< Return to Video

Dennis Dutton: eine Darwin'sche Theorie der Schönheit

  • 0:00 - 0:03
    Höchst erfreut, hier zu sein
  • 0:03 - 0:05
    und mit Ihnen über ein Thema zu sprechen, das mir sehr am Herzen liegt,
  • 0:05 - 0:08
    nämlich Schönheit.
  • 0:08 - 0:11
    Mit der Philosophie der Kunst, Ästhetik,
  • 0:11 - 0:13
    bestreite ich tatsächlich meinen Lebensunterhalt.
  • 0:13 - 0:15
    Ich versuche herauszufinden, intellektuell,
  • 0:15 - 0:17
    philosophisch, psychologisch gesehen,
  • 0:17 - 0:20
    was das Erfahren von Schönheit ausmacht,
  • 0:20 - 0:23
    was man sinnvoll darüber sagen kann
  • 0:23 - 0:26
    und wie Menschen durchdrehen bei dem Versuch, es zu verstehen.
  • 0:26 - 0:29
    Das ist eben ein extrem kompliziertes Thema,
  • 0:29 - 0:32
    teilweise deshalb, weil die Dinge, die wir schön nennen,
  • 0:32 - 0:34
    so unterschiedlich sind.
  • 0:34 - 0:36
    Ich meine, denken Sie nur an die schiere Vielfalt --
  • 0:36 - 0:38
    das Gesicht eines Babys,
  • 0:38 - 0:40
    "Harold in Italien" von Berlioz,
  • 0:40 - 0:42
    Filme wie "Der Zauberer von Oz",
  • 0:42 - 0:44
    oder die Theaterstücke von Chekhov,
  • 0:44 - 0:46
    eine Landschaft in Zentralkalifornien,
  • 0:46 - 0:49
    ein Holzschnitt des Fuji von Hokusai,
  • 0:49 - 0:51
    "Der Rosenkavalier",
  • 0:51 - 0:53
    das entscheidende Tor in einem spannenden
  • 0:53 - 0:55
    Fußballspiel der Weltmeisterschaft,
  • 0:55 - 0:57
    Van Goghs "Sternennacht",
  • 0:57 - 0:59
    ein Roman von Jane Austen,
  • 0:59 - 1:02
    Fred Astaire, der über den Bildschirm tanzt.
  • 1:02 - 1:05
    Diese kurze Liste umfasst Menschen,
  • 1:05 - 1:07
    natürliche Landschaftsformen,
  • 1:07 - 1:10
    Kunstwerke und erlernte menschliche Aktionen.
  • 1:10 - 1:13
    Eine Annahme, welche die Anwesenheit von Schönheit
  • 1:13 - 1:15
    in allem auf dieser Liste erklärt,
  • 1:15 - 1:17
    wird nicht einfach aufzustellen sein.
  • 1:17 - 1:20
    Ich kann Ihnen jedoch zumindest einen Eindruck
  • 1:20 - 1:22
    davon geben, was ich
  • 1:22 - 1:24
    als die nachhaltigste Theorie der Schönheit ansehe,
  • 1:24 - 1:26
    die bisher existiert.
  • 1:26 - 1:28
    Und sie kommt weder von einem Kunstphilosophen,
  • 1:28 - 1:30
    noch von einem postmodernen Kunsttheoretiker,
  • 1:30 - 1:32
    oder einem hohen Tier der Kunstkritiker.
  • 1:32 - 1:34
    Nein, diese Theorie
  • 1:34 - 1:36
    kommt von einem Experten
  • 1:36 - 1:39
    für Rankenfüßer und Würmer und das Brutverhalten von Tauben.
  • 1:42 - 1:45
    Und Sie wissen, wen ich meine --
  • 1:45 - 1:47
    Charles Darwin.
