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Von Kaffeeriechern, Abtrittanbietern und Fischbeinreißern (33c3)

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    33c3 Vorspannmusik
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    Herald: Also wir sind hier für den Talk
    „Von Kaffeeriechern, Abtrittfahrern
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    und Fischbeinabreißern“ mit
    Michaela Vieser.
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    Michaela: Fast, haha
    Abtrittanbieter und Fischbeinreißer.
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    Herald: Abtrittanbieter (leise: verdammt)
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    Berufe aus vergangenen Zeiten. Michaela
    ist Autorin, Bloggerin und Radiomensch.
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    Hat da schon beim Deutschlandradio Features
    gehalten, hat ne sehr interessante Geschichte:
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    War im japanischen Kloster, hat da
    ganz viele tolle Sachen gemacht.
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    Und ich würde sagen erstmal ne Runde
    Applaus für sie und wir fangen dann
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    direkt danach an.
    Applaus
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    So, hab sie vorgestellt, jetzt überlass ich
    dir das Bild, äh das Feld.
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    M: Ich erzähl mal ganz kurz so ein bisschen
    zu mir weil mein Lebenslauf son bisschen,
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    sag mal, schräg ist. Ich hab meinen
    Highschool Abschluss in Amerika gemacht,
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    damals in Science Fiction,
    hab mit … — Applaus
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    und hab dann in London Japanologie und
    asiatische Kunstgeschichte studiert,
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    und fand das dann so spannend – ich dachte
    wenn man westliche Kunstgeschichte macht
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    dann muss man das Christentum verstehen,
    weil das ja immer wieder vorkommt.
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    Und deshalb dachte ich in der japanischen
    Kunstgeschichte kommt dieser Buddhismus
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    immer vor, also wenn ich diese Kunst verstehen
    will, muss ich auch diesen Buddhismus verstehen
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    und hab dann damals ein Kloster gefunden
    das mich aufgenommen hat für ein Jahr,
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    wo ich dann Schwertkampf, und Kalligrafie,
    und Blumenstecken und Teezeremonie,
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    und all die Dinge gelernt habe ein Jahr lang.
    Blieb dann länger in Japan, hab dort über
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    die Bergasketen geforscht. Hatte ein
    Stipendium an der Uni. Hab dann gearbeitet
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    für, damals kam Broadband gerade auf. Hab
    da neue Inhalte entwickelt, hatte ’n Team
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    das in LA, Tokio, London gearbeitet hat
    und dann kam radikaler Bruch. Dann hab ich
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    gesagt „OK jetzt reichts mit Japan, ich
    muss zurück nach Deutschland“ und bin dann
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    mit nem VW Bus 6 Monate durchs Land
    gefahren, um Orte zu suchen, die keiner
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    kennt. Und hab dann darüber …
    Und damit fing dann quasi meine
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    Karriere als Schriftstellerin an. Und ich
    erzähl das jetzt einfach, weil in meiner
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    Arbeit geht’s mir immer darum, Dinge echt
    zu erleben oder echte Dokumente zu haben.
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    Diese Recherche ist mir ganz ganz wichtig
    in allem. Und ich fang jetzt mal an hier,
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    mit … hier das ist mir jetzt gerade
    aufgefallen, als ich oben wartete, bis die
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    anderen fertig sind. Es geht ja
    hier heute um Arbeitswelten.
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    Das ist hier, fand ich ganz lustig, hier
    ist der Panik-Knopf, also falls hier Panik
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    ausbricht, kann man hier draufdrücken.
    Dann geht die Beleuchtung an, oben gibt’s
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    noch ’ne Pausenklingel, noch ’n schönes
    altes Telefon, das sind so Artefakte die
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    wird’s bald nicht mehr geben. Und
    darum geht's jetzt in meinem Talk.
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    Es geht um die Poetics of
    Work, von Kaffeeriechern,
  • 3:21 - 3:23
    Abtrittanbietern und
    Fischbeinreißern.
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    Und zwar ist das der Titel von einem Buch,
    das habe ich zusammen mit der wunderbaren
  • 3:27 - 3:33
    Illustratorin Irmela Schautz gemacht,
    wo wir Berufe gesucht haben, wo man
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    selbst am Namen heute nicht mehr
    erkennen kann, was es für Berufe sind.
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    Also Kaffeeriecher, dazu komm ich später
    noch. Aber es hat nichts mit Barista zu tun.
