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Zeit ist Leben. Leben ist Zeit mit Begrenzung | Lothar Seiwert | TEDxHeidelberg

  • 0:13 - 0:19
    Hallo, ich bin total begeistert
    und tief bewegt zugleich.
  • 0:19 - 0:23
    Begeistert, weil der erste
    TEDx-Event in Heidelberg
  • 0:23 - 0:28
    und bewegt, weil ich
    genau in diesem Raum
  • 0:28 - 0:33
    eine besondere Begegnung
    der unheimlichen Art hatte,
  • 0:33 - 0:39
    mit einem Wesen, dem wahrscheinlich
    nur wenige Menschen bisher begegnet sind,
  • 0:41 - 0:46
    und einem Gott und später
    auch einer Göttin der Zeit.
  • 0:47 - 0:51
    Es fand genau hier
    in der Print-Media Lounge statt.
  • 0:52 - 0:57
    Es war der 5. Juni 2014.
  • 0:59 - 1:02
    Die alten Griechen
  • 1:02 - 1:05
    hatten für alles einen Gott,
  • 1:05 - 1:09
    und weil Zeit
    das wertvollste im Leben ist,
  • 1:09 - 1:12
    hatten sie sogar zwei Götter für die Zeit:
  • 1:12 - 1:15
    Kronos und Kairos.
  • 1:16 - 1:23
    Kronos war der Gott der
    sequenziellen Zeit, der Pünktlichkeit.
  • 1:23 - 1:29
    Also wenn eure Züge Verspätung haben,
    ist nicht die Bahn schuld, sondern Kronos.
  • 1:30 - 1:34
    Kairos, das war sein flippiger Bruder,
  • 1:34 - 1:37
    von dem gibt es auch gar keine Bilder.
  • 1:37 - 1:43
    Er wurde in der griechischen Mythologie
    mit einem langen Zopf dargestellt
  • 1:43 - 1:48
    und er erschien uns Menschen
    ganz unmittelbar,
  • 1:48 - 1:51
    um uns eine besondere Chance zu zeigen,
  • 1:51 - 1:54
    und da mussten wir zupacken
    und ihn festhalten,
  • 1:54 - 1:57
    deshalb sagen wir heute noch
    in unserem Sprachgebrauch:
  • 1:57 - 2:01
    "die Gelegenheit beim Schopfe packen".
  • 2:01 - 2:05
    Es war eine Veranstaltung
    der SAP Business Lounge.
  • 2:05 - 2:09
    Ich hatte eigentlich gar keine Lust
    zu dem Vortrag zu gehen.
  • 2:09 - 2:14
    Ich wollte mehr hinterher
    zu der Chill-Out-Party,
  • 2:14 - 2:15
    (Lachen)
  • 2:15 - 2:20
    weil ein Vortrag in Englisch,
    das ist dann wieder kompliziert,
  • 2:20 - 2:23
    aber eine innere Stimme,
    und das kann nur Kairos gewesen sein,
  • 2:23 - 2:26
    sagte: "Geh dort hin",
  • 2:26 - 2:31
    und auf der Bühne
    befand sich Dr. René Mur.
  • 2:31 - 2:35
    Ihr habt sie heute Nachmittag hier
    über success und failure sprechen gehört.
  • 2:36 - 2:40
    Ich weiß überhaupt nicht mehr,
    über was sie gesprochen hat,
  • 2:40 - 2:44
    aber ich war an der Rednerin interessiert.
  • 2:45 - 2:49
    (Lachen)
  • 2:49 - 2:52
    Ich weiß nicht mehr,
    wie lange es gedauert hat;
  • 2:52 - 2:54
    manchmal haben wir Männer
    eine längere Leitung.
  • 2:55 - 2:58
    Ich habe beschlossen, sie zu daten.
  • 2:59 - 3:02
    Und was macht man
    heute im digitalen Zeitalter?
  • 3:03 - 3:08
    Man geht auf Google
    oder Facebook, oder beides,
  • 3:08 - 3:13
    und das Profilbild auf ihrer
    Facebook-Seite seht ihr hier.
  • 3:13 - 3:16
    Und was sagt uns das?
