Janna Levin: Der Klang des Universums
-
0:00 - 0:03Bitte machen Sie sich alle für einen Moment
-
0:03 - 0:05eine ganz einfache Tatsache bewusst:
-
0:05 - 0:07So ziemlich alles,
-
0:07 - 0:09was wir über das Universum wissen,
-
0:09 - 0:11wissen wir durch Licht.
-
0:11 - 0:14Wir können auf der Erde stehen und in den Nachthimmel sehen
-
0:14 - 0:17und Sterne mit unseren bloßen Augen betrachten.
-
0:17 - 0:19Die Sonne befeuert unser peripheres Sehen,
-
0:19 - 0:22wir sehen Licht, das vom Mond reflektiert wird,
-
0:22 - 0:26und in der Zeit, die vergangen ist, seit Galileo jenes rudimentäre Teleskop
-
0:26 - 0:29auf die Himmelskörper richtete,
-
0:29 - 0:32ist das uns bekannte Universum als sichtbares Licht zu uns gereist
-
0:32 - 0:35und hat dabei unermessliche Zeitalter kosmischer Geschichte durchquert.
-
0:35 - 0:38Mit Hilfe all unserer modernen Teleskope
-
0:38 - 0:40haben wir das alles studieren können:
-
0:40 - 0:43diesen beeindruckenden Stummfilm des Universums,
-
0:43 - 0:46diese Serie von Schnappschüssen,
-
0:46 - 0:49die bis zum Urknall zurückreichen.
-
0:49 - 0:52Aber das Universum ist kein Stummfilm,
-
0:52 - 0:54denn das Universum ist nicht stumm.
-
0:54 - 0:56Ich möchte Sie davon überzeugen,
-
0:56 - 0:58dass das Universum einen Soundtrack besitzt
-
0:58 - 1:02und dass dieser Soundtrack im Weltraum an sich abgespielt wird:
-
1:02 - 1:05Denn das All kann schwingen wie eine Trommel.
-
1:05 - 1:08Es kann eine Art Tonaufnahme erklingen lassen,
-
1:08 - 1:10die im ganzen Universum zu hören ist;
-
1:10 - 1:13von einigen der dramatischsten Geschehnisse, als diese sich ereigneten.
-
1:13 - 1:16Nun würden wir gerne
-
1:16 - 1:19zu dem wunderbaren visuellen Arrangement,
-
1:19 - 1:21das wir vom Universum haben,
-
1:21 - 1:23eine klangliche Komponente hinzufügen.
-
1:23 - 1:27Und auch, wenn wir bislang die Klänge des Universums noch nie gehört haben,
-
1:27 - 1:30sollten wir in den nächsten paar Jahren
-
1:30 - 1:32langsam den Lautstärkeregler für das, was da draußen passiert, hochdrehen.
-
1:32 - 1:34Aus diesem Ehrgeiz heraus,
-
1:34 - 1:37Lieder des Universums einzufangen,
-
1:37 - 1:39richten wir unser Interesse
-
1:39 - 1:41auf Schwarze Löcher und das ihnen innewohnende Versprechen.
-
1:41 - 1:44Schwarze Löcher hämmern nämlich gegen die Raumzeit
-
1:44 - 1:46wie Holzschlegel auf eine Trommel.
-
1:46 - 1:48Sie haben einen sehr charakteristischen Klang,
-
1:48 - 1:51den ich Ihnen gerne vorspielen möchte; oder unsere Vorstellung davon,
-
1:51 - 1:53wie sich dieses Lied anhören wird.
-
1:53 - 1:56Schwarze Löcher sind ein dunkles Etwas vor einem dunklen Himmel.
-
1:56 - 1:58Wir können sie nicht direkt sehen.
-
1:58 - 2:01Sie erreichen uns nicht durch Licht, zumindest nicht direkt.
-
2:01 - 2:03Wir können sie indirekt sehen,
-
2:03 - 2:06da Schwarze Löcher in ihrer Umgebung entsetzlichen Schaden anrichten.
-
2:06 - 2:08Sie zerstören die Sterne in ihrer Umgebung.
-
2:08 - 2:11Sie verbrennen Trümmerteile in ihrer Umgebung.
-
2:11 - 2:13Aber sie erreichen uns nicht direkt durch Licht.
-
2:13 - 2:15Eines Tages sehen wir vielleicht einen Schatten,
-
2:15 - 2:18den ein schwarzes Loch vor einem hellen Hintergrund wirft,
-
2:18 - 2:20aber bis jetzt ist uns das nicht gelungen.
