Rajesh Rao: Ein Stein von Rosette für die Indus-Schrift
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0:00 - 0:03Ein Gedankenexperiment zu Beginn:
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0:04 - 0:07Stellt euch die Zukunft in 4.000 Jahren vor.
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0:07 - 0:09Die Zivilisation, wie wir sie kennen,
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0:09 - 0:11existiert nicht mehr:
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0:11 - 0:13keine Bücher,
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0:13 - 0:16keine elektronischen Hilfsmittel,
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0:16 - 0:19kein Facebook oder Twitter.
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0:19 - 0:22Alles Wissen über die englische Sprache und
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0:22 - 0:24das Alphabet ist verloren gegangen.
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0:24 - 0:26Jetzt stellt euch Archäologen vor,
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0:26 - 0:28die Trümmer unserer Städte durchsuchend.
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0:28 - 0:30Was könnten sie finden?
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0:30 - 0:33Vielleicht einige rechteckige Plastikstücke,
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0:33 - 0:36von seltsamen Symbolen bedeckt.
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0:36 - 0:39vielleicht runde Metallstücke,
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0:39 - 0:41oder zylindrische Behälter,
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0:41 - 0:43mit Symbolen bedeckt.
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0:43 - 0:46Vielleicht wird eine der Archäologinnen berühmt
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0:46 - 0:48als sie irgendwo in den Bergen
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0:48 - 0:50von Nordamerika riesige Versionen
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0:50 - 0:53eben dieser Symbole entdeckt.
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0:55 - 0:57Fragen wir uns jetzt einmal,
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0:57 - 1:00was solche Fundstücke über uns erzählen,
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1:00 - 1:03in 4.000 Jahren, in der Zukunft ?
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1:03 - 1:05Das ist keine hypothetische Frage.
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1:05 - 1:08Sondern die Sorte Fragen, mit der wir konfrontiert sind,
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1:08 - 1:11wenn wir die Indus-Tal Kultur verstehen wollen,
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1:11 - 1:13die vor 4.000 Jahren existierte.
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1:13 - 1:16Sie existierte ungefähr zeitgleich mit den viel
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1:16 - 1:19bekannteren Kulturen Agyptens und Mesopotamiens,
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1:19 - 1:22aber sie war viel weiter verbreitet als jene.
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1:22 - 1:24Sie umfasste ein Gebiet
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1:24 - 1:26von ungefähr 1 Million km²,
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1:26 - 1:28also das heutige Pakistan,
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1:28 - 1:30den Nordwesten Indiens,
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1:30 - 1:32und Teile Afghanistans und des Irans.
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1:32 - 1:34Bei solch grossen Zivilisationen erwartet man,
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1:34 - 1:38mächtige Herrscher und Könige zu finden,
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1:38 - 1:41und riesige Monumente zu deren Ehren.
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1:41 - 1:43Tatsächlich
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1:43 - 1:45finden Archäologen das alles nicht.
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1:45 - 1:48Sie entdecken kleine Objekte wie diese.
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1:48 - 1:51Hier ein Beispiel eines solchen Objekts.
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1:51 - 1:53Natürlich nur eine Kopie.
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1:53 - 1:56Doch wer mag diese Person sein?
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1:56 - 1:58... ein König? ..... ein Gott?
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1:58 - 2:00...ein Priester?
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2:00 - 2:02Oder vielleicht ein gewöhnlicher Mensch
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2:02 - 2:04wie ihr oder ich?
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2:04 - 2:06Wir wissen es nicht.
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2:06 - 2:09Aber die Indus Völker hinterliessen auch Schriftstücke.
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2:09 - 2:11Nein, keine Plastikkarten -
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2:11 - 2:14aber steinerne Siegel, Kupferplättchen,
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2:14 - 2:16Töpferwaren und - sehr überraschend
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2:16 - 2:18eine grosse Schrifttafel,
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2:18 - 2:20die in der Nähe eines Stadttors verschüttet war.
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2:20 - 2:22Wir wissen nicht, ob da etwa "Hollywood" steht,
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2:22 - 2:24oder sogar "Bollywood"!
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2:24 - 2:26Eigentlich wissen wir überhaupt nicht,
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2:26 - 2:28was auf irgendeinem der Objekte steht.
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2:28 - 2:31Weil die Indus-Schrift noch nicht entziffert wurde.
