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Kann es Demokratie ohne Vertrauen geben?

  • 0:00 - 0:03
    Ich fürchte, ich bin einer der Sprecher,
  • 0:03 - 0:06
    die Sie bei TED nicht zu sehen hofften.
  • 0:06 - 0:08
    Erstens habe ich kein Handy,
  • 0:08 - 0:10
    bin also auf der sicheren Seite.
  • 0:10 - 0:12
    Zweitens ist ein Politik-Theoretiker,
  • 0:12 - 0:14
    der über die Krise der Demokratie spricht,
  • 0:14 - 0:18
    nicht unbedingt das spannendste Thema,
    das man sich vorstellen kann.
  • 0:18 - 0:21
    Und: Ich werde keine Antworten geben.
  • 0:21 - 0:25
    Ich werde vielmehr einige
    der gängigen Fragen vertiefen.
  • 0:25 - 0:27
    Ich will Dinge wie die heutzutage
  • 0:27 - 0:29
    verbreitete Hoffnung hinterfragen,
  • 0:29 - 0:31
    dass Transparenz und Offenheit
  • 0:31 - 0:36
    das Vertrauen in demokratische Einrichtungen
    wiederherstellen können.
  • 0:36 - 0:39
    Es gibt noch einen Grund,
    warum Sie misstrauisch sein sollten.
  • 0:39 - 0:43
    Sie, die ›Kirche TED‹,
    sind eine sehr optimistische Gemeinschaft.
  • 0:43 - 0:46
    (Lachen)
  • 0:46 - 0:51
    Im Wesentlichen glauben Sie an Komplexität,
    aber nicht an Ungewissheit.
  • 0:51 - 0:53
    Wie Sie wissen, bin ich Bulgare.
  • 0:53 - 0:55
    Umfragen haben ergeben,
  • 0:55 - 0:59
    dass wir das pessimistischste Volk
    der Welt sind.
  • 0:59 - 1:00
    (Lachen)
  • 1:00 - 1:04
    Die Zeitschrift ›Economist‹
    brachte neulich einen Artikel,
  • 1:04 - 1:07
    der eine kürzliche Studie
    über Glück vorstellte,
  • 1:07 - 1:11
    und titelte »Die Glücklichen,
    die Unglücklichen, und die Bulgaren.«
  • 1:11 - 1:13
    (Lachen)
  • 1:13 - 1:17
    Nachdem Sie jetzt wissen,
    was Sie erwartet –
  • 1:17 - 1:18
    kommen wir zur Sache.
  • 1:18 - 1:23
    Es ist ein verregneter Wahltag
    in einem kleinen Land –
  • 1:23 - 1:27
    das könnte mein Land sein,
    aber auch Ihr Land.
  • 1:27 - 1:30
    Wegen des Regens
    ist bis vier Uhr nachmittags
  • 1:30 - 1:33
    niemand in den Wahllokalen aufgetaucht.
  • 1:33 - 1:35
    Aber dann hat der Regen aufgehört,
  • 1:35 - 1:37
    und die Leute gingen wählen.
  • 1:37 - 1:40
    Als die Stimmen ausgezählt wurden
    zeigte sich,
  • 1:40 - 1:47
    dass drei Viertel der Wahlberechtigten
    einen leeren Stimmzettel abgegeben hatten.
  • 1:47 - 1:50
    Regierung und Opposition
  • 1:50 - 1:53
    waren wie gelähmt.
  • 1:53 - 1:55
    Man weiß ja, wie man mit Protesten umgeht.
  • 1:55 - 1:57
    Man kennt ›die üblichen Verdächtigen‹.
  • 1:57 - 2:02
    Aber was macht man mit Menschen,
    die einen weißen Stimmzettel abgeben?
  • 2:02 - 2:07
    Also beschließt die Regierung,
    noch einmal wählen zu lassen.
  • 2:07 - 2:09
    Diesmal lieferten sogar
    noch mehr Menschen,
  • 2:09 - 2:14
    83 Prozent der Wähler,
    einen weißen Stimmzettel ab.
  • 2:14 - 2:17
    Im Wesentlichen sind sie
    zur Wahl gegangen
  • 2:17 - 2:20
    um auszudrücken, dass sie
    niemandem wählen konnten.
