1
00:00:00,000 --> 00:00:13,740
33c3 Vorspannmusik
2
00:00:13,740 --> 00:00:17,790
Herald: Also wir sind hier für den Talk
„Von Kaffeeriechern, Abtrittfahrern
3
00:00:17,790 --> 00:00:20,590
und Fischbeinabreißern“ mit
Michaela Vieser.
4
00:00:20,590 --> 00:00:23,450
Michaela: Fast, haha
Abtrittanbieter und Fischbeinreißer.
5
00:00:23,450 --> 00:00:27,800
Herald: Abtrittanbieter (leise: verdammt)
6
00:00:27,800 --> 00:00:35,710
Berufe aus vergangenen Zeiten. Michaela
ist Autorin, Bloggerin und Radiomensch.
7
00:00:35,710 --> 00:00:41,400
Hat da schon beim Deutschlandradio Features
gehalten, hat ne sehr interessante Geschichte:
8
00:00:41,400 --> 00:00:45,190
War im japanischen Kloster, hat da
ganz viele tolle Sachen gemacht.
9
00:00:45,190 --> 00:00:49,290
Und ich würde sagen erstmal ne Runde
Applaus für sie und wir fangen dann
10
00:00:49,290 --> 00:00:59,240
direkt danach an.
Applaus
11
00:00:59,240 --> 00:01:06,280
So, hab sie vorgestellt, jetzt überlass ich
dir das Bild, äh das Feld.
12
00:01:06,280 --> 00:01:11,330
M: Ich erzähl mal ganz kurz so ein bisschen
zu mir weil mein Lebenslauf son bisschen,
13
00:01:11,330 --> 00:01:17,270
sag mal, schräg ist. Ich hab meinen
Highschool Abschluss in Amerika gemacht,
14
00:01:17,270 --> 00:01:27,100
damals in Science Fiction,
hab mit … — Applaus
15
00:01:27,100 --> 00:01:32,039
und hab dann in London Japanologie und
asiatische Kunstgeschichte studiert,
16
00:01:32,039 --> 00:01:37,390
und fand das dann so spannend – ich dachte
wenn man westliche Kunstgeschichte macht
17
00:01:37,390 --> 00:01:40,939
dann muss man das Christentum verstehen,
weil das ja immer wieder vorkommt.
18
00:01:40,939 --> 00:01:44,670
Und deshalb dachte ich in der japanischen
Kunstgeschichte kommt dieser Buddhismus
19
00:01:44,670 --> 00:01:49,080
immer vor, also wenn ich diese Kunst verstehen
will, muss ich auch diesen Buddhismus verstehen
20
00:01:49,080 --> 00:01:52,860
und hab dann damals ein Kloster gefunden
das mich aufgenommen hat für ein Jahr,
21
00:01:52,860 --> 00:01:57,380
wo ich dann Schwertkampf, und Kalligrafie,
und Blumenstecken und Teezeremonie,
22
00:01:57,380 --> 00:02:02,479
und all die Dinge gelernt habe ein Jahr lang.
Blieb dann länger in Japan, hab dort über
23
00:02:02,479 --> 00:02:09,139
die Bergasketen geforscht. Hatte ein
Stipendium an der Uni. Hab dann gearbeitet
24
00:02:09,139 --> 00:02:14,470
für, damals kam Broadband gerade auf. Hab
da neue Inhalte entwickelt, hatte ’n Team
25
00:02:14,470 --> 00:02:19,820
das in LA, Tokio, London gearbeitet hat
und dann kam radikaler Bruch. Dann hab ich
26
00:02:19,820 --> 00:02:26,019
gesagt „OK jetzt reichts mit Japan, ich
muss zurück nach Deutschland“ und bin dann
27
00:02:26,019 --> 00:02:29,660
mit nem VW Bus 6 Monate durchs Land
gefahren, um Orte zu suchen, die keiner
28
00:02:29,660 --> 00:02:33,280
kennt. Und hab dann darüber …
Und damit fing dann quasi meine
29
00:02:33,280 --> 00:02:38,090
Karriere als Schriftstellerin an. Und ich
erzähl das jetzt einfach, weil in meiner
30
00:02:38,090 --> 00:02:43,819
Arbeit geht’s mir immer darum, Dinge echt
zu erleben oder echte Dokumente zu haben.
31
00:02:43,819 --> 00:02:49,189
Diese Recherche ist mir ganz ganz wichtig
in allem. Und ich fang jetzt mal an hier,
32
00:02:49,189 --> 00:02:55,400
mit … hier das ist mir jetzt gerade
aufgefallen, als ich oben wartete, bis die
33
00:02:55,400 --> 00:02:59,000
anderen fertig sind. Es geht ja
hier heute um Arbeitswelten.
34
00:02:59,000 --> 00:03:06,070
Das ist hier, fand ich ganz lustig, hier
ist der Panik-Knopf, also falls hier Panik
35
00:03:06,070 --> 00:03:10,019
ausbricht, kann man hier draufdrücken.
Dann geht die Beleuchtung an, oben gibt’s
36
00:03:10,019 --> 00:03:14,190
noch ’ne Pausenklingel, noch ’n schönes
altes Telefon, das sind so Artefakte die
37
00:03:14,190 --> 00:03:18,459
wird’s bald nicht mehr geben. Und
darum geht's jetzt in meinem Talk.
38
00:03:18,459 --> 00:03:20,880
Es geht um die Poetics of
Work, von Kaffeeriechern,
39
00:03:20,880 --> 00:03:23,330
Abtrittanbietern und
Fischbeinreißern.