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2:31 - 2:33Wir wissen nicht, was diese Symbole bedeuten.
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2:33 - 2:36Sie werden meist auf Siegeln gefunden.
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2:36 - 2:38Hier ist ein solches Objekt.
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2:38 - 2:41Quadratisch, mit einem Einhorn-ähnlichen Tier.
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2:41 - 2:43Ein wundervolles Kunstwerk.
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2:43 - 2:45Wie gross mag es wohl sein?
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2:45 - 2:47So gross?
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2:47 - 2:49Oder vielleicht so gross?
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2:49 - 2:51Ich werde es euch zeigen.
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2:52 - 2:55Hier ist die Kopie eines solchen Siegels.
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2:55 - 2:57Es ist ca 3 x 3 cm gross
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2:57 - 2:59also recht winzig.
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2:59 - 3:01Wofür wurden sie benutzt?
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3:01 - 3:04Damit wurden Siegel aus Ton abgestempelt,
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3:04 - 3:07die an Transportgut-Bündeln befestigt wurden.
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3:07 - 3:10Ungefähr so wie eure Lieferscheine von FedEx.
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3:10 - 3:13Diese Siegelsteine erzeugten Lieferscheine.
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3:13 - 3:16Ihr könntet fragen, was diese Objekte
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3:16 - 3:18für Texte enthielten.
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3:18 - 3:20Vielleicht der Name des Absenders,
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3:20 - 3:22oder Informationen über die Waren, die von
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3:22 - 3:25einem Ort zum andern verschickt wurden? Wir wissen es nicht.
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3:25 - 3:27Dazu müssten wir die Schrift entziffern.
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3:27 - 3:29Das Entziffern dieser Schrift
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3:29 - 3:31ist nicht nur ein intellektuelles Rätsel;
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3:31 - 3:33es hat sich zu einer Frage entwickelt
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3:33 - 3:35mit tiefem Einfluss auf die Politik und
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3:35 - 3:38die Kulturgeschichte Südasiens.
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3:38 - 3:41Diese Schrift wurde zu einem Schlachtfeld, sozusagen,
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3:41 - 3:43von 3 Gruppen von Menschen:
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3:43 - 3:45Zunächst eine Gruppe,
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3:45 - 3:47die sehr leidenschaftlich glaubt,
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3:47 - 3:49dass die Indus-Schrift
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3:49 - 3:51überhaupt keine Sprache darstellt.
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3:51 - 3:53Sie glaubt, dass diese Symbole eher
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3:53 - 3:56Verkehrzeichen oder auch
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3:56 - 3:59Emblemen auf Schilden ähneln.
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3:59 - 4:01Eine zweite Gruppe von Leuten glaubt,
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4:01 - 4:04dass die Indus-Schrift indo-europäisch sei.
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4:04 - 4:06Die Karte des heutigen Indiens zeigt,
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4:06 - 4:09dass die meisten nordindischen Sprachen
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4:09 - 4:12zur indo-europäischen Sprachfamilie gehören.
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4:12 - 4:14Manche glauben daher, die Indus-Schrift sei
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4:14 - 4:17eine alte indo-europäische Sprache wie Sanskrit.
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4:17 - 4:19Zuletzt noch eine Gruppe, die glaubt,
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4:19 - 4:22dass das Indus Volk die Vorfahren
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4:22 - 4:25der Menschen im heutigen Südindien seien.
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4:25 - 4:27Diese Leute glauben, dass die Indus-Schrift
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4:27 - 4:29eine alte Form der
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4:29 - 4:31dravidischen Sprachfamilie darstellt,
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4:31 - 4:34die heute noch in einem grossen Teil Südindiens gesprochen wird.
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4:34 - 4:36Die Vertreter dieser Theorie
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4:36 - 4:39verweisen auf die dravidische Sprachinsel
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4:39 - 4:41im Norden nahe Afghanistan.
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4:41 - 4:44Sie sagen, dass man vielleicht früher irgendwann
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4:44 - 4:47dravidische Sprachen in ganz Indien sprach,
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4:47 - 4:49und das würde nahelegen, dass auch die
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4:49 - 4:52Indus Kultur dravidisch war.
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4:52 - 4:55Welche dieser Hypothesen kann stimmen?
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4:55 - 4:57Wir wissen's nicht, doch wäre die Schrift entziffert,
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4:57 - 4:59könnte man die Frage beantworten.
