Der Preis der Scham
-
0:01 - 0:06Vor Ihnen steht eine Frau,
die ein Jahrzehnt geschwiegen hat. -
0:07 - 0:09Offensichtlich hat sich das geändert,
-
0:09 - 0:10aber erst vor Kurzem.
-
0:11 - 0:13Vor einigen Monaten
-
0:13 - 0:16hielt ich zum ersten Mal
einen öffentlichen Vortrag -
0:16 - 0:18bei der Gipfelkonferenz
"Forbes 30 unter 30": -
0:18 - 0:221 500 begabte Menschen,
die alle unter 30 Jahre alt waren. -
0:23 - 0:27Die Ältesten dieser Gruppe waren 1998
-
0:27 - 0:29also erst 14 Jahre alt
-
0:29 - 0:32und die Jüngsten erst vier Jahre alt.
-
0:33 - 0:35Ich witzelte mit einigen darüber,
-
0:35 - 0:39dass sie mich wohl nur
aus Rapliedern kannten. -
0:39 - 0:42Ja, ich komme in Rapliedern vor.
-
0:42 - 0:45In fast 40 Rapliedern. (Lachen)
-
0:47 - 0:50Aber am Abend meines Vortrags
passierte etwas Überraschendes. -
0:50 - 0:56Im reifen Alter von 41 wurde ich
von einem 27-Jährigen angemacht. -
0:57 - 0:59Wahnsinn, nicht?
-
1:00 - 1:03Er war charmant und ich
fühlte mich geschmeichelt, -
1:03 - 1:05und ich lehnte ab.
-
1:05 - 1:08Und sein erfolgloser Anmachspruch?
-
1:09 - 1:12Mit ihm würde es mir so vorkommen,
als wäre ich wieder 22. -
1:12 - 1:17(Lachen) (Beifall)
-
1:19 - 1:23Später am Abend wurde mir klar,
ich bin wohl die Einzige, -
1:23 - 1:27die mit 40 nie wieder 22 sein will.
-
1:27 - 1:29(Lachen)
-
1:29 - 1:33(Beifall)
-
1:35 - 1:41Mit 22 verliebte ich mich in meinen Chef,
-
1:41 - 1:45und mit 24 erlebte ich
die verheerenden Folgen daraus. -
1:48 - 1:51Könnte ich durch Handzeichen
diejenigen hier sehen, -
1:51 - 1:55die mit 22 keine Fehler begangen
haben und nichts bereuen? -
1:57 - 2:00Ja. Das dachte ich mir.
-
2:01 - 2:06So wie ich haben sich einige von Ihnen
mit 22 ab und zu mal auch geirrt -
2:06 - 2:09und sich in die falsche Person verliebt,
-
2:09 - 2:12vielleicht auch in Ihren Chef
oder in Ihre Chefin. -
2:12 - 2:16Im Gegensatz zu mir
war Ihr Chef aber wohl nicht -
2:16 - 2:19der Präsident der Vereinigten Staaten.
-
2:20 - 2:24Sicherlich hält das Leben
viele Überraschungen bereit. -
2:24 - 2:29Es vergeht kein Tag, ohne dass ich
an meinen Fehler erinnert werde, -
2:29 - 2:32und ich bedaure diesen Fehler zutiefst.
-
2:33 - 2:38Nachdem mein Herz 1988
in einer unwahrscheinlichen Romanze -
2:38 - 2:40im Sturm erobert wurde,
-
2:40 - 2:44stand ich plötzlich im Zentrum
eines politischen, -
2:44 - 2:49gesetzlichen und medialen Sturms,
den wir davor nie erlebt hatten. -
2:49 - 2:55Noch ein paar Jahre zuvor
kamen Nachrichten aus nur drei Quellen: -
2:55 - 2:58aus Zeitungen und Zeitschriften,
-
2:58 - 2:59dem Radio
-
2:59 - 3:01oder dem Fernsehen.
-
3:01 - 3:02Das war's.
-
3:02 - 3:06Aber das war nicht mein Schicksal.
-
3:06 - 3:09Stattdessen wurde dieser Skandal
-
3:09 - 3:12von der digitalen Revolution präsentiert.
-
3:12 - 3:18Dadurch wurden uns alle Informationen
zu jeder Zeit und überall zugänglich, -
3:18 - 3:21wann immer wir es wollten.
