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Auf der Suche nach der Mutter aller Ursachen | Étienne Chouard | TEDxRepubliqueSquare

  • 0:08 - 0:12
    Ich werde über Demokratie sprechen,
  • 0:12 - 0:14
    allerdings über die wahre Demokratie,
  • 0:14 - 0:18
    die überhaupt noch nicht existiert
  • 0:18 - 0:22
    und die in der Lage wäre,
    uns aus der Patsche zu helfen.
  • 0:22 - 0:28
    Ich bin Dozent in Marseille
    und erst 2005 bin ich anlässlich
  • 0:28 - 0:33
    einer öffentlichen Debatte
    in Frankreich politisch aufgewacht.
  • 0:33 - 0:37
    Wir wurden wegen einer vermeintlichen
    "Verfassung" befragt. [europ. Verfassung]
  • 0:37 - 0:42
    Während ich sie las, wurde ich wütend.
    Ich hielt sie für gefährlich.
  • 0:42 - 0:46
    Ich verfasste ein Dutzend Seiten,
    dazu zehn Seiten Notizen,
  • 0:46 - 0:50
    die ich auf meiner Webseite
    veröffentlichte.
  • 0:50 - 0:52
    Das habe ich per E-Mail
    an meinen Bekanntenkreis geschickt.
  • 0:52 - 0:55
    Es war im Nu erledigt.
  • 0:55 - 0:58
    Und dann passierte etwas,
    das mein Leben komplett veränderte.
  • 0:58 - 1:00
    Die Menschen haben sich drauf gestürzt.
  • 1:00 - 1:04
    Offensichtlich entsprach es
    einem Bedürfnis.
  • 1:04 - 1:07
    Ganze Monate habe ich nächtelang
    versucht, diesen Menschen zu antworten,
  • 1:07 - 1:10
    besonders denen, die mich nicht mochten.
  • 1:10 - 1:14
    Ich versuchte ihnen zu zeigen, dass sie
    falsch lagen, dass sie sich irrten.
  • 1:14 - 1:23
    Nach und nach wurde das Thema
    in allen Medien thematisiert.
  • 1:23 - 1:24
    Alle suchten mich zu Hause auf.
  • 1:24 - 1:27
    Die Besucherzahlen auf meiner Webseite
    schossen in die Höhe!
  • 1:27 - 1:29
    40 000 Besucher am Tag.
  • 1:29 - 1:32
    12 000 E-Mails in zwei Monaten.
  • 1:32 - 1:37
    Rückblickend wurde es mir klar:
  • 1:37 - 1:40
    Es war der Blick meiner Mitmenschen
    auf mich, der mich verwandelte.
  • 1:40 - 1:42
    Dieser gab mir eine unglaubliche Kraft.
  • 1:42 - 1:46
    Es war der positive Blick der anderen,
    die etwas von mir erwarteten.
  • 1:46 - 1:48
    Nun musste ich
    den Anforderungen entsprechen.
  • 1:48 - 1:50
    Dann der Blick derer,
    die mich nicht mochten,
  • 1:50 - 1:53
    die mir misstrauten
    und mich für einen Betrüger hielten,
  • 1:53 - 1:56
    einen Taugenichts,
    der nicht dorthin gehörte.
  • 1:56 - 1:58
    Ich wollte ihnen zeigen,
    dass sie sich irrten.
  • 1:58 - 2:00
    Das aktivierte
    die gleiche Motivation in mir.
  • 2:00 - 2:04
    All diese Blicke gaben mir letztlich
    eine enorme Kraft.
  • 2:04 - 2:08
    Und das funktioniert
    heute immer noch.
  • 2:08 - 2:11
    Ich fand heraus, dass es
    um eine alte Angelegenheit geht.
  • 2:11 - 2:15
    Die Griechen nannten es das "Schamgefühl".
  • 2:15 - 2:18
    Das empfinde ich als ein sehr
    interessantes und wesentliches Konzept.
  • 2:18 - 2:23
    Es motivierte die Griechen,
    loyal zu leben,
  • 2:27 - 2:29
    wenn andere auf sie zählten
  • 2:29 - 2:34
    und sie mit ihren Blicken belohnten.
  • 2:34 - 2:38
    Das motivierte sie, gute Menschen zu sein,
  • 2:38 - 2:42
    und wenn die anderen
    einen vorwurfsvollen Blick hatten,
  • 2:42 - 2:47
    motivierte sie das,
    auf dem richtigen Weg zu bleiben.
  • 2:47 - 2:49
    Und das funktioniert wirklich.
  • 2:49 - 2:53
    Menschen, die Schamgefühl besitzen,
    verhalten sich besser als die anderen.