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4:59 - 5:01Das Entziffern ist eine echte Herausforderung.
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5:01 - 5:03Erstens gibt es keinen "Rosetta Stone"
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5:03 - 5:05Ich meine nicht die Software!
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5:05 - 5:07Ich meine ein antikes Artefakt,
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5:07 - 5:09das ein und denselben Text in
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5:09 - 5:12bekannter und unbekannter Form enthält.
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5:12 - 5:15Für die Indus-Schrift gibt's kein solches Artefakt.
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5:15 - 5:18Wir wissen nicht mal, welche Sprache sie nutzten.
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5:18 - 5:20Um alles noch schlimmer zu machen
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5:20 - 5:22sind die meisten Texte extrem kurz.
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5:22 - 5:24Wie gesagt, findet man sie meist auf Siegeln,
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5:24 - 5:26die sehr, sehr klein sind.
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5:26 - 5:28Dank all dieser tollen Hindernisse
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5:28 - 5:30könnte man sich fragen und befürchten,
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5:30 - 5:33ob die Indus-Schrift jemals entziffert wird.
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5:33 - 5:35Der Rest meines Vortrags erzählt,
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5:35 - 5:37wie ich lernte, diese Furcht zu überwinden, und
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5:37 - 5:39die Herausforderung der Indus-Schrift anzunehmen.
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5:39 - 5:42Ich war von der Indus-Schrift fasziniert,
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5:42 - 5:44seit ich davon in einem Schulbuch las.
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5:44 - 5:46Doch warum genau war ich fasziniert? Weil sie
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5:46 - 5:50die letzte grosse, noch unentzifferte Schrift der Antike ist.
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5:50 - 5:53Ich bin theoretischer Neurowissenschaftler von Beruf,
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5:53 - 5:55tagsüber erstelle ich also
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5:55 - 5:57Computermodelle des Gehirns, um zu verstehen,
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5:57 - 6:00wie das Hirn Vorhersagen macht,
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6:00 - 6:02wie das Hirn Entscheidungen fällt,
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6:02 - 6:04wie das Gehirn lernt undsoweiter.
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6:04 - 6:07Aber in 2007 begegnete mir die Indus-Schrift wieder,
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6:07 - 6:09als ich in Indien war,
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6:09 - 6:11und ich die die Gelegenheit hatte,
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6:11 - 6:13indische Wissenschaftlern zu treffen, die
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6:13 - 6:16Computermodelle zur Schriftanalyse nutzten.
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6:16 - 6:18Damals stellte ich fest, dass dies
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6:18 - 6:21eine Gelegenheit zur Zusammenarbeit war,
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6:21 - 6:23die ich gerne ergriff.
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6:23 - 6:25Gern zeige ich einige unserer Ergebnisse.
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6:25 - 6:28Besser noch, wir entziffern gemeinsam!
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6:28 - 6:30Seid ihr bereit?
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6:30 - 6:33Das erste bei einer nicht entzifferten Schrift,
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6:33 - 6:35ist die Schreib-Richtung herauszufinden.
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6:35 - 6:38Hier zwei Texte mit einigen Symbolen:
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6:38 - 6:40Könnt ihr mir sagen, ob der Text
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6:40 - 6:43von rechts nach links oder umgekehrt läuft?
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6:43 - 6:46Ich gebe euch ein paar Sekunden.
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6:46 - 6:49Rechts nach links, wie viele? Okay.
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6:49 - 6:51Links nach rechts?
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6:51 - 6:53Oh, beinahe 50 / 50. Okay.
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6:53 - 6:55Die Antwort lautet:
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6:55 - 6:57auf der jeweils linken Seite bemerkt ihr
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6:57 - 7:00ein "Quetschen" der Zeichen.
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7:00 - 7:02Es scheint, als ob vor 4.000 Jahren
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7:02 - 7:04beim Rechts-nach-Links-Schreiben
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7:04 - 7:06der Platz ausging.
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7:06 - 7:08Deshab quetschte man die Zeichen.
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7:08 - 7:10Eins ist sogar unterhalb der Oberen.
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7:10 - 7:12Das legt den Schluss nahe, dass man
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7:12 - 7:14wohl von links nach rechts schrieb.
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7:14 - 7:16Die Schreibrichtung ist einer der ersten
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7:16 - 7:19Schlüssel für linguistische Skripte.
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7:19 - 7:21Und jetzt besitzt die Indus-Schrift
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7:21 - 7:23diese besondere Eigenschaft.