-
3:21 - 3:25Als man Januar 1998
das erste Mal davon berichtete, -
3:25 - 3:28geschah das online.
-
3:28 - 3:32Zum ersten Mal überflügelte
das Internet die traditionellen Medien -
3:32 - 3:35bei einem großen Thema
in den Nachrichten; -
3:35 - 3:40ein Mausklick, dessen Nachhall
sich um die Welt erstreckte. -
3:40 - 3:43Für mich persönlich hieß das,
-
3:43 - 3:48dass ich von heute auf morgen
keine Privatperson mehr war, -
3:48 - 3:52sondern eine weltweit
öffentlich Gedemütigte. -
3:53 - 3:57Ich war Patient Null; die erste Person,
-
3:57 - 4:02die ihren persönlichen Ruf
weltweit augenblicklich verlor. -
4:04 - 4:07Dieses durch die Technologie
ermöglichte schnelle Urteil -
4:07 - 4:10führte zu einem virtuellen,
Steine werfenden Pöbel. -
4:10 - 4:13Zugegeben, gab es damals
noch keine sozialen Medien, -
4:13 - 4:17aber die Leute konnten trotzdem
ihre Kommentare online stellen, -
4:17 - 4:22Geschichten und natürlich gemeine Witze
per E-Mail verschicken. -
4:23 - 4:26Nachrichtensender hängten
überall Fotos von mir auf, -
4:26 - 4:30um Zeitungen zu verkaufen,
online-Werbebanner zu erhalten -
4:30 - 4:33und die Leute zum Fernsehen zu motivieren.
-
4:34 - 4:37Erinnern Sie sich an
ein gewisses Bild von mir, -
4:37 - 4:41worauf ich zum Beispiel
eine Baskenmütze trug? -
4:41 - 4:44Ich gebe nun zu, dass ich
Fehler gemacht habe, -
4:44 - 4:47besonders durch das Tragen
dieser Baskenmütze. -
4:48 - 4:51Aber die Aufmerksamkeit
und die Verurteilung, -
4:51 - 4:54die auf mich persönlich --
nicht auf die Geschichte -- zielte, -
4:54 - 4:57hatte es zuvor noch nicht gegeben.
-
4:57 - 5:00Ich wurde als Flittchen gebrandmarkt,
-
5:00 - 5:07Nutte, Schlampe, Hure, Tussi,
-
5:07 - 5:09und natürlich, als "die Frau da".
-
5:10 - 5:13Ich wurde von vielen betrachtet,
-
5:13 - 5:17aber nur wenige kannten mich tatsächlich.
-
5:17 - 5:20Und ich verstehe schon:
Es war einfach zu vergessen, -
5:20 - 5:23dass jene Frau Dimensionen hatte,
-
5:23 - 5:27eine Seele hatte, einmal ungebrochen war.
-
5:30 - 5:34Als mir das vor 17 Jahre passierte,
gab es dafür keinen Namen. -
5:35 - 5:39Heutzutage nennen wir es
Cyber-Mobbing und Online-Belästigung. -
5:40 - 5:44Heute möchte ich einen Teil
meiner Erfahrungen mit Ihnen teilen, -
5:44 - 5:46möchte erklären, wie diese Erfahrungen
-
5:46 - 5:49mein kulturelles Bewusstsein
geprägt haben, -
5:49 - 5:54und wie ich hoffe, dass meine Erfahrungen
vielleicht zu einer Veränderung führen, -
5:54 - 5:57die das Leiden der anderen verringert.
-
5:58 - 6:041998 habe ich meinen Ruf
und meine Würde verloren. -
6:04 - 6:07Ich habe fast alles verloren,
-
6:07 - 6:10selbst auch fast das Leben.
-
6:13 - 6:15Ich möchte Ihnen ein Bild zeichnen.
-
6:17 - 6:20September 1998.
-
6:21 - 6:24Ich sitze unter summenden Neonbeleuchtung
-
6:24 - 6:27in einem fensterlosen Büro
-
6:27 - 6:31beim Sonderermittleramt.
-
6:31 - 6:34Ich höre meiner eigene Stimme zu,
-
6:35 - 6:39die im vorigen Jahr von einer
angeblichen Freundin -
6:39 - 6:41heimlich aufgenommen wurde.
