Catherine Mohr baut ökologisch
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0:01 - 0:04Zuerst einmal: Ich bin ein Freak.
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0:04 - 0:06Ich bin ein Biokost futternder,
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0:06 - 0:09und die CO2-Bilanz minimierender Roboterchirurgie-Freak
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0:09 - 0:12und möchte wirklich gerne ökologisch bewusst bauen,
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0:12 - 0:14aber ich bin sehr misstrauisch
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0:14 - 0:16gegen all diese gutgemeinten Artikel,
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0:16 - 0:18in denen moralisch absolut korrekte Menschen,
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0:18 - 0:20denen jedoch ganz einfach das Fachwissen fehlt,
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0:20 - 0:22mir erzählen wollen, wie das funktioniert.
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0:22 - 0:24Also muss ich es selbst herausfinden.
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0:24 - 0:27Zum Beispiel: Ist das hier schlimm?
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0:27 - 0:30Ich habe einen Klecks Bio-Joghurt
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0:30 - 0:32von fröhlichen, sich selbst verwirklichenden Kühen
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0:32 - 0:34auf meiner Arbeitsfläche verschüttet
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0:34 - 0:37und möchte nun Küchenkrepp benutzen, um es aufzuwischen.
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0:37 - 0:40Aber darf ich dafür wirklich Küchenkrepp verwenden? (Gelächter)
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0:40 - 0:43Die Antwort liefert die sogenannte "graue Energie".
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0:43 - 0:45Das ist die Menge an Energie und Wasser, die
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0:45 - 0:47in jedem Blatt Küchenkrepp steckt.
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0:47 - 0:49Jedesmal, wenn ich ein Blatt Küchenkrepp benutze,
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0:49 - 0:51benutze ich genau diese Menge
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0:51 - 0:53an virtueller Energie und Wasser.
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0:53 - 0:55Aufwischen und wegwerfen!
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0:55 - 0:58Wenn ich das nun mit einem Baumwollhandtuch vergleiche,
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0:58 - 1:00das ich ja tausendmal benutzen kann,
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1:00 - 1:03dann verbrauche ich dafür nicht sehr viel graue Energie.
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1:03 - 1:05Bis ich das joghurtverschmierte Handtuch wasche.
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1:05 - 1:08Dies hier ist die dafür verbrauchte Energie.
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1:08 - 1:10Wenn ich also mein Handtuch in eine Waschmaschine werfe,
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1:10 - 1:12stecke ich wieder Energie und Wasser
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1:12 - 1:14in das Tuch. Es sei denn,
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1:14 - 1:16ich benutze dazu eine hocheffiziente Frontlader-Waschmaschine.
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1:16 - 1:19Dann sieht das Ganze nämlich etwas besser aus.
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1:19 - 1:21Aber wie steht's mit einem recycelten Küchenkrepp,
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1:21 - 1:23das außerdem nur halb so große Blätter hat?
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1:23 - 1:25Ja, dann schneidet das Küchenkrepp besser dabei ab.
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1:25 - 1:27Ach, Scheiß-Küchenkrepp, lassen Sie uns mal einen Schwamm nehmen.
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1:27 - 1:30Ich wische es mit einem Schwamm auf, reinige diesen unter laufendem Wasser,
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1:30 - 1:32und komme somit auf viel weniger Energie, aber auf viel mehr Wasser.
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1:32 - 1:34Falls man jedoch wie ich den Wasserhahn
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1:34 - 1:36von vornherein immer schon auf "heiß" eingestellt lässt,
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1:36 - 1:38verbraucht man sogar noch mehr Energie.
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1:38 - 1:40Oder noch schlimmer: Man lässt das Wasser laufen, bis es warm ist,
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1:40 - 1:42um das Tuch auszuwaschen.
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1:42 - 1:44Jetzt ist alles möglich.
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1:44 - 1:46(Gelächter)
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1:46 - 1:48Was uns dies zeigt, ist, dass
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1:48 - 1:51manchmal gerade die Dinge, von denen man es am wenigsten erwartet,
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1:51 - 1:53z.B. die Temperatureinstellung des Wasserhahns,
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1:53 - 1:55einen größeren Einfluss haben als all die anderen Dinge,
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1:55 - 1:57die man immer zu optimieren versuchte.
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1:57 - 1:59Nun stellen Sie sich vor: Jemand, der so verdreht ist wie ich,
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1:59 - 2:01möchte ein Haus bauen.
