Malcolm Gladwell: Die sonderbare Geschichte des Norden-Bombenzielgeräts
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0:00 - 0:02Dankeschön.
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0:02 - 0:04Es ist wirklich ein Vergnügen hier zu sein.
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0:04 - 0:06Bei meinem letzten TEDTalk,
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0:06 - 0:10vor etwa sieben Jahren,
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0:10 - 0:13sprach ich über Spaghettisoße.
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0:13 - 0:16Es sehen wohl sehr viele Leute diese Videos.
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0:16 - 0:18Die Leute kommen seither zu mir
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0:18 - 0:20und befragen mich über Spaghettisoße,
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0:20 - 0:23was eine wunderbare Sache ist – kurzfristig –
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0:23 - 0:25(Lachen)
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0:25 - 0:27aber über sieben Jahre hinweg
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0:27 - 0:29ist es wirklich nicht optimal.
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0:29 - 0:31Also beschloss ich herzukommen
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0:31 - 0:34und zu versuchen, die Spaghettisoße hinter mir zu lassen.
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0:34 - 0:36(Lachen)
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0:36 - 0:39Das Thema dieser Sitzung ist „Dinge, die wir machen".
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0:39 - 0:41So beschloss ich, eine Geschichte
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0:41 - 0:43über jemanden zu erzählen,
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0:43 - 0:45der einen der kostbarsten Gegenstände
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0:45 - 0:47seiner Ära gemacht hat.
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0:47 - 0:50Der Name des Mannes ist Carl Norden.
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0:50 - 0:52Carl Norden wurde 1880 geboren.
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0:52 - 0:54Er war Schweizer.
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0:54 - 0:56Die Schweizer kann man wohl
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0:56 - 0:58in zwei Hauptkategorien unterteilen:
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0:58 - 1:00diejenigen, die kleine, exquisite,
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1:00 - 1:02teure Gegenstände machen,
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1:02 - 1:04und jene, die das Geld derer verwalten,
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1:04 - 1:07die kleine, exquisite,
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1:07 - 1:09teure Gegenstände kaufen.
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1:09 - 1:12Carl Norden gehört ganz sicher in die erste Gruppe.
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1:12 - 1:14Er ist Ingenieur.
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1:14 - 1:17Er besucht die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich.
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1:17 - 1:20Tatsächlich ist einer seiner Kommilitonen ein junger Mann namens Lenin,
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1:20 - 1:22der später
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1:22 - 1:26kleine, teure, exquisite Gegenstände kaputtmachen würde.
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1:26 - 1:29Er ist also ein Schweizer Ingenieur – Carl.
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1:29 - 1:32Und das meine ich im wahrsten Sinne des Wortes.
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1:32 - 1:34Er trägt dreiteilige Anzüge,
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1:34 - 1:39und er hat einen sehr kleinen, wichtigen Schnauzbart.
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1:39 - 1:41Er ist bevormundend,
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1:41 - 1:43narzisstisch
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1:43 - 1:45und getrieben
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1:45 - 1:47und hat ein aussergewöhnliches Ego.
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1:47 - 1:50Er arbeitet 16 Stunden am Tag
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1:50 - 1:53und er beschäftigt sich ernsthaft mit Wechselstrom.
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1:53 - 1:57Er glaubt, dass Sonnenbräune ein Zeichen moralischer Schwäche ist,
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1:57 - 1:59und er trinkt eine Menge Kaffee.
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1:59 - 2:01Er arbeitet am besten, wenn er stundenlang
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2:01 - 2:03in der Küche seiner Mutter in Zürich
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2:03 - 2:05in kompletter Stille
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2:05 - 2:07und mit nichts als einem Rechenschieber sitzt.
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2:07 - 2:09Jedenfalls wandert Carl Norden
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2:09 - 2:12kurz vor dem Ersten Weltkrieg
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2:12 - 2:14in die Vereinigten Staaten aus
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2:14 - 2:16und eröffnet einen Laden auf der Lafayette Street
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2:16 - 2:18im Zentrum von Manhattan.