-
6:42 - 6:45Ich bin hier, weil es
gesetzlich erforderlich ist, -
6:45 - 6:52dass ich persönlich die ganzen
20-stündigen Aufnahmen als echt bestätige. -
6:53 - 6:57Während der letzten acht Monate war
der geheimnisvolle Inhalt dieser Tonbänder -
6:57 - 7:01wie ein Damoklesschwert über mir gehangen.
-
7:01 - 7:06Wer kann sich schon daran erinnern,
was er vor einem Jahr gesagt hat? -
7:06 - 7:09Voller Angst und Scham höre ich zu,
-
7:11 - 7:16wie ich drauflosplappere,
die Kleinigkeiten des Tages analysiere; -
7:16 - 7:19höre zu, wie ich meine Liebe
für den Präsidenten gestehe -
7:19 - 7:22und natürlich meinen Liebeskummer erzähle;
-
7:23 - 7:29ich höre meinem manchmal gehässigen,
griesgrämigen, dummen Selbst zu, -
7:29 - 7:32bin gemein, nachtragend und flapsig;
-
7:33 - 7:37ich höre zu und schäme mich zutiefst
-
7:37 - 7:40für die schlimmste Version von mir selbst,
-
7:40 - 7:42eine Version von mir, die ich
nicht einmal erkenne. -
7:45 - 7:49Einige Tage danach wird
der Starr-Bericht veröffentlicht, -
7:49 - 7:51und die ganzen Tonbänder und
Niederschriften, -
7:51 - 7:55alle gestohlenen Wörter gehören dazu.
-
7:55 - 7:59Dass die Leute die Niederschriften lesen
dürfen, ist erschreckend genug, -
7:59 - 8:05aber einige Wochen danach werden
die Tonbänder im Fernsehen abgespielt, -
8:05 - 8:10und bedeutende Auszüge
sind auch online zugänglich. -
8:11 - 8:15Die öffentliche Beschämung war qualvoll.
-
8:15 - 8:18Das Leben war mir fast unerträglich.
-
8:21 - 8:26So etwas passierte
nicht so oft damals, 1998, -
8:26 - 8:32und damit meine ich das Stehlen
der privaten Wörter, Taten, -
8:32 - 8:34Gespräche oder Fotos,
-
8:34 - 8:37und ihre Veröffentlichung --
-
8:37 - 8:40öffentlich ohne meine Zustimmung,
-
8:40 - 8:42öffentlich ohne Kontext,
-
8:42 - 8:44öffentlich ohne Mitgefühl.
-
8:46 - 8:49Machen wir einen Sprung
12 Jahre nach vorn, ins Jahr 2010. -
8:49 - 8:53Jetzt gibt es soziale Medien.
-
8:53 - 8:58Wir sehen zu der Zeit leider
viel häufiger Fälle wie meinen, -
8:58 - 9:01unabhängig davon, ob
ein Fehler gemacht wurde, -
9:01 - 9:07und jetzt kann so etwas privaten
sowie bekannten Personen passieren. -
9:07 - 9:12Die Folgen sind für einige
grässlich -- sehr grässlich -- geworden. -
9:15 - 9:19Im September 2010 telefonierte
ich mit meiner Mutter, -
9:19 - 9:21wir sprachen über die Nachrichten
-
9:21 - 9:23und die Geschichte eines
jungen Studienanfängers -
9:23 - 9:26an der Universität Rutgers
namens Tyler Clementi. -
9:27 - 9:30Der nette, sensible, kreative Tyler
-
9:30 - 9:33wurde heimlich vom Mitbewohner
durch eine Webcam aufgenommen, -
9:33 - 9:36als er mit einem Mann intim war.
-
9:37 - 9:40Als dieser Vorfall der Online-Welt
bekannt wurde, -
9:40 - 9:43entzündeten sich Spott und Cyber-Mobbing.
-
9:45 - 9:47Ein paar Tage später
-
9:47 - 9:51sprang Tyler von der
George-Washington-Brücke und starb. -
9:52 - 9:54Er war 18.
-
9:55 - 9:58Meine Mutter war ganz außer sich darüber,
-
9:58 - 10:00was Tyler und seiner
Familie zugestoßen war, -
10:00 - 10:03sie war verzweifelt vor Schmerz,
-
10:03 - 10:07auf eine Weise, die ich
nicht ganz verstehen konnte. -
10:07 - 10:09Schließlich wurde mir klar,
-
10:09 - 10:12dass sie 1998 erneut durchlebte.
