Der verborgene Grund für Armut, den wir jetzt bekämpfen müssen
-
0:01 - 0:04Um ehrlich zu sein,
-
0:04 - 0:06ich bin kein weinerlicher Mensch.
-
0:07 - 0:11Und in meinem Beruf ist das
vielleicht auch besser so. -
0:11 - 0:13Ich bin Anwalt für Bürgerrechte
-
0:13 - 0:16und habe furchtbare Dinge
auf der Welt gesehen. -
0:17 - 0:21Ich begann mit Fällen von polizeilichem
Machtmissbrauch in den USA. -
0:21 - 0:251994 wurde ich als
UN-Chefermittler nach Ruanda -
0:25 - 0:29zur Aufklärung des Völkermords entsandt.
-
0:30 - 0:34Tränen sind keine große Hilfe
-
0:34 - 0:37beim Aufklären eines Völkermords.
-
0:37 - 0:42Die Dinge, die ich sehen,
fühlen und berühren musste, -
0:42 - 0:45kann man nicht in Worte fassen.
-
0:46 - 0:49Ich kann Ihnen Folgendes sagen:
-
0:49 - 0:51Beim Völkermord in Ruanda
-
0:51 - 0:57handelt es sich um eines der größten
Versagen einfachen Mitgefühls. -
0:58 - 1:01Das Wort "Mitgefühl" leitet sich von
zwei lateinischen Wörtern ab: -
1:01 - 1:07"cum passio", dies bedeutet schlicht
"mit jemandem leiden". -
1:07 - 1:10Durch das, was ich in Ruanda
gesehen und erfahren habe, -
1:10 - 1:13bin ich dem menschlichen Leid
so nah gekommen, -
1:13 - 1:16dass es mich tatsächlich
zu Tränen gerührt hat. -
1:16 - 1:19Ich wünschte bloß,
dass ich und der Rest der Welt -
1:19 - 1:21schon viel früher gerührt gewesen wären --
-
1:21 - 1:23und nicht nur zu Tränen,
-
1:23 - 1:27sondern so gerührt, dass wir dem
Völkermord ein Ende setzen. -
1:27 - 1:30Im Gegensatz hierzu
war ich aber auch Zeuge -
1:30 - 1:35eines der größten Erfolge
menschlichen Mitgefühls. -
1:35 - 1:38Und damit meine ich den Kampf
gegen die Armut auf der Welt. -
1:38 - 1:41Damit hatten wir wahrscheinlich
alle schon zu tun. -
1:41 - 1:46Vielleicht war Ihr erster Kontakt damit
der Refrain des Liedes "We Are The World", -
1:46 - 1:50oder das Kind, das Sie
finanziell unterstützen, -
1:50 - 1:54oder den Geburtstag, an dem Sie
sauberes Trinkwasser spendeten. -
1:54 - 1:58Ich kann mich nicht an meinen
ersten Kontakt mit Armut erinnern, -
1:58 - 2:01aber ich erinnere mich
an den aufrüttelndsten. -
2:01 - 2:06Das war, als ich Venus traf --
eine Mutter aus Sambia. -
2:06 - 2:10Sie hat 3 Kinder und ist Witwe.
-
2:10 - 2:16Als ich sie traf, war sie 19 km
in ihrem einzigen Kleid -
2:16 - 2:20bis in die Hauptstadt gelaufen,
um ihre Lebensgeschichte zu erzählen. -
2:20 - 2:24Sie saß stundenlang mit mir da
-
2:24 - 2:28und führte mich in die Welt der Armut ein.
-
2:28 - 2:35Sie erzählte mir, wie es ist,
wenn die Kohle im Kochfeuer kalt wird. -
2:35 - 2:40Wie es ist, wenn der letzte Tropfen
des Kochöls aufgebraucht ist. -
2:40 - 2:46Wie es ist, wenn das allerletzte Essen,
trotz all ihrer Mühe aufgebraucht war. -
2:46 - 2:49Sie musste zusehen,
wie ihr jüngster Sohn Peter -
2:49 - 2:52an den Folgen von Mangelernährung litt.
