Auf der Suche nach der Mutter aller Ursachen | Étienne Chouard | TEDxRepubliqueSquare
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0:08 - 0:12Ich werde über Demokratie sprechen,
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0:12 - 0:14allerdings über die wahre Demokratie,
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0:14 - 0:18die überhaupt noch nicht existiert
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0:18 - 0:22und die in der Lage wäre,
uns aus der Patsche zu helfen. -
0:22 - 0:28Ich bin Dozent in Marseille
und erst 2005 bin ich anlässlich -
0:28 - 0:33einer öffentlichen Debatte
in Frankreich politisch aufgewacht. -
0:33 - 0:37Wir wurden wegen einer vermeintlichen
"Verfassung" befragt. [europ. Verfassung] -
0:37 - 0:42Während ich sie las, wurde ich wütend.
Ich hielt sie für gefährlich. -
0:42 - 0:46Ich verfasste ein Dutzend Seiten,
dazu zehn Seiten Notizen, -
0:46 - 0:50die ich auf meiner Webseite
veröffentlichte. -
0:50 - 0:52Das habe ich per E-Mail
an meinen Bekanntenkreis geschickt. -
0:52 - 0:55Es war im Nu erledigt.
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0:55 - 0:58Und dann passierte etwas,
das mein Leben komplett veränderte. -
0:58 - 1:00Die Menschen haben sich drauf gestürzt.
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1:00 - 1:04Offensichtlich entsprach es
einem Bedürfnis. -
1:04 - 1:07Ganze Monate habe ich nächtelang
versucht, diesen Menschen zu antworten, -
1:07 - 1:10besonders denen, die mich nicht mochten.
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1:10 - 1:14Ich versuchte ihnen zu zeigen, dass sie
falsch lagen, dass sie sich irrten. -
1:14 - 1:23Nach und nach wurde das Thema
in allen Medien thematisiert. -
1:23 - 1:24Alle suchten mich zu Hause auf.
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1:24 - 1:27Die Besucherzahlen auf meiner Webseite
schossen in die Höhe! -
1:27 - 1:2940 000 Besucher am Tag.
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1:29 - 1:3212 000 E-Mails in zwei Monaten.
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1:32 - 1:37Rückblickend wurde es mir klar:
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1:37 - 1:40Es war der Blick meiner Mitmenschen
auf mich, der mich verwandelte. -
1:40 - 1:42Dieser gab mir eine unglaubliche Kraft.
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1:42 - 1:46Es war der positive Blick der anderen,
die etwas von mir erwarteten. -
1:46 - 1:48Nun musste ich
den Anforderungen entsprechen. -
1:48 - 1:50Dann der Blick derer,
die mich nicht mochten, -
1:50 - 1:53die mir misstrauten
und mich für einen Betrüger hielten, -
1:53 - 1:56einen Taugenichts,
der nicht dorthin gehörte. -
1:56 - 1:58Ich wollte ihnen zeigen,
dass sie sich irrten. -
1:58 - 2:00Das aktivierte
die gleiche Motivation in mir. -
2:00 - 2:04All diese Blicke gaben mir letztlich
eine enorme Kraft. -
2:04 - 2:08Und das funktioniert
heute immer noch. -
2:08 - 2:11Ich fand heraus, dass es
um eine alte Angelegenheit geht. -
2:11 - 2:15Die Griechen nannten es das "Schamgefühl".
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2:15 - 2:18Das empfinde ich als ein sehr
interessantes und wesentliches Konzept. -
2:18 - 2:23Es motivierte die Griechen,
loyal zu leben, -
2:27 - 2:29wenn andere auf sie zählten
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2:29 - 2:34und sie mit ihren Blicken belohnten.
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2:34 - 2:38Das motivierte sie, gute Menschen zu sein,
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2:38 - 2:42und wenn die anderen
einen vorwurfsvollen Blick hatten, -
2:42 - 2:47motivierte sie das,
auf dem richtigen Weg zu bleiben. -
2:47 - 2:49Und das funktioniert wirklich.
