MOSFILM
Tschingis AITMATOW
DSHAMILJA
Ja, die Zeit...
Dinge, die einen beschäftigen,
kommen und gehen.
Wie viele Jahre sind vergangen...
Wo sind sie jetzt?
Wo seid ihr geblieben?
Wie sehr ihr mir heute fehlt!
Wieder hatte ich einen Misserfolg.
Versetze mich, lieber Gott, zurück
in jene Zeit, als alles begann.
SeÏït, geh schnell nach Hause,
deine Mutter ruft dich!
SeÏït, deine Mutter ruft dich!
SeÏït, deine Mutter ruft dich!
- Schon gut, schrei nicht so!
- Beeil dich!
- Auf deiner Nase sitzt eine Fliege!
- Stimmt gar nicht!
Auf deiner Nase sitzt eine Fliege!
Wo denn?
SeÏït, geh schnell nach Hause,
deine Mutter ruft dich!
Das sind unsere Häuser,
das Große und das Kleine Haus.
Ich habe zwei Brüder, beide sind sie,
wie auch mein Vater, an der Front,
und schon seit langem haben
wir nichts mehr von ihnen gehört.
Im Kleinen Haus wohnen unsere
nächsten Verwandten.
Eigentlich sind wir alle eine Familie.
So ist es bei uns üblich
seit der Nomadenzeit,
als unsere Vorfahren gemeinsam Jurten
aufschlugen und das Vieh hüteten.
Auch aus dem Kleinen Haus ist
ein Sohn an der Front.
So war ich der einzige Mann
in der Familie.
Die wichtigste Person in unserem Haus
warjedoch meine Mutter.
Wir nannten sie die,, ÄItere Mutter".
Was scharwenzelst du um mich herum,
du wirst mich nicht überreden.
- Was sind Sie bloß für ein Mensch!
- Schlag's dir aus dem Sinn!
Sie soll mit dem Wagen fahren,
ich habe sonst niemand.
Wo hat man je gesehen,
dass eine Frau Säcke fährt?
Wenn ich mein Bein noch hätte,
würde ich die Säcke selber schleppen.
Lass meine Schwiegertochter in Ruhe.
Sie soll arbeiten wie bisher.
Ich schaff's kaum noch, versuch du
mal, gleich zwei Höfe zu versorgen.
Das Kreuz tut mir weh, und der Mais
ist nicht gejätet worden.
Das ist doch nichts für Frauen, mit
dem zweispänner zu fahren!
Das weiß ich selbst, aberjemand muss
schließlich die Arbeit machen.
Alle Männer sind im Krieg, da müssen
eben die Frauen der Soldaten ran.
Sie geben ihre Schwiegertochter nicht
her, und ich kriege eins aufs Dach.
Die Soldaten brauchen Brot.
Wenn Sie Angst haben um sie, kann
SeÏït sie ja beschützen.
Der lässt niemand an sie heran,
da können Sie beruhigt sein.
SeÏït ist ein Pfundskerl.
Jungen wie er sind heute unsere
Ernährer, sind unsere Stütze.
Ach du Herumtreiber, SeÏït,
hastja einen richtigen Zottelkopf.
Unser Großvater hat nicht mal Zeit,
seinem Enkel den Kopf zu scheren.
SeÏït, bleib heute zu Hause
und füttere die Pferde.
Morgen bekommt Dshamilja einen Wagen
und ihr werdet zusammen arbeiten.
Keine Bange, SeÏït lässt nicht zu,
dass ihrjemand etwas zuleide tut.
Wenn's sein muss, schicke
ich euch noch Danijar.
- Ein harmloser Bursche.
- Wer ist das denn?
Ein Soldat, er hinkt, ist vor kurzem
von der Front zurückgekehrt.
SeÏït, deine Mutter will nicht, dass
ich Dshamilja zum Kutscher mache.
Versuch doch mal, sie zu überreden!
- Meinst du, die Wölfe fressen sie?
