alle beschäftigen. Das war auch hier
auf der chaos-west- stage schon der letzte
-
Tag für heute und ich wünsche euch allen
noch einen vergnüglichen rC3.
-
Abspannmusik
-
Untertitel erstellt von c3subtitles.de
im Jahr 2021. Mach mit und hilf uns!