  • 2:53 - 2:54
    Und umgekehrt:
  • 2:54 - 2:56
    Die mit keinem Schamgefühl
    sind extrem gefährlich.
  • 2:56 - 2:59
    Früher hatten sie
    brutalere Sitten als heute …
  • 2:59 - 3:01
    Wir sind aber nicht gezwungen
    sie umzubringen,
  • 3:01 - 3:05
    doch zumindest könnten wir es vermeiden,
    ihnen Verantwortung zu übergeben.
  • 3:05 - 3:09
    Seitdem gebe ich mir Mühe
    für ... ja, wofür?
  • 3:09 - 3:13
    Als Erstes versuchte ich, die Ursache der
    sozialen Ungerechtigkeiten zu verstehen.
  • 3:13 - 3:16
    Ich versuchte herauszufinden,
    ob es nicht eine Hauptursache
  • 3:16 - 3:18
    für alle sozialen Ungerechtigkeiten gibt.
  • 3:18 - 3:21
    Da entdeckte ich mit Begeisterung
    die genialen Konzepte,
  • 3:21 - 3:24
    die das Fundament der
    griechischen Demokratie bildeten,
  • 3:24 - 3:25
    also einer wahren Demokratie.
  • 3:25 - 3:28
    Ich rückte viele Worte zurecht.
    Wichtige Worte,
  • 3:28 - 3:31
    die seit mindestens 200 Jahren
    völlig falsch interpretiert werden.
  • 3:31 - 3:35
    Dann versuche ich mir vorzustellen,
    es ist eine Baustelle.
  • 3:35 - 3:40
    Ich besitze keine enthüllte Wahrheit,
    ich stelle ein Objekt her.
  • 3:40 - 3:44
    Ich versuche, einen Gedanken
    zu verstärken.
  • 3:44 - 3:50
    Ich versuche, mir ein Modell
    mit guten Institutionen vorzustellen,
  • 3:50 - 3:53
    die in der Lage wären, uns alle
    vor Machtübergriffen zu schützen.
  • 3:53 - 3:57
    Ich denke an Institutionen, die uns
    ermuntern, uns richtig zu verhalten.
  • 3:57 - 3:59
    Ich zähle nicht auf tugendhafte Bürger.
  • 3:59 - 4:00
    Daran glaube ich nicht.
  • 4:00 - 4:03
    Wir alle haben Gutes
    und Schlechtes in uns.
  • 4:03 - 4:06
    Gute Institutionen dagegen könnten
    uns motivieren, uns richtig zu verhalten,
  • 4:06 - 4:09
    oder wie heute, uns vom Gemeinnutzen
  • 4:09 - 4:14
    und vom Gemeinwohl völlig fern halten.
  • 4:16 - 4:21
    Für meine Recherchen benutze ich
    eine großartige Methode,
  • 4:21 - 4:24
    die uns ein alter Mann empfohlen hat:
  • 4:25 - 4:28
    Hippokrates, ein Arzt, sagte:
    "Sucht nach der Mutter aller Ursachen!"
  • 4:28 - 4:31
    Ich verwende diese Methode andauernd.
  • 4:31 - 4:32
    Warum sagte er das?
  • 4:32 - 4:36
    Er sagte: Wenn wir ein Problem haben,
    unter etwas leiden,
  • 4:36 - 4:38
    sollten wir uns nicht
    um die Konsequenzen kümmern.
  • 4:38 - 4:40
    Damit lösen wir das Problem nicht.
  • 4:40 - 4:43
    Wir sollten uns auch nicht
    um die Ursachen kümmern.
  • 4:43 - 4:46
    Diese sind, wie alles, durch viele
    Faktoren bedingt. Das ist es nicht!
  • 4:46 - 4:50
    Es wäre besser, unter den zahllosen
    Ursachen die eine Ursache herauszufinden.
  • 4:50 - 4:52
    Zumindest eine der
    ausschlaggebenden Ursachen,
  • 4:52 - 4:55
    d. h. die Ursache, die für
    alle anderen verantwortlich ist.
  • 4:55 - 4:57
    Genau diese brauchen wir!
  • 4:57 - 4:59
    Und nach dieser Ursache suche ich.
  • 4:59 - 5:01
    Ich tausche mich also
  • 5:01 - 5:03
    mit allen befreundeten
    Widerstandskämpfern aus.
  • 5:03 - 5:06
    Seitdem ich in der Politik bin,
    treffe ich viele Leute,
  • 5:06 - 5:08
    die seit Jahren im Widerstand leben.
  • 5:08 - 5:10
    Ich kämpfe all diese Kämpfe mit ihnen.