-
2:20 - 2:22Und dennoch kann man Schwarze Löcher hören,
-
2:22 - 2:24auch, wenn sie unsichtbar sind.
-
2:24 - 2:28Der Grund dafür ist, dass sie auf der Raumzeit wie auf einer Trommel spielen.
-
2:28 - 2:31Wir verdanken die Vorstellung, dass das Weltall wie eine Trommel klingt,
-
2:31 - 2:34Albert Einstein, dem wir so viel verdanken.
-
2:34 - 2:36Einstein erkannte, dass, wenn der Weltraum leer wäre,
-
2:36 - 2:38wenn das Universum leer wäre,
-
2:38 - 2:41es wie auf diesem Bild aussehen müsste,
-
2:41 - 2:44nur eben ohne dieses hilfreiche Raster.
-
2:44 - 2:47Aber wenn wir uns im freien Fall durch das Weltall bewegten,
-
2:47 - 2:49auch ohne dieses hilfreiche Raster,
-
2:49 - 2:51dann könnten wir es vielleicht selbst malen.
-
2:51 - 2:54Denn wir würden erkennen, dass wir uns entlang gerader Linien,
-
2:54 - 2:56entlang unverzerrter, gerader Pfade
-
2:56 - 2:58durch das Universum bewegen.
-
2:58 - 3:00Einstein erkannte auch
-
3:00 - 3:02(und genau darum geht es),
-
3:02 - 3:05dass wenn man Energie oder Masse ins Universum bringt,
-
3:05 - 3:07sie das Universum krümmt.
-
3:07 - 3:09Käme ein im freien Fall befindlicher Körper,
-
3:09 - 3:11sagen wir, an der Sonne vorbei,
-
3:11 - 3:13dann würde er verzerrt werden,
-
3:13 - 3:15entlang der natürlichen Krümmungslinien im Raum.
-
3:15 - 3:19Das ist Einsteins großartige Allgemeine Relativitätstheorie.
-
3:19 - 3:22Selbst Licht wird entlang dieser Pfade gebeugt.
-
3:22 - 3:24Und ein Körper kann so stark gebeugt werden,
-
3:24 - 3:26dass er in eine Umlaufbahn um die Sonne gelangt,
-
3:26 - 3:28so wie die Erde, oder wie der Mond in der Erdumlaufbahn.
-
3:28 - 3:31Dies sind natürliche Krümmungen im Weltraum.
-
3:31 - 3:33Was Einstein nicht wusste, war Folgendes:
-
3:33 - 3:35Wenn man die Sonne nehmen
-
3:35 - 3:38und zu einem Ball von von sechs Kilometern Durchmesser zusammenpressen würde,
-
3:38 - 3:41wenn man etwas mit der millionenfachen Masse der Erde nehmen
-
3:41 - 3:44und auf sechs Kilometer zusammenpressen würde,
-
3:44 - 3:46dann würde man ein Schwarzes Loch erzeugen;
-
3:46 - 3:48einen Körper von solcher Dichte,
-
3:48 - 3:51dass Licht, das zu nahe daran vorbei käme, niemals mehr entkommen könnte.
-
3:51 - 3:54Es wäre ein schwarzer Schatten vor dem Universum.
-
3:54 - 3:56Es war nicht Einstein, der das erkannte,
-
3:56 - 3:58sondern Karl Schwarzchild,
-
3:58 - 4:00ein Deutschjude. Als er im 1. Weltkrieg
-
4:00 - 4:03in die deutsche Armee eintrat, war er bereits ein erfolgreicher Wissenschaftler,
-
4:03 - 4:06der an der russischen Front arbeitete.
-
4:06 - 4:09Ich stelle mir gerne vor, wie Schwarzchild im Krieg in den Schützengräben
-
4:09 - 4:13Flugbahnen für Kanonen berechnete
-
4:13 - 4:15und zwischendurch
-
4:15 - 4:17Einsteins Gleichungen berechnete,
-
4:17 - 4:19wie man das in Schützengräben eben so macht.
-
4:19 - 4:21Er las Einsteins gerade veröffentlichte
-
4:21 - 4:23Allgemeine Relativitätstheorie
-
4:23 - 4:25und war von dieser Theorie gefesselt.
-
4:25 - 4:27Bald hatte er
-
4:27 - 4:29eine genaue mathematische Lösung entwickelt,
-
4:29 - 4:31die etwas Außerordentliche beschrieb:
-
4:31 - 4:33Kurven, die so stark gekrümmt waren,
-
4:33 - 4:36dass das Weltall in sie herabregnen würde.
