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Die Kunst des Bogenmachens

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    Angeblich ist auf der anderen Seite des Zauns
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    das Gras immer grüner,
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    und ich denke, das stimmt,
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    besonders, wenn ich Präsident Obama
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    über das koreanische Bildungssystem
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    als Bezugsnorm für Erfolg reden höre.
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    Ich kann Ihnen sagen,
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    dass die rigide Struktur und
    der kompetitive Charakter
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    des koreanischen Schulsystems
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    auch "Schnellkochtopf" genannt wird.
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    In so einer Umgebung
    kann nicht jeder gedeihen.
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    Jeder reagiert unterschiedlich
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    auf unser Bildungssystem,
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    und meine Antwort
    auf diese belastende Umgebung
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    war das Herstellen von Bögen aus Holz,
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    das ich in der Nähe meiner Wohnung
    gefunden hatte.
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    Wieso Bögen?
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    Ich bin mir selbst nicht sicher.
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    Vielleicht wandten sich
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    angesichts des ewigen Drucks
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    meine Urzeitinstinkte den Bögen zu.
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    Genau betrachtet
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    hat der Bogen sehr beim
    menschlichen Überleben geholfen,
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    und das seit Urzeiten.
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    Das Gebiet im Umkreis
    von 3 Kilometern von meinem Haus
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    war einst, während der Joseon-Dynastie,
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    ein Maulbeerwald,
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    in dem Seidenraupen sich
    von Maulbeerblättern ernährten.
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    Um ein historisches Bewusstsein
    dafür zu schaffen,
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    hat die Regierung Maulbeerbäume gepflanzt.
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    Die Samen dieser Bäume
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    wurden von Vögeln überall in der Nähe
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    der Lärmschutzmauer der Stadtautobahn verstreut,
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    die zur Zeit der Olympischen Spiele
    1988 errichtet wurde.
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    In das Gebiet nahe dieser Mauern,
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    dem niemand weiter Beachtung zollt,
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    wurde nicht mehr weiter eingegriffen,
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    und dort fand ich meine ersten Schätze.
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    So wie mein Bogenmachen fortschritt,
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    suchte ich auch in weiter entfernten Gebieten.
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    Auf Klassenfahrten,
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    Familienurlauben oder
    einfach auf dem Heimweg
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    von meinen Kursen nach der Schule
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    wanderte ich durch bewaldete Gebiete
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    und sammelte Äste ein,
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    mithilfe der Werkzeuge, die ich
    in der Schultasche versteckt hatte.
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    Werkzeuge wie Sägen, Messer, Sicheln
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    oder Äxte,
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    die ich in ein Handtuch gewickelt hatte.
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    Ich schleppte die Äste nach Hause,
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    fuhr mit ihnen in Bus und U-Bahn
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    und konnte sie kaum halten.
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    Hier nach Long Beach habe ich
    die Werkzeuge nicht mitgebracht.
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    Flugsicherheit.
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    (Lachen)
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    Allein in meinem Zimmer würde ich dann,
    bedeckt mit Sägespänen,
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    die ganze Nacht lang Holz
    sägen, kürzen und schleifen,
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    bis es die Form eines Bogens annahm.
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    Eines Tages arbeitete ich
    an einem Stück Bambus
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    und verursachte einen Brand.
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    Wo? Auf dem Dach meines Wohnhauses,
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    ein Heim für 96 Familien.
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    Ein Kunde im Kaufhaus gegenüber
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    rief die Feuerwehr
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    und ich lief nach unten zu meiner Mutter,
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    die Hälfte meines Haars versengt.
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    Die Möglichkeit heute möchte ich nutzen,
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    um meiner Mutter, die heute
    im Publikum sitzt, zu sagen:
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    Mama, es tut mir echt leid
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    und ich bin von jetzt an
    vorsichtiger mit offenem Feuer.
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    Meine Mutter redete sich
    ihren Mund fusselig,
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    um die Leute davon
    zu überzeugen,
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    dass ihr Sohn kein Brandstifter war.
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    Ich habe auch intensiv
    die Bögen aus aller Welt erforscht.
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    Dabei habe ich versucht,
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    Bögen aus verschiedenen Zeiten
    und Orten zu kombinieren,
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    um den effektivsten Bogen zu erschaffen.
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    Ich habe auch mit vielen Holzarten gearbeitet,
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    Ahorn, Eibe oder Maulbeere,