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2:49 - 2:53Menschen, die Schamgefühl besitzen,
verhalten sich besser als die anderen. -
2:53 - 2:54Und umgekehrt:
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2:54 - 2:56Die mit keinem Schamgefühl
sind extrem gefährlich. -
2:56 - 2:59Früher hatten sie
brutalere Sitten als heute … -
2:59 - 3:01Wir sind aber nicht gezwungen
sie umzubringen, -
3:01 - 3:05doch zumindest könnten wir es vermeiden,
ihnen Verantwortung zu übergeben. -
3:05 - 3:09Seitdem gebe ich mir Mühe
für ... ja, wofür? -
3:09 - 3:13Als Erstes versuchte ich, die Ursache der
sozialen Ungerechtigkeiten zu verstehen. -
3:13 - 3:16Ich versuchte herauszufinden,
ob es nicht eine Hauptursache -
3:16 - 3:18für alle sozialen Ungerechtigkeiten gibt.
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3:18 - 3:21Da entdeckte ich mit Begeisterung
die genialen Konzepte, -
3:21 - 3:24die das Fundament der
griechischen Demokratie bildeten, -
3:24 - 3:25also einer wahren Demokratie.
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3:25 - 3:28Ich rückte viele Worte zurecht.
Wichtige Worte, -
3:28 - 3:31die seit mindestens 200 Jahren
völlig falsch interpretiert werden. -
3:31 - 3:35Dann versuche ich mir vorzustellen,
es ist eine Baustelle. -
3:35 - 3:40Ich besitze keine enthüllte Wahrheit,
ich stelle ein Objekt her. -
3:40 - 3:44Ich versuche, einen Gedanken
zu verstärken. -
3:44 - 3:50Ich versuche, mir ein Modell
mit guten Institutionen vorzustellen, -
3:50 - 3:53die in der Lage wären, uns alle
vor Machtübergriffen zu schützen. -
3:53 - 3:57Ich denke an Institutionen, die uns
ermuntern, uns richtig zu verhalten. -
3:57 - 3:59Ich zähle nicht auf tugendhafte Bürger.
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3:59 - 4:00Daran glaube ich nicht.
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4:00 - 4:03Wir alle haben Gutes
und Schlechtes in uns. -
4:03 - 4:06Gute Institutionen dagegen könnten
uns motivieren, uns richtig zu verhalten, -
4:06 - 4:09oder wie heute, uns vom Gemeinnutzen
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4:09 - 4:14und vom Gemeinwohl völlig fern halten.
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4:16 - 4:21Für meine Recherchen benutze ich
eine großartige Methode, -
4:21 - 4:24die uns ein alter Mann empfohlen hat:
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4:25 - 4:28Hippokrates, ein Arzt, sagte:
"Sucht nach der Mutter aller Ursachen!" -
4:28 - 4:31Ich verwende diese Methode andauernd.
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4:31 - 4:32Warum sagte er das?
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4:32 - 4:36Er sagte: Wenn wir ein Problem haben,
unter etwas leiden, -
4:36 - 4:38sollten wir uns nicht
um die Konsequenzen kümmern. -
4:38 - 4:40Damit lösen wir das Problem nicht.
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4:40 - 4:43Wir sollten uns auch nicht
um die Ursachen kümmern. -
4:43 - 4:46Diese sind, wie alles, durch viele
Faktoren bedingt. Das ist es nicht! -
4:46 - 4:50Es wäre besser, unter den zahllosen
Ursachen die eine Ursache herauszufinden. -
4:50 - 4:52Zumindest eine der
ausschlaggebenden Ursachen, -
4:52 - 4:55d. h. die Ursache, die für
alle anderen verantwortlich ist. -
4:55 - 4:57Genau diese brauchen wir!
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4:57 - 4:59Und nach dieser Ursache suche ich.
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4:59 - 5:01Ich tausche mich also
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5:01 - 5:03mit allen befreundeten
Widerstandskämpfern aus. -
5:03 - 5:06Seitdem ich in der Politik bin,
treffe ich viele Leute, -
5:06 - 5:08die seit Jahren im Widerstand leben.
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5:08 - 5:10Ich kämpfe all diese Kämpfe mit ihnen.