  • 3:17 - 3:22
    In jedem System gibt es einen
    kybernetisch wirkungsvollsten Punkt
  • 3:22 - 3:27
    und wenn ich mich auf den konzentriere,
    erziele ich mit dem, was ich tue,
  • 3:27 - 3:30
    die größte Wirkung.
  • 3:30 - 3:33
    Der kybernetisch
    wirkungsvollste Punkt ist hier
  • 3:34 - 3:35
    natürlich der Hund.
  • 3:37 - 3:42
    Ich hatte damals eine Hundephobie.
  • 3:42 - 3:44
    Wie kam das?
  • 3:44 - 3:47
    Ich habe als Student
    in allen Semesterferien
  • 3:47 - 3:51
    als Postzusteller auf dem Lande gejobbt.
  • 3:51 - 3:53
    Vielleicht könnt ihr euch das vorstellen,
  • 3:53 - 3:57
    in fast jedem Haus,
    das einen Vorgarten hatte,
  • 3:57 - 3:58
    (Hundeknurren)
  • 3:58 - 4:02
    hat ein Hund jeden Tag auf mich gewartet,
  • 4:02 - 4:05
    und das war ganz schön herausfordernd.
  • 4:05 - 4:10
    Es gab für mich nur eine Chance,
    diese boundary zu überwinden
  • 4:10 - 4:15
    und mich wieder dem Thema "Hund"
    in positiver Weise zuzuwenden.
  • 4:16 - 4:19
    Dann habe ich eine Zeitschrift
    abonniert: "Leben mit Hund",
  • 4:19 - 4:20
    (Lachen)
  • 4:20 - 4:24
    und habe mich hier entsprechend eingelesen
  • 4:25 - 4:29
    und einige Wochen oder Monate später
  • 4:29 - 4:31
    hatten wir diese Situation.
  • 4:33 - 4:36
    Wer ist hier in der Mitte?
    Wer ist Mittelpunkt?
  • 4:36 - 4:38
    Der Hund natürlich.
  • 4:40 - 4:45
    Zwei Jahre später
    hatten wir diese Situation.
  • 4:46 - 4:50
    Am 11. Juni 2016 haben wir geheiratet.
  • 4:50 - 4:53
    (Englisch) "Ich liebe dich, Schatz."
  • 4:53 - 5:01
    (Applaus)
  • 5:01 - 5:04
    Was wir daraus lernen können,
  • 5:04 - 5:08
    dass es beim Umgang
    mit der Zeit nicht darauf ankommt,
  • 5:08 - 5:16
    wie ihr bei eurem Google-Mail
    Eingangskorb/Account
  • 5:16 - 5:20
    die Mails optimal
    nach Prioritäten sortiert,
  • 5:20 - 5:24
    sondern was ihr mit
    der vorhandenen Zeit macht.
  • 5:24 - 5:28
    Für mich ist Zeit
    im Grunde genommen das Kostbarste,
  • 5:28 - 5:31
    was wir haben in unserem Leben,
  • 5:31 - 5:37
    und für mich gibt es zwei boundaries
    im Umgang mit der Zeit.
  • 5:37 - 5:43
    Zum einen eine äußere boundary,
    die ist schlicht und einfach vorgegeben.
  • 5:43 - 5:45
    Ich habe das einmal mitgebracht;
  • 5:45 - 5:51
    das ist jetzt mein
    persönlicher Lebenszeit-Zollstock.
  • 5:51 - 5:55
    Der geht hier bis ungefähr 82
  • 5:55 - 5:59
    und ich habe bereits
    die 2.0 Version mitgebracht,
  • 5:59 - 6:02
    die geht bis 100,
    und ich greife mal dorthin,
  • 6:02 - 6:05
    wie alt oder jung ich bin,
  • 6:05 - 6:08
    und alles was sich hier
    links davon befindet,
  • 6:08 - 6:11
    ist die vergangene Zeit,
    die kann ich nicht mehr ändern,
  • 6:11 - 6:15
    aber viel entscheidender ist,
    was rechts davon ist.
  • 6:15 - 6:20
    Ihr seht, bei mir geht es
    jetzt nur noch steil nach oben.
