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35C3 Vorspannmusik
-
Herald: Ja. Ich bin sehr froh, dass ihr
alle da seid. So viele Leute. Supertoll.
-
Und ich freue mich sehr, dass ich heute
zwei ganz besondere Gäste ankündigen darf,
-
die auch ein bisschen bekannt sind. Ist
zum einen der André Meister. Und zum
-
anderen der Ulf Buermeyer. Und die halten
den folgenden Talk für euch:
-
„Funkzellenabfrage – Überwachung für
alle.“ Und ich wünsche euch viel Spaß.
-
André Meister: Hallo.
Ulf Buermeyer: Herzlich willkommen. Schön,
-
dass ihr alle da seid. Auch Horst Seehofer
freut sich sehr, euch zu sehen. Wir
-
erzählen was über Funkzellenabfragen, das
unbekannte Wesen.
-
A: Ich würde gern mal das Publikum
kurz befragen. Wer weiß denn schon, was
-
eine Funkzellen[ab]frage ist? Oh, die
Hälfte, würde ich mal sagen. Na, das ist
-
doch gut. Fortbildung.
U: Die andere Hälfte erfährt's heute.
-
A: Und die anderen erfahren neue
Details.
-
U: Wir erzählen ein bisschen was
darüber, was ist denn eigentlich das
-
Problem bei den Funkzellenabfragen? Und
noch viel wichtiger: Was kann man
-
eigentlich dagegen tun? Was wir euch nicht
sagen, ist, ganz im Detail, was eigentlich
-
ein Mobilfunknetz ist, denn das können
andere Leute viel besser.
-
A: Das haben Harald Welte und Dieter
Spaar schon auf vielen Kongressen gemacht,
-
unter anderem vor zehn Jahren, war es
ziemlich genau, als sie zum ersten Mal ihr
-
Open Source Mobile Communications Network
Osmocom vorgestellt haben. Nicht nur, wie
-
ein Mobilfunknetz aufgebaut ist,
funktioniert, sondern auch, wie man ein
-
eigenes betreiben kann, was ja auch hier
wieder auf dem Kongress ist. Auf diese
-
Arbeit bauen wir auf. Wir klären nicht im
Detail, wie ein Netz funktioniert, aber
-
einen kleinen Aspekt davon.
U: In der Tat. Wir fragen einen
-
Fachmann, wie das so funktioniert, mit den
Handys. Das ist immerhin der zuständige
-
Fachminister, und der hat uns erzählt,
dass Mobilfunknetze aus einzelnen
-
Funkzellen bestehen. Das heißt, jedes
Endgerät, jedes Handy, was immer man so
-
einhängen/einklinken kann in ein
Mobilfunknetz, kommuniziert zu jedem
-
Zeitpunkt mit genau einer Funkzelle oder
mit keiner. Und damit lässt sich jede
-
Kommunikation eines solchen Endgeräts
genau einer Funkzelle zuordnen.
-
A: Das ist ja auch logisch: Wenn es
nicht funken würde, hätte es ja auch
-
keinen Empfang. Wie hier in Kleßen-Görne,
so ein lustiges Dorf in Brandenburg, wo
-
der Minister Scheuer extra einen neuen
Mast hingestellt hat. Aber genau nur, wenn
-
die Masten stehen, kann man mit dem Netz
kommunizieren, und dann weiß das Netz aber
-
auch, wo das Gerät ist.
U: Denn die Position der Funkzellen ist
-
bekannt.
So ein Netzbetreiber weiß natürlich mehr
-
oder weniger genau,
wo er seine Masten hingestellt hat. Mit
-
anderen Worten: Jede Kommunikation, die
über so ein Mobilfunknetz läuft, ist auch
-
örtlich genau zuzuordnen. Das ...
A: Das weiß nicht nur der
-
Netzbetreiber, wo die Masten sind. Das ist
öffentliche Information, die sieht man,
-
die kann man messen. Die Geräte wissen es
ja auch, sonst wüssten sie nicht, mit was
-
sie funken können. Das hier ist ein Auszug
der ... wie heißt die Route? OpenCellID.
-
Eine offene Karte im Sinne von
OpenStreetMap, wo man eben gemeinsam diese
-
Mobilfunkmasten kartografieren kann. Und
das ist ein Auszug von der Leipziger
-
Messe, wo hier überall Funkmasten
rumstehen, wenn sich eure Mobilfunkgeräte
-
nicht nur mit dem WLAN hier verbinden.
U: Und wenn so Mobilfunkgeräte mit einem
-
Netz kommunizieren, mit einer Funkzelle
kommunizieren, dann fallen bei jedem, bei
-
jeder Kommunikation sogenannte
Verkehrsdatensätze an. Und diese
-
Datensätze enthalten eine ganze Menge
einzelner Felder. Das haben wir jetzt für
-
euch mal hier auf die Karte geworfen. Oder
... genau. Das sind also die verschiedenen
-
Datensätze, die angefallen sind bei dem
Provider von Malte Spitz. Malte Spitz,
-
falls ihr den kennt, auch ein
Datenschutzaktivist, früher mal bei den
-
Grünen aktiv, der hat mal bei seinem
Provider alle Mobilfunkdaten abgefragt,
-
die dieser Provider über ihn gespeichert
hat. Also seine Vorratsdaten und eine
-
ganze Menge weiterer Daten. Und hier läuft
jetzt, ich glaub elf Minuten lang durch,
-
was einige Wochen Kommunikationen von
Malte Spitz ist aus dem Jahr 2009, wenn
-
ich es richtig weiß. Und das Spannende ist
eben, dass so viele verschiedene
-
Datenfelder erfasst werden bei jeder
einzelnen Kommunikation zwischen Endgerät
-
und Netz.
A: Genau. Das sind die Daten von nur
-
einer einzigen Person von ausgewählten
Tagen. Aber für jede einzelne
-
Kommunikation, die dieses Mobilgerät mit
dem Netz macht, wird ein Datenbankeintrag
-
erzeugt. Der hat 29 Felder, 29
Einzeldaten. Da steht drinne: Beginn und
-
Ende der Kommunikation, Zeitzone, aber
auch welcher Dienst genutzt wurde.
-
Telefonie ist so ungefähr ein Viertel, SMS
sind heutzutage nur noch zwei Prozent,
-
aber ganz wichtig. Mobilfunk- ... Quatsch,
Internetverbindungen. Jedes Mal, wenn
-
dieser Twitter oder dieses WhatsApp oder
was auch immer alles da für Apps ins
-
Internet funkt, jedes einzelne Mal wird
auch so ein Datenbankeintrag bei Teleko–,
-
äh bei eurem Mobilfunkanbieter generiert
eben mit den 29 Datentypen. Unter anderem
-
noch, welche ... was für eine Verbindung
ist, die Rufnummer, ganz wichtig, die SIM-
-
Nummer, also die IMSI, aber auch die
Geräte-Handynummer, äh die Geräte-
-
Seriennummer, die E-Mail, die IP-Adresse
im internen Netz und die öffentliche IP-
-
Adresse, (...) Access-Point-Name und dann
ganz wichtig: die Funkzelle. Jede
-
Mobilfunkzelle, eben mit der das Handy
kommuniziert, hat eine eigene, global
-
eindeutige Kenn-ID, die besteht aus einer
Länderkennung, einer Netzkennung, einer
-
Ortskennung und einer Zellen-ID. Und die
zusammengenommen eben mit den Ortsdaten
-
sind sechs oder sieben dieser
Datenbankfelder, woraus ersichtlich ist:
-
Das Handy hat eine SMS bekommen um diese
Uhrzeit und war dabei in dieser Zelle.
-
Dann sind noch ein paar extra Daten wie
eine WLAN-Hotspot-Kennung oder so, das oft
-
nicht verwendet wird. Aber das sind diese
ominösen Verkehrsdaten, die bei der
-
Vorratsdatenspeicherung verpflichtet
werden zu speichern. Und wie lange werden
-
die gespeichert?
U: Das kommt jetzt ... töck! Genau. Das
-
ist nämlich die zentrale Frage: Wie lange
werden sie denn eigentlich gespeichert?
-
Bei der Vorratsdatenspeicherung war es so,
dass die Datensätze im Prinzip zehn Wochen
-
lang gespeichert werden mussten von den
Providern.
-
A: Bei der neuen.
U: Bei der neuen.
-
A: Bei der alten waren es sechs
Monate. Jetzt sind es theoretisch zehn
-
Wochen.
U: Genau. Die Standortdaten in
-
Anführungsstrichen "nur vier Wochen". Aber
was das bedeutet, haben wir ja bei Malte
-
Spitz’ Daten eben schon gesehen. Und das
Problem dabei ist: Diese
-
Vorratsdatenspeicherung ist zwar zurzeit
durch eine Gerichtsentscheidung vor dem
-
Oberverwaltungsgericht für das Land
Nordrhein-Westfalen de facto ausgesetzt.
-
Die Frage ist aber, ob die Provider nicht
die Datenfelder mehr oder weniger
-
freiwillig trotzdem speichern. Der Spiegel
hat vor einigen Jahren mal recherchiert,
-
wie lange die Provider gespeichert haben,
bevor die letzte, zweite
-
Vorratsdatenspeicherung in Kraft getreten
ist. Das sind die Daten, die wir hier mal
-
auf die Folie geworfen haben. Da waren es
netzintern zwischen null und 180 Tage, je
-
nach Netz. Wir wissen nicht ganz genau,
wie das heute gehandhabt wird. Wie gesagt:
-
Die Vorratsdatenspeicherung ist eigentlich
zurzeit nicht verpflichtend, aber es wäre
-
nicht ganz fernliegend zu sagen, dass die
Provider das möglicherweise einfach
-
genauso machen wie vor Inkrafttreten der
Vorratsdatenspeicherung. Wie gesagt, das
-
ist ohne Gewähr. Die Daten sind von vor
dem Inkrafttreten der letzten
-
Vorratsdatenspeicherung, aber ansonsten
ist die Rechtslage im Grunde identisch.
-
Deswegen, wahrscheinlich werden die Daten
quasi freiwillig doch recht lange noch
-
weiterhin gespeichert, auch ohne
Speicherverpflichtung.