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2:01 - 2:04(Gelächter)
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2:04 - 2:07Genau das nämlich ist es, was mein Mann und ich gerade tun.
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2:07 - 2:09Wir wollten also wissen, wie ökologisch wir sein können.
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2:09 - 2:11Es gibt Tausende von gedruckten Artikeln,
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2:11 - 2:13die uns erzählen, wie man das Ganze am besten angeht.
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2:13 - 2:15Alle aber sind in gleicher Weise unseriös,
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2:15 - 2:18indem sie uns nämlich raten, allen möglichen Kleinkram zu optimieren,
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2:18 - 2:20dabei jedoch den Wald vor lauter Bäumen vergessen.
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2:20 - 2:22Ein durchschnittliches Haus
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2:22 - 2:25hat etwa 300 MWh
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2:25 - 2:27an grauer Energie.
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2:27 - 2:29Das ist die Energie, die man benötigt, um es zu bauen.
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2:29 - 2:31Millionen und Abermillionen von Papierhandtüchern.
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2:31 - 2:34Wir wollten wissen, wieviel besser wir so etwas machen können.
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2:34 - 2:36Und so beginnen wir, wie viele Leute,
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2:36 - 2:38mit einem Haus auf einem Grundstück.
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2:38 - 2:40Ich zeige Ihnen in der oberen Bildhälfte einen typischen Hausbau
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2:40 - 2:42und unten das, was wir jeweils tun.
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2:42 - 2:44Zuerst haben wir es abgerissen.
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2:44 - 2:47Dazu benötigt man zwar einigen Energieaufwand, aber wenn man
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2:47 - 2:49es abbaut und die Einzelteile wiederverwendet,
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2:49 - 2:51kann man einen Teil dieser Energie wieder zurückgewinnen.
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2:51 - 2:53Dann haben wir ein großes Loch gegraben,
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2:53 - 2:55und einen Regenwassertank installiert,
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2:55 - 2:57um eine autarke Wasserquelle für den Garten zu haben.
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2:57 - 2:59Dann gossen wir ein massives Fundament,
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2:59 - 3:01um die Passivsolar-Technik nutzen zu können.
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3:01 - 3:03Man kann die aufgewandte Energie
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3:03 - 3:05dabei um ca. 25 Prozent reduzieren,
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3:05 - 3:08indem man selbstverdichtenden Beton benutzt.
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3:08 - 3:10Dann begannen wir mit dem Rohbau.
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3:10 - 3:12Dies hier ist der Rohbau, Holz,
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3:12 - 3:14Verbundmaterial.
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3:14 - 3:17Damit ist es nicht so leicht, die verbrauchte Energie zurückzugewinnen,
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3:17 - 3:19aber es kann eine nachhaltige Ressource sein,
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3:19 - 3:22wenn man forstwirtschaftlich zertifiziertes Schnittholz verwendet.
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3:22 - 3:24Dann machten wir eine erste Erfahrung,
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3:24 - 3:26die für uns sehr überraschend war:
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3:26 - 3:29Falls wir Aluminium-Fenster in das Haus einbauten,
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3:29 - 3:32würden wir den Energieverbrauch an dieser Stelle verdoppeln.
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3:32 - 3:34PVC ist ein bisschen besser,
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3:34 - 3:37aber immer noch nicht so gut wie das Holz, das wir wählten.
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3:37 - 3:39Dann installierten wir die Gas- Wasserrohrleitungen,
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3:39 - 3:41die Elektrik, Heizung, Lüftung und Klimatisierung,
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3:41 - 3:43und die Isolierung.
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3:43 - 3:46Sprühschaum ist ein exzellenter Isolator, er dringt in alle Spalten,
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3:46 - 3:49ist aber mit einem hohen Energieaufwand verbunden.
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3:49 - 3:52Im Vergleich dazu ist Sprüh-Cellulose oder Blue Jeans
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3:52 - 3:54eine viel günstigere Energiealternative.
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3:54 - 3:56Wir nahmen auch Strohballen
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3:56 - 3:58als Füllung für unsere Bibliothek,
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3:58 - 4:00die kommen völlig ohne jede graue Energie aus.
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4:00 - 4:02Als der Einbau der Rigipsplatten fällig war,
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4:02 - 4:04benutzten wir EcoRock-Platten mit ungefähr einem Viertel
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4:04 - 4:07der Energie einer Standard-Rigipsplatte.
