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36C3 - Aus dem Schimpfwörterbuch der neuen Rechten

  • 0:00 - 0:07
    36C3 Vorspannmusik
  • 0:07 - 0:14
    Vorspann: blubberndes Geräusch,
    langsam verebbend
  • 0:19 - 0:23
    Herald Angel: Wer Social-Media benutzt,
    ist schon mal mit Hate Speech konfrontiert
  • 0:23 - 0:28
    worden. Hate Speech kann ganz
    offensichtlich sein oder auch sehr subtil.
  • 0:28 - 0:36
    Josch ist Sprachwissenschaftler und nutzt
    maschinelle Methoden, um Hate Speech zu
  • 0:36 - 0:40
    untersuchen, um Worthäufigkeiten zu
    finden, um Wortneuschöpfungen zu
  • 0:40 - 0:46
    entdecken, und bildet daraus sozusagen ein
    Wörterbuch des Hate Speechs mit einem
  • 0:46 - 0:56
    Fokus auf das, was insbesondere ... Ton
    bricht ab
    ... in Misskredit zu bringen.
  • 0:56 - 1:00
    Heißt mit mir herzlich willkommen, unseren
    Vortragenden.
  • 1:00 - 1:09
    Applaus
  • 1:10 - 1:17
    Josch: Vielen Dank! Guten Abend, mein Name
    ist Josch. Ich bin ein staatlich bezahlter
  • 1:17 - 1:23
    Wiederkäuer von Propagandaschrott im
    Bereich Geschwätzwissenschaft an einem
  • 1:23 - 1:27
    hoch kriminellen, brachialst
    durchverblödeten Fördertrog für linksgrün-
  • 1:27 - 1:33
    feministischen Zeitgeist in einer Stadt in
    Orientalistan. Ich bin Hackersystemling
  • 1:33 - 1:37
    und war lange aktiv im Dreckshackernest in
    der Hauptstadt der Bewegung.
  • 1:43 - 1:47
    Ich befasse mich in meiner Forschung unter
    anderem mit Sprache in der Politik und
  • 1:47 - 1:49
    Formen der symbolischen Herabsetzung und
    Ausgrenzung.
  • 1:49 - 1:53
    Und ein Teil der Ausdrücke, die ich hier
    im Steckbrief verwendet habe,
  • 1:53 - 1:56
    verdanke ich tatsächlich freundlichen
    Menschen, die meine Forschung per Mail
  • 1:56 - 2:00
    kommentiert haben. Andere habe ich
    meinen Daten entnommen.
  • 2:01 - 2:06
    Über das Thema "Hass im Netz"
    wird natürlich zu Recht viel gesprochen.
  • 2:06 - 2:11
    Ich hab, wie viele von uns, mit wachsendem
    Unbehagen seit 2015, aber eigentlich auch
  • 2:11 - 2:16
    schon vorher, in dieses Internet geschaut.
    Und für gewöhnlich sind ja doch auch
  • 2:16 - 2:19
    Betroffenheit und Empörung die Modi des
    Umgangs mit herabwürdigender und
  • 2:19 - 2:23
    ausgrenzender Sprache. Aber ich bin
    irgendwann dazu übergegangen, das
  • 2:23 - 2:28
    Unbehagen in so eine Art professionelle
    Neugier umzumünzen. Und ich muss sagen,
  • 2:28 - 2:33
    seitdem geht es mir besser. Ich will
    versuchen, heute auch nicht nur im Modus
  • 2:33 - 2:35
    von Empörung und Betroffenheit zu
    sprechen, sondern analytisch und
  • 2:35 - 2:39
    vielleicht auch ein bisschen subversiv.
    Ich bin nämlich der Meinung, dass die
  • 2:39 - 2:45
    Empörung der Mehrheitsgesellschaft Teil
    des Resonanzkalküls der neuen Rechten ist
  • 2:45 - 2:50
    und man diesen Resonanzraum eigentlich
    nicht bieten sollte. Daran schließen sich
  • 2:50 - 2:54
    natürlich auch einige Fragen an, die ich
    jetzt mal so in einer Art von
  • 2:54 - 2:59
    Gebrauchsanweisung für den Vortrag
    versuche zu stellen. Die erste Frage ist
  • 2:59 - 3:03
    natürlich: "Reproduziert nicht die
    Wiedergabe von Beleidigungen und Hassrede,
  • 3:03 - 3:08
    eben auch eine kritische, wie sie hier
    intendiert ist, nicht jene Stereotype, die
  • 3:08 - 3:12
    diese Beleidigung überhaupt erst
    ermöglichen?". Die Antwort ist: "Ja."
  • 3:12 - 3:16
    Dennoch hoffe ich, dass sich in der
    Loslösung von den Schimpfwörtern von
  • 3:16 - 3:21
    ihren ursprünglichen Kontexten einerseits,
    aber auch in ihrer Verdichtung
  • 3:21 - 3:26
    andererseits die Absurdität des Weltbildes
    und auch jener Stereotypen zeigen wird,
  • 3:26 - 3:31
    dem sich diese Schimpfwörter letztlich
    verdanken. Die zweite Frage, die sich
  • 3:31 - 3:34
    stellt, ist, oder man kann zumindest
    darüber diskutieren, ob man all diese
  • 3:34 - 3:38
    Schimpfwörter auch zeigen muss, ob man sie
    darstellen muss. Ich habe mich dafür
  • 3:38 - 3:41
    entschieden, es zu tun. Vor allem, weil
    eine Präsentation, die darauf verzichtet
  • 3:41 - 3:44
    hätte, so wie hier beispielsweise die
    Dinge beim Namen zu nennen, nahezu
  • 3:44 - 3:50
    unverständlich geblieben wäre, in jedem
    Fall aber an Überzeugung eingebüßt hätte.
  • 3:50 - 3:54
    Gleichzeitig habe ich aber stark
    herabwürdigende Ausdrücke für Minderheiten
  • 3:54 - 3:58
    erheblich reduziert. Sie ganz wegzulassen
    hätte aber natürlich auch wiederum
  • 3:58 - 4:02
    bedeutet, einen wesentlichen Teil der
    Ideologie der neuen Rechten unsichtbar zu
  • 4:02 - 4:07
    machen und damit auch zu verharmlosen.
    Also auch das schien mir nicht vollständig
  • 4:07 - 4:12
    angebracht. Eine dritte Frage, die, glaube
    ich, ganz wichtig ist: "Darf man lachen?"
  • 4:12 - 4:16
    Mitunter wird es sich nicht verhindern
    lassen. Denn die Bemühungen der neuen
  • 4:16 - 4:21
    Rechten zur Verunglimpfung von Staat,
    Gesellschaft, Minderheiten und einzelnen
  • 4:21 - 4:25
    Menschen sind natürlich auch oft
    unfreiwillig komisch. Zugleich kann Lachen
  • 4:25 - 4:29
    natürlich auch ein Weg sein, dieses
    Resonanzkalkül der neuen Rechten zu
  • 4:29 - 4:33
    unterlaufen. Dennoch sollten wir nie
    vergessen, dass das sprachliche Material,
  • 4:33 - 4:37
    das sich hier im Vortrag ausbreiten werde,
    natürlich Teil einer
  • 4:37 - 4:44
    grundrechtsfeindlichen Ideologie ist, die
    reale Konsequenzen hat. Welche Daten hab
  • 4:44 - 4:48
    ich nun benutzt, um die Sprache der neuen
    Rechten zu messen? Für die Beantwortung
  • 4:48 - 4:51
    der Frage ist natürlich erstmal wichtig zu
    sagen, was sind eigentlich, oder wer sind
  • 4:51 - 4:59
    eigentlich die neuen Rechten? Ich habe bei
    der Formulierung des Vortrags und auch bei
  • 4:59 - 5:03
    der Namensgebung bewusst im Titel darauf
    verzichtet, "neue Rechte" großzuschreiben.
  • 5:03 - 5:07
    Ich habe es bewusst kleingeschrieben, weil
    ich eben nicht auf den wissenschaftlichen
  • 5:07 - 5:14
    Terminus "Neue Rechte" referieren wollte.