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5:10 - 5:14Ich habe ein Schema angefertigt, um die
Vielfältigkeit der Themen aufzuzeigen, -
5:14 - 5:21wogegen Menschen Widerstand leisten --
in der Form eines Baums. -
5:21 - 5:25Dieser Baum zeigt,
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5:25 - 5:28dass all diese Widerstandskämpfer
zwar wichtige Themen aufgreifen, -
5:28 - 5:31doch dass diese nur die Konsequenzen sind.
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5:31 - 5:35Mein Gefühl ist, dass niemand versucht,
die Ursache des Ganzen zu begreifen. -
5:35 - 5:38Vielleicht habe ich sie gefunden,
doch ich kann mich auch irren! -
5:38 - 5:42Ich glaube, für alle diese Ohnmacht
und Ungerechtigkeiten, -
5:42 - 5:45eine Hauptursache gefunden zu haben.
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5:45 - 5:47Ich gehe also von den Konsequenzen aus.
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5:47 - 5:50Ich versuche zu verstehen, wodurch
soziale Ungerechtigkeiten entstehen. -
5:50 - 5:54Anscheinend entstehen sie, weil
die Mächtigen nicht kontrolliert werden, -
5:54 - 5:56wodurch das Volk
politisch gesehen machtlos ist. -
5:56 - 6:00Wenn es soziale Ungerechtigkeiten gibt,
dann, weil die "guten" Menschen -
6:00 - 6:04bzw. die "normalen" Bürger
keine legale Macht zum Widerstand haben. -
6:05 - 6:08Diese vielen Widerstandskämpfer
und Militanten, die ich kenne, -
6:08 - 6:10kämpfen schon ihr Leben lang.
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6:10 - 6:12Doch sie verändern nichts!
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6:12 - 6:13Warum ist das so?
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6:13 - 6:18Ihre politische Machtlosigkeit
erlaubt ihnen nicht zu handeln. -
6:18 - 6:21Doch wo kommt diese
politische Machtlosigkeit her? -
6:22 - 6:28Nach meiner Analyse entsteht sie
durch die Verfassung. -
6:28 - 6:32Sie bestimmt, dass das Fehlverhalten
der Abgeordneten nicht bestraft wird. -
6:32 - 6:34Sie müssen niemandem Rechenschaft ablegen.
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6:34 - 6:36Wir können unsere Kandidaten nicht wählen.
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6:37 - 6:39Wir haben keine Volksabstimmung.
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6:39 - 6:42Von uns aus können wir nichts entscheiden.
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6:42 - 6:46Die Währung kann deshalb privatisiert
werden, weil in der Verfassung -
6:46 - 6:50nichts vorgesehen ist,
um es zu vermeiden etc. pp. -
6:50 - 6:51Leider keine Zeit dafür.
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6:51 - 6:55Unsere Machtlosigkeit ist auf allen Ebenen
durch die Verfassung vorprogrammiert. -
6:55 - 6:58Sie fällt nicht vom Himmel.
Irgendwo steht es geschrieben. -
6:58 - 7:01Deshalb versuche ich, die Mutter
aller Ursachen zu verstehen. -
7:01 - 7:04Woher kommt es, dass in
den Verfassungen auf der ganzen Welt -
7:04 - 7:07die Machtlosigkeit der Völker
verankert ist? -
7:07 - 7:09Es ist keine Verschwörung,
es kann nicht sein, -
7:09 - 7:12zumindest nicht immer und nicht
in allen Ländern. Das ist es nicht! -
7:12 - 7:13Es ist etwas anderes:
-
7:13 - 7:16Ein universeller Prozess, der eine
universelle Ursache haben muss. -
7:16 - 7:20Der Grund dafür, dass alle Verfassungen
schlecht sind, könnte darin liegen, -
7:20 - 7:23dass sie die Machtlosigkeit von Anfang an
bewusst festgelegt haben, -
7:23 - 7:25anstatt unsere Macht zu festigen.
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7:25 - 7:27Anstatt uns gegen
Machtüberschreitung zu schützen, -
7:27 - 7:29setzen sie unsere Machtlosigkeit fest.
