Wie der Klimawandel die Unterwasserklangwelt verändert | Kate Stafford | TEDxCERN
-
0:20 - 0:24Ein Dokumentarfilm von Jacques Cousteau
-
0:24 - 0:28gewann 1956 die Palme d'Or und den Oscar.
-
0:28 - 0:31Der Film hieß "Le Monde Du Silence"
-
0:31 - 0:33oder "Die schweigende Welt".
-
0:34 - 0:39Die Prämisse des Titels war,
dass die Unterwasserwelt ruhig sei. -
0:40 - 0:42Jetzt, 60 Jahre später, wissen wir,
-
0:42 - 0:46dass die Unterwasserwelt
alles andere als ruhig ist. -
0:46 - 0:49Obwohl die Klänge oberhalb
des Wassers unhörbar sind, -
0:49 - 0:52abhängig von Standort und Jahreszeit,
-
0:52 - 0:58kann die Unterwasserklangwelt
so lärmig sein wie ein Dschungel. -
0:58 - 1:05Wirbellose wie Knallkrebse, Fische
und Meeressäuger nutzen alle Signale. -
1:05 - 1:08Sie nutzen akustische Signale,
um ihren Lebensraum zu untersuchen, -
1:08 - 1:11um miteinander zu kommunizieren,
um zu navigieren, -
1:11 - 1:14um Raubtiere und Beute aufzuspüren.
-
1:14 - 1:19Sie nutzen Klänge durch Zuhören,
um etwas über ihr Umfeld zu erfahren. -
1:19 - 1:22Nehmen wir beispielsweise die Arktis.
-
1:23 - 1:26Sie gilt als weiter, unwirtlicher Ort,
-
1:26 - 1:28manchmal als Wüste beschrieben,
-
1:28 - 1:34denn sie ist so kalt, so abgelegen
und die meiste Zeit des Jahres eisbedeckt. -
1:34 - 1:40Dennoch gibt es keinen Ort auf der Erde,
wo ich lieber wäre als in der Arktis, -
1:40 - 1:44besonders wenn die Tage länger
werden und der Frühling kommt. -
1:45 - 1:49Für mich verkörpert die Arktis
die Trennung zwischen dem, -
1:49 - 1:54was wir auf der Oberfläche sehen
und dem, was unter Wasser passiert. -
1:55 - 2:00Sie können über das Eis hinweg schauen
-- alles ist weiß, blau und kalt -- -
2:01 - 2:02und sehen nichts.
-
2:03 - 2:05Aber wenn Sie unter Wasser hören könnten,
-
2:05 - 2:10würden die Klänge Sie erst
überraschen und dann begeistern. -
2:11 - 2:15Während Ihre Augen nichts
als kilometerweit Eis sehen, -
2:15 - 2:18sagen Ihre Auge Ihnen,
dass dort draußen -
2:18 - 2:23Grönland- und Weißwale,
Walrösser und Bartrobben sind. -
2:24 - 2:26Das Eis gibt auch Geräusche von sich.
-
2:26 - 2:30Es kreischt, knackt, platzt auf und ächzt,
-
2:30 - 2:35während es bei Temperatur-, Strömungs-
oder Windwechseln kollidiert und reibt. -
2:35 - 2:39Und unter 100 % Meereis mitten im Winter
-
2:39 - 2:42singen Grönlandwale.
-
2:43 - 2:45Sie würden das nie erwarten,
-
2:45 - 2:51denn wir Menschen sind sehr visuell.
-
2:51 - 2:53Die meisten, aber nicht alle, von uns,
-
2:53 - 2:57nutzen das Sehvermögen,
um sich in der Welt zurechtzufinden. -
2:57 - 2:59Meeressäuger, die unter Wasser leben,
-
2:59 - 3:03wo chemische Reize und
Licht sich schlecht übertragen, -
3:03 - 3:07sehen mit dem Hörsinn.
-
3:07 - 3:11Klang verbreitet sich unter Wasser
sehr gut, viel besser als in der Luft. -
3:11 - 3:15Signale können über
weite Distanzen gehört werden. -
3:15 - 3:18In der Arktis ist das besonders wichtig,
-
3:18 - 3:21denn arktische Meeressäuger
müssen sich nicht nur gegenseitig hören, -
3:21 - 3:25sondern sie müssen auch
nach Hinweisen in der Umgebung suchen, -
3:25 - 3:29die auf schweres Eis
oder offenes Wasser hindeuten. -
3:29 - 3:33Bedenken Sie, obwohl sie den Großteil
ihres Lebens unter Wasser verbringen, -
3:33 - 3:37sind sie Säugetiere, daher müssen
sie zum Atmen an die Oberfläche. -
3:37 - 3:41Sie könnten auf dünnes
oder kein Eis horchen, -
3:41 - 3:44oder auf Echos von nahegelegenem Eis.
