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MOSFILM
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Tschingis AITMATOW
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DSHAMILJA
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Ja, die Zeit...
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Dinge, die einen beschäftigen,
kommen und gehen.
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Wie viele Jahre sind vergangen...
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Wo sind sie jetzt?
Wo seid ihr geblieben?
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Wie sehr ihr mir heute fehlt!
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Wieder hatte ich einen Misserfolg.
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Versetze mich, lieber Gott, zurück
in jene Zeit, als alles begann.
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SeÏït, geh schnell nach Hause,
deine Mutter ruft dich!
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SeÏït, deine Mutter ruft dich!
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SeÏït, deine Mutter ruft dich!
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- Schon gut, schrei nicht so!
- Beeil dich!
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- Auf deiner Nase sitzt eine Fliege!
- Stimmt gar nicht!
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Auf deiner Nase sitzt eine Fliege!
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Wo denn?
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SeÏït, geh schnell nach Hause,
deine Mutter ruft dich!
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Das sind unsere Häuser,
das Große und das Kleine Haus.
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Ich habe zwei Brüder, beide sind sie,
wie auch mein Vater, an der Front,
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und schon seit langem haben
wir nichts mehr von ihnen gehört.
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Im Kleinen Haus wohnen unsere
nächsten Verwandten.
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Eigentlich sind wir alle eine Familie.
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So ist es bei uns üblich
seit der Nomadenzeit,
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als unsere Vorfahren gemeinsam Jurten
aufschlugen und das Vieh hüteten.
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Auch aus dem Kleinen Haus ist
ein Sohn an der Front.
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So war ich der einzige Mann
in der Familie.
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Die wichtigste Person in unserem Haus
warjedoch meine Mutter.
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Wir nannten sie die,, ÄItere Mutter".
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Was scharwenzelst du um mich herum,
du wirst mich nicht überreden.
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- Was sind Sie bloß für ein Mensch!
- Schlag's dir aus dem Sinn!
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Sie soll mit dem Wagen fahren,
ich habe sonst niemand.
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Wo hat man je gesehen,
dass eine Frau Säcke fährt?
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Wenn ich mein Bein noch hätte,
würde ich die Säcke selber schleppen.
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Lass meine Schwiegertochter in Ruhe.
Sie soll arbeiten wie bisher.
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Ich schaff's kaum noch, versuch du
mal, gleich zwei Höfe zu versorgen.
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Das Kreuz tut mir weh, und der Mais
ist nicht gejätet worden.
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Das ist doch nichts für Frauen, mit
dem zweispänner zu fahren!
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Das weiß ich selbst, aberjemand muss
schließlich die Arbeit machen.
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Alle Männer sind im Krieg, da müssen
eben die Frauen der Soldaten ran.
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Sie geben ihre Schwiegertochter nicht
her, und ich kriege eins aufs Dach.
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Die Soldaten brauchen Brot.
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Wenn Sie Angst haben um sie, kann
SeÏït sie ja beschützen.
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Der lässt niemand an sie heran,
da können Sie beruhigt sein.
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SeÏït ist ein Pfundskerl.
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Jungen wie er sind heute unsere
Ernährer, sind unsere Stütze.
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Ach du Herumtreiber, SeÏït,
hastja einen richtigen Zottelkopf.
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Unser Großvater hat nicht mal Zeit,
seinem Enkel den Kopf zu scheren.
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SeÏït, bleib heute zu Hause
und füttere die Pferde.
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Morgen bekommt Dshamilja einen Wagen
und ihr werdet zusammen arbeiten.
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Keine Bange, SeÏït lässt nicht zu,
dass ihrjemand etwas zuleide tut.
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Wenn's sein muss, schicke
ich euch noch Danijar.
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- Ein harmloser Bursche.
- Wer ist das denn?
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Ein Soldat, er hinkt, ist vor kurzem
von der Front zurückgekehrt.
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SeÏït, deine Mutter will nicht, dass
ich Dshamilja zum Kutscher mache.
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Versuch doch mal, sie zu überreden!
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- Meinst du, die Wölfe fressen sie?
- Na hör mal!
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Was versteht du schon, du Schlaukopf!
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Geh, iss was,
und sei nicht so vorlaut.
