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Was am Ende des Lebens wirklich zählt

  • 0:03 - 0:06
    Wir brauchen alle
    einen Grund aufzuwachen.
  • 0:07 - 0:10
    Ich brauchte dafür nur 11 000 Volt.
  • 0:11 - 0:15
    Ich weiß, Sie sind zu höflich zu fragen,
    also erzähle ich weiter.
  • 0:15 - 0:18
    Es war eine Nacht
    in meinem 2. Studienjahr.
  • 0:18 - 0:20
    Es war Herbst.
  • 0:21 - 0:24
    Ein paar Freunde und ich alberten herum
  • 0:24 - 0:28
    und wir beschlossen, auf einen geparkten
    Eisenbahnwagen zu klettern.
  • 0:28 - 0:31
    Er stand einfach da,
    mit seinen Oberleitungen.
  • 0:31 - 0:35
    Irgendwie erschien uns
    das damals als gute Idee.
  • 0:35 - 0:37
    Wir hatten schon Dümmeres gemacht.
  • 0:38 - 0:41
    Ich huschte die hintere Leiter hoch,
  • 0:41 - 0:43
    und als ich aufstand,
  • 0:43 - 0:47
    schoss der elektrische Strom
    in meinen Arm,
  • 0:47 - 0:50
    schoss runter und raus
    aus meinen Füßen, und das war's.
  • 0:52 - 0:55
    Sie werden's nicht glauben:
    die Uhr funktioniert noch.
  • 0:56 - 0:57
    Hält was aus!
  • 0:57 - 0:59
    (Gelächter)
  • 0:59 - 1:01
    Mein Vater trägt sie jetzt,
    aus Verbundenheit.
  • 1:03 - 1:07
    Ab dieser Nacht begann meine offizielle
    Beziehung mit dem Tod,
  • 1:07 - 1:09
    mit meinem Tod,
  • 1:09 - 1:13
    und meine lange Laufbahn als Patient.
  • 1:13 - 1:14
    Ein gutes Wort.
  • 1:14 - 1:17
    Es bedeutet "einer, der leidet".
  • 1:17 - 1:20
    Ich schätze, wir sind alle Patienten.
  • 1:20 - 1:22
    Das amerikanische Gesundheitssystem
  • 1:22 - 1:25
    hat eine gewaltige Menge an Problemen --
  • 1:25 - 1:28
    und sicher auch seine gute Seiten ...
  • 1:28 - 1:32
    Ich bin jetzt Arzt, spezialisiert
    auf Hospiz- und Palliativmedizin.
  • 1:32 - 1:35
    Ich habe Pflege von beiden Seiten erlebt.
  • 1:35 - 1:39
    Und glauben Sie mir: Fast alle, die
    im Gesundheitswesen tätig werden,
  • 1:39 - 1:43
    haben gute Absichten --
    ehrliche Absichten.
  • 1:43 - 1:46
    Aber wir, die darin arbeiten,
  • 1:46 - 1:48
    sind ungewollt auch
    Vertreter eines Systems,
  • 1:48 - 1:52
    dass Patienten zu oft im Stich lässt.
  • 1:52 - 1:53
    Warum?
  • 1:54 - 1:57
    Es gibt sogar eine recht einfache
    Antwort auf diese Frage
  • 1:57 - 1:59
    und sie erklärt einiges:
  • 1:59 - 2:02
    Das Gesundheitswesen wurde konzipiert
  • 2:02 - 2:06
    mit Krankheiten,
    nicht Menschen, im Mittelpunkt.
  • 2:06 - 2:10
    Das heißt, natürlich,
    dass es schlecht konzipiert wurde.
  • 2:10 - 2:16
    Und nirgendwo sind die Auswirkungen
    schlechter Konzepte so herzzerreißend
  • 2:16 - 2:20
    und die Chance für gute
    Konzepte ist so überwältigend,
  • 2:20 - 2:22
    wie am Ende des Lebens,
  • 2:22 - 2:26
    wo alles so klar und konzentriert ist.
  • 2:26 - 2:29
    Da gibt es keine zweiten Versuche.
