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Entscheidungen treffen | Rolf Kunisch | TEDxBodensee

  • 0:17 - 0:19
    Klaus Reichert: Rolf Kunisch.
  • 0:21 - 0:26
    Wer Herrn Kunisch etwas
    kennengelernt hat, der merkt,
  • 0:26 - 0:31
    dass er sich selbst nicht
    laut in den Vordergrund stellt.
  • 0:31 - 0:33
    Was da aber passiert ist,
  • 0:33 - 0:36
    dass er sich automatisch da hin bewegt
  • 0:36 - 0:39
    oder von anderen bewegt wird,
  • 0:39 - 0:41
    das ist ein sehr interessantes Phänomen
  • 0:41 - 0:43
    und es passiert also von selbst.
  • 0:43 - 0:48
    Das Spannende, was ich von
    ihm gehört habe, fand ich,
  • 0:48 - 0:52
    dass für ihn seine Aufgaben, seine Firma,
  • 0:52 - 0:56
    und seine Produkte sehr stark
    im Fokus standen.
  • 0:56 - 1:00
    Herr Kunisch hat sehr viel
    in seinem Leben bewegt
  • 1:00 - 1:03
    und mein Eindruck ist,
  • 1:03 - 1:10
    dass er ein Mensch
    mit einem sehr großen Team
  • 1:13 - 1:17
    hinter, neben, unter sich ist,
  • 1:17 - 1:22
    dem er eine klare Führung gegeben hat.
  • 1:23 - 1:30
    Damit hat er diese Energien, die in dem
    Team, in den einzelnen Menschen stecken,
  • 1:31 - 1:35
    nicht in alle Richtungen verpuffen
    lassen, sondern kanalisiert,
  • 1:35 - 1:40
    auf ein Ziel, auf ein Ergebnis hin.
  • 1:40 - 1:47
    Ich glaube, dass er als Mensch diesem Team
    den Weg dahin gezeigt hat,
  • 1:47 - 1:50
    dass er zum Wohle der Gruppe, der Firma,
  • 1:50 - 1:53
    des Produktes, der Beteiligten
  • 1:53 - 1:59
    -- ohne "Kuscheln", aber auf eine
    andere Art und Weise --
  • 1:59 - 2:01
    beigetragen hat.
  • 2:01 - 2:04
    Ich freue mich jetzt sehr auf Ihren
    Vortrag, Herr Kunisch,
  • 2:05 - 2:07
    und bitte Sie auf die Bühne.
  • 2:08 - 2:10
    Rolf Kunisch: Guten Morgen.
  • 2:10 - 2:14
    Ich wollte mit Ihnen über
    Entscheidungen sprechen.
  • 2:15 - 2:19
    Also nicht über Energie,
    sondern über Entscheidungen,
  • 2:19 - 2:25
    mit denen man vielleicht
    energetisieren kann.
  • 2:25 - 2:30
    Die erste Entscheidung, über die ich
    sprechen kann, ist die, hier zu reden.
  • 2:30 - 2:33
    Dies war eigentlich
    nicht meine Entscheidung,
  • 2:33 - 2:36
    sondern es war die Entscheidung
    von Herrn Reichert,
  • 2:36 - 2:38
    der mich da bequatscht hat.
  • 2:38 - 2:40
    (Lachen)
  • 2:40 - 2:44
    Ich selbst wollte eigentlich
    gar nicht mehr reden,
  • 2:44 - 2:46
    vor allen nicht öffentlich,
  • 2:46 - 2:50
    weil ich im April diesen Jahres,
  • 2:50 - 2:53
    als ich 70 wurde, gesagt habe:
  • 2:53 - 2:56
    Über 70 muss man nicht mehr
    öffentlich reden,
  • 2:56 - 2:57
    man muss auch kein Hemd mehr anhaben,
  • 2:57 - 3:01
    man kann sich um seine Familie
    und um seine Enkel kümmern.
  • 3:01 - 3:04
    Das habe ich auch bis heute durchgehalten.
  • 3:04 - 3:08
    Ich probiere es noch einmal.