- Na hör mal!
Was versteht du schon, du Schlaukopf!
Geh, iss was,
und sei nicht so vorlaut.
Oberhaupt von zwei Familien ist er!
Sie können stolz auf ihn sein!
Unsinn, ein Kind ist er noch,
dabei schuftet er Tag und Nacht.
Verwaist sind unsere Höfe wie ein
verlassenes Nomadenlager.
Nun weinen Sie doch nicht!
Hauptsache, sie kommen zurück.
Wie ist's nun mit Dshamilja?
Ich werde nämlich erwartet.
Du bist aber hartnäckig!
Dshamilja!
Ich gebe sie nicht her, und basta!
Ist sie denn etwas Besseres?
Die anderen arbeiten doch auch.
Die leben schon 5-6 Jahre in der
Familie, Dshamilja aber erst 2.
Wir erfüllen so den Plan nicht!
Das können wir doch nicht zulassen.
Ich habe niemand, der mir hilft,
mach den ganzen Tag den Buckel krumm,
die Arbeit nimmt kein Ende, und bei
niemand kann man sich beklagen.
Haben sie denn kein Gewissen? Geben
Sie sie mir wenigstens für eine Woche.
An der Front brauchen sie Brot!
Lhre Söhne sind doch auch dort!
Nun sei schon vernünftig und quäl
mich alten Mann nicht.
Na schön, Alter, dann fahrt los!
Dshamilja! Komm mit nach Hause,
du wirst woanders eingeteilt!
Danijar und ich, wir werden mit dir
Getreide fahren.
Mutter schimpft zwar, aber weigere
dich nicht, einverstanden?
- Verschnauf dich erst mal!
- Gehn wir!
- Nimm die Gabel und hilf!
- Gehn wir!
Nimm die Gabel.
Dshamilja! Dshamilja!
Fahr mit uns, wir brauchen
jemand zum Heuaufladen.
Such dir einen Wagen aus!
- Dshamilja, komm, ich helfe dir!
- Ich auch.
- Hab dich nicht so!
- Komm ihr nicht zu nah!
- Was soll das?
- Wenn jetzt der Bruder da wäre...
- Seht euch den an!
- Schert euch fort!
Dieser Beschützer scheint einer von
den Dawletbekows zu sein!
- Stört sie nicht, verzieht euch!
- Was prügelst du dich?!
Lhr denkt, weil mein Mann fort ist,
beschützt mich keiner? Weg hier!
Was tust du, Dshamilja,
hör auf!
Pass gut auf sie auf,
sonst wird sie noch entführt!
Der Mähdrescher steht wieder. Darum
bin ich gekommen. Da staunst du?
Soll ich dir noch lange
hinterherlaufen? Ist doch lächerlich!
Hör auf, geh mir aus dem Weg!
Mein Weg ist überall.
Wo ich hingehe, ist mein Weg.
Greif ich mir eine, gehört sie mir!
Spiel dich mal nicht so auf!
Die Männer sind knapp jetzt,
was zierst du dich da.
Lass mich!
Lass mich in Ruhe!
Auch wenn mein Mann nicht zurückkehrt,
dich würde ich nicht mal anspucken.
Man sieht's, dass deiner Soldat ist,
ohne Peitsche wirst du noch toll.
Wärst du meine Frau, würde ich's
dir schon beibringen.
Hör auf!
- Lass sie in Ruhe! Hau ab!
- Mach, dass du fortkommst!
Scher dich fort, du Grünschnabel!
Warum sprichst du überhaupt mit ihm?
Was gibst du dich mit ihm ab?
Denk nicht mehr an ihn.
Lass ihn nur.
Der ist doch kein Mensch!
Schwer zu sagen, was
in Dshamilja vorgegangen war,
warum sie plötzlich
wieder gelöster schien.
Ich rannte ihr hinterher
und blickte sie an,
und da war mein Kummer
auch auf einmal verflogen.