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2:18 - 2:20Er wird besessen von der Frage,
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2:20 - 2:23wie man Bomben von einem Flugzeug abwirft.
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2:23 - 2:25Wenn Sie nun darüber nachdenken,
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2:25 - 2:28war das in der Zeit vor GPS und Radar
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2:28 - 2:30offensichtlich ein wirklich schwieriges Problem.
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2:30 - 2:32Es ist ein kompliziertes Physikproblem.
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2:32 - 2:35Man hat ein Flugzeug in einer Höhe von tausenden von Metern,
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2:35 - 2:37das hunderte Stundenkilometer schnell fliegt,
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2:37 - 2:40und man versucht, etwas, eine Bombe,
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2:40 - 2:42auf irgendein feststehendes Ziel abzuwerfen,
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2:42 - 2:45trotz aller möglichen Winde, Wolkendecken
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2:45 - 2:47und anderen Hindernissen.
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2:47 - 2:49Alle möglichen Leute,
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2:49 - 2:51angefangen beim Ersten Weltkrieg und zwischen den Kriegen,
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2:51 - 2:53versuchten, dieses Problem zu lösen,
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2:53 - 2:55und fast alle scheiterten.
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2:55 - 2:57Die Bombenzielgeräte, die es gab,
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2:57 - 2:59waren ausserordentlich unausgereift.
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2:59 - 3:02Aber Carl Norden hat wirklich den Code geknackt.
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3:02 - 3:05Er lässt sich diesen unglaublich komplizierten Apparat einfallen.
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3:05 - 3:07Er wiegt ungefähr 23 kg.
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3:07 - 3:11Er heisst das Norden-Mark-15-Bombenzielgerät.
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3:11 - 3:13Und er hat allerhand Hebel und Kugellager
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3:13 - 3:16und Vorrichtungen und Anzeigen.
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3:16 - 3:19Er macht also dieses komplizierte Ding.
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3:19 - 3:21Damit ermöglicht er
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3:21 - 3:25den Bombenschützen eben dieses Objekt zu nehmen,
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3:25 - 3:27visuell das Ziel zu erfassen,
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3:27 - 3:31denn sie sitzen ja im Plexiglasrumpf des Bombers,
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3:31 - 3:34und dann geben sie die Flughöhe des Flugzeus ein,
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3:34 - 3:37die Geschwindigkeit des Flugzeugs und des Windes
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3:37 - 3:39und die Koordinaten
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3:39 - 3:41des Zieles.
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3:41 - 3:45Das Bombenzielgerät sagt ihm genau, wann er die Bombe abwerfen soll.
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3:45 - 3:48Norden sagt in einem berühmten Zitat:
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3:48 - 3:50„Bevor es das Bombenzielgerät gab,
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3:50 - 3:52verfehlten Bomben regelmäßig ihr Ziel
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3:52 - 3:54um 1,5 Kilometer oder mehr."
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3:54 - 3:57Aber er sagte, dass er mit dem Mark-15-Norden-Bombenzielgerät
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3:57 - 3:59eine Bombe in ein Gurkenfass abwerfen könne,
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3:59 - 4:01und das aus 6.000 Metern.
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4:01 - 4:03Ich kann Ihnen gar nicht sagen
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4:03 - 4:05wie begeistert
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4:05 - 4:07das US-Militär
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4:07 - 4:10vom Norden-Bombenzielgerät war.
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4:10 - 4:12Es war wie Manna vom Himmel.
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4:12 - 4:14Hier war eine Armee,
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4:14 - 4:16die gerade die Erfahrung des Ersten Weltkrieges gemacht hatte,
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4:16 - 4:18in dem Millionen Männer
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4:18 - 4:20einander in den Gräben bekämpften,
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4:20 - 4:22ohne voran zu kommen, ohne Fortschritte,
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4:22 - 4:26und hier hatte jemand ein Gerät entwickelt,
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4:26 - 4:28das ihnen erlaubte, in den Himmel zu fliegen,
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4:28 - 4:30hoch über feindliches Gebiet,
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4:30 - 4:32und zu zerstören, was immer sie wollten,
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4:32 - 4:34mit zielgenauer Exaktheit.