  • 1:47 - 1:50
    Natürlich denken viele Menschen, dass sie bereits
  • 1:50 - 1:53
    die richtige Antwort auf die Frage kennen,
  • 1:53 - 1:55
    nämlich was ist Schönheit?
  • 1:56 - 1:58
    Sie liegt im Auge des Betrachters.
  • 1:58 - 2:00
    Sie umfasst alles, was einen persönlich berührt.
  • 2:00 - 2:02
    Oder, wie einige Menschen --
  • 2:02 - 2:04
    vor allem Akademiker -- es zu sagen vorziehen,
  • 2:04 - 2:07
    Schönheit liegt im kulturell konditionierten
  • 2:07 - 2:09
    Auge des Betrachters.
  • 2:09 - 2:12
    Die Menschen sind sich einig, dass Gemälde oder Filme oder Musik
  • 2:12 - 2:14
    schön sind,
  • 2:14 - 2:18
    weil ihre Kultur eine Uniformität des ästhetischen Geschmacks bedingt.
  • 2:18 - 2:21
    Geschmack sowohl für die natürliche Schönheit, als auch für die Künste
  • 2:21 - 2:23
    wird kulturübergreifend weitergegeben
  • 2:23 - 2:25
    mit großer Leichtigkeit.
  • 2:25 - 2:27
    Beethoven wird in Japan verehrt.
  • 2:27 - 2:30
    Peruaner lieben japanische Holzstock-Drucke.
  • 2:30 - 2:32
    Inka-Skulpturen werden als Schätze betrachtet
  • 2:32 - 2:34
    in britischen Museen,
  • 2:34 - 2:36
    während Shakespeare übersetzt ist
  • 2:36 - 2:39
    in jede wichtige Sprache der Erde.
  • 2:39 - 2:41
    Oder denken Sie einmal an den amerikanischen Jazz,
  • 2:41 - 2:43
    oder die amerikanischen Filme --
  • 2:43 - 2:45
    die gehen überallhin.
  • 2:45 - 2:48
    Es gibt so viele Unterschiede zwischen den Künsten,
  • 2:48 - 2:50
    aber es gibt auch universelle,
  • 2:50 - 2:52
    kulturübergreifende ästhetische Vergnügungen
  • 2:52 - 2:54
    und Werte.
  • 2:54 - 2:57
    Wie können wir diese
  • 2:57 - 3:00
    Allgemeingültigkeit erklären?
  • 3:00 - 3:02
    Die beste Antwort liegt darin, zu versuchen,
  • 3:02 - 3:05
    eine Darwin'sche Entstehungsgeschichte zu rekonstruieren
  • 3:05 - 3:08
    von unseren künstlerischen und ästhetischen Vorlieben.
  • 3:08 - 3:10
    Wir müssen unseren derzeitigen
  • 3:10 - 3:13
    künstlerischen Geschmack und unsere Vorlieben zerlegen
  • 3:13 - 3:15
    und erklären, wie es dazu kam,
  • 3:15 - 3:18
    dass sie sich in unserem Geist manifestiert haben.
  • 3:18 - 3:21
    Durch die Gegebenheiten in sowohl unserer prähistorischen,
  • 3:21 - 3:23
    hauptsächlich pleistozänen Umgebung,
  • 3:23 - 3:25
    in der wir zur Gänze menschlich wurden,
  • 3:25 - 3:27
    als auch durch die sozialen Gegebenheiten,
  • 3:27 - 3:29
    in deren Rahmen wir uns entwickelt haben.
  • 3:29 - 3:31
    Dieser Zerlegungsprozess
  • 3:31 - 3:34
    kann auch Hilfe gewinnen
  • 3:34 - 3:36
    aus den Zeitzeugen des Menschseins,
  • 3:36 - 3:38
    die seit der Urgeschichte bewahrt wurden.
  • 3:38 - 3:41
    Ich meine Fossilien, Höhlenmalerei undsoweiter.