-
4:36 - 4:38Das Weltall selbst würde sich wie ein Wasserfall biegen
-
4:38 - 4:40und in den Schlund eines Loches hinabfließen.
-
4:40 - 4:43Selbst Licht würde diesem Strom nicht entrinnen.
-
4:43 - 4:45Licht würde mitgerissen werden in den Abgrund
-
4:45 - 4:47und alles andere ebenso.
-
4:47 - 4:49Alles, was übrig bliebe, wäre ein Schatten.
-
4:49 - 4:51Er schrieb Einstein
-
4:51 - 4:53und sagte: »Wie Sie sehen werden,
-
4:53 - 4:56war der Krieg gnädig zu mir.
-
4:56 - 4:59Trotz schweren Artilleriefeuers
-
4:59 - 5:01ist es mir gelungen, zu entkommen
-
5:01 - 5:04und im Land Ihrer Gedanken spazierenzugehen.«
-
5:04 - 5:07Einstein war von der Präzision dieser Lösung sehr beeindruckt,
-
5:07 - 5:10und, wie ich hoffe, auch vom Engagement des Wissenschaftlers.
-
5:10 - 5:13Dies zeigt, wie hart Wissenschaftler selbst unter erschwerten Bedingungen arbeiten.
-
5:13 - 5:15In der folgenden Woche stellte er Schwarzchilds Idee
-
5:15 - 5:18der Preußischen Akademie der Wissenschaften vor.
-
5:18 - 5:21Aber Einstein hielt Schwarze Löcher zeitlebens für eine mathematische Kuriosität.
-
5:21 - 5:24Er glaubte nicht daran, dass es sie wirklich gäbe.
-
5:24 - 5:27Er war überzeugt, die Natur würde uns vor ihrer Entstehung schützen.
-
5:27 - 5:29Es sollte Jahrzehnte dauern,
-
5:29 - 5:31bis der Begriff »Schwarzes Loch« geprägt wurde
-
5:31 - 5:33und Menschen begriffen,
-
5:33 - 5:35dass Schwarze Löcher astrophysische Körper sind.
-
5:35 - 5:37Tatsächlich sind sie die leblose Zustandsform
-
5:37 - 5:39extrem dichter Sterne,
-
5:39 - 5:41die in einer entsetzlichen Katastrophe
-
5:41 - 5:43am Ende ihres Lebens in sich zusammenfallen.
-
5:43 - 5:45Unsere Sonne hingegen wird nicht als Schwarzes Loch enden.
-
5:45 - 5:47Sie ist dafür einfach nicht groß genug.
-
5:47 - 5:49Aber wir haben ein kleines Gedankenexperiment durchgeführt,
-
5:49 - 5:51so wie Einstein es auch gerne tat.
-
5:51 - 5:53Stellen wir uns vor, dass wir
-
5:53 - 5:56die Sonne auf sechs Kilometer Durchmesser zusammenpressen
-
5:56 - 5:59und eine winzige Erde in ihre Umlaufbahn bringen,
-
5:59 - 6:01sagen wir 30 km entfernt
-
6:01 - 6:04von dieser schwarzen Sonne.
-
6:04 - 6:06Diese Erde würde von selbst leuchten,
-
6:06 - 6:08(denn da die Sonne dann verschwunden wäre, gäbe es keine andere Lichtquelle)
-
6:08 - 6:11also lassen wir unsere kleine Erde von selbst leuchten.
-
6:11 - 6:13Wir könnten die Erde in eine unbeschwerte Umlaufbahn bringen
-
6:13 - 6:15etwa 30 km entfernt von
-
6:15 - 6:18dem zerquetschten Schwarzen Loch.
-
6:18 - 6:20Dieses zerquetschte Schwarze Loch
-
6:20 - 6:22wäre in etwa so groß wie Manhattan.
-
6:22 - 6:24Es würde sich noch ein wenig in den Hudson ergießen,
-
6:24 - 6:26bevor es die Erde zerstörte.
-
6:26 - 6:28Aber ungefähr darüber reden wir.
-
6:28 - 6:30Wir reden über etwas, das man zusammenpressen kann,
-
6:30 - 6:32bis es halb so groß ist wie Manhattan.
-
6:32 - 6:34Jetzt bringen wir die Erde ganz dicht heran,
-
6:34 - 6:36bis auf etwa 30 km,
-
6:36 - 6:39und sehen, wie sie sich auf einer perfekten Umlaufbahn um das Schwarze Loch bewegt.