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    Fischbeinreißer, ja Fische haben ja keine
    Beine, was ist das also. Und ich hab dann
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    danach noch 2 andere Bücher gemacht
    über das Thema Arbeit. Eins mit dem
  • 3:55 - 3:59
    Preußischem Kulturbesitz, oder beide mit
    dem Preußischem Kulturbesitz und zwar
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    haben die mich in ihre Archive gelassen
    und dort ihre alten Fotografien rausholen
  • 4:06 - 4:10
    lassen. Und die hatten dann – zum Teil waren
    diese Fotografien in Berlin Charlottenburg
  • 4:10 - 4:16
    in ner alten Offizierskegelbahn im Keller,
    also das waren ganz ungewöhnliche Orte.
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    Aussterbende Arbeit, der Anthropologe David
    Graeber hat schon von den Bullshit Jobs
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    gesprochen, ich hab jetzt im
    Guardian 'ne Liste gefunden,
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    von Jobs die bald aussterben werden. Die
    haben ’ne Reihe von 704 Jobs aufgelistet,
  • 4:37 - 4:43
    ich als „Autorin“ bin auf Platz 123, also
    relativ sicher. Am sichersten ist der
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    „recreational Therapist“, das ist jemand
    der sich mit Leuten beschäftigt,
  • 4:47 - 4:53
    die zurück ins Leben holt, durch Basteln
    und so. Und ganz schlimm ist
  • 4:53 - 4:59
    „Data Entry Keyers“, „Library technicians“,
    „New Accounts Clerks“, das sind also
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    alles Jobs die bald verschwinden werden.
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    Aber ich geh jetzt mal zurück hier,
    zum alten Handwerk. Das ist ein Bild aus
  • 5:09 - 5:16
    ’nem Buch von 1880, wo verschiedene
    Handwerksberufe aufgelistet wurden.
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    Und der Verleger damals, Winkelmann
    und Söhne, hat dieses Buch gleich auf
  • 5:20 - 5:24
    Französisch und Englisch und Deutsch
    rausgebracht. Und das ist jetzt die
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    Klempnerei, und ich wollt so’n bisschen
    auf die Arbeitsatmosphäre eingehen.
  • 5:28 - 5:34
    Also die sitzen da allen zusammen in diesem
    Raum, da ist ’n Vogelkäfig, der singt dann
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    den kann man dann füttern, und über den
    Vogel reden. Die Frau kommt rein, hat
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    so’n Sieb in der Hand, der noch bearbeitet
    werden muss. Tee wird gekocht. Da ist ein
  • 5:42 - 5:50
    ganz junger Lehrling, der alte Meister;
    ist eigentlich ganz heimelig. Und zwar ist
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    das von 1880. Und das ist auf Französisch
    und Englisch, weil des damals eben auch in
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    England und Frankreich so’ne
    Klempnerwerkstatt ganz genauso aussah.
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    Das ist jetzt noch mal 100 Jahre zurück,
    wieder ’ne Klempnerwerkstatt, ist eigentlich
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    genau das gleiche. Die sitzen auch
    zusammen. Auch die Frau ist wieder
  • 6:11 - 6:18
    mit im Raum. Männer verschiedenen
    Alters, der Ofen und so weiter.
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    Und dann geh ich jetzt vor, 1925, auch
    damals noch ’ne Klempnerwerkstatt.
  • 6:25 - 6:29
    Fotografiert von einem Kraus. Über den
    ist nichts mehr bekannt, weil zu dem
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    Zeitpunkt waren auch Fotografen noch
    Handwerker. Man sieht, es ist auch wieder
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    die Frau mit dabei, der Ofen, aber ich
    brauch das wohl kaum mit dazu zu sagen,
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    dass es heute ganz anders aussieht in der
    Klempnerwerkstatt, und eigentlich wie mit
  • 6:46 - 6:50
    fast allen Berufen, also das geht mir so,
    mit allen meinen Freunden, ob die jetzt
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    Musik machen, ob die schreiben, ob die
    programmieren, das ist eigentlich
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    alles immer nur auf diesem Computer,
    und diese ganzen Atmosphären fehlen.
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    In diesem Buch geht's dann um … das sind
    alles Fotografien bis ’45, weil dann nach
  • 7:13 - 7:16
    dem Krieg gab’s ’nen großen Bruch,
    da ist das alles verschwunden,
  • 7:16 - 7:20
    die Industrialisierung hat dann ganz stark
    angefangen. Das ist jetzt spannend
  • 7:20 - 7:24
    dieses Bild, weil das von dem Willy Römer
    ist, und der war selbst aus ner Handwerker-
  • 7:24 - 7:30
    familie in Berlin in der Torstraße ist er
    bei Schneidern aufgewachsen. Seine
  • 7:30 - 7:35
    Eltern waren Schneider, und der hatte
    halt dieses Know-How, wie er mit diesen
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    anderen Handwerkern sprechen muss.
