Ellen 't Hoen: Bündel medizinische Patente, rette Leben
-
0:01 - 0:062002 traf sich eine Gruppe
von Therapie-Aktivisten, -
0:06 - 0:10um die frühe Entwicklung
des Flugzeuges zu diskutieren. -
0:10 - 0:14Die Brüder Wright hatten es
Anfang des letzten Jahrhunderts -
0:14 - 0:16zum ersten Mal geschafft,
-
0:16 - 0:19eines dieser Objekte
zum Fliegen zu bringen. -
0:19 - 0:22Sie hatten auch
zahlreiche Patente -
0:22 - 0:24für die grundlegenden Teile
des Flugzeuges bekommen. -
0:24 - 0:25Sie waren
nicht die Einzigen. -
0:25 - 0:29Es war eine übliche
Vorgehensweise in der Industrie -
0:29 - 0:31und derer, die Patente
für Flugzeuge besaßen, -
0:31 - 0:32diese erbittert
zu verteidigen -
0:32 - 0:36und Konkurrenten links
und rechts zu verklagen. -
0:36 - 0:41Dies war an für sich nicht so gut für
die Entwicklung der Flugzeugindustrie -
0:41 - 0:44und es war zu einer Zeit, in
der besonders die US-Regierung -
0:44 - 0:47Interesse daran zeigte,
-
0:47 - 0:49die Produktion von
Militärflugzeugen anlaufen zu lassen. -
0:49 - 0:52Es gab also so etwas wie
einen Konflikt in dieser Sache. -
0:52 - 0:55Die US-Regierung
beschloss zu handeln, -
0:55 - 0:58und zwang
die Patentinhaber -
0:58 - 1:02ihre Patente für andere
verfügbar zu machen, -
1:02 - 1:07um die Flugzeugproduktion
zu ermöglichen. -
1:07 - 1:10Also was hat das
-
1:10 - 1:14damit zu tun?
-
1:14 - 1:192002 entdeckte Nelson Otwoma,
ein kenianischer Sozialwissenschaftler, -
1:19 - 1:25dass er HIV hatte und Zugang
zu ärztlicher Versorgung benötigte. -
1:25 - 1:29Ihm wurde gesagt, dass
es kein Heilmittel gäbe. -
1:29 - 1:32AIDS, wie er hörte, war tödlich
-
1:32 - 1:35und ärztliche Behandlung wurde nicht
angeboten. Das war zu einer Zeit -
1:35 - 1:38in der ärztliche Behandlung in
reichen Ländern tatsächlich existierte. -
1:38 - 1:41AIDS war zu einer
chronischen Erkrankung geworden. -
1:41 - 1:45Menschen in unseren Ländern,
hier in Europa, in Nordamerika -
1:45 - 1:47lebten mit HIV gesunde Leben.
-
1:47 - 1:50Jedoch nicht Nelson.
Er war nicht reich genug -
1:50 - 1:54und auch nicht sein 3-jähriger Sohn,
welcher, wie er ein Jahr später erfuhr, -
1:54 - 1:57auch HIV hatte.
-
1:57 - 2:01Nelson entschied, ein
Therapie-Aktivist zu werden -
2:01 - 2:03und sich mit anderen
Gruppen zusammenzutun. -
2:03 - 2:092002 wurden sie mit einem
weiteren Problem konfrontiert. -
2:09 - 2:14Preise für ARVs – Medikamente, die zur
Behandlung von HIV benötigt werden – -
2:14 - 2:18lagen für einen Patienten bei
ca. 9.000 Euro pro Jahr. -
2:18 - 2:21Die Patente für diese
Medikamente gehörten -
2:21 - 2:27einigen westlichen
Pharmaunternehmen, -
2:27 - 2:30welche nicht
unbedingt willens waren, -
2:30 - 2:33diese Patente
zugänglich zu machen. -
2:33 - 2:35Wenn man ein Patent
besitzt, kann man andere -
2:35 - 2:40von der Herstellung oder Produktion,
-
2:40 - 2:43von, zum Beispiel,
günstigeren Varianten, -
2:43 - 2:46die für diese Medikamente
verfügbar sind, ausschließen. -
2:46 - 2:51Dies führte ganz offensichtlich
zum Ausbruch von Patentkriegen -
2:51 - 2:54auf der ganzen Welt.
-
2:54 - 2:57Glücklicherweise gab es
diese Patente nicht überall. -
2:57 - 3:00Es gab Länder,
die Arzneimittelpatente -
3:00 - 3:03nicht anerkannten, wie Indien.