-
2:52 - 2:56Wie seine Beine sich langsam so verbogen,
dass er nicht mehr laufen konnte. -
2:56 - 2:59Wie seine Augen trüb und matt wurden.
-
2:59 - 3:03Und schließlich, wie Peter "kalt" wurde.
-
3:06 - 3:12Über 50 Jahre lang haben uns
solche Geschichten berührt -- -
3:12 - 3:15uns, deren Kinder so viel zu essen haben.
-
3:15 - 3:17Und wir sind nicht nur
von der Armut berührt, -
3:17 - 3:22sondern wollen auch mithelfen,
dieses Leid zu beenden. -
3:22 - 3:25Natürlich gibt es viel Kritik,
dass wir nicht genug getan haben, -
3:25 - 3:30und dass das, was wir getan haben,
nicht wirksam genug war. -
3:30 - 3:32Die Wahrheit ist:
-
3:33 - 3:37Der Kampf gegen Armut auf der Welt
ist wahrscheinlich der längste -
3:37 - 3:42und gleichzeitig größte
Ausdruck von menschlichem Mitgefühl -
3:42 - 3:45in der Geschichte unserer Spezies.
-
3:45 - 3:48Deshalb möchte ich einen ziemlich
niederschmetternden Einblick geben, -
3:48 - 3:53der vielleicht für immer Ihre Denkweise
über diesen Kampf verändern wird. -
3:53 - 3:55Doch zunächst werde ich mit dem
beginnen, was Sie wissen. -
3:55 - 3:59Vor 35 Jahren, als ich
meinen Schulabschuss machte, -
3:59 - 4:05sagte man uns, dass täglich 40 000 Kinder
an den Folgen von Armut sterben. -
4:05 - 4:10Diese Zahl ist heute auf 17 000 gesunken.
-
4:10 - 4:12Natürlich ist das immer noch zu viel,
-
4:12 - 4:14aber das bedeutet, dass heute jedes Jahr
-
4:14 - 4:198 Millionen Menschen weniger
an den Folgen von Armut sterben müssen. -
4:20 - 4:22Außerdem sank die Zahl der Menschen,
-
4:22 - 4:24die in extremer Armut leben müssen,
-
4:24 - 4:28was der Definition nach heißt,
von weniger als 1,25 Dollar am Tag, -
4:28 - 4:35von 50 % auf nur noch 15 %.
-
4:35 - 4:37Dieser Fortschritt ist enorm
-
4:37 - 4:42und überschreitet jede Vorstellung
davon, was möglich ist. -
4:42 - 4:45Ich denke, dass Sie und ich
-
4:45 - 4:49wirklich stolz sein und
uns ermutigt fühlen können, -
4:49 - 4:53zu sehen, dass Mitgefühl die Macht hat,
-
4:53 - 4:58das Leiden von Millionen
von Menschen zu beenden. -
4:58 - 5:03Jedoch kommt jetzt der Teil, über den
Sie noch nicht so viel gehört haben. -
5:03 - 5:08Wenn man die Marke auf 2 Dollar
am Tag nach oben schiebt, -
5:08 - 5:11stellt man fest, dass es den gleichen
2 Milliarden Menschen, -
5:11 - 5:14die in extremer Armut lebten,
als ich noch zur Schule ging, -
5:14 - 5:16immer noch genauso geht --
-
5:16 - 5:19und das 35 Jahre später.
-
5:19 - 5:24Warum stecken immer noch so viele
Menschen in dieser grausamen Armut? -
5:24 - 5:27Kehren wir noch einmal zu Venus zurück.
-
5:27 - 5:31Aus Mitgefühl unterstützen
meine Frau und ich seit Jahrzehnten -
5:31 - 5:35finanziell Kinder, Mikrokredite
und spenden großzügig -
5:35 - 5:37für die Entwicklungshilfe.
-
5:37 - 5:41Jedoch habe ich erst bei
dem Gespräch mit Venus erkannt, -
5:41 - 5:45dass keine dieser Hilfen dem
entgegenwirken konnte, -
5:45 - 5:49warum sie ihrem Sohn
beim Sterben zusehen musste. -
5:50 - 5:54"Es ging uns gut", sagte mir Venus,
-
5:54 - 5:59"bis Brutus uns Schwierigkeiten machte."