-
André: Genau. In der Praxis zeigt sich,
dass es meistens mindestens einen Monat,
-
mit VDS eben bis zu drei Monaten, aber
manchmal gerne auch sechs für
-
Abrechnungszwecke und Netz-Debugging und
so und irgendwann wollen die Provider
-
diese Daten auch mal kommerziell nutzen.
Aber das ist noch ein ganz anderer
-
Vortrag.
U: Genau. So ...
-
A: Ja, diese Daten sehen erst mal nach
einer langweiligen Tabelle aus, aber die
-
verraten ziemlich viel über einzelne
Personen. Die verraten unter anderem ...
-
Das sind, ist eine Auswertung aus den
Daten von Malte Spitz aus dem Datensatz,
-
der vorhin durchgelaufen ist. Und das
zeigt das Verbindungsnetzwerk von Malte
-
aus seinen Vorratsdaten. Die Punkte sind
jeweils Kommunikationspartner, die
-
miteinander kommuniziert haben, und er ist
irgendwo ein zentraler Punkt in der Mitte.
-
Jetzt haben wir aber glaube ich gecheaten,
und das sind seine E-Mail-Daten. Aber
-
jedenfalls ist die, ähm, das soziale
Netzwerk gar nicht der entscheidende
-
Faktor bei der Funkzellenabfrage, sondern
das andere Video mit den Ortsdaten.
-
U: Das haben wir nicht dabei.
A: Das ist tatsächlich nicht drin.
-
Das wäre das Wichtige.
Gelächter
-
Ulf: Wir sollen ja schnell machen!
André: Das Projekt „Verräterisches Handy“
-
von Zeit Online wo man eben ... Du machst
das jetzt live?
-
U: Ja klar. Nee, das war es nicht.
Welches meinst du?
-
A: Das unten. Das ganz unten.
U: Das da? Das ganz unten, okay.
-
A lacht
U: Ja, das nennt sich Live-Hack hier.
-
So, bitteschön!
A: Und das sind jeweils nur Daten eben
-
aus seinen Verkehrsdatensätzen und den
Ortsdaten der Mobilfunkzellen, wo der
-
Malte Spitz so war. Und wenig überraschend
ist das ziemlich genau, weil man ja weiß,
-
wo diese Masten stehen und keine ewig
lange Sendefrequenz haben, dass man daraus
-
erkennen kann, wo sich jemand aufhält, wo
jemand reist, zu welchen Vorträgen jemand
-
geht und wenn, äh, wo jemand schläft und
wo diese Person schläft, wenn sie nicht zu
-
Hause schläft. All das geht aus diesen
Daten hervor und das von nur einer
-
einzigen Person. Bei der Funkzellenabfrage
ist nicht nur die Daten von einer Person
-
und nicht die vollständigen Daten einer
Person, aber da kommen wir jetzt drauf.
-
U: Genau.
kurze Sprechpause
-
A: Genau, wir haben ein Beispiel
mitgebracht von einer konkreten
-
Funkzellenabfrage, wie es die Polizei in
Berlin mal durchgeführt hat.
-
U: Genau, jetzt seht ihr hier zunächst
mal, das ist die Anregung der Polizei,
-
das heißt also, da schreibt dann der
zuständige Beamte einen Bericht an die
-
Staatsanwaltschaft: "Ich rege an" oder
"Wir regen an, in dem Ermittlungsverfahren
-
soundso mal eine Funkzellenabfrage
durchzuführen. Damals gab´s noch vier
-
Mobilfunknetze in Deutschland. Das ist ein
Fallbeispiel aus dem Jahr 2009. Und dann
-
seht ihr unten eine ganze Tabelle von
Mobilfunkzellen, ja, von Funkzellen, für
-
die eine solche Funkzellenabfrage
durchgeführt werden sollte. Heute ist es
-
häufig so, dass in der Anregung nicht mehr
die Funkzellen selber stehen, weil das ja
-
eine ganze Menge Recherchearbeit ist bei
der Polizei für jeden Ort und dann auch
-
noch für drei verschiedene Netztopologien,
also GSM, UMTS und LTE und bald dann auch
-
noch 5G, diese jeweiligen Zell-IDs
rauszusuchen, weswegen heute steht in
-
diesen Anregungen normalerweise nur noch
der Ort drin, also Berlin, Soundso-Straße
-
zum Beispiel und dann übernehmen die
Netzbetreiber selber die Ermittlung welche
-
Funkzellen für diesen Ort zuständig sind.
A: Genau das ist die Theorie, die in
-
irgendwelchen Akten steht, aber in der
Praxis haben wir das mal ein bisschen
-
visualisiert. Konkreter Fall: In Berlin
gab es mal eine Serien in
-
Autobrandstiftungen hier im Bezirk
Friedrichshain ein Auto gebrannt und die
-
Polizei ist hingegangen und hat gesagt:
Okay, an dem Tatort sind folgende
-
Mobilfunknetze empfangbar. Bitte liebe
Mobilfunkanbieter gebt uns doch mal alle
-
Verkehrsdaten, also alle Verbindungsdaten,
die in der Nacht vom X. auf den Y. in
-
diesen acht Zellen, die dort sichtbar
waren am Tatort, angefallen sind, in der
-
Hoffnung, einen Eintrag zu finden von dem
Täter. Jedenfalls haben die dann
-
Zehntausende , Hunderttausende dieser
Datensätze bekommen und rastern die dann.
-
U: Genau, das ist ganz wichtig nur um
diesen Kontrast einmal klarzumachen, was
-
wir euch eben auf dem Video gezeigt haben,
das waren die Daten von einer Person aus
-
x verschiedenen Funkzellen, das ist jetzt
quasi der umgekehrte Fall.Hier fragt man
-
nicht nach einer Handynummer, sondern hier
fragt man nach einer oder in diesem Fall
-
acht Funkzellen und nimmt dann die Daten
aber von allen Endgeräten, egal von wem
-
die in dieser Funkzelle drin waren oder
eben in diesen acht Funkzellen.
-
A: Und da kommen leicht mal in der
Berliner Innenstadt zehntausende Leute,
-
Anwohner, Durchreisende, Touris zusammen
Wir hätten auch gerne mal den echten live
-
Funkzellen-Abfragen-Datensatz gezeigt,
aber das ist
-
leider gar nicht so leicht, daran zu
kommen.
-
U: Genau, das ist nicht so ganz einfach
da ranzukommen. Es gibt
-
dann immer wieder das Argument: Naja,
jetzt habt euch doch mal alle nicht so.
-
Diese Funkzellen Daten sind doch zunächst
mal nur Handynummern, da weiß man doch
-
überhaupt gar nicht, wer eigentlich
dahinter steht. Man hat doch nur Nummern
-
und keine Namen. Aber selbstverständlich
ist das ein lösbares Problem, denn:
-
A: Mit der sogenannten
Bestandsdatenabfrage machen Behörden genau
-
das: Telefonnummern zu Nnamen aufzulösen.
Dieses Ding hat den lustigen Namen
-
Behördentelefonbuch, weil das so oft
genutzt wird und weil erstens über hundert
-
Behörden - ich wusste gar nicht, dass es
so viele in Deutschland gibt, die solche
-
Abfragen machen dürfen, aber weil über
huntert Behörden bei einem zentralen
-
Register bei der Bundesnetzagentur
Anfragen stellen können "Hey wir haben
-
Telefonnummern, auf welche Person ist die
dann registriert?" und es wird so oft
-
gemacht, dass es letztes Jahr zwölfeinhalb
Millionen Abfragen waren. Das sind alle
-
zwei Sekunden, alle zweieinhalb Sekunden
eine. Also wenn jemand sagt: "Ich habe ja
-
nur eine Handy-Nummer und keine
Adresszuorndnung." So einfach ist es
-
nicht, das kann so ziemlich jede Behörde
machen. Du hast aus der Praxis auch noch
-
einen Schwank, oder?
U: Ja klar, da gibt es natürlich ganz
-
viele verschiedene Behörden, die das
machen dürfen, unter anderem
-
Polizeibehörden im Strafverfahren und zwar
ohne richterlichen Beschluss und
-
automatisiert. Das heißt also, da hat man
eine Telefonnummer und man möchte wissen,
-
auf wen ist die offiziell registriert beim
Provider. Das kann dann ein
-
Polizeibeamter/eine Polizeibeamtin selber
machen, da muss niemand mehr gefragt
-
werden, nicht einmal der Staatsanwalt und
auch die Provider bekommen das nicht mit,
-
weil die verpflichtet sind, am sogenannten
automatisierten Auskunftsverfahren
-
teilzunehmen. Das heißt die Behörden
fragen bei der Bundesnetzagentur an. Die
-
Bundesnetzagentur fragt beim Provider an.
Da gibt es so API, automatisierte
-
Schnittstellen. Das läuft einfach alles
durch und deswegen kommt diese große Zahl
-
von zwölf komma fünf Millionen Abfragen
zustande. Und das ist übrigens auch so
-
eine kleine Hintertür Es wurde ja damals
bei der Vorratsdatenspeicherung immer
-
argumentiert, diese Daten würden
selbstverständlich nur mit richterlichen
-
Beschluss genutzt. Das ist leider eine
Hintertür, wo das nicht gilt, auch unter
-
Verwendung von Vorratsdaten konnten
Bestandsdatenabfragen ohne richterlichen
-
Beschluss durchgeführt werden.
A: Und nicht nur von der Polizei und
-
nicht nur in Strafverfahren. Da haben
irgendwie Zoll und Hunderte Behörden
-
darauf Zugriff, von denen ich mir das nie
vorgestellt hätte. Aber auch bei der
-
Strafverfolgung ist das nicht immer so
hilfreich.
-
U: Das ist wahr, denn diese Daten sind
natürlich sehr unzuverlässig. Bei
-
Ermittlungen ist es ja häufig so, dass die
Daten einfach nicht mehr zutreffen, weil
-
zum Beispiel SIM-Karten weitergegeben
worden sind, weil irgendwie in der WG der
-
Telefonanschluss noch auf den Mitbewohner
läuft, der seit vier Jahren in Venuzela
-
lebt. Das heißt also, mit diesen Daten
kommt man gar nicht unbedingt weiter.