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7:23 - 7:25Welche anderen Eigenschaften zeigt sie uns?
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7:25 - 7:27Sprachen enthalten Muster.
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7:27 - 7:29Ich gebe euch hier ein "Q", und bitte euch,
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7:29 - 7:32den folgenden Buchstaben zu erraten.
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7:32 - 7:34Die meisten würden "U" sagen, was stimmt.
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7:34 - 7:36Und der nächste Buchstabe,
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7:36 - 7:38welcher könnte das sein?
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7:38 - 7:41Jetzt gibt es mehrere: ein "E", ein "I" oder ein "A",
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7:41 - 7:44aber sicher kein "B", "C" oder "D".
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7:44 - 7:47Die Indus-Schrift zeigt ähnliche Arten von Mustern.
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7:47 - 7:50Anfangs steht oft ein rautenförmiges Symbol.
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7:50 - 7:52Diesem folgt dann meist etwas
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7:52 - 7:54Anführungszeichen-ähnliches.
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7:54 - 7:56Ähnlich unserem "Q" und "U" Beispiel.
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7:56 - 7:58Diesem Symbol können dann
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7:58 - 8:01dies Fisch-ähnliche und andere Zeichen folgen,
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8:01 - 8:03aber niemals die Unteren.
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8:03 - 8:05Ausserdem gibt es einige Zeichen,
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8:05 - 8:07die oft am Ende eines Textes stehen,
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8:07 - 8:09wie dieses Krug-ähnliche.
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8:09 - 8:11Dieses Zeichen ist übrigens
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8:11 - 8:13das am Häufigsten vorkommende.
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8:13 - 8:16Die Muster brachten uns auf eine Idee.
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8:16 - 8:18wir könnten einen Computer
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8:18 - 8:20die Muster lernen lassen, und so
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8:20 - 8:23fütterten wir ihm die vorhandenen Texte.
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8:23 - 8:25Er lernte so ein statistisches Modell,
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8:25 - 8:27welche der Symbole zusammen auftauchten,
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8:27 - 8:29welche einander oft folgten.
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8:29 - 8:31Mit dem Computermodell
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8:31 - 8:34können wir unser Sprachmodell testen.
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8:34 - 8:36Wir könnten einige Symbole löschen
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8:36 - 8:39und es die fehlenden Zeichen erraten lassen.
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8:39 - 8:42Ein paar Beispiele:
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8:45 - 8:47Man könnte dies als quasi die älteste Form
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8:47 - 8:49eines bekannten Spiels betrachten,
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8:49 - 8:52dem "Glücksrad".
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8:53 - 8:55Wir stellten fest, dass der Computer
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8:55 - 8:57in 75% der Fälle erfolgreich
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8:57 - 8:59das korrekte Symbol hervorsagte.
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8:59 - 9:01In den übrigen Fällen war seine
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9:01 - 9:04zweite oder dritte Alternative meist richtig.
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9:04 - 9:06Hier der praktische Nutzen
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9:06 - 9:08dieses speziellen Verfahrens:
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9:08 - 9:10Viele der Texte sind beschädigt.
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9:10 - 9:12Ein Beispiel: doch jetzt können wir
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9:12 - 9:15das Computermodell zur Ergänzung nutzen
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9:15 - 9:17und erhalten sehr wahrscheinliche Vorhersagen.
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9:17 - 9:20Ein Beispiel einer Vorhersage!
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9:20 - 9:22Es kann bei der Entzifferung nützlich sein, mehr
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9:22 - 9:25Daten zu erzeugen, die dann analysierbar sind.
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9:25 - 9:28Eine weitere Anwendung des Modells:
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9:28 - 9:30stellt euch einen Affen
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9:30 - 9:32an einer Tastatur vor.
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9:32 - 9:35Der tippt eine zufällige Abfolge von Zeichen wie diese.
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9:35 - 9:37Eine solche Zufallsfolge
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9:37 - 9:39hat einen hohen Grad an "Entropie",
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9:39 - 9:41ein Begriff aus Physik und Informationstheorie.
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9:41 - 9:44Eben Buchstaben in ganz zufälliger Reihenfolge.
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9:44 - 9:48Schon mal Kaffee auf der Tastatur verkleckert?