    Wie er da rein kommt, ob er da ne Stulle
  • 7:39 - 7:44
    mitbringt, er hatte auch das Vokabular,
    und ist einfach reingelassen. Aber Hand-
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    werk ist ja auch noch, das ist dann die
    Abisag Tüllmann, ’36 ist die geboren,
  • 7:52 - 7:56
    hat erst ne Tischlereilehre gemacht und
    ist dann zur Fotografie erst gekommen.
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    Die hat andere Berufe fotografiert, die
    eben auch noch so ganz handwerklich
  • 8:00 - 8:08
    waren. Und das ist das Zählen in der Bank
    von Geldscheinen. Das ist wieder ’n Bild
  • 8:08 - 8:14
    von dem Willy Römer, wo man auch sieht,
    wie wichtig es ist, ’nen Lehrling zu haben,
  • 8:14 - 8:21
    weil der dann da reinpasst in diese Turm-
    uhr zum reparieren. Das hat auch ’nen Sinn
  • 8:21 - 8:26
    Und der Willy Römer ist dann auch gerne
    raus gegangen und hat die Handwerker
  • 8:26 - 8:30
    dann nicht im Kämmerchen fotografiert,
    sondern ist raus in die Stadt, ist auf
  • 8:30 - 8:34
    die Dächer von Berlin gegangen und hat die
    Schornsteinfeger fotografiert,
  • 8:34 - 8:38
    was die gemacht haben. Und ich möchte
    jetzt noch ein Bild zeigen von einem
  • 8:38 - 8:42
    Zeitgenossen von ihm, das ist der Seiden-
    stücker, das war der Flaneur der Fotografen
  • 8:42 - 8:48
    damals. Also ich geh nochmal zurück. Also
    Willy Römer hat so die während der Arbeit
  • 8:48 - 8:54
    gemacht, und der Seidenstücker hat dann
    schon angefangen, das ästhetisch wahrzu-
  • 8:54 - 9:03
    nehmen, das Schwarz-Weiß und diese Formen
    und Schatten. Man sieht es hier noch mal:
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    oben das Bild von Willy Römer ist einer der
    diese Pantinen macht und hier beim Seiden-
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    stücker da haben sie die dann tatsächlich
    an die Arbeiter. Ja, ich find, die erzählen
  • 9:16 - 9:25
    wahnsinnig viel diese Bilder, und auch das
    ist Handarbeit, Handwerk, dieser Kabelsalat,
  • 9:25 - 9:32
    den man sich niemandem wünscht. Ja und
    da geht also damals als ich das Buch
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    gemacht hab der Gedanke zurück:
    Was ist denn Handwerk? Bei den alten
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    Griechen war es so, Homer hat geschrieben:
    „Muse mit heller Stimme! Hephaistos“,
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    das war ja der Schmied, „den ruhmvollen
    Denker preise im Lied! Mit Athene der
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    eulenäugigen Göttin, lehrte er herrliche
    Werke die Menschen auf Erden, die früher
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    hausten wie Tiere in Höhlen der Berge.
    doch jetzt in der Lehre jenes ruhmreichen
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    Künstlers Hephaistos lernten sie schaffen,
    bringen sie leicht ihre Zeit dahin bis zum
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    Ende des Jahres, leben in Ruhe und Frieden
    in ihren eigenen Häusern.“
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    Also es geht darum, dass der Handwerker
    verantwortlich war, die Menschen aus den
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    Höhlen herauszuholen und die Zivilisation
    zu schaffen, alles was wir heute um uns
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    herum haben ist von jemandem
    erdacht, erschaffen worden.
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    Das war also die große Leistung. Homer
    sagt deshalb auch, dass der Handwerker
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    hat die genannt Demioergos, öffentlich und
    produktiv, und das waren alle, die nicht
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    Sklaven waren oder adelig, alles
    dazwischen. Chirurgen, Arbeiter, …
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    das waren alles Handwerker. Die eben
    unsere Zivilisation erschaffen haben.
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    Und jetzt kommt eben der David Graeber,
    den ihr vielleicht kennt aus der
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    Occupy Bewegung. Der sagt: So wir sind
    jetzt in nem Zeitalter angekommen wo es
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    wahnsinnig viele Bullshit Jobs gibt. Also
    Jobs—administrativ, bürokrativ, aber auch
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    prekäre wie Pizzaservice, Putzdienst, usw.
    Jobs die keiner machen möchte. Und da
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    möchte ich jetzt ein bisschen Jobs zeigen,
    die es früher gab, die Bullshit Jobs waren.
  • 11:11 - 11:17
    Und jetzt also wirklich im wahrsten
    Sinne des Wortes der Abtrittanbieter.
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    Da les ich mal ganz kurz vor, was Casanova
    gesagt hat. Casanova berichtete:
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    Wir setzten unseren Spaziergang fort,
    ohne ein Ziel zu haben und sprachen von
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    Literatur und allerlei Gebräuchen.