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7:29 - 7:32Der Grund dafür: Die,
die die Verfassung schreiben, -
7:32 - 7:35die Autoren der Verfassung,
-
7:35 - 7:40haben kein persönliches Interesse daran,
eine Verfassung zu schreiben, -
7:40 - 7:43die uns Macht gewährt.
-
7:44 - 7:47Sie sind Richter und Partei zugleich,
politische Professionelle eben. -
7:47 - 7:50Damit sind wir nah dran
an der Mutter aller Ursachen. -
7:50 - 7:52Es ist nicht allein ihre Schuld.
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7:52 - 7:55Wir sind mitverantwortlich,
wenn wir sie schreiben lassen! -
7:55 - 7:58Um den Umfang dieses Irrtums zu verstehen,
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7:58 - 8:01erinnere ich kurz daran,
was der Zweck einer Verfassung ist. -
8:02 - 8:07Die Völker, also wir, haben
seit 2 500 Jahren das Bedürfnis, -
8:07 - 8:09Vertreter über uns zu stellen,
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8:09 - 8:16damit diese Gesetze schreiben
und anwenden, -
8:16 - 8:19die uns gegen die Willkür der Stärkeren
beschützen sollen. -
8:19 - 8:22Diese Menschen sind natürlich
sehr nützlich. -
8:22 - 8:26Sie entwerfen Gesetze, die wir benötigen,
um friedlich miteinander zu leben. -
8:26 - 8:28Doch gleichzeitig
sind sie sehr gefährlich. -
8:28 - 8:30Denn sie können
ihre Macht auch missbrauchen -
8:30 - 8:34und einer Interessengruppe
statt dem Volk dienen. -
8:34 - 8:36Da Macht automatisch verrückt macht,
-
8:36 - 8:39fangen sie systematisch damit an,
ihre Macht zu missbrauchen. -
8:39 - 8:42So ist es! Das wissen wir
seit 2 500 Jahren! -
8:42 - 8:45Macht treibt die Menschen in den Wahnsinn!
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8:45 - 8:51Alle Mächtigen neigen dazu,
ihre Macht zu missbrauchen. -
8:51 - 8:53"Immer!", sagte Montesquieu.
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8:53 - 8:56Das ist wie ein ungeschriebenes Gesetz.
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8:56 - 9:01Aber es gibt ein geniales Konzept,
um uns davor zu schützen. -
9:01 - 9:02Das ist die Verfassung.
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9:02 - 9:04Was ist eine Verfassung?
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9:04 - 9:06Ein Text, der über den Mächtigen steht.
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9:06 - 9:08Er dient nicht dazu,
die Mächtigen zu organisieren. -
9:08 - 9:11Die Mächtigen brauchen uns nicht,
um sich zu organisieren. -
9:11 - 9:14Die Verfassung -- und alle Bürger
sollten das wissen -- -
9:14 - 9:17dient dazu, die Mächtigen zu schwächen.
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9:17 - 9:19Sie dient dazu,
die Mächtigen zu beunruhigen. -
9:19 - 9:25Damit wir gegen sämtliche
Machtübergriffe geschützt sind! -
9:25 - 9:28Moment mal!
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9:28 - 9:33Wenn unsere Vertreter Angst
vor der Verfassung haben sollen, -
9:33 - 9:35ist es unsinnig,
wenn sie diese selbst schreiben! -
9:35 - 9:38Wenn sie das tun, setzen sie
ja ihre eigene Macht -
9:38 - 9:39und somit unsere Machtlosigkeit fest!
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9:39 - 9:42Sogar ein Kind versteht das.
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9:42 - 9:44Der Hauptgedanke dahinter ist:
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9:44 - 9:48Es ist nicht die Aufgabe der Regierenden,
die Regeln der Machtausübung zu schreiben, -
9:48 - 9:50und wir sollten nicht darauf warten,
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9:50 - 9:52dass sie von sich aus
auf diese Macht verzichten. -
9:52 - 9:53Das werden sie nie tun!
