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Jonathan Klein: Fotos, die die Welt veränderten

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    In meiner Branche
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    glauben wir, dass Bilder die Welt verändern können.
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    Zugegeben wir sind zwar naiv, aber auch ausgeschlafen und putzmunter,
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    und wissen in Wahrheit natürlich, dass
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    Bilder selber die Welt nicht verändern.
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    Wir sind uns jedoch auch bewusst, dass seit Beginn der Fotografie
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    Bilder Reaktionen hervorgerufen haben
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    und diese Reaktionen Veränderungen bewirkt haben.
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    Lassen Sie uns mit einigen Bildern anfangen.
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    Es würde mich sehr wundern,
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    wenn Sie nicht viele oder sogar die meisten davon kennen.
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    Man könnte sie am besten als "kultig" beschreiben,
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    so kultig, dass sie vielleicht schon Klischees geworden sind.
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    Tatsächlich sind sie sogar so bekannt,
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    dass man sie selbst dann noch wiedererkennt,
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    wenn sie in einer etwas anderen Form daherkommen.
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    (Gelächter)
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    Aber ich glaube, wir suchen nach mehr.
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    Wir suchen nach mehr.
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    Wir suchen nach Bildern, die die
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    Aufmerksamkeit auf kritische Themen lenken,
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    Bilder die grenzübergreifend sind, die Religionen überschreiten,
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    Bilder die uns provozieren,
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    aufzustehen und etwas zu tun,
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    mit anderen Worten: zu handeln.
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    Dies Bild hier haben Sie alle schon einmal gesehen.
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    Es hat unsere Sicht der realen Welt verändert.
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    Niemals zuvor hatten wir unseren Planeten aus dieser Perspektive betrachtet.
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    Viele führen die Entstehung der Umweltbewegung
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    zu einem großen Teil darauf zurück,
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    dass wir unsere Erde
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    zum ersten Mal auf diese Weise sahen,
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    so klein, so zerbrechlich.
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    Heute, 40 Jahre später, wissen viele von uns hier besser als die meisten anderen
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    sehr wohl Bescheid über die zerstörerischen Kräfte,
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    die unsere Spezies auf unsere Umwelt ausüben kann.
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    Und so hat es den Anschein, dass wir schließlich doch etwas dagegen unternehmen.
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    Diese zerstörerischen Kräfte nehmen vielerlei Gestalt an.
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    Nehmen wir beispielsweise diese Fotos hier von Brent Stirton
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    aus dem Kongo:
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    Diese Gorillas wurden ermordet, einige würden sogar sagen: gekreuzigt,
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    und es ist nicht verwunderlich,
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    dass sie weltweit Empörung hervorriefen.
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    Erst kürzlich wurden wir
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    auf tragische Weise an die zerstörerische Kraft der Natur erinnert,
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    bei dem letzten Erdbeben in Haiti.
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    Was ich allerdings für noch schlimmer halte,
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    es die zerstörerische Kraft des Menschen gegen sich selbst.
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    Samuel Pisar, einr der Überlebenden von Auschwitz, hat gesagt,
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    ich zitiere,
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    "Der Holocaust lehrt uns, dass die Natur,
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    selbst in ihren grausamsten Momenten,
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    noch gütig ist im Vergleich zum Menschen,
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    wenn er seine moralische Orientierung und Vernunft verliert."
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    Hier noch eine weitere Kreuzigung.
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    Sowohl die erschreckenden Bilder von Abu Ghraib
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    als auch die Bilder von Guantanamo
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    haben die Welt erschüttert.
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    Denn erst die Veröffentlichung dieser Bilder,
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    nicht die Bilder selbst,
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    sorgten dafür, dass eine Regierung ihre Politik änderte.
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    Einige Leute behaupten, dass es jene Bilder waren,
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    die den Aufruhr in Irak mehr angefacht haben
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    als irgendeine andere einzelne Tat.
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    Mehr noch: Diese Bilder haben
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    den sogenannten hohen moralischen Anspruch der Besatzungsmächte für immer widerlegt.
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    Lassen sie uns ein wenig zurückgehen
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    in die 1960er und 1970er Jahre,
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    als der Vietnamkrieg praktisch
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    Tag für Tag in Amerikas Wohnzimmer übertragen wurde.
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    Nachrichtenbilder konfrontierten die Zuschauer direkt