-
5:59 - 6:02Brutus ist ein Nachbar von Venus
und er machte Schwierigkeiten -
6:02 - 6:05einen Tag, nachdem
der Ehemann von Venus starb. -
6:05 - 6:09Brutus warf Venus und
ihre Kinder aus dem Haus, -
6:09 - 6:13stahl ihr Land und
raubte ihren Marktstand aus. -
6:14 - 6:19Venus rutschte aufgrund
von Gewalt in die Armut. -
6:21 - 6:23Und dann verstand ich,
-
6:23 - 6:27dass keine meiner Finanzhilfen
für Kinder, keine Mikrokredite und -
6:27 - 6:31keine von den herkömmlichen Programmen
zur Beendigung von Armut -
6:31 - 6:35Brutus aufhalten würden.
-
6:35 - 6:38Denn dafür waren sie nicht gedacht.
-
6:38 - 6:43Dies wurde mir noch klarer,
als ich Griselda traf. -
6:43 - 6:47Sie ist ein wundervolles junges Mädchen
aus einer armen Dorfgemeinschaft -
6:47 - 6:49in Guatemala.
-
6:49 - 6:51Wir haben über die Jahre gelernt:
-
6:51 - 6:57Das Wichtigste ist, Griselda
zur Schule gehen zu lassen, -
6:57 - 6:59sodass sie und ihre Familie
-
6:59 - 7:03aus der Armut herauskommen.
-
7:03 - 7:07Experten nennen das den "Mädchen-Effekt".
-
7:07 - 7:11Als wir Griselda trafen,
ging sie jedoch nicht zur Schule. -
7:11 - 7:15Überhaupt verließ sie
nur sehr selten ihr Zuhause. -
7:16 - 7:18Einige Tage, bevor wie sie trafen,
-
7:18 - 7:21lief sie mit ihrer Familie
von der Kirche nach Hause. -
7:21 - 7:25Mitten am helllichten Tag
wurde sie plötzlich -
7:25 - 7:30von Männern aus ihrer Dorfgemeinschaft
entführt und brutal vergewaltigt. -
7:30 - 7:34Das heißt, Griselda konnte
zur Schule gehen, -
7:34 - 7:38aber es war nicht sicher für sie,
dorthin zu gelangen. -
7:38 - 7:40Und Griselda ist nicht die einzige.
-
7:40 - 7:43Auf der ganzen Welt werden
arme Frauen und Mädchen -
7:43 - 7:56zwischen 15 und 44 tagtäglich Opfer
von häuslicher und sexueller Gewalt. -
7:56 - 8:01Diese zwei Formen der Gewalt verursachen
mehr Tote und Behinderungen -
8:01 - 8:08als Malaria, als Autounfälle,
und alle Kriege zusammen. -
8:11 - 8:16Die Wahrheit ist, dass arme Menschen
in ganzen Gewaltsystemen gefangen sind. -
8:16 - 8:20Zum Beispiel bin ich in Südostasien
an einer Reismühle vorbeigefahren -
8:20 - 8:23und habe einen Mann gesehen,
der einen 50-kg-Sack Reis -
8:23 - 8:25auf seinem schmalen Rücken trug.
-
8:25 - 8:29Später fand ich heraus,
dass er ein Sklave ist, -
8:29 - 8:34der mit Gewalt dort festgehalten wird --
und zwar seit ich zur Schule ging. -
8:35 - 8:38Jahrzehntelang gab es Programme
gegen Armut in seiner Dorfgemeinschaft, -
8:38 - 8:42aber keines davon konnte ihn
oder einen der anderen hundert Sklaven -
8:42 - 8:47vor den Schlägen, Vergewaltigungen
und der Folter durch Gewalt -
8:47 - 8:50in dieser Reismühle schützen.
-
8:50 - 8:54Nach 50 Jahren unterschiedlicher
Programme gegen Armut -
8:54 - 8:58gibt es sogar mehr
arme Menschen in Sklaverei -
8:58 - 9:01als in jeder anderen Geschichtsepoche.
-
9:01 - 9:07Experten schätzen, dass es heute
mehr als 35 Millionen Sklaven gibt. -
9:07 - 9:11Das sind etwa so viele wie
die gesamte Bevölkerung in Kanada, -
9:11 - 9:14wo wir heute sind.