40
00:03:23,330 --> 00:03:27,279
Und zwar ist das der Titel von einem Buch,
das habe ich zusammen mit der wunderbaren
41
00:03:27,279 --> 00:03:32,980
Illustratorin Irmela Schautz gemacht,
wo wir Berufe gesucht haben, wo man
42
00:03:32,980 --> 00:03:37,409
selbst am Namen heute nicht mehr
erkennen kann, was es für Berufe sind.
43
00:03:37,409 --> 00:03:42,909
Also Kaffeeriecher, dazu komm ich später
noch. Aber es hat nichts mit Barista zu tun.
44
00:03:42,909 --> 00:03:48,910
Fischbeinreißer, ja Fische haben ja keine
Beine, was ist das also. Und ich hab dann
45
00:03:48,910 --> 00:03:54,739
danach noch 2 andere Bücher gemacht
über das Thema Arbeit. Eins mit dem
46
00:03:54,739 --> 00:03:59,390
Preußischem Kulturbesitz, oder beide mit
dem Preußischem Kulturbesitz und zwar
47
00:03:59,390 --> 00:04:05,630
haben die mich in ihre Archive gelassen
und dort ihre alten Fotografien rausholen
48
00:04:05,630 --> 00:04:09,840
lassen. Und die hatten dann – zum Teil waren
diese Fotografien in Berlin Charlottenburg
49
00:04:09,840 --> 00:04:16,360
in ner alten Offizierskegelbahn im Keller,
also das waren ganz ungewöhnliche Orte.
50
00:04:16,360 --> 00:04:25,390
Aussterbende Arbeit, der Anthropologe David
Graeber hat schon von den Bullshit Jobs
51
00:04:25,390 --> 00:04:28,960
gesprochen, ich hab jetzt im
Guardian 'ne Liste gefunden,
52
00:04:28,960 --> 00:04:36,680
von Jobs die bald aussterben werden. Die
haben ’ne Reihe von 704 Jobs aufgelistet,
53
00:04:36,680 --> 00:04:42,669
ich als „Autorin“ bin auf Platz 123, also
relativ sicher. Am sichersten ist der
54
00:04:42,669 --> 00:04:47,280
„recreational Therapist“, das ist jemand
der sich mit Leuten beschäftigt,
55
00:04:47,280 --> 00:04:52,729
die zurück ins Leben holt, durch Basteln
und so. Und ganz schlimm ist
56
00:04:52,729 --> 00:04:58,571
„Data Entry Keyers“, „Library technicians“,
„New Accounts Clerks“, das sind also
57
00:04:58,571 --> 00:05:02,030
alles Jobs die bald verschwinden werden.
58
00:05:02,030 --> 00:05:09,240
Aber ich geh jetzt mal zurück hier,
zum alten Handwerk. Das ist ein Bild aus
59
00:05:09,240 --> 00:05:16,039
’nem Buch von 1880, wo verschiedene
Handwerksberufe aufgelistet wurden.
60
00:05:16,039 --> 00:05:20,139
Und der Verleger damals, Winkelmann
und Söhne, hat dieses Buch gleich auf
61
00:05:20,139 --> 00:05:24,420
Französisch und Englisch und Deutsch
rausgebracht. Und das ist jetzt die
62
00:05:24,420 --> 00:05:27,939
Klempnerei, und ich wollt so’n bisschen
auf die Arbeitsatmosphäre eingehen.
63
00:05:27,939 --> 00:05:33,990
Also die sitzen da allen zusammen in diesem
Raum, da ist ’n Vogelkäfig, der singt dann
64
00:05:33,990 --> 00:05:37,691
den kann man dann füttern, und über den
Vogel reden. Die Frau kommt rein, hat
65
00:05:37,691 --> 00:05:42,440
so’n Sieb in der Hand, der noch bearbeitet
werden muss. Tee wird gekocht. Da ist ein
66
00:05:42,440 --> 00:05:50,310
ganz junger Lehrling, der alte Meister;
ist eigentlich ganz heimelig. Und zwar ist
67
00:05:50,310 --> 00:05:56,710
das von 1880. Und das ist auf Französisch
und Englisch, weil des damals eben auch in
68
00:05:56,710 --> 00:06:01,450
England und Frankreich so’ne
Klempnerwerkstatt ganz genauso aussah.
69
00:06:01,450 --> 00:06:07,370
Das ist jetzt noch mal 100 Jahre zurück,
wieder ’ne Klempnerwerkstatt, ist eigentlich
70
00:06:07,370 --> 00:06:10,609
genau das gleiche. Die sitzen auch
zusammen. Auch die Frau ist wieder
71
00:06:10,609 --> 00:06:18,080
mit im Raum. Männer verschiedenen
Alters, der Ofen und so weiter.
72
00:06:18,080 --> 00:06:25,200
Und dann geh ich jetzt vor, 1925, auch
damals noch ’ne Klempnerwerkstatt.
73
00:06:25,200 --> 00:06:28,950
Fotografiert von einem Kraus. Über den
ist nichts mehr bekannt, weil zu dem
74
00:06:28,950 --> 00:06:34,040
Zeitpunkt waren auch Fotografen noch
Handwerker. Man sieht, es ist auch wieder
75
00:06:34,040 --> 00:06:39,470
die Frau mit dabei, der Ofen, aber ich
brauch das wohl kaum mit dazu zu sagen,
76
00:06:39,470 --> 00:06:45,509
dass es heute ganz anders aussieht in der
Klempnerwerkstatt, und eigentlich wie mit
77
00:06:45,509 --> 00:06:49,940
fast allen Berufen, also das geht mir so,
mit allen meinen Freunden, ob die jetzt
78
00:06:49,940 --> 00:06:53,460
Musik machen, ob die schreiben, ob die
programmieren, das ist eigentlich
79
00:06:53,460 --> 00:06:58,650
alles immer nur auf diesem Computer,
und diese ganzen Atmosphären fehlen.