  • 2:20 - 2:25
    So beginnt eine wunderbare Erzählung
    von Jose Saramago mit dem Titel
  • 2:25 - 2:27
    »Die Stadt der Sehenden«.
  • 2:27 - 2:29
    Ich denke, das fängt sehr gut ein,
  • 2:29 - 2:33
    was für ein Problem wir heute
    in Europa mit der Demokratie haben.
  • 2:33 - 2:36
    Niemand stellt heute mehr in Frage,
  • 2:36 - 2:40
    dass Demokratie die beste Staatsform ist.
  • 2:40 - 2:43
    Wir haben nur die Demokratie.
  • 2:43 - 2:45
    Das Problem ist,
    dass viele Menschen glauben,
  • 2:45 - 2:48
    dass sich das Mitspielen nicht lohnt.
  • 2:48 - 2:52
    In den letzten 30 Jahren
    ist Politikwissenschaftlern aufgefallen,
  • 2:52 - 2:56
    dass es einen konstanten Rückgang
    an Wahlbeteiligungen gibt,
  • 2:56 - 3:00
    und dass die Menschen
    mit dem geringsten Interesse an Wahlen
  • 3:00 - 3:05
    diejenigen sind, die von ihnen
    am meisten profitieren dürften.
  • 3:05 - 3:08
    Ich spreche von Arbeitslosen,
    Unterprivilegierten.
  • 3:08 - 3:10
    Das ist ein größeres Problem.
  • 3:10 - 3:13
    Speziell jetzt, in der Wirtschaftskrise,
  • 3:13 - 3:15
    zeigt sich, dass das Vertrauen in Politik,
  • 3:15 - 3:18
    das Vertrauen
    in die demokratischen Einrichtungen,
  • 3:18 - 3:20
    regelrecht zerstört wurde.
  • 3:20 - 3:23
    Nach der neuesten Studie
    der Europäische Kommission
  • 3:23 - 3:28
    glauben 89% der europäischen Bürger,
    dass die Kluft zwischen
  • 3:28 - 3:35
    den Ansichten der Macher in der Politik
    und der Öffentlichkeit immer größer wird.
  • 3:35 - 3:39
    Nur 19% der Italiener und
    15% der Griechen glauben,
  • 3:39 - 3:42
    dass ihre Stimme etwas ausmacht.
  • 3:42 - 3:46
    Die Menschen sehen allmählich ein,
    dass sie zwar Regierungen,
  • 3:46 - 3:48
    nicht aber die Politik ablösen können.
  • 3:48 - 3:51
    Meine Frage ist die:
  • 3:51 - 3:55
    Wie kam es dazu,
    dass wir in Gesellschaften leben,
  • 3:55 - 3:57
    die freier sind als je zuvor –
  • 3:57 - 4:00
    man hat mehr Rechte,
    kann leichter reisen,
  • 4:00 - 4:02
    hat Zugang zu mehr Information –
  • 4:02 - 4:06
    aber trotzdem das Vertrauen
    in demokratische Einrichtungen
  • 4:06 - 4:08
    im Grunde genommen
    zusammengebrochen ist?
  • 4:08 - 4:10
    Meine Frage ist im Prinzip:
  • 4:10 - 4:15
    Was ist in diesen 50 Jahren,
    in denen wir über Demokratie sprechen,
  • 4:15 - 4:16
    gut und schlecht gelaufen?
  • 4:16 - 4:20
    Ich werde mit dem Guten anfangen.
  • 4:20 - 4:23
    Das Erste, was gut lief, waren natürlich
  • 4:23 - 4:26
    die fünf Revolutionen,
    die aus meiner Sicht
  • 4:26 - 4:30
    unser Leben sehr verändert und unsere
    Erfahrungen mit Demokratie vertieft haben.
  • 4:30 - 4:36
    Die erste war die kulturelle und
    soziale Revolution von 1968 und den 70ern,
  • 4:36 - 4:38
    die das Individuum
    in den Mittelpunkt stellte.
  • 4:38 - 4:41
    Es war die Zeit der Menschenrechte.
  • 4:41 - 4:45
    Das war wesentlich auch
    ein großer Ausbruch, eine Kultur
  • 4:45 - 4:49
    der Meinungsverschiedenheit,
    des Nonkonformismus,
  • 4:49 - 4:51
    wie sie bis dahin unbekannt war.