    Da wird beispielsweise unter "Neue Rechte"
  • 5:14 - 5:20
    verstanden eine sich seit den 1960er
    Jahren formierende politische Strömung,
  • 5:20 - 5:25
    die sozusagen als intellektueller
    Rechtsextremismus gilt oder als Scharnier
  • 5:25 - 5:28
    zwischen Neokonservatismus und
    Rechtsextremismus. Ich habe auch
  • 5:28 - 5:31
    absichtlich auf Begriffe wie
    Rechtsextremismus oder Rechtspopulismus
  • 5:31 - 5:35
    verzichtet, weil ich glaube, dass eine
    solche Differenzierung dem Netzdiskurs
  • 5:35 - 5:40
    eigentlich nicht gerecht wird. Unter
    "neuer Rechter" verstehe ich jetzt hier
  • 5:40 - 5:44
    eine Diskursformation von Topoi, also von
    wiederkehrenden und aufeinander
  • 5:44 - 5:52
    verweisenden Aussagen. Und diese Topoi,
    diese immer wiederkehrenden Aussagen, das
  • 5:52 - 5:57
    sind eben fremdenfeindliche Topoi, das
    sind biologistisch bedingte soziale
  • 5:57 - 6:03
    Ungleichheit, das ist Islamfeindlichkeit,
    Elitenfeindlichkeit, Antifeminismus und
  • 6:03 - 6:07
    pauschale Ablehnung traditioneller
    Massenmedien. Vieles davon ist natürlich
  • 6:07 - 6:12
    nicht neu an dieser neuen Rechten. Neu ist
    an dieser Diskursformation ist aber schon
  • 6:12 - 6:15
    die Breite ihrer Basis und ihre
    Reichweite, die sich seit 2015 erheblich
  • 6:15 - 6:21
    vergrößert hat. Gleichzeitig wollte ich
    natürlich nicht nur meinen eigenen Blick
  • 6:21 - 6:26
    spielen lassen, bei der
    Materialzusammenstellung. Ich habe bei der
  • 6:26 - 6:31
    Zusammenstellung auf die Innensicht der an
    der Diskursformation beteiligten Akteure
  • 6:31 - 6:36
    habe ich mich leiten lassen. 2017 wurde
    eine Hitparade der APO-Blogs auf einem
  • 6:36 - 6:40
    rechten Blog veröffentlicht. Da findet
    sich witzigerweise auch Der Postillon, den
  • 6:40 - 6:43
    habe ich aber ausgelassen, weil der
    natürlich nicht dazu zählt. Die Statistik
  • 6:43 - 6:49
    beruht auf Zahlen, der vom Webtracker
    Surely(?), glaube ich, spricht man das
  • 6:49 - 6:54
    aus, erhoben wurde. Und von diesen Blogs
    und Newsseiten, die ihr hier seht, hab ich
  • 6:54 - 7:06
    die gelb unterlegten gescraped, mitsamt
    der Kommentare. Und das geht so, da unten
  • 7:06 - 7:12
    sind noch ein paar. Allerdings gab es auch
    noch andere, die hier noch nicht
  • 7:12 - 7:16
    aufgetaucht sind. Beispielsweise das Blog
    von Akif Pirinçci, das jetzt für meine
  • 7:16 - 7:21
    Zwecke sehr ergiebig ist, oder Anonymous
    News, oder das Compact Magazin, die
  • 7:21 - 7:26
    Webseiten und die sind auch drin.
    Insgesamt habe ich 29 verschiedene Sites,
  • 7:26 - 7:32
    die dort publizierten Texte und Kommentare
    gescraped. Wie bin ich bei der Analyse
  • 7:32 - 7:36
    vorgegangen? Natürlich, automatische
    Erkennung von Schimpfwörtern ist
  • 7:36 - 7:40
    schwierig, denn im Prinzip kann jedes Wort
    ein Schimpfwort sein, das hängt natürlich
  • 7:40 - 7:45
    vom Kontext ab. Aber gleichzeitig gibt es
    doch natürlich Tendenzen, wo relativ klar
  • 7:45 - 7:54
    wird, dass nur schwer andere
    Verwendungskontexte vorstellbar sind als
  • 7:54 - 7:59
    Hass-geladene oder herabwürdigende. Ich
    hab die Texte der neuen Rechten mit
  • 7:59 - 8:02
    Texten von traditionellen Massenmedien
    verglichen, wie SPIEGEL und Zeit ONLINE
  • 8:02 - 8:08
    und mit ideologisch diversen
    Diskussionsforen, und berechnet, welche
  • 8:08 - 8:12
    Wörter für welche der beiden Korpora, also
    Textsammlungen statistisch signifikant
  • 8:12 - 8:16
    sind. Man bekommt dann sozusagen zwei
    Wortlisten, wovon die eine nicht so
  • 8:16 - 8:20
    wahnsinnig interessant ist. Die Liste zu
    den neurechten Medien ist dann
  • 8:20 - 8:24
    interessant. Und natürlich sind nicht alle
    der dann immer noch mehreren 100 000
  • 8:24 - 8:28
    Wörter, die für diese Texte der neuen
    Rechten typisch sind bzw. nur in denen
  • 8:28 - 8:32
    vorkommen, Schimpfwörter. Um diese
    aufzuspüren, hab ich dann die Wörter
  • 8:32 - 8:38
    morphologisch geparsed und mir besonders
    häufig vorkommende Wortbestandteile
  • 8:38 - 8:41
    daraufhin angeschaut, ob sie einen
    invektiven Charakter haben können. Jetzt
  • 8:41 - 8:46
    hier im Beispiel sind es Wörter wie
    "Raute", wir haben z. B. Rautenpest oder
  • 8:46 - 8:52
    Rautenheilige. Wir haben das Wort "gut"
    zum Beispiel auch, ich mache mal die Raute
  • 8:52 - 8:55
    wieder aus. Da sieht man, das gibt eine
    ganze Reihe von Wörtern mit "gut": Blöd-
  • 8:55 - 9:03
    Gutis, Bio-Gute. Wir haben natürlich auch
    ein paar Lexeme, die "Klima" enthalten:
  • 9:03 - 9:07
    Klimakirche, Klimakultbewegung. Aber es
    sind nicht nur lexikalische Morpheme, also
  • 9:07 - 9:11
    Wortbestandteile, die auch alleine stehen
    können, sondern oft sind es eben auch
  • 9:11 - 9:15
    Endungen. Wir haben zum Beispiel die
    Endung "-ien", die uns sehr häufig
  • 9:15 - 9:23
    begegnet wie Merkelstanien, Klein-
    Erdoganien, Islamoafrikanien. Oder auch
  • 9:23 - 9:30
    "-istan", das uns hier in sexualisierten
    Ausdrücken wie Perversistan,
  • 9:30 - 9:39
    Verfickdichstan oder GangBangistan
    begegnen. Auf Basis dieser Untersuchung
  • 9:39 - 9:43
    ist es dann möglich, erst mal eine Reihe
    von typischen Strategien bei der
  • 9:43 - 9:47
    Herausbildung des Invektiven Wortschatzes
    zu identifizieren. Das erste
  • 9:47 - 9:51
    Wortbildungsmittel, das ich vorstellen
    möchte, ist die Verwendung von
  • 9:51 - 9:56
    Anführungszeichen, also etwas ganz
    Einfaches. Anführungszeichen signalisieren
  • 9:56 - 10:00
    zumindest in unseren häufigen
    Verwendungen, ihr kennt auch die Luft-
  • 10:00 - 10:04
    Anführungszeichen, eine Distanzierung von
    Form oder Inhalt von Wörtern durch
  • 10:04 - 10:09
    metasprachliche Markierung. In dem
    Beispiel hier wird beispielsweise in Bezug
  • 10:09 - 10:14
    auf Claudia Roth behauptet, sie sei eine
    eingebildete Trude, wobei der Schreiber
  • 10:14 - 10:17
    die Verwendung des Wortbestandteils - oh,
    Entschuldigung - des Wortbestandteils
  • 10:17 - 10:23
    "gebildet" im vorliegenden Kontext
    offenbar für unangemessen hält. Ein
  • 10:23 - 10:28
    weiteres Beispiel ist die graphematische
    Infragestellung des C für christlich im
  • 10:28 - 10:36
    Akronym CDU. Häufig findet man auch eine
    zusätzliche Hinterfragung des D und damit
  • 10:36 - 10:41
    auch des demokratischen Charakters der
    CDU. Lachen im Publikum Und es gibt auch
  • 10:41 - 10:45
    ein paar Experten, die sogar sagen, es ist
    keine Union, und die machen dann alles in
  • 10:45 - 10:52