80
00:06:58,650 --> 00:07:12,849
In diesem Buch geht's dann um … das sind
alles Fotografien bis ’45, weil dann nach
81
00:07:12,849 --> 00:07:15,879
dem Krieg gab’s ’nen großen Bruch,
da ist das alles verschwunden,
82
00:07:15,879 --> 00:07:20,430
die Industrialisierung hat dann ganz stark
angefangen. Das ist jetzt spannend
83
00:07:20,430 --> 00:07:24,370
dieses Bild, weil das von dem Willy Römer
ist, und der war selbst aus ner Handwerker-
84
00:07:24,370 --> 00:07:29,879
familie in Berlin in der Torstraße ist er
bei Schneidern aufgewachsen. Seine
85
00:07:29,879 --> 00:07:34,990
Eltern waren Schneider, und der hatte
halt dieses Know-How, wie er mit diesen
86
00:07:34,990 --> 00:07:38,590
anderen Handwerkern sprechen muss.
Wie er da rein kommt, ob er da ne Stulle
87
00:07:38,590 --> 00:07:43,750
mitbringt, er hatte auch das Vokabular,
und ist einfach reingelassen. Aber Hand-
88
00:07:43,750 --> 00:07:51,710
werk ist ja auch noch, das ist dann die
Abisag Tüllmann, ’36 ist die geboren,
89
00:07:51,710 --> 00:07:56,420
hat erst ne Tischlereilehre gemacht und
ist dann zur Fotografie erst gekommen.
90
00:07:56,420 --> 00:08:00,419
Die hat andere Berufe fotografiert, die
eben auch noch so ganz handwerklich
91
00:08:00,419 --> 00:08:07,650
waren. Und das ist das Zählen in der Bank
von Geldscheinen. Das ist wieder ’n Bild
92
00:08:07,650 --> 00:08:13,870
von dem Willy Römer, wo man auch sieht,
wie wichtig es ist, ’nen Lehrling zu haben,
93
00:08:13,870 --> 00:08:21,389
weil der dann da reinpasst in diese Turm-
uhr zum reparieren. Das hat auch ’nen Sinn
94
00:08:21,389 --> 00:08:26,020
Und der Willy Römer ist dann auch gerne
raus gegangen und hat die Handwerker
95
00:08:26,020 --> 00:08:30,129
dann nicht im Kämmerchen fotografiert,
sondern ist raus in die Stadt, ist auf
96
00:08:30,129 --> 00:08:34,220
die Dächer von Berlin gegangen und hat die
Schornsteinfeger fotografiert,
97
00:08:34,220 --> 00:08:37,870
was die gemacht haben. Und ich möchte
jetzt noch ein Bild zeigen von einem
98
00:08:37,870 --> 00:08:42,400
Zeitgenossen von ihm, das ist der Seiden-
stücker, das war der Flaneur der Fotografen
99
00:08:42,400 --> 00:08:47,930
damals. Also ich geh nochmal zurück. Also
Willy Römer hat so die während der Arbeit
100
00:08:47,930 --> 00:08:54,100
gemacht, und der Seidenstücker hat dann
schon angefangen, das ästhetisch wahrzu-
101
00:08:54,100 --> 00:09:02,730
nehmen, das Schwarz-Weiß und diese Formen
und Schatten. Man sieht es hier noch mal:
102
00:09:02,730 --> 00:09:08,310
oben das Bild von Willy Römer ist einer der
diese Pantinen macht und hier beim Seiden-
103
00:09:08,310 --> 00:09:16,020
stücker da haben sie die dann tatsächlich
an die Arbeiter. Ja, ich find, die erzählen
104
00:09:16,020 --> 00:09:24,700
wahnsinnig viel diese Bilder, und auch das
ist Handarbeit, Handwerk, dieser Kabelsalat,
105
00:09:24,700 --> 00:09:32,150
den man sich niemandem wünscht. Ja und
da geht also damals als ich das Buch
106
00:09:32,150 --> 00:09:37,790
gemacht hab der Gedanke zurück:
Was ist denn Handwerk? Bei den alten
107
00:09:37,790 --> 00:09:41,910
Griechen war es so, Homer hat geschrieben:
„Muse mit heller Stimme! Hephaistos“,
108
00:09:41,910 --> 00:09:46,270
das war ja der Schmied, „den ruhmvollen
Denker preise im Lied! Mit Athene der
109
00:09:46,270 --> 00:09:50,120
eulenäugigen Göttin, lehrte er herrliche
Werke die Menschen auf Erden, die früher
110
00:09:50,120 --> 00:09:54,290
hausten wie Tiere in Höhlen der Berge.
doch jetzt in der Lehre jenes ruhmreichen
111
00:09:54,290 --> 00:09:58,320
Künstlers Hephaistos lernten sie schaffen,
bringen sie leicht ihre Zeit dahin bis zum
112
00:09:58,320 --> 00:10:01,650
Ende des Jahres, leben in Ruhe und Frieden
in ihren eigenen Häusern.“
113
00:10:01,650 --> 00:10:10,080
Also es geht darum, dass der Handwerker
verantwortlich war, die Menschen aus den
114
00:10:10,080 --> 00:10:13,920
Höhlen herauszuholen und die Zivilisation
zu schaffen, alles was wir heute um uns
115
00:10:13,920 --> 00:10:17,840
herum haben ist von jemandem
erdacht, erschaffen worden.