  • 4:51 - 4:53
    Ich glaube, selbst diese Dinge
  • 4:53 - 4:57
    sind Kinder der 68er –
    obschon die meisten von uns
  • 4:57 - 5:00
    damals noch nicht einmal geboren waren.
  • 5:00 - 5:03
    Danach kam die Revolution der Märkte
    in den 80ern.
  • 5:03 - 5:07
    Obwohl einige Leute auf der Linken
    es gar nicht gerne hören
  • 5:07 - 5:11
    war es tatsächlich die Revolution
    der Märkte, die die Losung ausgab:
  • 5:11 - 5:13
    »Die Regierung hat keine Ahnung.«
  • 5:13 - 5:16
    Die Gesellschaften haben
    mehr Wahlmöglichkeiten.
  • 5:16 - 5:23
    Dann ist da natürlich 1989 –
    das Ende des Kommunismus, des Kalten Krieges.
  • 5:23 - 5:25
    Das war die Geburtsstunde
    der Globalisierung.
  • 5:25 - 5:27
    Bleibt das Internet.
  • 5:27 - 5:30
    Ihnen brauche ich ja nicht zu erzählen,
    wie sehr
  • 5:30 - 5:32
    das Internet den Menschen
    Macht gegeben hat.
  • 5:32 - 5:35
    Es hat unsere Kommunikation
    genauso verändert
  • 5:35 - 5:37
    wie unsere Sicht der Politik
  • 5:37 - 5:40
    und das Konzept
    einer politischen Gemeinschaft.
  • 5:40 - 5:42
    Ich nenne Ihnen noch eine Revolution,
  • 5:42 - 5:44
    die Revolution der Hirnforschung,
  • 5:44 - 5:46
    die unser Verständnis darüber,
  • 5:46 - 5:49
    wie Menschen Entscheidungen fällen,
    völlig verändert hat.
  • 5:49 - 5:52
    Das lief also alles gut.
  • 5:52 - 5:55
    Wenn wir uns aber ansehen,
    was schlecht lief,
  • 5:55 - 5:58
    landen wir wieder
    bei den gleichen fünf Revolutionen.
  • 5:58 - 6:02
    Zuerst hatten wir die 1960er
    und 70ern mit ihrer
  • 6:02 - 6:03
    kulturellen und sozialen Revolution,
  • 6:03 - 6:07
    die die Fiktion eines gemeinsamen Ziels
    zerstört hat,
  • 6:07 - 6:12
    das ganze Konzept, all diese
    kollektiven Begriffe, die wir gelernt hatten –
  • 6:12 - 6:15
    Nation, Klasse, Familie.
  • 6:15 - 6:17
    Wir haben begonnen,
    Scheidungen zu mögen.
  • 6:17 - 6:21
    Das stand alles auf dem Prüfstand.
  • 6:21 - 6:25
    Es ist ziemlich schwierig,
    Menschen für Politik zu interessieren,
  • 6:25 - 6:28
    wenn sie glauben,
    dass das einzig Wichtige
  • 6:28 - 6:30
    ihr persönliches Wohlergehen ist.
  • 6:30 - 6:33
    Da ist die Revolution der Märkte
    in den 1980ern
  • 6:33 - 6:39
    und das enorme Anwachsen
    von Ungleichheit in den Gesellschaften.
  • 6:39 - 6:41
    Erinnern Sie sich:
    Bis in die 1970er
  • 6:41 - 6:45
    war ein Zuwache der Demokratie immer
  • 6:45 - 6:49
    von einem Zuwachs
    an Ungleichheit begleitet.
  • 6:49 - 6:51
    Die Gesellschaften wurden
  • 6:51 - 6:55
    im gleichen Maße ›gleicher‹,
    wie sie demokratischer wurden.
  • 6:55 - 6:57
    Jetzt hat sich der Trend umgekehrt.
  • 6:57 - 7:00
    Verbreitung der Demokratie
    heißt heutzutage
  • 7:00 - 7:02
    Anstieg der Ungleichheit.