-
3:03 - 3:05Indische Pharmakonzerne
-
3:05 - 3:09begannen, sogenannte Generika,
-
3:09 - 3:14günstigere Kopien der antiretroviralen
Medikamente zu produzieren, -
3:14 - 3:17und sie in Entwicklungsländern
zur Verfügung zu stellen, -
3:17 - 3:20und innerhalb eines
Jahres sank der Preis -
3:20 - 3:23von jährlich 7.500 Euro pro Patient
-
3:23 - 3:26auf jährlich 250 Euro pro Patient,
-
3:26 - 3:29und heute ist der
gleiche Dreipillen-Cocktail -
3:29 - 3:32für jährlich 45 Euro
pro Patient verfügbar, -
3:32 - 3:36und dies begann natürlich
einen enormen Effekt -
3:36 - 3:39auf die Anzahl an Menschen zu haben,
die sich den Zugang -
3:39 - 3:40zu diesen Medikamente leisten konnten.
-
3:40 - 3:43Therapien wurden möglich,
-
3:43 - 3:46Finanzierung war vorhanden,
und die Anzahl der Menschen -
3:46 - 3:53in antriretroviraler Behandlung
begann sehr schnell zu steigen. -
3:53 - 3:55Heute haben 8 Millionen Menschen
-
3:55 - 3:58Zugang zu antiretroiviralen Medikamenten.
-
3:58 - 4:0234 Milionen sind mit HIV infiziert.
-
4:02 - 4:04Nie zuvor war
die Zahl so hoch, -
4:04 - 4:06aber genaugenommen sind
das gute Neuigkeiten, -
4:06 - 4:08denn es bedeutet, dass Menschen
nicht mehr daran sterben. -
4:08 - 4:11Menschen, die Zugang zu diesen
Medikamenten haben, sterben nicht. -
4:11 - 4:12Und da ist
noch etwas anderes. -
4:12 - 4:15Sie übertragen
den Virus nicht mehr. -
4:15 - 4:18Jüngste Forschung
hat dies gezeigt. -
4:18 - 4:21Das bedeutet,
wir haben die Mittel, -
4:21 - 4:25dieser Epidemie das
Rückgrat zu brechen. -
4:25 - 4:30Also, was ist das Problem?
-
4:30 - 4:32Nun ja, die Dinge
haben sich geändert. -
4:32 - 4:36Allem voran haben
sich die Gesetze geändert. -
4:36 - 4:42Heute sind alle
Länder dazu verpflichtet, -
4:42 - 4:46Patente für Arzneimittel anzubieten,
die mindestens 20 Jahre Bestand haben. -
4:46 - 4:49Dies ist das Ergebnis der
geistigen Eigentumsgesetze -
4:49 - 4:52der Welthandelsorganisation.
-
4:52 - 4:55Also das, was Indien tat,
ist nun nicht mehr möglich. -
4:55 - 5:00Zweitens, die Methoden der patentbesitzenden
Unternehmen haben sich geändert. -
5:00 - 5:04Hier sehen wir
die Patentverfahren -
5:04 - 5:09vor den Gesetzen der
Welthandelsorganisation, vor 1995, -
5:09 - 5:11vor antiretroviralen Medikamenten.
-
5:11 - 5:14Das ist das, was wir heute sehen,
-
5:14 - 5:16in den Entwicklungsländern, das bedeutet,
-
5:16 - 5:19falls wir nicht etwas
Wohlüberlegtes tun -
5:19 - 5:21und falls wir nicht
jetzt etwas unternehmen, -
5:21 - 5:26werden wir sehr bald einer anderen
Arzneimittel-Preiskrise gegenüber stehen, -
5:26 - 5:28da neue Medikamente
entwickelt werden, -
5:28 - 5:32neue Medikamente auf dem Markt kommen,
aber diese Medikamente sind patentiert -
5:32 - 5:35in einer viel weiteren
Bandbreite an Ländern. -
5:35 - 5:39Also, falls wir nicht handeln,
falls wir nicht heute etwas tun, -
5:39 - 5:43werden wir sehr bald mit etwas
konfrontiert sein, was manche -
5:43 - 5:46die Therapiezeitbombe nennen.
-
5:46 - 5:51Es ist nicht nur die Anzahl der
Medikamente, die patentiert sind. -
5:51 - 5:54Es gibt etwas anderes,
was sehr abschreckend -
5:54 - 5:56für Generikahersteller sein kann.