  • 2:30 - 2:35
    Meine Absicht heute ist, mich übergreifend
    an alle Wissenszweige zu wenden,
  • 2:35 - 2:39
    und zu einem großen Gespräch über die
    Gestaltung neuer Konzepte einzuladen,
  • 2:39 - 2:45
    das bedeutet,
    Gestaltungswillen und Kreativität
  • 2:45 - 2:48
    in das Erlebnis des Sterbens einzubringen.
  • 2:49 - 2:53
    Vor uns liegt eine riesige Chance.
  • 2:53 - 2:58
    Wir stehen vor einer der wenigen
    universellen Herausforderungen,
  • 2:58 - 3:01
    sowohl als Einzelpersonen
    als auch als Zivilgesellschaft:
  • 3:01 - 3:06
    dass wir umdenken und neu gestalten,
    wie das mit unserem Sterben ist.
  • 3:07 - 3:10
    Also lasst uns am Ende anfangen.
  • 3:12 - 3:16
    Für die meisten ist das Schrecklichste
    am Tod nicht, tot zu sein --
  • 3:16 - 3:18
    es ist das Sterben, das Leiden.
  • 3:18 - 3:20
    Ein wichtiger Unterschied.
  • 3:20 - 3:23
    Um das besser zu verstehen,
    ist es hilfreich zu unterscheiden
  • 3:23 - 3:27
    zwischen dem Leiden,
    das wirklich notwendig ist,
  • 3:27 - 3:30
    und dem Leiden, das wir ändern können.
  • 3:30 - 3:36
    Ersteres ist ein natürlicher, wichtiger
    Teil des Lebens, der Preis des Lebens.
  • 3:36 - 3:41
    Für diesen Teil müssen wir Raum lassen,
    müssen uns anpassen, damit wachsen.
  • 3:43 - 3:46
    Es kann eine wirklich gute Sache sein,
  • 3:46 - 3:49
    Kräfte zu erkennen,
    die größer sind als wir selbst.
  • 3:49 - 3:52
    Sie helfen Dinge einzuordnen,
  • 3:52 - 3:55
    in den gesamten Kosmos.
  • 3:57 - 4:00
    Als ich meine Gliedmaßen verloren hatte,
  • 4:00 - 4:04
    wurde dieser Verlust
    eine Tatsache, feststehend,
  • 4:04 - 4:07
    ein notwendiger Teil meines Lebens.
  • 4:07 - 4:13
    Ich lernte, dass ich diese Tatsache ebenso
    wenig ablehnen kann, wie mich selbst.
  • 4:15 - 4:18
    Es dauerte eine Weile,
    aber schließlich lernte ich es.
  • 4:19 - 4:21
    Großartig in Bezug auf
    notwendiges Leiden ist,
  • 4:21 - 4:25
    dass es genau das ist,
  • 4:25 - 4:30
    was Patient und Pfleger verbindet --
  • 4:30 - 4:32
    beides menschliche Wesen.
  • 4:33 - 4:37
    Wir erkennen schließlich:
    Genau hier geschieht Heilung.
  • 4:38 - 4:41
    Ja, Mitleid -- ganz wörtlich,
    wie wir gestern hörten --
  • 4:41 - 4:43
    zusammen leiden.
  • 4:45 - 4:48
    Aber andererseits ist
    auf der Seite des Systems
  • 4:48 - 4:52
    so viel Leiden unnötig hausgemacht.
  • 4:52 - 4:55
    Es dient keinem guten Zweck.
  • 4:55 - 4:57
    Aber die gute Nachricht ist:
  • 4:57 - 5:01
    Da diese Art Leiden hausgemacht ist,
    können wir daran etwas ändern.
  • 5:02 - 5:05
    Darauf wie wir sterben,
    haben wir tatsächlich Einfluss.
  • 5:06 - 5:11
    Das System zu sensibilisieren
    für diesen grundlegenden Unterschied
  • 5:11 - 5:14
    zwischen notwendigem
    und unnötigem Leiden,
  • 5:14 - 5:18
    ist die Grundlage für drei erste Ideen
    für Gestaltungsprinzipien.
  • 5:18 - 5:23
    Schließlich sollen wir als Pflegende,
    als Menschen, die sich kümmern wollen,
  • 5:23 - 5:28
    Leiden mildern und nicht
    zusätzliche Belastungen schaffen --
  • 5:30 - 5:33
    ein Grundsatz jeder Palliativmedizin.