-
Firmen registrieren mitunter auch Hunderte
SIMs für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
-
da weiß dann irgendwann niemand mehr, wer
eigentlich genau welche SIM-Karte nutzt.
-
Und das kann man natürlich durchaus auch
nutzen als eine Möglichkeit zum
-
Selbstdatenschutz, wie sogar das BSI
vorschlägt.
-
A: Genau, das Papier vom Bundesamt für
Sicherheit in der Informationstechnik. Und
-
auch die haben, das ist schon ein
bisschen älter, aber das ist immer noch
-
auf der Website, habe ich gerade noch
einmal gecheckt , gesagt: Ja verwende doch
-
Prepaid-Karten zur Anonymisierung. Wenn
man keine Rechnung hat, braucht man kein
-
Konto, kann man vorher schön bezahlen und
aufladen.Und die haben damals gesagt
-
Kartentausch oder Erwerb von schon vorher
registrierten Karten oder auch Prepaid-
-
Karten ohne Ausweisprüfung ist doch alles
eine super Sache, um die eigene Identität
-
wirksam gegenüber dem
Mobilfunknetzbetreiber zu verschleiern,
-
sagt unser Staat mit der linken Hand und
mit der rechten Hand verbietet er das. Im
-
Gesetz Anti Terror Paket vor zwei Jahren
wurde eingeführt, dass es keine
-
pseudonymen, also unregistrierten Prepaid-
Karten mehr gibt. Vorher musste man die
-
theoretisch schon registrieren, aber die
Registrierung musste nicht geprüft werden.
-
Die konnte man dann auf Micky Maus
registrieren oder so. Und jetzt muss man
-
aber...
U: Oder André Meister.
-
A: Das hoffentlich bitte nicht, dass
ihr die alle auf mich registriert, eher
-
andersherum. Jetzt wurde eben diese
Pflicht eingeführt den Personalausweis
-
vorzulegen oder irgendwie sich komisch
online bei einem Skype-Gespräch mit
-
irgendwelchen Clickworkern das online zu
registrieren. Jedenfalls ist dieses
-
Schlupfloch geschlossen in Deutschland.
U: Jedenfalls theoretisch.
-
A: Denn Deutschland ist aber nicht
alleine auf der Welt und in der EU sieht
-
das gar nicht so aus. Nur die roten Länder
haben auch ebenfalls eine Registrierung
-
für Prepaid-Karten außer Österreich. Die
Karte ist ein paar Monate alt und
-
Österreich ist nun mittlerweile auch
umgefallen. Aber UK hat das beispielsweise
-
nicht und das ist auch nur eine Karte von
Europa, wo es mittlerweile EU-Roaming
-
gibt. Also ich kann mir total easy eine
dänische oder tschechische Karte einfach
-
kaufen und die hier nutzen, kostet genauso
viel und die EU hat das schon mal
-
festgestellt, dass das gar nicht so
wirklich viel bringt zur Terrorabwehr oder
-
Strafverfolgung diese Ausweispflicht.
Jedenfalls auch wenn man mal international
-
reisen geht. Es ist total erstaunlich,
dass man manchmal, wenn man am Flughafen
-
ankommt, gefragt wird: Willst du eine
SIM-Karte ohne Ausweis kein gar nichts.
-
Mal abgesehen davon, dass man auch noch
ein besseres Netz und mehr Datenvolumen
-
hat.
U: Ja, das sollte man wahrscheinlich
-
sowieso machen, in Heathrow am Flughafen
zum Beispiel gibt es so Automaten, da kann
-
man irgendwie für 20 Pfund, glaube ich,
eine SIM-Karte mit 50 Gigabyte ziehen. Das
-
fand ich eigenltich einen ganz guten Deal.
A: Ohne Ausweis.
-
U: Ohne Ausweis, ja genau. Na gut, also
ich hab mit der Kreditkarte bezahlt, aber
-
wenn man das jetzt bar bezahlt hätte, wäre
es überhaupt nicht mehr zu tracken
-
gewesen. Also mit anderen Worten: Das ist
wieder so ein ganz typisches Beispiel für
-
ein sogenanntes Antiterrorgesetz, was aber
die wirklichen Terroristen natürlich nicht
-
schockt. Wenn ich also Teil eines
Terrornetzwerks bin. dann ist es, glaube
-
ich, eine der kleinsten Übungen neben dem
Beschaffen von 50 Tonnen TNT, jetzt
-
irgendwie eine SIM-Karte aus Tschechien zu
kaufen.
-
A: So, jetzt haben wir vorhin mal
einen Fall von einer Funkzellenabfrage
-
euch präsentiert, wie das so ist und im
Ermittlungsalltag ist, im Alltag der
-
Behörden. Und jetz ist aber die Frage: Wie
oft passiert das? Und zwar die nächste
-
Folie verdeutlicht: ziemlich oft. Das ist
eine Karte, wie oft in Berlin Autos
-
gebrannt haben. Zu dieser längeren Serie
für den sie mal irgendeinen Linken
-
verdächtigt oder irgendwelche Linken, weil
die haben ja keine gefunden, Verdächtigt
-
haben, stellt sich heraus: war ein
frustrierter Arbeitsloser, der mit seiner
-
Freundin Schluss gemacht hatte und so.
Jedenfalls haben die wahrscheinlich bei so
-
ziemlich jedem Autobrand mal eine
Funkzellenabfrage gemacht.
-
U: Und das sieht dann eben so aus.
A: Und das sind auch ziemlich ähnlich
-
die Zahl, wie viele Anzahlen von
Funkzellenabfrage letztes Jahr in Berlin
-
passiert sind, nämlich 474. Letztes Jahr
ist in Berlin mehr als eine
-
Funkzellenabfrage pro Tag passiert.
U: Und dementsprechend sind da ja auch
-
eine ganze Menge Datensätze angefallen,
nämlich 60 Millionen, in denen 11
-
Millionen verschiedene Mobilfunk-
Anschlüsse erfasst worden sind. Das heißt
-
also weitaus mehr mutmaßlich als Menschen
in Berlin leben. Menschen in Berlin sind
-
im Großraum rund 4 Millionen. Wenn man
davon ausgeht jeder hat vielleicht noch
-
mal anderthalb Handys im Schnitt, dann
sind es eben doch eine ganze Menge
-
Menschen aus dem Ausland oder aus anderen
Bundesländern, die eben mal vorbeigekommen
-
sind und in Berlin ins Raster der
Funkzellenabfrage geraten sind. Aber
-
natürlich ist Berlin auch nicht allein, es
gibt noch andere schöne Orte auf der Welt.
-
Zum Beispiel Dresden.
Lachen im Publikum
-
A: Das Symbolbild. Dresden ist
ähnlich. Wir reden über den ersten Fall
-
der in Deutschland die Funkzellenabfrage
bekannt gemacht hat, das war 2011. In
-
Dresden gibt's jedes Jahr, oder gabs
glücklicherweise bis vor ein paar Jahren
-
jedes Jahr, am 13. Februar ein
Heldengedenken von Nazis, einen Nazi-
-
Aufmarsch und Proteste dagegen, und im
Zuge dessen wurde 2011 innerhalb von nur
-
wenigen Tagen innerhalb von nur wenigen
Verfahren massiv Funkzellenabfragen
-
gemacht so ziemlich von der kompletten
Innenstadt über mehrere Tage hinweg. Und
-
da sind in diesem einen Event mal fast
900000 Verkehrsdaten bei der Dresdner
-
Polizei gelandet mit einer Viertelmillion
Rufnummern. Und dann haben sie ja auch
-
noch 40 000 Telefonnummern die ihnen
irgendwie interessant erschienen, diese
-
Bestandsdaten abgefragt und Namen und
Adressen der Anschlussinhaber abgeholt.
-
Das hat die Funkzellenabfrage so richtig
ins öffentliche Bewusstsein zumindest in
-
Dresden und Sachsen geführt.
U: Und daraufhin gab es da noch eine
-
zivilgesellschaftliche Diskussion, die
sich unter anderem aber auch daran
-
entzündete, dass diese Maßnahmen ja
überwiegend Bereiche betroffen haben in
-
denen gerade ne Demonstration stattfand.
Das heißt da hatte man jetzt nicht nur den
-
klassischen Eingriff in das
Telekommunikationsgesetz und den
-
Datenschutz, also die informationelle
Selbstbestimmung. Da kam noch verschärfend
-
hinzu, dass das auch noch ein Eingriff in
die Demonstrationsfreiheit war, weil das
-
natürlich einen starken abschreckenden
Effekt hat, dass die Tatsache dass man an
-
einer Demo teilgenommen hat mittelbar in
einem Polizeicomputer landet.
-
A: Aber ist ja schon ein paar Jahre
her. Wir haben ja auch aktuelle Zahlen von
-
Sachsen aus dem letzten Jahr. Dort gab es
insgesamt 476 Verfahren mit
-
Funkzellenabfragen wahrscheinlich. Die
Zahlen sind nicht immer vergleichbar.
-
Wahrscheinlich gab es dann ein paar mehr
Funkzellenabfragen, also mehrere FZAs pro
-
Verfahren. Aber auch hier weit mehr als
eine jeden einzelnen Tag.
-
U: Für den Bereich des Bundes gibt es
auch noch ein paar Zahlen. Das
-
Bundeskriminalamt hat 525
Funkzellenabfragen durchgeführt, die
-
Bundespolizei 54, der Zoll 96. Das sind
zusammen 675, also immerhin zwei pro Tag.
-
A: Letztes Jahr
U: Letztes Jahr, genau, 2017. Für
-
Deutschland insgesamt haben wir keine
Zahlen finden können. Es wird eben
-
interessanterweise noch nicht einmal in
allen Ländern eine Statistik geführt. Aber
-
die Hochrechnung geht in die Richtung,
dass es mindestens eine pro Land und pro
-
Tag ist, weil es eigentlich keinen Grund
gibt warum in anderen Ländern, die jetzt
-
nicht berichten über… dieses Mittel nicht
ähnlich genutzt werden soll und dann haben
-
wir noch von einem kompletten…
A: Wir haben tatsächlich leider Zahlen
-
nur von manchen Bundesländern, wo es
bisher politischen Druck gab, dass dieses
-
Thema Funkzellenabfrage überhaupt mal auf
die politische Agenda gekommen ist und
-
dann Leute in Landesparlamenten gesagt
haben liebe Regierung gebt uns doch mal
-
Zahlen. Aber es gibt weder vergleichbare
Zahlen über Ländergrenzen hinweg Es gibt
-
keine Zahlen von allen Ländern. Und es
gibt keine Zahlen vom Bund insgesamt. Es
-
gibt eine Statistik beim Bundesamt für
Justiz. Die ist aber nicht wirklich
-
sinnvoll dafür, weil sie nicht
unterscheidet zwischen gezielten Anfragen
-
von einzelnen Fällen und von massenhaften
Anfragen. Deswegen haben wir es mal
-
hochgerechnet und wir gehen davon aus dass
pro Bundesland und Tag eine
-
Funkzellenabfrage gemacht wird.