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9:48 - 9:50Dann gab's ein "verklemmte Tasten"- Problem, so
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9:50 - 9:53schlimm, dass sich ein einziges Symbol ständig wiederholte.
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9:53 - 9:56Solche Zeichenfolgen haben sehr geringe Entropie,
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9:56 - 9:58weil überhaupt keine Veränderung vorkommt.
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9:58 - 10:01Sprachen haben einen mittleren Grad an Entropie.
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10:01 - 10:03Weder zu rigide
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10:03 - 10:05noch zu zufällig.
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10:05 - 10:07Wie steht es mit der Indus-Schrift?
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10:07 - 10:11Hier seht ihr Entropiegrade verschiedener Systeme.
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10:11 - 10:13Ganz oben vollkommen zufällige Folgen,
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10:13 - 10:15wie die Zufallsfolgen der Buchstaben.
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10:15 - 10:17Interessanterweise auch DNA Sequenzen aus dem
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10:17 - 10:20humanen Genom-Projekt und Instrumentalmusik.
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10:20 - 10:22Beide sind sehr, sehr flexibel,
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10:22 - 10:24weshalb sie sehr weit oben rangieren.
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10:24 - 10:26Am unteren Ende der Skala
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10:26 - 10:28die rigiden Folgen, sozusagen lauter A's.
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10:28 - 10:30Auch ein Computerprogramm,
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10:30 - 10:32(in der Programmiersprache Fortran),
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10:32 - 10:34das ganz strengen Regeln gehorcht.
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10:34 - 10:36Linguistische Skripte
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10:36 - 10:38sind im mittleren Bereich.
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10:38 - 10:40Wie ist es mit der Indus-Schrift?
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10:40 - 10:42Wir haben entdeckt, dass sie auch in die
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10:42 - 10:44Bandbreite der linguistischen Skripte fällt.
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10:44 - 10:46Als dieses Ergebnis zuerst publiziert wurde
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10:46 - 10:49wurde es sehr kontrovers aufgenommen.
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10:49 - 10:52Es gab Leute, die zu zetern anfingen.
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10:52 - 10:54Das waren die, die nicht glaubten, dass die
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10:54 - 10:57Indus-Schrift eine Sprache repräsentiert.
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10:57 - 10:59Ich erhielt sogar Hass-Mails.
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10:59 - 11:01Meine Studenten sagten, dass ich ernsthaft
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11:01 - 11:04über Schutzmassnahmen nachdenken solle.
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11:04 - 11:06Wer hätte gedacht, dass "Entzifferer"
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11:06 - 11:08ein so gefährlicher Beruf sein könnte?
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11:08 - 11:10Was zeigt das Resultat aber wirklich?
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11:10 - 11:12Es belegt, dass die Indus-Schrift eine
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11:12 - 11:14wichtige Eigenschaft von Sprachen besitzt.
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11:14 - 11:16Das Sprichwort sagt,
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11:16 - 11:18wenn es wie eine Sprachskript aussieht,
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11:18 - 11:20sich wie ein Sprachskript verhält, dann haben
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11:20 - 11:23wir es vielleicht mit einem Sprachskript zu tun.
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11:23 - 11:25Gibt es andere Beweise,
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11:25 - 11:27dass das Skript eine Sprache kodieren könnte?
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11:27 - 11:30Linguistische Skripte können mehrere Sprachen kodieren.
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11:30 - 11:33Als Beispiel derselbe Satz in
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11:33 - 11:35Englisch und in Holländisch,
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11:35 - 11:37aus Buchstaben des gleichen Alphabets.
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11:37 - 11:40Wenn ihr kein Holländisch versteht,
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11:40 - 11:42ich euch aber holländische Worte vorgebe,
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11:42 - 11:44sagt ihr, dass diese Worte einige
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11:44 - 11:46ungewöhnliche Muster enthalten.
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11:46 - 11:48Einiges stimmt nicht, und ihr werdet sagen,
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11:48 - 11:51dass diese Worte wohl nicht Englisch sind.
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11:51 - 11:53Das gleiche passiert mit der Indus-Schrift.
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11:53 - 11:55Der Computer entdeckte mehrere Texte
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11:55 - 11:57- zwei davon seht ihr hier -
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11:57 - 11:59die sehr ungewöhnliche Muster haben.
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11:59 - 12:01Beim Ersten beispielsweise gibt es
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12:01 - 12:04dieses doppelte Krug-Zeichen.