  • 3:09 - 3:12
    Ich bin, wenn Sie so wollen
    -- es klingt immer ein bisschen komisch --
  • 3:12 - 3:16
    ich bin, was man einen PIP nennt.
  • 3:16 - 3:19
    Sie wissen, was ein VIP ist:
  • 3:19 - 3:21
    Very Important Person
    [Sehr wichtige Person]
  • 3:21 - 3:23
    und ich bin die Nachfolge-Generation,
  • 3:23 - 3:27
    das sind die Previously Important Persons
    [Ehemals wichtige Personen].
  • 3:27 - 3:27
    (Lachen)
  • 3:27 - 3:31
    Diese erkennt man daran,
    dass sie jeden Absatz,
  • 3:31 - 3:35
    jeden Satz mit den Worten beginnen:
  • 3:35 - 3:38
    (Englisch) "Wissen Sie nicht,
    wie wichtig ich war?"
  • 3:39 - 3:41
    Und das interessiert keinen.
  • 3:41 - 3:45
    Das muss man aber lernen.
  • 3:46 - 3:52
    Und das lernen zu wollen,
    ist eine persönliche Entscheidung.
  • 3:52 - 3:56
    Herr Reichert sagte dann sehr nett:
  • 3:56 - 4:00
    "Wenn Sie mal Chef von
    einem MDAX-Unternehmen waren,
  • 4:00 - 4:03
    dann müssen Sie davon etwas weitergeben."
  • 4:03 - 4:06
    Und da hat er irgendwo
    einen Nerv getroffen,
  • 4:06 - 4:09
    weil die Frage von Entscheidungen:
  • 4:09 - 4:11
    Wie findet man Entscheidungen?
  • 4:11 - 4:13
    Wie findet man sie nicht?
  • 4:13 - 4:16
    Was bedeutet eine Entscheidung?,
  • 4:16 - 4:17
    extrem wichtig sind,
  • 4:17 - 4:19
    nicht nur im Geschäftsleben,
  • 4:19 - 4:22
    sondern vielleicht auch im Privatleben.
  • 4:22 - 4:24
    Davon wollte ich Ihnen etwas erzählen
  • 4:24 - 4:26
    und vielleicht auch die Frage stellen:
  • 4:26 - 4:28
    Wie kann man das lernen?
  • 4:28 - 4:31
    Wie kann man lernen zu entscheiden
  • 4:31 - 4:36
    und wie kann man verlernen zu entscheiden?
  • 4:36 - 4:40
    Darüber wollte ich zu Ihnen sprechen.
  • 4:42 - 4:45
    Werbung darf ich nicht machen,
  • 4:45 - 4:48
    also in diesem Haus rechts oben
  • 4:48 - 4:50
    habe ich 15 Jahre gesessen.
  • 4:50 - 4:52
    Das ist aus dem Web genommen
    und insofern nicht geheim.
  • 4:52 - 4:55
    [Bild der Beiersdorf-Zentrale]
  • 4:55 - 4:57
    Ich habe auch nicht vor,
    Produktwerbung zu machen.
  • 4:57 - 5:00
    Ich kann Ihnen eines der
    führenden Produkte zeigen,
  • 5:00 - 5:03
    [zeigt Nivea-Creme-Dose]
    damit Sie das einmal gesehen haben.
  • 5:08 - 5:11
    Beiersdorf ist ein Unternehmen
    kleinerer Größenordnung.
  • 5:11 - 5:16
    Es ist eines der kleinsten weltweiten
    Konsumgüter-Unternehmen.
  • 5:16 - 5:18
    Es hat einen Umsatz
    von etwa 6 Milliarden Euro,
  • 5:18 - 5:22
    davon sind 4 Milliarden die Marke Nivea.
  • 5:22 - 5:26
    Nivea gibt es in allen Ländern der Welt.
  • 5:26 - 5:33
    Wir haben etwa 70-80 Tochterunternehmen
    überall in der Welt,
  • 5:33 - 5:36
    in so fern habe ich viel Zeit
    verbracht mit Reisen,
  • 5:36 - 5:41
    aber auch hin und wieder mit Entscheiden.