  • 3:41 - 3:43
    Und ich sollte berücksichtigen,
  • 3:43 - 3:45
    was wir von den ästhetischen Interessen
  • 3:45 - 3:48
    isolierter Jäger-und-Sammler-Stämmen wissen,
  • 3:48 - 3:51
    die bis ins 19. und 20. Jahrhundert überlebt haben.
  • 3:52 - 3:54
    Also, ich persönlich
  • 3:54 - 3:56
    habe überhaupt keinen Zweifel daran,
  • 3:56 - 3:58
    dass das Erfahren von Schönheit,
  • 3:58 - 4:01
    mit ihrer emotionalen Intensität und ihrem Vergnügen,
  • 4:01 - 4:04
    zu unserer entwickelten menschlichen Psyche gehört.
  • 4:05 - 4:08
    Das Erfahren von Schönheit ist eine Komponente
  • 4:08 - 4:11
    in einer ganzen Serie Darwin'scher Anpassung.
  • 4:12 - 4:14
    Schönheit ist ein adaptiver Effekt,
  • 4:14 - 4:16
    den wir erweitern
  • 4:16 - 4:18
    und intensivieren
  • 4:18 - 4:20
    durch die Kreation von und die Freude an
  • 4:20 - 4:23
    Kunst und Unterhaltung.
  • 4:24 - 4:26
    Wie viele von Ihnen wissen,
  • 4:26 - 4:29
    funktioniert die Evolution nach zwei Hauptmechanismen.
  • 4:29 - 4:32
    Der erste davon ist die natürliche Auslese --
  • 4:32 - 4:35
    das heißt zufällige Mutationen und selektive Retention --
  • 4:35 - 4:38
    zusammen mit unserer grundsätzlichen Anatomie und Physiologie --
  • 4:38 - 4:41
    wie die Entwicklung der Bauchspeicheldrüse, oder das Auge, oder die Fingernägel.
  • 4:41 - 4:44
    Die natürliche Auslese erklärt auch
  • 4:44 - 4:46
    viele grundlegende Ekelgefühle,
  • 4:46 - 4:48
    so wie sie der fürchterliche Geruch von verdorbenem Fleisch auslöst,
  • 4:48 - 4:51
    oder Ängste, so wie die Angst vor Schlangen,
  • 4:51 - 4:54
    oder davor, nahe am Rand einer Klippe zu stehen.
  • 4:54 - 4:57
    Die natürliche Auslese erklärt ebenso Vergnügen --
  • 4:57 - 4:59
    sexuelle Gefühle,
  • 4:59 - 5:02
    unsere Neigung zu Süßem, Fett und Proteinen,
  • 5:02 - 5:05
    was wiederum eine Menge beliebter Speisen erklärt,
  • 5:05 - 5:08
    von reifen Früchten über Schokoladenbonbons
  • 5:08 - 5:11
    bis hin zu gegrillten Rippchen.
  • 5:11 - 5:13
    Das andere große Prinzip der Evolution
  • 5:13 - 5:15
    ist die sexuelle Auslese
  • 5:15 - 5:17
    und diese funktioniert ganz anders.
  • 5:17 - 5:20
    Das prunkvolle Pfauenrad
  • 5:20 - 5:23
    ist das bekannteste Beispiel dafür.
  • 5:23 - 5:26
    Es hat sich nicht entwickelt, weil es überlebensnotwendig ist.
  • 5:26 - 5:29
    Tatsächlich widerspricht es sogar dem Überlebensprinzip.
  • 5:29 - 5:31
    Nein, das Pfauenrad
  • 5:31 - 5:33
    resultiert aus den Paarungsvorlieben
  • 5:33 - 5:35
    der Pfauenhennen.
  • 5:35 - 5:37
    Diese Geschichte kommt uns ziemlich bekannt vor.
  • 5:37 - 5:40
    Es sind die Frauen, die tatsächlich die Geschichte vorantreiben.