  • 5:10 - 5:14
    Ich habe ein Schema angefertigt, um die
    Vielfältigkeit der Themen aufzuzeigen,
  • 5:14 - 5:21
    wogegen Menschen Widerstand leisten --
    in der Form eines Baums.
  • 5:21 - 5:25
    Dieser Baum zeigt,
  • 5:25 - 5:28
    dass all diese Widerstandskämpfer
    zwar wichtige Themen aufgreifen,
  • 5:28 - 5:31
    doch dass diese nur die Konsequenzen sind.
  • 5:31 - 5:35
    Mein Gefühl ist, dass niemand versucht,
    die Ursache des Ganzen zu begreifen.
  • 5:35 - 5:38
    Vielleicht habe ich sie gefunden,
    doch ich kann mich auch irren!
  • 5:38 - 5:42
    Ich glaube, für alle diese Ohnmacht
    und Ungerechtigkeiten,
  • 5:42 - 5:45
    eine Hauptursache gefunden zu haben.
  • 5:45 - 5:47
    Ich gehe also von den Konsequenzen aus.
  • 5:47 - 5:50
    Ich versuche zu verstehen, wodurch
    soziale Ungerechtigkeiten entstehen.
  • 5:50 - 5:54
    Anscheinend entstehen sie, weil
    die Mächtigen nicht kontrolliert werden,
  • 5:54 - 5:56
    wodurch das Volk
    politisch gesehen machtlos ist.
  • 5:56 - 6:00
    Wenn es soziale Ungerechtigkeiten gibt,
    dann, weil die "guten" Menschen
  • 6:00 - 6:04
    bzw. die "normalen" Bürger
    keine legale Macht zum Widerstand haben.
  • 6:05 - 6:08
    Diese vielen Widerstandskämpfer
    und Militanten, die ich kenne,
  • 6:08 - 6:10
    kämpfen schon ihr Leben lang.
  • 6:10 - 6:12
    Doch sie verändern nichts!
  • 6:12 - 6:13
    Warum ist das so?
  • 6:13 - 6:18
    Ihre politische Machtlosigkeit
    erlaubt ihnen nicht zu handeln.
  • 6:18 - 6:21
    Doch wo kommt diese
    politische Machtlosigkeit her?
  • 6:22 - 6:28
    Nach meiner Analyse entsteht sie
    durch die Verfassung.
  • 6:28 - 6:32
    Sie bestimmt, dass das Fehlverhalten
    der Abgeordneten nicht bestraft wird.
  • 6:32 - 6:34
    Sie müssen niemandem Rechenschaft ablegen.
  • 6:34 - 6:36
    Wir können unsere Kandidaten nicht wählen.
  • 6:37 - 6:39
    Wir haben keine Volksabstimmung.
  • 6:39 - 6:42
    Von uns aus können wir nichts entscheiden.
  • 6:42 - 6:46
    Die Währung kann deshalb privatisiert
    werden, weil in der Verfassung
  • 6:46 - 6:50
    nichts vorgesehen ist,
    um es zu vermeiden etc. pp.
  • 6:50 - 6:51
    Leider keine Zeit dafür.
  • 6:51 - 6:55
    Unsere Machtlosigkeit ist auf allen Ebenen
    durch die Verfassung vorprogrammiert.
  • 6:55 - 6:58
    Sie fällt nicht vom Himmel.
    Irgendwo steht es geschrieben.
  • 6:58 - 7:01
    Deshalb versuche ich, die Mutter
    aller Ursachen zu verstehen.
  • 7:01 - 7:04
    Woher kommt es, dass in
    den Verfassungen auf der ganzen Welt
  • 7:04 - 7:07
    die Machtlosigkeit der Völker
    verankert ist?
  • 7:07 - 7:09
    Es ist keine Verschwörung,
    es kann nicht sein,
  • 7:09 - 7:12
    zumindest nicht immer und nicht
    in allen Ländern. Das ist es nicht!
  • 7:12 - 7:13
    Es ist etwas anderes:
  • 7:13 - 7:16
    Ein universeller Prozess, der eine
    universelle Ursache haben muss.
  • 7:16 - 7:20
    Der Grund dafür, dass alle Verfassungen
    schlecht sind, könnte darin liegen,
  • 7:20 - 7:23
    dass sie die Machtlosigkeit von Anfang an
    bewusst festgelegt haben,
  • 7:23 - 7:25
    anstatt unsere Macht zu festigen.
  • 7:25 - 7:27
    Anstatt uns gegen
    Machtüberschreitung zu schützen,
  • 7:27 - 7:29
    setzen sie unsere Machtlosigkeit fest.