    Anführungszeichen. Gibt es tatsächlich
    mehrere Belege im Corpus dafür. Ein
  • 10:52 - 10:56
    zweites graphematisches Wortbildungsmittel
    ist die Markierung subversiver Lesarten
  • 10:56 - 11:01
    durch Großschreibung von Buchstaben oder
    Wortbestandteilen, hier beispielsweise
  • 11:01 - 11:10
    "Regierung", in dem die neue Rechte das
    Morphem "Gier" zu finden glaubt. Findige
  • 11:10 - 11:13
    Rechte verbinden mit dem Wort
    Alimentsempfänger auch einen stereotypen
  • 11:13 - 11:26
    türkischen Vornamen, oder finden im Wort
    Gehirnprothese Claudia Roth. Lachen Oder
  • 11:26 - 11:34
    im Wort Yücel-Deutschlandhasser - Na, weiß
    es jemand? - die CDU. Lachen Muss man
  • 11:34 - 11:40
    erst mal drauf kommen. Das dritte
    graphematische Wortbildungsmittel sind
  • 11:40 - 11:44
    Auslassungspunkte, Sterne oder Kreuze. Sie
    dienen entweder dazu, ein Wort tatsächlich
  • 11:44 - 11:48
    zu maskieren wie im jetzigen Fall und die
    Ersetzung der Punkte den Leser*innen zu
  • 11:48 - 11:53
    überlassen. Die Anzahl der Asteriske
    entspricht dann häufiger der Anzahl der
  • 11:53 - 11:58
    ausgelassenen Buchstaben. Das gleiche Wort
    findet sich aber auch so. Nämlich, die
  • 11:58 - 12:02
    Sternchen dienen hier allein dem Schutz,
    wie mir scheint, gegen automatische
  • 12:02 - 12:06
    Filterung. Sämtliche Buchstaben sind
    eigentlich vorhanden und das Wort ist bei
  • 12:06 - 12:11
    Weglassung der Asterisken lesbar. Eine
    dritte Variante des Einsatzes von
  • 12:11 - 12:15
    Asterisken ist natürlich das Gender-
    Sternchen, das geradezu obsessiv
  • 12:15 - 12:19
    eingesetzt wird in rechten
    Kommentarspalten. Hier im Wort
  • 12:19 - 12:23
    "VolkskammerpräsidentIn und
    Studienabbrecher Gender-Sternchen in
  • 12:23 - 12:29
    Gender-Gap inx nnen Claudia Fatima Roth".
    Und eine weitere Variante der Benutzung
  • 12:29 - 12:35
    des Asterisk begegnet uns auch in der
    graphematischen Repräsentation von
  • 12:35 - 12:41
    Halbmond und Stern in der türkischen
    Flagge, wie hier in den Akronymen von CDU
  • 12:41 - 12:48
    und CSU. Das letzte graphematische
    Wortbildungsmittel, das ich vorstellen
  • 12:48 - 12:51
    möchte, ist die Ergänzung von Wörtern mit
    Klammern, mit dem Ziel, das ursprüngliche
  • 12:51 - 12:57
    Wort umzudeuten oder mit einer Konnotation
    zu versehen. Beispielsweise Staatsgewalt
  • 12:57 - 13:06
    wird dann eben zur Staatsvergewaltigung.
    Tut mir leid,Claudia Roth wird auch als
  • 13:06 - 13:12
    Claudia Rotz bezeichnet. Die CDU - also,
    jetzt sehen wir ein Beispiel, wo die
  • 13:12 - 13:15
    Einschübe länger sind als das
    ursprüngliche Wort - wird als chaotisch
  • 13:15 - 13:20
    debile Undemokraten bezeichnet, wobei das
    chaotisch wir ihnen nicht verzeihen, würde
  • 13:20 - 13:25
    ich sagen. Neue Rechte haben aber auch
    eine Vorliebe, habe ich vorhin schon
  • 13:25 - 13:30
    genannt, für bestimmte Ableitungssuffixe,
    also Endungen die in Wortneubildungen die
  • 13:30 - 13:34
    Funktion haben, den beschriebenen
    Sachverhalt abzuwerten. Wir haben hier das
  • 13:34 - 13:40
    äußerst produktive "-lant" bei
    Personenbezeichnungen, das uns hier in
  • 13:40 - 13:45
    ganz unterschiedlichen Varianten begegnet,
    als Spekulanten natürlich, aber auch als
  • 13:45 - 13:53
    Graschylant, und Merkels-Asylant und so
    weiter. Weitere Endungen sind natürlich
  • 13:53 - 13:57
    "-ling", "-ler" für Personen oder "-ien",
    "-istan" für Toponyme, und so weiter, wir
  • 13:57 - 14:02
    werden davon noch einige sehen. Man kann
    auch sehen, dass einzelne Grundwörter, die
  • 14:02 - 14:06
    eigentlich positiv sind, umsemantisiert
    werden und eine negative Bedeutung
  • 14:06 - 14:11
    erhalten. Goldstücke, Fachkräfte oder eben
    das Adjektiv gut. Einerseits haben wir bei
  • 14:11 - 14:18
    gut Ableitungen wie "Gutling", "Gutist",
    "Guti", "Gutifant" und "Gutone". Die
  • 14:18 - 14:21
    negativierende Umsemantisierung der
    Grundwörter wirkt sich aber eigentlich auf
  • 14:21 - 14:25
    das gesamte Wortfeld aus, was man hier mal
    ein bisschen ausgebreitet sieht, sodass
  • 14:25 - 14:29
    "Gutdeutscher", "Gutwilliger" "Guti-
    Stadt", "sich gut fühlen" sogar, und
  • 14:29 - 14:35
    "Gender-Gute" auf diese Weise insgesamt
    auch zu negativen Bezeichnungen werden.
  • 14:35 - 14:41
    Besonderer Beliebtheit erfreut sich auch
    die sogenannte gegenderte Sprache.
  • 14:41 - 14:44
    Eigentlich, muss man sagen, wird
    nirgendwo mehr
  • 14:44 - 14:48
    gegendert als in rechten Kommentarspalten.
    Lachen, Applaus
  • 14:48 - 14:54
    Ja, ist so. Nirgendwo wird beispielsweise
    auch die von Lann Hornscheidt
  • 14:54 - 14:58
    vorgeschlagene Gender-X-Schreibung
    konsequenter praktiziert als hier. Also,
  • 14:58 - 15:03
    wirklich, da könnte sogar noch die TAZ
    davon lernen. Lachen Die Sprache der
  • 15:03 - 15:08
    neuen Rechten lebt natürlich auch von der
    Übertreibung. Diese Neigung zur
  • 15:08 - 15:13
    rhetorischen Hyperbel schlägt sich dann
    auch in der Wortbildung nieder, wie wir
  • 15:13 - 15:19
    gleich sehen werden. Ich möchte einige
    Varianten von Gutmensch zeigen, denn neben
  • 15:19 - 15:23
    dem Gutmenschen gibt es natürlich auch den
    Supergutmenschen und den
  • 15:23 - 15:31
    Superdupergutmenschen, den Ultragutmensch,
    den super-giga-besonders-Gutmensch, den
  • 15:31 - 15:38
    super-hyper-extra-positiv-Gutmensch, den
    super-ultra-mega-top-Gutmensch - und wir
  • 15:38 - 15:42
    machen jetzt den Übergang zum
    Bessermensch, wie ihr seht - den
  • 15:42 - 15:46
    Gutbessermensch, es gibt dann den
    Bessermensch. Und ich habe ja gesagt, es
  • 15:46 - 15:50
    wird viel gegendert, es gibt dann die
    Bessermenschin, die BessermenschIn, die
  • 15:50 - 15:57
    Bessermensch Gender Stern In, die
    Bessermensch Gender Gap In, die
  • 15:57 - 16:04
    Bessermenschin Gender Gap Innen Gender Gap
    Xe, und so weiter, Bessermen- und so
  • 16:04 - 16:11
    weiter, ja. Wir haben dann den
    Nochbessermensch, den superbessermensch,
  • 16:11 - 16:16
    den Herrenbessermensch, den
    Weltbessermensch. Und wo der Bessermensch
  • 16:16 - 16:20
    ist, ist der Bestmensch nicht weit. Auch
    der Bestmensch ist natürlich gegendert,
  • 16:20 - 16:28
    ich les euch das jetzt nicht vor...
    nochmal gegendert. Und dann haben wir den
  • 16:28 - 16:33
    Supergutbestmensch, den
    Supergutbestgrünmensch, den
  • 16:33 - 16:39
    Supergutbestübermensch, den
    Supergutbestübertoleranzmensch, den
  • 16:39 - 16:45
    Supergutüberbestwillkommenshelfermensch.