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9:53 - 9:56Die Lösung kann und wird nicht
von ihnen kommen. -
9:56 - 9:58Wir müssen ihnen verbieten,
die Verfassung zu schreiben! -
9:58 - 10:02Meiner Meinung nach fehlt uns
dieser Hauptgedanke. -
10:02 - 10:05So gesehen, in dem Kampf,
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10:05 - 10:09in dem die Bürger
die Mächtigen bekämpfen … -
10:09 - 10:13Ach, die Zeit geht aber schnell vorbei.
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10:13 - 10:15Der Sinn der Wörter wurde verdreht.
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10:15 - 10:18Denn eigentlich bin ich gar kein Bürger.
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10:18 - 10:23Ein Bürger wählt seine Gesetze selbst,
das tun wir aber nicht! -
10:23 - 10:26Ich bin nur ein einfacher Wähler.
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10:26 - 10:27Ich bin heteronom.
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10:27 - 10:30Ich dulde die Gesetze, die von
einem Dritten geschrieben werden. -
10:30 - 10:34Wer uns "Bürger" nennt, speist uns nur
mit schönen Worten ab! -
10:34 - 10:37Wir bilden uns ein, wir wären wichtig!
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10:37 - 10:40Was tun wir in dieser Demokratie,
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10:40 - 10:42in dieser "vermeintlichen Demokratie"?
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10:42 - 10:43Welche Rechte haben wir?
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10:43 - 10:45Wir haben das Recht,
die Regierenden zu wählen, -
10:45 - 10:49die dann 5 Jahre lang [in FR]
alles an unserer Stelle entscheiden. -
10:49 - 10:52Wir wählen unter Menschen aus,
die wir auch nicht ausgesucht haben. -
10:52 - 10:54Außerdem werden sie
von den Reichsten ausgewählt, -
10:54 - 10:57und im Falle, dass sie uns
auf höchstem Grad verraten, -
10:57 - 11:00haben wir nicht die geringste
Möglichkeit zur Gegenwehr. -
11:00 - 11:03Stimmt, wir haben Meinungsfreiheit,
-
11:03 - 11:05jedoch ohne die geringste
Durchsetzungskraft. -
11:05 - 11:09Solange unsere Worte keine Konsequenzen
haben, dürfen wir blablabla machen. -
11:09 - 11:12Doch sobald es etwas ändert,
gibt es ein Gemetzel. -
11:12 - 11:14Und das nennen wir Demokratie?
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11:14 - 11:16Dafür sind wir verantwortlich!
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11:16 - 11:18Wir sollten diesen verlogenen Wörtern
den Kampf ansagen. -
11:18 - 11:21Wir sollten es ablehnen,
etwas Demokratie zu nennen, -
11:21 - 11:25was eigentlich das genaue Gegenteil ist.
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11:25 - 11:27Wenn wir es akzeptieren,
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11:27 - 11:30die Verneinung unserer Rechte
als Demokratie zu bezeichnen, -
11:30 - 11:32unterstützen wir damit
unsere Machtlosigkeit. -
11:33 - 11:36Wenn wir akzeptieren, unsere Staatsform
"Demokratie" zu nennen, -
11:36 - 11:40können wir nicht einmal
die Lösung formulieren. -
11:40 - 11:43Wir brauchen die Demokratie,
aber wir können sie nicht so nennen, -
11:43 - 11:45denn dieses Wort ist
mit seinem Gegenteil besetzt. -
11:45 - 11:48Genial, den Sinn der Wörter
derart umzukehren. -
11:48 - 11:49Das ist absolut "Big Brother"!
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11:49 - 11:52Das ist nicht durch Zufall passiert.
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11:52 - 11:55Als es 1789, vor 200 Jahren,
begonnen hat, war es bereits schlecht. -
11:55 - 11:57Die Lage hat sich nicht verschlechtert.
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11:57 - 11:59Das Ganze war von Anfang an
schlecht geplant! -
11:59 - 12:02Sieyès, ein berühmter Denker
der Französischen Revolution -- -
12:02 - 12:05einer, der das Sagen hatte,
keine Nebenfigur -- schrieb 1789: -
12:05 - 12:10"Bürger, die ihre Vertreter wählen,
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12:15 - 12:18können das Recht nicht machen,
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12:20 - 12:23müssen davon ablassen,
die Gesetze selbst zu schreiben. -
12:23 - 12:26Sie können keinen
bestimmten Willen aufzwingen. -
12:26 - 12:28Würden sie Rechtsbeschlüsse diktieren,
-
12:28 - 12:31wäre Frankreich nicht mehr
dieser repräsentative Staat. -
12:31 - 12:32Es wäre ein demokratischer Staat!