  • 5:33 - 5:36
    Ich sage das als moralischer Unterstützer,
  • 5:36 - 5:39
    genauso wie als behandelnder Arzt.
  • 5:39 - 5:45
    Kurze Anmerkung: Bei Palliativmedizin
    -- wichtig, aber oft missverstanden --
  • 5:45 - 5:48
    geht es auch, aber nicht nur,
    um die Pflege am Ende des Lebens.
  • 5:48 - 5:51
    Es geht nicht nur um Hospize.
  • 5:51 - 5:55
    Es geht um Wohlfühlen
    und gutes Leben in jeder Phase.
  • 5:55 - 5:58
    Sie müssen also nicht
    kurz vorm Tod stehen,
  • 5:58 - 6:01
    um Palliativmedizin zu genießen.
  • 6:01 - 6:04
    Ich möchte Ihnen nun Frank vorstellen --
  • 6:06 - 6:07
    als gutes Beispiel dafür.
  • 6:07 - 6:09
    Ich behandle Frank seit mehreren Jahren.
  • 6:09 - 6:13
    Er hat fortgeschrittenen Prostata-Krebs
    und ist seit langem HIV-positiv.
  • 6:14 - 6:17
    Ich behandle seine Knochenschmerzen
    und Erschöpfung,
  • 6:17 - 6:21
    aber meistens denken wir zusammen
    laut über sein Leben nach --
  • 6:21 - 6:23
    über unsere Leben.
  • 6:23 - 6:25
    So kann Frank trauern.
  • 6:25 - 6:27
    So kann er Schritt halten
    mit den Verlusten,
  • 6:27 - 6:29
    die ständig auf ihn zukommen,
  • 6:29 - 6:33
    so dass er für den nächsten
    Augenblick bereit ist.
  • 6:34 - 6:39
    Verlust ist eine Sache,
    aber Bedauern noch etwas anderes.
  • 6:39 - 6:41
    Frank war immer ein Abenteurer.
  • 6:41 - 6:44
    Er sieht aus wie auf einem Bild
    von Norman Rockwell --
  • 6:44 - 6:46
    und ist kein Fan von Bedauern.
  • 6:47 - 6:49
    Also war nicht überraschend,
    als er eines Tages ankam
  • 6:49 - 6:53
    und sagte: "Ich will mit dem Floß
    den Colorado River runter."
  • 6:53 - 6:55
    War das eine gute Idee?
  • 6:55 - 7:00
    Mit all den Risiken und seiner Gesundheit
    würden viele sagen: Nein.
  • 7:00 - 7:03
    Sagten sie auch, aber er
    machte es, als er noch konnte.
  • 7:04 - 7:08
    Es war ein toller, wundervoller Ausflug.
  • 7:09 - 7:14
    Eiskaltes Wasser, glühende Hitze,
    Skorpione, Schlangen,
  • 7:14 - 7:20
    wilde Tiere und ihr Geheul
    vor der Kulisse des Grand Canyon,
  • 7:20 - 7:24
    die großartige Seite der Welt
    jenseits unserer Kontrolle.
  • 7:24 - 7:26
    Franks Entscheidung war wohl dramatisch,
  • 7:26 - 7:29
    ist aber genau das,
    was viele machen würden,
  • 7:29 - 7:35
    wenn wir Hilfe dabei hätten rauszukriegen,
    was für uns jeweils das Beste ist.
  • 7:37 - 7:41
    Vieles, über das wir jetzt reden,
    ist eine Verschiebung der Perspektive.
  • 7:43 - 7:45
    Nach meinem Unfall
    ging ich zurück auf die Uni
  • 7:45 - 7:48
    und fing mit Kunstgeschichte an
  • 7:48 - 7:53
    Ich dachte, bei visueller Kunst würde
    ich etwas über das Sehen lernen --
  • 7:54 - 7:57
    eine wichtige Lektion für einen Typen,
    der nicht so viel ändern konnte
  • 7:57 - 7:59
    von dem, was er sah.
  • 8:01 - 8:04
    Perspektive, diese Art von Alchemie,
    mit der wir Menschen spielen dürfen,
  • 8:04 - 8:08
    die Angst in eine Blume verwandeln kann.