  • 5:41 - 5:43
    Übrigens hatte Darin selbst
  • 5:43 - 5:45
    keinen Zweifel daran, dass das Pfauenrad
  • 5:45 - 5:47
    für die Pfauenhennen schön ist.
  • 5:47 - 5:50
    Er hat tatsächlich dieses Wort verwendet.
  • 5:50 - 5:53
    Nun, mit diesen Ideen im Kopf
  • 5:53 - 5:56
    können wir sagen, dass das Erfahren von Schönheit
  • 5:56 - 5:59
    eine der Möglichkeiten der Evolution ist,
  • 5:59 - 6:01
    zur Erregung und Aufrechterhaltung
  • 6:01 - 6:03
    von Interesse oder Faszination,
  • 6:03 - 6:05
    sogar Obsession,
  • 6:05 - 6:07
    um uns zu ermutigen,
  • 6:07 - 6:10
    um die verwendbarsten Entscheidungen zu treffen
  • 6:10 - 6:13
    für das Überleben und die Vermehrung.
  • 6:14 - 6:16
    Schönheit ist die Art der Natur,
  • 6:16 - 6:19
    um auf Entfernung zu wirken,
  • 6:19 - 6:21
    sozusagen.
  • 6:21 - 6:23
    Ich meine, Sie können nicht hergehen und
  • 6:23 - 6:25
    eine Nutzen bringende Landschaft essen.
  • 6:25 - 6:27
    Das würde Ihrem Baby auch nicht gut tun
  • 6:27 - 6:29
    oder Ihrem Partner.
  • 6:29 - 6:31
    Der Trick der Evolution
  • 6:31 - 6:33
    ist also, sie schön zu machen,
  • 6:33 - 6:36
    so dass sie eine Art von Anziehungskraft ausstrahlen,
  • 6:36 - 6:39
    damit es Ihnen Freude bereitet, sie einfach nur anzusehen.
  • 6:40 - 6:43
    Betrachten Sie kurz eine wichtige Quelle ästhetischen Vergnügens,
  • 6:43 - 6:45
    die magnetische Anziehungskraft
  • 6:45 - 6:47
    von wunderschönen Landschaften.
  • 6:47 - 6:49
    Menschen aus vielen verschiedenen Kulturen
  • 6:49 - 6:51
    auf der ganzen Welt
  • 6:51 - 6:54
    tendieren dazu, eine bestimmte Art von Landschaft zu mögen,
  • 6:54 - 6:57
    eine Landschaft, die wie durch Zufall jeder ähnelt,
  • 6:57 - 7:00
    der Savanne im Pleistozän, wo wir uns entwickelt haben.
  • 7:00 - 7:02
    Diese Landschaft findet sich heute wieder
  • 7:02 - 7:05
    in Kalendern, auf Postkarten,
  • 7:05 - 7:08
    in der Architektur von Golfanlagen und öffentlichen Parks
  • 7:08 - 7:10
    und in Gemälden mit Goldrahmen,
  • 7:10 - 7:12
    die in Wohnzimmern hängen
  • 7:12 - 7:15
    von New York bis Neuseeland.
  • 7:15 - 7:18
    Es ist so eine Art Hudson River School-Landschaft
  • 7:18 - 7:20
    mit Grünflächen
  • 7:20 - 7:22
    und kurzen Gräsern,
  • 7:22 - 7:25
    durchsetzt mit Hainen voller Bäume.
  • 7:25 - 7:27
    Die Bäume sind übrigens häufiger dann beliebt,
  • 7:27 - 7:29
    wenn sie sich in Bodennähe gabeln,
  • 7:29 - 7:32
    wenn sie sozusagen Bäume sind, die man hochklettern könnte,
  • 7:32 - 7:35
    wenn man in der Klemme steckt.