-
12:32 - 12:37Ich wiederhole mich, das Volk hat
kein Sprachrecht in einem Land, -
12:37 - 12:38das nicht demokratisch ist.
-
12:38 - 12:41Und Frankreich ist keins,
-
12:41 - 12:44und kann deshalb nur
durch seine Vertreter handeln!“ -
12:44 - 12:45Moment mal!
-
12:45 - 12:46Dieser Mann war kein Demokrat
-
12:46 - 12:48und er wusste genau,
was Demokratie bedeutete. -
12:48 - 12:50Gleich verstehen Sie warum.
-
12:50 - 12:52Vor 1789 wussten alle,
Montesquieu, Aristoteles, usw., -
12:52 - 12:57dass Wahlen aristokratisch,
also oligarchisch, sind. -
12:57 - 13:00Aristoteles sagte es explizit:
Das Zitat lasse ich aus. -
13:00 - 13:03Montesquieu ebenfalls:
Das Zitat lasse ich ebenfalls aus. -
13:03 - 13:07Bitte suchen Sie selbst im Internet,
ich muss Zeit sparen. -
13:07 - 13:10Aber ich möchte noch zwei
sehr wichtige Dinge sagen: -
13:11 - 13:13Im Laufe von 200 Jahren waren
-
13:13 - 13:16bei der demokratischen Wahl
durch Auslosung in Athen -
13:16 - 13:17Reiche und Arme dabei.
-
13:17 - 13:20Okay, Sklaven und Frauen
wurden ausgeschlossen! -
13:20 - 13:23Darüber spreche ich heute nicht.
Ich spreche von den Bürgern. -
13:23 - 13:27Den Bürgern von damals, Reiche und Arme.
Im Laufe von 200 Jahren regierten -
13:27 - 13:29nach der Wahl durch Auslosung
immer die Armen. -
13:29 - 13:31Immer!
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13:31 - 13:34Es gibt zwei historische Beispiele:
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13:34 - 13:36Keine Meinungen, sondern Fakten!
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13:36 - 13:39Im Laufe von 200 Jahren regierten
die Armen in Griechenland. -
13:39 - 13:41Es gab Reiche, aber sie regierten nicht.
-
13:41 - 13:42Die Armen regierten.
-
13:42 - 13:44Und dann 200 Jahre
repräsentative Regierung, -
13:44 - 13:47die nicht Demokratie genannt wird,
-
13:47 - 13:50sondern eine "vermeintlich
repräsentative Regierung" ist. -
13:50 - 13:53In diesem Regime regierten
200 Jahre lang immer die Reichen. -
13:53 - 13:55Immer!
-
13:56 - 13:57Meine Frage ist jetzt:
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13:57 - 14:01Die Auslosung gab stets den Armen
die Macht, also den 99 %. -
14:01 - 14:05Dagegen geben die heutigen Wahlen
den Ultrareichen die Macht, also dem 1 %. -
14:05 - 14:09Wie lange werden die Armen, die 99 %,
die Wahlen noch verteidigen, -
14:09 - 14:11als würde es sich
um eine heilige Kuh handeln? -
14:11 - 14:16Für mich ist es unhaltbar mit anzusehen,
wie diese 99 % das Wahlrecht verteidigen, -
14:16 - 14:20dabei könnte die Auslosung
ihnen die Macht zurückgeben. -
14:20 - 14:23Wie kommt das, dass wir uns
an das Wahlrecht klammern? -
14:25 - 14:27Es kann nicht unser Verstand sein,
-
14:27 - 14:30denn die Fakten zeigen:
Das Wahlrecht macht uns machtlos. -
14:30 - 14:32Jedoch pflegen wir Irrtümer.
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14:32 - 14:35Von klein auf lernten wir,
laut der "republikanischen Schule", -
14:35 - 14:38dass Wahlrecht = Demokratie
und Demokratie = Wahlrecht bedeutet. -
14:38 - 14:40Seit der Kindheit glauben wir daran.