    Also, das ist doch echt anstrengend. Den
  • 16:45 - 16:50
    SupergutüberhochleistungsbestmenschTradeMark.
    Lachen Und damit sind wir endlich,
  • 16:50 - 16:58
    endlich am Ziel angekommen. Natürlich ist
    keine dieser Bezeichnungen positiv
  • 16:58 - 17:04
    gemeint, die sind natürlich alle negativ
    gemeint. Oft verfremden neue Rechte Wörter
  • 17:04 - 17:08
    auch durch Mischung zweier Wörter. Dabei
    färbt dann die negative Bedeutung des
  • 17:08 - 17:13
    einen Wortes, hier beispielsweise Ratte,
    auf die Bedeutung des anderen ab. Hier im
  • 17:13 - 17:17
    Beispiel werden Migrant und Ratte
    beispielsweise eben zu Migratte
  • 17:17 - 17:26
    verschmolzen. Journalist und Halunke
    werden, ihr ahnt es schon, zum
  • 17:26 - 17:38
    Journalunken, und Journalistin und
    Demagoge werden zur oder zum Journagogen.
  • 17:38 - 17:44
    Verfremdet werden Wörter auch dadurch,
    dass man in sie Pseudo-Interferenzen mit
  • 17:44 - 17:48
    Sprachen von Migrant*innen einbaut, für
    das Türkische beispielsweise das "ü". Um
  • 17:48 - 17:52
    zu unterstellen, dass es sich bei den
    Referenzobjekten nicht mehr um ein
  • 17:52 - 17:58
    deutsches handelt. Hier beispielsweise im
    Fall von Bürlün-Krüzbürg. Oft verfremden
  • 17:58 - 18:03
    die Neurechten auch ausgewählte Wörter
    dadurch, dass sie einzelne Laute oder
  • 18:03 - 18:09
    Grapheme, also Buchstaben und Silben
    verändern oder hinzufügen. Ein so
  • 18:09 - 18:16
    kontaminiertes Wort kann dann eben das
    Referenzobjekt bewerten oder ihm eine
  • 18:16 - 18:21
    bestimmte Eigenschaft zuschreiben. Wir
    hatten eben gerade Marionetta Slomka, was
  • 18:21 - 18:26
    dann die Gelenktheit der
    Fernsehjournalistin hervorheben soll. Wir
  • 18:26 - 18:31
    haben aber auch eine Bezeichnung,
    beispielsweise für den US-Amerikanischen
  • 18:31 - 18:36
    Präsidenten Baracke Obamba, das natürlich
    eine Referenz auf seine vermeintlich nicht
  • 18:36 - 18:43
    US-Amerikanische Herkunft ist. Die
    produktivste Schimpfwortbildung ist aber
  • 18:43 - 18:47
    natürlich die Komposition, im Deutschen ja
    sowieso. Die Komposition ist die
  • 18:47 - 18:52
    produktivste Wortbildungsmethode und die
    Zusammensetzung von Wörtern, hier im
  • 18:52 - 18:59
    Beispiel das Wort Asylimport-Merkel, das
    an Angela Merkel eine einzige Eigenschaft
  • 18:59 - 19:05
    relevant setzt, nämlich verantwortlich zu
    sein für die Aufnahme von Geflüchteten.
  • 19:05 - 19:09
    Nicht immer müssen dabei Bindestriche
    verwendet werden, wie hier beispielsweise
  • 19:09 - 19:15
    im Fall von Volkstodrautenhexe. Mitunter
    sind die Wortschöpfungen auch so lang -
  • 19:15 - 19:21
    mal sehen, ob ihr es schafft... Aber nein,
    wir brauchen ja nicht - dass sie beinahe
  • 19:21 - 19:25
    satzwertig werden. Wir haben hier
    beispielsweise Multi-Kulti-Heil-den-
  • 19:25 - 19:31
    Flutlingen-Selbsthass-ist-unsere-Erlösung-
    von-dem-phösen-Nazi-Deutschland. Oder Ich-
  • 19:31 - 19:36
    reise-um-die-halbe-Welt-durch-zig-sichere-
    Länder-zielgerichtet-in-das-Land-mit-dem-
  • 19:36 - 19:42
    besten-Sozialsystem-Flüchtling-
    Asylbetrüger. Das ist jetzt nur ein grober
  • 19:42 - 19:48
    Überblick über die Wortbildungsstrategien
    bei der Entwicklung eines invektiven
  • 19:48 - 19:52
    rechten Wortschatzes. Interessanter ist
    natürlich die Frage, welches Weltbild uns
  • 19:52 - 19:57
    eigentlich in den Schimpfwörtern der neuen
    Rechten begegnet. Und wenn wir Weltbild
  • 19:57 - 20:01
    zunächst einmal geografisch verstehen,
    dann würde man annehmen, das Weltbild von
  • 20:01 - 20:06
    Nationalisten sieht etwa so aus. Aber in
    Wahrheit ist es natürlich erheblich
  • 20:06 - 20:11
    differenzierter, es sieht nämlich ungefähr
    so aus. In der Welt der neuen Rechten gibt
  • 20:11 - 20:16
    es Trumpland und Putinland, und dazwischen
    liegt Eurabien, dessen Teil Deutschland
  • 20:16 - 20:21
    ist. Unterhalb der USA liegt das für die
    deutschen neuen Rechten nicht weiter
  • 20:21 - 20:26
    interessante Ganzweitwegistan. Ozeanien
    fällt mehr oder weniger mit dem wegen
  • 20:26 - 20:30
    seiner strikten Einwanderungspolitik so
    bezeichneten No-Way-Australien zusammen.
  • 20:30 - 20:36
    Südlich von Eurabien liegt, und das ist
    tatsächlich sozusagen von Trump
  • 20:36 - 20:44
    getriggert, Shitholeistan. Wenden wir uns
    Eurabien zu. Eurabien, auch Dimistan
  • 20:44 - 20:48
    genannt, besteht aus der EUdSSR, auch
    bekannt als multi-kulti-ficki-ficki-
  • 20:48 - 20:58
    Europakalifat, dem Fordernden Orient,
    Affrika-Arabistan und Affrika-Arabistan.
