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Mark Forsyth: Was ist ein Snollygoster? Eine Einführung in die Sprache der Politik

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    Eines meiner Lieblingswörter im gesamten
  • 0:03 - 0:06
    Oxford Englisch Wörterbuch ist "snollygoster".
  • 0:06 - 0:08
    Weil es so schön klingt.
  • 0:08 - 0:09
    Und "snollygoster" bedeutet
  • 0:09 - 0:12
    "ein unehrlicher Politiker".
  • 0:12 - 0:13
    Obwohl im 19. Jahrhundert
  • 0:13 - 0:16
    ein Zeitungsherausgeber eine
    bessere Definition ablieferte:
  • 0:16 - 0:19
    "Ein Snollygoster ist jemand,
    der ein Amt anstrebt,
  • 0:19 - 0:22
    unabhängig von Partei,
    Programm oder Leitsatz,
  • 0:22 - 0:24
    und seinen Erfolg
  • 0:24 - 0:26
    durch die reine Kraft
  • 0:26 - 0:30
    der monumentalen spracheralen
    Hypothesligkeit erreicht".
  • 0:30 - 0:31
    (Gelächter)
  • 0:31 - 0:33
    Ich habe keine Ahnung,
    was "spracheral" ist.
  • 0:33 - 0:35
    Irgendwas mit Worten, denke ich.
  • 0:35 - 0:38
    Aber es ist sehr wichtig, dass Worte
    im Zentrum der Politik stehen,
  • 0:38 - 0:42
    und alle Politiker wissen, dass sie versuchen
    müssen, die Sprache zu kontrollieren.
  • 0:42 - 0:44
    Vor 1771, zum Beispiel,
  • 0:44 - 0:49
    durften laut dem britischen
    Parlament, Zeitungen nicht
  • 0:49 - 0:52
    den genauen Wortlaut
    der Debatten vermelden.
  • 0:52 - 0:55
    Und das ging tatsächlich
    zurück auf den Mut
  • 0:55 - 0:58
    eines Mannes mit dem außergewöhnlichen
    Namen Brass Crosby,
  • 0:58 - 1:00
    der sich mit dem Parlament anlegte.
  • 1:00 - 1:02
    Sie warfen ihn in
    den Tower of London
  • 1:02 - 1:03
    und sperrten ihn ein,
  • 1:03 - 1:06
    aber er war mutig genug,
  • 1:06 - 1:08
    er war mutig genug,
    aufzubegehren,
  • 1:08 - 1:11
    und schlussendlich hatte er so viel
    Unterstützung in London, dass er gewann.
  • 1:11 - 1:14
    Und nur ein paar Jahre später
  • 1:14 - 1:16
    finden wir den ersten
    Nachweis für den Satz
  • 1:16 - 1:19
    "so stark wie Brass".
    Viele glauben,
  • 1:19 - 1:21
    Brass beziehe sich auf
    das englische Wort für Blech.
  • 1:21 - 1:23
    Aber das stimmt nicht.
    Es geht zurück
  • 1:23 - 1:26
    auf einen Befürworter
    der Pressefreiheit.
  • 1:26 - 1:27
    Um Ihnen aber zu zeigen,
  • 1:27 - 1:30
    wie Worte und Politik
    verflochten sind,
  • 1:30 - 1:32
    möchte ich Sie mit
    in die USA nehmen,
  • 1:32 - 1:35
    zu dem Zeitpunkt, als sie gerade
    die Unabhängigkeit erreicht hat.
  • 1:35 - 1:37
    Man sah sich der Frage gegenüber,
  • 1:37 - 1:40
    wie man George Washington,
    das Staatsoberhaupt, nennen sollte.
  • 1:40 - 1:41
    Man wusste es nicht.
  • 1:41 - 1:44
    Wie nennt man den Anführer
    einer republikanischen Nation?
  • 1:44 - 1:47
    Darüber wurde im Kongress
    unendlich lange debattiert.
  • 1:47 - 1:49
    Und da gab es alle möglichen
  • 1:49 - 1:51
    umsetzbaren Vorschläge.
  • 1:51 - 1:53
    Ich meine, einige Leute wollten ihn
  • 1:53 - 1:55
    Gouverneur Washington nennen,
  • 1:55 - 1:57
    und andere, Seine Hoheit
    George Washington,
  • 1:57 - 2:04
    und wieder andere, Beschützer der Freiheit der Menschen der Vereinigten Staaten von Amerika Washington
  • 2:04 - 2:06
    Nicht so einprägsam.