116
00:10:17,840 --> 00:10:23,170
Das war also die große Leistung. Homer
sagt deshalb auch, dass der Handwerker
117
00:10:23,170 --> 00:10:29,210
hat die genannt Demioergos, öffentlich und
produktiv, und das waren alle, die nicht
118
00:10:29,210 --> 00:10:34,250
Sklaven waren oder adelig, alles
dazwischen. Chirurgen, Arbeiter, …
119
00:10:34,250 --> 00:10:41,090
das waren alles Handwerker. Die eben
unsere Zivilisation erschaffen haben.
120
00:10:41,090 --> 00:10:45,470
Und jetzt kommt eben der David Graeber,
den ihr vielleicht kennt aus der
121
00:10:45,470 --> 00:10:49,120
Occupy Bewegung. Der sagt: So wir sind
jetzt in nem Zeitalter angekommen wo es
122
00:10:49,120 --> 00:10:56,030
wahnsinnig viele Bullshit Jobs gibt. Also
Jobs—administrativ, bürokrativ, aber auch
123
00:10:56,030 --> 00:11:04,760
prekäre wie Pizzaservice, Putzdienst, usw.
Jobs die keiner machen möchte. Und da
124
00:11:04,760 --> 00:11:10,580
möchte ich jetzt ein bisschen Jobs zeigen,
die es früher gab, die Bullshit Jobs waren.
125
00:11:10,580 --> 00:11:17,460
Und jetzt also wirklich im wahrsten
Sinne des Wortes der Abtrittanbieter.
126
00:11:17,460 --> 00:11:28,770
Da les ich mal ganz kurz vor, was Casanova
gesagt hat. Casanova berichtete:
127
00:11:28,770 --> 00:11:33,630
Wir setzten unseren Spaziergang fort,
ohne ein Ziel zu haben und sprachen von
128
00:11:33,630 --> 00:11:38,010
Literatur und allerlei Gebräuchen.
Plötzlich bemerkte ich in der Nähe von
129
00:11:38,010 --> 00:11:41,870
Buckinghamhaus zu meiner linken im Gebüsch
5 oder 6 Personen, die ein dringendes
130
00:11:41,870 --> 00:11:45,850
Bedürfnis verrichteten und dabei den
Vorübergehenden den Hintern zukehrten.
131
00:11:45,850 --> 00:11:55,601
Also wir hatten ’ne Situation in Europa,
16./17. bis 18. Jahrhundert, wo es keine
132
00:11:55,601 --> 00:12:00,840
öffentlichen Toiletten gab. Also es gab
zu Zeiten … In Rom gab es 116,
133
00:12:00,840 --> 00:12:04,840
ich habs mir aufgeschrieben,
144 Latrinen und 116 Pissstände, aber das
134
00:12:04,840 --> 00:12:10,780
ist alles verloren gegangen. Gerade im
16. Jahrhundert ist man wirtschaftlich
135
00:12:10,780 --> 00:12:14,710
beweglicher geworden, musste von Ort zu Ort
reisen, und da war natürlich auch dieses
136
00:12:14,710 --> 00:12:18,930
Bedürfnis erledigen ’n starkes. Und so
taucht dann eben der Abtrittanbieter auf,
137
00:12:18,930 --> 00:12:22,750
der ist dann auf Messen, der wär dann auch
hier im Kongresszentrum wahrscheinlich
138
00:12:22,750 --> 00:12:26,750
rumgelaufen. Der hatte dann so’nen
Eimer dabei, und Ledermäntel
139
00:12:26,750 --> 00:12:29,560
einzelnes kichern
und dann konnte man sich da drauf setzen
140
00:12:29,560 --> 00:12:34,050
und seine Notdurft verrichten, weil
ansonsten hat man sich damals tatsächlich
141
00:12:34,050 --> 00:12:38,460
ganz unmöglicher Dinge bedient.
Also ich hab dann, ich war in der
142
00:12:38,460 --> 00:12:43,900
Raritätenbibliothek usw., also da sind
Leute, haben sich ne Kutsche anhalten
143
00:12:43,900 --> 00:12:47,710
lassen, sind mit der einmal ums Carré
gefahren und dann wieder ausgestiegen
144
00:12:47,710 --> 00:12:52,130
und fühlten sich besser.
leises Gelächter
145
00:12:52,130 --> 00:12:58,530
Und erst im 19. Jahrhundert kamen dann
diese öffentlichen Toiletten wieder
146
00:12:58,530 --> 00:13:06,460
auf in Europa. Kaffee Achteck hießen die
dann oder Madei Tempel und das waren
147
00:13:06,460 --> 00:13:11,550
quasi, das waren gußeiserne Strukturen
so achteckig. Die man dann auch bewegen
148
00:13:11,550 --> 00:13:15,440
konnte, weil das natürlich ne Belästigung
war für die Leute die an den Plätzen
149
00:13:15,440 --> 00:13:21,430
wohnten wo diese Toiletten waren. Dann
wurden die also immer bewegt.