U: Das Problem der Statistik ist eben
-
dass es ein Paragraf ist in der
Strafprozessordnung der sowohl für diese
-
individuellen Abfragen "zuständig" ist als
auch für die nicht personalisierten, wo
-
dann ganze Funkzellen abgefragt werden.
Insofern es ist etwas schwer zu erfassen.
-
Und eine komplette "dark zone" ist der
Bereich der Geheimdienste.
-
A: Und nicht nur das Bundesamt für
Verfassungsschutz, auch der BND. Wir
-
wissen dass sie das alle machen. Wir haben
nur leider überhaupt keine Zahlen. Wir
-
haben versucht für diesen Talk ein paar
internationale Zahlen zu kriegen. Wir
-
haben in unserem Netzwerk in der EU
rumgefragt und leider ist es da wie mit
-
fast allen Bundesländern in Deutschland:
Es gibt sehr wenige Staaten wo diese
-
Zahlen erhoben und öffentlich zugänglich
sind. Das ist wirklich krass, sowohl die
-
Polizeien und die Strafverfolgungsbehörden
möchten dieses Thema nicht so wirklich
-
öffentlich behandelt wissen. Wir haben
Glück gehabt in einem befreundeten Staat,
-
in Dänemark, haben wir ne Zahl gefunden
dass letztes Jahr 347, in so vielen
-
Verfahren Funkzellenabfragen gemacht
wurden. Das ist auch etwa eine pro Jahr.
-
U: Wobei man sagen muss dass das dann
darauf hindeutet dass es etwas weniger
-
durchgeführt wird als in Deutschland…
A: Es sind aber auch deutlich weniger
-
Einwohner. Vielleicht haben die auch
weniger Kriminalität, keine Ahnung.
-
Vielleicht haben die ja nicht so viel
Autobrände.
-
U: Also ich weiß es nicht ganz genau.
Auf jeden Fall interessant noch mal zum
-
Vergleich Wir haben noch eine Zahl aus den
Vereinigten Staaten ausgegraben: T-Mobile,
-
einer der Anbieter in den Vereinigten
Staaten, meldet für das Jahr 2017 4855
-
Funkzellenabfragen aus dem ganzen Land.
A: Genau, das ist aber nur einer von
-
vier Anbietern und auch nicht der größte.
Wenn man das hochrechnet, dann kommt da
-
auch in etwa eine Funkzellenabfrage pro
US-Staat pro Tag raus, beziehungsweise
-
sogar noch ein paar mehr.
U: Wobei das mit den Anbietern… dazu
-
muss man deutlich sagen In Deutschland zum
Beispiel wird es eine Funkzellenabfrage
-
stets bei allen Netzbetreibern
durchgeführt, weil man natürlich im
-
Zweifel einfach die Daten von allen
Netzbetreibern gerne hätte, nämlich von
-
allen Handy-Netzen, die einen ganz
bestimmten Ort abdecken. Ich hab noch nie
-
eine Funkzellenabfrage gesehen, die sich
nur auf einen bestimmten Netzbetreiber
-
bezogen hätte. Aber gut, so viel
vielleicht zu den Statistiken. Wir haben
-
uns natürlich dann als nächstes die Frage
gestellt: wenn das derart breit eingesetzt
-
wird – der Berliner Datenschutzbeauftragte
spricht von fast schon von einer Standard-
-
Maßnahme – dann ist doch interessant zu
erfahren, was da eigentlich die
-
Rechtsgrundlage dafür ist. Es hilft alles
nichts in diesem Talk, ein ganz kleines
-
bisschen Jura-Foo muss sein. Wir haben mal
den Blick in die Strafprozessordnung
-
geworfen und das ist schon dramatisch
runter gekürzt auf die wesentlichen Sätze
-
die Regelung die es Ermittlungsbehörden
erlaubt eine Funkzellenabfrage
-
durchzuführen. Der Kernpunkt ist dass es
dafür braucht im Strafverfahren den
-
Verdacht dass jemand eine der in Satz 2
bezeichneten besonders schweren Straftaten
-
begangen hat. Das heißt der Gesetzgeber
geht hart ran, besonders schwere
-
Straftaten…
A: Nicht nur schwere Straftat, sondern
-
besonders schwere Straftat
U: …und diese besonders schwere Straftat
-
muss dann auch noch im Einzelfall
besonders schwer wiegen. Das heißt da
-
sind, wenn man diesen Wortlaut mal
zugrunde legt, zwei Hürden eingebaut. Und
-
außerdem muss die Erforschung des
Sachverhalts auf andere Weise wesentlich
-
erschwert oder aussichtslos sein und die
Erhebung der Daten (das können ja Daten
-
von hunderten oder tausenden oder
zehntausenden Personen sein die fast alle
-
völlig unschuldig sind) muss auch noch in
einem angemessenen Verhältnis zur
-
Bedeutung der Sache stehen. Wenn man sich
das mal so überlegt klingt das ja erstmal
-
nach einem sehr wirksamen Sicherheitsnetz,
oder?
-
A: Terror, Mord und Totschlag eben genau
das mit dem es immer begründet wird wenn
-
man sowas einführt.
U: würde man denken.
-
A: So weit die Theorie. In der Praxis
ist das ein bisschen anders. Symbolbild
-
Berliner Polizei. Von denen haben wir die
Statistiken vom letzten Jahr genommen und
-
wir haben mal reingeguckt, in wie vielen
Fällen von Terror die Funkzellenabfrage
-
genutzt wurde: Keinem. Totschlag ist bei
ein Prozent und Mord bei zwei Prozent.
-
Sexuelle Nötigung, Vergewaltigung bei drei
Prozent. Also alles… Das sind vielleicht
-
die Fälle wo wir sogar noch mitgehen
würden aber in der Statistik ist das zu
-
vernachlässigen. Vielmehr…
U: … die entscheidende Straftat wegen
-
der Funkzellenabfrage durchgeführt werden
ist: Diebstahl
-
A: 72 Prozent. In drei Vierteln aller
Funkzellenabfrage in Berlin letztes Jahr
-
sind diverse Diebstahl-Delikte.
U: Da kann man schon ein großes
-
Fragezeichen dran machen ob es sich dabei
wirklich um besonders schwere Straftaten
-
gehandelt hat. Andere Straftaten die eine
prominente Rolle spielen in der Statistik
-
waren zum Beispiel…
A: Drogen ist ziemlich weit oben, auch
-
unter den Statistiken dass es in allen
möglichen Überwachungssystemen, die wir
-
beobachten: Vorratsdatenspeicherung,
Staatstrojaner, … Drogen sind immer
-
ziemlich als erstes, wenn eine Methode
einmal eingeführt ist, aber auch…
-
U: Wir erinnern uns auch an den Bayern-
Trojaner, 2011 vom CCC ausgegraben. Worum
-
ging es? Anabolika-Handel…
A: Irgendein Pumper aus Tschechien
-
paar zu viel… was auch immer…
U: Weiterhin prominent wie gesagt: der
-
Diebstahl von Handtaschen z. B.
A: Handtasche geraubt, war nichts
-
drin, weggeworfen. Ganz klar, da hilft nur
noch Funkzellen Einsatz.
-
U: Einmal bitte Berlin komplett. Und
ganz wichtig…
-
A: Kreditkartenbetrug. Auch dort
werden Funkzellenabfragen gemacht warum
-
auch immer.
U: Und jetzt kommt auch ein Fall wo wir
-
uns beide völlig einig sind: Jetzt ist es
wirklich mal Schwerkriminalität! André,
-
was ist gestohlen worden?
A: Bierfässer, aber leere. In Sachsen.
-
Gelächter im Publikum
U: Immerhin 1120 Fässer im Gesamtwert
-
von sagenumwobenen 33600 Euro. Da hilft
alles nix, besonders schwere Straftat.
-
Anderer Ansicht: Der Berliner
Datenschutzbeauftragte.
-
A: Der hat nach unserer
Berichterstattung zu den Autobränden und
-
diesen Visualisierungen, was mittlerweile
auch schon sechs Jahre her ist, knapp
-
sieben. Ist der mal hingegangen mit einem
Mandat und hat sich von den
-
Staatsanwaltschaften die Akten geben
lassen, wann Funkzellenabfragen gemacht
-
wurden und hat das systematisch analysiert
und der hat dazu nen Bericht verfasst. Der
-
ist auch auf netzpolitik.org. Der ist
ziemlich erschreckend. Eigentlich sollte
-
Funkzellenabfrage nur in Ausnahmefällen
durchgeführt werden. Aber sein Fazit ist:
-
die sind offensichtlich zum alltäglichen
Ermittlungsinstrument geworden das
-
routinemäßig eingesetzt wird und auch noch
ohne hinreichende Beachtung der
-
gesetzlichen Vorgaben, auf Deutsch:
illegal.
-
U: Und der Datenschutzbeauftragte…
Applaus im Publikum
-
A: Nicht unsere Worte
U: Nicht unsere Worte, das ist ein
-
Zitat. Alexander Dix ist ja auch nicht
mehr im Amt, aber die Mitarbeiterin die
-
das damals maßgeblich gemacht hat ist Gott
sei Dank immer noch da und eine
-
ausgesprochen engagierte Mitarbeiterin.