-
10:12 - 10:17Sie erlebte wieder, wie sie jede Nacht
neben meinem Bett gesessen hatte, -
10:19 - 10:23erlebte wieder, wie sie mich
dazu gezwungen hatte, -
10:23 - 10:26mit offener Badezimmertüre zu duschen,
-
10:26 - 10:29und erlebte wieder
die Angst meiner Eltern, -
10:29 - 10:33dass ich zu Tode demütigt
sein würde, buchstäblich. -
10:37 - 10:40Heutzutage haben zu viele Eltern
nicht die Gelegenheit gehabt, -
10:40 - 10:43einzuschreiten und
ihre Nahestehenden zu retten. -
10:43 - 10:47Zu viele haben von dem Leiden und
der Erniedrigung ihres Kindes gelernt, -
10:47 - 10:49nachdem es zu spät war.
-
10:50 - 10:54Der tragische, sinnlose Tod von Tyler
war für mich ein Wendepunkt. -
10:55 - 10:59Meine Erfahrungen erschienen
in einem neuen Zusammenhang, -
10:59 - 11:03und dann begann ich, die Welt der
Demütigung und des Mobbings anzuschauen -
11:03 - 11:05und etwas ganz anders zu sehen.
-
11:07 - 11:121998 konnten wir nicht wissen, wohin
diese schöne neue Technologie, -
11:12 - 11:14Internet genannt, uns führen würde.
-
11:14 - 11:19Seitdem hat das Internet die Menschen
auf unvorstellbare Weise zusammengebracht, -
11:19 - 11:21verlorene Geschwister gefunden,
-
11:21 - 11:24vielen das Leben gerettet,
Revolutionen angestoßen, -
11:25 - 11:28aber die Dunkelheit, das Cyber-Mobbing,
das Beschimpfen als Schlampe, -
11:28 - 11:32das ich kannte, schossen
wie Pilze aus dem Boden. -
11:33 - 11:38Jeden Tag werden Leute,
besonders junge Leute, -
11:38 - 11:41die noch zu jung sind, mit
so etwas umgehen zu können, -
11:41 - 11:43online so beschimpft und erniedrigt,
-
11:43 - 11:47dass sie sich nicht vorstellen können,
bis zum nächsten Tag durchzuhalten, -
11:47 - 11:50und manche schaffen das
tragischerweise nicht. -
11:50 - 11:52Und daran gibt es nichts Virtuelles.
-
11:53 - 11:59ChildLine, eine englische gemeinnützige
Organisation, die jungen Leuten hilft, -
11:59 - 12:04veröffentlichte Ende vergangenen Jahres
eine niederschmetternde Statistik: -
12:04 - 12:07Von 2012 bis 2013
-
12:07 - 12:10gab es einen Anstieg von 87 Prozent
-
12:10 - 12:14bei Anrufen und E-Mails,
die mit Cyber-Mobbing zu tun hatten. -
12:15 - 12:18Eine niederländische Meta-Analyse zeigte,
-
12:18 - 12:21dass Cyber-Mobbing zum ersten Mal
-
12:21 - 12:24öfter zu Selbstmordgedanken führte
-
12:24 - 12:27als Offline-Mobbing.
-
12:28 - 12:32Die Sache, die mich ganz
überraschend schockiert hat, -
12:32 - 12:35waren andere Forschungsergebnisse,
die gezeigt haben, -
12:35 - 12:39dass Erniedrigung intensiver erlebt wird
-
12:39 - 12:43als Glück oder sogar Ärger.
-
12:45 - 12:48Grausamkeit gegenüber anderen
ist nichts Neues, -
12:48 - 12:54aber online ist die technologisch
verstärkte Beschämung lauter, -
12:54 - 12:58unkontrolliert und ständig verfügbar.