    Plötzlich bemerkte ich in der Nähe von
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    Buckinghamhaus zu meiner linken im Gebüsch
    5 oder 6 Personen, die ein dringendes
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    Bedürfnis verrichteten und dabei den
    Vorübergehenden den Hintern zukehrten.
  • 11:46 - 11:56
    Also wir hatten ’ne Situation in Europa,
    16./17. bis 18. Jahrhundert, wo es keine
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    öffentlichen Toiletten gab. Also es gab
    zu Zeiten … In Rom gab es 116,
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    ich habs mir aufgeschrieben,
    144 Latrinen und 116 Pissstände, aber das
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    ist alles verloren gegangen. Gerade im
    16. Jahrhundert ist man wirtschaftlich
  • 12:11 - 12:15
    beweglicher geworden, musste von Ort zu Ort
    reisen, und da war natürlich auch dieses
  • 12:15 - 12:19
    Bedürfnis erledigen ’n starkes. Und so
    taucht dann eben der Abtrittanbieter auf,
  • 12:19 - 12:23
    der ist dann auf Messen, der wär dann auch
    hier im Kongresszentrum wahrscheinlich
  • 12:23 - 12:27
    rumgelaufen. Der hatte dann so’nen
    Eimer dabei, und Ledermäntel
  • 12:27 - 12:30
    einzelnes kichern
    und dann konnte man sich da drauf setzen
  • 12:30 - 12:34
    und seine Notdurft verrichten, weil
    ansonsten hat man sich damals tatsächlich
  • 12:34 - 12:38
    ganz unmöglicher Dinge bedient.
    Also ich hab dann, ich war in der
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    Raritätenbibliothek usw., also da sind
    Leute, haben sich ne Kutsche anhalten
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    lassen, sind mit der einmal ums Carré
    gefahren und dann wieder ausgestiegen
  • 12:48 - 12:52
    und fühlten sich besser.
    leises Gelächter
  • 12:52 - 12:59
    Und erst im 19. Jahrhundert kamen dann
    diese öffentlichen Toiletten wieder
  • 12:59 - 13:06
    auf in Europa. Kaffee Achteck hießen die
    dann oder Madei Tempel und das waren
  • 13:06 - 13:12
    quasi, das waren gußeiserne Strukturen
    so achteckig. Die man dann auch bewegen
  • 13:12 - 13:15
    konnte, weil das natürlich ne Belästigung
    war für die Leute die an den Plätzen
  • 13:15 - 13:21
    wohnten wo diese Toiletten waren. Dann
    wurden die also immer bewegt.
  • 13:21 - 13:30
    Als nächstes hab ich den Fullonen, der
    Fullone ist jemand, der das Urin aufsammelt
  • 13:30 - 13:36
    und das Urin dann gärt, das wird dann zu
    Ammoniak und wird dann ’n tolles Putz-
  • 13:36 - 13:44
    mittel. Die waren ganz wichtig im alten
    Rom, denn im alten Rom sagte man: Jemand
  • 13:44 - 13:50
    ist lautus, ein Römer ist ein lautus, ein
    guter Römer, wenn er, und lautus heißt gut
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    gewaschen, das heißt, diese weiße Toga war
    ganz ganz wichtig. Gerade diese Senatoren
  • 13:54 - 13:59
    dass die diese weißen Togen trugen, und
    diese weißen Togen gab’s eben nur aus dem
  • 13:59 - 14:04
    Grund, dass es diese Fullonen gab. Diese
    Männer und Frauen die hatten dann
  • 14:04 - 14:08
    tatsächlich, hatte ich ja schon erwähnt,
    in der ganzen Stadt verschiedene Latrinen,
  • 14:08 - 14:12
    die sie immer geleert haben, aber die
    hatten auch Amphoren, die sie aufgestellt
  • 14:12 - 14:16
    hatten, auch beim Senat. Da haben sie dann
    auch oben den Kopf abgebrochen, dass man
  • 14:16 - 14:21
    besser reinpinkeln konnte und haben die
    dann eingesammelt. Und man sagte dann
  • 14:21 - 14:27
    zum Beispiel auch ein Senator sei:
    „non valet lotium suum“, d.h. seines Urins
  • 14:27 - 14:32
    nicht würdig. Weil es war bekannt, dass
    wenn man Wein getrunken hat, war das
  • 14:32 - 14:37
    Urin nicht so gut, wie wenn man anderes
    getrunken hat. So, und es wurde dann,
  • 14:37 - 14:41
    es ist auch so ’ne Sache, die dann später…
    also die Fullonen haben dann das gesammelt
  • 14:41 - 14:47
    und haben darin gewalkt und dadurch wurden
    die weiß die Togen, die waren in Karthago
  • 14:47 - 14:51
    am Rande der Stadt, in Italien waren sie
    eher in der Stadt, weil es dort nicht so
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    gestunken hat, weil die Temperaturen
    anders waren. Das ging dann so weit, dass
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    man dann, Fullonen gabs dann auch zur Zeit
    als Paris umgebaut wurde, und da hatte man
  • 15:06 - 15:10
    dann damals schon, hatte man für ganz
    viel Geld Straßenkehrer eingesetzt die
  • 15:10 - 15:17
    die Straßen reinigen und hat denen dann
    aber paar Jahre später wieder viel Geld
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    gegeben dass man die Fäkalien wieder
    einsammeln konnte und daraus Ammoniak
  • 15:22 - 15:28
    gewinnen. Das ist immer so ’n Hin-und-Her.