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Oberhaupt von zwei Familien ist er!
Sie können stolz auf ihn sein!
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Unsinn, ein Kind ist er noch,
dabei schuftet er Tag und Nacht.
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Verwaist sind unsere Höfe wie ein
verlassenes Nomadenlager.
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Nun weinen Sie doch nicht!
Hauptsache, sie kommen zurück.
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Wie ist's nun mit Dshamilja?
Ich werde nämlich erwartet.
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Du bist aber hartnäckig!
Dshamilja!
-
Ich gebe sie nicht her, und basta!
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Ist sie denn etwas Besseres?
Die anderen arbeiten doch auch.
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Die leben schon 5-6 Jahre in der
Familie, Dshamilja aber erst 2.
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Wir erfüllen so den Plan nicht!
Das können wir doch nicht zulassen.
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Ich habe niemand, der mir hilft,
mach den ganzen Tag den Buckel krumm,
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die Arbeit nimmt kein Ende, und bei
niemand kann man sich beklagen.
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Haben sie denn kein Gewissen? Geben
Sie sie mir wenigstens für eine Woche.
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An der Front brauchen sie Brot!
Lhre Söhne sind doch auch dort!
-
Nun sei schon vernünftig und quäl
mich alten Mann nicht.
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Na schön, Alter, dann fahrt los!
-
Dshamilja! Komm mit nach Hause,
du wirst woanders eingeteilt!
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Danijar und ich, wir werden mit dir
Getreide fahren.
-
Mutter schimpft zwar, aber weigere
dich nicht, einverstanden?
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- Verschnauf dich erst mal!
- Gehn wir!
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- Nimm die Gabel und hilf!
- Gehn wir!
-
Nimm die Gabel.
-
Dshamilja! Dshamilja!
-
Fahr mit uns, wir brauchen
jemand zum Heuaufladen.
-
Such dir einen Wagen aus!
-
- Dshamilja, komm, ich helfe dir!
- Ich auch.
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- Hab dich nicht so!
- Komm ihr nicht zu nah!
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- Was soll das?
- Wenn jetzt der Bruder da wäre...
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- Seht euch den an!
- Schert euch fort!
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Dieser Beschützer scheint einer von
den Dawletbekows zu sein!
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- Stört sie nicht, verzieht euch!
- Was prügelst du dich?!
-
Lhr denkt, weil mein Mann fort ist,
beschützt mich keiner? Weg hier!
-
Was tust du, Dshamilja,
hör auf!
-
Pass gut auf sie auf,
sonst wird sie noch entführt!
-
Der Mähdrescher steht wieder. Darum
bin ich gekommen. Da staunst du?
-
Soll ich dir noch lange
hinterherlaufen? Ist doch lächerlich!
-
Hör auf, geh mir aus dem Weg!
-
Mein Weg ist überall.
-
Wo ich hingehe, ist mein Weg.
Greif ich mir eine, gehört sie mir!
-
Spiel dich mal nicht so auf!
-
Die Männer sind knapp jetzt,
was zierst du dich da.
-
Lass mich!
-
Lass mich in Ruhe!
-
Auch wenn mein Mann nicht zurückkehrt,
dich würde ich nicht mal anspucken.
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Man sieht's, dass deiner Soldat ist,
ohne Peitsche wirst du noch toll.
-
Wärst du meine Frau, würde ich's
dir schon beibringen.
-
Hör auf!
-
- Lass sie in Ruhe! Hau ab!
- Mach, dass du fortkommst!
-
Scher dich fort, du Grünschnabel!
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Warum sprichst du überhaupt mit ihm?
Was gibst du dich mit ihm ab?
-
Denk nicht mehr an ihn.
Lass ihn nur.
-
Der ist doch kein Mensch!
-
Schwer zu sagen, was
in Dshamilja vorgegangen war,
-
warum sie plötzlich
wieder gelöster schien.
-
Ich rannte ihr hinterher
und blickte sie an,
-
und da war mein Kummer
auch auf einmal verflogen.
-
Ich ahnte damals nicht, dass in mir
ein Bild Gestalt annahm,
-
das ich später,, Frau, die auf der
Wiese läuft" nennen würde.
-
Bleib stehen, SeÏït!