-
6:39 - 6:41Es gibt einen Art Mythos,
-
6:41 - 6:43dass Schwarze Löcher alles im Universum verschlingen,
-
6:43 - 6:46aber tatsächlich muss man ihnen sehr nahe kommen, um hineinzufallen.
-
6:46 - 6:49Was aber von unserem Standpunkt aus besonders beeindruckend ist,
-
6:49 - 6:51ist die Tatsache, dass wir die Erde immer sehen können.
-
6:51 - 6:53Sie kann sich nicht hinter dem Schwarzen Loch verstecken.
-
6:53 - 6:55Das Licht, das von der Erde kommt, einiges davon fällt hinein,
-
6:55 - 6:58aber einiges wird gestreut und kehrt zu uns zurück.
-
6:58 - 7:00Man kann also nichts hinter einem Schwarze Loch verbergen.
-
7:00 - 7:02Wenn dies der Kampfstern Galactica ist
-
7:02 - 7:04und Sie gegen die Zylonen kämpfen,
-
7:04 - 7:06dann verstecken Sie sich besser nicht hinter dem Schwarzen Loch.
-
7:06 - 7:09Die können sie sehen.
-
7:09 - 7:11Unsere Sonne wird also nicht zu einem Schwarzen Loch kollabieren,
-
7:11 - 7:13ihre Masse reicht hierfür nicht aus.
-
7:13 - 7:17Aber es gibt Zehntausende von Schwarzen Löchern in unserer Galaxis.
-
7:17 - 7:20Wenn eines davon die Milchstraße auslöschte,
-
7:20 - 7:22würde das so aussehen.
-
7:22 - 7:25Wir würden einen Schatten des Schwarzen Lochs sehen,
-
7:25 - 7:27vor dem Hintergrund von Milliarden von Sternen
-
7:27 - 7:30der Milchstraßen-Galaxis und ihrer leuchtenden Staubbahnen.
-
7:30 - 7:33Sollten wir auf dieses Schwarze Loch zufallen,
-
7:33 - 7:36würden wir all das Licht sehen, das um es herum gebeugt würde,
-
7:36 - 7:39und wir könnten sogar in den Schatten eintreten,
-
7:39 - 7:42ohne zu bemerken, dass etwas Ungewöhnliches passiert.
-
7:42 - 7:45Es wäre schlecht, wenn wir versuchten, unsere Triebwerke zu zünden und zu flüchten,
-
7:45 - 7:47denn das könnten wir nicht,
-
7:47 - 7:49genauso wenig, wie das Licht entkommen kann.
-
7:49 - 7:52Aber auch, wenn das Schwarze Loch von außen dunkel ist,
-
7:52 - 7:54ist es in seinem Inneren nicht dunkel,
-
7:54 - 7:57denn alles Licht der Galaxis könnte hinter uns einfallen.
-
7:57 - 8:01Und obwohl aufgrund eines Phänomens der Relativitätstheorie (der so genannten Zeitdilation)
-
8:01 - 8:04unsere Uhren im Verhältnis zur galaktischen Zeit
-
8:04 - 8:07langsamer zu gehen schienen,
-
8:07 - 8:10würde es so aussehen, als ob die Entwicklung der Galaxis
-
8:10 - 8:12sich beschleunigt hätte und uns entgegen geschossen käme,
-
8:12 - 8:15kurz bevor wir vom Schwarzen Loch zu Tode zermalmt würden.
-
8:15 - 8:17Es wäre wie bei einer Nahtod-Erfahrung,
-
8:17 - 8:19wenn man das Licht am Ende des Tunnels sieht.
-
8:19 - 8:21Allerdings wäre es eine umfassende Todeserfahrung.
-
8:21 - 8:23(Gelächter)
-
8:23 - 8:25Und man könnte niemandem
-
8:25 - 8:27vom Licht am Ende des Tunnels erzählen.
-
8:27 - 8:30Nun haben wir noch niemals so einen Schatten eines Schwarzen Loches gesehen,
-
8:30 - 8:32aber Schwarze Löcher kann man hören,
-
8:32 - 8:34auch wenn sie unsichtbar sind.
-
8:34 - 8:38Stellen Sie sich bitte eine astrophysikalisch realistische Situation vor.
-
8:38 - 8:41Stellen Sie sich zwei Schwarze Löcher vor, die ein langes Leben gemeinsam verbracht haben.
-
8:41 - 8:43Vielleicht waren es einmal Sterne,
-
8:43 - 8:45die zu zwei Schwarzen Löchern kollabierten,
-
8:45 - 8:48jedes mit einer Masse zehnmal so groß wie die der Sonne.