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4:34 - 4:36Das US-Militär
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4:36 - 4:38gibt 1,5 Milliarden Dollar –
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4:38 - 4:41Milliarden Dollar in Dollars von 1940 –
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4:41 - 4:43für die Entwicklung des Norden-Bombenzielgeräts aus.
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4:43 - 4:46Um das in eine Relation zu bringen:
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4:46 - 4:48die Gesamtkosten des Manhattan-Projekts
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4:48 - 4:50betrugen drei Milliarden Dollar.
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4:50 - 4:53Für das Norden-Bombenzielgerät wurde halb so viel Geld ausgegeben,
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4:53 - 4:57wie für das berühmteste militärindustrielle Projekt
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4:57 - 4:59des modernen Zeitalters.
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4:59 - 5:02Und es gab Strategen im US-Militär,
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5:02 - 5:04die ernsthaft glaubten, dass dieses einzelne Gerät
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5:04 - 5:06den Unterschied
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5:06 - 5:08zwischen Sieg und Niederlage ausmachen würde,
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5:08 - 5:10wenn es zur Schlacht gegen die Nazis
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5:10 - 5:12und gegen die Japaner kommen sollte.
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5:12 - 5:14Auch für Norden
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5:14 - 5:17hatte dieser Apparat eine unglaubliche moralische Bedeutung,
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5:17 - 5:19denn Norden war ein engagierter Christ.
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5:19 - 5:21In der Tat wurde er jedesmal ärgerlich,
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5:21 - 5:24wenn Leute das Bombenzielgerät als seine Erfindung bezeichneten,
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5:24 - 5:26denn in seinen Augen
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5:26 - 5:28konnte nur Gott Dinge erfinden.
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5:28 - 5:30Er war nur das Werkzeug für Gottes Willen.
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5:30 - 5:32Und was war Gottes Wille?
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5:32 - 5:35Nun, Gottes Wille war es, das Leiden in jeglichen Kriegen
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5:35 - 5:38auf ein kleinstmöglices Maß zu beschränken.
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5:38 - 5:40Und was tat das Norden-Bombenzielgerät?
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5:40 - 5:42Es ermöglichte genau das.
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5:42 - 5:44Es ermöglichte, nur das zu bombardieren,
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5:44 - 5:48was man unbedingt bombardieren musste und wollte.
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5:48 - 5:51In den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg
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5:51 - 5:54kaufte das US-Militär also
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5:54 - 5:5690.000 Norden-Bombenzielgeräte
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5:56 - 5:58für je 14.000 Dollar –
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5:58 - 6:01noch einmal: in Dollars von 1940 ist das eine Menge Geld.
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6:01 - 6:04Sie bildeten 50.000 Bombenschützen für deren Bedienung aus –
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6:04 - 6:08in monatelangen, ausführlichen Trainingseinheiten –
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6:08 - 6:10denn diese Apparate sind im Wesentlichen analoge Computer.
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6:10 - 6:12Sie sind nicht einfach zu bedienen.
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6:12 - 6:15Sie lassen jeden dieser Bombenschützen einen Eid leisten.
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6:15 - 6:18Sollten sie in Gefangenschaft geraten, schwören sie,
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6:18 - 6:20dem Feind kein einziges Detail
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6:20 - 6:22dieses bestimmten Apparates zu verraten,
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6:22 - 6:25denn es ist ausschlaggebend, dass dieses grundlegende Stück Technik
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6:25 - 6:27nicht dem Feind in die Hände fällt.