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    mit den Opfern des Krieges: ein kleines Mädchen von Napalm verbrannt,
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    ein Student getötet von der Nationalgarde
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    während einer Protestaktion an der Kent-State-Universität in Ohio.
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    Tatsächlich wurden diese Bilder selbst
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    zu Stimmen des Protests.
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    Bilder haben aber auch die Macht,
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    ein verständnisvolles Licht auf
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    Misstrauen und Ignoranz zu werfen,
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    besonders, wenn es um HIV/AIDS geht.
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    Darüber habe ich bereits viele Reden gehalten,
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    daher will ich Ihnen jetzt nur dies einzige Bild zeigen.
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    In 80er Jahren war die Stigmatisierung mit dieser Krankheit
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    ein enormes Hindernis,
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    über diese Krankheit zu diskutieren oder sie auch nur zu erwähnen.
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    1987 trug die damals bekannteste Frau der Welt,
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    die Prinzessin von Wales, die ein HIV-infiziertes Baby berührte,
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    mit dieser einfachen Geste, besonders in Europa,
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    sehr dazu bei, dieses Vorurteil zu beseitigen.
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    Sie kannte die Macht eines Fotos besser als die meisten von uns.
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    Wenn wir mit einem aufrüttelnden Bild konfrontiert werden,
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    haben wir alle die Wahl:
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    Wir können weggucken, oder uns mit dem Bild befassen.
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    Glücklicherweise sorgten diese Fotos,
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    als sie 1998 im "Guardian" erschienen,
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    für viel Aufmerksamkeit und letztlich auch für viel Geld
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    zur Bekämpfung der Hungersnot im Sudan.
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    Haben diese Bilder die Welt verändert?
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    Nein, aber sie taten eine große Wirkung.
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    Bilder bewegen uns oft dazu, unsere inneren Grundsätze
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    und unsere Verantwortung füreinander zu überprüfen.
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    Wir alle haben die Fotos nach Katrina gesehen,
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    und ich glaube, Millionen von Menschen
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    waren davon sehr tief bewegt,
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    sodass ich es für höchst unwahrscheinlich halte,
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    dass diese Bilder nicht mehr in den Köpfen der Amerikaner waren,
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    als sie im November 2008 zur Wahl gingen.
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    Leider hielt man einige sehr wichtige Bilder
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    für zu drastisch und beunruhigend, um veröffentlicht zu werden.
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    Ich zeige Ihnen hier ein Foto von einem Irakkriegs-Veteranen,
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    ein Foto, das Eugene Richards geschossen hat und
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    aus einem brilliantem Werk stammt,
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    das "Krieg ist persönlich" heißt und nie veröffentlicht wurde.
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    Aber Bilder müssen nicht drastisch sein,
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    um uns an die Tragik des Krieges zu erinnern.
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    John Moore machte dieses Photo am Arlington Friedhof.
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    Nach all den aggressiven Augenblicken des Kampfes
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    in all den Krisengebieten dieser Welt,
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    gibt es doch auch dieses Foto von einem viel friedlicheren Ort,
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    das mich sehr viel mehr verfolgt als die anderen.
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    Ansel Adam sagte, aber ich stimme dem nicht zu:
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    "Man nimmt ein Foto nicht auf, sondern man macht es."
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    Meines Erachtens ist es nicht der Fotograf, der das Foto macht,
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    sondern wir selbst.
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    Wir bringen in jedes Bild
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    unsere eigenen Werte und Überzeugungen ein,
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    mit dem Resultat, dass das Bild in uns nachschwingt.
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    Mein Unternehmen hat 70 Millionen Bilder.
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    Eines davon habe in meinem Büro.
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    Hier ist es.
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    Ich hoffe, Sie werden das nächste Mal, wenn Sie
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    ein Bild sehen, das Sie aufregt,
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    besser verstehen, warum.
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    Und so, wie ich Sie einschätze, bin ich sicher,
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    dass Sie dann bestimmt etwas dagegen unternehmen werden.
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    Danke an all die Fotografen.
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    (Beifall)
Title:
Jonathan Klein: Fotos, die die Welt veränderten
Speaker:
Jonathan Klein
Description:

Fotos können Geschichte nicht nur dokumentieren - sie können auch Geschichte machen. An der TED-Universität zeigt Jonathan Klein von "Getty Images" einige Fotos, die Kult geworden sind, und spricht darüber, was passiert, wenn eine neue Generation Bilder sieht, die so kraftvoll sind, dass man nicht wegsehen, aber auch kein zweites Mal hinsehen kann.

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
05:42
Peter Böhm added a translation

German subtitles

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