Alexander Dix hat damals strukturelle
-
Mängel ausgemacht, nämlich die Prüfung der
Verhältnismäßigkeit fällt regelmäßig unter
-
den Tisch. Dazu sage ich später noch was
im Bereich politische Forderungen. Und
-
ganz wichtig: die Umsetzung der
Betroffenenrechte, denn eigentlich müsste
-
benachrichtigt werden, wenn jemand bei
einer heimlichen Ermittlungsmaßnahmen ins
-
Raster der Polizei gerät. Dazu gibt's
einen ganz einfachen
-
verfassungsrechtlichen Hintergrund:
Eingriff in den Datenschutz ist immer ein
-
Eingriff in ein Grundrecht.
Datenverarbeitung ist grundsätzlich immer
-
ein Eingriff, aber dieser Eingriff wiegt
nach der Rechtsprechung des
-
Bundesverfassungsgerichts wesentlich
schwerer, wenn er heimlich stattfindet.
-
Mit anderen Worten: möglichst müssen
solche Eingriffe offen stattfinden und
-
wenn das aus irgendeinem Grunde nicht
möglich ist – zum Beispiel bei einem
-
Strafverfahren – dann muss die
Heimlichkeit so schnell wie möglich
-
aufgehoben werden um den
Grundrechtseingriff abzumildern.
-
Eigentlich ein ziemlich klarer Fall und
das ist auch umgesetzt in der
-
Strafprozessordnung.
A: Das ist ein Auszug aus dem Gesetz.
-
"Die Beteiligten der betroffenen
Kommunikation sind zu benachrichtigen."
-
U: So steht's da drin.
A: So, wer von euch ist schon mal
-
benachrichtigt worden? Keine Hand.
U: Niemand. Offen gestanden, wir kennen
-
auch niemanden und der Grund dafür…
A: … sind Staatsanwälte. Die mögen das
-
nicht. Als wir angefragt haben, hört mal,
wir haben jetzt rausgefunden, es gibt so
-
viele Funkzellenanfragen. Warum wurde
eigentlich noch nie benachrichtigt? Dann
-
war die Ausrede "Ja wir haben einfach… es
war kein Interesse an einer
-
Benachrichtigung erkennbar. Dass
irgendjemand informiert werden möchte, das
-
wissen wir ja nicht." Und dann hat ein
befreundeter Aktivist gesagt "Ja ich würde
-
aber schon gern benachrichtigt werden",
hier hab ich einen Brief, den hab ich
-
unterschrieben. "Uhh, ganz schwierig. Also
wenn wir jetzt… Erstens: ob du informiert
-
wirst entscheidest ja wohl nicht du
sondern wir. Und zweitens wenn wir jetzt
-
Register führen müssen mit jedem der
informiert werden will… ganz schwierig.
-
Geht nicht.
U: Mit anderen Worten, ein Nein, und
-
zwar selbst bei jemandem, der ausdrücklich
gesagt hatte, Ich würde gerne
-
benachrichtigt… hatte auch seinen
Mobilfunkvertrag kopiert, so dass er
-
nachgewiesen hat dass er berechtigter
Nutzer einer bestimmten Nummer ist… nichts
-
zu wollen. Dazu muss man sagen: Es gibt
durchaus eine Regel im Gesetz, die die
-
Benachrichtigung quasi aussetzt, das heißt
also den Verzicht auf die Benachrichtigung
-
erlaubt, eben aber nur wenn anzunehmen
ist, dass die Person kein Interesse an der
-
Benachrichtigung hat. Und wie das noch
gehen soll wenn die Person sich
-
ausdrücklich gemeldet hat bei einer
Staatsanwaltschaft… das ist mir jedenfalls
-
so ohne weiteres nicht klar. Nächste
Antwort der Staatsanwaltschaft…
-
A: Wir wissen ja gar nicht von wem die
Daten sind. Wir haben ja keine Namen und
-
Adressen dazu. Und wenn wir die Namen und
Adressen erheben würden, wäre das ja ein
-
noch viel schwerwiegenderer Eingriff. Das
ist falsch aus zwei Gründen. In Dresden
-
hatten sie ja 40 000 Namen und Adressen
und haben trotzdem niemand benachrichtigt
-
und sie brauchen ja auch gar keine Namen
und Adressen. DIe haben meine
-
Telefonnummer. Sie können ja einfach
anrufen oder ne SMS schreiben.
-
Gelächter und Applaus
-
U: Klingt einfach, ist trotzdem viele
-
Jahre nicht passiert. Dann allerdings
haben sich diese Herrschaften des Problems
-
angenommen. Das ist die ehemalige
Piratenfraktion im Berliner
-
Abgeordnetenhaus, die im Sommer 2014 einen
Antrag eingebracht haben, der unter
-
anderem die Benachrichtigung von
Betroffenen von Funkzellenabfragen
-
vorgesehen hat. Da gab es auch eine
Anhörung im Parlament dazu, wo diese
-
Möglichkeit der Benachrichtigung per SMS
diskutiert wurde. Und tatsächlich haben
-
sie es geschafft so viel öffentlichen
Druck aufzubauen, dass die damalige große
-
Koalition aus SPD und Union – also
maßgeblich vom damaligen rechtspolitischen
-
Sprecher der SPD beeinflusst, Sven
Kohlmeier – das tatsächlich beschlossen
-
hat, dass ein solches
Benachrichtigungssystem eingerichtet
-
werden soll. Da gab es dann erheblichen
Widerstand…
-
A: … von den Berliner Staatsanwälten,
hier ihr Chef, die gemeint haben: "Uhh,
-
wenn wir das jetzt machen, dann ist das so
viel Arbeit für unsere Staatsanwälte, dann
-
kommen wir ja zu nichts anderem. Und
außerdem, wir können immer noch kein
-
Interesse an einer Benachrichtigung
erkennen. Glücklicherweise hat das
-
Parlament in Berlin nicht darauf gehört
auf die Bedenken, sondern das tatsächlich
-
beschlossen. Vor vier Jahren. Passiert ist
dann aber erst mal nichts.
-
U: Genau, denn es herrschte weiter die
GroKo. Justizsenator war ein ehemaliger
-
Werbeunternehmer Thomas Heilmann. Der hat
dann – was ich persönlich sehr sympathisch
-
fand – zunächst mal ganz pragmatisch
versucht, dieses System umzusetzen. Da
-
klingelte abends um neun bei mir das Handy
am anderen Rohr Thomas Heilmann. "Hallo
-
Herr Burmeyer, ich habe gehört Sie können
programmieren." Ich find das persönlich
-
total sympathisch, denn die Staatsanwälte
hatten versucht dieses System zu
-
torpedieren, indem sie gesagt haben, das
kostet viel zu viel Geld. Daraufhin hat
-
Thomas Heilmann sich überlegt, wen könnten
wir denn in der Justiz finden, der das
-
tatsächlich für uns bauen könnte. Dann
habe ich ein Konzept geschrieben. Dann
-
passierte aber erst mal nichts weiter. Die
genauen Hintergründe weiß ich jetzt auch
-
nicht so genau, wie es dazu kam. aber…
A: Die Union hat den Beschluss des
-
Parlaments einfach ausgesessen.
U: Jedenfalls bedurfte es einer Neuwahl
-
des Abgeordnetenhauses, bis dann
tatsächlich Schwung in die Sache kam. 2016
-
gab es eine rot-rot-grüne Koalition.
Justizsenator wurde Dirk Behrendt von den
-
Grünen. Mit dem habe ich dann sehr schnell
Kontakt aufgenommen, oder er mit mir, ich
-
weiß es nicht mehr. Jedenfalls kam der
Draht zustande. Ich habe einen Auftrag
-
bekommen ein solches
Benachrichtigungssystem umzusetzen im
-
November 2017, und im November 2018 ist es
dann live gegangen.
-
A: Genau.
Applaus
-
Ulf: Jaaa, nicht zu früh freuen, wir
kommen gleich noch zu den Macken. Aber
-
immerhin, wir haben bundesweit das erste
System auf die Beine gestellt,
-
Funkzellenabfragentransparenzsystem heißt
es. Das ist also der erste Versuch in
-
Deutschland, über Erfassungen von
Betroffenen in Funkzellenabfragen zu
-
informieren. Wie funktioniert das? Da
machen wir mal ganz kurz ein paar
-
Screenshots. Man muss sich nämlich
anmelden für diese Informationen, hat das
-
Abgeordnetenhaus so vorgesehen. Aber
selbstverständlich datensparsam. Man gibt
-
seine Handynummer ein – das sind jetzt
Screenshots von der iPhone-Version. Man
-
gibt seine Handynummer ein, dann bekommt
man an die Handynummer eine SMS mit einem
-
Bestätigungscode, den gibt man dann wieder
ein auf der Website, klickt OK und bekommt
-
eine SMS zur Bestätigung dass man jetzt
beim Berliner
-
Funkzellenabfragentransparenzsystem
angemeldet ist. Und die Idee dabei ist,
-
dass man dann später, wenn die
Benachrichtigung tatsächlich ausgelöst
-
wird, etwa eine solche Mitteilung bekommt.
Wir wollen dann eine SMS verschicken mit
-
einem Abrufcode, den gibt man auf der
Webseite ein und bekommt dann eine solche
-
Kartendarstellung. In welchem Bereich man
zu welcher Zeit und an welchem Tag in eine
-
Funkzellenabfrage geraten ist.
A: Genau. Das ist das erste Mal, dass
-
das Gesetz umgesetzt wird und es eine
Benachrichtigung gibt. Aber es ist nur ein
-
kleiner erster Schritt. Jetzt müssen wir
hier mal ein bisschen Engelchen und
-
Teufelchen spielen: Warum muss ich mich
denn da registrieren und warum werde ich
-
nicht informiert, wenn ich mich nicht
registriere. so wie es im Gesetz steht.