  • 7:02 - 7:05
    Ich finde es sehr beunruhigend,
  • 7:05 - 7:09
    wenn die Rede davon ist,
    was mit der Demokratie heute
  • 7:09 - 7:11
    gut und schlecht läuft.
  • 7:11 - 7:13
    Wenn man nach 1989 zurückgeht –
  • 7:13 - 7:16
    man erwartet gar nicht,
    dass das jemand kritisiert –
  • 7:16 - 7:20
    werden einem viele sagen:
    »Tja, das Ende des Kalten Krieges
  • 7:20 - 7:26
    war das Ende des Sozialvertrags zwischen
    den Eliten und dem Volk in Westeuropa.«
  • 7:26 - 7:27
    Als es die Sowjetunion noch gab,
  • 7:27 - 7:31
    brauchten die Reichen
    und Mächtigen das Volk,
  • 7:31 - 7:33
    weil sie es fürchteten.
  • 7:33 - 7:36
    Jetzt sind die Eliten
    im Wesentlichen befreit.
  • 7:36 - 7:39
    Sie sind sehr mobil,
    zahlen keine Steuern.
  • 7:39 - 7:41
    Sie fürchten die Massen nicht mehr.
  • 7:41 - 7:44
    Am Ende hat man
    diese sehr seltsame Situation,
  • 7:44 - 7:48
    dass sich die Eliten durchweg
    der Kontrolle durch Wähler entziehen.
  • 7:48 - 7:50
    Da ist es kein Zufall,
  • 7:50 - 7:53
    dass Wähler das Interesse
    am Wählen verloren haben.
  • 7:53 - 7:55
    Wenn wir über das Internet reden –
  • 7:55 - 7:58
    ja, es stimmt, das Internet hat
  • 7:58 - 8:04
    uns alle verbunden, aber es hat auch
    diese politischen Ghettos geschaffen,
  • 8:04 - 8:09
    in denen man für den Rest seines Lebens
    unter seinesgleichen bleiben kann.
  • 8:09 - 8:11
    Es wird immer schwieriger,
  • 8:11 - 8:14
    die Menschen zu verstehen,
    die anders sind.
  • 8:14 - 8:16
    Ich weiß, dass viele hier
  • 8:16 - 8:21
    die Möglichkeiten der Zusammenarbeit
    in der digitalen Welt lobpreisen,
  • 8:21 - 8:25
    aber sehen Sie, was diese
    der amerikanischen Politik angetan hat?
  • 8:25 - 8:29
    Das ist auch ein Ergebnis
    der Internet-Revolution,
  • 8:29 - 8:31
    die dunkle Seite der Dinge,
    die wir so mögen.
  • 8:31 - 8:33
    Aus der neueren Gehirnforschung
  • 8:33 - 8:38
    ziehen politische Ratgeber den Schluss,
    dass man über Konzepte
  • 8:38 - 8:41
    gar nicht mehr zu reden braucht –
    genauso wenig wie
  • 8:41 - 8:43
    über politische Programme.
  • 8:43 - 8:49
    Worum es in Wirklichkeit geht ist,
    die Emotionen der Menschen zu manipulieren.
  • 8:49 - 8:51
    Das geht sogar so weit, dass wir,
  • 8:51 - 8:55
    wenn wir heutzutage über
    Revolutionen reden,
  • 8:55 - 9:01
    diesen keine Namen mehr geben,
    die von Ideologien oder Ideen abgeleitet sind.
  • 9:01 - 9:04
    Früher hatten sie ideologische Namen,
  • 9:04 - 9:06
    sie waren ›kommunistisch‹, ›liberal‹,
  • 9:06 - 9:08
    ›faschistisch‹, ›islamistisch‹.
  • 9:08 - 9:12
    Heute werden sie nach dem Medium benannt,
    in dem sie auftauchen.
  • 9:12 - 9:15
    Es gibt Facebook- und
    Twitter-Revolutionen.
  • 9:15 - 9:19
    Es zählt nicht mehr der Inhalt –
    auf die Plattform kommt es an.
  • 9:19 - 9:22
    Eines meiner Hauptargumente ist ja,
  • 9:22 - 9:27
    dass das, was gut lief,
    auch das ist, was schlecht lief.