Ich ahnte damals nicht, dass in mir
ein Bild Gestalt annahm,
das ich später,, Frau, die auf der
Wiese läuft" nennen würde.
Bleib stehen, SeÏït!
Ich hole dich ja doch ein!
Nun bleib schon stehen!
Jetzt ist es aber genug!
- Aufhören!
- Ich krieg dich ja doch!
Dshamilja, was bist du so fröhlich?
Hast du gute Nachrichten?
Nein, Mutter,
ich bis es einfach nur so.
Bleib endlich stehen!
Es ist genug, beruhige dich.
Dafür habe ich eine Neuigkeit.
Sadyk hat geschrieben!
SeÏït, ruf schnell alle herbei,
auch die Nachbarn.
SeÏït! SeÏït!
Ich wusste schon im Voraus,
was Sadyk schrieb.
Alle seine Briefe glichen einander
wie die Lämmer im Pferch.
Sadyks Briefe begannen mit den Worten
,, Nachricht, dass ich gesund bin".
Dann teilte erjedes Mal Folgendes mit:
,, Ich schicke diesen Brief mit der
Post meinen Verwandten,
die im duftenden,
blühenden Talas leben,
meinem Großvater Dsholtschubai,
meiner lieben ÄIteren Mutter..."
Es folgten seine Mutter und
der Reihe nach alle Übrigen.
Dann erkundigte er sich unweigerlich
nach der Gesundheit und dem
Wohlergehen der älteren Männer
und der anderen Verwandten.
Und erst ganz am Schluss, gleichsam
hastig hinzugefügt, schrieb Sadyk:
,, Ich grüße auch
meine Frau Dshamilja."
Er erkundigt sich noch nach uns.
Da hat er kurz mitgeteilt, dass er
gesund ist, mehr ist gar nicht nötig.
Sadyk ist im Lazarett und schreibt,
mein Sohn schweigt schon ein Jahr.
Nun hab mal Geduld!
Im Krieg kommt alles Mögliche vor.
Wollen wir sie lieber segnen.
Was ist los mit dir? Statt dich zu
freuen, lässt du den Kopf hängen.
Meinst du etwa, nur dein Mann
ist an der Front?
Nein, du bist da nicht allein,
alle haben ihren Kummer.
Ertrag es mit allen gemeinsam.
Wie sollte es anders sein?!
Du darfst dich grämen, meinetwegen,
nur lass es dir nicht anmerken.
Dshamilja und Sadyk hatten ganze
vier Monate zusammengelebt,
dann war der Krieg ausgebrochen.
Sie kannten sich vom Wettreiten.
Wenn ein Reiter ein Mädchen einholt,
darf er sie küssen.
Holt er sie nicht ein,
so ist das eine Schande für ihn
und das Mädchen kann ihn vor aller
Augen mit der Peitsche schlagen.
Es hieß, der gekränkte Sadyk
habe sie daraufhin entführt.
Andere behaupteten allerdings, sie
hätten aus Liebe geheiratet.
Woher sollte ich das wissen?
Ich erinnere mich, wie sie zu uns kam
und ins Haus geführt wurde.
Von ihrer Jungmädchenkappe wollte
sie sich auf keinen Fall trennen.
Du musst Allah dankbar sein,
meine Tochter.
Du bist in ein gesegnetes Haus
und eine starke Familie gekommen.
- Das ist dein Glück.
- Das ist in der Tat so.
Das Glück besteht darin, Kinder zu
gebären und keinen Mangel zu leiden.
Gott sei Dank bekommst du alles.
- Du hast Glück gehabt, Töchterchen.
- Das kann man wohl sagen!
Das Glück aber ist dem treu, der
Ehre und Gewissen bewahrt.
Denke stets daran und lass
dir nichts zuschulden kommen.
Bring Glück in unser Haus.
- Bring viele Kinder zur Welt.
- Und sei eine mustergültige Ehefrau.
So ist sie denn bei uns geblieben.