  • 5:41 - 5:47
    Die große Frage ist:
    Wie kommt man da oben rechts hin?
  • 5:47 - 5:50
    Ich will das sehr kurz fassen,
  • 5:50 - 5:52
    aber dazu braucht man
    ein paar wichtige Entscheidungen.
  • 5:52 - 5:58
    Die erste große Entscheidung
    in meinem Leben war nicht: "Hier rauf",
  • 5:58 - 6:01
    die erste große Entscheidung war,
  • 6:01 - 6:04
    dass ich mich 1953 entschlossen habe,
  • 6:04 - 6:07
    einen Mercedes haben zu müssen.
  • 6:07 - 6:11
    Das war 1953 nicht so üblich,
    das man ein Mercedes hatte.
  • 6:11 - 6:13
    Es gab in unserem Ort
    einen Einzigen, der einen hatte.
  • 6:13 - 6:15
    Das war ein Fabrikdirektor,
  • 6:15 - 6:17
    von einer, wie ich heute weiß,
    sehr kleinen Fabrik,
  • 6:17 - 6:19
    aber der hatte einen Mercedes,
  • 6:19 - 6:20
    und das war toll.
  • 6:20 - 6:22
    Warum ist das hier entscheidend?
  • 6:22 - 6:24
    Das ist eine fundamentale
    Lebensausrichtung.
  • 6:24 - 6:26
    Die muss man nicht nachmachen,
  • 6:26 - 6:27
    sie war sehr materialistisch,
  • 6:27 - 6:30
    und die können Sie nur verstehen,
    wenn Sie wissen,
  • 6:30 - 6:34
    wie beschissen es 1953
    auf der Welt noch war.
  • 6:34 - 6:36
    Als ich in die Schule gekommen bin,
  • 6:36 - 6:38
    gab es keine Währung,
  • 6:38 - 6:40
    sondern nur Kungeln mit Zigaretten.
  • 6:40 - 6:43
    Als ich 7 Jahre alt war, kam die D-Mark
  • 6:43 - 6:46
    und plötzlich konnte man
    mit Papier etwas kaufen.
  • 6:46 - 6:49
    Das war für uns
    eine völlig neue Erfahrung.
  • 6:49 - 6:52
    Das heißt, zu sagen: "Ich will
    einen Mercedes", klingt banal,
  • 6:52 - 6:55
    ist aber eine wichtige Entscheidung.
  • 6:55 - 6:57
    Auf dem Weg nach oben
  • 6:57 - 7:00
    war die erste, naheliegendste
    Entscheidung meiner Familie:
  • 7:00 - 7:02
    Er muss Jurist werden,
    wie alle anderen auch.
  • 7:02 - 7:05
    Er muss in Marburg studieren,
  • 7:05 - 7:07
    weil das Studiengeld-frei ist --
    ich bin Nord-Hesse.
  • 7:07 - 7:10
    Dann kann man auch in dieselbe
    Korporation gehen wie der Vater.
  • 7:10 - 7:14
    Es war also alles fest und vorbestimmt.
  • 7:14 - 7:17
    Mit 16-17 Jahren habe ich dann
    den normalen Koller gekriegt,
  • 7:17 - 7:20
    habe gesagt: Ich mache das alles anders.
  • 7:20 - 7:22
    Das war damals nicht so einfach,
  • 7:22 - 7:24
    denn außer Marburg gab es nur noch Gießen,
  • 7:24 - 7:26
    Kassel gab es noch nicht,
  • 7:26 - 7:28
    und Gott sei Dank Darmstadt.
  • 7:28 - 7:30
    Darmstadt hatte den Vorteil,
  • 7:30 - 7:32
    dass es sehr weit von Arolsen weg ist
  • 7:32 - 7:35
    und ich immer 200 km von zu Hause weg war.
  • 7:35 - 7:37
    So habe ich beschlossen,
    nach Darmstadt zu gehen
  • 7:37 - 7:40
    und Wirtschaftsingenieur zu werden.
  • 7:40 - 7:42
    Damals wusste kein Mensch, was das ist,
  • 7:42 - 7:44
    heute wissen es ja ein paar Leute.