  • 9:27 - 9:30
    Diese beiden Seiten der Medaille
    dürfen wir nicht
  • 9:30 - 9:33
    außer Acht lassen, wenn wir etwas für
  • 9:33 - 9:36
    die Situation der Demokratie tun wollen,
  • 9:36 - 9:39
    weil einige der Dinge,
    die wir am meisten mögen,
  • 9:39 - 9:42
    uns auch am schlimmsten
    verletzen können.
  • 9:42 - 9:45
    Heutzutage glaubt man gerne,
  • 9:45 - 9:48
    dass dieser Vorstoß zur Transparenz,
  • 9:48 - 9:54
    diese Kombination von aktiven Bürgern,
    neuen Technologien
  • 9:54 - 9:58
    und einer viel mehr
    transparenzorientierten Gesetzgebung
  • 9:58 - 10:01
    das Vertrauen in die Politik
    wieder herstellen kann.
  • 10:01 - 10:04
    Man glaubt, dass es
    mit all diesen neuen Technologien
  • 10:04 - 10:08
    und Menschen, die sie benutzen wollen,
    für Regierungen
  • 10:08 - 10:11
    schwieriger wird zu lügen, zu stehlen,
  • 10:11 - 10:14
    und wahrscheinlich sogar
    schwieriger wird zu töten.
  • 10:14 - 10:16
    Das stimmt wahrscheinlich.
  • 10:16 - 10:19
    Es sollte uns aber auch völlig klar sein,
  • 10:19 - 10:25
    dass es jetzt, wo wir Transparenz
    zum Kernpunkt der Politik machen,
  • 10:25 - 10:28
    mit der Ansage:
    »Es geht um Transparenz, Dummerchen!«,
  • 10:28 - 10:32
    Transparenz nicht
    zur Wiederherstellung von Vertrauen,
  • 10:32 - 10:37
    sondern der Politik
    zur Handhabe von Misstrauen dient.
  • 10:37 - 10:41
    Wir nehmen an, dass sich unsere
    Gesellschaften auf Misstrauen gründen.
  • 10:41 - 10:44
    – das war für Demokratie immer wichtig –
  • 10:44 - 10:46
    daher die gegenseitige Kontrolle,
  • 10:46 - 10:50
    daher dieses ganze
    konstruktive Misstrauen zwischen
  • 10:50 - 10:53
    den Volksvertretern und denen,
    die sie vertreten.
  • 10:53 - 10:58
    Wenn aber Politik nur
    das Managen von Misstrauen ist, dann –
  • 10:58 - 11:01
    Ich bin froh, dass »1984«
    schon erwähnt wurde –
  • 11:01 - 11:05
    weil wir jetzt »1984« rückwärts fahren.
  • 11:05 - 11:07
    Statt »Der Große Bruder sieht dich«
  • 11:07 - 11:10
    werden wir der Große Bruder sein,
  • 11:10 - 11:11
    der die politische Klasse sieht.
  • 11:11 - 11:15
    Aber ist das die Idee
    einer freien Gesellschaft?
  • 11:15 - 11:16
    Können Sie sich vorstellen,
  • 11:16 - 11:23
    dass anständige, zivilisierte,
    talentierte Leute sich um ein Amt bewerben,
  • 11:23 - 11:24
    wenn ihnen bewusst ist,
  • 11:24 - 11:28
    dass Politik auch die Verwaltung
    des Misstrauens beinhaltet?
  • 11:28 - 11:31
    Muss man nicht befürchten,
    dass mit all der Technik,
  • 11:31 - 11:33
    die jede Aussage verfolgt,
  • 11:33 - 11:37
    die Politiker über irgend
    etwas Bestimmtes machen,
  • 11:37 - 11:41
    muss man nicht befürchten,
    dass das Politiker darin bestärkt,
  • 11:41 - 11:45
    ihre Ansichten immer weiter
    zu vertreten – selbst die falschen –
  • 11:45 - 11:49
    weil Konsistenz wichtiger ist
    als gesunder Menschenverstand?
  • 11:49 - 11:51
    An die Amerikaner unter uns:
  • 11:51 - 11:54
    Müssen Sie nicht befürchten,
    dass Ihre Präsidenten
  • 11:54 - 11:57
    so regieren, wie sie es
    in den Vorwahlen gesagt haben?