-
5:56 - 6:00Dies zeigt Ihnen ein Patentdiagramm.
-
6:00 - 6:04Das ist das Diagramm
für ein Medikament. -
6:04 - 6:06Sie können sich also vorstellen,
dass, falls sie als Generikahersteller -
6:06 - 6:08kurz davor stehen zu
entscheiden, ob sie in diese -
6:08 - 6:11Produktentwicklung investieren,
ausgenommen sie wissen, -
6:11 - 6:14dass die Lizensen
für diese Patente -
6:14 - 6:16tatsächlich verfügbar sein werden,
-
6:16 - 6:19werden sie sich wahrscheinlich
entscheiden, etwas anderes zu tun. -
6:19 - 6:23Noch einmal, eine
wohlüberlegte Handlung ist gefragt. -
6:23 - 6:26Sicherlich,
-
6:26 - 6:30wenn ein Patentpool
eingerichtet werden kann, -
6:30 - 6:34um die Produktion von
Militärflugzeugen voranzutreiben, -
6:34 - 6:37sollten wir in der Lage sein,
etwas Ähnliches zu tun, -
6:37 - 6:41um mit der HIV/AIDS-Epidemie
fertig zu werden. -
6:41 - 6:43Und wir taten es.
-
6:43 - 6:482010 gründete UNITAID die
Arzneimittel-Patentgemeinschaft -
6:48 - 6:52für HIV.
-
6:52 - 6:54Und so funktioniert es:
-
6:54 - 6:57Patentinhaber und Erfinder,
-
6:57 - 7:01welche neue
Arzneimittel entwickeln, -
7:01 - 7:04patentieren diese Entwicklungen,
-
7:04 - 7:05aber machen
diese Patente verfügbar -
7:05 - 7:08für die Arzneimittel-Patentgemeinschaft.
Diese Arzneimittel-Patentgemeinschaft -
7:08 - 7:12gestattet dann denjenigen Zugriff
zu diesen Patenten, die ihn brauchen. -
7:12 - 7:14Das können Generikahersteller sein.
-
7:14 - 7:18Es können zum Beispiel
gemeinnützige Behörden -
7:18 - 7:19für Medikamentenentwicklung sein,
-
7:19 - 7:22Diese Hersteller können
dann diese Arzneimittel -
7:22 - 7:27zu einem viel geringeren Preis an Menschen
verkaufen, welche den Zugang zu ihnen benötigen, -
7:27 - 7:29zu Therapie-Programmen, welche
den Zugang zu ihnen brauchen. -
7:29 - 7:33Sie bezahlen über die Verkäufe
Lizenzgebühren an die Patentinhaber, -
7:33 - 7:44diese werden also für das Teilen ihres
intellektuellen Eigentums entlohnt. -
7:44 - 7:48Es gibt einen
wesentlichen Unterschied -
7:48 - 7:51zu der Flugzeug-Patentgemeinschaft.
-
7:51 - 7:56Die Arzeneimittel-Patentgemeinschaft
ist ein freiwilliges Instrument. -
7:56 - 8:00Die Flugzeugpatentinhanber
hatten keine Wahl, -
8:00 - 8:01ob sie ihre Patente
lizenzieren wollten oder nicht. -
8:01 - 8:03Sie waren dazu gezwungen.
-
8:03 - 8:07Das ist ewtas, was die Arzneimittel-
Patentgemeinschaft nicht tun kann. -
8:07 - 8:11Es hängt von der Bereitwilligkeit
der Pharmaunternehmen ab, -
8:11 - 8:14ihre Patente zu bewilligen
und sie für andere -
8:14 - 8:19verfügbar zu machen.
-
8:19 - 8:24Heute ist Nelson Otwoma gesund.
-
8:24 - 8:28Er hat Zugang zu
antiretroviralen Medikamenten. -
8:28 - 8:32Sein Sohn wird bald
14 Jahre alt sein. -
8:32 - 8:34Nelson ist ein Mitglied der
sachverständigen Beratergruppe -
8:34 - 8:37der Arzneimittel-Patentgemeinschaft
-
8:37 - 8:39und er erzählte mir vor kurzem:
-
8:39 - 8:44„Ellen, wir in Kenia und in vielen
anderen Länder verlassen uns -
8:44 - 8:48auf die Arzneimittel-Patentgemeinschaft,
dafür zu sorgen, -
8:48 - 8:53dass neue Medikamente
auch für uns zugänglich sind, -
8:53 - 8:59dass neue Medikamente, ohne
Verzögerung, für uns zugänglich sind.“ -
8:59 - 9:02Und das ist kein
Fantasiebild mehr. -
9:02 - 9:06Bereits jetzt werde ich
Ihnen ein Beispiel geben. -
9:06 - 9:10Im August diesen Jahres
bewilligte die US-Arzneimittelbehörde -
9:10 - 9:14ein neues vier-in-einem-AIDS-Medikament.