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14:40 - 14:44Zuerst muss sich der Mensch
von diesem falschen Glauben befreien. -
14:44 - 14:47Es muss uns gelingen, den wahren
Sinn der Wörter wieder herzustellen. -
14:47 - 14:49Wir sind nicht in einer Demokratie.
-
14:49 - 14:51Wir brauchen eine Demokratie
durch Auslosung. -
14:51 - 14:55Eine, die uns von denen befreien würde,
die unbedingt an die Macht wollen! -
14:55 - 14:58Damit sich die Dinge verändern,
sollten wir, glaube ich, -
14:58 - 15:01nicht mit der Hilfe derer rechnen,
die momentan an der Macht sind. -
15:01 - 15:03Die Lösung wird nicht von ihnen kommen.
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15:03 - 15:06Die Lösung muss von den normalen,
einfachen Bürgern kommen; -
15:06 - 15:09von den Menschen,
die partout nicht regieren wollen. -
15:09 - 15:11Sie sollten diesen Gedanken von Alain,
-
15:11 - 15:15einem großartigen Denker -- den Sie
unbedingt kennen sollten -- kennenlernen: -
15:15 - 15:17"Die auffälligste Eigenschaft
des guten Menschen ist, -
15:17 - 15:22die anderen nicht regieren zu wollen,
-
15:22 - 15:26sondern sich selbst zu verwalten.
-
15:26 - 15:31Das entscheidet alles. Das bedeutet,
die Schlimmsten gelangen an die Macht." -
15:31 - 15:34Wenn die gerechten Menschen
nicht regieren wollen, -
15:34 - 15:37und die Macht an die gegeben wird,
die regieren wollen, -
15:37 - 15:41dann werden die Schlimmsten regieren.
-
15:41 - 15:46Diese Falle ist hoffnungslos.
Alain hat Recht mit seiner Aussage. -
15:46 - 15:48Im Rahmen der repräsentativen
Regierung werden wir nicht -
15:48 - 15:51die gerechten, guten Menschen
an der Macht haben, -
15:51 - 15:54solange wir denen die Macht geben,
die danach trachten. -
15:54 - 15:58Doch ich glaube, wir könnten
aus dieser Falle herauskommen, -
15:58 - 16:00durch eine wahre Demokratie!
-
16:00 - 16:02Oder man gibt die Macht an irgendjemanden,
-
16:02 - 16:04und die Besten unter uns
werden darunter sein, -
16:04 - 16:07nämlich die, die keine Macht
an sich reißen wollen. -
16:07 - 16:09So eine Demokratie brauchen wir!
-
16:09 - 16:12Aber es liegt an uns und
in unserer Hand, sie zu wollen. -
16:12 - 16:15Wir dürfen nicht darauf warten,
dass die Abgeordneten es entscheiden. -
16:15 - 16:16Sie würden es nie wollen.
-
16:16 - 16:20Die Abgeordneten wollen keine Demokratie,
denn dadurch wären sie arbeitslos! -
16:20 - 16:23Die Auslosung in Athen
gab ein wenig Macht, -
16:23 - 16:25nicht lange und nie
zweimal hintereinander. -
16:25 - 16:28Mit vielen Kontrollmechanismen,
die hier nicht erklärt werden können. -
16:28 - 16:32Dadurch gaben die Athener
diesen kleinen Machtanteil ab, -
16:32 - 16:34um ihn für sich zu behalten.
-
16:34 - 16:37Es waren nicht die Ausgewählten,
die die Gesetze bestimmten. -
16:37 - 16:42Jene sorgten als Polizei für Recht
und Ordnung, sie wendeten das Gesetz an. -
16:42 - 16:44Sie bereiteten die Gesetze vor,
weil die Athener -
16:44 - 16:47bei der Versammlung nicht
in der Lage waren sie vorzubereiten. -
16:47 - 16:52Die Macht der Vertreter
-
16:52 - 16:54wurde durch die Auslosung geschwächt
-
16:54 - 16:57und dadurch hatten die Bürger
die Garantie, dass sie souverän blieben. -
16:58 - 17:01Man sollte keine Angst
vor der Auslosung haben. -
17:01 - 17:04Das Volk hätte mit dem
Auslosungssystem viel mehr Macht. -
17:04 - 17:07Dadurch wären unsere
Volksvertreter unsere Diener -
17:07 - 17:10und könnten nicht zu
unseren Herrschern werden. -
17:12 - 17:14(Applaus)
-
17:14 - 17:16Noch einen Satz zum Schluss …
-
17:19 - 17:20Nur einen noch …
-
17:24 - 17:28Gehen Sie auf "le-message.org!"