-
12:59 - 13:05Den Widerhall der Beschämung hörte
einmal nur die Familie, das Dorf, -
13:05 - 13:07die Schule oder die Gemeinde,
-
13:07 - 13:10aber jetzt gibt es auch
die Online-Gemeinde. -
13:11 - 13:14Millionen von Menschen, oft anonym,
-
13:14 - 13:18können andere mit Wörtern verletzen,
und das bereitet viel Schmerz. -
13:18 - 13:22Die Zahl der Menschen, die eine
Person öffentlich beobachten -
13:22 - 13:27und ins öffentliche Rampenlicht
stellen können, ist grenzenlos. -
13:28 - 13:33Die öffentliche Erniedgrigung
hat einen persönlichen Preis -
13:33 - 13:38und die Erweiterung des Internets
hat den Preis kräftig angehoben. -
13:40 - 13:42Seit zwei Jahrzehnten jetzt
-
13:42 - 13:46pflanzen wir langsam online
und offline in unserer Kultur -
13:46 - 13:50die Saat der Schande
und der öffentlichen Erniedrigung. -
13:52 - 13:57Klatsch-Websites, Paparazzi,
Reality-Shows, die Politik, -
13:57 - 14:02Nachrichtenagenturen und manchmal Hacker,
sie handeln alle mit der Schande. -
14:03 - 14:08Dies hat zur Desensibilisierung geführt
und zu einem freizügigen Online-Milieu, -
14:08 - 14:11das dem Trollen, der
Bedrohung der Privatsphäre -
14:11 - 14:13und dem Cybermobbing förderlich ist.
-
14:13 - 14:17Laut Professor Nicolaus Mills
hat diese Veränderung -
14:17 - 14:20eine Erniedrigungskultur geschaffen.
-
14:21 - 14:26Betrachten wir ein paar prominente
Beispiele der letzten sechs Monate. -
14:26 - 14:31Snapchat, der Anbieter, der hauptsächlich
von jüngeren Leuten genützt wird -
14:31 - 14:33und der behauptet, dass Meldungen
-
14:33 - 14:36eine Lebensdauer von nur
ein paar Sekunden haben. -
14:36 - 14:39Sie können sich vorstellen, was für
Inhalt hier auftreten mag. -
14:39 - 14:42Eine Drittanbieter-App,
die die Nutzer verwenden, -
14:42 - 14:46um die Lebensdauer der Meldungen zu
verlängern, wurde gehackt -
14:46 - 14:53und 100 000 persönliche Gespräche, Fotos
und Videos wurden online gestellt -
14:53 - 14:56und haben jetzt eine endlose Lebensdauer.
-
14:57 - 15:01Die iCloud-Konten von Jennifer Lawrence
und manchen anderen Schauspielern -
15:01 - 15:07wurden gehackt, und private Nacktfotos
erschienen unerlaubt überall im Internet. -
15:07 - 15:11Eine bestimmte Klatsch-Website
erhielt mehr als fünf Millionen Zugriffe -
15:12 - 15:14aufgrund dieser einzelnen Geschichte.
-
15:14 - 15:18Und was ist mit dem Cyberhacking
von Sony Pictures? -
15:19 - 15:22Die Dokumente, die die meiste
Aufmerksamkeit erregten, -
15:22 - 15:26waren private E-Mails mit größtem
Potenzial für öffentliche Beschämung. -
15:28 - 15:31Aber in dieser Erniedrigungskultur
-
15:31 - 15:35gibt es einen anderen Preis
für öffentliche Beschämung. -
15:35 - 15:39Der Preis misst nicht
die Folgen für das Opfer -- -
15:39 - 15:41wie für Tyler und zu viele andere --
-
15:41 - 15:47besonders Frauen, Minderheiten,
und Mitglieder der SLBT-Gemeinde -- -
15:47 - 15:52sondern spiegelt den Gewinn
für die Jäger wieder. -
15:53 - 15:57Der Eingriff in andere Leben ist Rohstoff,
-
15:57 - 16:03der rücksichtslos gefördert, verpackt
und mit Gewinn verkauft wird. -
16:04 - 16:09Ein Markt ist entstanden, auf dem die
öffentliche Erniedrigung eine Ware ist, -
16:09 - 16:12und Scham eine Branche.
-
16:13 - 16:15Wie wird das Geld verdient?
-
16:16 - 16:17Durchs Klicken.
-
16:18 - 16:20Je größer die Scham, desto mehr Klicks.
-
16:20 - 16:23Je mehr Klicks,
desto mehr Geld durch Werbung. -
16:25 - 16:28Wir befinden uns in einem
gefährlichen Kreislauf. -
16:28 - 16:32Je öfter wir auf solchen Klatsch klicken,
desto gefühlloser werden wir -
16:32 - 16:34gegenüber dem Leben der Menschen dahinter.