-
3:45 - 3:51Arktische Meeressäuger leben in
einer vielfältigen Unterwasserklangwelt. -
3:51 - 3:54Im Frühjahr kann es
eine Kakophonie von Klängen sein. -
3:54 - 3:59(Brummende, zischende, kreischende,
pfeifende, heulende Töne) -
4:11 - 4:14Aber wenn das Eis zugefroren ist
-
4:14 - 4:18und es keine großen Temperatur-
oder Strömungsschwankungen gibt, -
4:18 - 4:22hat die Unterwasser-Arktis eine
der niedrigsten Umgebungsgeräuschpegel -
4:22 - 4:24unter den Weltmeeren.
-
4:24 - 4:26Aber das ändert sich.
-
4:26 - 4:30Der Klimawandel und der Rückgang
von Meereseis ändern auch -
4:30 - 4:34die Unterwasserklangwelt der Arktis,
-
4:34 - 4:38was eine direkte Auswirkung
der menschlichen Treibhausgase ist. -
4:38 - 4:41Wir führen mit dem Klimawandel praktisch
-
4:41 - 4:45ein völlig unkontrolliertes Experiment
mit unserem Planeten durch. -
4:46 - 4:48In die letzten 30 Jahre
-
4:48 - 4:52verzeichnen Gebiete der Arktis
einen Rückgang an saisonalem Meereis -
4:52 - 4:57von etwa 6 Wochen bis 4 Monaten.
-
4:57 - 5:00Der Rückgang an Meereis wird manchmal
-
5:00 - 5:03als Zunahme der Schmelzsaison bezeichnet,
-
5:03 - 5:07die Zeit des Jahres, zu der die Arktis
mit Schiffen befahrbar ist. -
5:07 - 5:10Es hat sich nicht nur
die Ausdehnung des Eises, -
5:11 - 5:15sondern auch das Alter
und die Dicke geändert. -
5:15 - 5:18Sie haben sicher vom Rückgang
des saisonbedingten Meereis gehört. -
5:18 - 5:22Für Tiere, die vom Meereis abhängig sind,
führt es zu Verlust an Lebensraum -
5:22 - 5:26wie Sattelrobben,
Walrösser oder Polarbären. -
5:27 - 5:31Schwindendes Meereis verursacht auch
zunehmend Erosionen entlang der Küstenorte -
5:31 - 5:35und verändert die Verfügbarkeit von Beute
für Meeresvögel und Säugetiere. -
5:36 - 5:41Der Klimawandel und der Rückgang
von Meereis verändern auch -
5:41 - 5:44die Unterwasserklangwelt der Arktis.
-
5:44 - 5:46Was meine ich mit Klangwelt?
-
5:47 - 5:50Diejenigen von uns,
die beruflich den Meeren lauschen, -
5:50 - 5:54nutzen als Hydrophone bezeichnete
Instrumente, Unterwasser-Mikrophone. -
5:54 - 5:58Wir nehmen Umgebungsgeräusche,
die Geräusche um uns herum, auf. -
5:58 - 6:01Die Klangwelt beschreibt
die verschiedenen Beitragenden -
6:01 - 6:03zu diesem Lärmumfeld.
-
6:03 - 6:05Mit unseren Hydrophonen hören wir
-
6:05 - 6:09die echten Klänge des Klimawandels.
-
6:09 - 6:12Wir hören die Veränderungen
von drei Fronten: -
6:13 - 6:18aus der Luft, aus dem Wasser und vom Land.
-
6:18 - 6:21Zuerst: Wasser.
-
6:21 - 6:23Wind erzeugt auf dem Wasser Wellen.