-
9:14 - 9:17Ich habe diese seuchenartige Gewalt
-
9:17 - 9:20den „Heuschreckeneffekt“ genannt.
-
9:20 - 9:23Weil Gewalt über das Leben von Armen
wie die Pest hereinbricht, -
9:23 - 9:26die alles zerstört.
-
9:26 - 9:30Wir haben Menschen aus sehr
armen Dorfgemeinschaften befragt, -
9:30 - 9:34und sie sagten, dass
ihre größte Angst die Gewalt sei. -
9:34 - 9:37Jedoch ist die Gewalt,
vor der sie sich fürchten, -
9:37 - 9:40nicht die Gewalt von
Völkermorden und Kriegen. -
9:40 - 9:42Es ist die alltägliche Gewalt.
-
9:42 - 9:45Meine erste Reaktion
als Anwalt war natürlich: -
9:45 - 9:48Gut, dann müssen wir das Gesetz ändern,
-
9:48 - 9:51sodass jede Gewalt gegen
arme Menschen illegal ist. -
9:51 - 9:55Doch dann stellte ich fest:
Sie ist bereits illegal. -
9:55 - 9:58Das Problem ist nicht,
dass Arme keine Rechte haben, -
9:58 - 10:01das Problem ist, dass ihre Rechte
nicht durchgesetzt werden. -
10:03 - 10:04In den Entwicklungsländern
-
10:04 - 10:07ist die Rechtsdurchsetzung
so schwerwiegend beschädigt, -
10:07 - 10:10dass die UN vor kurzem
in einem Bericht feststellte: -
10:10 - 10:16"Die meisten armen Menschen leben
außerhalb des Rechtsschutzes." -
10:16 - 10:18Ganz ehrlich, weder Sie
noch ich wissen wirklich, -
10:18 - 10:20was das bedeutet,
-
10:20 - 10:24weil wir das noch nie erlebt haben.
-
10:24 - 10:27Für uns ist eine funktionierende
Rechtsdurchsetzung normal. -
10:27 - 10:31Diese Selbstverständlichkeit wird
durch drei Zahlen ausgedrückt: -
10:31 - 10:349-1-1.
-
10:34 - 10:37Diese Zahl ist die
polizeiliche Notrufnummer -
10:37 - 10:40hier in Kanada und in den USA.
-
10:40 - 10:43Die Reaktionszeit der Polizei
auf einen Notruf -
10:43 - 10:46beträgt im Durchschnitt 10 Minuten.
-
10:46 - 10:49Für uns ist das selbstverständlich.
-
10:49 - 10:54Aber was wäre, wenn niemand da ist,
der Sie beschützt? -
10:55 - 10:59Eine Frau aus Oregon musste
vor Kurzem erleben, wie das ist. -
10:59 - 11:04Sie war eines Samstagnachts
alleine in ihrem dunklen Haus, -
11:04 - 11:07als ein Mann in ihr Haus eindrang.
-
11:07 - 11:08Das war ihr größter Alptraum,
-
11:08 - 11:13da dieser Mann sie bereits
2 Wochen zuvor angegriffen hatte, -
11:13 - 11:15und sie danach ins Krankenhaus musste.
-
11:15 - 11:19Voller Angst tut sie,
was jeder von uns tun würde: -
11:19 - 11:21Sie wählt 911.
-
11:21 - 11:25Jedoch erfährt sie, dass es
aufgrund von Sparmaßnahmen -
11:25 - 11:29in ihrem Wohnbezirk am Wochenende
keine Polizisten gibt. -
11:29 - 11:30Hören Sie zu.
-
11:30 - 11:33(Anruf) Zentrale: Ich kann leider
niemanden zu Ihnen schicken. -
11:33 - 11:34Frau: Okay.
-
11:34 - 11:38Zentrale: Wenn er in Ihr Haus
eindringt und Sie angreift, -
11:38 - 11:40sagen Sie ihm, er soll gehen.
-
11:40 - 11:42Ist er alkoholisiert oder auf Drogen?