  • 6:20 - 6:26
    Für uns alle ist heute ein ganz
    besonderer Tag, wenn ihr so wollt,
  • 6:26 - 6:29
    nämlich der erste Tag
    vom Rest eures Lebens,
  • 6:29 - 6:33
    den ihr mit einem neuen
    Zeitbewusstsein beginnen könnt.
  • 6:34 - 6:41
    Die andere boundary, die wir
    so haben, ist die innere:
  • 6:41 - 6:44
    wie wir gegenüber Zeit eingestellt sind.
  • 6:44 - 6:49
    Ich kenne da einen Satz,
    den habe ich schon so oft gehört.
  • 6:49 - 6:53
    Er trifft nur auf solche Menschen zu,
    die heute Abend nicht hier sind.
  • 6:53 - 6:58
    Der lautet: "Ich hab keine Zeit."
  • 6:59 - 7:03
    Und das ist für mich
    sogar eine Lüge, eine Lebenslüge.
  • 7:03 - 7:04
    Warum?
  • 7:04 - 7:08
    Wenn jemand sagt: "Ich hab keine Zeit",
    bedeutet das in Wirklichkeit:
  • 7:08 - 7:14
    Ich habe dafür keine Zeit,
    weil mir anderes eben wichtiger ist.
  • 7:14 - 7:16
    Benjamin Franklin,
  • 7:16 - 7:19
    zurzeit tot,
  • 7:19 - 7:20
    (Lachen)
  • 7:20 - 7:25
    hat mal diesen bekannten Satz gesagt:
    "Time is money." [Zeit ist Geld.]
  • 7:25 - 7:29
    Wenn ihr mal wie ich
    Telekom-Aktien gekauft habt,
  • 7:29 - 7:30
    (Lachen)
  • 7:30 - 7:34
    wobei das Geld ja nicht weg ist,
    es hat nur jetzt jemand anders
  • 7:34 - 7:36
    und den such ich immer noch,
  • 7:36 - 7:39
    kann ich das wieder kriegen.
  • 7:39 - 7:42
    Dann habe ich SAP-Aktien gekauft
  • 7:42 - 7:44
    und dann ging es mir
    finanziell wieder gut.
  • 7:46 - 7:49
    Ich habe mal angefangen,
  • 7:49 - 7:53
    als Cheftrainer für Time System.
  • 7:53 - 7:56
    So für die Jüngeren unter euch:
  • 7:56 - 8:01
    Das war analoge Technologie,
  • 8:01 - 8:08
    ohne Bluetooth-Schnittstelle,
    ohne Thunderbolt-Einsteck-Slot,
  • 8:08 - 8:13
    null Stromverbrauch, da hat
    man so hinein geschrieben,
  • 8:13 - 8:15
    wie man sich so organisiert hat.
  • 8:15 - 8:18
    Ich hab Teilnehmer
    in meinen Seminaren gehabt,
  • 8:18 - 8:22
    die geglaubt hatten, mit
    einem solchen Zeitplan-Tool
  • 8:22 - 8:23
    würden sie mehr Zeit haben.
  • 8:23 - 8:25
    Wisst ihr, was passiert ist?
  • 8:25 - 8:28
    Die waren hinter
    genauso gestresst wie vorher,
  • 8:28 - 8:31
    nur wesentlich
    professioneller organisiert.
  • 8:31 - 8:36
    Packten in den 12-Stunden-Tag
    das Pensum von 15 Stunden hinein
  • 8:36 - 8:41
    oder auf Neu-Heidelbergerisch:
    "still confused but on a higher level",
  • 8:41 - 8:43
    [immer noch verwirrt,
    aber eine Ebene höher].
  • 8:43 - 8:49
    Aber ihre persönliche Lebensqualität
    hatte sich in keinster Weise verbessert.
  • 8:49 - 8:52
    Das war wie so ein iPad Mini.
  • 8:52 - 8:55
    Ich hatte kürzlich meinem Sohn
    ein iPad geschenkt.
  • 8:55 - 8:56
    Er war ganz begeistert.
  • 8:56 - 8:58
    Er sagte: "Papa, das ist ja cool,
  • 8:58 - 9:02
    aber wie seid ihr denn früher
    bloß ins Internet gekommen?"
  • 9:04 - 9:08
    Damals war das mit der Zeit
    noch ganz einfach.