-
U: Die formale Antwort wäre, weil das
Abgeordnetenhaus das so gewollt hat. Aber
-
es gibt auch noch eine inhaltliche
Antwort. Die inhaltliche Antwort dafür
-
ist, dass man ja nie so ganz genau weiß,
wer denn tatsächlich ein Nutzer einer
-
Mobilfunknummer ist. Wir haben eben schon
angesprochen: die Bestandsdaten bei den
-
Providern sind nicht so wahnsinnig
zuverlässig. Man weiß letztlich nicht wird
-
der tatsächliche Nutzer oder die Nutzerin
ist, und mit dieser Anmeldung – die man
-
alle drei Monate bestätigen muss – wollen
wir sicherstellen, dass die Nummer
-
tatsächlich während der ganzen Zeit von
der Anmeldung über die Funkzellenabfrage
-
bis zur Benachrichtigung vom selben
Menschen genutzt worden ist. Warum drei
-
Monate? Weil die Mobilfunkprovider die
Nummern teilweise schon nach drei Monaten
-
und einem Tag neu vergeben. Aber wenn man
Drei-Monats-Intervalle nimmt, kann man
-
sicherstellen, dass eine Nummer die
zwischenzeitlich brach liegt, tatsächlich
-
nicht verlängert werden kann, weil dann
mindestens ein Abo in diesen
-
Zwischenzeitraum fällt. Die Nummer wird
nicht verlängert und damit endet dann die
-
Anmeldung.
A: Also wenn ich die Erinnerungs-SMS
-
verpeile, weil ich im Ausland bin für ein
Semester dann hab ich Pech gehabt.
-
U: Dann bist du raus, das ist so. Muss
man sagen. Finde ich auch doof, aber mir
-
ist jedenfalls keine bessere Lösung
eingefallen, auch sonst ist niemand was
-
besseres eingefallen. Wenn einer der
vielen schlauen Menschen im Saal eine gute
-
Idee hat, freue ich mich sehr über
Hinweise. Es scheint aber tatsächlich
-
nicht anders zu gehen, ohne dass man
irgendwelche Identitätsnachweise verlangt.
-
Das wollen wir aber gerade nicht, um das
System datensparsam zu halten, also wir
-
sammeln wirklich nur die Nummern.
A: Seit wann ist das System live?
-
U: Mitte November, ich glaub am 13.
November 2018.
-
A: Und wie viele Leute wurden schon
informiert?
-
U: Die Informationen starten erst im
nächsten Jahr, das muss man sagen. WIr
-
haben zwar ein zwei…
Gelächter im Saal
-
U: Ja, das hat auch wieder leider
Gottes… Klingt erstmal absurd. Dafür gibt
-
es aber auch einen Grund. Wir können nur
über Abfragen informieren, die nach der
-
Anmeldung stattgefunden haben, weil wir
sonst eben nicht sicherstellen könnten,
-
wer die Nummer nutzt. Sonst würden wir
unter Umständen Leute informieren über
-
Funkzellenabfragen, die den früheren
Nutzer der Nummer betreffen. Das geht
-
leider nicht anders, ist ein Nachteil.
Aber das ist ja denke ich ein
-
Anlaufproblem, und wir hoffen, dass wir im
nächsten Sommer die ersten Nachrichten
-
tatsächlich verschicken können.
A: Generiert man damit nicht eine
-
Datenbank von interessanten Telefonnummern
von potenziellen Störenfrieden?
-
U: Korrekt. Ein weiterer Nachteil, würde
ich auch so sehen. Wir haben versucht den
-
administrativ ein bisschen abzumildern,
und zwar könnte man ja diese Opt-In-Liste
-
bei der Polizei führen oder bei der
Staatsanwaltschaft. Haben wir nicht
-
gemacht, sondern die wird jetzt bei der
Justizverwaltung direkt geführt. Da ist
-
man jedenfalls einen Schritt weiter weg
von den eigentlichen Ermittlungsbehörden
-
und insbesondere auch von den
Verfassungsschutzbehörden in Berlin. Aber
-
das muss man offen sagen: Wir können
natürlich nicht hundertprozentig
-
verhindern, dass diese Daten irgendwann
doch mal weitergegeben werden müssen, wenn
-
es irgendeinen Beschluss gibt. Aber ich
kann sagen: Es gab bislang keine solchen
-
Versuche.
A: Aber die haben dann doch eh schon
-
meine Funkzellendaten.
U: Richtig, die Funkzellendaten haben
-
sie eh schon.
A: Und warum ist auf der Website…
-
warum muss ich mich da einzeln
registrieren? Warum werden da nicht
-
einfach alle Funkzellenabfragen angezeigt?
U: Genau, das ist auch eine interessante
-
Frage. Die Funkzellenabfragen selber zu
veröffentlichen, ist tatsächlich in der
-
StPO nicht vorgesehen. Das müsste also
dann das Parlament in Berlin beschließen,
-
dass sie das noch wollen. Dafür gibt es
zurzeit keine Rechtsgrundlage, aber das
-
könnte man… wobei ich gerade so ein
bisschen schwanke, ob das Berlin alleine
-
könnte oder ob das nicht tatsächlich der
Bundesgesetzgeber machen müsste. Dafür
-
gibt es bislang halt keine
Rechtsgrundlage.
-
A: Ja, oder die URLs wie sie da oben
sind… wenn die Leute benachrichtigt werden
-
die müssen ja nicht irgendwie kryptisch,
unratbare URLs haben…
-
U: Das ist…
A: … da kann ja irgendwo ein Feed
-
rausfallen.
U: Das könnte man natürlich machen, und
-
das find ich auch eine interessante
Anregung von André, die hab ich schon mal
-
so mitgenommen…
A: Ticket ist gefiled.
-
U: Genau, Ticket ist gefiled. Genau, so
machen wir das. Wir schauen mal, was sich
-
da noch machen lässt. Wie gesagt, es ist
ja auch ein Pilotprojekt, das Berlin jetzt
-
als erstes Bundesland auf die Beine
stellt. Aber es gibt – da hab ich mich
-
sehr gefreut – schon aus mehreren anderen
Bundesländern deutliches Interesse, das
-
System übernehmen zu können, übernehmen zu
wollen. Und deswegen überlegen wir, wie
-
wir das so bauen können, quasi von der
Administration her, dass das auch andere
-
Länder nutzen können, so quasi als FTS as
a Service.
-
A: Wie viele haben sich jetzt schon
registriert, während wir das erzählt
-
haben? Ein paar Hände gehen hoch. Okay,
das schafft ihr dann alle in der Schlange
-
nach draußen.
U: Ja, die URL haben wir noch gar nicht
-
genannt. Ist ganz einfach: fts.berlin.de.
A: Wir haben das
-
U: Ich hoffe, Ihr DDoSt das jetzt nicht.
A: So, das ist jetzt aber auch nur der
-
allererste Schritt, denn die
Benachrichtigung ist nur der
-
Minimalkonsens von dem, was ohnehin schon
im geltenden Gesetz steht. Also dass wir
-
jetzt irgendwie sechs Jahre und einen
Parlamentsbeschluss und da so ein langes
-
Projekt gebraucht haben, ist schon schlimm
genug, damit die Leute überhaupt erfahren,
-
wie viele Funkzellenabfrage passiert. Und
das ist dann aber nur die Basis dafür,
-
dass sich die Bevölkerung darüber Gedanken
macht, ob sie diese Funkzellenabfrage denn
-
gut finden und wenn ja, in welchen Fällen.
Ich hatte vor einer Weile mal die Polizei
-
München – hier im Symbolbild – gefragt,
warum sie mir keine Daten zu
-
Funkzellenabfragen geben, und die haben
gemeint: „Ja wir wollen nicht auch noch
-
den letzten Kriminellen darauf hinweisen,
sein Handy auszumachen.“ Funfact:
-
Kriminelle machen ohnehin ihr Handy aus
oder nehmen es einfach nicht mit. Vor
-
allem während den schwersten Straftaten,
wenn sie das geplant haben.
-
U: Das zeigt sich ja heute schon, dass
man allenfalls quasi Täter von
-
Spontantaten erwischt, der, wenn jetzt
irgendwie, keine Ahnung, spontan auf der
-
Straße das Messer rausgezogen wird. Dann
hat natürlich der Betreffende im Zweifel
-
nicht mal die Zeit, das Handy auszumachen.
A: Aber vielleicht ... der ruft ja
-
vielleicht währenddessen nicht unbedingt
an und generiert so einen
-
Datenbankeintrag. Tatsächlich sind die
Ermittlungserfolge von Funkzellenabfragen
-
auch sehr, sehr, sehr dünn. Das
verifiziert eher Verdachte, als
-
tatsächlich dass extrem viele Täter
darüber identifiziert und überführt
-
werden.
U: Ja das ist interessant, dass es da
-
also relativ wenig klare Ansagen gibt, wo
denn jetzt mal eine solche
-
Funkzellenabfrage zu einem
Ermittlungserfolg geführt hat. Also
-
natürlich in der Theorie kann man da sich
eine Menge vorstellen, aber konkrete
-
Belege, Statistiken, „diese Verurteilung
war nur möglich wegen der
-
Funkzellenabfrage so und so“, kenn ich
nicht. Kennst du auch nicht, ne? Gibt's
-
auch nicht.
A: Wenn wir dann alle wissen, wie oft
-
so eine Funkzellenabfrage gemacht wird,
wenn wir dann alle irgendwann darüber
-
SMSen erhalten und benachrichtigt werden,
dann ist natürlich die Frage: Was macht
-
man dagegen? Eine Schiene ist
Selbstschutz. Eben das Handy nicht
-
mitnehmen oder die pseudonyme Prepaid-
Karte nutzen oder so. Und die andere
-
Möglichkeit ist politisch aktiv werden.
Denn ich finde, diese Maßnahme ist so eine
-
krasse unverhältnismäßige
Überwachungsmaßnahme, die an die
-
Rasterfahndung erinnert und im Endeffekt
genau das ist, dass sie abgeschafft
-
gehört.
Applaus
-
A: Und diese Verkehrsdaten, die bei
der Funkzellenabfrage übermittelt,
-
analysiert und gerastert werden, das sind
genau die Daten, über die bei der
-
Vorratsdatenspeicherung immer die Rede
ist. Das ist Vorratsdatenspeicherung. Da
-
geht es nicht um irgendwie einen
Terroristen, den man irgendwie konkret
-
überwachen möchte oder so. Sondern da geht
es um Profilbildung, um Rasterung von
-
allen, von gesamten Gesellschaften von
Zehntausenden, Hunderttausenden, Millionen
-
Betroffenen. Deswegen auch: Die
Vorratsdatenspeicherung ist absolut
-
unverhältnismäßig und muss abgeschafft
werden bzw. weg und darf nicht wieder
-
eingeführt werden.