-
8:48 - 8:51Wir quetschen sie jetzt zu einem Durchmesser von 60 km zusammen.
-
8:51 - 8:53Sie können sich mehrere
-
8:53 - 8:55hundert Male pro Sekunde drehen.
-
8:55 - 8:57Am Ende ihres Lebens
-
8:57 - 9:00umkreisen sie einander beinahe mit Lichtgeschwindigkeit.
-
9:00 - 9:02Sie können Tausende von Kilometern
-
9:02 - 9:04im Bruchteil einer Sekunde zurücklegen.
-
9:04 - 9:06Und während sie das tun, beugen sie nicht nur den Raum,
-
9:06 - 9:08sondern sie hinterlassen in ihrem Kielwasser
-
9:08 - 9:10ein Klingen des Raumes,
-
9:10 - 9:12eine echte Welle aus Raumzeit.
-
9:12 - 9:14Der Weltraum zieht sich zusammen und dehnt sich aus,
-
9:14 - 9:16während sie aus diesen Schwarzen Löchern hervorströmt
-
9:16 - 9:18und auf das Universum einhämmert.
-
9:18 - 9:20Und sie reisen mit Lichtgeschwindigkeit
-
9:20 - 9:22hinaus in den Kosmos.
-
9:22 - 9:24Diese Computersimulation
-
9:24 - 9:27verdanken wir einer Relativitäts-Arbeitsgruppe der NASA Goddard.
-
9:27 - 9:30Es hat fast 30 Jahre gedauert, bis jemand dieses Problem gelöst hatte.
-
9:30 - 9:32Dies war eine dieser Gruppen.
-
9:32 - 9:34Hier sehen wir zwei Schwarze Löcher, die einander umkreisen,
-
9:34 - 9:36wieder mit den hilfreichen, aufgemalten Linien.
-
9:36 - 9:39Vielleicht können Sie sehen – es ist ein bisschen undeutlich –
-
9:39 - 9:42aber wenn Sie die roten Wellen sehen, die austreten,
-
9:42 - 9:44das sind Gravitationswellen.
-
9:44 - 9:47Sie stellen tatsächlich den Klang des tönenden Weltraums dar
-
9:47 - 9:49und werden mit Lichtgeschwindigkeit aus diesen Schwarzen Löchern austreten,
-
9:49 - 9:52während sie immer leiser werden
-
9:52 - 9:54und schließlich verschmelzen werden
-
9:54 - 9:56zu einem sich drehenden, stillen Schwarzen Loch.
-
9:56 - 9:58Wenn Sie nahe genug wären,
-
9:58 - 10:00würden der Klang des sich zusammenziehenden und
-
10:00 - 10:02ausdehnenden Weltraums in Ihren Ohren dröhnen.
-
10:02 - 10:04Sie würden den Klang buchstäblich hören können.
-
10:04 - 10:08Natürlich würde auch Ihr Kopf gepresst und gedehnt werden, was recht unangenehm wäre,
-
10:08 - 10:11weshalb Sie auch Mühe hätten, das Geschehen zu begreifen.
-
10:11 - 10:13Aber ich möchte Ihnen gerne vorspielen,
-
10:13 - 10:15welche Klänge wir hier prognostizieren würden.
-
10:15 - 10:17Dies hier ist von meiner Arbeitsgruppe –
-
10:17 - 10:20ein etwas weniger glamouröses Computermodell.
-
10:20 - 10:22Stellen Sie sich vor, dass ein leichteres Schwarzes Loch
-
10:22 - 10:24in ein sehr schweres Schwarzes Loch fällt.
-
10:24 - 10:26Was Sie hören,
-
10:26 - 10:29ist das Geräusch, mit dem das leichte Schwarze Loch auf das Weltall hämmert,
-
10:29 - 10:31jedes Mal, wenn es dicht daran vorbeikommt.
-
10:31 - 10:34Wenn es sich wieder entfernt, ist es etwas zu leise.
-
10:34 - 10:36Aber es trifft auf wie ein Schlegel
-
10:36 - 10:38und zertrümmert das Weltall regelrecht,
-
10:38 - 10:40lässt es wie eine Trommel schwingen.
-
10:40 - 10:43Wir können vorhersagen, wie das klingen wird.
-
10:43 - 10:45Wir wissen: Wenn es hineinfällt,
-
10:45 - 10:47wird es schneller und lauter.
-
10:47 - 10:49Und schließlich
-
10:49 - 10:52hören wir, wie der kleine Kerl in den großen Kerl fällt.