  • 9:08 - 9:12
    Ich habe hier eine Blumenvase,
    da ist Wasser drin,
  • 9:12 - 9:15
    und das steht für die Arbeit,
  • 9:15 - 9:21
    die wir immer erledigen müssen,
    oder glauben, wir müssten sie erledigen.
  • 9:21 - 9:26
    Ich habe hier zwei Gläser für die Zeit,
    den Vormittag und den Nachmittag.
  • 9:26 - 9:30
    Früher haben wir unseren Tag geplant,
    dann haben wir das Ganze abgearbeitet
  • 9:30 - 9:35
    und dann konnten wir uns den
    angenehmen Dingen des Lebens zuwenden.
  • 9:35 - 9:38
    Funktioniert heute nicht mehr so. Warum?
  • 9:38 - 9:40
    Ihr kennt das, kaum hat man
    alles weg gearbeitet,
  • 9:40 - 9:43
    schon ist wieder noch mehr Arbeit da.
  • 9:44 - 9:46
    Da kommt ein Kollege rein
    oder der Chef:
  • 9:46 - 9:48
    "Hast du mal eine Minute Zeit?",
  • 9:48 - 9:53
    dauert eine Viertelstunde, halbe Stunde
    und schon verrinnt wieder Zeit.
  • 9:53 - 9:57
    Jetzt kommen wir
    an eine Kapazitätsgrenze,
  • 9:57 - 10:02
    nämlich die Zeitkontingente
    sind erschöpft.
  • 10:03 - 10:04
    Was machen wir?
  • 10:04 - 10:08
    Ganz einfach, wir nehmen
    ein weiteres Glas.
  • 10:08 - 10:11
    Dafür haben wir im deutschen
    Arbeitsrecht einen Begriff,
  • 10:11 - 10:15
    den nennen wir "Mehrarbeit"
    oder "Überstunden",
  • 10:15 - 10:17
    weil das geht ständig so weiter.
  • 10:17 - 10:18
    Klingelt das Telefon:
  • 10:18 - 10:23
    Kunde droht mit Auftrag,
    will geschwind eine Unterlage haben.
  • 10:23 - 10:24
    Früher haben wir gesagt:
  • 10:24 - 10:27
    "Ich stecke es ihnen in die Post",
    wie vorsintflutlich.
  • 10:27 - 10:30
    Heute will es der andere wann?
  • 10:30 - 10:34
    Sofort per E-Mail mit einer PDF,
    noch schick designt.
  • 10:34 - 10:37
    Und wieder verrinnt wertvolle Zeit.
  • 10:37 - 10:40
    Wenn man einmal mit
    den E-Mails angefangen hat,
  • 10:40 - 10:43
    ihr kennt das, ihr schickt 3-4 Mails raus,
  • 10:43 - 10:46
    was passiert, 10-20 neue kommen rein,
  • 10:46 - 10:48
    wollen auch abgearbeitet werden.
  • 10:48 - 10:53
    Dann habe ich diese Tage gelesen,
    gibt es noch etwas,
  • 10:53 - 10:55
    das nennen wir "Privatleben".
  • 10:56 - 10:59
    Da ist beispielsweise der Hund krank,
  • 10:59 - 11:02
    der vierbeinige natürlich.
  • 11:02 - 11:08
    Da muss jemand beim Tierarzt
    im Wartezimmer sitzen.
  • 11:08 - 11:11
    Wieder verrinnt kostbare Zeit.
  • 11:11 - 11:13
    Oder es gibt Probleme in der Schule,
  • 11:13 - 11:17
    da muss jemand zum Klassenlehrer
    in die Sprechstunde gehen.
  • 11:17 - 11:18
    Wieder verrinnt Zeit.
  • 11:18 - 11:23
    Oder der Schwieger-Tiger
    hat einen runden Geburtstag,
  • 11:23 - 11:26
    dann muss dann in der Regel
    die Frau, ihr kennt das:
  • 11:26 - 11:30
    Geschenk besorgen, Kuchen backen,
    Blumen kaufen und so weiter und so fort,
  • 11:30 - 11:32
    und wieder verrinnt Zeit.
  • 11:32 - 11:35
    Ich könnte das jetzt
    beliebig lang fortsetzen.