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4:07 - 4:09Dann kommen noch die Endarbeiten,
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4:09 - 4:12das Hauptthema all jener Öko-Artikel.
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4:12 - 4:13Dabei fallen sie, in Relation zum Gesamtbau,
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4:13 - 4:16eigentlich kaum ins Gewicht.
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4:16 - 4:18Trotzdem konzentriert sich die ganze Presse ausgerechnet darauf.
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4:18 - 4:20Nur nicht auf den Fussboden.
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4:20 - 4:22Doch wenn Sie Teppich in Ihrem Haus verlegen,
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4:22 - 4:25macht dies immerhin ein Zehntel der grauen Energie des kompletten Hauses aus.
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4:25 - 4:27Es sei denn, Sie verbauen Beton oder Holz
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4:27 - 4:29mit weitaus kleinerem Energiegehalt.
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4:29 - 4:32Jetzt fügen wir noch die letzte Konstruktionsenergie hinzu, rechnen alles zusammen
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4:32 - 4:34und haben ein Haus mit weniger als der Hälfte
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4:34 - 4:37des Energieverbrauchs eines normalen Hauses gebaut.
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4:37 - 4:39Doch bevor wir uns
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4:39 - 4:41zu sehr auf die eigene Schulter klopfen:
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4:41 - 4:44Wir haben 151 MWh
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4:44 - 4:46Energie aufgewandt, um dieses Haus zu bauen,
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4:46 - 4:48an dessen Stelle zuvor bereits ein anderes Haus stand.
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4:48 - 4:50Es stellt sich also die Frage:
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4:50 - 4:52Wie können wir diesen Energieverbrauch ausgleichen?
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4:52 - 4:55Wenn ich den Energie-Aufwand meines neuen Hauses hochrechne
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4:55 - 4:58und ihn mit dem des alten, nicht-energiesparsamen Hauses vergleiche,
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4:58 - 5:01gleicht es sich in ungefähr sechs Jahren aus.
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5:01 - 5:03Hätte ich nun das alte Haus eventuell umgerüstet,
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5:03 - 5:05um eine höhere Energie-Effizienz zu erreichen,
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5:05 - 5:07dann würde es mehr als 20 Jahre dauern,
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5:07 - 5:10die Rentabilitätsschwelle zu erreichen.
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5:11 - 5:13Und wenn ich nicht auf Energierückgewinnung geachtet hätte,
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5:13 - 5:15hätten wir, verglichen mit dem verbesserten Haus,
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5:15 - 5:17über 50 Jahre benötigt,
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5:17 - 5:19um den Break-Even-Punkt zu erreichen.
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5:19 - 5:21Was heißt das?
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5:21 - 5:24In der Größenordnung der Energiemenge meines Hauses,
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5:24 - 5:26ist dies ungefähr äquivalent zu dem,
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5:26 - 5:28was ich in einem Jahr mit dem Auto verfahre.
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5:28 - 5:30Oder ungefähr fünfmal so viel,
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5:30 - 5:32wie wenn ich totaler Vegetarier würde.
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5:32 - 5:35Aber mein Elefant im Wohnzimmer fliegt.
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5:35 - 5:38Wirklich, ich muss von TED zu Fuß nach Hause gehen.
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5:38 - 5:41Alle Berechnungen
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5:41 - 5:43zur Energierückgewinnung finden Sie im Blog.
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5:43 - 5:46Und nicht vergessen: Es sind manchmal die Dinge, von denen man es nicht erwartet,
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5:46 - 5:49die die größten Veränderungen ausmachen.
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5:49 - 5:51Ich danke Ihnen. (Applaus)
- Title:
- Catherine Mohr baut ökologisch
- Speaker:
- Catherine Mohr
- Description:
-
In einer kurzen, lustigen, und informativen Rede erzählt Catherine Mohr bei TED U von all den fachspezifischen Entscheidungen, die sie beim Bau ihres neuen ökologischen Hauses getroffen hat. Dabei ignoriert sie den augenblicklichen Hype und zieht stattdessen realistische Zahlen zu Rate. Was unterm Strich am meisten zählt? Jedenfalls nicht das, was man im allgemeinen so denkt.
- Video Language:
- English
- Team:
closed TED
- Project:
- TEDTalks
- Duration:
- 05:52