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12:04 - 12:06Dieses Zeichen ist das Häufigste
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12:06 - 12:08der Indus Schrift,
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12:08 - 12:10und nur in diesem Text
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12:10 - 12:12erscheint es doppelt.
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12:12 - 12:14Warum nur? Wir sahen nach,
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12:14 - 12:17wo genau diese Texte gefunden wurden,
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12:17 - 12:19und es stellte sich heraus, dass das
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12:19 - 12:21sehr weit enfernt des Indus Tals war.
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12:21 - 12:24Im Gebiet des heutigen Irans bzw Iraks.
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12:24 - 12:26Warum dort?
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12:26 - 12:28Ich hatte noch nicht gesagt, dass das
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12:28 - 12:30Indus Volk sehr unternehmensfreudig war.
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12:30 - 12:33Sie handelten mit weit entfernt lebenden Völkern.
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12:33 - 12:36In diesem Fall reisten sie auf dem Seeweg bis nach
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12:36 - 12:39Mesopotamien, dem heutigen Irak.
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12:39 - 12:41Und dort scheint es so, als ob die
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12:41 - 12:44Indus-Handlungsreisenden die Schrift nutzten,
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12:44 - 12:47um eine fremde Sprache zu notieren.
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12:47 - 12:49Wie in unserem englisch-holländischem Beispiel.
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12:49 - 12:51Das würde die seltsamen Muster erklären,
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12:51 - 12:54die anders als diejenigen sind,
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12:54 - 12:57die im Indus Tal selbst gefunden werden.
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12:57 - 12:59Das legt nahe, dass die Indus-Schrift genutzt wurde,
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12:59 - 13:02um verschiedene Sprachen zu notieren.
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13:02 - 13:05Die bisherigen Ergebnisse legen den Schluss nahe,
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13:05 - 13:08dass die Indus-Schrift eine Sprache repäsentiert.
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13:08 - 13:10Wenn sie das tut,
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13:10 - 13:12wie lesen wir die Symbole?
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13:12 - 13:14Die nächste grosse Herausforderung!
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13:14 - 13:16Ihr bemerkt, dass viele der Symbole
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13:16 - 13:18wie Bilder von Menschen, Insekten,
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13:18 - 13:21Fischen und Vögeln wirken.
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13:21 - 13:23Die meisten antiken Schriften
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13:23 - 13:25nutzen das "Rebus"-Prinzip, das
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13:25 - 13:28Bildfolgen nutzt, um Worte darzustellen.
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13:28 - 13:31Hier beispielweise "belief" (Glaube).
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13:31 - 13:33Könnt ihr es in Bildern schreiben?
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13:33 - 13:35Ich gebe euch ein paar Sekunden.
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13:35 - 13:37Habt ihr's?
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13:37 - 13:39Okay. Toll.
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13:39 - 13:41Hier ist meine Lösung.
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13:41 - 13:43eine Biene ("bee") vor einem Blatt ("leaf"),
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13:43 - 13:45das ist "Glaube". (bee+leaf=belief).
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13:45 - 13:47Es könnte andere Lösungen geben.
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13:47 - 13:49Im Falle der Indus-Schrift
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13:49 - 13:51ist das Problem umgekehrt. Man muss die
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13:51 - 13:54Laute der einzelnen Bilder herausfinden,
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13:54 - 13:56damit der ganze Satz einen Sinn ergibt.
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13:56 - 13:59Es ist wie ein Kreuzworträtsel,
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13:59 - 14:02nur dass es die Mutter aller Kreuzworträtsel ist
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14:02 - 14:06da der Gewinn so hoch ist, wenn man es löst.
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14:06 - 14:09Meine Kollegen I. Mahadevan und A. Parpola
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14:09 - 14:11haben grosse Fortschritte bei diesem Problem erzielt.
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14:11 - 14:13Ein kurzes Beispiel aus Parpolas Arbeit:
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14:13 - 14:15ein wirklich kurzer Text: er enthält 7 senkrechte Striche,
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14:15 - 14:18gefolgt von diesem fisch-ähnlichen Zeichen.
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14:18 - 14:20Erwähnt sei hier, dass mit diesen Siegeln
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14:20 - 14:22Etiketten in Lehm gestempelt wurden,
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14:22 - 14:24die an Warenbündeln befestigt wurden,
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14:24 - 14:27so dass wahrscheinlich einige dieser Anhänger
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14:27 - 14:29die Namen von Händlern enthalten.
