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Was wir Kindern nicht über Sex erzählen

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    Ich erinnere mich, wie mir meine Tante
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    als Kind die Haare bürstete.
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    Ich spürte dieses Kribbeln im Bauch,
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    das Anschwellen in meinem Bauch.
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    All ihre Aufmerksamkeit auf mir,
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    nur auf mir.
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    Meine wunderschöne Tante Bea,
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    wie sie mein Haar
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    mit einer feinen Bürste streichelte.
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    Haben Sie so eine Erinnerung,
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    die Sie in diesem Moment
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    in Ihrem Körper spüren?
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    Bevor wir sprechen,
    bestehen wir nur aus Empfinden.
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    Als Kinder lernen wir so,
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    uns in der Welt zu differenzieren --
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    durch Berührung.
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    Alles geht in den Mund, in die Hände,
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    auf die Haut.
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    Empfinden --
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    auf diesem Wege spüren wir
    das erste Mal Liebe.
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    Es ist die Basis menschlicher Verbindung.
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    Wir möchten, dass
    unsere Kinder so aufwachsen,
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    dass sie gesunde intime Beziehungen haben.
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    Also klären wir Eltern
    unsere Kinder über Sex auf.
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    Wir nehmen Bücher zur Hilfe,
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    wir haben Sexualkunde in der Schule,
    für die Grundlagen.
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    Es gibt Porno, um die Lücken zu füllen --
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    und es wird die Lücken füllen.
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    (Gelächter)
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    Wir bringen unseren Kindern
    in "diesem Gespräch"
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    die Biologie und Mechanismen bei,
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    Schwangerschaft und sicheren Sex,
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    und unsere Kinder wachsen auf und denken,
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    dass es beim Sex lediglich darum geht.
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    Aber wir können das besser.
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    Wir können unsere Söhne und Töchter
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    über Lust und Verlangen aufklären,
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    über Einwilligung und Grenzen,
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    darüber, wie es sich anfühlt,
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    in ihrem Körper präsent zu sein
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    und zu wissen, wenn sie es nicht sind.
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    Wir tun das
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    durch Berührung, Spiel, Augenkontakt,
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    so, wie wir ihre Sinne stärken.
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    Wir können unseren Kindern
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    nicht nur Sex beibringen,
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    sondern auch Sinnlichkeit.
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    Dies ist die Art von Gespräch,
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    die ich als Mädchen brauchte.
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    Ich war sehr feinfühlig,
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    aber als ich heranwuchs,
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    war ich abgestumpft.
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    Die Scham über Jungs, die meinen
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    sich ändernden Körper hänselten
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    und die Mädchen, die mich ironischerweise
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    wegen meines Interesses
    an Jungs ausschlossen,
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    es war so viel.
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    Ich hatte keine Sprache für das,
    was ich erlebte.
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    Ich wusste nicht,
    dass es vorbeigehen würde.
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    Also machte ich das Beste,
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    was ich zu der Zeit tun konnte,
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    und klinkte mich aus.
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    Man kann nicht nur
    die schwierigen Gefühle ausblenden,
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    also habe ich die Freude,
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    die Lust zum Spielen verloren.
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    Ich habe Jahrzehnte so verbracht,
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    mit dieser leichten Depression,
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    und dachte, dass dies
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    die Bedeutung von Erwachsenwerden sei.
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    Im vergangenen Jahr
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    befragte ich Männer und Frauen
    zu ihrer Beziehung zu Sex
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    und ich hörte meine Geschichte
    wieder und wieder.
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    Mädchen, denen gesagt wurde,
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    sie wären zu sensibel.
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    Jungs, denen gesagt wurde,
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    sie müssten männlich sein.
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    "Sei nicht so emotional"
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    Ich lernte,
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    dass ich beim Ausklinken
    nicht alleine war.
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    Meine Tochter erinnerte mich daran,
  • 2:45 - 2:48
    wie viel ich einst spüren konnte.
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    Wir waren am Strand.
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    Es war dieser seltene Tag.
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    Ich schaltete mein Handy aus,
  • 2:53 - 2:56
    schrieb in den Kalender
    "Strandtag mit den Mädels".
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    Ich legte unsere Handtücher hin,
  • 2:58 - 3:00
    gerade weit genug von der Brandung
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    und schlief ein.
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    Als ich aufwachte,
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    sah ich meine Tochter Sand
    auf ihren Arm rieseln.
  • 3:10 - 3:15
    Ich fühlte das leichte Kribbeln
    von Sand auf ihrer Haut
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    und ich erinnerte mich an meine Tante,
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    wie sie meine Haare bürstete.
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    Also legte ich mich neben sie
  • 3:21 - 3:24
    und rieselte Sand auf ihren anderen Arm
    und dann auf ihre Beine.
  • 3:25 - 3:28
    Dann sagte ich: "Hey, willst du,
    dass ich dich eingrabe?"
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    Ihre Augen wurden richtig groß
    und sie sagte: "Ja!"
  • 3:32 - 3:33
    Also gruben wir ein Loch,
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    und ich hüllte sie in Sand und Muscheln
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    und malte diesen kleinen
    Meerjungfrauenschwanz.
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    Dann fuhren wir nach Hause
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    und ich schäumte sie in der Dusche ein