-
11:42 - 11:45Frau: Das habe ich ihm gesagt
und auch, dass ich Sie anrufen würde. -
11:45 - 11:48Er hat mich schon mal überfallen
und meine Tür zerstört. -
11:48 - 11:49Zentrale: Aha.
-
11:49 - 11:50Frau: Also?
-
11:50 - 11:54Zentrale: Gibt es eine Möglichkeit,
dass Sie Ihr Haus sicher verlassen? -
11:54 - 11:57Frau: Nein, er blockiert
den einzigen Ausgang. -
11:57 - 12:00Zentrale: Also, ich kann Ihnen
nur einen Ratschlag geben -
12:00 - 12:03und das Büro des Sheriffs morgen anrufen.
-
12:03 - 12:07Wenn er in Ihr Haus eindringt
und leider eine Waffe hat, -
12:07 - 12:11und versucht, Ihnen etwas anzutun,
ist das natürlich etwas ganz anderes. -
12:11 - 12:13Aber das Büro des Sheriffs
ist nicht besetzt. -
12:13 - 12:16Ich kann Ihnen niemanden schicken.
-
12:18 - 12:20GH: Tragischerweise wurde
die Frau in diesem Haus -
12:20 - 12:26gewaltsam angegriffen,
gewürgt und vergewaltigt. -
12:26 - 12:32Das geschieht, wenn man
außerhalb der Rechtstaatlichkeit lebt. -
12:34 - 12:39Und so leben Milliarden
von armen Menschen. -
12:40 - 12:42Wie sieht so etwas aus?
-
12:42 - 12:47Wenn ein Mann in Bolivien ein Kind aus
armen Verhältnissen sexuell missbraucht, -
12:47 - 12:52ist statistisch das Risiko höher, dass
er in der Dusche ausrutscht und stirbt, -
12:52 - 12:55als dass er jemals für
diese Straftat ins Gefängnis muss. -
12:56 - 13:01Wenn Sie einen armen Menschen
in Südostasien versklaven, -
13:01 - 13:04ist das Risiko höher,
von einem Blitz getroffen zu werden, -
13:04 - 13:07als für diese Straftat
ins Gefängnis zu kommen. -
13:07 - 13:12Auf diese Weise tobt diese
alltägliche Gewalt weiter -
13:12 - 13:16und vernichtet unsere Bemühungen,
Milliarden Menschen zu helfen, -
13:16 - 13:19aus der Hölle von
2-Dollar-am-Tag herauszukommen. -
13:19 - 13:22Die Statistik lügt nicht.
-
13:22 - 13:26Wir können den Armen noch
so viel helfen und Güter geben, -
13:26 - 13:29aber wenn wir gewalttätige Kriminelle
nicht davon abhalten, -
13:29 - 13:31ihnen diese wieder wegzunehmen,
-
13:31 - 13:35werden wir von den langfristigen Folgen
unserer Bemühungen sehr enttäuscht sein. -
13:36 - 13:40Man könnte also denken, dass
die brüchige Rechtsdurchsetzung -
13:40 - 13:46im weltweiten Kampf gegen die Armut in
den Entwicklungsländern Vorrang hat. -
13:46 - 13:48Aber das ist nicht so.
-
13:49 - 13:53Experten für internationale Hilfsprojekte
haben vor Kurzem festgestellt, -
13:53 - 13:57dass noch nicht einmal 1 %
der Hilfen dem Schutz armer Menschen -
13:57 - 14:01vor dem Chaos alltäglicher
Gewalt zugutekommt. -
14:01 - 14:04Ganz ehrlich, wenn von Gewalt
gegen arme Menschen die Rede ist, -
14:04 - 14:08kommt es wirklich zu bizarren Geschichten.
-
14:08 - 14:11Eine Organisation für Trinkwasser
erzählt erschüttert, -
14:11 - 14:14dass Mädchen auf dem Weg
zum Brunnen vergewaltigt werden. -
14:14 - 14:18Und dann erzählen sie stolz, dass
ihre Lösung ein neuer Brunnen ist, -
14:18 - 14:22zu dem die Mädchen
einen viel kürzeren Weg haben. -
14:22 - 14:24Das war's.