  • 20:58 - 21:04
    Shitholeistan in der Sicht der neuen
    Rechten, wird grob in parasitäre,
  • 21:04 - 21:08
    primitive und islamistische Regionen
    eingeteilt, also Faulenzistan,
  • 21:08 - 21:12
    Schmarotzistan, Subkulturistan,
    Steinzeitistan, und so weiter. So werden
  • 21:12 - 21:18
    diese Regionen bezeichnet. Wenden wir uns
    nun Deutschland zu, das den neuen Rechten
  • 21:18 - 21:24
    ja vermeintlich so am Herzen liegt. Wer
    hier jedoch Lobeshymnen von glühenden
  • 21:24 - 21:28
    Patrioten erwartet hätte, wird enttäuscht,
    denn auch dessen Länder werden von den
  • 21:28 - 21:33
    neuen Rechten massiv beschimpft. Schauen
    wir zum Beispiel nach Hamburg. Hamburg,
  • 21:33 - 21:37
    für die neuen Rechten eigentlich Haramburg
    oder Freie Messerstecherstadt Hamburg wird
  • 21:37 - 21:41
    auch als Islamburg, Invasorenstadt,
    deutsches Beirut, Failed state oder
  • 21:41 - 21:44
    Shithole Hamburg bezeichnet. Also,
    Shithole ist ohnehin wahnsinnig produktiv
  • 21:44 - 21:53
    in der Szene. Wenn wir uns NRW anschauen,
    dann heißt das bei den neuen Rechten
  • 21:53 - 22:00
    eigentlich entweder Nordrhein-Wird-Fallen
    oder Nordrhein-Arabien, kommt also nicht
  • 22:00 - 22:04
    viel besser weg. Wird auch bezeichnet als
    Mord-Rein-Wir-Zahlen oder Nordrhein-
  • 22:04 - 22:10
    Katastrophalien, NRW-Drecksloch, Neu-Gaza,
    oder NRWürg. Das sind häufig benutzte
  • 22:10 - 22:15
    Ausdrücke für NRW. Besonders gerne wird
    natürlich auch Berlin Ziel von
  • 22:15 - 22:22
    Schimpfwörtern. Wird natürlich generell
    als Bunteshauptstadt Berlinslum, Grässlin,
  • 22:22 - 22:31
    Shithole-Klau-Hauptstadt oder
    Gutmenschilien. Gehen wir aber einmal weg
  • 22:31 - 22:36
    von der Geographie und wenden uns dem
    Staat Bundesrepublik zu und fragen uns,
  • 22:36 - 22:40
    welches Bild haben die neuen Rechten
    eigentlich von diesem staatlich verfassten
  • 22:40 - 22:44
    Deutschland? Und beginnen wir beim Volk,
    von dem ja bekanntlich alle Macht ausgeht.
  • 22:44 - 22:48
    Und da ist es doch einigermaßen
    überraschend, dass die neuen Rechten auch
  • 22:48 - 22:51
    das deutsche Volk massiv mit
    Schimpfwörtern belegen. Besonders
  • 22:51 - 22:59
    produktiv sind hier Tier-Metaphern wie
    Vieh oder Schaf. Aber auch die
  • 22:59 - 23:05
    semantischen Dimensionen des dumm Seins
    oder blöd Seins, des ???? Verschlafenen
  • 23:05 - 23:12
    begegnet uns hier besonders häufig.
    Zunächst mal ein überraschender Befund.
  • 23:12 - 23:19
    Wenn wir uns auch mal die drei Säulen
    einer demokratischen Staatsverfassung
  • 23:19 - 23:25
    anschauen und bei der Exekutive beginnen,
    dann sehen wir, dass die Regierung
  • 23:25 - 23:30
    natürlich häufig mit der Regierung der DDR
    gleichgesetzt wird. Es gibt wahnsinnig
  • 23:30 - 23:37
    viele Vergleiche dazu. Beispielsweise wird
    sie als BRDDR-Junta oder eine Neo-SED-
  • 23:37 - 23:44
    Regierung bezeichnet. Sie wird als
    Regierung auch kriminalisiert. Das
  • 23:44 - 23:49
    Spektrum der Ausdrücke reicht hier von
    Ganovenregierung bis hin zum
  • 23:49 - 23:54
    Regierungsterror. Gerne wird auch
    behauptet, die Regierung sei
  • 23:54 - 24:00
    fremdgesteuert. Dann ist etwa von
    Statthalterregierung oder von einer BRD-
  • 24:00 - 24:07
    Marionetten-Regierung - Moment... Jetzt,
    genau. - Statthalterregierung oder von
  • 24:07 - 24:14
    einer BRD-Marionetten-Regierung die Rede.
    Und schließlich finden sich auch jede
  • 24:14 - 24:18
    Menge einfach schlicht herabwürdigend
    Ausdrücke wie Regierungs-Abschaum,
  • 24:18 - 24:22
    Regierungs-Gesindel oder
    Regierungsprostituierte. Beim Sprechen
  • 24:22 - 24:27
    über die Legislative werden Abgeordnete
    häufig als Lobby-Abgeordnete oder
  • 24:27 - 24:34
    Abgeordneten-Schädlinge beschimpft, eine
    klare NS-Ausdrucksweise. Auch benutzen
  • 24:34 - 24:43
    Neurechte gerne Komposita mit
    "Volksverräter" oder - Moment, was ist
  • 24:43 - 24:50
    denn hier los? So, jetzt, genau - oder
    auch Volkszertreter. Das Parlament selbst
  • 24:50 - 24:57
    wird als Volksverräterversammlung, als
    Abnicker, Abgeordnetenkloake oder als
  • 24:57 - 25:04
    Volkskammer-DDR-2 bezeichnet. Und Wahlen
    sind für die neuen Rechten Wahl-Gedöns,
  • 25:04 - 25:11
    Volksverarschung oder Wahlurnenkult. Bei
    der Judikative sieht es nicht besser aus.
  • 25:11 - 25:15
    Beim Sprechen über die Judikative werden
    Richter häufig pauschal als parteiisch,
  • 25:15 - 25:18
    etwa als Altparteien-Richter oder Antifa-
    Richter oder als ideologisch,
  • 25:18 - 25:26
    beispielsweise als Gesinnungsrichter oder
    Gutmenschen-Richter dargestellt. Das
  • 25:26 - 25:30
    Bundesverfassungsgericht wird als
    Bundesvolksverrätergericht und
  • 25:30 - 25:36
    Verfassungsabwicklungsgericht
    herabgewürdigt, die Justiz allgemein als
  • 25:36 - 25:44
    Kuscheljustiz, Butterweich-Justiz,
    Bärchenwerf-Justiz verunglimpft. Und auch
  • 25:44 - 25:49
    wird ihr nachgesagt, pauschal Migrantinnen
    und Migranten zu bevorzugen,
  • 25:49 - 25:55
    beispielsweise als Multi-kulti-kuschel-
    den-Neubürger-Justiz. Wir sehen also, dass
  • 25:55 - 26:01
    keine der Säulen unserer Demokratie
    ungeschoren davonkommt. Auch auf dem Feld
  • 26:01 - 26:05
    der Mathematik verdanken wir den neuen
    Rechten faszinierende neue Einsichten. Wir
  • 26:05 - 26:09
    haben... beispielsweise werden Formeln
    dazu eingesetzt, die gegenwärtige
  • 26:09 - 26:13
    Situation in Deutschland in die Nähe von
    Faschismus und Totalitarismus zu rücken,
  • 26:13 - 26:16
    hier aus dem Jahr 2017.
    [1 Syrer + 4 Frauen = 28 Kinder]
  • 26:16 - 26:19
    Wir haben aber auch so pseudo-
    mathematische Formeln, die
  • 26:19 - 26:24
    dazu dienen, Stereotypen in prägnante Form
    zu bringen. Auch hier so etwas, wie "Mann
  • 26:24 - 26:27
    minus Pass ist gleich Syrer" oder "Mann
    plus Messer ist gleich
  • 26:27 - 26:32
    Migrationsvordergrund" oder "Bund plus
    Toleranz plus Vielfalt" - wir hätten
  • 26:32 - 26:38
    gesagt, das ist 36c3, aber für die neuen
    Rechten ist das ein gefährlicher Ort.
  • 26:38 - 26:42
    Applaus
  • 26:42 - 26:44
    Ja, wir haben noch mehr Beispiele. Oder
  • 26:44 - 26:48
    hier, "Merkel plus Umvolkung ist gleich
    Rassismus plus Genozid". Ich habe mal
  • 26:48 - 26:52
    versucht, das umzustellen, die Gleichung.
    Da käme dann so etwas raus wie "Merkel ist
  • 26:52 - 26:56
    gleich Rassismus plus Genozid minus
    Umvolkung", irgendwas stimmt da nicht.
  • 26:56 - 26:59
    Mathematisch ist da noch Luft nach oben,
    würde ich sagen.
  • 26:59 - 27:05
    Lachen, Applaus
  • 27:05 - 27:08
    Thema Gesundheit bzw. Krankheit ist noch
  • 27:08 - 27:12
    wichtig, und zwar deshalb, weil die neuen
    Rechten sich natürlich zweierlei Topoi
  • 27:12 - 27:16
    bedienen, wenn es darum geht zu begründen,
    warum politisch andersdenkende Menschen
  • 27:16 - 27:20
    sich ihrer Meinung partout nicht
    anschließen wollen. Entweder sind sie in
  • 27:20 - 27:24
    den Augen der neuen Rechten einer Religion
    verfallen, etwa beten sie das höchste
  • 27:24 - 27:29
    Flüchtilantenwesen an oder huldigen dem
    Klimakult. Oder Sie sind eben krank. Man
  • 27:29 - 27:34
    findet mehrere hundert Bezeichnungen für
    neuartige Krankheitsbilder, die sich in
  • 27:34 - 27:39
    fünf Hauptgruppen klassifizieren lassen.