  • 7:35 - 7:37
    Die Landschaft zeigt die Anwesenheit
  • 7:37 - 7:39
    von Wasser ganz in der Nähe,
  • 7:39 - 7:42
    oder die Andeutung von Wasser in einer bläulichen Entfernung,
  • 7:43 - 7:46
    Anzeichen von Tieren oder Vögeln,
  • 7:46 - 7:48
    sowie diverses Laub
  • 7:48 - 7:51
    und letztendlich -- sehen Sie sich das an --
  • 7:51 - 7:53
    einen Pfad,
  • 7:53 - 7:55
    oder eine Straße,
  • 7:55 - 7:58
    vielleicht ein Flussufer oder eine Küstenlinie,
  • 7:58 - 8:01
    die in die Ferne läuft,
  • 8:01 - 8:04
    fast wie eine Einladung, ihr zu folgen.
  • 8:05 - 8:08
    Diese Art von Landschaft wird als schön angesehen,
  • 8:08 - 8:10
    sogar von Menschen in Ländern,
  • 8:10 - 8:12
    in denen so eine nicht existiert.
  • 8:12 - 8:14
    Die ideale Landschaft der Savanne
  • 8:14 - 8:16
    ist eines der deutlichsten Beispiele dafür,
  • 8:16 - 8:18
    dass Menschen überall
  • 8:18 - 8:20
    Schönheit finden
  • 8:20 - 8:22
    in einer ähnlichen visuellen Erfahrung.
  • 8:22 - 8:24
    Aber, könnte jemand argumentieren,
  • 8:24 - 8:26
    das ist natürliche Schönheit.
  • 8:26 - 8:29
    Was ist mit künstlicher Schönheit?
  • 8:29 - 8:32
    Ist das nicht weitestgehend kulturell?
  • 8:32 - 8:34
    Nein, das denke ich nicht.
  • 8:34 - 8:37
    Und noch einmal möchte ich Sie bitten, in die Urgeschichte zurückzublicken,
  • 8:37 - 8:39
    um darüber etwas zu sagen.
  • 8:39 - 8:41
    Es wird im Allgemeinen angenommen,
  • 8:41 - 8:43
    dass die frühesten menschlichen Kunstwerke
  • 8:43 - 8:46
    die erstaunlich fachkundig ausgeführten Höhlenmalereien sind,
  • 8:46 - 8:48
    die wir alle aus Lascaux kennen
  • 8:48 - 8:50
    und Chauvet.
  • 8:51 - 8:53
    Die Höhlen von Chauvet
  • 8:53 - 8:55
    sind etwa 32.000 Jahre alt,
  • 8:55 - 8:58
    ebenso wie ein paar kleine, realistische Skulpturen
  • 8:58 - 9:01
    von Frauen und Tieren aus der selben Periode.
  • 9:05 - 9:07
    Aber künstlerische und dekorative Fähigkeiten
  • 9:07 - 9:10
    sind tatsächlich noch viel älter.
  • 9:11 - 9:13
    Wunderschöne Muschelhalsketten,
  • 9:13 - 9:16
    die wie etwas aussehen, was Sie auf einer Ausstellung des Kunsthandwerks finden würden,
  • 9:16 - 9:18
    ebenso ockergelbe Körperfarbe
  • 9:18 - 9:20
    sind gefunden worden,
  • 9:20 - 9:22
    die ungefähr 100.000 Jahre alt sind.
  • 9:22 - 9:25
    Aber die verblüffendsten prähistorischen Artefakte
  • 9:25 - 9:27
    sind sogar noch älter als das.
  • 9:27 - 9:29
    Im Kopf habe ich da
  • 9:29 - 9:32
    die so genannten Handäxte aus dem Acheuléen.
  • 9:33 - 9:36
    Die ältesten Steinwerkzeuge sind Hackmesser
  • 9:36 - 9:38
    aus der Olduvai-Schlucht in Ostafrika.
  • 9:38 - 9:41
    Sie datieren zurück auf ungefähr zweieinhalb Millionen Jahre.