-
Ich hole dich ja doch ein!
-
Nun bleib schon stehen!
-
Jetzt ist es aber genug!
-
- Aufhören!
- Ich krieg dich ja doch!
-
Dshamilja, was bist du so fröhlich?
Hast du gute Nachrichten?
-
Nein, Mutter,
ich bis es einfach nur so.
-
Bleib endlich stehen!
Es ist genug, beruhige dich.
-
Dafür habe ich eine Neuigkeit.
Sadyk hat geschrieben!
-
SeÏït, ruf schnell alle herbei,
auch die Nachbarn.
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SeÏït! SeÏït!
-
Ich wusste schon im Voraus,
was Sadyk schrieb.
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Alle seine Briefe glichen einander
wie die Lämmer im Pferch.
-
Sadyks Briefe begannen mit den Worten
,, Nachricht, dass ich gesund bin".
-
Dann teilte erjedes Mal Folgendes mit:
-
,, Ich schicke diesen Brief mit der
Post meinen Verwandten,
-
die im duftenden,
blühenden Talas leben,
-
meinem Großvater Dsholtschubai,
meiner lieben ÄIteren Mutter..."
-
Es folgten seine Mutter und
der Reihe nach alle Übrigen.
-
Dann erkundigte er sich unweigerlich
nach der Gesundheit und dem
-
Wohlergehen der älteren Männer
und der anderen Verwandten.
-
Und erst ganz am Schluss, gleichsam
hastig hinzugefügt, schrieb Sadyk:
-
,, Ich grüße auch
meine Frau Dshamilja."
-
Er erkundigt sich noch nach uns.
-
Da hat er kurz mitgeteilt, dass er
gesund ist, mehr ist gar nicht nötig.
-
Sadyk ist im Lazarett und schreibt,
mein Sohn schweigt schon ein Jahr.
-
Nun hab mal Geduld!
-
Im Krieg kommt alles Mögliche vor.
Wollen wir sie lieber segnen.
-
Was ist los mit dir? Statt dich zu
freuen, lässt du den Kopf hängen.
-
Meinst du etwa, nur dein Mann
ist an der Front?
-
Nein, du bist da nicht allein,
alle haben ihren Kummer.
-
Ertrag es mit allen gemeinsam.
Wie sollte es anders sein?!
-
Du darfst dich grämen, meinetwegen,
nur lass es dir nicht anmerken.
-
Dshamilja und Sadyk hatten ganze
vier Monate zusammengelebt,
-
dann war der Krieg ausgebrochen.
-
Sie kannten sich vom Wettreiten.
-
Wenn ein Reiter ein Mädchen einholt,
darf er sie küssen.
-
Holt er sie nicht ein,
so ist das eine Schande für ihn
-
und das Mädchen kann ihn vor aller
Augen mit der Peitsche schlagen.
-
Es hieß, der gekränkte Sadyk
habe sie daraufhin entführt.
-
Andere behaupteten allerdings, sie
hätten aus Liebe geheiratet.
-
Woher sollte ich das wissen?
-
Ich erinnere mich, wie sie zu uns kam
und ins Haus geführt wurde.
-
Von ihrer Jungmädchenkappe wollte
sie sich auf keinen Fall trennen.
-
Du musst Allah dankbar sein,
meine Tochter.
-
Du bist in ein gesegnetes Haus
und eine starke Familie gekommen.
-
- Das ist dein Glück.
- Das ist in der Tat so.
-
Das Glück besteht darin, Kinder zu
gebären und keinen Mangel zu leiden.
-
Gott sei Dank bekommst du alles.
-
- Du hast Glück gehabt, Töchterchen.
- Das kann man wohl sagen!
-
Das Glück aber ist dem treu, der
Ehre und Gewissen bewahrt.
-
Denke stets daran und lass
dir nichts zuschulden kommen.
-
Bring Glück in unser Haus.
-
- Bring viele Kinder zur Welt.
- Und sei eine mustergültige Ehefrau.
-
So ist sie denn bei uns geblieben.
-
Dshamilja und Sadyk lebten
ganze vier Monate zusammen,
-
dann begann der Krieg.
-
Stärkt euch nur ordentlich!
Morgen müssen wir zeitig los.