    Nämlich psychische und
  • 27:39 - 27:42
    Verhaltensstörungen, infektiöse und
    parasitäre Krankheiten, Krankheiten des
  • 27:42 - 27:47
    Verdauungssystem, Krankheiten der Haut und
    der Unterhaut und Neubildungen. Es gibt
  • 27:47 - 27:52
    auch eine Gruppe der nicht-klassifizierten
    abnormen klinischen Symptome, die haben
  • 27:52 - 27:55
    nicht auf die Folie gepasst, das waren so
    viele. Lachen
  • 27:55 - 27:57
    Wenn wir einen kurzen Blick in die
  • 27:57 - 28:01
    psychischen und Verhaltensstörungen werfen
    - also ich will das jetzt nicht en detail
  • 28:01 - 28:05
    alles durchgehen, natürlich - finden wir
    einfach eine ganze Reihe vor allem
  • 28:05 - 28:10
    neuartiger Manien und Neurosen,
    beispielsweise die Weltrettungs-Egomanie,
  • 28:10 - 28:16
    die Gender-Sprach-Zwangsneurose oder die
    Schuldneurose. Im Fall der Neubildungen,
  • 28:16 - 28:22
    und da ist die Analogie zur NS-Sprache so
    greifbar und klar, ist beispielsweise vom
  • 28:22 - 28:30
    Invasoren-Krebs, von Islam-Metastasen oder
    von Multikultikrebsgeschwüren die Rede.
  • 28:30 - 28:35
    Die letzten Beispiele zeigen schon, dass
    der Schimpfwortschatz seine invektive
  • 28:35 - 28:39
    Kraft aus einfachen binären
    Grundunterscheidungen bezieht, die sich
  • 28:39 - 28:43
    den Polen "gut" und "schlecht" zuordnen
    lassen. Beispielsweise krank versus
  • 28:43 - 28:47
    gesund, religiös-verblendet versus
    vernünftig. Es kann durchaus sein, dass
  • 28:47 - 28:50
    ein Schimpfwort aber auch auf mehrere
    dieser Grundunterscheidungen Bezug nimmt.
  • 28:50 - 28:54
    Nehmen wir das Wort "Gutmenschenwahn". Da
    haben wir beispielsweise einerseits
  • 28:54 - 28:58
    moralisch versus unmoralisch "Gutmensch",
    also das "gut" und andererseits den
  • 28:58 - 29:03
    "Wahn", was auf krank referiert. Und wenn
    man sich so anschaut, beispielsweise haben
  • 29:03 - 29:10
    wir ja Deppenvolk, was offensichtlich auf
    Dummheit zielt. Klatschvieh ist Tier und
  • 29:10 - 29:17
    irrational, Sub-Kulturalismus ist fremd
    und primitiv. Krankfurt referiert auf
  • 29:17 - 29:20
    krank, linksversifft auf schmutzig-sauber,
    zumindest heute, linksdurchseucht als
  • 29:20 - 29:26
    krank, Presstituierte: weiblich,
    unmoralisch, falsch, Migrassor: kriminell,
  • 29:26 - 29:32
    fremd und so weiter. Wenn man eine größere
    Menge von diesen Ausdrücken durch schaut,
  • 29:32 - 29:36
    dann ergibt sich so eine Art Kräftefeld
    von Grundunterscheidungen, wie eben krank
  • 29:36 - 29:41
    versus gesund, schmutzig versus sauber,
    irrational-religiös versus vernünftig,
  • 29:41 - 29:46
    extrem versus normal, verweichlicht versus
    hart, weiblich versus männlich. Also, ich
  • 29:46 - 29:50
    nenne die negativen Dinge für die neuen
    Rechten immer zuerst, ihr merkt es schon.
  • 29:50 - 29:53
    Falsch versus wahr,
    unmoralisch versus tugendhaft,
  • 29:53 - 29:56
    Verfall, Gefährdung, Abschaffung versus
    Erhalt
  • 29:56 - 30:00
    Verbrechen versus Gesetzestreue,
    fremd versus deutsch,
  • 30:00 - 30:04
    linksextremistisch versus bürgerlich,
    Elite versus einfaches Volk,
  • 30:04 - 30:12
    tierisch versus menschlich,
    bunt versus einheitlich, ordentlich.
  • 30:12 - 30:14
    Kommen wir zu einer Art Fazit,
  • 30:14 - 30:19
    und zwar während wir hier durch das
    Universum von rund 2000 Schimpfwörtern
  • 30:19 - 30:24
    über Deutschland fliegen. Das ist ein
    bisschen langsam, aber das ist wohl der
  • 30:24 - 30:31
    Auflösung geschuldet. Die neuen Rechten
    behaupten zwar, Patrioten zu sein, aber es
  • 30:31 - 30:35
    ist ziemlich, glaube ich, offensichtlich
    geworden, dass sie das Land, in dem sie
  • 30:35 - 30:39
    leben, eigentlich verachten und nicht nur
    das Land und sein Volk und seine Leute,
  • 30:39 - 30:43
    sondern auch seine demokratischen
    Institutionen. Dabei konnte ich in den
  • 30:43 - 30:47
    vergangenen jetzt fast 30 Minuten nur die
    Spitze des Eisbergs natürlich zeigen. Es
  • 30:47 - 30:51
    sind also viel mehr. Ich habe also weit
    mehr als 25.000 Schimpfwörter bis jetzt
  • 30:51 - 30:57
    identifiziert. Und eigentlich ist es
    bodenlos. Soziale Bewegungen haben
  • 30:57 - 31:01
    eigentlich bislang immer Spuren in der
    Sprachgeschichte hinterlassen. Die 68er-
  • 31:01 - 31:05
    Bewegung beispielsweise ist für ihren
    Polit-Jargon berühmt, die Sponti-Bewegung
  • 31:05 - 31:08
    "Ich geh kaputt, gehst du mit", ihr kennt
    das, ist mit ihren Sponti-Sprüchen ins
  • 31:08 - 31:12
    kollektive Gedächtnis eingegangen. Die
    Frauenbewegung hat die Frage der
  • 31:12 - 31:16
    sprachlichen Gleichberechtigung auf die
    Agenda gesetzt. Ich denke, dass die neuen
  • 31:16 - 31:20
    Rechten als Gemeinschaft der Schmäher und
    Hater in die Sprachgeschichte eingehen
  • 31:20 - 31:26
    werden. Welche Funktion hat nun
    zusammenfassend der Schimpfwortgebrauch
  • 31:26 - 31:34
    für die neuen Rechten? Einerseits hat es
    eine Funktion nach innen, eine nach innen
  • 31:34 - 31:39
    gerichtete Funktion. Denn die Ablehnung
    von allem und jedem ist eigentlich der
  • 31:39 - 31:43
    kleinste gemeinsame Nenner für eine doch
    ansonsten ideologisch recht heterogene
  • 31:43 - 31:48
    Diskursgemeinschaft. Es gibt in rechten
    Foren sogar regelrechte
  • 31:48 - 31:53
    Überbietungswettbewerbe im Finden eines
    immer radikaleren Beleidigungsjargons. Man
  • 31:53 - 31:57
    könnte sagen, dass eigentlich im
    Beleidigen sich die neue Rechte formiert
  • 31:57 - 32:02
    und überhaupt erst als Gemeinschaft
    findet. Andererseits muss beleidigendes
  • 32:02 - 32:07
    und herabsetzendes Sprechen auch im
    Kontext der Aufmerksamkeitsökonomie
  • 32:07 - 32:10
    gesehen werden, in der Empörung und
    Skandalisierung durch Andere willkommene
  • 32:10 - 32:16
    Verstärker im Resonanzkalkül der neuen
    Rechten sind. Ich hoffe, dass wir durch
  • 32:16 - 32:20
    den analytischen Blick diesem
    Resonanzkalkül etwas entgegenhalten
  • 32:20 - 32:22
    können, und ich bedanke mich für eure
    Aufmerksamkeit.