-
9:14 - 9:17Das Unternehmen, Gilead,
welches die Patente besitzt, -
9:17 - 9:21hat das interlektuelle Eigentum an die
Arzneimittel-Patentgemeinschaft lizenziert. -
9:21 - 9:25Die Gemeinschaft arbeitet bereits
heute, zwei Monate später, -
9:25 - 9:28mit Generikaherstellern, um sicherzustellen,
dass dieses Produkt -
9:28 - 9:31zu geringen Kosten
auf den Markt gehen kann, -
9:31 - 9:34wo und wann es gebraucht wird.
Das ist ohnegleichen. -
9:34 - 9:36Dies wurde noch
nie vorher getan. -
9:36 - 9:40In der Regel gibt es eine 10-jährige
Verzögerung für ein neues Produkt, -
9:40 - 9:43um in Entwicklungsländern auf den
Markt zu kommen, wenn überhaupt. -
9:43 - 9:47Dies war noch nie
zuvor dagewesen. -
9:47 - 9:51Nelsons Aussichten
sind sehr gut, -
9:51 - 9:55und völlig zu Recht. Er und sein
Sohn werden Zugang brauchen -
9:55 - 9:58zu der Nachfolgergeneration
an antiretroviralen Mitteln -
9:58 - 10:01und der nächsten, ihr Leben lang,
-
10:01 - 10:06so dass er und viele andere
in Kenia und in anderen Ländern -
10:06 - 10:10weiterhin gesunde und
aktive Leben führen können. -
10:10 - 10:13Jetzt zählen wir auf die
Bereitwilligkeit der Pharmaunternehmen -
10:13 - 10:16dies umzusetzen. Wir zählen
auf jene Unternehmen, -
10:16 - 10:19die verstehen, dass es
nicht nur im Interesse des -
10:19 - 10:23Allgemeinwohls, sondern auch
in ihrem eigenen Interesse ist, -
10:23 - 10:28vom Konflikt zur
Kollaboration überzugehen -
10:28 - 10:31und durch die Arzneimittel-Patentgemeinschaft
können sie das erreichen. -
10:31 - 10:35Sie können sich auch
entscheiden, dies nicht zu tun, -
10:35 - 10:41aber jene, die diesen Weg
verfolgen, enden eventuell -
10:41 - 10:44in einer ähnlichen Situation,
in der die Wright Brüder -
10:44 - 10:48Anfang letzten Jahrhunderts waren.
Sie wurden mit Zwangsmaßnahmen -
10:48 - 10:53durch die Regierung konfrontiert.
Sie sollten es also besser jetzt tun. -
10:53 - 10:56Danke. (Applaus)
- Title:
- Ellen 't Hoen: Bündel medizinische Patente, rette Leben
- Speaker:
- Ellen 't Hoen
- Description:
-
Neue Wirkstoffe zu patentieren hilft, die gewaltigen Kosten für die Entwicklung zu finanzieren – aber das gleiche Patent kann fortschrittliche Therapien aus der Reichweite von kranken Menschen in Entwicklungsländern rücken, mit tödlichen Folgen. Ellen 't Hoen spricht über eine elegante, funktionierende Lösung für dieses Problem: Die Arzeineimittel-Patentgemeinschaft. (Aufgenommen auf der TEDxZürich.)
- Video Language:
- English
- Team:
closed TED
- Project:
- TEDTalks
- Duration:
- 11:16
![]() |
Katharina Bluemlein commented on German subtitles for Pool medical patents, save lives | |
![]() |
Nadine Hennig approved German subtitles for Pool medical patents, save lives | |
![]() |
Nadine Hennig commented on German subtitles for Pool medical patents, save lives | |
![]() |
Nadine Hennig edited German subtitles for Pool medical patents, save lives | |
![]() |
Nadine Hennig edited German subtitles for Pool medical patents, save lives | |
![]() |
Angelika Lueckert Leon accepted German subtitles for Pool medical patents, save lives | |
![]() |
Angelika Lueckert Leon commented on German subtitles for Pool medical patents, save lives | |
![]() |
Angelika Lueckert Leon edited German subtitles for Pool medical patents, save lives |