  • 8:10 - 8:14
    Jetzt arbeite ich an einem
    tollen Ort in San Francisco
  • 8:14 - 8:16
    namens "Zen Hospice Project".
  • 8:16 - 8:18
    Dort haben wir ein kleines Ritual,
  • 8:18 - 8:20
    das bei einer
    Perspektivenverschiebung hilft.
  • 8:20 - 8:23
    Wenn einer unserer Bewohner stirbt,
  • 8:23 - 8:28
    kommen die Bestatter, und während wir
    den Leichnam durch den Garten schieben,
  • 8:28 - 8:30
    machen wir eine Pause kurz vor dem Tor.
  • 8:30 - 8:32
    Jeder, der das möchte,
  • 8:32 - 8:35
    Mitbewohner, Familie,
    Pfleger, Eherenamtliche,
  • 8:35 - 8:37
    auch die Bestatter
  • 8:37 - 8:42
    können eine Geschichte,
    ein Lied oder Schweigen beisteuern,
  • 8:42 - 8:45
    während wir den Leichnam
    mit Blüten bestreuen.
  • 8:45 - 8:48
    Es dauert nur ein paar Minuten.
  • 8:48 - 8:53
    Es ist ein schönes, einfaches Bild,
    um die Trauer voller Wärme einzulassen,
  • 8:53 - 8:55
    eher als die Abscheu.
  • 8:56 - 9:01
    Halten wir dagegen das typische Erlebnis
    in einem Krankenhausumfeld.
  • 9:01 - 9:06
    Etwa so: Ein Raum mit Neonlicht
    voller Schläuche und piepender Maschinen
  • 9:06 - 9:10
    und blinkende Lichter, die weiterblinken,
    selbst wenn der Patient stirbt.
  • 9:11 - 9:14
    Reinigungskräfte stürmen rein,
    der Leichnam soll schnell raus,
  • 9:14 - 9:20
    und es fühlt sich an, als ob
    die Person nie existiert hat.
  • 9:21 - 9:24
    Dient natürlich einem
    guten Zweck, der Keimfreiheit.
  • 9:24 - 9:27
    Aber Krankenhäuser greifen
    all unsere Sinne an,
  • 9:27 - 9:33
    bestenfalls können wir dort
    nur noch auf Betäubung hoffen.
  • 9:33 - 9:37
    Anästhesie -- buchstäblich
    das Gegenteil von Ästhetik.
  • 9:38 - 9:43
    Krankenhäuser können eine Menge
    erreichen; deshalb bin ich noch am Leben.
  • 9:44 - 9:47
    Aber wir verlangen
    zuviel von Krankenhäusern.
  • 9:47 - 9:51
    Sie sind richtig für akute Verletzungen
    und behandelbare Krankheiten.
  • 9:51 - 9:55
    Sie sind keine Orte zu wohnen und sterben.
    Dafür sind sie nicht konzipiert worden.
  • 9:58 - 10:00
    Wohlgemerkt -- ich gebe
    die Hoffnung nicht auf,
  • 10:00 - 10:04
    dass unsere Einrichtungen
    menschlicher werden können.
  • 10:04 - 10:07
    Schönheit kann überall gefunden werden.
  • 10:09 - 10:12
    Während eines Aufenthalts
    auf einer Verbrennungsstation
  • 10:12 - 10:14
    im St.Barnabas-Hospital
    in Livingston, New Jersey,
  • 10:14 - 10:18
    wurde ich wirklich immer optimal gepflegt,
  • 10:18 - 10:21
    einschließlich guter Schmerzbehandlung.
  • 10:21 - 10:24
    Eines Nachts fing es
    draußen an zu schneien.
  • 10:25 - 10:29
    Die Krankenschwestern beschwerten sich
    über die üblen Straßenverhältnisse.
  • 10:30 - 10:32
    Und in meinem Zimmer gab es kein Fenster.
  • 10:32 - 10:36
    Aber es war toll sich vorzustellen,
    wie der Schnee langsam fiel.
  • 10:37 - 10:41
    Am nächsten Tag schmuggelte eine Pflegerin
    einen Schneeball für mich ein.
  • 10:41 - 10:43
    Sie brachte ihn an mein Bett.