-
16:34 - 16:38Je gefühlloser wir werden,
desto öfter klicken wir. -
16:39 - 16:42Die ganze Zeit verdient jemand Geld
-
16:42 - 16:45mit dem Leiden einer anderen Person.
-
16:47 - 16:50Mit jedem Klick treffen wir eine Wahl.
-
16:50 - 16:53Je mehr wir unsere Kultur mit
öffentlicher Beschämung durchsetzen, -
16:53 - 16:55desto akzeptabler wird das,
-
16:55 - 17:01desto öfter werden Cybermobbing,
Trollen, Hacking, -
17:01 - 17:03und Online-Schikanen vorkommen.
-
17:04 - 17:09Warum? Weil sie alle auf
Erniedrigung basieren. -
17:11 - 17:16Dieses Verhalten ist ein Symptom
für die von uns geschaffene Kultur. -
17:16 - 17:18Denken Sie mal darüber nach.
-
17:19 - 17:23Verändertes Verhalten beginnt
mit sich entwickelnden Ansichten. -
17:23 - 17:26Das haben wir bei Rassismus,
bei Homophobie gesehen, -
17:26 - 17:29und bei vielen anderen
Vorurteilen, heute wie damals. -
17:31 - 17:34Als wir unsere Ansicht zur
gleichgeschlechtlichen Ehe änderten, -
17:34 - 17:38erhielten mehr Menschen
die gleiche Freiheit. -
17:38 - 17:41Als wir angefangen haben,
Nachhaltigkeit zu schätzen, -
17:41 - 17:43begannen mehr Leute zu recyceln.
-
17:44 - 17:46Was unsere Erniedrigungskultur angeht,
-
17:47 - 17:50brauchen wir jetzt
eine kulturelle Revolution. -
17:51 - 17:54Öffentliches Beschämen
als Sport muss aufhören, -
17:54 - 17:58und es ist Zeit für Eingriffe
im Internet und in unsere Kultur. -
17:59 - 18:03Die Wende beginnt mit
etwas Einfachem, aber es ist nicht leicht. -
18:04 - 18:11Wir müssen auf die alten Werte des
Mitgefühls und der Empathie zurückgreifen. -
18:11 - 18:15Online haben wir ein Mitgefühlsdefizit,
eine Empathiekrise. -
18:17 - 18:21Die Forscherin Brené Brown sagte --
ich zitiere -- -
18:21 - 18:24"Scham kann Mitgefühl nicht überleben."
-
18:24 - 18:29Scham kann Mitgefühl nicht überleben.
-
18:31 - 18:34Ich habe sehr dunkle Tage
in meinem Leben erlebt, -
18:34 - 18:39und es waren das Mitgefühl
meiner Familie, meiner Freunde, -
18:39 - 18:44der Experten und manchmal auch
von Fremden, die mich gerettet haben. -
18:45 - 18:49Sogar das Mitgefühl einer
einzigen Person macht etwas aus. -
18:50 - 18:53Die Theorie des Minoritäteneinflusses,
-
18:53 - 18:56die von dem Sozialpsychologen
Serge Moscovici aufgestellt wurde, -
18:56 - 18:59besagt, dass selbst
bei einer geringen Anzahl -
18:59 - 19:01bei anhaltender Dauer
-
19:01 - 19:03Veränderung geschehen kann.
-
19:04 - 19:07In der Online-Welt können wir
den Minderheitseinfluss födern, -
19:07 - 19:09indem wir für etwas eintreten.
-
19:10 - 19:13Das heißt, dass wir auf die
Zuschauerapathie verzichten, -
19:13 - 19:18einen positiven Kommentar posten
oder einen Mobbing-Fall anzeigen. -
19:19 - 19:23Glauben Sie mir, mitfühlende Kommentare
helfen die Negativität zu verringern. -
19:23 - 19:27Wir können die Kultur auch bekämpfen,
indem wir Organisationen unterstützen, -
19:27 - 19:29die sich mit solchen
Problemen beschäftigen, -
19:29 - 19:32wie die Tyler-Clementi-Stiftung
in den USA. -
19:33 - 19:35Im Vereinigten Königreich gibt es
Anti-Bullying Pro -
19:36 - 19:39und in Australien gibt es
das Project Rockit. -
19:40 - 19:46Wir sprechen oft vom Grundrecht
der freien Meinungsäußerung, -
19:46 - 19:50aber wir sollten eher von
der Verantwortlichkeit -
19:50 - 19:52gegenüber der Meinungsäußerung sprechen.