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    und habe viele Schieß-Experimente
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    im eingangs erwähnten Waldgebiet
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    nahe der Stadtautobahn durchgeführt.
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    Der effektivste Bogen für mich
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    würde so aussehen.
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    Eins: Gebogene Spitzen
    maximieren die Elastizität
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    beim Zurückziehen und
    Abschießen des Pfeils.
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    Zwei: Ein nach innen gezogener Bauch
    für ein höheres Zuggewicht
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    bedeutet mehr Schusskraft.
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    Drei: Sehne in der Außenschicht
    des Bogenarms
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    maximiert die gespeicherte Energie.
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    Und vier: Mit Horn wird Energie
    bei der Kompression gespeichert.
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    Nach vielen Basteleien, Neuentwürfen,
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    Reparaturen, Fehlern und Korrekturen
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    nahm mein idealer Bogen
    schließlich Form an
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    und als er endlich fertig war,
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    sah er so aus.
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    Ich war so stolz auf mich,
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    allein einen perfekten Bogen
    erfunden zu haben.
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    Hier sehen Sie einen traditionellen
    koreanischen Bogen
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    aus einem Museum.
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    Sie können die Ähnlichkeit
    zu meinem Bogen sehen.
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    Danke, liebe Urahnen,
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    dass ihr mir die Idee
    gestohlen habt. (Lachen)
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    Durch das Bogenmachen
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    geriet ich in Kontakt
    mit einem Teil meiner Herkunft.
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    Die angesammelten Informationen
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    und die Überlieferungen meiner Vorfahren
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    waren besser als jede Trost-Therapie
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    oder alle Ratschläge,
    die man mir hätte geben können.
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    Ich hatte lang und breit gesucht,
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    hatte aber nie in meiner Nähe gesucht.
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    Diese Erkenntnis weckte in mir
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    ein Interesse für die Geschichte Koreas,
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    die mich nie zuvor inspiriert hatte.
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    Am Ende ist das Gras oft grüner
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    auf meiner Seite des Zauns,
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    obwohl wir das nur selten erkennen.
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    Ich zeige Ihnen nun,
    wie mein Bogen funktioniert.
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    Schauen wir uns mal den hier an.
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    Das ist ein Bambusbogen,
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    mit einem Zuggewicht von 45 Pfund.
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    (Pfeilschuss)
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    (Beifall)
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    Ein Bogen mag auf einem
    einfachen Prinzip beruhen,
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    aber um einen guten Bogen zu machen,
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    bedarf es einer Menge Sensibilität.
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    Man muss sich mit
    dem Holz zum Bauen
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    auseinandersetzen.
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    Jede Faser im Holz
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    hat ihren eigenen Existenzgrund,
    ihre eigene Funktion,
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    und nur durch Kooperation
    und Harmonie unter ihnen
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    entsteht ein großartiger Bogen.
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    Vielleicht habe ich als Schüler
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    ein paar ungewöhnliche Interessen,
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    aber ich hoffe, durch das Teilen
    meiner Geschichte mit Ihnen
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    einen Beitrag leisten zu können.
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    Meine ideale Welt ist ein Ort,
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    an der niemand zurückgelassen wird,
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    wo jeder genau dort
    benötigt wird, wo sie sind,
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    wie die Fasern und Sehnen in einem Bogen,
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    ein Ort, wo die Starken flexibel sind
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    und die Verwundbaren
    voller Widerstandskraft.
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    Dieser Bogen ähnelt mir,
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    so wie ich ihm ähnele.
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    Ich schieße einen Teil von mir zu Ihnen.
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    Besser noch: Ein Teil
    meines Bewusstseins
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    wurde soeben
    in Ihr Bewusstsein geschossen.
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    Hat es Sie getroffen?
  • 8:03 - 8:04
    Danke.
  • 8:04 - 8:10
    (Beifall)
Title:
Die Kunst des Bogenmachens
Speaker:
Dong Woo Jang
Description:

Nach der Schule widmet sich Dong Woo Jang einem ungewöhnlichen Hobby. Jang, der zur Zeit dieses Vortrags 15 war, erzählt davon, wie das Leben in der Betonlandschaft Seouls ihn dazu inspirierte, den perfekten Bogen zu bauen. Schauen Sie ihm dabei zu, wie er einen seiner wunderschönen handgemachten Bögen vorführt.

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
08:28
Judith Matz approved German subtitles for Dong Woo Jang
Sabrina Seltenreich accepted German subtitles for Dong Woo Jang
Sabrina Seltenreich edited German subtitles for Dong Woo Jang
Sabrina Seltenreich edited German subtitles for Dong Woo Jang
Judith Matz edited German subtitles for Dong Woo Jang
Judith Matz edited German subtitles for Dong Woo Jang
Judith Matz edited German subtitles for Dong Woo Jang
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  • Revision 6 Edited (legacy editor)
    Sabrina Seltenreich