  • 10:45 - 10:50
    Mit unvorstellbarem Entzücken
    hielt ich ihn in meiner Hand
  • 10:50 - 10:53
    und die Kälte drang
    in meine brennende Haut.
  • 10:53 - 10:56
    Es war wie ein Wunder --
  • 10:56 - 11:00
    die Faszination, als ich zusah, wie er
    schmolz und sich in Wasser verwandelte.
  • 11:03 - 11:05
    In diesem Moment
    war es wichtiger für mich,
  • 11:05 - 11:10
    ein Teil dieses Planeten
    in diesem Universum zu sein,
  • 11:10 - 11:12
    als die Frage, ob ich leben
    oder sterben würde.
  • 11:12 - 11:16
    Dieser kleine Schneeball enthielt
    die Inspiration, die ich brauchte,
  • 11:16 - 11:19
    um sowohl leben zu wollen,
    als auch den Tod akzeptieren zu können.
  • 11:19 - 11:23
    Im Krankenhaus ist so etwas
    ein gestohlener Augenblick.
  • 11:24 - 11:28
    In meiner Arbeit habe ich
    viele Menschen kennnengelernt,
  • 11:28 - 11:30
    die bereit waren zu gehen, zu sterben,
  • 11:31 - 11:36
    nicht weil sie einen endgültigen Frieden
    oder Transzendenz gefunden hatten,
  • 11:36 - 11:41
    aber weil sie so einen Abscheu hatten vor
    dem, was aus ihrem Leben geworden war --
  • 11:43 - 11:47
    isoliert, hässlich ...
  • 11:51 - 11:58
    Eine Rekordzahl an Menschen lebt mit
    chronischen und tödlichen Krankheiten,
  • 11:58 - 11:59
    und wird dabei immer älter.
  • 12:00 - 12:05
    Wir sind absolut unvorbereitet
    für diesen "Silber-Tsunami".
  • 12:07 - 12:11
    Wir brauchen eine Infrastruktur,
    die dynamisch genug ist,
  • 12:11 - 12:15
    diese erdrutschartigen Änderungen
    in der Bevölkerung zu verkraften.
  • 12:16 - 12:19
    Jetzt ist die Zeit, etwas Neues,
    etwas Lebenswichtiges zu schaffen.
  • 12:19 - 12:21
    Wir können das, weil wir es müssen.
  • 12:21 - 12:24
    Die Alternative ist einfach unannehmbar.
  • 12:24 - 12:26
    Und wir kennen die wichtigsten Zutaten:
  • 12:26 - 12:29
    Strategie, Bildung, Schulungen,
  • 12:29 - 12:32
    Systeme und ihre Umsetzung in die Praxis.
  • 12:33 - 12:36
    Wir haben jede Menge Input
    für Designer jeglicher Art.
  • 12:37 - 12:39
    Wir wissen z. B. aus der Forschung,
  • 12:39 - 12:43
    was am wichtigsten für Menschen ist,
    die dem Tod näher sind:
  • 12:43 - 12:47
    Sie wollen sich
    wohl fühlen und unbeschwert
  • 12:47 - 12:50
    und wollen ihren Liebsten keine Last sein;
  • 12:50 - 12:55
    existentiellen Frieden und ein Gefühl
    von Staunen und Spiritualität.
  • 12:57 - 13:01
    In den fast 30 Jahren im Zen-Hospiz
  • 13:01 - 13:05
    haben wir von unseren Bewohnern
    noch vieles mehr im Detail gelernt.
  • 13:06 - 13:08
    Kleine Dinge sind gar nicht so klein.
  • 13:09 - 13:11
    Zum Beispiel Janette.
  • 13:11 - 13:14
    Sie hat ALS, und es fällt ihr
    jeden Tag schwerer zu atmen.
  • 13:14 - 13:16
    Und man glaubt es kaum --
  • 13:16 - 13:20
    aber sie will wieder anfangen zu rauchen,
  • 13:20 - 13:22
    ausgerechnet französische Zigaretten --
  • 13:25 - 13:27
    nicht aus selbstzerstörerischer Neigung,
  • 13:27 - 13:30
    aber sie will das Gefühl haben,
  • 13:30 - 13:33
    dass ihre Lungen gefüllt sind,
    während sie die noch hat.