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    und massierte ihren Kopf
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    und trocknete sie in einem Handtuch ab.
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    Und ich dachte:
  • 3:45 - 3:48
    "Ah. Wie oft habe ich das schon gemacht --
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    sie gebadet und abgetrocknet --
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    aber habe ich jemals inne gehalten
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    und darauf geachtet,
  • 3:52 - 3:55
    welche Gefühle ich damit in ihr auslöse?"
  • 3:55 - 3:57
    Ich behandelte sie,
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    als sei sie auf einer Art Fließband
  • 3:58 - 4:00
    für Kinder, die gefüttert
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    und ins Bett gebracht werden mussten.
  • 4:01 - 4:04
    Ich realisierte,
    dass wenn ich meine Tochter
  • 4:04 - 4:07
    zärtlich in einem Handtuch abtrockne,
    wie ein Liebhaber es tun würde,
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    dann bringe ich ihr bei,
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    diese Art von Berührung zu erwarten.
  • 4:12 - 4:15
    In diesem Moment
    bringe ich ihr Intimität bei.
  • 4:15 - 4:19
    Und wie sie ihren Körper
    liebt und respektiert.
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    Ich realisierte, dass einige Teile von Sex
  • 4:22 - 4:25
    nicht in Worten ausgedrückt werden können.
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    In ihrem Buch "Girls and Sex"
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    schreibt die Autorin Peggy Orenstein,
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    dass junge Frauen sich auf das Vergnügen
    ihres Partners konzentrieren,
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    nicht auf das eigene.
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    Das ist etwas, worüber ich mal
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    mit meinen Töchtern sprechen werde,
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    aber jetzt suche ich nach Wegen,
  • 4:40 - 4:41
    ihnen dabei zu helfen,
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    zu identifizieren,
    was ihnen Vergnügen bringt
  • 4:43 - 4:45
    und dies umzusetzen und auszudrücken.
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    "Kraule meine Rücken" sagt meine Tochter,
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    wenn ich sie ins Bett bringe.
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    Und ich sage:
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    "Okay, wie soll ich deinen
    Rücken kraulen?"
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    "Ich weiß nicht", sagt sie.
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    Also warte ich auf ihre Anweisungen.
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    Irgendwann sagt sie:
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    "Okay, hoch und nach rechts,
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    so, als würdest du mich kitzeln."
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    Ich führe meine Fingerspitzen
    über ihre Wirbelsäule.
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    "Was noch?", frage ich.
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    "Rüber nach links, jetzt etwas doller."
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    Wir müssen unseren Kindern beibringen,
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    ihre Empfindungen zu artikulieren,
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    sodass sie mit ihnen vertraut sind.
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    Ich suche nach Wegen,
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    um dies spielerisch mit
    meinen Töchtern zu tun.
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    Ich kratze mit meinen Fingernägeln
    über ihren Arm und sage:
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    "Gib mir ein Wort, um das zu beschreiben."
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    "Brutal", sagt sie.
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    Ich umarme sie, halte sie ganz fest.
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    "Beschützt", erzählt sie mir.
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    Ich finde Gelegenheiten,
    um ihnen zu sagen, wie ich mich fühle,
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    was ich empfinde,
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    sodass wir eine gemeinsame Sprache haben.
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    Genau wie jetzt,
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    dieses Kribbeln von meinem Kopf
    zu meiner Wirbelsäule bedeutet,
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    dass ich nervös und aufgeregt bin.
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    Ihr erlebt gerade bestimmt ebenfalls
    Gefühle mir gegenüber.
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    Die Sprache, die ich benutze,
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    die Ideen, die ich teile,
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    und unsere Tendenz ist es,
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    diese Reaktionen zu beurteilen
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    und sie in eine Hierarchie einzuordnen,
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    mehr oder weniger,
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    und dann nach ihnen zu streben
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    oder ihnen auszuweichen.
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    Das liegt an unserer binären Kultur,
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    und dass wir schon
    ab einem sehr jungen Alter lernen,
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    die Welt in Gut und Böse zu teilen.
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    "Hat dir dieses Buch gefallen?"
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    "Hattest du einen schönen Tag?"
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    Wie wär's mit: "Was ist dir an
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    der Geschichte aufgefallen?"
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    "Erzähle mir von deinem Tag.
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    Was hast du gelernt?"
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    Lasst uns unseren Kindern beibringen,
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    offen und neugierig zu bleiben,
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    wie ein Reisender in einem fremden Land.
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    So können sie ihr Empfinden bewahren
    und sich nicht ausklinken --
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    sogar mit den schwierigen Gefühlen,
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    so wie ich es tat,
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    so wie viele von uns es taten.
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    Diese Bildung der Sinne,
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    diese Bildung möchte ich
    für meine Töchter.
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    Sinnesbildung ist,
    was ich als Mädchen brauchte.
  • 6:44 - 6:45
    Es ist das,
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    was ich für unsere Kinder erhoffe.
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    Dieses Empfindungsbewusstsein,
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    es ist dort, wo wir als Kinder begannen,
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    es ist das,
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    was wir von unseren Kindern lernen können,
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    und es ist das,
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    woran wir unsere Kinder erinnern können,
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    wenn sie älter werden.
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    Danke.
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    (Applaus)
Title:
Was wir Kindern nicht über Sex erzählen
Speaker:
Sue Jaye Johnson
Description:

Als Eltern ist es unser Job, unsere Kinder über Sex aufzuklären. Aber außer "dem Gespräch", das Biologie und Fortpflanzung abdeckt, gibt es so viel mehr, dass wir über das menschliche Körpergefühl sagen können. Mit "dem Gespräch 2.0" zeigt uns Sue Jaye Johnson, wie wir unseren Kindern beibringen können, ihr Empfinden einzuschalten und sie mit Sprache auszustatten, mit der sie Verlangen und Gefühle ausdrücken können -- ohne abzuschalten oder abzustumpfen.

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
07:19

German subtitles

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