-
14:25 - 14:30Kein Wort über die Vergewaltiger,
die immer noch in ihrem Dorf leben. -
14:32 - 14:34Wenn eine junge Frau bei uns
auf dem Unicampus -
14:34 - 14:37auf dem Weg zur Bibliothek
vergewaltigt wird, -
14:37 - 14:43würde sich niemand darüber freuen, die
Bibliothek näher an das Wohnheim zu bauen. -
14:43 - 14:47Aber für arme Menschen ist es --
warum auch immer -- okay. -
14:49 - 14:54In Wahrheit wissen Experten für
Entwicklung und Armutsbekämpfung nicht, -
14:54 - 14:56wie sie dieses Problem beseitigen können.
-
14:56 - 14:58Was tun sie also?
-
14:58 - 15:00Sie sprechen nicht darüber.
-
15:01 - 15:05Die Rechte armer Menschen
in den Entwicklungsländern -
15:05 - 15:10werden auch aus dem Grund
vernachlässigt, -
15:10 - 15:14weil die reichen Menschen
in den Entwicklungsländern -
15:14 - 15:16das nicht brauchen.
-
15:17 - 15:20Ich war vor Kurzem
auf dem Weltwirtschaftsforum -
15:20 - 15:24und sprach mit Geschäftsführern, die
Unternehmen in Entwicklungsländern haben. -
15:24 - 15:26Ich fragte sie:
-
15:26 - 15:31"Wie schützt ihr eure Mitarbeiter
und euren Besitz vor all dieser Gewalt?" -
15:31 - 15:36Sie schauten sich gegenseitig an
und sagten fast einstimmig: -
15:36 - 15:38"Wir zahlen dafür."
-
15:39 - 15:43Private Sicherheitsfirmen
sind in Entwicklungsländern -
15:43 - 15:50vier-, fünf- und siebenmal größer als
die Einsatzkräfte der staatlichen Polizei. -
15:50 - 15:58In Afrika ist privater Sicherheitsschutz
sogar der größte Arbeitgeber. -
15:59 - 16:03Aber Reiche können für ihre Sicherheit
bezahlen und werden immer reicher. -
16:03 - 16:05Aber arme Menschen können
nicht dafür bezahlen -
16:05 - 16:09und sind der Gewalt
schutzlos ausgeliefert. -
16:10 - 16:15Das ist skandalös und empörend.
-
16:15 - 16:18Aber es muss nicht so bleiben.
-
16:18 - 16:20Brüchige Rechtsdurchsetzung
kann man reparieren. -
16:20 - 16:22Gewalt kann beendet werden.
-
16:22 - 16:25Fast alle Strafjustizsysteme,
-
16:25 - 16:27die anfangs defekt und korrupt waren,
-
16:27 - 16:32können umgewandelt werden -- durch
hartnäckigen Einsatz und Engagement. -
16:32 - 16:34Der Weg dorthin ist ziemlich eindeutig.
-
16:34 - 16:37Erstens müssen wir den Kampf gegen Gewalt
-
16:37 - 16:41zu einem Teil des Kampfes
gegen die Armut machen. -
16:41 - 16:45Jedes Gespräch über Armut, in dem es
nicht um das Problem der Gewalt geht, -
16:45 - 16:49darf nicht als ernst gemeint
angesehen werden. -
16:49 - 16:54Zweitens müssen wir damit anfangen,
ernsthaft in Ressourcen -
16:54 - 16:58und Expertenwissen zu investieren,
um Entwicklungsländer zu unterstützen, -
16:58 - 17:00wenn sie neue Rechtssysteme schaffen,
-
17:00 - 17:03in denen im Gegensatz
zu privaten Sicherheitsfirmen -
17:03 - 17:05jeder sicher sein kann.
-
17:06 - 17:12Solche Transformationen sind möglich
und es gibt sie heutzutage. -
17:12 - 17:15Vor Kurzem finanzierte die
Gates-Stiftung ein Projekt -
17:15 - 17:17in der zweitgrößten Stadt
auf den Philippinen, -
17:17 - 17:21wo es den dort ansässigen Anwälten
und Behörden gelang, -
17:21 - 17:27die korrupte Polizei und defekte
Gerichte so drastisch zu verändern, -
17:27 - 17:30dass sie in nur vier kurzen Jahren
-
17:30 - 17:34die kommerzielle sexuelle Gewalt
gegen arme Kinder -
17:34 - 17:38um 79 % messbar verringern konnten.
