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Gibt es ein Leben nach dem Tod?
(Glockenklang)
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[Französisch:] Also, unsere Frage ist:
Gibt es ein Leben nach dem Tod?
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[Englisch:] Unsere Frage ist:
Gibt es ein Leben nach dem Tod?
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Zwei Leute, eine Frage?
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(Lachen)
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Leben passiert immer
gleichzeitig mit Tod,
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nicht nur davor.
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Und...
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es kann nicht vom Tod
getrennt werden.
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Wo es Leben gibt, gibt es Tod.
Und wo es Tod gibt, gibt es Leben.
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Und dafür braucht man ein
wenig Meditation.
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Im Buddhismus sprechen wir
von "Intersein".
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"Intersein".
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Es bedeutet, dass du
nicht allein existieren kannst.
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Du musst mit der anderen
Seite "intersein".
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Das ist wie links und rechts.
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Wenn es rechts nicht gibt,
kann es links auch nicht geben.
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Wenn es links nicht gibt,
kann es rechts auch nicht geben.
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Es ist unmöglich, links
von rechts wegzunehmen.
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Es ist unmöglich, rechts
von links wegzunehmen.
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Nehmen wir an, ich würde einen von euch
bitten, die linke Seite zum Lower Hamlet zu bringen,
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und einen von euch, die rechte Seite
zum New Hamlet zu bringen.
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Das ist nicht möglich.
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Rechts und links,
sie wollen zusammen sein.
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Denn ohne den anderen
kannst du nicht sein.
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Das ist ganz klar.
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Wie oben und unten.
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Oben kann nicht sein,
wenn es kein unten gibt.
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Und das ist, was wir im Buddhismus
"Intersein" nennen.
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Sie müssen gleichzeitig
vorhanden sein.
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Als also Gott sagte:
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"Es werde Licht!",
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sagte das Licht:
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"Nun, ich muss warten,
mein Gott, ich muss warten."
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[Gott:] "Worauf wartest du?"
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[Licht:] "Ich warte auf die Dunkelheit,
um uns zusammen zu manifestieren."
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Denn Licht und Dunkelheit
"inter-sind".
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Und Gott sagte:
"Die Dunkelheit ist schon da."
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Und das Licht sagte:
"Wenn das so ist, bin ich schon da."
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Das gilt demnach auch
für Gut und Böse,
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vorher und nachher,
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hier und dort,
du und ich.
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Mich kann es ohne dich
nicht geben.
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Den Lotus kann es nicht
ohne den Schlamm geben.
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Ohne den Schlamm ist
kein Lotus denkbar.
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Es gibt keine Zufriedenheit
ohne Leiden.
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Es gibt kein Leben ohne den Tod.
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Und wenn ein Biologe
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den Körper eines
Menschen untersucht,
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sieht er, dass Leben und Tod
gleichzeitig im Körper passieren.
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Genau in diesem Moment,
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sterben tausende und
abertausende Zellen.
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Wenn du dich so kratzt,
fallen viele trockene Zellen herunter.
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Sie sind gestorben.
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Und viele Zellen sterben in
jedem Moment unseres täglichen Lebens.
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Und weil du so viel zu tun hast,
merkst du nicht, dass du stirbst.
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Wenn sie sterben, stirbst du!
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Du denkst, dass du noch
nicht stirbst,
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dass du noch 50 oder 70 Jahre
warten musst, bis du stirbst.
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Das ist nicht wahr.
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Der Tod ist nicht weit entfernt.
Der Tod passiert hier und jetzt.
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Also, "la mort", der Tod, passiert
genau hier und jetzt, in jedem Moment.
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Und wegen des Todes
einer Reihe von Zellen
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ist die Geburt von
anderen Zellen erst möglich.
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Viele Zellen werden also in
diesem Moment geboren.
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Und wir haben keine Zeit, ein
"Happy Birthday" für sie zu organisieren.
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Es ist also eine Tatsache,
wissenschaftlich ausgedrückt,
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dass du in diesem Moment schon beobachten
kannst, wie Geburt und Tod passieren.
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Und durch das Sterben von Zellen
ist die Geburt von Zellen erst möglich.
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Wegen der Geburt von Zellen
ist der Tod von Zellen möglich.
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Sie stützen sich gegenseitig,
um zu existieren.
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Du erfährst also Sterben und
Geborenwerden
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in jedem einzelnen Moment.
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Glaube nicht, dass du nur
in jenem Moment geboren wurdest.
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Dieser Moment, der auf deiner
Geburtsurkunde steht,
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ist nur ein Moment.
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Und das ist nicht der
erste Moment.
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Vor diesem Moment gab es Momente,
in denen es dich schon gab.
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Bevor du im Mutterleib
empfangen wurdest,
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gab es dich bereits in
deinem Vater und deiner Mutter
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in einer anderen Form.
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Es gibt also keine Geburt, keinen
wirklichen Anfang und kein Ende.
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Wenn wir also wissen, dass Geburt
und Tod immer zusammen sind,
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haben wir keine Angst mehr
vor dem Sterben,
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denn im Moment des Sterbens
ist die Geburt auch da.
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[Französisch:] Geburt kommt mit dem Tod.
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Sie können nicht getrennt werden.