  • 9:41 - 9:43
    Diese kruden Werkzeuge
  • 9:43 - 9:46
    waren Tausende von Jahren in Gebrauch,
  • 9:46 - 9:49
    bis ungefähr vor 1,4 Millionen Jahren,
  • 9:49 - 9:51
    als Homo Erectus
  • 9:51 - 9:53
    damit begann,
  • 9:53 - 9:55
    einzelne, dünne Steinklingen zu bearbeiten,
  • 9:55 - 9:58
    manchmal abgerundete Ovale,
  • 9:58 - 10:00
    aber oft in einer Form, die für unsere Augen
  • 10:00 - 10:03
    wie ein atemberaubend symmetrisches, spitz zulaufendes Blatt aussieht,
  • 10:03 - 10:05
    oder wie eine Träne geformt ist.
  • 10:05 - 10:07
    Diese Handäxte aus dem Acheuléen --
  • 10:07 - 10:09
    sie wurden nach St. Acheul in Frankreich benannt,
  • 10:09 - 10:12
    wo sie im 19. Jahrhundert gefunden wurden --
  • 10:12 - 10:15
    sind zu Tausenden zutage gefördert worden,
  • 10:15 - 10:18
    überall verteilt in Asien, Europa und Afrika,
  • 10:18 - 10:21
    fast überall, wo Homo Erectus
  • 10:21 - 10:24
    und Homo Ergaster sich aufgehalten haben.
  • 10:24 - 10:27
    Nun, die schiere Anzahl dieser Handäxte
  • 10:27 - 10:29
    zeigt, dass sie nicht dafür geschaffen worden sein können,
  • 10:29 - 10:31
    um Tiere zu schlachten.
  • 10:31 - 10:34
    Und die Handlung verdichtet sich wirklich, wenn man realisiert,
  • 10:34 - 10:37
    dass, im Gegensatz zu anderen Werkzeugen aus dem Pleistozän,
  • 10:37 - 10:39
    diese Handäxte oftmals
  • 10:39 - 10:41
    keine Spur von Gebrauch aufzeigen
  • 10:41 - 10:43
    an ihrer feinen Schneide.
  • 10:43 - 10:45
    Und einige sind in jedem Fall zu groß,
  • 10:45 - 10:47
    um sie für das Schlachten zu verwenden.
  • 10:48 - 10:50
    Ihre Symmetrie, das ansprechende Material
  • 10:50 - 10:52
    und vor allem
  • 10:52 - 10:54
    die sorgfältige Ausführung der Arbeit
  • 10:54 - 10:57
    sind einfach ziemlich schön
  • 10:57 - 11:00
    in unseren Augen, sogar heute noch.
  • 11:00 - 11:03
    Wofür also waren diese altertümlichen --
  • 11:04 - 11:06
    ich meine, sie sind altertümlich, sie sind fremdartig,
  • 11:06 - 11:08
    aber sie sind gleichzeitig
  • 11:08 - 11:10
    irgendwie vertraut.
  • 11:10 - 11:13
    Wozu wurden diese Artefakte gebraucht?
  • 11:13 - 11:15
    Die beste verfügbare Antwort
  • 11:15 - 11:17
    ist, dass sie buchstäblich
  • 11:17 - 11:19
    die frühesten bekannten Kunstwerke waren,
  • 11:19 - 11:21
    praktische Geräte, umgewandelt
  • 11:21 - 11:24
    zu fesselnden ästhetischen Objekten,
  • 11:24 - 11:26
    bewundert sowohl für ihre elegante Form
  • 11:26 - 11:29
    als auch für die kunstfertige Machart.