  • 7:44 - 7:46
    Das war damals ganz neu,
    ich fand das toll.
  • 7:46 - 7:48
    Ich hatte keine Ahnung, was das ist,
  • 7:48 - 7:50
    aber der Name war so toll,
  • 7:50 - 7:52
    dass ich ihn immer wieder benutzt habe.
  • 7:52 - 7:55
    Nachdem ich 2 Jahre erzählt hatte:
    "ich werde Wirtschaftsingenieur",
  • 7:55 - 7:57
    musste ich es ja dann auch machen.
  • 7:57 - 7:59
    So kam ich nach Darmstadt
    und nicht nach Marburg.
  • 7:59 - 8:02
    Eine relativ schwierige Entscheidung,
  • 8:02 - 8:05
    sich in diesem Alter
    gegen die Familie aufzulehnen,
  • 8:05 - 8:07
    aber nicht unüblich.
  • 8:07 - 8:09
    Die zweite Entscheidung
    war wesentlich schwieriger.
  • 8:09 - 8:12
    Ich war dann Assistent an der Uni Köln,
  • 8:12 - 8:18
    und sollte und wollte die
    wissenschaftliche Laufbahn beschreiten,
  • 8:18 - 8:23
    kriegte aber ein Gehalt von 1024 D-Mark.
  • 8:23 - 8:25
    Für die Wohnung zahlte ich 500 D-Mark
  • 8:25 - 8:28
    und meine Frau wurde schwanger.
  • 8:28 - 8:29
    Es war einfach abzusehen,
  • 8:29 - 8:33
    dass das mit 1024 D-Mark
    nicht gut zu machen war.
  • 8:33 - 8:36
    Dann stieß ich auf eine Anzeige
    von Procter & Gamble,
  • 8:36 - 8:38
    die fragten in der Headline:
  • 8:38 - 8:40
    "Wollen Sie viel Geld verdienen?"
  • 8:40 - 8:42
    Das fand ich gut.
  • 8:42 - 8:44
    (Lachen)
  • 8:44 - 8:46
    Dann habe ich also bei dieser,
  • 8:46 - 8:49
    damals völlig unbekannten Firma
    Procter & Gamble angefangen.
  • 8:49 - 8:51
    Die hatten damals die Rei-Werke.
  • 8:55 - 8:59
    Procter & Gamble war damals
    die Marketing-Schule der Nation,
  • 8:59 - 9:00
    gerade in Amerika.
  • 9:00 - 9:04
    Wenn einer etwas werden wollte,
  • 9:04 - 9:06
    ging er zu Procter & Gamble,
  • 9:06 - 9:09
    lernte dort Marketing
    und ging dann woanders hin.
  • 9:09 - 9:11
    Es klingt blöd, aber es gibt
    da schöne Beispiele.
  • 9:11 - 9:15
    Jeff Immelt von General Electric
    hat da als Assistent gesessen,
  • 9:15 - 9:20
    und Margaret Whitman,
    die jetzt bei Hewlett Packard ist,
  • 9:20 - 9:21
    hat da gesessen.
  • 9:21 - 9:23
    Also, es war die Schule der Nation.
  • 9:23 - 9:26
    Es war schön und ich habe es da
    zum Produktmanager geschafft,
  • 9:26 - 9:30
    erst einmal in Deutschland
    und dann in den USA.
  • 9:30 - 9:32
    Die dritte wichtige Entscheidung war,
  • 9:32 - 9:36
    als mich Procter & Gamble in das
    Reich der Sowjetunion versetzte, 1989,
  • 9:36 - 9:38
    stellte ich relativ schnell fest,
  • 9:38 - 9:41
    dass das nicht unbedingt mein Ding war.
  • 9:41 - 9:44
    Zumal meine Russisch-Kenntnisse
    sehr beschränkt sind.
  • 9:44 - 9:48
    Aber ich war General Manager
    Eastern Europe and Soviet Union.
  • 9:48 - 9:52
    Dann erreichte mich
    ein Headhunter und sagte,
  • 9:52 - 9:56
    er wolle mir einen Job
    bei Beiersdorf anbieten.