    Und man wusste auch, dass der Urin aus
  • 15:28 - 15:32
    armen Mietshäusern in Mailand zum Beispiel
    viel besser war als der Urin aus den
  • 15:32 - 15:35
    reichen Gegenden, weil die ’ne
    ganz andere Ernährung hatten.
  • 15:35 - 15:39
    Die waren dann stickstoffhaltiger.
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    Jetzt geht's weiter zum Kaffeeriecher. Da
    muss man bisschen aufholen, Kaffee gab’s
  • 15:46 - 15:54
    ja nicht schon ewig. Kaffee kam auf, als
    die Türken Wien belagert haben. Und nach
  • 15:54 - 15:58
    der Belagerung fand man halt diese ganzen
    Säcke mit Kaffeebohen, und es dauerte dann
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    auch ’ne Weile, bis man wusste, wie man den
    brauen muss diesen Kaffee und mit Sahne
  • 16:02 - 16:08
    und Zucker anrichten und dann wurden auch
    die ersten Cafés eröffnet. Und man merkte:
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    Ah, der macht ’nen wachen Geist, das ist
    toll. Und wurde sehr sehr schnell dann zum
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    Luxusgut. Das heißt der wurde mit 150%
    seines Kaufpreises besteuert, das heißt
  • 16:21 - 16:27
    für eine Kanne Kaffee den Kaffee zu kochen
    musste man mit Steuern soviel zahlen wie
  • 16:27 - 16:32
    eine Spinnerin an einem Tag verdient hat.
    Und es ist halt immer so bei Waren, wissen
  • 16:32 - 16:39
    wir ja alle, die von allen gewollt werden,
    die aber klein sind wie Kaffeebohnen
  • 16:39 - 16:43
    wenn die dann nicht geröstet sind sondern
    noch grün, dann riechen die ja nicht, die
  • 16:43 - 16:47
    konnte man überall mit sich schmuggeln
    und der Kaffeeschmuggel, gerade in Berlin
  • 16:47 - 16:53
    war unglaublich. Der wurde wirklich …, das
    war …, der wurde …, also der kam einfach
  • 16:53 - 16:57
    rein in die Stadt. Der König wollte was
    dagegen tun und hat dann gedacht: OK, dann
  • 16:57 - 17:03
    setz ich doch diese alten Kriegsveteranen
    ein. Hat dann 400 Veteranen ausgebildet,
  • 17:03 - 17:07
    die zu jedem nach Hause gehen durften und
    dort schnuppern konnten, ob die Leute
  • 17:07 - 17:13
    gerade Kaffee hatten und wenn sie keine
    Besteuerungsurkunde hatten, konnten die
  • 17:13 - 17:18
    verhaften. Und das ist so’n bisschen, ich
    meine wir werden ja heute auch überwacht
  • 17:18 - 17:23
    aber heute merkt man’s nicht, aber die
    Typen, die waren so, die waren so schlimm.
  • 17:23 - 17:29
    Man muss dann sich vorstellen, das waren
    dann halt Kriegsveteranen, die hatten, ja,
  • 17:29 - 17:33
    das waren halt rohe Kerle, und die kamen
    halt dann einfach nach Hause und haben das
  • 17:33 - 17:38
    Haus umgekrempelt. Ich hab dann
    mal noch ’n Zitat von ’ner Frau.
  • 17:38 - 17:41
    Zwischenrufer: Wurde schon vorher das
    „Schnüffeln“ verwendet?
  • 17:41 - 17:52
    M: Ne, aber Schnüffeln ist sehr gut.
    Das passt. Moment, so, hier.