-
Ich blieb nicht zu Hause, sondern fuhr
zur Tenne, wo ich meist übernachtete.
-
Die Pferde brachte ich aufs Kleefeld.
-
Wir würden nun zusammen Getreide
zur Bahnstation fahren.
-
Das war wunderbar.
-
Sind das deine Pferde in der Senke?
-
- Zwei gehören mir.
- Und wem gehören die beiden anderen?
-
Dshamilja - so heißt sie doch?
Sie ist eine Verwandte von dir?
-
- Die Frau deines Bruders?
- Ja.
-
Ich soll nach ihnen sehen.
Gib mir mal den Eimer.
-
Danijar, erzähl doch
mal was vom Krieg.
-
Es ist besser, du weißt nichts davon.
-
- Was bist du im Krieg gewesen?
- Soldat war ich.
-
- Hat dich eine Kugel getroffen?
- Ein Granatsplitter.
-
Tut's noch weh?
-
Direkt weh tut es nicht, nur das Knie
kann ich schlecht bewegen.
-
Warum sagen die Leute,
du hättest eine Quetschung?
-
Was Leute nicht alles reden! Schlaf
jetzt, morgen geht's zeitig los.
-
SeÏït, bring schnell meine Pferde her!
Das dauertja eine Ewigkeit!
-
Was stehst du da wie ein Zaunpfahl?
Bist wohl noch nicht aufgewacht?
-
SeÏït, wie lange soll das noch dauern!
Beeilt euch mal ein bisschen!
-
Wir wollen die Steppe hinter uns
haben, bevor es ganz heiß ist!
-
Lhr seid ja ein schönes Paar!
-
Hör mal, so geht das aber nicht!
-
Wollen wir denn jeder
für sich arbeiten?
-
SeÏït, steig auf den Wagen
und staple die Säcke.
-
Gib mir die Hand.
Halt fest.
-
Nimm noch einen.
-
Altynai, gib meinen Männern
mal schön kleinere Säcke,
-
die sind nämlich besonders kräftig!
-
Ich stopfe sie morgen mit Stroh voll.
-
Die weiß, wie sie ihn anpacken muss.
-
Solch ein Kerl
und so ein Schwächling!
-
He, du, Danijar heißt du doch?
-
Siehst eigentlich wie ein Mann aus,
da fahr mal vornweg!
-
- Los, SeÏït!
- Los!
-
- Was machst du dich über ihn lustig?
- Ach der!
-
Ich mach ja nur Spaß, das wird dem
Griesgram schon nichts schaden.
-
Dann begann auch ich Danijar zu
necken, nicht weniger als Dshamilja.
-
Selbst er starrt sie an, was soll man
dann von den anderen verlangen!
-
Sicher dachte er,
keiner würde es merken.
-
Doch ich sah alles, und das gefiel
mir nun schon gar nicht mehr.
-
Ich spürte, wie es gewissermaßen
meine Gefühle verletzte.
-
Mein kindlicher Egoismus ließ mich
furchtbar eifersüchtig werden.
-
Was ist?
-
Wir dachten uns
immer neue Streiche aus.
-
Unter den Säcken, in denen
wir das Getreide beförderten,
-
war einer, der gut 2 Zentner fasste.
-
Eines Tages beschlossen wir,
Danijar einen Streich zu spielen.
-
Schnell!
-
- Er kommt.
- Gehen wir!
-
Los!
-
Los doch!
-
Wir hatten einen weiten Weg vor uns.
-
Wir fuhren zeitig los und erreichten
die Bahnstation nachmittags.
-
Jede Ähre für die Front!
-
Den riesigen Sack
hatten wir ganz vergessen.
-
Wir erinnerten uns erst an ihn, als
wir fast alles abgeladen hatten.
-
Schnall dir die Hose richtig fest,
sonst verlierst du sie unterwegs.
-
- Setz ihn ab, es war doch nur Spass!
- Geh beiseite!
-
Lass den Sack fallen, Danijar!
-
Wirf ihn ab, Danijar!
-
Lauf schnell, SeÏït, und hilf ihm!
-
He, lass den Sack fallen!
Ich befehle es dir!
-
Geh weg!
-
Wirf den Sack hin, Danijar!
-
Wirf ihn hin, hörst du mich?