-
10:52 - 11:09(Dumpfer Aufprall)
-
11:09 - 11:11Dann ist er verschwunden.
-
11:11 - 11:13Ich habe das noch nie so laut gehört – es ist wirklich viel dramatischer.
-
11:13 - 11:15Zu Hause klingt es eher etwas enttäuschend,
-
11:15 - 11:17mehr so wie ding, ding, ding.
-
11:17 - 11:21Dies ist ein anderes Geräusch aus meiner Gruppe.
-
11:21 - 11:23Nein, ich zeige Ihnen keine Bilder,
-
11:23 - 11:25denn Schwarze Löcher hinterlassen keine
-
11:25 - 11:27hilfreichen Tintenspuren.
-
11:27 - 11:29Der Weltraum hat keine bunten,
-
11:29 - 11:31aufgemalten Linien.
-
11:31 - 11:33Aber wenn Sie während eines Weltraumurlaubs im All umhertrieben
-
11:33 - 11:35und Sie würden dies hier hören,
-
11:35 - 11:37dann sollten Sie machen, dass Sie wegkommen.
-
11:37 - 11:39(Gelächter)
-
11:39 - 11:41Sie sollten wirklich wegkommen von diesem Geräusch.
-
11:41 - 11:43Beide Schwarzen Löcher bewegen sich.
-
11:43 - 11:46Beide Schwarzen Löcher kommen einander näher.
-
11:46 - 11:49In diesem Fall schwingen sie zuerst sehr stark
-
11:49 - 11:51und dann verschmelzen sie.
-
11:51 - 11:59(Dumpfer Aufprall)
-
11:59 - 12:01Jetzt ist es verschwunden.
-
12:01 - 12:04Dieses Zirpen ist typisch für das Verschmelzen zweier Schwarzer Löcher,
-
12:04 - 12:07dass es am Ende so zirpt.
-
12:07 - 12:09Dies ist ist unsere Vorstellung davon,
-
12:09 - 12:11was wir sehen würden.
-
12:11 - 12:13Zum Glück sind wir hier in Long Beach, Kalifornien in sicherer Distanz.
-
12:13 - 12:15Aber mit großer Wahrscheinlichkeit sind gerade irgendwo im Universum
-
12:15 - 12:17zwei Schwarze Löcher miteinander verschmolzen.
-
12:17 - 12:19Und genauso sicher ist es, dass der Weltraum
-
12:19 - 12:21um uns herum schwingt, nachdem er
-
12:21 - 12:24vermutlich Millionen Lichtjahre gebraucht hat, oder eine Million Jahre
-
12:24 - 12:27mit Lichtgeschwindigkeit zu uns gereist ist.
-
12:27 - 12:30Aber der Klang ist viel zu leise, als das wir ihn jemals hören könnten.
-
12:30 - 12:33Auf der Erde werden mit großem Eifer Experimente durchgeführt,
-
12:33 - 12:35eines davon heißt LIGO –
-
12:35 - 12:37die Abweichungen aufspüren sollen
-
12:37 - 12:40in der Art und Weise, wie der Weltraum sich zusammenzieht und wieder ausdehnt,
-
12:40 - 12:43Abweichungen in der Größenordnung kleiner als ein Atomkern
-
12:43 - 12:45auf einer Strecke von vier Kilometern.
-
12:45 - 12:47Es ist ein unglaublich ambitioniertes Projekt
-
12:47 - 12:49und seine Empfinflichkeit wird in den nächsten Jahren
-
12:49 - 12:52noch weiter entwickelt werden – um das hier wahrnehmen zu können.
-
12:52 - 12:54Es soll auch eine Mission für das Weltall geben,
-
12:54 - 12:56die hoffentlich innerhalb der nächsten zehn Jahre starten wird.
-
12:56 - 12:58Sie heißt LISA.
-
12:58 - 13:01LISA wird in der Lage sein, riesige Schwarze Löcher zu sehen,
-
13:01 - 13:04Schwarze Löcher mit der millionen- oder milliardenfachen
-
13:04 - 13:06Dichte der Sonne.
-
13:06 - 13:09Auf diesem Bild des Hubble-Teleskops sehen wir zwei Galaxien.
-
13:09 - 13:12Sie sehen aus, als ob sie in einer Umarmung erstarrt sind.
-
13:12 - 13:14Jede birgt vermutlich in ihrem Inneren
-
13:14 - 13:17ein riesiges Schwarzes Loch.
-
13:17 - 13:19Aber sie sind nicht erstarrt.
-
13:19 - 13:21Sie verschmelzen miteinander.