  • 17:52 - 17:56
    Das hat also eine Frau dann geschrieben:
    „Man stelle sich die Aufregung vor als ich
  • 17:56 - 18:00
    mit meinen Freundinnen bei Tische saß,
    die Tür aufgerissen wurde, drei
  • 18:00 - 18:05
    uniformierte Männer in die Stube stürmten,
    unsere Tassen inspizierten und die Küche
  • 18:05 - 18:11
    auf den Kopf stellten. Zu meinem Glück wurde
    an diesem Nachmittag nur Tee serviert.“
  • 18:11 - 18:16
    Und die Kaffeeriecher waren so verhasst,
    dass die nach 8 Jahren abgeschafft wurden.
  • 18:16 - 18:20
    Da ist wirklich das Volk auf die Barrikaden
    gestiegen. Da denk ich mir manchmal, das
  • 18:20 - 18:24
    wär nicht so schlecht,
    wenn das heute auch so wäre.
  • 18:24 - 18:29
    Applaus
  • 18:29 - 18:33
    Es gab dann tatsächlich nur noch einen
    Beruf der verhasster war, das war der
  • 18:33 - 18:37
    Perrückenriecher oder -schnüffler, der
    dann Leuten die Perücke abreißen konnte.
  • 18:37 - 18:45
    Und da gucken, ob die diesen Zettel drin
    hatte. Der Sandmann ist jetzt einer dieser
  • 18:45 - 18:50
    Berufe, dieser Bullshit Jobs, dieser
    Scheißjobs, die so furchtbar waren, dass
  • 18:50 - 18:54
    ich tatsächlich Probleme hatte, darüber
    irgendwas zu finden. Es gab in keinem
  • 18:54 - 18:58
    Archiv irgendwas—da musste ich tatsächlich
    detektivisch rangehen. Und das war dank
  • 18:58 - 19:03
    dieser Deutschlandreise die ich damals
    gemacht hab im VW Bus, bin ich an einen
  • 19:03 - 19:07
    Ort gekommen wo es Sandsteinhöhlen gab,
    und da hatte ich zum ersten mal von diesen
  • 19:07 - 19:14
    Sandmännern gehört. Und zwar waren
    Sandmänner …, man brauchte damals, um die
  • 19:14 - 19:18
    guten Stuben zu reinigen, hat man so’n
    bisschen Sand überall ausgestreut auf dem
  • 19:18 - 19:23
    Holzboden und dann zusammengefegt. Nachdem
    man dann diesen Sand aufgefegt hat, hat man
  • 19:23 - 19:31
    auch diesen ganzen Schmutz mit eingefegt.
    Das war einfach Kehrwoche, so ganz normal.
  • 19:31 - 19:37
    Man hat den Sand auch benutzt, das hat mir
    mein Opa auch noch erzählt, für Milchkannen
  • 19:37 - 19:44
    und so. Und die Sandmänner waren halt
    Menschen die nach … – 1845 gab’s ne große
  • 19:44 - 19:50
    Kartoffelerntenkriese und da haben ganz
    viele angefangen, diesen Sandstein abzu-
  • 19:50 - 19:55
    bearbeiten, und haben den mit nach Hause
    genommen, mit ihren Familien gerieben,
  • 19:55 - 20:00
    gerieben, d. h. dieser Sand war bei denen
    Zuhause, die hatten tränende Augen, der
  • 20:00 - 20:04
    Sand war in allen Körperritzen, -öffnungen.
    Es muss ganz furchtbar gewesen sein.
  • 20:04 - 20:07
    Ich hab auch von ’nem Artzt noch’n
    Dokument gefunden, der meint er hätte von
  • 20:07 - 20:13
    so ’nem Sandmann die Lunge seziert, die sei
    ihm fast auseinander gebröselt. Und es gab
  • 20:13 - 20:19
    halt wirklich nichts, die waren so, das war
    so ein schrecklicher Job, dass keiner darüber
  • 20:19 - 20:23
    geschrieben hat. Und ich hab dann
    Aufzeichnungen gefunden, weil ich dann
  • 20:23 - 20:27
    auf ’ner Deutschlandkarte geguckt hab. Die
    Geologie, wo gibt’s Sandstein, hab dann
  • 20:27 - 20:30
    dort die ganzen Heimatmuseen
    angeschrieben, gefragt:
  • 20:30 - 20:35
    Habt ihr nicht irgendwas
    über die Sandmänner?
  • 20:35 - 20:41
    Jetzt zum ganz … Also jetzt hatten wir ja
    die normalen Handwerker, die die
  • 20:41 - 20:45
    Zivilisation aufbauen, wir hatten die
    Scheißjobs die dann auftauchen,
  • 20:45 - 20:51
    wenn irgendwo ’n Bedürfnis entsteht, das
    man erfüllen kann und dadurch eben
  • 20:51 - 20:56
    Brotverdienst hat. Und dann gibt’s in
    Japan, durfte ich dann kennen lernen.