  • 11:57 - 11:59
    Ich halte das für sehr wichtig,
  • 11:59 - 12:03
    weil Demokratie auch dafür steht,
    dass Menschen ihre Ansichten
  • 12:03 - 12:07
    nach guten Argumenten
    und Diskussionen ändern können.
  • 12:07 - 12:10
    Mit der an sich noblen Idee,
    Politiker zur Rechenschaft
  • 12:10 - 12:12
    zu ziehen, um ihnen zu zeigen,
  • 12:12 - 12:15
    dass wir Opportunismus in der Politik
  • 12:15 - 12:17
    nicht tolerieren, könnten wir das verlieren.
  • 12:17 - 12:20
    Für mich ist das sehr wichtig.
  • 12:20 - 12:23
    Ich glaube: Wenn wir heutzutage
    über Politik reden
  • 12:23 - 12:25
    ist es wahrscheinlich sinnvoll,
  • 12:25 - 12:29
    sich auch solche Geschichten anzusehen.
  • 12:29 - 12:32
    Allerdings: Jede Art Enthüllung
    ist auch Verschleierung.
  • 12:32 - 12:36
    Ganz egal, wie transparent
    unsere Regierungen sein wollen –
  • 12:36 - 12:38
    sie werden nur selektiv transparent.
  • 12:38 - 12:40
    In einem kleinen Land – egal,
  • 12:40 - 12:42
    ob meines oder Ihres –
  • 12:42 - 12:44
    beschloss man
    – Tatsachengeschichte –,
  • 12:44 - 12:47
    dass alle Regierungsentscheidungen,
  • 12:47 - 12:49
    die Diskussionen im Ministerrat,
  • 12:49 - 12:52
    24 Stunden, nachdem sie passiert waren,
  • 12:52 - 12:57
    im Internet veröffentlich werden sollten.
  • 12:57 - 12:59
    Die Öffentlichkeit fand das sehr gut.
  • 12:59 - 13:01
    Ich habe den Premierminister gefragt,
  • 13:01 - 13:03
    wie es dazu kommen konnte.
  • 13:03 - 13:05
    Er sagte: »Sehen Sie,
  • 13:05 - 13:09
    das ist die beste Methode,
    damit meine Minister den Mund halten.
  • 13:09 - 13:12
    Sie können ihre Meinung
    nur sehr schwer ändern
  • 13:12 - 13:15
    wenn sie wissen, dass all das
  • 13:15 - 13:17
    24 Stunden später öffentlich wird
  • 13:17 - 13:21
    und dann gewissermaßen
    zur politischen Krise werden kann.«
  • 13:21 - 13:22
    Wenn wir über Transparenz
  • 13:22 - 13:24
    und Offenheit sprechen,
  • 13:24 - 13:26
    sollten wir immer daran denken,
  • 13:26 - 13:29
    dass das, was gut lief, auch das ist,
    was schlecht lief.
  • 13:29 - 13:34
    Goethe, der weder Bulgare
    noch Politikwissenschaftler war,
  • 13:34 - 13:36
    hat schon vor mehr als 200 Jahren gesagt:
  • 13:36 - 13:39
    »Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten.«
  • 13:39 - 13:41
    Ich danke Ihnen sehr.
  • 13:41 - 13:43
    (Beifall)
Title:
Kann es Demokratie ohne Vertrauen geben?
Speaker:
Ivan Krastev
Description:

Fünf große Revolutionen haben nach Ansicht des Theoretikers Ivan Krastev die politische Kultur der letzten 50 Jahre geprägt. Er zeigt auf, wie jeder Schritt vorwärts – von der kulturellen Revolution der 60er hin zu den neuesten Ergebnissen der Hirnforschung – auch dazu beigetragen hat, das Vertrauen in die Demokratie zu erschüttern. Er meint: »Was uns gut getan hat, hat uns auch geschadet.« Hat Demokratie eine Zukunft?

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
14:04
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  • Ich würde "70er" etc nicht mit Bindestrich schreiben, habe es auch noch nie getan und würde jetzt ungeprüft mal behaupten, dass der Duden sich mir da anschließt. Auch: Superlativ ist kein Substantiv (am meisten).

    Speaker Name hat auf der letzten Seite gefehlt.