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6:27 - 6:30Wann immer das Norden-Bombenzielgerät in ein Flugzeug gebracht wird,
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6:30 - 6:33wird es von einer Reihe bewaffneter Wachen begleitet.
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6:33 - 6:36Es wird in einer Kiste getragen, die mit einem Tuch bedeckt ist.
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6:36 - 6:39Die Kiste ist mit Handschellen an eine der Wachen gekettet.
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6:39 - 6:41Es darf niemals fotografiert werden.
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6:41 - 6:44Es enthält ein kleines Brandelement,
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6:44 - 6:47so dass es, sollte das Flugzeug abstürzen, vernichtet wird
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6:47 - 6:50und es keinesfalls in die Hände des Feindes gerät.
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6:50 - 6:52Das Norden-Bombenzielgerät
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6:52 - 6:55ist der Heilige Gral.
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6:55 - 6:58Was passiert also während des Zweiten Weltkrieges?
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6:58 - 7:01Es stellt sich heraus, dass es nicht der Heilige Gral ist.
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7:01 - 7:03In der Praxis kann das Norden-Bombenzielgerät
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7:03 - 7:06eine Bombe in ein Gurkenfass aus 6.000 Metern Höhe werfen,
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7:06 - 7:08aber nur unter perfekten Bedingungen.
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7:08 - 7:10In Kriegszeiten sind die Bedingungen
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7:10 - 7:12natürlich nicht perfekt.
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7:12 - 7:15Erstens ist es wirklich schwierig zu bedienen – wirklich schwierig.
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7:15 - 7:17Und nicht alle
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7:17 - 7:19dieser 50.000 Bombenschützen
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7:19 - 7:23können einen analogen Computer vernünftig programmieren.
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7:23 - 7:25Zweitens versagt es oft.
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7:25 - 7:27Es ist voller Kreisel und Trommeln,
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7:27 - 7:29Vorrichtungen und Kugellager,
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7:29 - 7:31und die arbeiten nicht so, wie sie sollen
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7:31 - 7:33in der Hitze des Gefechts.
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7:33 - 7:36Drittens, ins seinen Berechnungen hatte Norden angenommen,
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7:36 - 7:38dass ein Flugzeug relativ
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7:38 - 7:41langsam und niedrig fliegen würde.
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7:41 - 7:43In einem richtigen Krieg kann man das nicht tun,
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7:43 - 7:45man würde abgeschossen werden.
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7:45 - 7:48Sie flogen also in großen Höhen und unglaublich hohen Geschwindigkeiten.
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7:48 - 7:50Und das Norden-Bombenzielgerät funktioniert nicht so gut
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7:50 - 7:52unter diesen Bedingungen.
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7:52 - 7:54Aber vor allen Dingen
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7:54 - 7:56erforderte das Norden-Bombenzielgerät,
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7:56 - 7:59dass der Bombenschütze Blickkontakt mit dem Ziel hatte.
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7:59 - 8:01Aber was passiert im richtigen Leben?
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8:01 - 8:04Da sind Wolken, genau.
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8:04 - 8:07Es erfordert einen wolkenlosen Himmel, um wirklich akkurat zu sein.
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8:07 - 8:09Wie viele wolkenlose Himmel,
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8:09 - 8:11glauben Sie, gab es über Zentraleuropa
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8:11 - 8:14zwischen 1940 und 1945?
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8:14 - 8:16Nicht viele.
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8:16 - 8:18Um Ihnen ein Gefühl dafür zu geben,
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8:18 - 8:20wie ungenau das Norden-Bombenzielgerät wirklich war,
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8:20 - 8:22gab es da einen berühmten Fall im Jahre 1944,
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8:22 - 8:26als die Alliierten eine Chemiefabrik in Leuna, Deutschland, bombardierten.
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8:26 - 8:28Die Chemiefabrik erstreckte sich
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8:28 - 8:30auf über drei Quadratkilometer.