  • 7:29 - 7:32
    Der Grund dafür: Die,
    die die Verfassung schreiben,
  • 7:32 - 7:35
    die Autoren der Verfassung,
  • 7:35 - 7:40
    haben kein persönliches Interesse daran,
    eine Verfassung zu schreiben,
  • 7:40 - 7:43
    die uns Macht gewährt.
  • 7:44 - 7:47
    Sie sind Richter und Partei zugleich,
    politische Professionelle eben.
  • 7:47 - 7:50
    Damit sind wir nah dran
    an der Mutter aller Ursachen.
  • 7:50 - 7:52
    Es ist nicht allein ihre Schuld.
  • 7:52 - 7:55
    Wir sind mitverantwortlich,
    wenn wir sie schreiben lassen!
  • 7:55 - 7:58
    Um den Umfang dieses Irrtums zu verstehen,
  • 7:58 - 8:01
    erinnere ich kurz daran,
    was der Zweck einer Verfassung ist.
  • 8:02 - 8:07
    Die Völker, also wir, haben
    seit 2 500 Jahren das Bedürfnis,
  • 8:07 - 8:09
    Vertreter über uns zu stellen,
  • 8:09 - 8:16
    damit diese Gesetze schreiben
    und anwenden,
  • 8:16 - 8:19
    die uns gegen die Willkür der Stärkeren
    beschützen sollen.
  • 8:19 - 8:22
    Diese Menschen sind natürlich
    sehr nützlich.
  • 8:22 - 8:26
    Sie entwerfen Gesetze, die wir benötigen,
    um friedlich miteinander zu leben.
  • 8:26 - 8:28
    Doch gleichzeitig
    sind sie sehr gefährlich.
  • 8:28 - 8:30
    Denn sie können
    ihre Macht auch missbrauchen
  • 8:30 - 8:34
    und einer Interessengruppe
    statt dem Volk dienen.
  • 8:34 - 8:36
    Da Macht automatisch verrückt macht,
  • 8:36 - 8:39
    fangen sie systematisch damit an,
    ihre Macht zu missbrauchen.
  • 8:39 - 8:42
    So ist es! Das wissen wir
    seit 2 500 Jahren!
  • 8:42 - 8:45
    Macht treibt die Menschen in den Wahnsinn!
  • 8:45 - 8:51
    Alle Mächtigen neigen dazu,
    ihre Macht zu missbrauchen.
  • 8:51 - 8:53
    "Immer!", sagte Montesquieu.
  • 8:53 - 8:56
    Das ist wie ein ungeschriebenes Gesetz.
  • 8:56 - 9:01
    Aber es gibt ein geniales Konzept,
    um uns davor zu schützen.
  • 9:01 - 9:02
    Das ist die Verfassung.
  • 9:02 - 9:04
    Was ist eine Verfassung?
  • 9:04 - 9:06
    Ein Text, der über den Mächtigen steht.
  • 9:06 - 9:08
    Er dient nicht dazu,
    die Mächtigen zu organisieren.
  • 9:08 - 9:11
    Die Mächtigen brauchen uns nicht,
    um sich zu organisieren.
  • 9:11 - 9:14
    Die Verfassung -- und alle Bürger
    sollten das wissen --
  • 9:14 - 9:17
    dient dazu, die Mächtigen zu schwächen.
  • 9:17 - 9:19
    Sie dient dazu,
    die Mächtigen zu beunruhigen.
  • 9:19 - 9:25
    Damit wir gegen sämtliche
    Machtübergriffe geschützt sind!
  • 9:25 - 9:28
    Moment mal!
  • 9:28 - 9:33
    Wenn unsere Vertreter Angst
    vor der Verfassung haben sollen,
  • 9:33 - 9:35
    ist es unsinnig,
    wenn sie diese selbst schreiben!
  • 9:35 - 9:38
    Wenn sie das tun, setzen sie
    ja ihre eigene Macht
  • 9:38 - 9:39
    und somit unsere Machtlosigkeit fest!
  • 9:39 - 9:42
    Sogar ein Kind versteht das.
  • 9:42 - 9:44
    Der Hauptgedanke dahinter ist:
  • 9:44 - 9:48
    Es ist nicht die Aufgabe der Regierenden,
    die Regeln der Machtausübung zu schreiben,
  • 9:48 - 9:50
    und wir sollten nicht darauf warten,
  • 9:50 - 9:52
    dass sie von sich aus
    auf diese Macht verzichten.
  • 9:52 - 9:53
    Das werden sie nie tun!
  • 9:53 - 9:56
    Die Lösung kann und wird nicht
    von ihnen kommen.