-
Ja bist du denn übergeschnappt?!
-
Hätte ich etwa nicht erlaubt, den
Sack hier unten auszuschütten?
-
Warum schleppst du mit deinem
kranken Bein solche Säcke?
-
Wenn du nun gefallen wärst?
Wozu schleppst du solche Säcke?!
-
Das ist meine Angelegenheit.
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Danijar, sing doch auch mal was!
-
Ja willst du nun etwas singen?
Bist doch ein ordentlicher Kerl?
-
Da hast du den Falschen gebeten!
-
Damals entdeckten wir
Danijar für uns.
-
Diese Lieder fesselten uns,
verzauberten mich und Dshamilja.
-
Und die ganze Welt, die seit
meiner Kindheit in mir wohnte,
-
die ich kannte,
spürte und liebte,
-
all das wurde in mir lebendig
in Tönen und Farben.
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He, Eldshur!
-
Der Krieg hat begonnen!
-
Es ist Krieg!
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In mir sind die Sänger erwacht, die
vom Recken Manas erzählen,
-
aus meinem Munde
wenden sie sich an das Volk.
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,, In den Krieg! Auf die Pferde! Wider
den Feind, ihr Nachfahren Manas'!
-
In mir klagten
die Witwen und Mütter.
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- Wohin gehst du?
- Ich will die Pferde tränken.
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Dshamilja war völlig verändert.
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Ständig dachte sie nun
angestrengt über etwas nach.
-
Zieh mal deine Bluse aus,
ich will sie waschen.
-
Nur einmal in dieser Zeit
lachte Dshamilja lauthals.
-
Küss uns, sonst fliegst du ins Wasser!
-
Lasst das!
-
Genug gescherzt!
Lass das!
-
Dshamilja!
-
Dshamilja, komm etwas essen!
Dshamilja!
-
Komm SeÏït, setz dich 'ne Weile zu mir!
-
Auch sie bedrückte etwas,
-
etwas ging vor in lhrem Herzen,
und sie fürchtete sich davor.
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Ich wartete darauf, dass sie mir
etwas Wichtiges sagen würde,
-
erklären würde, was sie beunruhigt.
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Schließlich war sie die
Schwiegertochter meiner Eltern,
-
die Frau meines Bruders.
-
Warum hast du angehalten?
Was schaust du so?
-
Fahr zu, starr mich nicht an.
Fahr zu, hörst du nicht?
-
Am nächsten Morgen erwachte ich
voller unruhe und Freude zugleich.
-
Mir wollte nicht aus dem Sinn,
was ich nachts gesehen hatte.
-
Ich ging wie im Schlaf und blickte
voller Staunen in die Welt,
-
als sähe ich alles zum ersten Mal.
-
Orosmat, ich kann nicht mehr dorthin
fahren, verstehen Sie mich doch!
-
Was sagst du da?
-
Ich weigere mich nicht zu arbeiten,
nur geben Sie mir etwas Anderes.
-
Zur Bahnstation fahre ich nicht mehr!
-
Was ist mit dir, Dshamilja?
Ich habe keine andere Arbeit.
-
Lassen Sie mich gehen, bitte!
-
- Dich hat wohl 'ne Bremse gestochen?
- Ich will nicht mehr und basta!
-
- Das kommt gar nicht in Frage!
- Ich fahre nicht mehr zur Station.
-
Erklär mir, was geschehen ist!
-
Schicken Sie mich sonst wohin,
nur nicht zur Bahnstation.
-
Wenn dich jemand gekränkt hat, sag's!
-
Ich weigere mich ja nicht zu arbeiten.
-
- Die Soldaten brauchen Getreide!
- Dorthin kann ich nicht mehr fahren!
-
Und ich kann nicht anders. Ich hab
nichts Anderes für dich zu tun.
-
Altynai, lass die Leute gehn.
-
Ich verspäte mich.
Dshamilja, fahr los!
-
Bismillah!
-
,, Bismillah!
Allah segne es!"
-
Sagte ich wie einst mein
Vater, als er mich
-
zum ersten Mal aufs Pferd setzte.
-
Bismillah!
Das bedeutet einen neuen Beginn.
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SeÏït!
-
SeÏït!