  • 11:35 - 11:40
    Ein Kollege von mir hat sogar
    aus dem Wasser auch noch Wein gemacht,
  • 11:40 - 11:43
    das ist etwa 2000 Jahre her.
  • 11:43 - 11:47
    (Lachen)
  • 11:47 - 11:50
    Das wollen wir jetzt nicht vertiefen.
  • 11:50 - 11:52
    Wir leben in einer Zeit,
  • 11:52 - 11:56
    wo die Herausforderungen immens groß sind.
  • 11:56 - 12:01
    Zum einen wird alles
    immer schneller getaktet
  • 12:01 - 12:05
    und in den USA gibt es bereits
    einen neuen Begriff in der Medizin,
  • 12:05 - 12:09
    der da heißt:
    "hurry-sickness", Hetz-Krankheit.
  • 12:09 - 12:11
    Kennt ihr das im Sprachgebrauch?
  • 12:11 - 12:17
    "Ich fahr mal schnell zum Copyshop",
    sagte die Tage eine Mitarbeiterin,
  • 12:17 - 12:19
    oder "Ich geh mal geschwind zum Bäcker."
  • 12:19 - 12:23
    Warum denn immer schnell und sofort?
  • 12:23 - 12:29
    Zum anderen ist alles immer
    komplizierter und aufwendiger geworden.
  • 12:30 - 12:35
    Ich habe mal mit einem Fat-Mac angefangen,
  • 12:35 - 12:39
    512 kB Arbeitsspeicher.
  • 12:39 - 12:43
    Das Betriebssystem
    könnt ihr euch ausrechnen,
  • 12:43 - 12:49
    wie überschaubar das heute ...
    und heute sind neue Updates GB-groß.
  • 12:49 - 12:55
    Bei jedem Update habe ich Technikstress,
    weil irgendwas ist wieder anders.
  • 12:55 - 13:03
    Wir haben diese beiden Herausforderungen
    hybridmäßig kombiniert.
  • 13:03 - 13:06
    Wir sprechen da von Dynaxity.
  • 13:06 - 13:13
    Das ist eine Kreuzung
    aus Dynamics und Complexity,
  • 13:13 - 13:16
    das heißt, es wird alles
    schneller getaktet
  • 13:16 - 13:20
    und es wird auch alles
    wesentlich komplizierter.
  • 13:20 - 13:26
    Wie kommen wir jetzt
    aus dieser Falle raus?
  • 13:27 - 13:30
    Ich habe im Laufe meines Lebens
  • 13:30 - 13:35
    über 10 000 Bücher angesammelt:
  • 13:35 - 13:41
    über Erfolg, über Selbstmanagement,
    über Strategie, über Marketing,
  • 13:41 - 13:46
    über Business, über Führung,
    das ganze Programm.
  • 13:46 - 13:49
    Wenn man 10 000 Bücher
  • 13:49 - 13:54
    in einem einzigen Satz
    zusammenfassen könnte,
  • 13:54 - 13:56
    so würde er lauten:
  • 13:56 - 14:02
    "Konzentriere dich auf
    das für dich Wesentliche
  • 14:02 - 14:05
    und nicht auf das Dringende."
  • 14:06 - 14:08
    Ich kann euch eines versprechen,
  • 14:08 - 14:12
    ihr werdet zwar
    ab heute Abend oder morgen
  • 14:12 - 14:16
    auch nicht mehr Zeit haben als vorher,
  • 14:16 - 14:22
    aber wenn ihr euch konsequent auf
    die wirklich wichtigen Dinge fokussiert,
  • 14:22 - 14:27
    verbessert ihr eure Produktivität
    garantiert um 50 %.
  • 14:28 - 14:32
    Das möchte ich euch gerne anhand
    von ein paar Zahlen belegen.
  • 14:32 - 14:37
    Der Vor-Vorgänger von Hillary Clinton
    oder Donald Trump, wer weiß,
  • 14:37 - 14:40
    Twight D. Eisenhower
    hat der Legende nach
  • 14:40 - 14:46
    immer nach zwei Kriterien Prioritäten
    gesetzt: wichtig und dringend.
  • 14:46 - 14:52
    In unserem Sprachgebrauch werden die gerne
    immer in die gleiche Schublade gesteckt.