  • 9:56 - 9:58
    Wir müssen ihnen verbieten,
    die Verfassung zu schreiben!
  • 9:58 - 10:02
    Meiner Meinung nach fehlt uns
    dieser Hauptgedanke.
  • 10:02 - 10:05
    So gesehen, in dem Kampf,
  • 10:05 - 10:09
    in dem die Bürger
    die Mächtigen bekämpfen …
  • 10:09 - 10:13
    Ach, die Zeit geht aber schnell vorbei.
  • 10:13 - 10:15
    Der Sinn der Wörter wurde verdreht.
  • 10:15 - 10:18
    Denn eigentlich bin ich gar kein Bürger.
  • 10:18 - 10:23
    Ein Bürger wählt seine Gesetze selbst,
    das tun wir aber nicht!
  • 10:23 - 10:26
    Ich bin nur ein einfacher Wähler.
  • 10:26 - 10:27
    Ich bin heteronom.
  • 10:27 - 10:30
    Ich dulde die Gesetze, die von
    einem Dritten geschrieben werden.
  • 10:30 - 10:34
    Wer uns "Bürger" nennt, speist uns nur
    mit schönen Worten ab!
  • 10:34 - 10:37
    Wir bilden uns ein, wir wären wichtig!
  • 10:37 - 10:40
    Was tun wir in dieser Demokratie,
  • 10:40 - 10:42
    in dieser "vermeintlichen Demokratie"?
  • 10:42 - 10:43
    Welche Rechte haben wir?
  • 10:43 - 10:45
    Wir haben das Recht,
    die Regierenden zu wählen,
  • 10:45 - 10:49
    die dann 5 Jahre lang [in FR]
    alles an unserer Stelle entscheiden.
  • 10:49 - 10:52
    Wir wählen unter Menschen aus,
    die wir auch nicht ausgesucht haben.
  • 10:52 - 10:54
    Außerdem werden sie
    von den Reichsten ausgewählt,
  • 10:54 - 10:57
    und im Falle, dass sie uns
    auf höchstem Grad verraten,
  • 10:57 - 11:00
    haben wir nicht die geringste
    Möglichkeit zur Gegenwehr.
  • 11:00 - 11:03
    Stimmt, wir haben Meinungsfreiheit,
  • 11:03 - 11:05
    jedoch ohne die geringste
    Durchsetzungskraft.
  • 11:05 - 11:09
    Solange unsere Worte keine Konsequenzen
    haben, dürfen wir blablabla machen.
  • 11:09 - 11:12
    Doch sobald es etwas ändert,
    gibt es ein Gemetzel.
  • 11:12 - 11:14
    Und das nennen wir Demokratie?
  • 11:14 - 11:16
    Dafür sind wir verantwortlich!
  • 11:16 - 11:18
    Wir sollten diesen verlogenen Wörtern
    den Kampf ansagen.
  • 11:18 - 11:21
    Wir sollten es ablehnen,
    etwas Demokratie zu nennen,
  • 11:21 - 11:25
    was eigentlich das genaue Gegenteil ist.
  • 11:25 - 11:27
    Wenn wir es akzeptieren,
  • 11:27 - 11:30
    die Verneinung unserer Rechte
    als Demokratie zu bezeichnen,
  • 11:30 - 11:32
    unterstützen wir damit
    unsere Machtlosigkeit.
  • 11:33 - 11:36
    Wenn wir akzeptieren, unsere Staatsform
    "Demokratie" zu nennen,
  • 11:36 - 11:40
    können wir nicht einmal
    die Lösung formulieren.
  • 11:40 - 11:43
    Wir brauchen die Demokratie,
    aber wir können sie nicht so nennen,
  • 11:43 - 11:45
    denn dieses Wort ist
    mit seinem Gegenteil besetzt.
  • 11:45 - 11:48
    Genial, den Sinn der Wörter
    derart umzukehren.
  • 11:48 - 11:49
    Das ist absolut "Big Brother"!
  • 11:49 - 11:52
    Das ist nicht durch Zufall passiert.
  • 11:52 - 11:55
    Als es 1789, vor 200 Jahren,
    begonnen hat, war es bereits schlecht.
  • 11:55 - 11:57
    Die Lage hat sich nicht verschlechtert.
  • 11:57 - 11:59
    Das Ganze war von Anfang an
    schlecht geplant!
  • 11:59 - 12:02
    Sieyès, ein berühmter Denker
    der Französischen Revolution --
  • 12:02 - 12:05
    einer, der das Sagen hatte,
    keine Nebenfigur -- schrieb 1789:
  • 12:05 - 12:10
    "Bürger, die ihre Vertreter wählen,
  • 12:15 - 12:18
    können das Recht nicht machen,
  • 12:20 - 12:23
    müssen davon ablassen,
    die Gesetze selbst zu schreiben.