  • 32:22 - 32:31
    Applaus
  • 32:31 - 32:35
    Herald: Dankeschön, Josch, für diese sehr
    kurzweilige Aufarbeitung der doch
  • 32:35 - 32:43
    erstaunlich umfassenden Kreativität der
    rechten politischen Gesinnung. Wir haben
  • 32:43 - 32:48
    noch ein paar Minuten für Fragen und
    Antworten. Wenn jemand eine Frage stellen
  • 32:48 - 32:52
    möchte, wie üblich, an den Saalmikrofonen
    anstellen. Und der Signal Angel könnte mit
  • 32:52 - 32:55
    der ersten Frage aus dem Internet
    beginnen.
  • 32:55 - 32:58
    Signal Angel: Ja. Wie bezeichnet die
    Rechte denn uns Hacker hier?
  • 32:58 - 33:03
    Josch: Also Drecks-Hacker - ich müsste da
    mal kurz nachgucken. Es gibt nicht so
  • 33:03 - 33:10
    wahnsinnig viele, weil doch ein gewisser
    Respekt besteht, also ein gewisser. Aber
  • 33:10 - 33:16
    Moment, da können wir mal kurz schauen,
    was wir da finden. Moment. Es dauert
  • 33:16 - 33:27
    leider einen Augenblick, ja. lacht Ich
    finde vor allem witzigerweise jetzt -
  • 33:27 - 33:33
    natürlich gar nicht so witzig -
    Kopfabhacker, wenn ich nach Hacker suche,
  • 33:33 - 33:37
    da gibt's ganz furchtbar viele. Da seid
    ihr aber, glaub ich, nicht gemeint,
  • 33:37 - 33:41
    sondern sind eher die Sachen, die ich
    vorher am Anfang genannt habe, das wir
  • 33:41 - 33:46
    halt versifft sind und inzwischen auch
    staatstragend.
  • 33:46 - 33:53
    Herald: Mikrofon 2, bitte.
    Frage: Ja, mich interessiert auf jeden
  • 33:53 - 33:58
    Fall, ob es Überschneidungen zum linken
    Spektrum gibt und welches die Wörter-
  • 33:58 - 34:02
    Josch: Ja, ich habe dich-
    Frage: Und welches die Wörter sind. Und
  • 34:02 - 34:06
    das zweite wäre, was finden die denn gut?
    Also gibt es irgendwas, was sie so
  • 34:06 - 34:11
    unverständlich, evtl. "Lobeshymnen"?
    Josch: Das ist eine gute Frage. Die erste
  • 34:11 - 34:15
    Frage kann ich leider nicht beantworten,
    weil ich glaube tatsächlich, dass
  • 34:15 - 34:23
    natürlich auch sozusagen Herabwürdigung
    von Mächtigen ist schon immer eine
  • 34:23 - 34:29
    Strategie der Subalternen gewesen und der
    Machtlosen. Insofern glaube ich, dass sich
  • 34:29 - 34:32
    das natürlich tatsächlich in allen
    politischen Lagern findet, aber ich glaube
  • 34:32 - 34:38
    eben nicht in der Dichte, in der
    Massivheit wie bei den Rechten. Also ich
  • 34:38 - 34:42
    glaube tatsächlich, dass ist in einer
    Weise häufig, in einer Weise frequent, in
  • 34:42 - 34:47
    einer Weise bestimmend für den politischen
    Stil, den Kommunikationsstil, der nicht
  • 34:47 - 34:57
    vergleichbar ist mit wie es von den Linken
    praktiziert wird. Die zweite Frage hab
  • 34:57 - 34:58
    ich, die war zwar gut, aber ich habe sie
    vergessen.
  • 34:58 - 35:01
    Frage: Was finden sie denn gut, also die
    neuen Rechten?
  • 35:01 - 35:04
    Josch: Also, bei den Feldern, die ich
    untersucht habe, ich habe natürlich vor
  • 35:04 - 35:09
    allem nach Schimpfwörtern geschaut, ist
    mir nichts aufgefallen, was sie gut
  • 35:09 - 35:15
    finden, außer der AfD natürlich.
    Herald: Dankeschön. Mikrofon Nr. 6 da
  • 35:15 - 35:19
    hinten, bitte.
    Frage: Du hast eben gemeint, dass sie
  • 35:19 - 35:25
    alles und jeden beleidigen. Beleidigen sie
    auch sich selbst, also die Rechten?
  • 35:25 - 35:30
    Josch: Also, es wäre tatsächlich eine
    Fiktion, davon auszugehen, dass das ein
  • 35:30 - 35:34
    homogenes Lager wäre, das sich sozusagen
    gegenseitig nur stützt. Natürlich gibt's
  • 35:34 - 35:38
    die Radikaleren und die weniger Radikalen,
    und es gibt dort ganz massive
  • 35:38 - 35:45
    Auseinandersetzungen, auch untereinander.
    Insofern, ja klar, gibt es, ja.
  • 35:45 - 35:49
    Herald: Mikrofon 8?
    Frage: Ich habe eine Frage bezüglich wie
  • 35:49 - 35:53
    du deine Quellen ausgewählt hast. Du hast
    ja gewisse Blogs eingefügt. Wenn nicht,
  • 35:53 - 35:57
    was waren da deine Kriterien, war das
    rein Praktikabilität? Und die zweite
  • 35:57 - 36:02
    Frage ist, wie groß war der Korpus? Und
    die dritte Frage ist, hast du das
  • 36:02 - 36:06
    irgendwie mit einem Korpus, bestehend aus
    Texten aus Mainstreammedien, abgeglichen?
  • 36:06 - 36:10
    Kann man da irgendwas Relevantes sagen?
    Josch: Ja, du bist offenbar zu spät
  • 36:10 - 36:16
    gekommen. Ich habe, wie gesagt, eine
    Hitparade der APO-Blogs, die von Rechten
  • 36:16 - 36:20
    zusammengestellt wurde, aus dem Jahr 2017
    genommen. Und hab das noch ergänzt mit
  • 36:20 - 36:24
    anderen Blogs. Ich habe versucht, die
    Innenperspektive mit zu berücksichtigen.
  • 36:24 - 36:29
    Das Korpus ist 220 Millionen Wörter groß,
    und ich habe es verglichen mit SPIEGEL
  • 36:29 - 36:32
    ONLINE, Zeit ONLINE und zwei großen
    Diskussionsforen.
  • 36:32 - 36:39
    Herald: Mikrofon 1?
    Frage: Ich weiß nicht, ob die Frage jetzt
  • 36:39 - 36:45
    schon beantwortet wurde. Hast du
    herausgefunden, wie sie Dinge positiv im
  • 36:45 - 36:49
    Allgemeinen beschreiben? Das wirkt jetzt
    einfach so, als würde jedes Wort, das man
  • 36:49 - 36:53
    so benutzt, um positive Dinge zu sagen,
    zur Abwertung benutzt werden. Da kann man
  • 36:53 - 36:57
    dann ja auch gar nicht mehr gut drauf
    sein. Gibt es irgendwas, was noch positiv
  • 36:57 - 37:00
    konnotiert ist?
    Josch: Ja, ich glaube, das ist der Modus.
  • 37:00 - 37:07
    Die Praktik, die die Leute dazu führt,
    dass sich die Leute gut fühlen. Das
  • 37:07 - 37:11
    einzige Ventil zum gut Fühlen ist eben das
    gemeinsame Schimpfen. Weil ich glaube
  • 37:11 - 37:14
    wirklich, wenn man in die Kommentarspalten
    schaut, aber auch in die Texte, die
  • 37:14 - 37:18
    publiziert werden, dann ist es tatsächlich
    so, dass die Leute sich in diesem
  • 37:18 - 37:22
    Deutschland nicht wohlfühlen. Sie fühlen
    sich nicht gut hier, sie wollen das
  • 37:22 - 37:30
    weghaben. Und da bleibt nicht viel, als
    gemeinsam zu schimpfen. Aber das tun sie
  • 37:30 - 37:34
    eben lustvoll und wie du auch richtig
    gesagt hast, mit sehr viel Kreativität.