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14:29 - 14:31Es stellt sich heraus, dass es in Indien
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14:31 - 14:33schon lange Tradition ist,
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14:33 - 14:35Namen auf der Basis von Sternbildern
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14:35 - 14:38zum jeweiligen Zeitpunkt der Geburt zu vergeben.
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14:38 - 14:40In dravidischen Sprachen
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14:40 - 14:42lautet das Wort für Fisch "MEEN", das sich
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14:42 - 14:45genauso anhört wie das Wort für Stern.
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14:45 - 14:47Sieben Sterne würden also
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14:47 - 14:49für "ELU MEEN" stehen,
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14:49 - 14:51den dravidischen Ausdruck für
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14:51 - 14:53den "Grossen Wagen".
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14:53 - 14:56Eine ähnliche Sequenz von 6 Sternen,
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14:56 - 14:58übersetzt "ARU MEEN",
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14:58 - 15:00ist der alte dravidische Name für
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15:00 - 15:02das Gestirn der Plejaden.
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15:02 - 15:05Schliesslich noch Kombinationen wie dieser Fisch
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15:05 - 15:08mit einer Art Dach darüber.
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15:08 - 15:11Das könnte als "MEY MEEN" übersetzt werden,
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15:11 - 15:14dravidisch für den Saturn.
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15:14 - 15:16Das war besonders aufregend.
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15:16 - 15:18Es scheint irgendwohin zu führen.
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15:18 - 15:20Aber beweist es,
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15:20 - 15:22dass die Siegel dravidische Namen enthalten,
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15:22 - 15:24die auf Planeten und Sternbildern basieren?
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15:24 - 15:26Noch nicht.
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15:26 - 15:28Wir haben keine Möglichkeit, diese
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15:28 - 15:30spezielle Lesarten zu validieren,
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15:30 - 15:33doch wenn immer mehr davon Sinn ergeben
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15:33 - 15:35und auch immer längere Sequenzen
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15:35 - 15:37korrekt erscheinen,
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15:37 - 15:39wissen wir, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
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15:39 - 15:41Heute können wir ein Wort wie
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15:41 - 15:44"TED" in ägyptischen Hieroglyphen
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15:44 - 15:47und in Keilschrift schreiben,
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15:47 - 15:49denn beide wurden schon im
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15:49 - 15:5119. Jahrhundert entziffert.
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15:51 - 15:53Durch die Entzifferung dieser beiden Schriften
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15:53 - 15:56sprechen uns beide Kulturen wieder direkt an.
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15:56 - 15:58Die Maya begannen im
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15:58 - 16:0020 Jhd. mit uns zu sprechen,
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16:00 - 16:03doch die Indus Zivilisation blieb stumm.
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16:03 - 16:05Warum sollte uns das kümmern?
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16:05 - 16:07Die Indus Kultur gehört nicht nur
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16:07 - 16:09den Süd- oder den Nordindern
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16:09 - 16:11oder den Pakistani;
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16:11 - 16:13sie gehört uns allen.
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16:13 - 16:15Dies sind unsere Vorfahren,
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16:15 - 16:17eure und meine.
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16:17 - 16:19Zum Schweigen gebracht durch einen
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16:19 - 16:21unglücklichen Zufall der Geschichte.
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16:21 - 16:23Wenn wir ihre Schrift entziffern,
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16:23 - 16:25könnten sie wieder zu uns sprechen.
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16:25 - 16:28Was würden sie uns mitteilen?
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16:28 - 16:31Was würden wir über sie und uns herausfinden?
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16:31 - 16:34Ich kann es kaum erwarten, das herauszufinden!
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16:34 - 16:36Danke sehr.
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16:36 - 16:40(Applaus)
- Title:
- Rajesh Rao: Ein Stein von Rosette für die Indus-Schrift
- Speaker:
- Rajesh Rao
- Description:
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Rajesh Rao ist von der "Mutter aller Kreuzworträtsel" fasziniert: wie entschlüsselt man die 4000 Jahre alte Indus-Schrift? Bei TED 2011 erzählt er, wie er dazu moderne Rechenverfahren benutzt, um die Indus Sprache lesbar zu machen - der entscheidende Schlüssel, um diese alte Zivilisation zu verstehen.
- Video Language:
- English
- Team:
closed TED
- Project:
- TEDTalks
- Duration:
- 16:41