-
6:23 - 6:27Diese Wellen erzeugen Blasen,
die Blasen zerplatzen. -
6:27 - 6:29Wenn das passiert, machen sie Lärm,
-
6:29 - 6:34und dieser Lärm ist wie ein Zischen oder
eine atmosphärische Hintergrundstörung. -
6:34 - 6:37Wenn die Arktis eisbedeckt ist,
-
6:37 - 6:41gelangt das meiste Windrauschen
nicht in die Wassersäule, -
6:41 - 6:46denn das Eis fungiert als Puffer
zwischen der Atmosphäre und dem Wasser. -
6:46 - 6:51Auch daher kann die Arktis sehr niedrige
Umgebungsgeräuschpegel haben. -
6:51 - 6:54Aber durch jahreszeitlich
bedingtem Meereisrückgang -
6:54 - 6:59ist die Arktis nicht nur
Wellengeräuschen ausgesetzt, -
6:59 - 7:02sondern die Anzahl
und Intensität von Stürmen -
7:02 - 7:04in der Arktis haben zugenommen.
-
7:04 - 7:10Das erhöht die Lärmpegel
in einem zuvor ruhigen Meer. -
7:10 - 7:13Zweitens: Wasser.
-
7:14 - 7:19Durch weniger saisonales Meereis
wandern subarktische Spezies nach Norden -
7:19 - 7:23und nutzen einen neuen Lebensraum,
geschaffen durch mehr offenes Gewässer. -
7:24 - 7:28Arktische Wale, wie dieser Grönlandwal,
haben keine Rückenflosse, -
7:28 - 7:30denn sie haben sich entwickelt,
-
7:30 - 7:33um in eisbedecktem Gewässer
zu leben und zu schwimmen. -
7:33 - 7:35Wenn einem etwas
aus dem Rücken herausschaut, -
7:35 - 7:38ist es nicht sehr dienlich,
durch Eis zu wandern, -
7:38 - 7:43und es kann Tiere sogar
vom Eis fernhalten. -
7:43 - 7:47Aber jetzt haben wir überall,
wo wir lauschten, -
7:47 - 7:50Geräusche von Finnwalen,
Buckelwalen, Killerwalen gehört, -
7:50 - 7:52immer weiter im Norden
-
7:52 - 7:55und immer später in der Saison.
-
7:55 - 8:01Im Wesentlichen hören wir eine Invasion
der Arktis durch subarktische Spezies, -
8:01 - 8:03und wir wissen nicht, was das bedeutet.
-
8:03 - 8:05Wird es einen Konkurrenzkamf um Essen
-
8:05 - 8:08zwischen arktischen
und subarktischen Tieren geben? -
8:08 - 8:14Können subarktische Spezies Krankheiten
und Parasiten in die Arktis bringen? -
8:14 - 8:17Welche Wirkung haben
ihre neu erzeugten Klänge -
8:17 - 8:20auf die Unterwasserklangwelt?
-
8:20 - 8:22Drittens: Land.
-
8:22 - 8:25Mit Land meine ich Menschen.
-
8:25 - 8:29Mehr offenes Gewässer bedeutet
erhöhte menschliche Nutzung der Arktis. -
8:30 - 8:31Erst im vergangenen Sommer
-
8:31 - 8:33bahnte sich ein
gewaltiges Kreuzfahrtschiff -
8:33 - 8:35seinen Weg durch die Nordwestpassage,
-
8:35 - 8:39die ehemals mythische Route
zwischen Europa und dem Pazifik. -
8:40 - 8:46Meereisrückgang erlaubt es Menschen,
die Arktis häufiger in Besitz zu nehmen. -
8:46 - 8:50Es hat Zunahmen an Öl- und Gasförderung,
-
8:50 - 8:53Potenzial für kommerzielle Schifffahrt
-
8:53 - 8:55und erhöhten Tourismus ermöglicht.
-
8:56 - 9:01Wir wissen, dass Schiffslärm
den Stresshormonpegel bei Walen vergrößert -
9:01 - 9:03und das Fressverhalten stören kann.
-
9:04 - 9:07Luftgewehre, die alle 10-20 Sekunden
-
9:07 - 9:11laute, niedrigfrequente Knalle erzeugen,
-
9:11 - 9:15ändern das Schwimm-
und Lautverhalten von Walen. -
9:15 - 9:20Alle Klangquellen vermindern
den akustischen Raum, -
9:20 - 9:24in dem arktische Meeressäuger
kommunizieren können. -
9:24 - 9:29Arktische Meeressäuger sind
zu bestimmten Jahreszeiten -
9:29 - 9:31sehr hohe Lärmpegel gewohnt,
-
9:31 - 9:35aber dies bezieht sich primär
auf andere Tiere oder Meereis. -
9:35 - 9:37Mit diesen Klängen
haben sie sich entwickelt, -
9:37 - 9:41und diese Klänge sind
für sie überlebenswichtig. -
9:41 - 9:44Die Klänge sind laut und sie sind fremd.