-
SeÏït!
Bist du taub geworden?
-
Die Wagen sind seit einer Stunde
beladen. Was tust du hier?
-
Gib mir das!
-
Da, nimm es.
-
Ich war mir nicht sicher, ob die
Zeichnung das ausdrückte,
-
was ich damit sagen wollte.
-
Tief im Herzen empfand ich jedoch
eine naive Freude,
-
ja sogar Stolz.
-
Und verlockende Träume
verwirrten mir den Sinn.
-
Schon wollte ich
viele herrliche Bilder malen.
-
Danijar, hilf mir mal,
das Zaumzeug zu ordnen.
-
Verstehst du denn gar nichts?
-
Als ob es nur mich gibt auf der Welt!
Meinst du, mir fällt es leicht?
-
Ist hierjemand aus dem Ail Kurkurëu?
-
Hast du 'ne Ahnung?
-
Nein.
Frag dort mal!
-
Wer ist hier aus Kurkurëu?
Habt ihrjemand von dort gesehen?
-
Nein.
-
Wer ist aus dem Ail Kurkurëu?
-
Dort istjemand, an den Wagen.
-
Dshamilja, ach Dshamilja!
-
Dshamilja,
erkennst du mich nicht?
-
Dshamilja, sei gegrüßt!
Wie geht es euch hier?
-
Ich hab's geahnt, dass ihr hier seid.
Ja, ich komme gerade von Sadyk.
-
Wir waren zusammen im Lazarett.
-
In ein, zwei Monaten kommt er zurück.
Ich habe einen Brief von ihm.
-
- Kerim!
- Da ist er.
-
- Kerim!
- Grüß dich!
-
Kerim ist gekommen!
-
Du bist wohl nicht ganz bei Trost?!
-
Wohin willst du so plötzlich?
-
Dshamilja kehrte lange nicht zurück.
Wo war sie nur geblieben?
-
Danijar schlief auch nicht.
-
Nach all dem würde er weggehen,
würde nicht im Ail bleiben.
-
Doch wo sollte er hin?
Warum geht es so zu im Leben?
-
Ich wäre am liebsten zu ihm gegangen,
hätte ihn umarmt
-
und etwas Aufmunterndes gesagt.
-
Doch was konnte ich ihm schon sagen?
-
Danijar, da bin ich.
-
Ich bin von selbst gekommen.
-
Umarme mich, Danijar, umarme mich!
-
Sollen sie reden, was sie wollen!
Bist du etwa schuld daran?
-
Und auch ich habe keine Schuld.
Ich habe immer auf dich gewartet.
-
Ich wusste, dass du zu mir kommst.
Mein Liebster, mein Einsamer.
-
Ich kann nicht länger ohne dich leben.
Ich kann es nicht, Danijar.
-
Mein Lieber.
-
Ich liebe dich.
Ich kann nicht mehr...
-
Liebt er mich denn? In seinen Briefen
grüßt er mich nur ganz zum Schluss.
-
- Danijar, umarme mich!
- Dshamilja...
-
Niemand anderem sollst du je gehören!
-
Bald ist's Herbst, dachte ich.
-
Schade, dass der Sommer
so schnell zu Ende geht.
-
Ja, ich hatte nicht geahnt, was
uns in jenem Herbst erwarten würde.
-
Dshamilja! Dshamilja!
-
Dshamilja!
-
Erstjetzt, als ich auf der Erde lag,
-
begriff ich mit einem Mal,
dass ich Dshamilja liebte.
-
Es war dies meine erste,
noch kindliche Liebe.
-
Lange lag ich so da, den Kopf
auf den feuchten Ellbogen gelegt.
-
Nicht nur von Dshamilja und Danijar
nahm ich Abschied,
-
Ich nahm Abschied
von meiner Kindheit.
-
Als ich nach Hause kam
-
wurde mir klar,
warum sie weggegangen waren.
-
Sadyk war zurückgekommen.
-
Schon lange hatten wir ihn erwartet.
-
Wie viel Gerede und Klatsch
gab es nun auf einmal in unserem Ail!
-
Doch Mutter ließ sich nicht beirren.
-
Wie mühte sie sich, Sadyk einen
gebührlichen Empfang zu bereiten!