Applaus
-
U: Zumal man ja sagen muss, dass die
verschiedenen Experimente des deutschen
-
Gesetzgebers ja bislang immer an den
Klippen irgendwelcher Grundrechte
-
gescheitert sind. Das heißt also, selbst
wenn es am politischen Willen fehlt, ja,
-
dann müsste doch zumindest der
Pragmatismus siegen, und man müsste doch
-
sagen: Was sollen wir denn alle mit einer
Maßnahme, die wir mit extremem politischem
-
Preis durchboxen, die dann aber letztlich
die Gerichte doch wieder kassieren?
-
Letztlich macht sich der Gesetzgeber ja da
auch nur noch lächerlich mit dieser
-
Maßnahme. Zum Stichwort Abschaffung der
Funkzellenabfrage: Da muss man natürlich
-
sagen: Politisch – wir kommen gleich noch
zu den Programmen der Parteien – ist das
-
momentan nicht so ganz realistisch. Aber
ich denke, wenn man sich die
-
Rechtsgrundlage anschaut – wir haben die
ja ganz am Anfang ausdrücklich mal auf die
-
Folie geworfen –, wo ja schon so bestimmte
Hürden drin stehen. Wenn man sich dann
-
zugleich anschaut, dass der
Datenschutzbeauftragte gesagt hat: „Na
-
gerade die Verhältnismäßigkeit wird
überhaupt nicht beachtet“, dann würde ich
-
mir als kleinsten Schritt, quasi als
Sofortmaßnahme, um die schlimmsten
-
Probleme zu beheben, wünschen, dass man
diese Verhältnismäßigkeit stärkt. Und wie
-
könnte man das tun? Indem man
sicherstellt, dass diese Maßnahme wirklich
-
nur noch bei schwersten Straftaten
umgesetzt wird. Und man kann natürlich
-
politisch drüber reden: Wann fängt eine
schwerste Straftat an? Meine persönliche
-
These wäre: fünf Jahre konkrete
Straferwartung. Also bei einer
-
Freiheitsstrafe ab fünf Jahren, würde ich
denken, kann man von einer besonders
-
schweren Straftat reden. Man müsste das
Gesetz nur so ändern, dass man rein
-
schreibt: „Der Richter, die Richterin muss
begründen, warum im konkreten Fall nach
-
der gegenwärtigen Verdachtslage eine
Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren
-
zu erwarten ist.“ Das reinzuschreiben und
tatsächlich dafür eine Begründung zu
-
liefern, das würde, denke ich, dazu
führen, dass jedenfalls die
-
Funkzellenabfragen wegen Diebstahls in
Zukunft rechtswidrig wären oder eindeutig
-
nicht mehr vorkämen, so.
Applaus
-
A: Aber es wäre schon mal viel
gewonnen, wenn sich Polizei und
-
Staatsanwaltschaften zumindest an die
geltenden Gesetze hälten.
-
vereinzelter Applaus
A: So als kleinen Service zu
-
politischen Forderungen haben wir
analysiert, was denn die politischen
-
Parteien in Deutschland zur vor allem
Funkzellenabfrage, aber auch ein bisschen
-
zur Vorratsdatenspeicherung sagen, und
zwar aus den Wahlprogrammen der letzten
-
Bundestagswahl. Das von der CDU sagt – Ja,
wissen wir nicht so ganz genau. Die sagen
-
nichts zur Funkzellenabfrage und
Vorratsdatenspeicherung. Aber mal ganz im
-
Ernst:
Gelächter
-
A: Die sind immer dafür.
U: Was haben wir da erwartet? Klare
-
Worte auch aus Bayern, logisch. Die CSU
verlangt: „Wir müssen einfach die
-
Anwendung der Funkzellenabfrage noch
deutlich ausweiten. Auch im Bund, in den
-
anderen Ländern muss der Verfassungsschutz
wie in Bayern befugt werden, Verkehrsdaten
-
zu nutzen.“ Da fällt uns nichts mehr zu
ein. Wir haben direkt weiter geblättert zu
-
den Sozialdemokraten.
A: Soll ich die machen?
-
U: Ja.
A: lacht Was steht im Wahlprogramm
-
der Sozialdemokraten? Nichts zu
Verkehrsdatenabfrage, zu Funkzellenabfrage
-
und Vorratsdatenspeicherung. Aber mal ganz
ehrlich: Die Sozen haben uns das immer
-
gebracht. Die sozialdemokratischen
Justizministerinnen und -minister waren
-
immer genau dafür verantwortlich, für
diese Gesetze. Wer von den
-
Sozialdemokraten erwartet, dass sie die
Vorratsdatenspeicherung, Funkzellenabfrage
-
kippen – won't happen.
U: Möglicherweise anders sehen das die
-
Freien Demokraten. Immerhin verlangen sie,
Funkzellenabfragen einzuschränken und
-
einen Richtervorbehalt vorzusehen. Klammer
auf: Eigentlich steht der schon im Gesetz.
-
Klammer zu. Er bringt halt nur nichts.
Jedenfalls heißt es da im O-Ton: „Wir
-
Freien Demokraten wollen keine lückenlose
Überwachung unbescholtener Bürgerinnen und
-
Bürger, ...“ Klingt sinnvoll. „... gleich
ob durch deutsche Sicherheitsbehörden oder
-
fremde Nachrichtendienste. Deswegen wollen
wir sowohl die Möglichkeiten zur
-
Funkzellenabfrage als auch der
Bestandsdatenauskunft“, ja, das ist dieses
-
Telefonbuch, „deutlich einschränken.“ Wie
gesagt, einen Vorschlag hab ich gemacht:
-
Straferwartung fünf Jahre könnte man ja
mal konkret umsetzen. Das ginge vermutlich
-
in wenigen Wochen.
A: Die Linkspartei. Die ist
-
tatsächlich die einzige der großen
deutschen Parteien, die klipp und klar
-
dagegen ist. In ihrem Wahlprogramm
schreibt die Linke: „Wir wollen das Recht
-
auf informationelle Selbstbestimmung
sichern: gegen Vorratsdatenspeicherung,
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gegen Bestandsdatenauskunft und Online-
Durchsuchungen, gegen die
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Funkzellenabfrage, Videoüberwachung, Späh-
und Lauschangriffe und Rasterfahndung.“
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vereinzelter Applaus
U: Und zum guten Schluss ...
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Nee, noch nicht ganz! Die Grünen sind
etwa wahrscheinlich da, wo ich gerade
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argumentiert habe. Sie wollen die
Verhältnismäßigkeit stärken, und sie sind
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gegen die Vorratsdatenspeicherung. „Es ist
viel wirksamer“, schreiben sie, „gezielt
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mit verhältnismäßigen Mitteln einige
hundert Personen zu überwachen, die
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hierfür auch einen hinreichenden Anlass
geboten haben, als 80 Millionen
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Bürgerinnen und Bürger anlasslos mit der
Vorratsdatenspeicherung, flächendeckender
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Videoüberwachung oder automatisierter
Gesichtserkennung zu erfassen. Wir lehnen
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diese Maßnahmen jeweils ab.“
A: Eine Partei fehlt noch. Die AfD.
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Was sagt die zur Funkzellenabfrage?
Gelächter, Applaus
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A: Nichts. Steht nichts drin.
U: Aber!
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A: Aber mal ernsthaft. Also als ob die
Partei gegen Überwachung wäre. Und wer
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Nazis wählt, weil sie gegen die
Funkzellenabfrage sind, hat ganz andere
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Probleme.
Lachen, Applaus
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U: Ja, zum Schluss noch ein kleines
bisschen Ausblick. Das ist so eine
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Timeline für die Vorratsdatenspeicherung.
Das ist jetzt eher so der Blick in die
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Geschichte. 2016 ist die aktuelle Fassung
in Kraft getreten. Vor einigen Monaten ist
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die aktuelle Fassung von Gerichten de
facto außer Kraft gesetzt worden. Jetzt
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warten wir noch darauf, dass das
Bundesverfassungsgericht und/oder der
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Europäische Gerichtshof das auch noch
einmal offiziell absegnet und die
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Vorratsdatenspeicherung beseitigt. Bei den
Funkzellenabfragen kennen wir persönlich
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jetzt erst mal keine konkreten
gesetzgeberischen Maßnahmen. Wie gesagt:
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Wir haben euch eine Methode vorgestellt,
das Berliner FTS, wie man das jedenfalls
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ein wenig verbessern kann. Was mir
persönlich daran besonders gefällt ist der
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Schritt hin zu mehr Transparenz, weil ich
glaube, dass es bei den
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Ermittlungsbehörden so ein bisschen was
auslöst, wenn sie davon ausgehen müssen,
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dass ihre Maßnahmen hinterher bekannt
werden, und dass jedenfalls hier und da
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auch mal jemand Rechtsschutz suchen wird.
Das ist sicherlich – aus meiner Sicht
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jedenfalls, ich bin natürlich befangen,
ich habe damit ja sehr viel zu tun gehabt
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– das ist sicherlich jetzt nicht das
Allheilmittel in diesem Bereich.
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Sicherlich muss man die Maßnahmen auch
deutlich einschränken mit einer Anordnung.
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Aber ich denke, Transparenz und
rechtsstaatliche Kontrolle sind jedenfalls
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Schritte in die richtige Richtung. André?
A: Genau. Und dieses Jahr, also das
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kommende Jahr wird dann
höchstwahrscheinlich auch das
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Bundesverfassungsgericht mal wieder über
die Vorratsdatenspeicherung urteilen. Und
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nach den letzten Urteilen sowohl aus
Deutschland, als auch vor allen den EuGH-
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Urteilen, die sehr stark waren, gehen wir
eigentlich davon aus, dass die anlasslose
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Massenüberwachung sämtlicher Verkehrs- und
Mobilfunkdaten grundrechtswidrig ist und
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abgeschafft gehört. Wir freuen uns auf die
Verhandlung in Karlsruhe.
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U: Ja. Und das war es von uns zum Thema
Funkzellenabfragen, Überwachung für alle.
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Vielen Dank, dass ihr da wart. Und wir
freuen uns auf das Q & A.
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Applaus
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Herald: Ja super, vielen Dank. Ok, Fragen?
Wir haben schon die ersten an den
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Mikrofonen stehen. Wir fangen mal an mit
Mikrofon 2 bitte, deine Frage!