Dshamilja und Sadyk lebten
ganze vier Monate zusammen,
dann begann der Krieg.
Stärkt euch nur ordentlich!
Morgen müssen wir zeitig los.
Ich blieb nicht zu Hause, sondern fuhr
zur Tenne, wo ich meist übernachtete.
Die Pferde brachte ich aufs Kleefeld.
Wir würden nun zusammen Getreide
zur Bahnstation fahren.
Das war wunderbar.
Sind das deine Pferde in der Senke?
- Zwei gehören mir.
- Und wem gehören die beiden anderen?
Dshamilja - so heißt sie doch?
Sie ist eine Verwandte von dir?
- Die Frau deines Bruders?
- Ja.
Ich soll nach ihnen sehen.
Gib mir mal den Eimer.
Danijar, erzähl doch
mal was vom Krieg.
Es ist besser, du weißt nichts davon.
- Was bist du im Krieg gewesen?
- Soldat war ich.
- Hat dich eine Kugel getroffen?
- Ein Granatsplitter.
Tut's noch weh?
Direkt weh tut es nicht, nur das Knie
kann ich schlecht bewegen.
Warum sagen die Leute,
du hättest eine Quetschung?
Was Leute nicht alles reden! Schlaf
jetzt, morgen geht's zeitig los.
SeÏït, bring schnell meine Pferde her!
Das dauertja eine Ewigkeit!
Was stehst du da wie ein Zaunpfahl?
Bist wohl noch nicht aufgewacht?
SeÏït, wie lange soll das noch dauern!
Beeilt euch mal ein bisschen!
Wir wollen die Steppe hinter uns
haben, bevor es ganz heiß ist!
Lhr seid ja ein schönes Paar!
Hör mal, so geht das aber nicht!
Wollen wir denn jeder
für sich arbeiten?
SeÏït, steig auf den Wagen
und staple die Säcke.
Gib mir die Hand.
Halt fest.
Nimm noch einen.
Altynai, gib meinen Männern
mal schön kleinere Säcke,
die sind nämlich besonders kräftig!
Ich stopfe sie morgen mit Stroh voll.
Die weiß, wie sie ihn anpacken muss.
Solch ein Kerl
und so ein Schwächling!
He, du, Danijar heißt du doch?
Siehst eigentlich wie ein Mann aus,
da fahr mal vornweg!
- Los, SeÏït!
- Los!
- Was machst du dich über ihn lustig?
- Ach der!
Ich mach ja nur Spaß, das wird dem
Griesgram schon nichts schaden.
Dann begann auch ich Danijar zu
necken, nicht weniger als Dshamilja.
Selbst er starrt sie an, was soll man
dann von den anderen verlangen!
Sicher dachte er,
keiner würde es merken.
Doch ich sah alles, und das gefiel
mir nun schon gar nicht mehr.
Ich spürte, wie es gewissermaßen
meine Gefühle verletzte.
Mein kindlicher Egoismus ließ mich
furchtbar eifersüchtig werden.
Was ist?
Wir dachten uns
immer neue Streiche aus.
Unter den Säcken, in denen
wir das Getreide beförderten,
war einer, der gut 2 Zentner fasste.
Eines Tages beschlossen wir,
Danijar einen Streich zu spielen.
Schnell!
- Er kommt.
- Gehen wir!
Los!
Los doch!
Wir hatten einen weiten Weg vor uns.
Wir fuhren zeitig los und erreichten
die Bahnstation nachmittags.
Jede Ähre für die Front!
Den riesigen Sack
hatten wir ganz vergessen.
Wir erinnerten uns erst an ihn, als
wir fast alles abgeladen hatten.
Schnall dir die Hose richtig fest,
sonst verlierst du sie unterwegs.
- Setz ihn ab, es war doch nur Spass!
- Geh beiseite!
Lass den Sack fallen, Danijar!
Wirf ihn ab, Danijar!
Lauf schnell, SeÏït, und hilf ihm!
He, lass den Sack fallen!