  • 37:34 - 37:38
    Man würde sich natürlich wünschen, dass
    sie diese Kreativität und diese Energie in
  • 37:38 - 37:42
    andere Dinge investieren würden. Aber es
    ist nun mal da und auch für uns dann ein
  • 37:42 - 37:47
    interessantes Studienobjekt.
    Herald: Hat das Internet noch eine Frage?
  • 37:47 - 37:50
    Signal: Tatsächlich noch einige. Erstmal,
    findet man diese Sprache nur innerhalb des
  • 37:50 - 37:54
    Netzes, oder weißt du, ob die die
    tatsächlich auch unter sich persönlich
  • 37:54 - 37:57
    verwenden?
    Josch: Ja, ich war ja in Dresden in der
  • 37:57 - 38:02
    Zeit, als das so richtig losging. Und das
    findet man natürlich auch auf der Straße.
  • 38:02 - 38:08
    Das findet man in Restaurants, in Kneipen.
    Das findet man überall. Aber es ist
  • 38:08 - 38:12
    natürlich nicht so gut maschinell
    auswertbar.
  • 38:12 - 38:15
    Signal: Das zweite ist [bricht ab]
  • 38:15 - 38:19
    Herald: Mikrofon 1.
    Frage: Hat das einen Effekt, wenn man
  • 38:19 - 38:23
    versucht, gegenzuhalten in solchen
    Kommentarspalten oder ist es besser,
  • 38:23 - 38:30
    einfach weg zu bleiben, die unter sich zu
    lassen? Kann man dazu etwas sagen?
  • 38:30 - 38:34
    Josch: Ja, ich habe dazu keine Studien
    gemacht oder sowas. Aber wie gesagt, ich
  • 38:34 - 38:41
    bin eben überzeugt, dass ... das
    natürlich auch eine Provokationsstrategie
  • 38:41 - 38:47
    ist, die auf Resonanz baut. Und diese
    Provokationsstrategie oder diese Resonanz
  • 38:47 - 38:52
    muss man den Leuten nehmen. Da bin ich
    absolut überzeugt. Deswegen glaube ich,
  • 38:52 - 38:57
    dass Personalisierung und Skandalisierung
    uns da nicht weiterbringen, sondern
  • 38:57 - 39:06
    Ignoranz und Blocken.
    Applaus
  • 39:06 - 39:09
    Herald: Dann vielleicht noch eine weitere
    Frage aus dem Internet?
  • 39:09 - 39:13
    Signal: Tatsächlich noch eine eher
    pessimistische. Wie behält man denn jetzt
  • 39:13 - 39:18
    bei solchen Abgründen auf der rechten
    Seite noch die Hoffnung am Ende?
  • 39:18 - 39:27
    Josch: Ja. Lacht Also, ich finde, ich
    muss sagen, ich war hoffnungsloser, bevor
  • 39:27 - 39:31
    ich die Analyse gemacht habe. Ich finde
    eigentlich, dass, gerade, wenn man sich
  • 39:31 - 39:35
    eben nicht am Einzelfall aufhält, sondern
    wenn man das mal zusammenstellt und sich
  • 39:35 - 39:41
    versucht, es zu ordnen und sich dieses
    Weltbild mal klarzumachen. Das entlastet
  • 39:41 - 39:46
    natürlich irgendwie schon erst einmal.
    Weil es ist eben, glaube ich, keine echte
  • 39:46 - 39:50
    Bedrohung, es steckt kein Programm in dem
    Sinne dahinter, sondern es ist sozusagen
  • 39:50 - 39:53
    vor allem erst einmal Umut. Gleichzeitig,
    was man aber auch beobachten kann und was
  • 39:53 - 39:59
    auch mich pessimistisch macht, ist
    natürlich, dass die Akzeptanz von Gewalt
  • 39:59 - 40:03
    in den Foren immer stärker und immer
    größer wird. Dass sie entschuldigt wird
  • 40:03 - 40:10
    als erwartbare natürliche Reaktion auf
    vermeintliche Übergriffe et cetera. Und
  • 40:10 - 40:13
    das schlägt sich allerdings nicht im
    Wortbildungen nieder, aber in
  • 40:13 - 40:17
    Argumentationsmuster und so weiter. Und
    das macht mir dann in der Tat auch Sorgen,
  • 40:17 - 40:21
    ja.
    Herald: Gut, dankeschön für diese vielen
  • 40:21 - 40:26
    Einblicke und Antworten. An dieser Stelle
    möchte ich den Talk schließen. Unsere Zeit
  • 40:26 - 40:30
    ist um. Und ich würde sagen, wir
    verabschieden Josch mit einem großen,
  • 40:30 - 40:33
    dicken Applaus für diese wundervolle
    Vorstellung.
  • 40:33 - 40:36
    Applaus
  • 40:36 - 40:40
    Abspannmusik
  • 40:40 - 40:47
    Untertitel erstellt von c3subtitles.de
    im Jahr 2020. Mach mit und hilf uns!
Title:
36C3 - Aus dem Schimpfwörterbuch der neuen Rechten
Description:

https://media.ccc.de/v/36c3-10935-aus_dem_schimpfworterbuch_der_neuen_rechten

Der Vortrag gibt auf der Basis umfangreicher korpuslinguistischer Analysen einen Überblick über den Fundus herabwürdigender und ausgrenzender Ausdrücke, die in rechten und rechtsextremen Onlinediskursen geprägt wurden. In den tiefensemantischen Strukturen des invektiven Wortschatzes der neuen Rechten wird ein stark schematisiertes Weltbild sichtbar, das von der grundlegenden Verachtung nicht nur des Fremden, sondern auch des eigenen Landes, seiner Institutionen, seiner Werte und seiner Bevölkerung geprägt ist.

Das gesteigerte Maß an Ausgrenzung und gesellschaftlicher Polarisierung, das seit dem Wiedererstarken rechter Parteien und Denkweisen in Deutschland zu verzeichnen ist, ist nicht die einzige Errungenschaft, die wir den neuen Rechten zu verdanken haben. Sie haben auch den Wortschatz um ein schier unerschöpfliches Repertoire an Schimpfwörtern bereichert. Deren Spektrum reicht von unüblichen Verknüpfungen von Wortbestandteilen wie bei "Journhalunke" oder "GEZStapo", über die produktive Verfremdung von Eigennamen wie im Fall von "K(r)amp(f)-K(n)arrenbauer" oder "Merkill", Hyperbolisierungen wie "Superübergutbestmenschen" oder Satzkomposita wie "IchseheauswieeinkonservativerCSUKatholikundwerdedeshalbvondenganzenDeppengewähltweildasjanichtsoeinGrünerist" (Winfried Kretschmann) bis hin zu Gleichsetzungen zur Denunziation von Kritik wie in "Waffen=Rassismus=rächtz=Nazi=Gefahr=Erderwärmung".

Im Vortrag sollen zunächst die wichtigsten sprachlichen Strategien zur Bildung herabwürdigender Ausdrücke vorgestellt werden, ehe in einem zweiten Schritt der invektive Wortschatz zu einzelnen Politik- und Gesellschaftsbereichen in Auswahl präsentiert wird. Basis der Untersuchung bildet eine umfangreiche korpuslinguistische Analyse einschlägiger rechter und rechtsextremer "Nachrichten"-Seiten, Blogs, Kommentarspalten und Foren aus den Jahren von 2012 bis 2019, die mehr als 25.000 Schimpfwörter zutage förderte.

Der Vortrag will nicht nur das Offensichtliche zeigen: Dass für die neuen Rechten herabwürdigendes und ausgrenzenden Sprechen zentrales Medium der politischen Auseinandersetzung ist. Vielmehr wird in den vielfältigen Formen herabwürdigenden Sprechens ein Weltbild sichtbar, das von wenigen Grundunterscheidungen geprägt ist. Auch wird sich zeigen, dass die neuen Rechten sich als eine Schmähgemeinschaft konstituieren und das Land, in dem sie leben, seine Bürger_innen und seine Institutionen nachhaltig verachten.

josch

https://fahrplan.events.ccc.de/congress/2019/Fahrplan/events/10935.html

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Video Language:
German
Duration:
41:03

German subtitles

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