-
Offensichtlich fühlte sie sich
schuldig ihm gegenüber.
-
Daher wollte sie ihn nach altem
Brauch empfangen und segnen.
-
Diesen zugelaufenen Hund hätte man
längst aus dem Ail jagen sollen!
-
Fällt er mir in die Hände, schlag ich
ihn tot, soll man mich verurteilen!
-
Ich lasse nicht zu, dass ein jeder
Herumtreiber unsere Frauen entführt.
-
Rasch aufgesessen, wir greifen
ihn uns an der Bahnstation!
-
Was ist das?
-
Hast du das gezeichnet?
-
- Wir sind soweit, Sadyk!
- Ich komme gleich!
-
Wer ist das?
-
Antworte.
Er hat dich etwas gefragt.
-
Wo sind sie hin?
-
In welche Richtung?
Zum Bahnhof oder zur Ausweichstelle?
-
- Sadyk, wir warten nur auf dich!
- Gleich!
-
Ich frage dich, ob sie zur Station
oder zur Ausweichstelle sind!
-
Zerreiß es nicht!
-
Wenn sie ihnen doch entkämen!
Lauft davon, so schnell ihr könnt!
-
Lhr werdet verfolgt, eure Verfolger
sind schon nahe, sie sind zu Pferd!
-
Nimm dich in Acht, Dshamilja!
Sie sind euch auf den Fersen!
-
Lauft, was ihr könnt!
-
Nicht schießen!
Du darfst nicht schießen!
-
Schade, dass sie uns entwischt sind.
Ich hätte sie auf der Stelle getötet.
-
Das geschieht ihr ganz recht!
-
Zugrunde wird sie gehen, Dshamilja.
-
Wohin ist sie nur gegangen? Und wozu?
-
Ach, Dshamilja!
-
Ach, Dshamilja, Dshamilja...
-
Was für eine Hausfrau
wäre sie für unsere Familie geworden!
-
Fort ist sie, hat sich losgesagt von uns.
-
Warum hat sie das bloß getan?
-
Hat sie es etwa schlecht gehabt?
-
Morgen fahre ich in die Stadt.
Ich soll studieren.
-
- Ich will malen.
- Was willst du?
-
Ich will Maler werden.
-
Na schön, dann fahr eben.
-
Lhr seid flügge geworden und schlagt
auf eigene Weise mit den Flügeln.
-
Wie sollen wir wissen, ob ihr nicht
eines Tages hoch hinauffliegt.
-
Dann geh mal studieren.
-
Vielleicht überlegst du's dir
in der Stadt anders.
-
Zeichnen und Malen ist kein Handwerk.
-
Aber vielleicht hast du Recht.
-
Fahr nur!
-
Aber vergiss dein Elternhaus nicht.
-
An jenem Tag ging ein Riss durch
unser Haus, und ich fuhr zum Studium.
-
Auch heute erlebe ich Misserfolge
und schwierige Augenblicke,
-
da ich den Glauben an mich verliere.
-
Dann schaue ich mir lange meine
Zeichnungen aus der Kindheit an
-
und unterhalte mich stumm mit ihnen.
-
Heute weiß ich, dass die Kunst
einem wilden Pferd ähnelt.
-
Wie oft fiel ich, stand wieder auf...
-
Beim Anblick meiner Zeichnungen
denke ich an Dshamilja und Danijar.
-
Diese unvergesslichen Menschen haben
-
Mir die Schönheit der Welt offenbart.
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Regie:
Irina POPLAWSKAJA
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Kamera:
Kadyrshan KYDYRALIJEW
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Bauten:
Anatoli KuSNEZOW
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Musik:
N. SIDELNIKOW
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Deutsche untertitel:
Friedrich PREuSS
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Darsteller:
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Dshamilja:
Natalja ARINBASSAROWA
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Danijar:
Sjuimenkul TSCHOKMOROW
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SeÏït:
Nasredin DuBASCHEW
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Mutter: A. DSHANGOROSOWA
Sadyk: A. KENSHEKOW
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Osmon: M. BACHTYGIREJEW
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Maler: B. BEJSCHENALIJEW
Vorarbeiter Orosmat: N. KITAJEW
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Sprecher:
Tschingis AITMATOW
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Ende