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Frage: Ja, hallo. Ich bin Sascha, ich
gehöre zu den Ahnungslosen hier unter uns.
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Ich finde es total geil was ihr macht,
aber ich stelle mir jetzt mal eine Frage
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nach der Relevanz. Ihr habt gesagt,
komische kleine Zahlen wie eine
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Funkzellenabfrage pro Bundesland pro Tag.
Kann das sein? Wieviele Funkzellen haben
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wir überhaupt?
André: 60.000 derzeit. Es werden mehr mit
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5G.
Frage: Ok, und jetzt nochmal die Frage
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nach der Relevanz.
André: Es wird ... also die Rechnung haben
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wir vorhin nicht gemacht. Ich gehe davon
aus, dass jede einzelne Person in
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Deutschland mindestens jeden Monat einmal
in einer Funkzellenabfrage landet. Und
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wenn ich das bin, dann würde ich das
erstens mindestens gern wissen und
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zweitens wenn ich nicht Verdächtiger einer
Straftat bin, dann hat das gefälligst zu
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unterbleiben.
Frage: Danke
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Applaus
Herald: Vielen Dank. Wir haben eine Frage
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aus dem Netz, der Signal-Engel bitte!
Signal-Engel: Ja, und zwar fragt ein
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Nutzer: Gibt es einen Musterbrief, um ohne
richterliche Anordnung an meine
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persönlichen Daten zu kommen, so wie Malte
Spitz das gemacht hat? Weil eine einfache
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E-Mail-Anfrage – bevor es die DSGVO gab –
bei dem Nutzer abgelehnt wurde mit Bezug
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auf Datenschutz, weil die ja Verkehrsdaten
Dritter enthalten würden.
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U: Also ich kenne persönlich jetzt
keinen Musterbrief. Ich weiß, dass Malte
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damals klagen musste gegen die Telekom und
es letztlich aber nicht zu einem Urteil
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kam, sondern zu einem Vergleich. Was ja
darauf schließen lässt, dass die Telekom
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eben dann letzten Endes gesprächsbereit
war. Ich weiß aber nicht, wie die sich
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heute verhalten würden, wenn jemand da
wieder anfragt. Insofern kann ich nichts
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zu sagen und ich kenne ehrlich gesagt
keinen Musterbrief. Im Zweifel würde ich
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immer anregen in solchen Fällen, bevor man
viel Geld für einen Anwalt ausgibt, auch
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mal mit dem örtlichen
Datenschutzbeauftragten zu reden, denn die
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sind häufig ausgesprochen hilfsbereit und
haben auch häufig gute Kontakte zur
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Zivilgesellschaft und können dann eben
kostenfrei und kreativ weiterhelfen.
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Herald: Ok, vielen Dank. Mikro Nummer 4,
bitte!
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Frage: Die Frage, die ich mir stelle: Ihr
habt ja gesagt, dass diese
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Verhältnismäßigkeit gegeben sein muss, und
dass nur besonders schweren Straftaten
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verwendet ... Wenn es denn tatsächlich zu
einer Verhandlung kommt und derjenige, der
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da angeklagt ist, die Verteidigung,
argumentieren sich da nicht so, dass diese
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Funkzellenabfrage gar nicht verwendet
werden darf?
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U: Ja, das ist eine sehr gute Frage.
Dazu muss man in aller Deutlichkeit sagen,
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in aller Regel sind rechtswidrig erlangte
Daten im deutschen Strafverfahren
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verwertbar. Das ist anders als man das im
Kino sieht. In Amerika sind die Regeln in
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der Tendenz deutlich strenger, in
Deutschland kann die Polizei fast – nicht
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... es gibt bestimmte Grenzen – aber fast
machen, was sie will. Selbst wenn eine
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Ermittlungsmaßnahme rechtswidrig war, sind
die Daten in aller Regel verwertbar. Und
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ich kann mir kaum vorstellen, wie man eine
Funkzellenabfrage so rechtswidrig
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durchführen will, dass man hinterher die
Daten nicht verwenden kann. Das ist genau
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das Problem, dass es da einfach nicht den
nötigen Anreiz gibt, sich legal zu
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verhalten. Das kennt man aus
amerikanischen Filmen anders, da haben die
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Ermittler häufig Angst, irgendwie das
Gesetz zu verletzen, weil dann hinterher
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ihr Fall platzt. Das ist in Deutschland
nicht zu befürchten. Der Bundesgerichtshof
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ist der festen Überzeugung, dass deutsche
Polizeibeamte diese Disziplinierung nicht
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brauchen, sondern sich von ganz alleine
rechtstreu verhalten.
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A: Wie man ja unschwer erkennen kann.
Herald: Danke. Ich muss leider ein
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bisschen durch die Fragen jagen, weil wir
haben nicht mehr viel Zeit. Mikro 1 bitte,
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danach Mikro 3.
Mikro 1: Vielen Dank für den Talk. Was
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passiert mit den Daten, nach einer FZA?
Was hat das dann für Folgen, wie lange
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bleiben die irgendwo gespeichert?
A: Also das ist eine gute Frage. Da
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sind wir jetzt nicht so sehr eingegangen
in dem Talk. Die Polizeibehörden, die
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werfen das in Software. Ich habe noch
versucht herauszubekommen, welche Software
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das aktuell ist. Damals in Dresden war das
so ein selbstgeklopftes EFUS hieß das,
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Elektronisches File Unterstützungs System.
Ganz am Anfang hatten sie es in Excel
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gepackt. Aber das ist ihnen dann um die
Ohren geflogen, weil die Datensätze zu
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groß waren. Dann gibt's von Rola RR-Case??
eine Software und IBM Analysts Notebook
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und die versuchen damit Quertreffer,
Kreuztreffer zu fangen, gerade bei den
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z.B. Autobränden. Welche Handys sind denn
an mehreren Tatorten anwesend. Nun sind...
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Mikro 1: Müssen die die löschen,
irgendwann einmal?
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U: Ach so ja, dazu möchte ich...
A: Das ist der 2. Punkt. Die versuchen
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Daten zu finden und dann weiter damit zu
arbeiten. Wenn Sie die Daten nicht mehr
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nutzen, dann müssen die gelöscht werden.
Aber das hat auch der
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Landesdatenschutzbeauftragte mal
überprüft, wie das gemacht wird, sowie er
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alles Mögliche überprüft hat und er hat
gemeint, die waren nach zehn Jahren oder
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nach vielen Jahren immer noch in der Akte
oder die Daten sollten nur mal als Ultima
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Ratio verwendet werden nur wenn alle
anderen Ermittlungsansätze nicht zum
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Erfolg führen hat sich herausgestellt, die
machen eine Anfrage, kriegen eine CD,
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packen die in die Akten und gucken die
Daten aber nie an. Also die gibt's die
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skurrilsten Fälle. Dass Du davon ausgehen
kannst, dass schon zeitnah gelöscht
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werden, nicht die Fälle, die wir kennen.
U: Nein, die Rechtsgrundlage sieht im
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Grunde so vor dass die Daten gelöscht
werden müssen, wenn das Strafverfahren
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rechtskräftig abgeschlossen ist. Also
irgendein Urteil rechtskräftig geworden
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ist oder wenn die Taten verjährt sind. Das
sind so die beiden Hauptgründe, wann die
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Daten gelöscht werden. Das wäre natürlich
relativ lange, insbesondere Verjährung
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sind häufig 10, 15, 20 Jahre. Auf der
anderen Seite ist es so, dass jedenfalls
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in Berlin kann ich das sagen, die Polizei
sich schon sehr viel Mühe gibt, da
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rechtstreu zu handeln und die versuchen
dann den Zugriff auf diese Daten zu
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beschränken. André hat gerade schon
gesagt, Stichwort auf CD brennen. Das
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heißt also, dass man halt sagt, die sind
jetzt nicht mehr im normalen System,
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sondern man zieht die raus, brennt auf
eine CD, nimmt die zu den Akten und kann
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dann eben nicht mehr einfach so drauf
zugreifen. sondern nur noch wenn man in
-
diese Akte reinschaut. Das vielleicht ganz
generell noch mal am Rande. Die Polizei
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war extrem kooperativ auch beim Entwerfen
dieses Systems. Ich war mir da nicht so
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sicher, aber ich habe da bislang sehr gute
Erfahrungen gemacht. Die scheinen das
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System zu wollen in Berlin, das ist mein
persönlicher Eindruck. Die Beamten mit
-
denen ich zu tun habe, finden das eine
gute Idee. Warum auch immer, ob das eine
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PR Maßnahme ist, ob sie Angst haben, dass
sie das sonst manuell irgendwann
-
bearbeiten müssen, das weiß ich nicht.
Jedenfalls sind sie mir gegenüber sehr
-
kooperativ an dieser Stelle. Dankeschön.
Herald: Ok, es tut mir leid, die letzte
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Frage an Mikro Nummer 3. Wie angekündigt
und dann tut es mir leid, wir müssen dann
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Schluss machen. Deine Frage bitte.
Mikro 3: Schöner Talk soweit. Autos haben
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Telemetrie Boxen. Die haben's im ...
eingebaut. Wird in Zukunft das Auto
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getrackt?
Ulf: Es wird jedenfalls mit erfasst werden
-
in dieser Maßnahme, so viel kann man
sagen.
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André: Sie werden von Funkzellenabfrage
erfasst, sie werden Vorratsdaten
-
gespeichert und dann gibt es noch dieses
eCall. Wir haben mit der Funkzellenabfrage
-
nur ein winziges Puzzlestein aus dem
Gesamtbild der staatlichen
-
Überwachungsmaßnahmen genommen. Also auch
in Autoüberwachung gibt jede Menge andere
-
Ansätze. Wir sind im Jahr 5 oder 6 nach
Snowden, da draußen gibt's jede Menge
-
Überwachungsmethodik. Autoüberwachung
anhand der Mobil SIMs, die da drin sind,
-
ist sicherlich ein weites Feld. Aber klar,
auch die Daten landen mit in den FZA
-
Anfragen.
Mikro 3 Danke
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Herald: Super vielen Dank. Ein großer
Applaus für Ulf Buermeyer und André
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Meister, vielen Dank.
Applaus
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Abspannmusik
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