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8:30 - 8:33Im Verlauf von 22 Bombeneinsätzen
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8:33 - 8:38warfen die Alliierten 85.000 Bomben
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8:38 - 8:42auf diese drei Quadratkilometer der Chemiefabrik ab,
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8:42 - 8:45wobei sie das Norden-Bombenzielgerät einsetzten.
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8:45 - 8:47Welcher Prozentsatz dieser Bomben, glauben Sie,
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8:47 - 8:49landete tatsächlich innerhalb der
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8:49 - 8:52drei Quadratkilometer Fabrikgelände?
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8:52 - 8:55Zehn Prozent. Zehn Prozent.
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8:55 - 8:57Und von diesen zehn Prozent
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8:57 - 9:00gingen 16 Prozent noch nicht einmal hoch, sie waren Blindgänger.
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9:00 - 9:02Die Leuna Chemieanlage war
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9:02 - 9:05nach einem der umfangreichsten Bombenflüge in der Geschichte des Krieges
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9:05 - 9:08innerhalb von Wochen wieder in Betrieb.
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9:08 - 9:10Und übrigens – all diese Vorsichtsmaßnahmen,
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9:10 - 9:13um das Norden-Bombenzielgerät nicht in die Hände der Nazis fallen zu lassen?
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9:13 - 9:15Nun, es stellte sich heraus,
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9:15 - 9:17dass Carl Norden, als richtiger Schweizer,
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9:17 - 9:20sehr fasziniert von deutschen Ingenieuren war.
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9:20 - 9:22So hatte er in den 1930er Jahren eine ganze Gruppe von ihnen angeworben,
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9:22 - 9:24inklusive eines Mannes namens Hermann Long,
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9:24 - 9:26der im Jahre 1938
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9:26 - 9:29den Nazis einen kompletten Satz der Pläne für das Norden-Bombenzielgerät gab.
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9:29 - 9:32Sie hatten also ihr eigenes Norden-Bombenzielgerät den ganzen Krieg hindurch –
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9:32 - 9:35das übrigens auch nicht so gut funktionierte.
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9:35 - 9:37(Lachen)
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9:37 - 9:40Warum sprechen wir eigentlich über das Norden-Bombenzielgerät?
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9:40 - 9:42Nun, weil wir in einer Zeit leben,
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9:42 - 9:44in der es eine ganze Menge
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9:44 - 9:46von Norden-Bombenzielgeräten gibt.
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9:46 - 9:48Wir leben in einer Zeit, in der es allerhand
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9:48 - 9:50richtig schlaue Leute gibt,
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9:50 - 9:52die herumrennen und behaupten, sie hätten Geräte erfunden,
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9:52 - 9:54die unsere Welt für immer verändern werden.
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9:54 - 9:57Sie haben Webseiten erfunden, die die Menschen frei sein lassen.
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9:57 - 10:01Sie haben so ein Ding, oder so ein Ding, oder so ein Ding erfunden,
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10:01 - 10:04das unsere Welt für immer besser machen wird.
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10:04 - 10:06Wenn Sie beim Militär schauen,
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10:06 - 10:08finden Sie auch eine Menge von Carl Nordens.
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10:08 - 10:10Wenn Sie ins Pentagon gehen, werden sie sagen:
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10:10 - 10:12„Wissen Sie was? Jetzt können wir wirklich
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10:12 - 10:14eine Bombe in ein Gurkenfass
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10:14 - 10:16aus 6.000 Metern abwerfen."
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10:16 - 10:19Und wissen Sie was? Es stimmt, sie können das jetzt tatsächlich.
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10:19 - 10:21Aber es muss uns ganz klar sein,
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10:21 - 10:24wie wenig das bedeutet.
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10:24 - 10:27Im Irak-Krieg, am Anfang des ersten Irak-Krieges,
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10:27 - 10:29schickte das US-Militär, die Luftwaffe,
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10:29 - 10:32zwei Staffeln von F-15-Jets
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10:32 - 10:34in die irakische Wüste.