Ich befehle es dir!
Geh weg!
Wirf den Sack hin, Danijar!
Wirf ihn hin, hörst du mich?
Ja bist du denn übergeschnappt?!
Hätte ich etwa nicht erlaubt, den
Sack hier unten auszuschütten?
Warum schleppst du mit deinem
kranken Bein solche Säcke?
Wenn du nun gefallen wärst?
Wozu schleppst du solche Säcke?!
Das ist meine Angelegenheit.
Danijar, sing doch auch mal was!
Ja willst du nun etwas singen?
Bist doch ein ordentlicher Kerl?
Da hast du den Falschen gebeten!
Damals entdeckten wir
Danijar für uns.
Diese Lieder fesselten uns,
verzauberten mich und Dshamilja.
Und die ganze Welt, die seit
meiner Kindheit in mir wohnte,
die ich kannte,
spürte und liebte,
all das wurde in mir lebendig
in Tönen und Farben.
He, Eldshur!
Der Krieg hat begonnen!
Es ist Krieg!
In mir sind die Sänger erwacht, die
vom Recken Manas erzählen,
aus meinem Munde
wenden sie sich an das Volk.
,, In den Krieg! Auf die Pferde! Wider
den Feind, ihr Nachfahren Manas'!
In mir klagten
die Witwen und Mütter.
- Wohin gehst du?
- Ich will die Pferde tränken.
Dshamilja war völlig verändert.
Ständig dachte sie nun
angestrengt über etwas nach.
Zieh mal deine Bluse aus,
ich will sie waschen.
Nur einmal in dieser Zeit
lachte Dshamilja lauthals.
Küss uns, sonst fliegst du ins Wasser!
Lasst das!
Genug gescherzt!
Lass das!
Dshamilja!
Dshamilja, komm etwas essen!
Dshamilja!
Komm SeÏït, setz dich 'ne Weile zu mir!
Auch sie bedrückte etwas,
etwas ging vor in lhrem Herzen,
und sie fürchtete sich davor.
Ich wartete darauf, dass sie mir
etwas Wichtiges sagen würde,
erklären würde, was sie beunruhigt.
Schließlich war sie die
Schwiegertochter meiner Eltern,
die Frau meines Bruders.
Warum hast du angehalten?
Was schaust du so?
Fahr zu, starr mich nicht an.
Fahr zu, hörst du nicht?
Am nächsten Morgen erwachte ich
voller unruhe und Freude zugleich.
Mir wollte nicht aus dem Sinn,
was ich nachts gesehen hatte.
Ich ging wie im Schlaf und blickte
voller Staunen in die Welt,
als sähe ich alles zum ersten Mal.
Orosmat, ich kann nicht mehr dorthin
fahren, verstehen Sie mich doch!
Was sagst du da?
Ich weigere mich nicht zu arbeiten,
nur geben Sie mir etwas Anderes.
Zur Bahnstation fahre ich nicht mehr!
Was ist mit dir, Dshamilja?
Ich habe keine andere Arbeit.
Lassen Sie mich gehen, bitte!
- Dich hat wohl 'ne Bremse gestochen?
- Ich will nicht mehr und basta!
- Das kommt gar nicht in Frage!
- Ich fahre nicht mehr zur Station.
Erklär mir, was geschehen ist!
Schicken Sie mich sonst wohin,
nur nicht zur Bahnstation.
Wenn dich jemand gekränkt hat, sag's!
Ich weigere mich ja nicht zu arbeiten.
- Die Soldaten brauchen Getreide!
- Dorthin kann ich nicht mehr fahren!
Und ich kann nicht anders. Ich hab
nichts Anderes für dich zu tun.
Altynai, lass die Leute gehn.
Ich verspäte mich.
Dshamilja, fahr los!
Bismillah!
,, Bismillah!
Allah segne es!"
Sagte ich wie einst mein
Vater, als er mich
zum ersten Mal aufs Pferd setzte.
Bismillah!