-
13:21 - 13:23Diese beiden Schwarzen Löcher stoßen zusammen
-
13:23 - 13:26und werden im Laufe von Milliarden Jahren eins.
-
13:26 - 13:28Unsere menschliche Wahrnehmungsfähigkeit ist nicht in der Lage,
-
13:28 - 13:31ein Lied solcher Zeitdauer zu erfassen.
-
13:31 - 13:33Aber LISA könnte das Endstadium
-
13:33 - 13:35zweier riesiger Schwarzen Löcher sehen,
-
13:35 - 13:37zu einem früheren Zeitpunkt in der Geschichte des Universums,
-
13:37 - 13:40die letzen 15 Minuten, bevor sie verschmelzen.
-
13:40 - 13:42Und es geht nicht nur um Schwarze Löcher,
-
13:42 - 13:45sondern auch um all die großen Störungen im Universum –
-
13:45 - 13:47und die größte von allen ist der Urknall.
-
13:47 - 13:50Als man den Begriff prägte, war das verächtlich gemeint –
-
13:50 - 13:52»Wer glaubt schon an einen Urknall, einen Big Bang?«
-
13:52 - 13:54Aber heute könnte der Begriff technisch gesehen sogar angebrachter sein,
-
13:54 - 13:56denn es könnte knallen;
-
13:56 - 13:58es könnte ein Geräusch geben.
-
13:58 - 14:01Diese Animation von Freunden von mir in den Proton Studios
-
14:01 - 14:03zeigt eine Außenansicht des Big Bang, des Urknalls.
-
14:03 - 14:06Wir wollen das nie wirklich versuchen; wir wollen niemals innerhalb des Universums sein,
-
14:06 - 14:09weil man niemals außerhalb des Universums sein kann.
-
14:09 - 14:11Stellen Sie sich also vor, Sie befinden sich im Urknall.
-
14:11 - 14:13Er ist überall, überall um Sie herum
-
14:13 - 14:15und der Weltraum wabert und schwingt völlig unkontrolliert.
-
14:15 - 14:1714 Milliarden Jahre gehen vorüber,
-
14:17 - 14:20aber dieses Lied erklingt immer noch um uns herum.
-
14:20 - 14:22Galaxien bilden sich
-
14:22 - 14:24und Generationen von Sternen werden in diesen Galaxien geboren.
-
14:24 - 14:26Und um einen dieser Sterne,
-
14:26 - 14:28wenigstens einen einzigen,
-
14:28 - 14:30kreist ein bewohnbarer Planet.
-
14:30 - 14:33Und hier sitzen wir und arbeiten wie verrückt an diesen Experimenten,
-
14:33 - 14:35machen Berechnungen und schreiben Computercode.
-
14:35 - 14:38Stellen Sie sich vor, dass vor einer Milliarde Jahren
-
14:38 - 14:40zwei Schwarze Löcher zusammenstießen.
-
14:40 - 14:42Ihr Lied klingt seitdem durch den Weltraum,
-
14:42 - 14:44schon die ganze Zeit.
-
14:44 - 14:46Uns gab es damals noch nicht einmal.
-
14:46 - 14:48Es kommt näher und näher –
-
14:48 - 14:50vor 40.000 Jahren haben wir noch Höhlenbilder gemalt.
-
14:50 - 14:52Los, beeilt Euch, möchte man sagen – Baut eure Meßgeräte.
-
14:52 - 14:55Es kommt näher und näher und 20..,
-
14:55 - 14:57in welchem Jahr dieses Jahrhunderts auch immer,
-
14:57 - 14:59wenn unsere Messgeräte endlich empfindlich genug sind –
-
14:59 - 15:01wir werden sie bauen, wir werden die Maschinen anschalten
-
15:01 - 15:04und bang, wir werden es einfangen – das erste Lied aus dem Weltall.
-
15:04 - 15:06Sollte es der Big Bang sein, den wir aufnehmen,
-
15:06 - 15:08dann würde er so klingen.
-
15:08 - 15:11(Rauschen) Es ist ein schreckliches Geräusch.
-
15:11 - 15:13Es ist buchstäblich der Inbegriff von Lärm.
-
15:13 - 15:15Es ist weißes Rauschen, es ist ein so chaotisches Geräusch.
-
15:15 - 15:18Aber es ist überall um uns herum, wahrscheinlich jedenfalls,
-
15:18 - 15:20wenn es nicht durch einen anderen Vorgang
-
15:20 - 15:22im Universum ausgelöscht wurde.