150
00:13:21,430 --> 00:13:30,320
Als nächstes hab ich den Fullonen, der
Fullone ist jemand, der das Urin aufsammelt
151
00:13:30,320 --> 00:13:35,610
und das Urin dann gärt, das wird dann zu
Ammoniak und wird dann ’n tolles Putz-
152
00:13:35,610 --> 00:13:43,880
mittel. Die waren ganz wichtig im alten
Rom, denn im alten Rom sagte man: Jemand
153
00:13:43,880 --> 00:13:49,540
ist lautus, ein Römer ist ein lautus, ein
guter Römer, wenn er, und lautus heißt gut
154
00:13:49,540 --> 00:13:54,250
gewaschen, das heißt, diese weiße Toga war
ganz ganz wichtig. Gerade diese Senatoren
155
00:13:54,250 --> 00:13:59,390
dass die diese weißen Togen trugen, und
diese weißen Togen gab’s eben nur aus dem
156
00:13:59,390 --> 00:14:04,260
Grund, dass es diese Fullonen gab. Diese
Männer und Frauen die hatten dann
157
00:14:04,260 --> 00:14:08,220
tatsächlich, hatte ich ja schon erwähnt,
in der ganzen Stadt verschiedene Latrinen,
158
00:14:08,220 --> 00:14:11,930
die sie immer geleert haben, aber die
hatten auch Amphoren, die sie aufgestellt
159
00:14:11,930 --> 00:14:15,890
hatten, auch beim Senat. Da haben sie dann
auch oben den Kopf abgebrochen, dass man
160
00:14:15,890 --> 00:14:21,120
besser reinpinkeln konnte und haben die
dann eingesammelt. Und man sagte dann
161
00:14:21,120 --> 00:14:27,060
zum Beispiel auch ein Senator sei:
„non valet lotium suum“, d.h. seines Urins
162
00:14:27,060 --> 00:14:32,410
nicht würdig. Weil es war bekannt, dass
wenn man Wein getrunken hat, war das
163
00:14:32,410 --> 00:14:37,100
Urin nicht so gut, wie wenn man anderes
getrunken hat. So, und es wurde dann,
164
00:14:37,100 --> 00:14:41,160
es ist auch so ’ne Sache, die dann später…
also die Fullonen haben dann das gesammelt
165
00:14:41,160 --> 00:14:46,610
und haben darin gewalkt und dadurch wurden
die weiß die Togen, die waren in Karthago
166
00:14:46,610 --> 00:14:50,700
am Rande der Stadt, in Italien waren sie
eher in der Stadt, weil es dort nicht so
167
00:14:50,700 --> 00:14:58,671
gestunken hat, weil die Temperaturen
anders waren. Das ging dann so weit, dass
168
00:14:58,671 --> 00:15:05,610
man dann, Fullonen gabs dann auch zur Zeit
als Paris umgebaut wurde, und da hatte man
169
00:15:05,610 --> 00:15:10,380
dann damals schon, hatte man für ganz
viel Geld Straßenkehrer eingesetzt die
170
00:15:10,380 --> 00:15:17,050
die Straßen reinigen und hat denen dann
aber paar Jahre später wieder viel Geld
171
00:15:17,050 --> 00:15:21,590
gegeben dass man die Fäkalien wieder
einsammeln konnte und daraus Ammoniak
172
00:15:21,590 --> 00:15:27,550
gewinnen. Das ist immer so ’n Hin-und-Her.
Und man wusste auch, dass der Urin aus
173
00:15:27,550 --> 00:15:31,970
armen Mietshäusern in Mailand zum Beispiel
viel besser war als der Urin aus den
174
00:15:31,970 --> 00:15:35,070
reichen Gegenden, weil die ’ne
ganz andere Ernährung hatten.
175
00:15:35,070 --> 00:15:39,380
Die waren dann stickstoffhaltiger.
176
00:15:39,380 --> 00:15:46,350
Jetzt geht's weiter zum Kaffeeriecher. Da
muss man bisschen aufholen, Kaffee gab’s
177
00:15:46,350 --> 00:15:53,740
ja nicht schon ewig. Kaffee kam auf, als
die Türken Wien belagert haben. Und nach
178
00:15:53,740 --> 00:15:57,870
der Belagerung fand man halt diese ganzen
Säcke mit Kaffeebohen, und es dauerte dann
179
00:15:57,870 --> 00:16:02,120
auch ’ne Weile, bis man wusste, wie man den
brauen muss diesen Kaffee und mit Sahne
180
00:16:02,120 --> 00:16:08,390
und Zucker anrichten und dann wurden auch
die ersten Cafés eröffnet. Und man merkte:
181
00:16:08,390 --> 00:16:15,440
Ah, der macht ’nen wachen Geist, das ist
toll. Und wurde sehr sehr schnell dann zum
182
00:16:15,440 --> 00:16:20,830
Luxusgut. Das heißt der wurde mit 150%
seines Kaufpreises besteuert, das heißt
183
00:16:20,830 --> 00:16:26,760
für eine Kanne Kaffee den Kaffee zu kochen
musste man mit Steuern soviel zahlen wie
184
00:16:26,760 --> 00:16:32,010
eine Spinnerin an einem Tag verdient hat.