-
9:45 - 9:49Sie beeinflussen die Umgebung auf Arten,
die wir zu verstehen glauben, -
9:50 - 9:52und andere, die wir nicht verstehen.
-
9:53 - 9:57Bedenken Sie, dass Hören
der wichtigste Sinn dieser Tiere ist. -
9:57 - 10:02Nicht nur der physische Lebensraum
ändert sich rapide, -
10:02 - 10:05sondern auch der akustische Lebensraum --
-
10:05 - 10:08so als hätten wir diese Tiere
aus einer ländlichen Gegend gerissen -
10:08 - 10:12und sie mitten in der Rushhour
in die große Stadt verpflanzt. -
10:12 - 10:14Sie können dem nicht entfliehen.
-
10:14 - 10:16Was können wir also tun?
-
10:17 - 10:20Wir können Windstärken nicht ändern
-
10:20 - 10:23oder subarktische Tiere nicht abhalten,
nach Norden abzuwandern, -
10:23 - 10:26aber wir können
lokale Lösungen erarbeiten, -
10:26 - 10:29um vom Menschen gemachten
Unterwasserlärm zu reduzieren. -
10:29 - 10:32Eine Lösung ist, die Schiffe
langsamer fahren zu lassen, -
10:32 - 10:34die die Arktis durchqueren,
-
10:34 - 10:38denn ein langsameres Schiff
ist ein ruhigeres Schiff. -
10:38 - 10:42Wir könnten den Zugang in
Jahreszeiten und Regionen beschränken, -
10:42 - 10:47die für Paarung, Nahrungsaufnahme
oder Wanderung wichtig sind. -
10:47 - 10:50Wir können besser darin werden,
leisere Schiffe zu machen, -
10:50 - 10:54und bessere Methoden finden,
den Meeresgrund zu erforschen. -
10:54 - 10:59Die gute Nachricht ist,
dass Leute genau jetzt daran arbeiten. -
10:59 - 11:03Aber letztlich müssen wir Menschen
die harte Arbeit machen -
11:03 - 11:06und den menschgemachten Klimawandel
-
11:06 - 11:10zurücknehmen oder
wenigstens verlangsamen. -
11:10 - 11:15Kehren wir also zum Gedanken
der ruhigen Unterwasserwelt zurück. -
11:15 - 11:17Es ist durchaus möglich,
-
11:17 - 11:20dass viele der heute in der Arktis
schwimmenden Wale, -
11:20 - 11:24besonders langlebige Spezies
wie der Grönlandwal -
11:24 - 11:28-- von dem die Inuit sagen,
er könnte zwei Menschenleben leben -- -
11:28 - 11:31schon 1956 lebten,
-
11:31 - 11:34als Jacques Cousteau seinen Film machte.
-
11:34 - 11:41Bedenkt man all den Lärm,
den wir heute in den Meeren erzeugen, -
11:41 - 11:45war es rückblickend wirklich
"Die schweigende Welt". -
11:45 - 11:46Danke.
-
11:46 - 11:48(Applaus)
- Title:
- Wie der Klimawandel die Unterwasserklangwelt verändert | Kate Stafford | TEDxCERN
- Description:
-
Die Unterwasserwelt ist nicht lautlos; sie ist so laut wie ein Regenwald. Aber der Klimawandel verändert die Klangwelt so drastisch, dass die Folgen für den Planeten verheerend sein könnten.
Ozeanografin Kate Stafford nimmt uns auf eine akustische und visuelle Reise mit, von den Tiefen des Ozeans bis hin zu der Meeresoberfläche, mit einer klaren Botschaft: lokale Lösungen zur Reduzierung vom Menschen gemachten Unterwasserlärm zu entwickeln.
Dieser Vortrag wurde bei einem TEDx-Event gehalten, der dem Format für TED-Konferenzen entspricht, aber eigenständig von einem lokalen Veranstalter organisiert wurde. Erfahren Sie mehr unter http://ted.com/tedx.
- Video Language:
- English
- Team:
closed TED
- Project:
- TEDxTalks
- Duration:
- 11:51