  • 14:54 - 14:59
    Wichtigkeit, zum Beispiel,
    um wie viel Geld geht es hier?
  • 14:59 - 15:04
    Dringlichkeit ist allein Zeitdruck.
  • 15:04 - 15:08
    Eine Teilnehmerin hatte das
    neulich sehr anschaulich definiert.
  • 15:08 - 15:09
    Sie hatte gesagt:
  • 15:09 - 15:15
    "Wenn du auf dem Örtchen sitzt
    und das Papier zu Ende geht,
  • 15:15 - 15:20
    dann ist das für dich sehr dringend,
    für niemanden anders aber wichtig."
  • 15:23 - 15:28
    Ein früherer CEO der AT&T
    hat bei Besprechungen
  • 15:28 - 15:32
    hinter jedem Tagesordnungspunkt
    schreiben lassen,
  • 15:32 - 15:34
    um wie viel Dollar es hier ging.
  • 15:35 - 15:40
    Natürlich kann man nicht
    alles in Geld umrechnen,
  • 15:40 - 15:46
    aber ihr seht hier etwas Entscheidendes,
    bei den weißen Zahlen seht ihr,
  • 15:46 - 15:53
    womit Führungskräfte und Mitarbeiter
    im Durchschnitt ihre Zeit verbringen
  • 15:53 - 16:00
    und rechts unten stehen 50 bis 60 %,
  • 16:00 - 16:04
    werden Dinge gemacht, die überhaupt
    nicht wichtig sind, aber dringend.
  • 16:04 - 16:08
    Ich habe das vorhin in der Pause
    noch mal nachgerechnet und festgestellt,
  • 16:08 - 16:11
    das ist ja glatt die Hälfte.
  • 16:12 - 16:18
    Nur links oben 15 %
    kümmert man sich proaktiv um Dinge,
  • 16:18 - 16:21
    die wichtig sind,
    bevor sie dringend werden.
  • 16:21 - 16:25
    Das sind strategische Dinge,
    Kreativität, ein Buch zu schreiben,
  • 16:25 - 16:30
    Customer Relations Management, TQM,
    also Dinge, die wichtig sind,
  • 16:30 - 16:32
    bevor sie dringend werden.
  • 16:32 - 16:38
    Rechts unten nimmt uns
    die Hälfte unserer Zeit weg.
  • 16:38 - 16:39
    Die meisten E-Mails gehören dazu,
  • 16:39 - 16:45
    viele E-mails, Reports,
    Statistiken und ähnliches mehr,
  • 16:45 - 16:47
    der Wasserhahn tropft.
  • 16:47 - 16:49
    Ist es aber ein Wasserrohrbruch,
  • 16:49 - 16:55
    rechts oben, dann ist es
    zugleich wichtig und dringend.
  • 16:55 - 17:02
    Wir neigen dazu, immer auf alles
    was gerade passiert, sofort zu reagieren.
  • 17:02 - 17:03
    Warum ist das so?
  • 17:03 - 17:08
    Weil unser limbisches System
    darauf konditioniert ist,
  • 17:08 - 17:11
    auf jeden Umweltreiz zu reagieren.
  • 17:12 - 17:15
    Das war mal notwendig,
  • 17:15 - 17:20
    als der T-Rex aus
    dem Gebüsch gekrochen ist.
  • 17:20 - 17:23
    Da haben Sekundenbruchteile entschieden,
  • 17:23 - 17:25
    aber wenn heute euer Smartphone sagt:
  • 17:25 - 17:29
    "(Bing), du hast eine
    neue Whatsapp Message",
  • 17:29 - 17:34
    ist das gleich interessant,
    aber überhaupt nicht wichtig.
  • 17:34 - 17:40
    Ich habe vor einiger Zeit
    bei einer Veranstaltung
  • 17:40 - 17:43
    mit Ärzten und Rettungssanitätern
    dazu lernen dürfen,
  • 17:43 - 17:46
    weil die machen das nämlich ganz schlau.
  • 17:46 - 17:51
    Stellt euch vielleicht nicht zu intensiv
    mal so einen Unfall vor, mit tatü tata,
  • 17:51 - 17:54
    und da schreit einer,
    weil ihm das Blut runterläuft:
  • 17:54 - 17:56
    "Warum kommt denn keiner?