  • 13:33 - 13:34
    Prioritäten ändern sich.
  • 13:36 - 13:39
    Oder Kate -- sie braucht
    nur die Gewissheit,
  • 13:39 - 13:42
    dass ihr Hund Austin
    am Fußende ihres Betts liegt --
  • 13:42 - 13:46
    seine kalte Schnauze
    an ihrer trockenen Haut,
  • 13:46 - 13:49
    Anstatt noch mehr Chemo,
    die durch ihre Adern strömt --
  • 13:49 - 13:50
    das hat sie hinter sich.
  • 13:51 - 13:56
    Sinnliche, ästhetische Bereicherung,
    die uns jede Minute,
  • 13:56 - 14:00
    jeden Moment dafür belohnt,
    dass wir einfach sind.
  • 14:03 - 14:08
    Oft geht es nur darum, dass wir unsere
    Lebenszeit lieben, über die Sinne,
  • 14:08 - 14:13
    über den Körper, der ja genau das ist,
    was lebt und was stirbt.
  • 14:14 - 14:18
    Wohl der wichtigste Raum
    im Zen-Hospiz ist unsere Küche.
  • 14:18 - 14:20
    Das erscheint merkwürdig,
    wenn man bedenkt,
  • 14:20 - 14:24
    dass soviele unserer Bewohner nur wenig
    oder gar nichts essen können.
  • 14:24 - 14:30
    Aber wir wissen, dass wir Nahrung
    auf mehreren Ebenen anbieten:
  • 14:30 - 14:33
    Geruch, eine symbolische Ebene.
  • 14:34 - 14:39
    Ja, trotz all der richtig harten Sachen,
    die bei uns passieren,
  • 14:39 - 14:43
    ist eines der am besten bewährten
    Maßnahmen bei uns:
  • 14:43 - 14:47
    Plätzchen backen.
  • 14:58 - 15:00
    Solange wir unsere Sinne haben
  • 15:00 - 15:02
    -- und wenn es nur einer ist --
  • 15:02 - 15:05
    haben wir zumindest
    die Möglichkeit, den Zugriff auf das,
  • 15:05 - 15:09
    was uns menschlich macht,
    was uns verbindet.
  • 15:11 - 15:14
    Stellen Sie sich die Folgen
    dieser Vorstellung
  • 15:14 - 15:18
    für Millionen Menschen, die
    mit Demenz leben und daran sterben.
  • 15:18 - 15:20
    Ursprüngliche Sinnesfreuden,
    die die Dinge "sagen",
  • 15:20 - 15:22
    wofür wir keine Worte haben,
  • 15:22 - 15:25
    Impulse, die uns in der Gegenwart halten,
  • 15:25 - 15:28
    ohne die Notwendigkeit
    von Vergangenheit oder Zukunft.
  • 15:30 - 15:36
    Die erste Grundidee war also, unnötiges
    Leiden aus dem System zu verbannen.
  • 15:39 - 15:41
    Die Würde zu unterstützen, über die Sinne,
  • 15:41 - 15:45
    über den Körper
    -- der Bereich des Ästhetischen --
  • 15:45 - 15:47
    das wäre das zweite Grundprinzip.
  • 15:48 - 15:52
    Damit kommen wir unmittelbar zum dritten
    und für heute letzten Grundprinzip:
  • 15:52 - 15:59
    Nämlich so anspruchsvoll zu werden,
    dass es uns um Wohlbehagen geht,
  • 15:59 - 16:02
    so dass es bei Leben, Gesundheit
    und dem Gesundheitswesen
  • 16:02 - 16:04
    darum geht, das Leben
    wunderbarer zu machen
  • 16:04 - 16:07
    und nicht nur weniger schrecklich.
  • 16:08 - 16:09
    Wohltätigkeit.
  • 16:11 - 16:13
    Hier geht es genau um den Unterschied
  • 16:13 - 16:18
    zwischen einem Krankheits-zentrierten und
    einem Patienten-zentrierten Pflegekonzept.
  • 16:18 - 16:22
    Und damit wird Pflege
    zu einer kreativen, produktiven,
  • 16:22 - 16:24
    ja sogar spielerischen Tätigkeit.
  • 16:25 - 16:27
    "Spiel" klingt hier etwas komisch.