  • 12:23 - 12:26
    Sie können keinen
    bestimmten Willen aufzwingen.
  • 12:26 - 12:28
    Würden sie Rechtsbeschlüsse diktieren,
  • 12:28 - 12:31
    wäre Frankreich nicht mehr
    dieser repräsentative Staat.
  • 12:31 - 12:32
    Es wäre ein demokratischer Staat!
  • 12:32 - 12:37
    Ich wiederhole mich, das Volk hat
    kein Sprachrecht in einem Land,
  • 12:37 - 12:38
    das nicht demokratisch ist.
  • 12:38 - 12:41
    Und Frankreich ist keins,
  • 12:41 - 12:44
    und kann deshalb nur
    durch seine Vertreter handeln!“
  • 12:44 - 12:45
    Moment mal!
  • 12:45 - 12:46
    Dieser Mann war kein Demokrat
  • 12:46 - 12:48
    und er wusste genau,
    was Demokratie bedeutete.
  • 12:48 - 12:50
    Gleich verstehen Sie warum.
  • 12:50 - 12:52
    Vor 1789 wussten alle,
    Montesquieu, Aristoteles, usw.,
  • 12:52 - 12:57
    dass Wahlen aristokratisch,
    also oligarchisch, sind.
  • 12:57 - 13:00
    Aristoteles sagte es explizit:
    Das Zitat lasse ich aus.
  • 13:00 - 13:03
    Montesquieu ebenfalls:
    Das Zitat lasse ich ebenfalls aus.
  • 13:03 - 13:07
    Bitte suchen Sie selbst im Internet,
    ich muss Zeit sparen.
  • 13:07 - 13:10
    Aber ich möchte noch zwei
    sehr wichtige Dinge sagen:
  • 13:11 - 13:13
    Im Laufe von 200 Jahren waren
  • 13:13 - 13:16
    bei der demokratischen Wahl
    durch Auslosung in Athen
  • 13:16 - 13:17
    Reiche und Arme dabei.
  • 13:17 - 13:20
    Okay, Sklaven und Frauen
    wurden ausgeschlossen!
  • 13:20 - 13:23
    Darüber spreche ich heute nicht.
    Ich spreche von den Bürgern.
  • 13:23 - 13:27
    Den Bürgern von damals, Reiche und Arme.
    Im Laufe von 200 Jahren regierten
  • 13:27 - 13:29
    nach der Wahl durch Auslosung
    immer die Armen.
  • 13:29 - 13:31
    Immer!
  • 13:31 - 13:34
    Es gibt zwei historische Beispiele:
  • 13:34 - 13:36
    Keine Meinungen, sondern Fakten!
  • 13:36 - 13:39
    Im Laufe von 200 Jahren regierten
    die Armen in Griechenland.
  • 13:39 - 13:41
    Es gab Reiche, aber sie regierten nicht.
  • 13:41 - 13:42
    Die Armen regierten.
  • 13:42 - 13:44
    Und dann 200 Jahre
    repräsentative Regierung,
  • 13:44 - 13:47
    die nicht Demokratie genannt wird,
  • 13:47 - 13:50
    sondern eine "vermeintlich
    repräsentative Regierung" ist.
  • 13:50 - 13:53
    In diesem Regime regierten
    200 Jahre lang immer die Reichen.
  • 13:53 - 13:55
    Immer!
  • 13:56 - 13:57
    Meine Frage ist jetzt:
  • 13:57 - 14:01
    Die Auslosung gab stets den Armen
    die Macht, also den 99 %.
  • 14:01 - 14:05
    Dagegen geben die heutigen Wahlen
    den Ultrareichen die Macht, also dem 1 %.
  • 14:05 - 14:09
    Wie lange werden die Armen, die 99 %,
    die Wahlen noch verteidigen,
  • 14:09 - 14:11
    als würde es sich
    um eine heilige Kuh handeln?
  • 14:11 - 14:16
    Für mich ist es unhaltbar mit anzusehen,
    wie diese 99 % das Wahlrecht verteidigen,
  • 14:16 - 14:20
    dabei könnte die Auslosung
    ihnen die Macht zurückgeben.
  • 14:20 - 14:23
    Wie kommt das, dass wir uns
    an das Wahlrecht klammern?
  • 14:25 - 14:27
    Es kann nicht unser Verstand sein,
  • 14:27 - 14:30
    denn die Fakten zeigen:
    Das Wahlrecht macht uns machtlos.