  • 11:30 - 11:32
    Handäxte stellen
  • 11:32 - 11:34
    einen evolutionären Fortschritt in der Geschichte der Menschheit dar --
  • 11:34 - 11:36
    Geräte, die dienen sollten
  • 11:36 - 11:39
    als etwas, das Darwinisten ein Zeichen von Stärke nennen --
  • 11:39 - 11:41
    die sozusagen zeigen,
  • 11:41 - 11:43
    dass es Eigenschaften gibt,
  • 11:43 - 11:45
    wie das Pfauenrad,
  • 11:45 - 11:48
    bloß dass, im Gegensatz zu Haaren und Federn,
  • 11:48 - 11:50
    die Handäxte bewusst
  • 11:50 - 11:52
    und mit Verstand angefertigt wurden.
  • 11:52 - 11:54
    Sachkundig angefertigste Handäxte
  • 11:54 - 11:57
    standen für begehrenswerte persönliche Qualitäten --
  • 11:58 - 12:01
    Intelligenz, Feinmotorik,
  • 12:01 - 12:03
    Planungsfähigkeit,
  • 12:03 - 12:05
    Pflichtbewusstsein
  • 12:05 - 12:08
    und manchmal Zugriff auf seltene Rohstoffe.
  • 12:08 - 12:11
    Über Tausende von Generationen hinweg
  • 12:11 - 12:13
    haben solche Fähigkeiten den Status verbessert
  • 12:13 - 12:15
    von jenen, die sie vorgeführt haben
  • 12:15 - 12:17
    und die so einen Vorteil hinsichtlich der Vermehrung
  • 12:17 - 12:19
    über die weniger Fähigen gewannen.
  • 12:19 - 12:21
    Wissen Sie, das ist ein ziemlich alter Spruch,
  • 12:21 - 12:23
    aber er hat offensichtlich funktioniert --
  • 12:23 - 12:26
    "Warum kommst du nicht mit in meine Höhle, dann zeige ich dir meine Handäxte."
  • 12:26 - 12:28
    (Gelächter)
  • 12:28 - 12:31
    Außer dass natürlich das, was daran interessant ist,
  • 12:31 - 12:34
    ist, dass wir nicht sicher sein können, wie dieser Vorschlag ausgedrückt wurde,
  • 12:34 - 12:36
    weil der Homo erectus,
  • 12:36 - 12:39
    der diese Objekte angefertigt hat,
  • 12:39 - 12:41
    keine Sprache besaß.
  • 12:41 - 12:43
    Es ist schwer zu begreifen,
  • 12:43 - 12:46
    aber es ist eine schier unglaubliche Tatsache.
  • 12:46 - 12:48
    Dieses Objekt wurde angefertigt
  • 12:48 - 12:51
    von einem menschlichen Vorfahr --
  • 12:51 - 12:54
    Homo Erectus oder Homo Ergaster --
  • 12:55 - 12:58
    zwischen 50 und 100.000 Jahre
  • 12:58 - 13:00
    bevor es eine Sprache gab.
  • 13:01 - 13:03
    Mit einer Fortdauer von über einer Million Jahre
  • 13:03 - 13:05
    ist die Handaxt-Tradition
  • 13:05 - 13:08
    die älteste künstlerische Tradition
  • 13:08 - 13:11
    in menschlicher und die Menschheit begründender Geschichte.
  • 13:11 - 13:14
    Am Ende dieser Handaxt-Legende, fanden die Homo Sapiens --
  • 13:14 - 13:16
    wie sie dann letztendlich genannt wurden --
  • 13:16 - 13:18
    ohne Zweifel neue Wege,
  • 13:18 - 13:21
    um einander zu amüsieren und zu verblüffen,
  • 13:21 - 13:23
    wer weiß, indem sie einander Witze erzählen,
  • 13:23 - 13:26
    Geschichten erfanden, tanzten oder mit ihrer Frisur.
  • 13:26 - 13:29
    Ja, Frisur -- darauf bestehe ich.