Und es ist halt immer so bei Waren, wissen
185
00:16:32,010 --> 00:16:38,960
wir ja alle, die von allen gewollt werden,
die aber klein sind wie Kaffeebohnen
186
00:16:38,960 --> 00:16:43,040
wenn die dann nicht geröstet sind sondern
noch grün, dann riechen die ja nicht, die
187
00:16:43,040 --> 00:16:46,950
konnte man überall mit sich schmuggeln
und der Kaffeeschmuggel, gerade in Berlin
188
00:16:46,950 --> 00:16:52,660
war unglaublich. Der wurde wirklich …, das
war …, der wurde …, also der kam einfach
189
00:16:52,660 --> 00:16:56,690
rein in die Stadt. Der König wollte was
dagegen tun und hat dann gedacht: OK, dann
190
00:16:56,690 --> 00:17:02,990
setz ich doch diese alten Kriegsveteranen
ein. Hat dann 400 Veteranen ausgebildet,
191
00:17:02,990 --> 00:17:06,939
die zu jedem nach Hause gehen durften und
dort schnuppern konnten, ob die Leute
192
00:17:06,939 --> 00:17:12,569
gerade Kaffee hatten und wenn sie keine
Besteuerungsurkunde hatten, konnten die
193
00:17:12,569 --> 00:17:17,920
verhaften. Und das ist so’n bisschen, ich
meine wir werden ja heute auch überwacht
194
00:17:17,920 --> 00:17:23,240
aber heute merkt man’s nicht, aber die
Typen, die waren so, die waren so schlimm.
195
00:17:23,240 --> 00:17:28,779
Man muss dann sich vorstellen, das waren
dann halt Kriegsveteranen, die hatten, ja,
196
00:17:28,779 --> 00:17:32,960
das waren halt rohe Kerle, und die kamen
halt dann einfach nach Hause und haben das
197
00:17:32,960 --> 00:17:38,320
Haus umgekrempelt. Ich hab dann
mal noch ’n Zitat von ’ner Frau.
198
00:17:38,320 --> 00:17:41,429
Zwischenrufer: Wurde schon vorher das
„Schnüffeln“ verwendet?
199
00:17:41,429 --> 00:17:51,719
M: Ne, aber Schnüffeln ist sehr gut.
Das passt. Moment, so, hier.
200
00:17:51,719 --> 00:17:56,300
Das hat also eine Frau dann geschrieben:
„Man stelle sich die Aufregung vor als ich
201
00:17:56,300 --> 00:18:00,110
mit meinen Freundinnen bei Tische saß,
die Tür aufgerissen wurde, drei
202
00:18:00,110 --> 00:18:04,610
uniformierte Männer in die Stube stürmten,
unsere Tassen inspizierten und die Küche
203
00:18:04,610 --> 00:18:11,090
auf den Kopf stellten. Zu meinem Glück wurde
an diesem Nachmittag nur Tee serviert.“
204
00:18:11,090 --> 00:18:15,850
Und die Kaffeeriecher waren so verhasst,
dass die nach 8 Jahren abgeschafft wurden.
205
00:18:15,850 --> 00:18:20,170
Da ist wirklich das Volk auf die Barrikaden
gestiegen. Da denk ich mir manchmal, das
206
00:18:20,170 --> 00:18:23,590
wär nicht so schlecht,
wenn das heute auch so wäre.
207
00:18:23,590 --> 00:18:28,990
Applaus
208
00:18:28,990 --> 00:18:32,639
Es gab dann tatsächlich nur noch einen
Beruf der verhasster war, das war der
209
00:18:32,639 --> 00:18:37,440
Perrückenriecher oder -schnüffler, der
dann Leuten die Perücke abreißen konnte.
210
00:18:37,440 --> 00:18:44,600
Und da gucken, ob die diesen Zettel drin
hatte. Der Sandmann ist jetzt einer dieser
211
00:18:44,600 --> 00:18:49,650
Berufe, dieser Bullshit Jobs, dieser
Scheißjobs, die so furchtbar waren, dass
212
00:18:49,650 --> 00:18:53,750
ich tatsächlich Probleme hatte, darüber
irgendwas zu finden. Es gab in keinem
213
00:18:53,750 --> 00:18:58,309
Archiv irgendwas—da musste ich tatsächlich
detektivisch rangehen. Und das war dank
214
00:18:58,309 --> 00:19:03,410
dieser Deutschlandreise die ich damals
gemacht hab im VW Bus, bin ich an einen
215
00:19:03,410 --> 00:19:07,480
Ort gekommen wo es Sandsteinhöhlen gab,
und da hatte ich zum ersten mal von diesen
216
00:19:07,480 --> 00:19:14,190
Sandmännern gehört. Und zwar waren
Sandmänner …, man brauchte damals, um die
217
00:19:14,190 --> 00:19:18,490
guten Stuben zu reinigen, hat man so’n
bisschen Sand überall ausgestreut auf dem
218
00:19:18,490 --> 00:19:22,859
Holzboden und dann zusammengefegt. Nachdem
man dann diesen Sand aufgefegt hat, hat man
219
00:19:22,859 --> 00:19:31,179
auch diesen ganzen Schmutz mit eingefegt.
Das war einfach Kehrwoche, so ganz normal.
220
00:19:31,179 --> 00:19:37,210
Man hat den Sand auch benutzt, das hat mir
mein Opa auch noch erzählt, für Milchkannen
221
00:19:37,210 --> 00:19:43,620
und so. Und die Sandmänner waren halt
Menschen die nach … – 1845 gab’s ne große
222
00:19:43,620 --> 00:19:50,299
Kartoffelerntenkriese und da haben ganz
viele angefangen, diesen Sandstein abzu-
223
00:19:50,299 --> 00:19:55,150
bearbeiten, und haben den mit nach Hause
genommen, mit ihren Familien gerieben,
224
00:19:55,150 --> 00:19:59,740
gerieben, d. h. dieser Sand war bei denen
Zuhause, die hatten tränende Augen, der
225
00:19:59,740 --> 00:20:04,330
Sand war in allen Körperritzen, -öffnungen.
