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Die umstrittenen Ursprünge der Enzyklopädie – Addison Anderson

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    Am 3. November 1749 verließ Denis Diderot
    ein Gefängnis außerhalb von Paris.
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    Seine Schriften waren bereits zuvor
    öffentlich verbrannt worden,
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    aber diesmal war er auf königlichen
    Befehl eingesperrt worden,
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    für einen Essay über einen Philosophen,
    der Gott auf dem Totenbett abschwört.
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    Um wieder frei zu kommen, versprach er,
    nie wieder Derartiges zu schreiben.
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    Zurück am Schreibtisch
    arbeitete er an etwas Ähnlichem,
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    nur war es viel schlimmer
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    und sehr viel größer.
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    Der Verleger André le Breton
    hatte Diderot 1745
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    mit einer Umarbeitung
    der englischen "Cyclopaedia",
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    einem Universallexikon
    der Künste und Wissenschaften,
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    für französische Leser beauftragt.
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    Als mittelloser Autor hatte sich
    Diderot mit Übersetzungen,
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    Unterricht,
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    dem Verfassen von Predigten für Priester
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    und einem pornographischen Roman
    über Wasser gehalten.
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    Le Breton stellte ihm den Mitherausgeber
    Jean le Rond d'Alembert zur Seite,
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    ein mathematisches Genie, der als Baby
    vor einer Kirche ausgesetzt wurde.
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    Technische Lexika wie
    die Cyclopaedia gab es bereits,
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    aber niemand hatte es gewagt, ein Werk zu
    drucken, das sämtliches Wissen abdeckte.
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    Also taten sie es.
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    Die beiden versammelten die hellsten
    Köpfe der französischen Aufklärung,
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    um die erste Enzyklopädie,
    ein systematisches Lexikon der Künste,
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    der Wissenschaften
    und des Handwerks zu erstellen.
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    Die Sammlung aller wesentlichen
    Fakten und Prinzipien
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    in über 70 000 Einträgen,
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    mit 20 000 000 Wörtern
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    in 35 Bänden voller
    Text und Illustrationen,
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    zog drei Jahrzehnte an Forschung,
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    Schreiben,
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    Debatten,
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    Schmuggel,
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    Verrat,
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    Gesetzesbruch
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    und alphabetische Sortierung nach sich.
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    Um die Arbeit zu organisieren,
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    passte Diderot Francis Bacons
    "Baum des Wissens" an ein System an,
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    das auf den drei Teilen beruhte, mit denen
    sich der Verstand der Realität nähert:
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    Gedächtnis,
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    Verstand
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    und Vorstellungskraft.
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    Er betonte auch die Bedeutung von Handel,
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    Technik
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    und Handwerkskünste.
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    In Werkstätten studierte er Gerätschaften
    und Techniken der Pariser Arbeiter.
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    Um einige der fast 150 mitwirkenden
    Philosophen herauszustellen:
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    Jean Jacques Rousseau,
    Diderots enger Freund,
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    schrieb den größten Teil des
    Musikabschnitts in drei Monaten
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    und erhielt keinen Ersatz
    für seine Ausgaben.
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    Sein Eintrag über Volkswirtschaft
    enthält Gedanken,
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    die er später in seinem
    "Gesellschaftsvertrag" ausarbeitete.
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    D'Alembert schrieb
    die berühmte Einleitung,
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    eine Kernaussage
    der französischen Aufklärung,
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    die den Gedanken verfocht,
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    das unabhängige logische Urteil
    sei der Weg zum Fortschritt.
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    Louis de Jaucourt verfasste
    ein Viertel der Enzyklopädie,
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    18 000 Artikel
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    mit 5 000 000 Wörtern,
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    und wurde nicht bezahlt.
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    Louis hatte 20 Jahre lang
    ein Buch über Anatomie geschrieben
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    und wollte es in Amsterdam
    unzensiert veröffentlichen,
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    aber das Schiff ging unter.
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    Voltaire steuerte mehrere Artikel bei,
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    u. a. über Geschichte,
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    Eleganz
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    und Feuer.
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    Diderots Einträge sind manchmal
    leicht ideologisch gefärbt.
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    Unter "Herrschaftsgewalt" nahm er das
    Gottesgnadentum der Könige auseinander.
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    Unter "Bürger" behauptete er,
  • 3:11 - 3:15
    ein Staat ohne großes Wohlstandsgefälle
    sei am stabilsten.
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    Das ist keine Überraschung von jemandem,
    der Gedichte über die Menschheit schrieb,
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    die ihre Könige mit den
    Eingeweiden eines Priesters erwürgt.
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    Diderots Meisterwerk begeisterte den König
    und die Kirchenobrigkeit nicht gerade.
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    Bei der Veröffentlichung
    der ersten beiden Bände
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    verbot Ludwig XV. das gesamte Werk, aber
    erfreute sich an seinem eigenen Exemplar.
  • 3:34 - 3:37
    Papst Clemens XIII. befahl,
    die Bände zu verbrennen.
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    Sie waren "gefährlich",
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    "verwerflich"
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    sowie "in französischer Sprache"
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    und "sehr verführerisch" verfasst.
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    Er exkommunizierte Leser
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    und wollte Diderot
    sofort verhaften lassen.
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    Aber Diderot war seiner Verhaftung
    immer einen Schritt voraus
  • 3:52 - 3:55
    und schmuggelte Abzüge für
    die Publikation aus Frankreich heraus.
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    Er bekam Hilfe von Verbündeten
    aus dem französischen Regime,
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    darunter die Mätresse des Königs,
    Madame de Pompadour,
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    und der königliche Bibliothekar
    und Zensor, Malesherbes.
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    Er warnte Diderot vor
    drohenden Durchsuchungen
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    und versteckte sogar Diderots
    Schriften im Haus seines Vaters.
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    Dennoch durchlebte Diderot
    schwierige Jahre.
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    D'Alembert schied aus.
  • 4:16 - 4:19
    Rousseau beendete die Freundschaft
    wegen einer Zeile in einem Stück.
  • 4:19 - 4:23
    Sein Verleger bearbeitete sogar
    heimlich einige Abzüge,
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    um sie zu entschärfen.
  • 4:26 - 4:30
    Die unzensierten Seiten tauchten
    1933 in Russland wieder auf,
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    lange nachdem Diderot das Werk
    für beendet erklärt hatte
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    und beim Mittagessen gestorben war.
  • 4:35 - 4:38
    Die Enzyklopädie, die er
    hinterließ, ist vielseitig:
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    ein Meilenstein der Aufklärung,
  • 4:41 - 4:44
    ein Zeugnis der
    Herrschaftskrise Frankreichs
  • 4:44 - 4:48
    und ein Beweis, dass die Volksmeinung
    von der Kanzel und der Kirchenbank
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    ins Café, in den Salon
    und zur Presse wanderten.
  • 4:51 - 4:53
    Sie enthält sogar Rezepte.
  • 4:53 - 4:55
    Sie ist auch unbändig menschlich,
  • 4:55 - 5:00
    was man an Diderots Eintrag
    über die Pflanze Aguaxima sehen kann.
  • 5:00 - 5:05
    Lies am besten selbst, schön laut
    und mit einem französischen Akzent.
Title:
Die umstrittenen Ursprünge der Enzyklopädie – Addison Anderson
Description:

Die ganze Lektion unter: https://ed.ted.com/lessons/the-controversial-origins-of-the-encyclopedia-addison-anderson

Die erste Enzyklopädie umfasste 70 000 Einträge und über 20 000 000 Wörter. Ihre Erstellung dauerte drei Jahrzehnte und sie bestand aus 35 Bänden. Sie wurde von Ludwig XV. und Papst Clemens XIII. verboten. Aber warum war diese Enzyklopädie so umstritten und wer hat sie eigentlich verfasst? Addison Anderson berichtet über die umstrittenen Ursprünge der ersten Enzyklopädie.

Lektion von Addison Anderson, Animation von Patrick Smith.

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TED-Ed
Duration:
05:21
  • Hallo,

    Danke für die Korrekturen und Hinweise.
    Ich habe nochmal über die "Kopiergebühren" nachgedacht. Der Begriff ist sicherlich zu modern und missverständlich; "Abschriftgebühr" wäre eigentlich der treffendere Begriff, aber klingt altmodisch und bürokratisch in meinen Ohren. "Abschreibegebühren" finde ich einen guten Kompromiss.
    Oder man könnte umformulieren:
    "und wurde nie für die Abschrift bezahlt."
    Was meint Ihr?

    LG Beatrice

  • Hallo ihr beiden! ich finde die Idee von Beatrice gut. Was meinst du, Johanna? Und was machen wir mit den "Abzügen"? Hatten wir das schon geklärt? Lg, Nadine

  • Hi! Habe jetzt bestätigt und die Stelle mit den "Abbzügen" vergessen. "Abschriften" wäre sicher treffender.
    Lg, Johanna

German subtitles

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