  • 20:56 - 21:02
    Eine „人間国宝“. Und ein „Ningen kokuhō“ ist
    ein lebender Nationalschatz. Das haben
  • 21:02 - 21:07
    die dort, dass die dort Menschen haben,
    die einfach etwas können, das sonst keiner
  • 21:07 - 21:11
    kann. Das kann dann Töpfern sein, oder
    eine bestimmte Art und Weise, Papier her-
  • 21:11 - 21:15
    zustellen oder Puppen herzustellen, die
    lernen das dann von ’nem Einzelnen, das
  • 21:15 - 21:19
    ist dann einfach so’ne Tradition, die von
    einem zum anderen weitergereicht wird.
  • 21:19 - 21:24
    Und so kommt’s halt auch, dass in Japan
    zum Beispiel Gold gar nicht, oder
  • 21:24 - 21:28
    jedenfalls im traditionellen Sinne, nicht
    so wertvoll war wie jetzt eine hand-
  • 21:28 - 21:31
    getöpferte Teetasse. Weil Gold ist einfach
    ein Material, da hat auch mal ’n
  • 21:31 - 21:35
    Teemeister, hat einfach mal, ein Teehaus
    in Kioto gebaut, es einfach mit Gold
  • 21:35 - 21:40
    überzogen. Ratzfatz, Gold sieht schön aus
    aber mehr nicht, er wollte einfach nur
  • 21:40 - 21:46
    dieses Material zeigen. Aber ansonsten ist
    diese Kunst, ’nen Tonklumpen zu nehmen und
  • 21:46 - 21:52
    den zu formen und den zu lackieren. Und
    das über Jahrtausende hinweg ist bei den
  • 21:52 - 21:59
    Japanern viel mehr, viel wertvoller als
    jetzt so’ne Materialität. Deshalb gibt’s
  • 21:59 - 22:04
    jetzt immer noch diese Ningen kokuhō.
    Und da wollte ich jetzt noch mal
  • 22:04 - 22:08
    zurückgehen zu – wir hatten ja vorhin
    Homer, der gesagt hat, der Handwerker ist
  • 22:08 - 22:16
    produktiv und öffentlich. Platon hat für
    Handwerker das Wort „poiein“ benutzt.
  • 22:16 - 22:20
    Machen/herstellen und es kommt vom
    gleichen Wortstamm wie die Poesie.
  • 22:20 - 22:25
    Also die Muse dahinter. Das ist so ’n
    bisschen, also man soll, ja einfach im
  • 22:25 - 22:35
    Blick behalten, was man arbeitet, weil man
    ja so viel Zeit im Leben damit verbringt.
  • 22:35 - 22:41
    Ja weil das … Wie prägt die Arbeit, mit
    der wir uns beschäftigen, unser Weltbild?
  • 22:41 - 22:46
    Und da hab ich eben Bilder gefunden.
    Das kennt ihr vielleicht, von Fritz Karl,
  • 22:46 - 22:50
    von 1926, das war halt zur Hochzeit der
    Industrialisierung, da hat man sich eben
  • 22:50 - 22:56
    den Menschen als Fabrik vorgestellt.
    Eigentlich ein schreckliches Bild. Oben
  • 22:56 - 23:01
    geht’s rein und dann arbeitet alles und
    unten kommt’s dann raus. Das hier wurde
  • 23:01 - 23:08
    in ’nem Tempel in Peking gefunden. Das ist
    eher aus ’nem daoistischen Weltbild, wo …
  • 23:08 - 23:12
    das ist auch wieder der Körper eines
    Menschen, aber da haben so alle Organe,
  • 23:12 - 23:20
    haben eine andere Zuordnung, alle arbeiten
    zusammen und in Harmonie. Und ein Freund
  • 23:20 - 23:25
    von uns, der Tom Igoe, hat das gemacht,
    jetzt, ist das Neueste, wie der Computer
  • 23:25 - 23:31
    uns sieht.
    vereinzelt Gelächter
  • 23:31 - 23:40
    Tom Igoe ist in New York an der Universität
    unterrichtet er und naja, das ist jetzt,
  • 23:40 - 23:45
    quasi so weit sind wir gekommen. Genau,
    ich würd jetzt sagen, jetzt haben wir Frage
  • 23:45 - 23:51
    und Antwort. Ich würd euch bitten, Fragen
    zu stellen die so gut sind, die zu gut
  • 23:51 - 23:55
    sind um beantwortet zu werden, dass wir
    darüber noch nachdenken können. Ich weiß
  • 23:55 - 24:02
    nicht ob’s Fragen noch gibt, das war jetzt
    wirklich nur so ’ne kleine Inspiration.