    Ansonsten alles klar. Gruß, Judith

  • Hallo,
    das Niveau ist erwartungsgemäß sehr hoch.
    Dennoch habe ich noch folgende Verbesserung/Änderungen:

    0:635/0:9521 Wenn ihr "Zweitens" sagt, würde ich auch "Erstens" (und nicht "Zunächst") schreiben, und den Satz nicht durch den Doppelpunkt trennen.
    0:29/0:31 "...Transparenz und Offenheit...können."(nicht "kann")
    0:39 (usw.) Ich will die leidige Diskussion über die Anführungszeichen nicht wieder anstoßen, aber diese einfachen Guillemets sind nur innerhalb einer wörtlichen Rede zu verwenden. (Oder nich?)
    0:50 "Wie schon erwähnt" ist nicht ganz richtig, er selbst hat es eben nicht erwähnt. Sondern wie im Englischen steht "As you have been told" (aber nicht von ihm ;-) Vorschlag (frei): Wie Sie wissen..
    1:00 / 1:06 Wieso sind die Anführungszeichen für Magazin-Name und Magazin-Titel unterschiedlich??
    1:49 ich würde in der Vergangenheitsform bleiben, wie der restliche Text und das englische Original.
    1:54 Freie Übersetzungen finde ich grundsätzlich gut, aber ich finde, dass hier eine wichtige Information verloren geht. Die Formulierung "man kennt die üblichen Verdächtigen" lässt nicht erahnen, dass diese inhaftiert werden.
    7:30 "ungreifbar" für "You cannot tax them." Liest sich zwar viel besser und ist auch noch viel kürzer, aber die Aussage im Original ist konkret (Steuern) und in der Übersetzung nicht.
    8:31 / 8:37 Woher kommt das "neuere"? Ich möchte nicht wie eine Spaßbremse klingen, aber auch wenn es einen Aspekt besser erläutert, geht es doch noch darum, was der Referent selbst gesagt hat.
    9:54 "transparenz-orientiert" ist hier ein Adjektiv und daher kleingeschrieben
    11:50 Satzanfang groß nach : da kompletter Satz.
    13:36 Das Zitat ist im Original in der zweiten Hälfte etwas anders ("..., ist auch viel Schatten"). Ich denke, dass sollten wir übernehmen.
    Im Titel den Namen nicht mehr aufführen.
    Description: Unter dem deutschen Text war noch der komplette englische Text! Jetzt gelöscht.
    Feedback und Kritik gerne an mich.
    LG, Angelika

  • "Spaßbremse", hihi. :D
    Danke fürs Freischalten. :)

  • 13:36 Zitat nach http://de.wikiquote.org/wiki/Johann_Wolfgang_von_Goethe#G.C3.B6tz_von_Berlichingen_.281773.29 (letztes Zitat).
    Ich konnte mich nicht entscheiden, ob ich die volkstümliche, sprichworthafte Fassung nehme oder die aus Wikiquote - aber weil er vorher sagte "schrieb"...

  • Nein, die Anführungszeichen sind nicht mein (un)heimliches Hobby ;) – 0:39 (einfache Anführungszeichen) und 1:00/1:06 (Magazin-Name und Magazin-Titel): Die einfachen Anführungszeichen kann man (siehe belleslettres.eu) auch verwenden, um den Leser darauf vorzubereiten, dass jetzt etwas kommt, was normalerweise seinen Lesefluss stören würde (zum Beispiel ein fremdsprachiger Ausdruck) – Motto: Lieber vorher warnen als reindappen lassen. Der Zeitschriftentitel ist ja kein Zitat, aber fremdsprachlich, aber der Titel des Artikels erscheint hier als Zitat. Dieses ›Vorbereiten‹ (hier [gerade eben] sind die Chevrons als Ersatz für Kurisvstellung gemeint) braucht man meiner unmaßgeblichen Meinung nach nur einmal, deshalb kann man die anschließend bei wiederholtem Vorkommen des gleichen Ausdrucks weglassen – weil der geneigte Leser ja dann den fremdsprachigen Ausdruck schon kennt. Ansonsten: vielen Dank – ich sollte vielleicht doch noch eine Runde einlegen, dann kämen solche Fehler wie kann/können nicht vor – ist ja peinlich, sowas.

German subtitles

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