  • 14:30 - 14:32
    Jedoch pflegen wir Irrtümer.
  • 14:32 - 14:35
    Von klein auf lernten wir,
    laut der "republikanischen Schule",
  • 14:35 - 14:38
    dass Wahlrecht = Demokratie
    und Demokratie = Wahlrecht bedeutet.
  • 14:38 - 14:40
    Seit der Kindheit glauben wir daran.
  • 14:40 - 14:44
    Zuerst muss sich der Mensch
    von diesem falschen Glauben befreien.
  • 14:44 - 14:47
    Es muss uns gelingen, den wahren
    Sinn der Wörter wieder herzustellen.
  • 14:47 - 14:49
    Wir sind nicht in einer Demokratie.
  • 14:49 - 14:51
    Wir brauchen eine Demokratie
    durch Auslosung.
  • 14:51 - 14:55
    Eine, die uns von denen befreien würde,
    die unbedingt an die Macht wollen!
  • 14:55 - 14:58
    Damit sich die Dinge verändern,
    sollten wir, glaube ich,
  • 14:58 - 15:01
    nicht mit der Hilfe derer rechnen,
    die momentan an der Macht sind.
  • 15:01 - 15:03
    Die Lösung wird nicht von ihnen kommen.
  • 15:03 - 15:06
    Die Lösung muss von den normalen,
    einfachen Bürgern kommen;
  • 15:06 - 15:09
    von den Menschen,
    die partout nicht regieren wollen.
  • 15:09 - 15:11
    Sie sollten diesen Gedanken von Alain,
  • 15:11 - 15:15
    einem großartigen Denker -- den Sie
    unbedingt kennen sollten -- kennenlernen:
  • 15:15 - 15:17
    "Die auffälligste Eigenschaft
    des guten Menschen ist,
  • 15:17 - 15:22
    die anderen nicht regieren zu wollen,
  • 15:22 - 15:26
    sondern sich selbst zu verwalten.
  • 15:26 - 15:31
    Das entscheidet alles. Das bedeutet,
    die Schlimmsten gelangen an die Macht."
  • 15:31 - 15:34
    Wenn die gerechten Menschen
    nicht regieren wollen,
  • 15:34 - 15:37
    und die Macht an die gegeben wird,
    die regieren wollen,
  • 15:37 - 15:41
    dann werden die Schlimmsten regieren.
  • 15:41 - 15:46
    Diese Falle ist hoffnungslos.
    Alain hat Recht mit seiner Aussage.
  • 15:46 - 15:48
    Im Rahmen der repräsentativen
    Regierung werden wir nicht
  • 15:48 - 15:51
    die gerechten, guten Menschen
    an der Macht haben,
  • 15:51 - 15:54
    solange wir denen die Macht geben,
    die danach trachten.
  • 15:54 - 15:58
    Doch ich glaube, wir könnten
    aus dieser Falle herauskommen,
  • 15:58 - 16:00
    durch eine wahre Demokratie!
  • 16:00 - 16:02
    Oder man gibt die Macht an irgendjemanden,
  • 16:02 - 16:04
    und die Besten unter uns
    werden darunter sein,
  • 16:04 - 16:07
    nämlich die, die keine Macht
    an sich reißen wollen.
  • 16:07 - 16:09
    So eine Demokratie brauchen wir!
  • 16:09 - 16:12
    Aber es liegt an uns und
    in unserer Hand, sie zu wollen.
  • 16:12 - 16:15
    Wir dürfen nicht darauf warten,
    dass die Abgeordneten es entscheiden.
  • 16:15 - 16:16
    Sie würden es nie wollen.
  • 16:16 - 16:20
    Die Abgeordneten wollen keine Demokratie,
    denn dadurch wären sie arbeitslos!
  • 16:20 - 16:23
    Die Auslosung in Athen
    gab ein wenig Macht,
  • 16:23 - 16:25
    nicht lange und nie
    zweimal hintereinander.
  • 16:25 - 16:28
    Mit vielen Kontrollmechanismen,
    die hier nicht erklärt werden können.
  • 16:28 - 16:32
    Dadurch gaben die Athener
    diesen kleinen Machtanteil ab,
  • 16:32 - 16:34
    um ihn für sich zu behalten.
  • 16:34 - 16:37
    Es waren nicht die Ausgewählten,
    die die Gesetze bestimmten.
  • 16:37 - 16:42
    Jene sorgten als Polizei für Recht
    und Ordnung, sie wendeten das Gesetz an.
  • 16:42 - 16:44
    Sie bereiteten die Gesetze vor,
    weil die Athener
  • 16:44 - 16:47
    bei der Versammlung nicht
    in der Lage waren sie vorzubereiten.