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10:34 - 10:36Ausgestattet mit diesen 5-Millionen-Dollar-Kameras,
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10:36 - 10:39konnten sie den gesamten Wüstenboden sehen.
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10:39 - 10:42Ihr Auftrag war es, Boden-Luft-Raketen zu finden und zerstören –
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10:42 - 10:44erinnern Sie sich an die Scud-Raketenwerfer,
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10:44 - 10:46diese Boden-Luft-Raketen,
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10:46 - 10:48die die Irakis auf die Israelis abschossen?
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10:48 - 10:50Der Auftrag der zwei Staffeln war es,
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10:50 - 10:53alle Scud-Raketenwerfer loszuwerden.
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10:53 - 10:55Sie flogen also Tag und Nacht Einsätze,
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10:55 - 10:57warfen tausende von Bomben
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10:57 - 11:00und feuerten tausende von Raketen ab
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11:00 - 11:03in dem Versuch, diese Plage loszuwerden.
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11:03 - 11:05Nachdem der Krieg vorüber war, gab es eine Überprüfung –
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11:05 - 11:07so wie es die Armee, die Luftwaffe immer tut –
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11:07 - 11:09und sie stellten die Frage:
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11:09 - 11:11Wie viele Scuds haben wir eigentlich zerstört?
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11:11 - 11:13Wissen Sie, was die Antwort war?
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11:13 - 11:15Null, keine einzige.
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11:15 - 11:17Aber warum ist das so?
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11:17 - 11:19Weil ihre Waffen nicht akkurat sind?
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11:19 - 11:22Oh nein, sie waren hervorragend genau.
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11:22 - 11:24Sie hätten dieses kleine Ding hier
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11:24 - 11:26aus 7.600 Metern Höhe zerstören können.
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11:26 - 11:30Sie wussten einfach nicht, wo die Scud-Raketenwerfer waren.
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11:30 - 11:33Das Problem mit Bomben und Gurkenfässern ist nicht,
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11:33 - 11:35wie man die Bombe ins Gurkenfass bekommt,
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11:35 - 11:38sondern wie man das Gurkenfass findet.
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11:38 - 11:40Das war immer das größere Problem,
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11:40 - 11:42wenn es darum geht, einen Krieg zu führen.
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11:42 - 11:45Oder nehmen Sie den Kampf in Afghanistan.
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11:45 - 11:47Was ist die Vorzeigewaffe
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11:47 - 11:49des Krieges der CIA in Nordwest-Pakistan?
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11:49 - 11:52Es ist die Drohne. Was ist eine Drohne?
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11:52 - 11:56Sie ist die Enkelin des Norden-Mark-15-Bombenzielgerätes.
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11:56 - 12:00Sie ist eine Waffe von verheerender Genauigkeit und Präzision.
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12:00 - 12:02Über die vergangenen sechs Jahre hinweg
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12:02 - 12:05hat die CIA in Nordwest-Pakistan
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12:05 - 12:08hunderte von Drohnenraketen geflogen,
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12:08 - 12:10und sie hat diese Drohnen dazu benutzt,
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12:10 - 12:122.000 verdächtigte
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12:12 - 12:16Pakistani- und Talibankämpfer zu töten.
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12:16 - 12:19Wie genau sind nun diese Drohnen?
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12:19 - 12:21Außerordentlich genau.
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12:21 - 12:24Wir glauben, dass wir jetzt bei 95 Prozent Genauigkeit sind,
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12:24 - 12:26wenn es zu Drohnenangriffen kommt.
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12:26 - 12:2995% der Menschen, die wir töten, müssen getötet werden, richtig?
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12:29 - 12:31Das ist einer der außergewöhnlichsten Rekorde
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12:31 - 12:33in der Geschichte moderner Kriegsführung.
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12:33 - 12:35Aber wissen Sie, was das Ausschlaggebende ist?