  • 2:06 - 2:09
    Einige Leute wollten ihn
    einfach König nennen.
  • 2:09 - 2:10
    Sie dachten, das sei bewährt.
  • 2:10 - 2:12
    Sie waren nicht monarchistisch,
  • 2:12 - 2:13
    sie wollten den König
  • 2:13 - 2:15
    für eine bestimmte
    Zeitspanne wählen.
  • 2:15 - 2:17
    Es hätte funktionieren können.
  • 2:17 - 2:19
    Aber jeder war unbeschreiblich gelangweilt,
  • 2:19 - 2:21
    weil diese Debatte 3 Wochen anhielt.
  • 2:21 - 2:23
    Ich habe das Tagebuch
    eines Senators gelesen,
  • 2:23 - 2:25
    der ständig schreibt:
    "Immer noch das gleiche Thema".
  • 2:25 - 2:28
    Der Grund für die Verzögerung
    und die Langeweile war,
  • 2:28 - 2:31
    dass das Repräsentantenhaus
    gegen den Senat war.
  • 2:31 - 2:35
    Das Repräsentantenhaus
    wollte nicht, dass Washington
  • 2:35 - 2:36
    machtgierig wird.
    Sie wollten ihn nicht
  • 2:36 - 2:37
    König nennen,
  • 2:37 - 2:41
    und ihn womöglich noch auf
    Ideen zu seiner Nachfolge bringen.
  • 2:41 - 2:44
    Sie wollten ihm den
    demütigsten, ärmlichsten,
  • 2:44 - 2:47
    jämmerlichsten Titel
    geben, der ihnen einfiel.
  • 2:47 - 2:53
    Dieser Titel war "Präsident".
  • 2:53 - 2:56
    Präsident. Sie haben den Titel
    nicht erfunden. Er existierte vorher.
  • 2:56 - 2:59
    Aber er bedeutete lediglich, dass
    jemand einer Versammlung vorsitzt.
  • 2:59 - 3:01
    So etwas wie der Vorsitz einer Jury.
  • 3:01 - 3:02
    Er hatte nicht mehr Größe,
  • 3:02 - 3:05
    als die Bezeichnung
    "Aufseher" oder "Aufpasser".
  • 3:05 - 3:07
    Manchmal gab es Präsidenten
    kleiner kolonialer Gemeinderäte
  • 3:07 - 3:11
    und Regierungsgruppen, aber es war
    wirklich ein unbedeutender Titel
  • 3:11 - 3:13
    Deshalb lehnte der Senat ihn ab.
  • 3:13 - 3:16
    Sie sagten: "Das ist lächerlich, Sie
    können ihn nicht Präsident nennen.
  • 3:16 - 3:20
    Dieser Kerl muss Abkommen unterschreiben
    und ausländische Würdenträger treffen.
  • 3:20 - 3:22
    Wer wird ihn ernst nehmen,
  • 3:22 - 3:23
    wenn er einen dummen kleinen Titel
  • 3:23 - 3:28
    wie Präsident der Vereinigten
    Staaten von Amerika hat?"
  • 3:28 - 3:31
    Und auch nach 3 Wochen Debatte
  • 3:31 - 3:35
    gab der Senat nicht nach.
  • 3:35 - 3:40
    Stattdessen einigte man sich, den Titel
    "Präsident" vorerst zu verwenden,
  • 3:40 - 3:44
    aber sie wollten absolut klarstellen,
  • 3:44 - 3:47
    dass sie damit nicht einverstanden waren
  • 3:47 - 3:52
    wegen ihres ehrbaren Respekts für die Meinungen
    und Methoden zivilisierter Nationen,
  • 3:52 - 3:56
    egal ob in Republik oder Monarchie,
  • 3:56 - 3:58
    wo es Sitte ist,
  • 3:58 - 4:02
    dass sich das Büro des Staatsoberhauptes
    respektable Titel aneignet –
  • 4:02 - 4:04
    nicht verdammter Präsident –
  • 4:04 - 4:08
    und dass im Umgang
    mit anderen Nationen,
  • 4:08 - 4:12
    die Erhabenheit der Menschen
    der Vereinigten Staaten
  • 4:12 - 4:16
    nicht durch den Anschein der
    Eigenartigkeit aufs Spiel gesetzt wird,
  • 4:16 - 4:20
    das heißt, wir wollen nicht wie
    verdammte Idioten aussehen.