-
19:52 - 19:54Wir wollen alle gehört werden,
-
19:54 - 19:57aber erkennen wir den Unterschied zwischen
-
19:57 - 20:02dem Eintreten für etwas und
dem Verlangen nach Aufmerksamkeit. -
20:04 - 20:07Das Internet ist eine Autobahn für das Es,
-
20:08 - 20:11aber wenn wir online Mitgefühl
für andere Leute zeigen, -
20:11 - 20:15hilft es uns allen und schafft
eine sicherere und bessere Welt. -
20:16 - 20:19Wir müssen online
mit Mitgefühl kommunizieren, -
20:19 - 20:22voll Mitgefühl die Nachrichten
lesen und hören, -
20:22 - 20:24und voll Mitgefühl klicken.
-
20:24 - 20:29Stellen Sie sich mal vor, Sie müssten
mit den Schlagzeilen eines anderen leben. -
20:31 - 20:35Ich möchte diesen Vortrag mit ein paar
persönlichen Bemerkungen schließen. -
20:36 - 20:38In den letzten neun Monaten
-
20:38 - 20:41wurde mir die Frage nach
dem Warum am häufigsten gestellt. -
20:41 - 20:45Warum jetzt? Warum will ich mich
in die Schusslinie begeben? -
20:45 - 20:48Man kann bei diesen Fragen
zwischen den Zeilen lesen, -
20:48 - 20:51und die Antwort hat nichts
mit Politik zu tun. -
20:52 - 20:57Die Hauptantwort war und ist:
weil es Zeit ist. -
20:57 - 21:01Ich will nicht mehr auf Zehenspitzen
um die Vergangenheit schleichen; -
21:01 - 21:03ich will kein Leben in Schande mehr
-
21:03 - 21:06und ich will wieder meine
eigene Geschichte schreiben. -
21:07 - 21:10Es geht auch nicht nur darum,
mich selbst zu retten. -
21:11 - 21:15Alle, die an Scham und öffentlicher
Erniedrigung leiden, -
21:15 - 21:17sollten eine Sache wissen:
-
21:18 - 21:20Man kann so etwas überleben.
-
21:20 - 21:22Ich weiß, dass es schwierig ist.
-
21:23 - 21:26Es ist wohl nicht schmerzlos,
schnell oder einfach, -
21:26 - 21:30aber man darf darauf bestehen,
dass die eigene Geschichte anders endet. -
21:31 - 21:34Haben Sie mit sich selbst Mitgefühl.
-
21:34 - 21:37Wir verdienen alle Mitgefühl
-
21:38 - 21:43und auch, online und offline
in einer mitfühlenderen Welt zu leben. -
21:44 - 21:46Vielen Dank fürs Zuhören.
-
21:46 - 21:49(Beifall)
- Title:
- Der Preis der Scham
- Speaker:
- Monica Lewinsky
- Description:
-
"Öffentliche Beschämung als Sport muss aufhören", sagt Monica Lewinsky. 1998, sagt sie, "war ich die erste Person, die ihren persönlichen Ruf weltweit augenblicklich verlor." Heute geschehen Online-Beschämungen ununterbrochen. Sie hat sie durchlebt – und sie können tödlich enden. In einem mutigen Vortrag sieht sie sich die Online-Beschämungsskultur genau an und fordert zu einem anderen Weg auf.
- Video Language:
- English
- Team:
- closed TED
- Project:
- TEDTalks
- Duration:
- 22:26
Retired user approved German subtitles for The price of shame | ||
Retired user accepted German subtitles for The price of shame | ||
Retired user edited German subtitles for The price of shame | ||
Retired user edited German subtitles for The price of shame | ||
Patricia Calderón Koch edited German subtitles for The price of shame | ||
Patricia Calderón Koch edited German subtitles for The price of shame | ||
Patricia Calderón Koch edited German subtitles for The price of shame | ||
Patricia Calderón Koch edited German subtitles for The price of shame |