  • 9:56 - 9:59
    Daraufhin bin ich dann
    zu Beiersdorf gegangen
  • 9:59 - 10:04
    und habe das die letzten
    15 Jahre lang gemacht.
  • 10:14 - 10:16
    Die wichtigste Entscheidung,
  • 10:16 - 10:20
    die ich in meinem Leben
    bei Beiersdorf zu machen hatte,
  • 10:20 - 10:24
    war die Frage: Verkaufen wir die Firma
    an Procter & Gamble oder nicht?
  • 10:24 - 10:27
    Das war vor etwa 10 Jahren.
  • 10:28 - 10:31
    Das war die damalige Presse.
  • 10:35 - 10:40
    [(Englisch) Beiersdorf zu übernehmen,
    wird nicht leicht werden", Kunisch.]
  • 10:41 - 10:45
    Die Presse sagte: (Englisch) "Kunisch
    wird es denen nicht leicht machen,
  • 10:45 - 10:48
    die Beiersdorf übernehmen wollen."
  • 10:48 - 10:51
    (Deutsch) Das war eine ganz
    schwierige Entscheidung.
  • 10:51 - 10:52
    Ich wusste von Procter & Gamble,
  • 10:52 - 10:55
    dass wenn Procter & Gamble
    eine Firma kaufen will,
  • 10:55 - 10:58
    sie diese auch kauft.
  • 10:58 - 11:01
    Es gab keinen Fall,
    wo das gescheitert ist.
  • 11:01 - 11:05
    Die Frage, die ich damals mit meiner Frau
    zu beantworten hatte, war:
  • 11:05 - 11:10
    Wehren wir uns, mit der hohen
    Wahrscheinlichkeit zu scheitern?
  • 11:10 - 11:13
    Oder machen wir mit,
  • 11:13 - 11:17
    mit der hohen Wahrscheinlichkeit,
    viel Geld zu verdienen?
  • 11:17 - 11:19
    Das ist eine sehr schwierige Entscheidung.
  • 11:19 - 11:23
    Gott sei Dank ist Beiersdorf
    heute noch selbständig
  • 11:23 - 11:26
    und Beiersdorf ist selbständig geblieben,
  • 11:26 - 11:28
    nicht durch meinen Verdienst,
  • 11:28 - 11:30
    sondern die Stadt Hamburg
    ist eingesprungen
  • 11:30 - 11:33
    und hat 1 Milliarde Mark
    auf den Tisch gelegt und es gekauft.
  • 11:33 - 11:35
    Das war eine gute Investition,
  • 11:35 - 11:38
    denn heute ist Beiersdorf noch
    guter Steuerzahler in Hamburg.
  • 11:38 - 11:40
    Das wäre er sonst nicht mehr.
  • 11:40 - 11:42
    Eine extrem schwierige Entscheidung.
  • 11:43 - 11:45
    Und meine letzte Entscheidung war,
  • 11:45 - 11:47
    das hatte ich schon angedeutet:
  • 11:47 - 11:49
    Wann höre ich freiwillig auf?
  • 11:49 - 11:51
    Die ist auch schwierig,
  • 11:51 - 11:54
    weil wenn man plötzlich nicht mehr
    so richtig wichtig ist,
  • 11:54 - 11:57
    dann hat man damit Probleme.
  • 11:57 - 12:00
    Entscheidungsfindung,
    meine Damen und Herren,
  • 12:00 - 12:03
    ist ein extrem schwieriges Thema.
  • 12:03 - 12:06
    Warum ist das so schwierig?
  • 12:06 - 12:08
    Sie kennen die Extreme:
  • 12:08 - 12:11
    Wir sprechen umgangssprachlich
    von der Last der Entscheidung,
  • 12:11 - 12:16
    oder wir billigen einem Menschen
    Entscheidungsfreude zu.
  • 12:16 - 12:19
    Es ist weder das Eine noch das Andere.
  • 12:19 - 12:21
    Es ist, wie ich meine,
  • 12:21 - 12:25
    eine Notwendigkeit,
    unser Leben zu bestimmen.