Das bedeutet einen neuen Beginn.
SeÏït!
SeÏït!
SeÏït!
Bist du taub geworden?
Die Wagen sind seit einer Stunde
beladen. Was tust du hier?
Gib mir das!
Da, nimm es.
Ich war mir nicht sicher, ob die
Zeichnung das ausdrückte,
was ich damit sagen wollte.
Tief im Herzen empfand ich jedoch
eine naive Freude,
ja sogar Stolz.
Und verlockende Träume
verwirrten mir den Sinn.
Schon wollte ich
viele herrliche Bilder malen.
Danijar, hilf mir mal,
das Zaumzeug zu ordnen.
Verstehst du denn gar nichts?
Als ob es nur mich gibt auf der Welt!
Meinst du, mir fällt es leicht?
Ist hierjemand aus dem Ail Kurkurëu?
Hast du 'ne Ahnung?
Nein.
Frag dort mal!
Wer ist hier aus Kurkurëu?
Habt ihrjemand von dort gesehen?
Nein.
Wer ist aus dem Ail Kurkurëu?
Dort istjemand, an den Wagen.
Dshamilja, ach Dshamilja!
Dshamilja,
erkennst du mich nicht?
Dshamilja, sei gegrüßt!
Wie geht es euch hier?
Ich hab's geahnt, dass ihr hier seid.
Ja, ich komme gerade von Sadyk.
Wir waren zusammen im Lazarett.
In ein, zwei Monaten kommt er zurück.
Ich habe einen Brief von ihm.
- Kerim!
- Da ist er.
- Kerim!
- Grüß dich!
Kerim ist gekommen!
Du bist wohl nicht ganz bei Trost?!
Wohin willst du so plötzlich?
Dshamilja kehrte lange nicht zurück.
Wo war sie nur geblieben?
Danijar schlief auch nicht.
Nach all dem würde er weggehen,
würde nicht im Ail bleiben.
Doch wo sollte er hin?
Warum geht es so zu im Leben?
Ich wäre am liebsten zu ihm gegangen,
hätte ihn umarmt
und etwas Aufmunterndes gesagt.
Doch was konnte ich ihm schon sagen?
Danijar, da bin ich.
Ich bin von selbst gekommen.
Umarme mich, Danijar, umarme mich!
Sollen sie reden, was sie wollen!
Bist du etwa schuld daran?
Und auch ich habe keine Schuld.
Ich habe immer auf dich gewartet.
Ich wusste, dass du zu mir kommst.
Mein Liebster, mein Einsamer.
Ich kann nicht länger ohne dich leben.
Ich kann es nicht, Danijar.
Mein Lieber.
Ich liebe dich.
Ich kann nicht mehr...
Liebt er mich denn? In seinen Briefen
grüßt er mich nur ganz zum Schluss.
- Danijar, umarme mich!
- Dshamilja...
Niemand anderem sollst du je gehören!
Bald ist's Herbst, dachte ich.
Schade, dass der Sommer
so schnell zu Ende geht.
Ja, ich hatte nicht geahnt, was
uns in jenem Herbst erwarten würde.
Dshamilja! Dshamilja!
Dshamilja!
Erstjetzt, als ich auf der Erde lag,
begriff ich mit einem Mal,
dass ich Dshamilja liebte.
Es war dies meine erste,
noch kindliche Liebe.
Lange lag ich so da, den Kopf
auf den feuchten Ellbogen gelegt.
Nicht nur von Dshamilja und Danijar
nahm ich Abschied,
Ich nahm Abschied
von meiner Kindheit.
Als ich nach Hause kam
wurde mir klar,
warum sie weggegangen waren.
Sadyk war zurückgekommen.
Schon lange hatten wir ihn erwartet.
Wie viel Gerede und Klatsch
gab es nun auf einmal in unserem Ail!
Doch Mutter ließ sich nicht beirren.
Wie mühte sie sich, Sadyk einen
gebührlichen Empfang zu bereiten!