  • 13:29 - 13:31
    Für uns moderne Menschen,
  • 13:31 - 13:33
    wird diese meisterhafte Technik
  • 13:33 - 13:35
    dazu verwendet, um imaginäre Welten zu erschaffen
  • 13:35 - 13:37
    in Fiktion und Fim,
  • 13:37 - 13:39
    um intensive Gefühle auszudrücken
  • 13:39 - 13:42
    mit Musik, Malerei und Tanz.
  • 13:42 - 13:44
    Aber trotzdem,
  • 13:44 - 13:46
    eine fundamentale Eigenschaft
  • 13:46 - 13:48
    der Persönlichkeit unserer Ahnen bleibt bestehen
  • 13:48 - 13:51
    in unserem Streben nach Ästhetik:
  • 13:51 - 13:53
    Die Schönheit, die wir sehen
  • 13:53 - 13:55
    in sachkundiger Ausführung.
  • 13:55 - 13:57
    Von Laxcaus bis zum Louvre
  • 13:57 - 13:59
    bis hin zu Carnegie Hall,
  • 13:59 - 14:01
    haben Menschen
  • 14:01 - 14:03
    einen bestehenden angeborenen Geschmack
  • 14:03 - 14:06
    für meisterhafte Werke in den Künsten.
  • 14:07 - 14:09
    Wir sehen Schönheit
  • 14:09 - 14:11
    in etwas, das gut ausgeführt wurde.
  • 14:13 - 14:15
    Wenn Sie also das nächste Mal am Fenster eines Juweliergeschäfts vorbeigehen,
  • 14:15 - 14:17
    in dem ein wunderschön geschliffener
  • 14:17 - 14:19
    Stein in Tränenform ausgestellt wird,
  • 14:19 - 14:21
    dann seien Sie sich nicht so sicher,
  • 14:21 - 14:23
    dass es nur Ihre Kultur ist, die Ihnen sagt,
  • 14:23 - 14:25
    dass dieses funkelnde Juwel schön ist.
  • 14:25 - 14:28
    Ihre entfernten Vorfahren haben diese Form geliebt
  • 14:28 - 14:31
    und Schönheit in der Fähigkeit gesehen, die es braucht, um sie anzufertigen,
  • 14:31 - 14:33
    sogar noch bevor
  • 14:33 - 14:35
    sie ihre Gefühle in Worte fassen konnten.
  • 14:35 - 14:38
    Liegt Schönheit im Auge des Betrachters?
  • 14:38 - 14:41
    Nein, sie ist tief in unserem Geist verwurzelt.
  • 14:41 - 14:44
    Sie ist ein Geschenk, das sich aus den vernunftbasierten Fähigkeiten
  • 14:44 - 14:46
    und dem vielfältig emotionalen Leben
  • 14:46 - 14:49
    unserer ältesten Vorfahren entwickelt hat.
  • 14:49 - 14:51
    Unsere starke Reaktion auf Bilder,
  • 14:51 - 14:54
    zum Ausdruck von Gefühlen in der Kunst,
  • 14:54 - 14:57
    zur Schönheit von Musik vor dem Nachthimmel
  • 14:57 - 15:00
    wird bei uns und unseren Nachkommen sein,
  • 15:00 - 15:03
    solange die menschliche Rasse existiert.
  • 15:03 - 15:05
    Vielen Dank.
  • 15:05 - 15:12
    (Applaus)
Title:
Dennis Dutton: eine Darwin'sche Theorie der Schönheit
Speaker:
Denis Dutton
Description:

TED arbeitet zusammen mit dem Trickzeichner Andrew Park, um Dennis Dutton's provokante Theorie der Schönheit zu illustrieren -- laut der Kunst, Musik und die Schönheit anderer Dinge nicht nur "im Auge des Betrachters" liegen, sondern ein grundsätzlicher Bestandteil der menschlichen Natur sind, mit tief in der Evolution verankerten Wurzeln.

more » « less
Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
15:13
Simone Lackerbauer added a translation

German subtitles

Revisions