Es muss ganz furchtbar gewesen sein.
226
00:20:04,330 --> 00:20:07,240
Ich hab auch von ’nem Artzt noch’n
Dokument gefunden, der meint er hätte von
227
00:20:07,240 --> 00:20:13,220
so ’nem Sandmann die Lunge seziert, die sei
ihm fast auseinander gebröselt. Und es gab
228
00:20:13,220 --> 00:20:19,139
halt wirklich nichts, die waren so, das war
so ein schrecklicher Job, dass keiner darüber
229
00:20:19,139 --> 00:20:23,460
geschrieben hat. Und ich hab dann
Aufzeichnungen gefunden, weil ich dann
230
00:20:23,460 --> 00:20:27,380
auf ’ner Deutschlandkarte geguckt hab. Die
Geologie, wo gibt’s Sandstein, hab dann
231
00:20:27,380 --> 00:20:29,920
dort die ganzen Heimatmuseen
angeschrieben, gefragt:
232
00:20:29,920 --> 00:20:35,279
Habt ihr nicht irgendwas
über die Sandmänner?
233
00:20:35,279 --> 00:20:41,280
Jetzt zum ganz … Also jetzt hatten wir ja
die normalen Handwerker, die die
234
00:20:41,280 --> 00:20:45,130
Zivilisation aufbauen, wir hatten die
Scheißjobs die dann auftauchen,
235
00:20:45,130 --> 00:20:51,090
wenn irgendwo ’n Bedürfnis entsteht, das
man erfüllen kann und dadurch eben
236
00:20:51,090 --> 00:20:55,530
Brotverdienst hat. Und dann gibt’s in
Japan, durfte ich dann kennen lernen.
237
00:20:55,530 --> 00:21:01,570
Eine „人間国宝“. Und ein „Ningen kokuhō“ ist
ein lebender Nationalschatz. Das haben
238
00:21:01,570 --> 00:21:06,570
die dort, dass die dort Menschen haben,
die einfach etwas können, das sonst keiner
239
00:21:06,570 --> 00:21:10,690
kann. Das kann dann Töpfern sein, oder
eine bestimmte Art und Weise, Papier her-
240
00:21:10,690 --> 00:21:15,059
zustellen oder Puppen herzustellen, die
lernen das dann von ’nem Einzelnen, das
241
00:21:15,059 --> 00:21:18,990
ist dann einfach so’ne Tradition, die von
einem zum anderen weitergereicht wird.
242
00:21:18,990 --> 00:21:23,840
Und so kommt’s halt auch, dass in Japan
zum Beispiel Gold gar nicht, oder
243
00:21:23,840 --> 00:21:27,720
jedenfalls im traditionellen Sinne, nicht
so wertvoll war wie jetzt eine hand-
244
00:21:27,720 --> 00:21:31,290
getöpferte Teetasse. Weil Gold ist einfach
ein Material, da hat auch mal ’n
245
00:21:31,290 --> 00:21:35,429
Teemeister, hat einfach mal, ein Teehaus
in Kioto gebaut, es einfach mit Gold
246
00:21:35,429 --> 00:21:40,080
überzogen. Ratzfatz, Gold sieht schön aus
aber mehr nicht, er wollte einfach nur
247
00:21:40,080 --> 00:21:46,379
dieses Material zeigen. Aber ansonsten ist
diese Kunst, ’nen Tonklumpen zu nehmen und
248
00:21:46,379 --> 00:21:52,240
den zu formen und den zu lackieren. Und
das über Jahrtausende hinweg ist bei den
249
00:21:52,240 --> 00:21:58,990
Japanern viel mehr, viel wertvoller als
jetzt so’ne Materialität. Deshalb gibt’s
250
00:21:58,990 --> 00:22:03,970
jetzt immer noch diese Ningen kokuhō.
Und da wollte ich jetzt noch mal
251
00:22:03,970 --> 00:22:08,499
zurückgehen zu – wir hatten ja vorhin
Homer, der gesagt hat, der Handwerker ist
252
00:22:08,499 --> 00:22:15,509
produktiv und öffentlich. Platon hat für
Handwerker das Wort „poiein“ benutzt.
253
00:22:15,509 --> 00:22:19,750
Machen/herstellen und es kommt vom
gleichen Wortstamm wie die Poesie.
254
00:22:19,750 --> 00:22:25,470
Also die Muse dahinter. Das ist so ’n
bisschen, also man soll, ja einfach im
255
00:22:25,470 --> 00:22:34,739
Blick behalten, was man arbeitet, weil man
ja so viel Zeit im Leben damit verbringt.
256
00:22:34,739 --> 00:22:40,850
Ja weil das … Wie prägt die Arbeit, mit
der wir uns beschäftigen, unser Weltbild?
257
00:22:40,850 --> 00:22:45,870
Und da hab ich eben Bilder gefunden.
Das kennt ihr vielleicht, von Fritz Karl,
258
00:22:45,870 --> 00:22:50,450
von 1926, das war halt zur Hochzeit der
Industrialisierung, da hat man sich eben
259
00:22:50,450 --> 00:22:55,570
den Menschen als Fabrik vorgestellt.