[Anm.: Französische Webseite] -
17:28 - 17:30Mir scheint, als sollten wir
wie Viren an der Basis leben, -
17:30 - 17:32ohne zu warten, dass seitens der Medien
-
17:32 - 17:35oder einflussreicheren
Menschen ... etwas passiert. -
17:35 - 17:37Wir sollten den Satz
untereinander weitertragen -
17:37 - 17:40und deklarieren:
"Die verfassungsgebende Versammlung -
17:40 - 17:42darf nicht mehr gewählt werden,
-
17:42 - 17:43sie muss ausgelost werden!"
-
17:43 - 17:46Von da aus wird sich
alles andere ergeben. -
17:46 - 17:48Ich denke, diese Grundidee
hat weltweite Gültigkeit. -
17:48 - 17:50Ich danke Ihnen
für Ihre Aufmerksamkeit! -
17:50 - 17:55(Applaus)
- Title:
- Auf der Suche nach der Mutter aller Ursachen | Étienne Chouard | TEDxRepubliqueSquare
- Description:
-
Étienne Chouard, der Wirtschaft und Recht lehrt, hat sich aufgrund des Referendums 2005 in Frankreich in den Entwurf der europäischen Verfassung vertieft. Was er dort las, veränderte ihn von Grund auf. Seitdem und fernab jeder politischen Partei prangert er die Teilnahmslosigkeit an und will dem Wort "Demokratie" seine wahre Bedeutung zurückgeben. Sein Credo: eine durch die Bürger geschriebene Verfassung und eine Wahl der Vertreter durch Auslosung.
- Video Language:
- French
- Team:
closed TED
- Project:
- TEDxTalks
- Duration:
- 17:57
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Judith Matz
Hi Nadine! Also im Prinzip habe ich kaum was gefunden zum Anmerken, außer dass die Untertitel gewaltig lang sind. Er spricht ja auch ungeheuer schnell. Aber so richtig weiß ich nicht, was da die beste Vorgehensweise ist. Kürzen? Oder den Leuten einen langen Text zumuten? Was denkst du?
Hier die Anmerkungen meiner "Rechtschreibkontrolle" (oder so):
09:53 -- war zu lang für 2 Sekunden?
13:17 -- ist vielleicht eine persönliche Sache, aber ich hasse "o. k." (wie vom Duden 'erlaubt'). Vor allem, wenn man bedenkt, dass das eine Abkürzung für ein Wort ist, das ein Zeichen weniger hat. Ich mag "OK", aber sonst "Okay", und für "o. k." gehört die Person ausgepeitscht, die es in den Duden getan hat.
14:48 -- "bräuchten" ist eigentlich gar keine korrekt gebildete Verbform (soweit ich mich erinnere)
Nadine Hennig
Hallo Judith! Bei "okay" könntest du Recht haben. Wenn es nicht "bräuchten" heißt, wie heißt es dann? Ich habe ehrlich gesagt auch keine Ahnung, was wir mit den langen Untertiteln machen sollen. Wir könnten ja mal Helena fragen. Was meinst du?
Judith Matz
10:26 -- 1 Sekunde Untertitel, der Leser wird "heteronom" nachschlagen müssen.
Fantastisch übersetzt, finde ich. Habe noch ein paar Timings angepasst.
Nadine Hennig
Eigentlich habe ja nur ein Review gemacht, da vorher schon übersetzt war. An manchen Stellen musste ich etwas machen, aber im Großen und Ganzen war es schon richtig gut. Danke für das Approval. Merci. Lg, Nadine