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12:35 - 12:37In der exakt gleichen Zeitspanne,
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12:37 - 12:39in der wir diese Drohnen
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12:39 - 12:41mit verheerender Genauigkeit benutzt haben,
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12:41 - 12:44hat sich die Anzahl der Angriffe, Selbstmordattentate und Terroranschläge
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12:44 - 12:46gegen amerikanische Streitkräfte in Afghanistan
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12:46 - 12:49verzehnfacht.
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12:49 - 12:51Während wir immer effizienter darin geworden sind,
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12:51 - 12:53sie zu töten,
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12:53 - 12:56wurden sie immer wütender
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12:56 - 12:59und immer motivierter uns zu töten.
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12:59 - 13:02Ich habe Ihnen keine Erfolgsgeschichte beschrieben.
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13:02 - 13:04Ich habe Ihnen
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13:04 - 13:06das Gegenteil einer Erfolgsgeschichte beschrieben.
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13:06 - 13:08Und das ist das Problem
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13:08 - 13:10mit unserer Vernarrtheit in die Dinge, die wir machen.
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13:10 - 13:13Wir denken, dass diese Sachen unsere Probleme lösen können,
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13:13 - 13:16aber unsere Probleme sind viel komplizierter als das.
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13:16 - 13:19Die Frage ist nicht, wie genau die Bomben sind, die wir haben,
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13:19 - 13:21sondern wie wir die Bomben nutzen, die wir haben,
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13:21 - 13:23und noch wichtiger,
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13:23 - 13:26ob wir überhaupt Bomben benutzen sollten.
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13:27 - 13:29Es gibt ein Postskript
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13:29 - 13:31zu der Norden-Geschichte
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13:31 - 13:34über Carl Norden und sein fantastisches Bombenzielgerät.
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13:34 - 13:37Denn am 6. August 1945
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13:37 - 13:40flog ein B-29 Bomber namens Enola Gay
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13:40 - 13:42über Japan
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13:42 - 13:44und warf, unter Verwendung eines Norden-Bombenzielgerätes,
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13:44 - 13:47eine sehr große Wasserstoffbombe
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13:47 - 13:50über der Stadt Hiroshima ab.
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13:50 - 13:53Wie es für das Norden-Bombenzielgerät typisch war,
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13:53 - 13:56verfehlte die Bombe ihr Ziel um knapp 250 Meter.
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13:56 - 13:59Aber das spielte natürlich keine Rolle.
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13:59 - 14:01Und das ist die größte Ironie des Ganzen,
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14:01 - 14:04wenn es um das Norden-Bombenzielgerät geht.
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14:04 - 14:08Das 1,5 Milliarden Dollar teure Bombenzielgerät der Luftwaffe
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14:08 - 14:12wurde benutzt, um ihre 3 Milliarden Dollar teure Bombe abzuwerfen,
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14:12 - 14:15wofür man überhaupt kein Bombenzielgerät gebraucht hätte.
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14:15 - 14:17In der Zwischenzeit, daheim in New York,
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14:17 - 14:19erzählte keiner Carl Norden,
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14:19 - 14:22dass sein Bombenzielgerät über Hiroshima eingesetzt worden war.
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14:22 - 14:24Er war ein hingebungsvoller Christ.
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14:24 - 14:26Er dachte, er hätte etwas entworfen,
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14:26 - 14:29das die Zahl der Opfer in Kriegen verringern würde.
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14:29 - 14:32Es hätte ihm das Herz gebrochen.
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14:32 - 14:39(Applaus)
- Title:
- Malcolm Gladwell: Die sonderbare Geschichte des Norden-Bombenzielgeräts
- Speaker:
- Malcolm Gladwell
- Description:
-
Meistererzähler Malcolm Gladwell erzählt die Geschichte des Norden-Bombenzielgeräts, einer bahnbrechenden Technologie des Zweiten Weltkriegs mit gänzlich unerwarteten Folgen.
- Video Language:
- English
- Team:
closed TED
- Project:
- TEDTalks
- Duration:
- 14:40