-
17:40 - 17:43Blickt man auf die Geschichte zurück,
-
17:43 - 17:49sieht man, dass die unerklärlichsten
und unentschuldbarsten Dinge -
17:49 - 17:52schlicht und einfach
mangelndes Mitgefühl waren. -
17:53 - 17:58Unsere Enkel werden uns
über Vergangenes zur Rede stellen. -
17:58 - 18:00Und sie werden uns fragen:
-
18:00 - 18:03"Oma, Opa, wo wart ihr?
-
18:04 - 18:08Wo warst du, Opa, als die Juden
aus Nazideutschland geflohen sind -
18:08 - 18:10und an unserer Küste abgewiesen wurden?
-
18:10 - 18:12Wo warst du?
-
18:12 - 18:14Und Oma, wo warst du, als sie
-
18:14 - 18:18unsere japanisch-amerikanischen Nachbarn
zwangen, in Internierungslager zu gehen? -
18:18 - 18:21Und Opa, wo warst du, als sie
-
18:21 - 18:23unsere afro-amerikanischen
Nachbarn schlugen, -
18:23 - 18:26nur weil sie sich für die Wahlen
registrieren lassen wollten?" -
18:26 - 18:31Genauso werden uns unsere Enkel fragen:
-
18:31 - 18:35"Oma, Opa, wo wart ihr,
als zwei Milliarden -
18:35 - 18:41der ärmsten Menschen der Welt
im Chaos alltäglicher Gewalt untergingen? -
18:41 - 18:48Ich hoffe, wir können sagen, wir hatten
Mitgefühl, erhoben unsere Stimme -
18:48 - 18:56und schlossen uns als Generation
zusammen, um die Gewalt zu beenden. -
18:56 - 18:58Vielen Dank.
-
18:58 - 19:02(Applaus)
-
19:14 - 19:17Chris Anderson: Das war ein
sehr eindringlicher Vortrag. -
19:17 - 19:19Erzählen Sie uns doch bitte ein wenig
-
19:19 - 19:26über bereits abgeschlossene Maßnahmen,
wie zum Beispiel die Polizeiausbildung. -
19:26 - 19:27Wie schwierig ist so etwas?
-
19:27 - 19:31GH: Also, es ist vor allem gut,
-
19:31 - 19:36dass diese Systeme zusammenbrechen
und sich nun die Folgen zeigen. -
19:36 - 19:39Es zeigt sich der Wille der Politiker,
tatsächlich etwas zu tun. -
19:39 - 19:43Wir müssen jetzt aber in Ressourcen
investieren und unser Wissen weitergeben. -
19:43 - 19:47Es wird in der Politik auch Diskussionen
geben, ob wir das wollen, -
19:47 - 19:48aber diese Kämpfe kann man gewinnen,
-
19:48 - 19:52wie wir das schon bei der International
Justice Mission gezeigt haben -
19:52 - 19:54und das ist sehr motivierend.
-
19:54 - 19:57CA: Sagen Sie uns bitte anhand
eines Landes, wie viel es kostet, -
19:57 - 20:01etwas Wesentliches zu bewirken,
zum Beispiel bei der Polizei. -
20:01 - 20:03Ich weiß, dass das nur ein Teil ist.
-
20:03 - 20:06GH: Wir haben in Guatemala z. B.
ein Projekt mit der lokalen Polizei, -
20:06 - 20:09den Gerichten und der
Staatsanwaltschaft initiiert. -
20:09 - 20:13Die Verantwortlichen wurden geschult,
um wirksam Fälle verhandeln zu können. -
20:13 - 20:17Danach haben wir eine Zunahme
von Anklagen gegen Sexualstraftäter -
20:17 - 20:20um über 1 000 % festgestellt.