Offensichtlich fühlte sie sich
schuldig ihm gegenüber.
Daher wollte sie ihn nach altem
Brauch empfangen und segnen.
Diesen zugelaufenen Hund hätte man
längst aus dem Ail jagen sollen!
Fällt er mir in die Hände, schlag ich
ihn tot, soll man mich verurteilen!
Ich lasse nicht zu, dass ein jeder
Herumtreiber unsere Frauen entführt.
Rasch aufgesessen, wir greifen
ihn uns an der Bahnstation!
Was ist das?
Hast du das gezeichnet?
- Wir sind soweit, Sadyk!
- Ich komme gleich!
Wer ist das?
Antworte.
Er hat dich etwas gefragt.
Wo sind sie hin?
In welche Richtung?
Zum Bahnhof oder zur Ausweichstelle?
- Sadyk, wir warten nur auf dich!
- Gleich!
Ich frage dich, ob sie zur Station
oder zur Ausweichstelle sind!
Zerreiß es nicht!
Wenn sie ihnen doch entkämen!
Lauft davon, so schnell ihr könnt!
Lhr werdet verfolgt, eure Verfolger
sind schon nahe, sie sind zu Pferd!
Nimm dich in Acht, Dshamilja!
Sie sind euch auf den Fersen!
Lauft, was ihr könnt!
Nicht schießen!
Du darfst nicht schießen!
Schade, dass sie uns entwischt sind.
Ich hätte sie auf der Stelle getötet.
Das geschieht ihr ganz recht!
Zugrunde wird sie gehen, Dshamilja.
Wohin ist sie nur gegangen? Und wozu?
Ach, Dshamilja!
Ach, Dshamilja, Dshamilja...
Was für eine Hausfrau
wäre sie für unsere Familie geworden!
Fort ist sie, hat sich losgesagt von uns.
Warum hat sie das bloß getan?
Hat sie es etwa schlecht gehabt?
Morgen fahre ich in die Stadt.
Ich soll studieren.
- Ich will malen.
- Was willst du?
Ich will Maler werden.
Na schön, dann fahr eben.
Lhr seid flügge geworden und schlagt
auf eigene Weise mit den Flügeln.
Wie sollen wir wissen, ob ihr nicht
eines Tages hoch hinauffliegt.
Dann geh mal studieren.
Vielleicht überlegst du's dir
in der Stadt anders.
Zeichnen und Malen ist kein Handwerk.
Aber vielleicht hast du Recht.
Fahr nur!
Aber vergiss dein Elternhaus nicht.
An jenem Tag ging ein Riss durch
unser Haus, und ich fuhr zum Studium.
Auch heute erlebe ich Misserfolge
und schwierige Augenblicke,
da ich den Glauben an mich verliere.
Dann schaue ich mir lange meine
Zeichnungen aus der Kindheit an
und unterhalte mich stumm mit ihnen.
Heute weiß ich, dass die Kunst
einem wilden Pferd ähnelt.
Wie oft fiel ich, stand wieder auf...
Beim Anblick meiner Zeichnungen
denke ich an Dshamilja und Danijar.
Diese unvergesslichen Menschen haben
Mir die Schönheit der Welt offenbart.
Regie:
Irina POPLAWSKAJA
Kamera:
Kadyrshan KYDYRALIJEW
Bauten:
Anatoli KuSNEZOW
Musik:
N. SIDELNIKOW
Deutsche untertitel:
Friedrich PREuSS
Darsteller:
Dshamilja:
Natalja ARINBASSAROWA
Danijar:
Sjuimenkul TSCHOKMOROW
SeÏït:
Nasredin DuBASCHEW
Mutter: A. DSHANGOROSOWA
Sadyk: A. KENSHEKOW
Osmon: M. BACHTYGIREJEW
Maler: B. BEJSCHENALIJEW
Vorarbeiter Orosmat: N. KITAJEW
Sprecher:
Tschingis AITMATOW
Ende