  • 16:28 - 16:31
    Aber es ist eine unserer
    höchsten Formen von Anpassung.
  • 16:31 - 16:35
    Betrachten wir mal alle größeren
    menschlichen Bedürfnisse:
  • 16:35 - 16:38
    Das Bedürfnis nach Essen
    hat die Kochkunst geschaffen.
  • 16:38 - 16:41
    Das Bedürfnis nach Schutz
    hat die Architektur geschaffen.
  • 16:41 - 16:43
    Das Bedürfnis nach Bedecken: die Mode.
  • 16:43 - 16:45
    Und weil wir dem Ticken
    der Zeit unterworfen sind,
  • 16:45 - 16:49
    haben wir die Musik erfunden.
  • 16:52 - 16:55
    Da Sterben ein notwendiger
    Teil des Lebens ist --
  • 16:55 - 16:58
    was können wir daraus erschaffen?
  • 17:00 - 17:03
    "Spiel" heißt nicht, dass wir Sterben
    auf die leichte Schulter nehmen,
  • 17:03 - 17:06
    oder dass wir eine bestimmte Art
    des Sterbens anpreisen.
  • 17:06 - 17:09
    Es gibt unverrückbare Berge des Kummers.
  • 17:09 - 17:12
    Auf die eine oder andere Art
    werden wir alle vor ihnen knien.
  • 17:13 - 17:18
    Ich fordere nur, dass wir Raum lassen --
    physischen wie geistigen Raum --,
  • 17:18 - 17:22
    in dem sich das Leben
    bis zum Ende entfalten kann,
  • 17:22 - 17:26
    so dass wir Altern und Sterben
    nicht aus dem Weg schieben,
  • 17:26 - 17:31
    sondern sie zu Prozessen werden lassen,
    die sich bis zum Ende steigern.
  • 17:33 - 17:37
    Das Problem "Tod" können wir nicht lösen.
  • 17:38 - 17:41
    Ich weiß, einige von Ihnen arbeiten daran.
  • 17:41 - 17:44
    (Gelächter)
  • 17:45 - 17:47
    In der Zwischenzeit können wir ...
  • 17:47 - 17:49
    (Gelächter)
  • 17:49 - 17:52
    Wir können dementsprechend gestalten.
  • 17:52 - 17:53
    Teile von mir starben schon,
  • 17:53 - 17:56
    und das gilt für uns alle,
    mehr oder weniger.
  • 17:57 - 17:59
    Ich musste mein Leben
    entsprechend umgestalten,
  • 17:59 - 18:03
    und es war eine wirkliche
    Befreiung zu erkennen:
  • 18:03 - 18:06
    Man kann immer wieder
    Schönheit oder Bedeutung finden
  • 18:06 - 18:08
    in genau dem Leben, das man noch hat,
  • 18:08 - 18:11
    wie der Schneeball,
    einen perfekten Moment lang,
  • 18:11 - 18:14
    während er die ganze Zeit weiter schmolz.
  • 18:15 - 18:21
    Wenn wir solche Augenblicke
    leidenschaftlich lieben,
  • 18:21 - 18:23
    dann können wir vielleicht
    lernen, gut zu leben --
  • 18:23 - 18:25
    nicht ungeachtet des Todes,
  • 18:25 - 18:27
    sondern wegen ihm.
  • 18:31 - 18:33
    Es soll der Tod sein, der uns fortnimmt,
  • 18:33 - 18:36
    nicht der Mangel an Fantasie.
  • 18:37 - 18:38
    Danke.
  • 18:38 - 18:46
    (Applaus)
Title:
Was am Ende des Lebens wirklich zählt
Speaker:
BJ Miller
Description:

Was wünschen wir uns für das Lebensende? Für viele ist es einfach nur Wohlbehagen, Respekt und Liebe. BJ Miller ist ein Arzt in einem Hospiz, der intensiv darüber nachdenkt, wie er seinen Patienten ein würdevolles Lebensende bereiten kann. Nehmen Sie sich die Zeit, diesen bewegenden Vortrag zu genießen, der große Fragen darüber stellt, wie wir über den Tod denken und das Leben würdigen.

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
19:07
Angelika Lueckert Leon approved German subtitles for What really matters at the end of life
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