  • 12:25 - 12:28
    Da muss man sich manchmal entscheiden.
  • 12:28 - 12:31
    Und das fällt schwer,
  • 12:31 - 12:36
    weil man mit der Entscheidung
    Optionen eliminiert.
  • 12:36 - 12:40
    Und wir leben gerne in Optionen.
  • 12:40 - 12:43
    Wir lassen gerne Sachen offen.
  • 12:43 - 12:46
    Die Entscheidung beendet das
  • 12:46 - 12:48
    und das macht es so schwierig.
  • 12:48 - 12:52
    Da Ja-Sagen ist noch relativ einfach.
  • 12:52 - 12:55
    Das Nein-Sagen ist extrem schwierig,
  • 12:55 - 12:57
    aber extrem wichtig.
  • 12:58 - 13:01
    Das beste Beispiel ist die Eheschließung,
  • 13:01 - 13:03
    nach dem Motto:
  • 13:03 - 13:04
    "Man kann ja nicht alle heiraten."
  • 13:04 - 13:08
    Das bedeutet also eine Festlegung.
  • 13:08 - 13:11
    Und Festlegungen mögen wir nicht.
  • 13:11 - 13:14
    Weswegen die modernen Medien
    uns auch erlauben,
  • 13:14 - 13:17
    uns nicht mehr festzulegen,
  • 13:17 - 13:22
    d. h. alles, was Sie heute
    so tun, mit chatten usw. ...
  • 13:22 - 13:24
    Ein ganz einfaches Beispiel:
  • 13:24 - 13:26
    Wo gehen wir heute Abend hin?
  • 13:26 - 13:28
    Was machen wir heute Abend?
  • 13:28 - 13:33
    Dies ist ein Thema, das man heute
    bis 7 oder 8 Uhr abends bespricht,
  • 13:33 - 13:36
    bevor man sich festlegt.
  • 13:36 - 13:38
    Ganz früher war das anders.
  • 13:38 - 13:41
    Ganz früher konnte man
    mit dem Telefon anrufen,
  • 13:41 - 13:45
    aber diese kontinuierliche Information,
  • 13:45 - 13:50
    das Immer-erreichbar-sein
    gab es früher nicht.
  • 13:50 - 13:53
    Wenn meine erste Tochter
    telefonieren wollte,
  • 13:53 - 13:55
    gab es ein Telefon im Haus.
  • 13:55 - 13:57
    Das war an einer
    deutlich sichtbaren Stelle.
  • 13:57 - 13:59
    Wenn man sich verabreden wollte,
  • 13:59 - 14:00
    musste man dahin,
  • 14:00 - 14:02
    und die ganze Familie konnte hören,
  • 14:02 - 14:04
    was du da gesagt hat.
  • 14:04 - 14:05
    Das war unangenehm.
  • 14:05 - 14:07
    Die zweite Tochter hatte schon Glück,
  • 14:07 - 14:09
    da gab es die sogenannten Schnurlosen.
  • 14:09 - 14:12
    -- den Begriffe kennen Sie
    wahrscheinlich nicht mehr --
  • 14:12 - 14:15
    und damit konnte man schon
    in sein eigene Zimmer gehen,
  • 14:15 - 14:17
    wenn der Empfang stark genug war
  • 14:17 - 14:19
    und die Tür nicht ganz zu war.
  • 14:19 - 14:21
    Aber man konnte sich zurückziehen.
  • 14:21 - 14:23
    Eine ganz andere Qualität der Verabredung.
  • 14:23 - 14:25
    Danach kamen die Handys
  • 14:25 - 14:29
    und heute sind Sie natürlich mit
    Chat-Möglichkeiten und dem Internet
  • 14:29 - 14:32
    sowieso simultan mit vielen verbunden,
  • 14:32 - 14:35
    ohne dass Ihr Vater
    oder Ihre Mutter das mitkriegt.
  • 14:35 - 14:40
    Das heißt die ganz simple Frage
    "Was tun wir heute Abend?",
  • 14:40 - 14:43
    wo man sich früher am Vormittag
    entscheiden musste,
  • 14:43 - 14:46
    braucht man heute erst
    abends um 7 [Uhr] zu entscheiden.