  • 4:20 - 4:23
    Man kann davon drei
    interessante Dinge lernen.
  • 4:23 - 4:25
    Erstens – und das finde ich am besten –
  • 4:25 - 4:28
    bis jetzt habe ich nicht
    herausfinden können,
  • 4:28 - 4:33
    ob der Senat jemals formal
    den Titel Präsident bestätigt hat.
  • 4:33 - 4:36
    Barack Obama, Präsident Obama,
    hat den Titel nur geliehen.
  • 4:36 - 4:40
    er wartet nur darauf,
    dass der Senat aktiv wird.
  • 4:40 - 4:42
    Zweitens können Sie lernen,
  • 4:42 - 4:44
    dass, wenn eine Regierung sagt,
    dass etwas temporär ist –
  • 4:44 - 4:48
    (Gelächter) –
  • 4:48 - 4:52
    dann wartet man auch
    223 Jahre später noch.
  • 4:52 - 4:54
    Drittens,
  • 4:54 - 4:55
    und das ist wirklich wichtig,
  • 4:55 - 4:57
    das ist der wichtigste Punkt,
  • 4:57 - 5:02
    ist, dass der Titel "Präsident der
    Vereinigten Staaten von Amerika"
  • 5:02 - 5:06
    heutzutage nicht mehr
    so demütig klingt, oder?
  • 5:06 - 5:09
    Das hat mit den etwas mehr als 5000
  • 5:09 - 5:11
    Nuklearsprengköpfen zu tun, die er hat
  • 5:11 - 5:14
    und der größten Volkswirtschaft der Welt
  • 5:14 - 5:17
    und einer Flotte Drohnen
    und dieses ganze Zeug.
  • 5:17 - 5:24
    Wirklichkeit und Geschichte
    haben dem Titel Größe gegeben.
  • 5:24 - 5:26
    Und so hat der Senat
    am Ende gewonnen.
  • 5:26 - 5:29
    Sie haben einen respektablen
    Titel bekommen.
  • 5:29 - 5:32
    Und die andere Sorge des Senats,
    der Anschein von Eigenartigkeit –
  • 5:32 - 5:34
    nun, damals war es so.
  • 5:34 - 5:37
    Aber wissen Sie, wie viele
    Nationen einen Präsident haben?
  • 5:37 - 5:39
    147.
  • 5:39 - 5:41
    Weil sie alle so klingen wollen,
  • 5:41 - 5:46
    wie der Kerl mit den 5000
    nuklearen Sprengköpfen usw.
  • 5:46 - 5:48
    Am Ende gewann also der Senat
  • 5:48 - 5:52
    und das Repräsentantenhaus verlor,
  • 5:52 - 5:55
    weil niemand sich demütig fühlt,
  • 5:55 - 5:56
    wenn einem gesagt wird, dass man
  • 5:56 - 6:01
    jetzt der Präsident der
    Vereinigten Staaten von Amerika ist.
  • 6:01 - 6:03
    Und das ist das Wichtigste,
    was Sie mitnehmen können,
  • 6:03 - 6:05
    und mit dem ich mich verabschiede.
  • 6:05 - 6:08
    Politiker versuchen Worte zu benutzen,
    um die Realität zu formen
  • 6:08 - 6:11
    und die Realität zu kontrollieren,
    aber tatsächlich
  • 6:11 - 6:14
    verändert die Realität Worte viel mehr,
  • 6:14 - 6:17
    als Worte die Realität
    jemals verändern könnten.
  • 6:17 - 6:18
    Vielen Dank.
Title:
Mark Forsyth: Was ist ein Snollygoster? Eine Einführung in die Sprache der Politik
Speaker:
Mark Forsyth
Description:

Die meisten Politiker wählen ihre Worte mit Bedacht, um die Realität zu formen, die sie gerne erschaffen möchten. Aber funktioniert das auch? Der Etymologe Mark Forsyth berichtet von einigen unterhaltsamen Geschichten zur Wortherkunft aus der britischen und amerikanischen Geschichte (haben Sie sich zum Beispiel jemals gefragt, wie aus George Washington ein "Präsident" wurde?) und kommt zu einem überraschenden Ergebnis. (Aufgezeichnet während TEDxHousesofParliament in London)

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
07:04

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