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Das ist eine sehr
tiefgehende Meditation.
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Und du solltest nicht nur
mit deinem Gehirn meditieren.
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Du musst das Leben beobachten...
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in deinem täglichen Leben.
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Und du siehst, dass Geburt und Tod
"inter-sind", in allem:
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Bäume, Tiere, Wetter,
Materie, Energie...
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Und Wissenschaftler haben es
schon bestätigt,
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dass es keine Geburt und keinen
Tod gibt.
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[Französisch:] Nichts wird
geschaffen, nichts geht verloren.
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Es gibt nur Transformation.
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Transformation ist möglich,
ist real.
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Und Geburt und Tod sind
nicht real.
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Was Geburt und Tod genannt
wird, ist bloß Transformation.
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Wenn du eine chemische
Reaktion auslöst,
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bringst du eine Reihe von
Substanzen zusammen.
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Und wenn die Substanzen sich treffen,
passiert eine Transformation.
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Und manchmal glaubt man, eine
Substanz sei nicht länger vorhanden,
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und sei verschwunden.
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Aber eigentlich, wenn man genau hinsieht,
stellt man fest, dass die Substanz noch da ist,
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in einer anderen Form.
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Wenn du den blauen Himmel siehst,
siehst du deine Wolke nicht mehr.
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Du denkst, deine Wolke ist gestorben,
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aber eigentlich gibt es deine Wolke immer,
in Form von Regen, und so weiter.
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Geburt und Tod sieht man also
nur an der Oberfläche.
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Geht man in die Tiefe, ganz tief,
gibt es da keine Geburt und keinen Tod.
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Es gibt nur Fortbestehen.
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Und wenn du das Fortbestehen berührst,
das Wesen von Nicht-Geburt und Nicht-Tod,
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hast du keine Angst mehr
vor dem Sterben.
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Und nicht nur Buddhisten reden von
Nicht-Geburt und Nicht-Tod,
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sondern auch die Wissenschaft spricht
von Nicht-Geburt und Nicht-Tod.
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Sie können ihre Erkenntnisse austauschen.
Das ist sehr interessant.
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Es ist eine Einladung an uns, unser
Leben mit mehr Tiefe zu leben,
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damit wir in Berührung kommen mit unserem
wahren Wesen von Nicht-Geburt und Nicht-Tod.
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Und ich weiss, die
Antwort von Thay...
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ist nur eine Einladung, zu üben.
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Wir müssen unser Leben achtsamer
leben, mit Konzentration,
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so dass wir intensiv in Kontakt sind,
mit dem, was passiert.
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Dann haben wir die Möglichkeit, die
wahre Natur der Realität zu berühren:
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Nicht-Geburt und Nicht-Tod.
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Und das wird im Buddhismus mit dem
Begriff "Nirvana" umschrieben.
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"Nirvana" ist Nicht-Geburt und
Nicht-Tod.
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Und im Christentum kann man
es bezeichnen als:
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"Das Endgültige", "Gott".
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Gott ist unsere wahre Natur
von Nicht-Geburt und Nicht-Tod.
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Und wir müssen uns nicht aufmachen,
um Gott zu finden.
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Gott ist unsere wahre Natur.
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Es ist wie bei einer Welle.
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Eine Welle glaubt, sie sei
Geburt und Tod unterworfen.
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Und jedes mal, wenn sie hoch kommt
und anfängt, zu sinken,
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hat sie Angst vor dem Sterben.
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Ein Welle hat Angst
vor dem Sterben.
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Wenn aber die Welle erkennt,
dass sie Wasser ist,
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hat sie keine Angst mehr.
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Bevor sie aufsteigt ist sie Wasser.
Während sie absteigt, ist sie Wasser.
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Und nach dem Abstieg
ist sie immer noch Wasser.
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Es gibt keinen Tod.
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Es ist also sehr wichtig, dass
die Welle etwas meditiert
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und erkennt, dass sie eine Welle ist,
aber gleichzeitig auch Wasser.
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Und wenn sie weiss, dass sie Wasser ist,
hat sie nicht länger Angst vor dem Sterben.
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Sie fühlt sich toll, wenn sie aufsteigt.
Sie fühlt sich toll, wenn sie absteigt.
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Sie ist frei von Angst.
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Und bei unserer Wolke ist es genauso,
sie haben keine Angst vor dem Sterben.
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Sie wissen, wenn sie keine Wolke sind,
können sie etwas anderes sein,
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genauso schön, wie Regen
oder Schnee.
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Die Welle hält also nicht
Ausschau nach Wasser.
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Sie muss nicht nach
Wasser suchen,
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denn sie ist im Hier und
Jetzt schon Wasser.
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So ist es auch mit Gott.
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Wir brauchen nicht
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nach Gott zu suchen.
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Wir sind Gott.
Gott ist unsere wahre Natur.
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Du brauchst nicht nach
Nirvana zu suchen.
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Nirvana ist unser Grund.
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Das ist die Lehre des Buddha.
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Und einigen von uns ist es
gelungen, dies zu erkennen.
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Wir geniessen den
gegenwärtigen Moment.
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Wir wissen, es ist uns
unmöglich, zu sterben.
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(Glocke)