  • 24:02 - 24:05
    Applaus
  • 24:05 - 24:16
    H: Danke. Falls es Fragen gibt, bitte an
    den Mikrofonen aufstellen. Da gibt’s
  • 24:16 - 24:21
    Mikrofone, 4 Stück im Saal, einfach
    anstellen und ich rufe euch auf.
  • 24:21 - 24:22
    Ja dann erstmal du!
  • 24:22 - 24:26
    Frage: Ich glaub du hast uns nicht
    erzählt, was Fischbeinreißer sind.
  • 24:26 - 24:29
    Antwort: Ach so, wollt ihr’s wissen?
    Gerne. — Gelächter
  • 24:29 - 24:32
    H: Nachdem ich das am Anfang schon
    verkackt hab, muss das jetzt raus.
  • 24:32 - 24:35
    A: yes Das erzähl ich doch so gerne.
    Fischbeinreißer, Fischbein ist nichts
  • 24:35 - 24:41
    anderes als Barten beim Wal. Und das hat,
    Walfang gibt’s ja schon lange, aber
  • 24:41 - 24:45
    irgendwann, ich meine früher gab’s ja kein
    Plastik und Materialen hat man ja einfach
  • 24:45 - 24:50
    aus der Natur genommen und irgendwann kam
    man dann halt darauf, diese Barten vom Wal
  • 24:50 - 24:56
    sind so lang und beweglich, toll was kann
    man damit anstellen? Und dann kam man
  • 24:56 - 25:02
    zuerst in Spanien auf die Idee, die in
    Kleider reinzustecken, und hat den Frauen
  • 25:02 - 25:06
    vor allem aber auch den Männern dann,
    so kubistische Formen gegeben.
  • 25:06 - 25:15
    Mit Korsetten, so raus, oder Schnabel-
    schuhe. Das war … lustigerweise war die
  • 25:15 - 25:21
    später dann … das war einer der Gründe,
    warum der Walfang auch so floriert hat.
  • 25:21 - 25:25
    Die Quaker hatten in Nordamerika, in
    Nantucket ihre Walstation, und waren ja
  • 25:25 - 25:28
    ganz …, die hatten überhaupt nichts mit
    Mode zu tun, aber das waren die besten
  • 25:28 - 25:32
    Fischbeinreißer. Und der Fischbeinreißer
    ist halt der, der dann die Barten
  • 25:32 - 25:38
    auseinander reißt. Ich glaub die sind so
    fasrig, und die kann man dann, mit ’nem
  • 25:38 - 25:42
    Messer haut man oben rein, dann kann man
    die so auseinander ziehen. Ich stell mir
  • 25:42 - 25:51
    das so haptisch ganz schön vor.
    Lachen
  • 25:51 - 25:57
    F: Kommt der Sandmann, also der
    Sandmann von den Geschichten,
  • 25:57 - 26:01
    auch von dem Sandmann?
    Hat das irgendeinen Zusammenhang?
  • 26:01 - 26:05
    A: Ja, hat tatsächlich ’nen Zusammenhang,
    E. T. A. Hoffmann hat ’ne Geschichte
  • 26:05 - 26:09
    geschrieben über den Sandmann, aber da war
    das ’ne Gruselfigur, und wie man dann
  • 26:09 - 26:13
    diese Gruselfigur, die nachts kommt …
    Weiß nicht, ob der die Kinder holt,
  • 26:13 - 26:18
    ich weiß es nicht mehr.
    Also der war ’ne Gruselfigur.
  • 26:18 - 26:26
    Gelächter, Applaus
    Der war ’ne Gruselfigur, weil diese Sand-
  • 26:26 - 26:30
    männer halt so furchtbar aussahen, weil
    die natürlich den ganzen Tag mit diesem
  • 26:30 - 26:33
    Sand zu tun hatten, und halt wirklich
    unterlaufene rote Augen hatten, und wahr-
  • 26:33 - 26:37
    scheinlich auch ständig Schmerzen und
    vielleicht auch 'ne raue Stimme.
  • 26:37 - 26:42
    Und wie dann aber dieser Dreh kam zum
    Sandmann, der dann diesen Traumsand
  • 26:42 - 26:47
    streut, …ja …, das ist mal
    wieder ’ne Verdrehung.
  • 26:48 - 26:53
    H: Also ich seh keine Fragen mehr.
    Dann ’nen tollen Applaus für
  • 26:53 - 26:56
    Applaus
  • 26:56 - 27:01
    Abspannmusik
  • 27:01 - 27:20
    Untertitel erstellt von c3subtitles.de
    im Jahr 2017. Mach mit und hilf uns!
Title:
Von Kaffeeriechern, Abtrittanbietern und Fischbeinreißern (33c3)
Description:

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Video Language:
German
Duration:
27:20

German subtitles

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