  • 16:47 - 16:52
    Die Macht der Vertreter
  • 16:52 - 16:54
    wurde durch die Auslosung geschwächt
  • 16:54 - 16:57
    und dadurch hatten die Bürger
    die Garantie, dass sie souverän blieben.
  • 16:58 - 17:01
    Man sollte keine Angst
    vor der Auslosung haben.
  • 17:01 - 17:04
    Das Volk hätte mit dem
    Auslosungssystem viel mehr Macht.
  • 17:04 - 17:07
    Dadurch wären unsere
    Volksvertreter unsere Diener
  • 17:07 - 17:10
    und könnten nicht zu
    unseren Herrschern werden.
  • 17:12 - 17:14
    (Applaus)
  • 17:14 - 17:16
    Noch einen Satz zum Schluss …
  • 17:19 - 17:20
    Nur einen noch …
  • 17:24 - 17:28
    Gehen Sie auf "le-message.org!"
    [Anm.: Französische Webseite]
  • 17:28 - 17:30
    Mir scheint, als sollten wir
    wie Viren an der Basis leben,
  • 17:30 - 17:32
    ohne zu warten, dass seitens der Medien
  • 17:32 - 17:35
    oder einflussreicheren
    Menschen ... etwas passiert.
  • 17:35 - 17:37
    Wir sollten den Satz
    untereinander weitertragen
  • 17:37 - 17:40
    und deklarieren:
    "Die verfassungsgebende Versammlung
  • 17:40 - 17:42
    darf nicht mehr gewählt werden,
  • 17:42 - 17:43
    sie muss ausgelost werden!"
  • 17:43 - 17:46
    Von da aus wird sich
    alles andere ergeben.
  • 17:46 - 17:48
    Ich denke, diese Grundidee
    hat weltweite Gültigkeit.
  • 17:48 - 17:50
    Ich danke Ihnen
    für Ihre Aufmerksamkeit!
  • 17:50 - 17:55
    (Applaus)
Title:
Auf der Suche nach der Mutter aller Ursachen | Étienne Chouard | TEDxRepubliqueSquare
Description:

Étienne Chouard, der Wirtschaft und Recht lehrt, hat sich aufgrund des Referendums 2005 in Frankreich in den Entwurf der europäischen Verfassung vertieft. Was er dort las, veränderte ihn von Grund auf. Seitdem und fernab jeder politischen Partei prangert er die Teilnahmslosigkeit an und will dem Wort "Demokratie" seine wahre Bedeutung zurückgeben. Sein Credo: eine durch die Bürger geschriebene Verfassung und eine Wahl der Vertreter durch Auslosung.

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Video Language:
French
Team:
closed TED
Project:
TEDxTalks
Duration:
17:57
  • Hi Nadine! Also im Prinzip habe ich kaum was gefunden zum Anmerken, außer dass die Untertitel gewaltig lang sind. Er spricht ja auch ungeheuer schnell. Aber so richtig weiß ich nicht, was da die beste Vorgehensweise ist. Kürzen? Oder den Leuten einen langen Text zumuten? Was denkst du?

    Hier die Anmerkungen meiner "Rechtschreibkontrolle" (oder so):

    09:53 -- war zu lang für 2 Sekunden?
    13:17 -- ist vielleicht eine persönliche Sache, aber ich hasse "o. k." (wie vom Duden 'erlaubt'). Vor allem, wenn man bedenkt, dass das eine Abkürzung für ein Wort ist, das ein Zeichen weniger hat. Ich mag "OK", aber sonst "Okay", und für "o. k." gehört die Person ausgepeitscht, die es in den Duden getan hat.
    14:48 -- "bräuchten" ist eigentlich gar keine korrekt gebildete Verbform (soweit ich mich erinnere)

  • Hallo Judith! Bei "okay" könntest du Recht haben. Wenn es nicht "bräuchten" heißt, wie heißt es dann? Ich habe ehrlich gesagt auch keine Ahnung, was wir mit den langen Untertiteln machen sollen. Wir könnten ja mal Helena fragen. Was meinst du?

  • 10:26 -- 1 Sekunde Untertitel, der Leser wird "heteronom" nachschlagen müssen.
    Fantastisch übersetzt, finde ich. Habe noch ein paar Timings angepasst.

  • Eigentlich habe ja nur ein Review gemacht, da vorher schon übersetzt war. An manchen Stellen musste ich etwas machen, aber im Großen und Ganzen war es schon richtig gut. Danke für das Approval. Merci. Lg, Nadine

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