  • 14:46 - 14:48
    Das ist etwas, das einem dabei hilft,
  • 14:48 - 14:51
    Entscheidungsfreude zu verlernen.
  • 14:51 - 14:54
    Und mein Punkt ist der:
  • 14:54 - 14:57
    Bemühen Sie sich -- da werde ich gleich
    noch ein paar Worte dazu sagen --
  • 14:57 - 15:01
    einmal Entscheidungen zu treffen,
  • 15:01 - 15:03
    auch wenn es weh tut.
  • 15:03 - 15:08
    Ich benutze jetzt einmal
    als Illustration die Wirtschaft.
  • 15:08 - 15:11
    Da müssen Sie Entscheidungen treffen.
  • 15:11 - 15:15
    Dazu müssen Sie sich klar werden.
  • 15:15 - 15:17
    Man nennt das Strategie.
  • 15:17 - 15:21
    Das ist ganz simpel
    ein Plan zu einem Ziel,
  • 15:21 - 15:24
    und man überlegt sich,
    was zu dem Ziel führt.
  • 15:24 - 15:27
    Für die Strategie entwickelt man Optionen,
  • 15:27 - 15:30
    also: "Wo bin ich stark?
    Wo ist meine Firma stark?
  • 15:30 - 15:32
    Wo sind die Anderen schwach?"
  • 15:32 - 15:35
    Dann wählt man aus, welches
    die stärksten Punkte sind,
  • 15:35 - 15:40
    und Entscheidungen, die zu den
    stärksten Punkten beitragen,
  • 15:40 - 15:43
    helfen, sie zu verstärken,
  • 15:43 - 15:46
    sind dann die Entscheidungen.
  • 15:46 - 15:50
    Das heißt, Sie brauchen einen Maßstab
    für die Entscheidungen.
  • 15:51 - 15:53
    Es ist eine Wahl zwischen Alternativen.
  • 15:53 - 15:57
    Wir sprechen nicht von den
    emotionalen Entscheidungen,
  • 15:57 - 16:00
    die auch wichtig sind, zu denen
    ich aber nichts sagen kann,
  • 16:00 - 16:02
    die müssen Sie selbst treffen,
  • 16:02 - 16:04
    aber es gibt rationale Entscheidungen.
  • 16:04 - 16:08
    Und den Leitfaden für diese
    rationalen Entscheidungen
  • 16:08 - 16:12
    müssen Sie Ihrer Strategie,
    Ihrer Zielrichtung entnehmen.
  • 16:12 - 16:15
    Mein Vorschlag an Sie ist,
  • 16:15 - 16:17
    sich auch mal selbst zu überlegen,
  • 16:17 - 16:19
    nicht täglich, aber so alle 3-4 Monate:
  • 16:19 - 16:21
    Wo will ich eigentlich hin?
  • 16:21 - 16:23
    Wo sind meine Stärken?
  • 16:23 - 16:26
    Was sind meine Schwächen?
  • 16:26 - 16:28
    Wie will ich gesehen werden von außen?
  • 16:28 - 16:31
    Wie will ich selbst mich sehen?
  • 16:31 - 16:34
    All das sind strategische Fragen
    für Ihr persönliches Leben,
  • 16:34 - 16:36
    für Ihre Zukunft.
  • 16:36 - 16:39
    Die müssen Sie entscheiden
  • 16:39 - 16:41
    und dann müssen Sie abwägen.
  • 16:41 - 16:43
    Was ist mir eigentlich wirklich wichtig?
  • 16:43 - 16:44
    Das ist der schwierigste Teil.
  • 16:44 - 16:47
    Was ist mir wirklich wichtig?
  • 16:47 - 16:49
    Wenn Sie das entschieden haben,
  • 16:49 - 16:52
    dann können Sie Entscheidungen
    danach ausrichten.
  • 16:52 - 16:53
    Zurück zu meinem Beispiel:
  • 16:53 - 16:55
    Wenn dir der Mercedes
    wirklich wichtig ist,
  • 16:55 - 16:58
    musst du eben Geld verdienen,
    und musst sagen:
  • 16:58 - 17:01
    Ich nehme ein paar Ungemache auf mich,
    um Geld zu verdienen,
  • 17:01 - 17:03
    um viel Geld zu verdienen.