  • 17:56 - 17:58
    Ich bin doch privat versichert."
  • 17:58 - 17:59
    (Lachen)
  • 17:59 - 18:01
    Da sagen die: "Der ist
    überhaupt nicht wichtig,
  • 18:01 - 18:07
    sondern der bewusstlos im Straßengraben
    liegt, muss zuerst wiederbelebt werden.
  • 18:07 - 18:10
    Die Prioritäten-Regel lautet:
  • 18:10 - 18:12
    "Wer schreit, lebt."
  • 18:12 - 18:14
    (Lachen)
  • 18:14 - 18:18
    Wenn Montag euer Kunde schreit,
    euer Chef schreit,
  • 18:18 - 18:22
    heute Abend euer Ehe-
    oder Lebenspartner schreit,
  • 18:22 - 18:25
    ist das zunächst ein Überlebenssignal.
  • 18:25 - 18:28
    (Lachen)
  • 18:28 - 18:32
    Aber ist es zugleich auch wichtig?
  • 18:32 - 18:37
    Ich hatte eine Situation,
    die wichtig und dringend zugleich war.
  • 18:37 - 18:41
    Ich fuhr mit dem Fahrrad zu
    einem Fitnesstraining hier in Heidelberg.
  • 18:41 - 18:45
    Unfall, Krankenhaus,
    und der Professor sagte:
  • 18:45 - 18:49
    "Ich muss Sie morgen
    gleich als erstes operieren."
  • 18:49 - 18:53
    Ich sagte: "Geht nicht.
    Ich habe da einen Vortrag in Berlin",
  • 18:53 - 18:56
    dann sagt er: "Den können Sie
    mal ganz schnell vergessen
  • 18:56 - 18:58
    und einige danach auch."
  • 18:58 - 19:02
    Ihr könnt euch sicherlich denken,
    wer recht behalten hat:
  • 19:02 - 19:04
    Reha, das ganze Programm
  • 19:04 - 19:10
    und dann fängt man an,
    sein Leben neu zu überdenken.
  • 19:10 - 19:16
    Ich hab euch einmal
    mein Leben mitgebracht,
  • 19:17 - 19:25
    das sieht vielleicht noch etwas
    ungeordnet und chaotisch aus.
  • 19:27 - 19:29
    Wenn man so anfängt,
  • 19:29 - 19:32
    die Lücken zu füllen
  • 19:34 - 19:37
    und sein Leben in den Griff zu bekommen,
  • 19:37 - 19:42
    hat das irgendwo seine Struktur
    und seine feste Ordnung,
  • 19:42 - 19:47
    und deshalb ist es wichtig,
    dem auch einen Rahmen zu geben.
  • 19:47 - 19:53
    Er ist fest, er ist unverrückbar,
    und die Amerikaner nennen das
  • 19:53 - 19:56
    "mission statement",
    "big picture" oder "big idea".
  • 19:56 - 20:01
    Wir können es auch "Lebensvision",
    "Lebensziel" nennen.
  • 20:01 - 20:05
    Ich übergebe den Rahmen
    unserer charmanten Moderatorin.
  • 20:07 - 20:13
    In meinem Leben bedeuten
    diese Bereiche Unterschiedliches.
  • 20:13 - 20:16
    Das Wichtigste für mich
  • 20:16 - 20:17
    ist die Familie,
  • 20:18 - 20:20
    die Partnerschaft,
  • 20:20 - 20:22
    das Soziale,
  • 20:23 - 20:24
    Freunde,
  • 20:26 - 20:29
    die Gesundheit natürlich, mein Beruf
  • 20:29 - 20:36
    und vielleicht hat der eine
    oder andere ein kleines Geheimnis,
  • 20:36 - 20:38
    einen blind spot.
  • 20:38 - 20:43
    Jeder hat irgendwann einmal angefangen,
  • 20:43 - 20:45
    sein Leben zu organisieren
  • 20:46 - 20:51
    und sich auch durch Krisen
  • 20:51 - 20:55
    und Herausforderungen
    da hin zu entwickeln.
  • 20:55 - 21:00
    Was manchmal im Leben passiert, ist,
  • 21:00 - 21:03
    dass wir mit einem Problem
    oder einer Krise,
  • 21:03 - 21:08
    oder einer Herausforderung
    konfrontiert werden.