Eigentlich ein schreckliches Bild. Oben
260
00:22:55,570 --> 00:23:01,419
geht’s rein und dann arbeitet alles und
unten kommt’s dann raus. Das hier wurde
261
00:23:01,419 --> 00:23:07,720
in ’nem Tempel in Peking gefunden. Das ist
eher aus ’nem daoistischen Weltbild, wo …
262
00:23:07,720 --> 00:23:12,370
das ist auch wieder der Körper eines
Menschen, aber da haben so alle Organe,
263
00:23:12,370 --> 00:23:20,309
haben eine andere Zuordnung, alle arbeiten
zusammen und in Harmonie. Und ein Freund
264
00:23:20,309 --> 00:23:25,490
von uns, der Tom Igoe, hat das gemacht,
jetzt, ist das Neueste, wie der Computer
265
00:23:25,490 --> 00:23:31,309
uns sieht.
vereinzelt Gelächter
266
00:23:31,309 --> 00:23:39,590
Tom Igoe ist in New York an der Universität
unterrichtet er und naja, das ist jetzt,
267
00:23:39,590 --> 00:23:45,320
quasi so weit sind wir gekommen. Genau,
ich würd jetzt sagen, jetzt haben wir Frage
268
00:23:45,320 --> 00:23:51,480
und Antwort. Ich würd euch bitten, Fragen
zu stellen die so gut sind, die zu gut
269
00:23:51,480 --> 00:23:55,460
sind um beantwortet zu werden, dass wir
darüber noch nachdenken können. Ich weiß
270
00:23:55,460 --> 00:24:01,589
nicht ob’s Fragen noch gibt, das war jetzt
wirklich nur so ’ne kleine Inspiration.
271
00:24:01,589 --> 00:24:04,529
Applaus
272
00:24:04,529 --> 00:24:15,829
H: Danke. Falls es Fragen gibt, bitte an
den Mikrofonen aufstellen. Da gibt’s
273
00:24:15,829 --> 00:24:20,890
Mikrofone, 4 Stück im Saal, einfach
anstellen und ich rufe euch auf.
274
00:24:20,890 --> 00:24:22,490
Ja dann erstmal du!
275
00:24:22,490 --> 00:24:26,070
Frage: Ich glaub du hast uns nicht
erzählt, was Fischbeinreißer sind.
276
00:24:26,070 --> 00:24:28,640
Antwort: Ach so, wollt ihr’s wissen?
Gerne. — Gelächter
277
00:24:28,640 --> 00:24:31,830
H: Nachdem ich das am Anfang schon
verkackt hab, muss das jetzt raus.
278
00:24:31,830 --> 00:24:35,429
A: yes Das erzähl ich doch so gerne.
Fischbeinreißer, Fischbein ist nichts
279
00:24:35,429 --> 00:24:41,350
anderes als Barten beim Wal. Und das hat,
Walfang gibt’s ja schon lange, aber
280
00:24:41,350 --> 00:24:45,429
irgendwann, ich meine früher gab’s ja kein
Plastik und Materialen hat man ja einfach
281
00:24:45,429 --> 00:24:49,679
aus der Natur genommen und irgendwann kam
man dann halt darauf, diese Barten vom Wal
282
00:24:49,679 --> 00:24:55,659
sind so lang und beweglich, toll was kann
man damit anstellen? Und dann kam man
283
00:24:55,659 --> 00:25:02,169
zuerst in Spanien auf die Idee, die in
Kleider reinzustecken, und hat den Frauen
284
00:25:02,169 --> 00:25:06,070
vor allem aber auch den Männern dann,
so kubistische Formen gegeben.
285
00:25:06,070 --> 00:25:15,070
Mit Korsetten, so raus, oder Schnabel-
schuhe. Das war … lustigerweise war die
286
00:25:15,070 --> 00:25:20,680
später dann … das war einer der Gründe,
warum der Walfang auch so floriert hat.
287
00:25:20,680 --> 00:25:25,450
Die Quaker hatten in Nordamerika, in
Nantucket ihre Walstation, und waren ja
288
00:25:25,450 --> 00:25:28,289
ganz …, die hatten überhaupt nichts mit
Mode zu tun, aber das waren die besten
289
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Fischbeinreißer. Und der Fischbeinreißer
ist halt der, der dann die Barten
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auseinander reißt. Ich glaub die sind so
fasrig, und die kann man dann, mit ’nem
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Messer haut man oben rein, dann kann man
die so auseinander ziehen. Ich stell mir
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das so haptisch ganz schön vor.
Lachen
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F: Kommt der Sandmann, also der
Sandmann von den Geschichten,
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auch von dem Sandmann?
Hat das irgendeinen Zusammenhang?
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A: Ja, hat tatsächlich ’nen Zusammenhang,
E. T. A. Hoffmann hat ’ne Geschichte
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geschrieben über den Sandmann, aber da war
das ’ne Gruselfigur, und wie man dann
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diese Gruselfigur, die nachts kommt …
Weiß nicht, ob der die Kinder holt,
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ich weiß es nicht mehr.
Also der war ’ne Gruselfigur.
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Gelächter, Applaus
Der war ’ne Gruselfigur, weil diese Sand-
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männer halt so furchtbar aussahen, weil
die natürlich den ganzen Tag mit diesem
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Sand zu tun hatten, und halt wirklich
unterlaufene rote Augen hatten, und wahr-
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scheinlich auch ständig Schmerzen und
vielleicht auch 'ne raue Stimme.
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Und wie dann aber dieser Dreh kam zum
Sandmann, der dann diesen Traumsand
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streut, …ja …, das ist mal
wieder ’ne Verdrehung.
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H: Also ich seh keine Fragen mehr.
Dann ’nen tollen Applaus für
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Applaus
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Abspannmusik
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Untertitel erstellt von c3subtitles.de
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