  • 17:03 - 17:05
    Sie können das Entscheiden auch üben.
  • 17:05 - 17:08
    Wenn Sie sich einmal in der Woche
    hinsetzen am Montagmorgen
  • 17:08 - 17:11
    und fragen: Was will ich
    diese Woche erreichen?
  • 17:11 - 17:14
    Und dann am Freitag hinsetzen
    und schauen: Was habe ich erreicht?
  • 17:14 - 17:16
    Dann gibt es verschiedene Möglichkeiten.
  • 17:16 - 17:18
    Wenn Sie nichts erreicht haben,
  • 17:18 - 17:21
    dann sind entweder Ihre Ziele
    nicht richtig oder nicht wichtig,
  • 17:21 - 17:24
    oder Sie waren unehrlich zu sich selbst.
  • 17:24 - 17:26
    Wenn Sie alle erreicht haben,
  • 17:26 - 17:28
    gilt das selbe von der anderen Seite.
  • 17:28 - 17:32
    Das heißt, die Frage stellen:
    Was will ich in dieser Woche,
  • 17:32 - 17:36
    in diesem Jahr, in diesem Leben erreichen?
  • 17:36 - 17:39
    Was ist mir eigentlich wirklich wichtig?,
  • 17:39 - 17:43
    und danach als
    Entscheidungsrahmen zu handeln.
  • 17:43 - 17:46
    Dazu wollte ich Sie einladen.
  • 17:46 - 17:48
    Fangen Sie am Montag an
  • 17:48 - 17:50
    und überlegen Sie,
    was Sie heute Abend machen.
  • 17:50 - 17:52
    Das ist alles ganz simpel,
  • 17:52 - 17:55
    führt aber dazu, sich auch
    langfristig zu überlegen:
  • 17:55 - 17:58
    Was bin ich? Was will ich sein?
  • 17:58 - 18:01
    Was will ich erreichen
    oder nicht erreichen?
  • 18:01 - 18:03
    Das sind Ihre Entscheidungen.
  • 18:03 - 18:08
    Danach kommt noch, was vorher
    hier bei Goethe schon anklang:
  • 18:08 - 18:11
    "Die Entscheidung ist schön und wichtig,
  • 18:11 - 18:13
    aber die Umsetzung genauso entscheidend,
  • 18:13 - 18:17
    sonst bleibt es eine Gedankensimulation."
  • 18:17 - 18:18
    Ein tolles Wort.
  • 18:18 - 18:22
    Sie brauchen Entscheidungen,
  • 18:22 - 18:24
    um aus der Gedankensimulation
  • 18:24 - 18:26
    ins wahre Leben rein zu kommen.
  • 18:26 - 18:28
    Schönen Dank.
  • 18:28 - 18:30
    (Applaus)
Title:
Entscheidungen treffen | Rolf Kunisch | TEDxBodensee
Description:

Dieser Vortrag wurde bei einem TEDx-Event gehalten, der dem Format für TED-Konferenzen entspricht, aber eigenständig von einem lokalen Veranstalter organisiert wurde. Erfahren Sie mehr unter http://ted.com/tedx.
Die Beiersdorf AG ist eines der traditionsreichsten und bekanntesten Unternehmen Deutschlands. Zu ihr gehören so namhafte Marken wie Nivea, Labello oder Tesa – Rolf Kunisch war elf Jahre lang Vorstandsvorsitzender dieses Unternehmens und erzählt bei TEDxBodensee, dass das Leben eine Abfolge von sehr persönlichen Entscheidungen ist. Nur das zu tun, was andere von einem erwarten – genau davon rät er ab. Stattdessen setzt er sich dafür ein, dass jeder seinen eigenen Weg finden kann und soll, immer getreu dem Motto "Tue das, was du tust, mit Lust und Liebe – und das gut".

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Video Language:
German
Team:
closed TED
Project:
TEDxTalks
Duration:
18:41

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