  • 21:09 - 21:15
    Da kann es passieren, dass
    unser ganzes Leben durcheinander gerät.
  • 21:15 - 21:17
    Das war bei meinem Unfall der Fall.
  • 21:17 - 21:20
    Ich konnte drei Monate nicht arbeiten,
    konnte nicht Auto fahren
  • 21:20 - 21:27
    und dann ist es wichtig einmal,
    die Perspektive zu verändern,
  • 21:28 - 21:31
    sein Leben irgendwie umzubauen.
  • 21:32 - 21:37
    Ich musste alles bei mir neu organisieren.
  • 21:39 - 21:40
    Und irgendwann
  • 21:43 - 21:46
    war es mir gelungen,
  • 21:46 - 21:50
    auch diese neue Herausforderung
  • 21:51 - 21:54
    in mein Leben zu integrieren.
  • 21:56 - 22:02
    Es gibt nicht nur Probleme oder Krisen,
    sondern auch das hier,
  • 22:03 - 22:06
    vielleicht doppelt so groß wie vorher.
  • 22:07 - 22:11
    Freuden, unerwartete Ereignisse,
  • 22:11 - 22:14
    in meinem Fall eine Frau und einen Hund.
  • 22:14 - 22:17
    (Lachen)
  • 22:19 - 22:25
    Wenn es uns gelingt,
    vielleicht mit etwas Geschick
  • 22:25 - 22:29
    unser Leben wieder zu organisieren,
  • 22:29 - 22:32
    auch für diese Dinge Zeit zu finden,
  • 22:32 - 22:35
    dann ist alles irgendwann in Balance.
  • 22:36 - 22:39
    Das ist mir vor zwei Jahren gelungen.
  • 22:40 - 22:42
    Das Zauberhafte daran ist,
  • 22:43 - 22:47
    dass der Rahmen, den wir hier haben,
  • 22:48 - 22:53
    gleichwohl noch weitere Teile
    dazugekommen sind,
  • 22:53 - 22:56
    immer noch passt.
  • 22:56 - 23:02
    (Applaus)
  • 23:02 - 23:08
    Ich wünsche euch, dass ihr noch
    viele Freuden und unerwartete Geheimnisse
  • 23:08 - 23:10
    in euer Leben integrieren könnt.
  • 23:10 - 23:11
    Danke schön.
  • 23:11 - 23:14
    (Applaus)
Title:
Zeit ist Leben. Leben ist Zeit mit Begrenzung | Lothar Seiwert | TEDxHeidelberg
Description:

Unsere Lebenszeit ist das kostbarste Gut, das wir besitzen – und auch die größte Grenze. Kein einziger Tag lässt sich wiederholen. Die Arbeit verdichtet sich und Burnout wird zur neuen Volkskrankheit. Viele Menschen leiden unter ständigem Zeitdruck und Überforderung. Wir müssen unsere Grenzen oder unser Denkweise überwinden, um das hektische, komplexe Leben gleichzeitig mit Gelassenheit in Einklang zu bringen. Lothar Seiwert zeigt, wie wir das Gefühl der Unruhe und Hektik in einen gelassenen Umgang mit unserer Zeit drehen, damit wir das Beste aus ihr machen!

Prof. Dr. Lothar Seiwert, ist seit mehr als 30 Jahren Europas führender Experte für Zeit- und Lebensmanagement. Etliche seiner Bücher ("Simplify your Life", "Simplify your Time", "Die Bären-Strategie", "Ausgetickt", "Die Tiger-Strategie") sind Bestseller. Hunderttausende Menschen weltweit haben ihn in seinen Vorträgen erlebt und sind durch ihn dazu inspiriert worden, sich auf das Wesentliche im Leben zu konzentrieren.

Dieser Vortrag wurde bei einem TEDx-Event gehalten, der dem Format für TED-Konferenzen entspricht, aber eigenständig von einem lokalen Veranstalter organisiert wurde. Erfahren Sie mehr unter http://ted.com/tedx.

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Video Language:
German
Team:
closed TED
Project:
TEDxTalks
Duration:
23:32

German subtitles

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