-
15:22 - 15:25Wenn wir es aufnehmen, wird es in unseren Ohren wie Musik klingen,
-
15:25 - 15:27weil es ein leises Echo sein wird,
-
15:27 - 15:29ein Widerhall des Moments unserer Erschaffung,
-
15:29 - 15:31unseres sichtbaren Universums.
-
15:31 - 15:33Innerhalb der nächsten zwei Jahre also
-
15:33 - 15:36werden wir den Soundtrack ein wenig lauter stellen können
-
15:36 - 15:39und das Universum als Klangbild ausgeben.
-
15:39 - 15:42Aber wenn wir jene allerfrühesten Momente erfassen können,
-
15:42 - 15:44wird uns einem Verständnis
-
15:44 - 15:46des Urknalls viel näher bringen,
-
15:46 - 15:49was uns wiederum näher an einige
-
15:49 - 15:52der komplexesten, am schwersten zu fassenden Fragen bringt.
-
15:52 - 15:55Wenn wir einen Film des Universums rückwärts abspielten,
-
15:55 - 15:58wüssten wir, dass es in der Vergangenheit einen Urknall gegeben hat
-
15:58 - 16:02und wir könnten sogar die Kakophonie seines Klangs wahrnehmen.
-
16:02 - 16:04Aber war unser Urknall der einzige Urknall?
-
16:04 - 16:07Ich denke, dass wir die Frage stellen müssen: Ist so etwas schon einmal passiert?
-
16:07 - 16:09Wird es sich wiederholen?
-
16:09 - 16:12Ich finde, im Sinne der Herausforderung, die TED darstellt
-
16:12 - 16:14– das Staunen wieder zu entzünden –
-
16:14 - 16:17können wir Fragen stellen, zumindest in dieser letzten Minute,
-
16:17 - 16:19die sich uns sonst vielleicht für immer entziehen könnten.
-
16:19 - 16:21Aber wir müssen uns fragen:
-
16:21 - 16:23Ist es möglich, dass unser Universum
-
16:23 - 16:26nur ein Ableger einer größeren Geschichte ist?
-
16:26 - 16:30Oder ist es möglich, dass wir nur ein Ableger eines Multiversums sind –
-
16:30 - 16:34jeder Ableger mit seinem eigenen Urknall in seiner Vergangenheit –
-
16:34 - 16:36vielleicht haben einige von ihnen Trommel spielende Schwarze Löcher,
-
16:36 - 16:38andere vielleicht nicht –
-
16:38 - 16:41in einigen gibt es vielleicht intelligentes Leben, in anderen nicht –
-
16:41 - 16:43nicht in unserer Vergangenheit, nicht in unserer Zukunft,
-
16:43 - 16:46aber doch in irgendeiner Weise fundamental mit uns verbunden?
-
16:46 - 16:48Wir müssen uns also fragen: Wenn es ein Multiversum gibt,
-
16:48 - 16:50existieren dann in einem anderen Fragment dieses Multiversums
-
16:50 - 16:52Lebewesen?
-
16:52 - 16:54Dies sind meine Geschöpfe des Multiversums.
-
16:54 - 16:56Gibt es andere Lebewesen in diesem Multiversum,
-
16:56 - 16:58die sich über uns Gedanken machen
-
16:58 - 17:01und über ihre eigenen Ursprünge?
-
17:01 - 17:03Und wenn es sie gibt,
-
17:03 - 17:06kann ich mir vorstellen, dass sie wie wir sind,
-
17:06 - 17:08dass sie rechnen und Computercodes schreiben,
-
17:08 - 17:10Instrumente bauen,
-
17:10 - 17:13versuchen, das entfernteste Geräusch
-
17:13 - 17:15ihrer Herkunft auszumachen
-
17:15 - 17:17und sich fragen, wer noch da draußen ist.
-
17:17 - 17:20Vielen Dank. Vielen Dank.
-
17:20 - 17:22(Applaus)
- Title:
- Janna Levin: Der Klang des Universums
- Speaker:
- Janna Levin
- Description:
-
Für uns ist der Weltraum ein Ort der Stille. Doch die Physikerin Janna Levin behauptet, dass der Weltraum seinen eigenen Soundtrack hat – eine klangliche Komposition, die aus einigen der dramatischsten Ereignissen besteht, die das All zu bieten hat. (Schwarze Löcher zum Beispiel spielen auf der Raumzeit wie auf einer Trommel.) Dieser Vortrag ist ein verständlicher und zum Denken anregender Klangspaziergang durch das Universum.
- Video Language:
- English
- Team:
closed TED
- Project:
- TEDTalks
- Duration:
- 17:23