-
20:20 - 20:24Dieses Projekt wurde nur sehr bescheiden
finanziert, mit 1 Mio. Dollar pro Jahr. -
20:24 - 20:27Das verdeutlicht, wie durch wenig Geld
-
20:27 - 20:31ein Durchbruch in einem beschädigten
Justizsystem erreicht werden kann, -
20:31 - 20:36wenn Beteiligte angemessen geschult,
motiviert und geführt werden. -
20:36 - 20:39Insbesondere in diesen Ländern,
in denen sich die Mittelschicht klar ist, -
20:39 - 20:41dass es im Land keine Zukunft
-
20:41 - 20:45angesichts solcher Instabilität und
Privatisierung von Sicherheit geben kann, -
20:45 - 20:48gibt es jetzt die Möglichkeit
für einen Umbruch. -
20:48 - 20:53CA: Aber um dies zu ermöglichen, muss man
jedes Bindeglied der Kette anschauen. -
20:53 - 20:56Wer ist das noch außer der Polizei?
-
20:56 - 20:59GH: Die Rechtsdurchsetzung
beginnt bei der Polizei. -
20:59 - 21:02Sie steht am Anfang der Rechtskette.
-
21:02 - 21:04Die Polizei gibt den Fall
an die Staatsanwaltschaft, -
21:04 - 21:06die den Fall wiederum
dem Gericht übergibt. -
21:06 - 21:09Die Opfer müssen im Laufe dieser Kette
-
21:09 - 21:11durchgehend von Sozialarbeitern
betreut werden. -
21:11 - 21:14Also brauchen wir einen Ansatz,
der diese Schritte vereint. -
21:14 - 21:16Früher gab es ein paar
Schulungen für die Gerichte. -
21:16 - 21:19Aber die Polizei lieferte
schlechte Beweise -
21:19 - 21:23oder sie ermittelte nur bei
Drogendelikten oder Terrorismus. -
21:23 - 21:26Es ging weniger darum, die Rechte
gewöhnlicher armer Menschen -
21:26 - 21:27optimal durchzusetzen.
-
21:27 - 21:29Befolgt man alle Schritte
der Rechtsdurchsetzung, -
21:29 - 21:32dann können auch
die Rechte sehr armer Menschen -
21:32 - 21:34genauso wie bei uns durchgesetzt werden.
-
21:34 - 21:37Die Rechtsdurchsetzung ist
hier bei uns auch nicht perfekt, -
21:37 - 21:40aber es ist toll, dass
Sie 911 wählen können -
21:40 - 21:43und jemand Sie wahrscheinlich
beschützen wird. -
21:43 - 21:46CA: Gary, das hast du großartig gemacht,
-
21:46 - 21:48den Menschen deine Botschaft
in deinem Buch -
21:48 - 21:49und heute hier zu überbringen.
-
21:49 - 21:51Vielen Dank.
-
21:51 - 21:52Gary Haugen.
-
21:52 - 21:53(Applaus)
- Title:
- Der verborgene Grund für Armut, den wir jetzt bekämpfen müssen
- Speaker:
- Gary Haugen
- Description:
-
Seit den 1980er Jahren konnte die Armut auf der Welt durch kollektives Mitgefühl verringert werden, sagt der Bürgerrechtsanwalt Gary Haugen. Trotz der Hilfsgelder aus der ganzen Welt gibt es jedoch nach wie vor ein tiefgreifendes, kaum sichtbares Problem, das die Armut am Leben erhält. Haugen enthüllt die düstere Ursache, die wir jetzt unbedingt bekämpfen müssen.
- Video Language:
- English
- Team:
- closed TED
- Project:
- TEDTalks
- Duration:
- 22:08
Retired user edited German subtitles for The hidden reason for poverty the world needs to address now | ||
Retired user edited German subtitles for The hidden reason for poverty the world needs to address now | ||
Retired user edited German subtitles for The hidden reason for poverty the world needs to address now | ||
Retired user edited German subtitles for The hidden reason for poverty the world needs to address now | ||
Retired user approved German subtitles for The hidden reason for poverty the world needs to address now | ||
Nadine Hennig accepted German subtitles for The hidden reason for poverty the world needs to address now | ||
Nadine Hennig edited German subtitles for The hidden reason for poverty the world needs to address now | ||
Nadine Hennig edited German subtitles for The hidden reason for poverty the world needs to address now |