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Warum unsere IQ-Niveaus höher sind als die unserer Großeltern

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    Wir unternehmen eine kurze Reise
  • 0:03 - 0:07
    durch die kognitive Geschichte
    des 20. Jahrhunderts,
  • 0:07 - 0:08
    denn während dieses Jahrhunderts
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    haben sich unsere Gehirne dramatisch verändert.
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    Wie Sie wissen, veränderten sich die Autos,
    die die Menschen um 1900 fuhren,
  • 0:15 - 0:17
    weil die Straßen besser waren
  • 0:17 - 0:19
    und aufgrund von Technologie.
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    Und unsere Gehirne haben sich auch verändert.
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    Wir sind von Menschen, die einer
    konkreten Welt gegenüberstanden
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    und diese Welt primär danach analysierten,
  • 0:28 - 0:31
    wie sehr sie ihnen nutzen würde,
  • 0:31 - 0:35
    zu Menschen geworden, die einer
    sehr komplexen Welt ausgesetzt sind.
  • 0:35 - 0:37
    Und in dieser Welt mussten wir
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    neue mentale Gewohnheiten,
    neue Denkschemata entwickeln.
  • 0:41 - 0:43
    Und das schließt Dinge ein wie
  • 0:43 - 0:47
    die konkrete Welt mit Klassifikationen auszukleiden,
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    Abstraktionen einzuführen,
    die wir versuchen
  • 0:50 - 0:52
    logisch konsistent zu machen,
  • 0:52 - 0:55
    und wir nehmen auch das Hypothetische ernst,
  • 0:55 - 0:57
    d.h. wir fragen uns eher, was sein könnte,
  • 0:57 - 1:00
    als was ist.
  • 1:00 - 1:03
    Meine Aufmerksamkeit wurde auf
    diese dramatische Änderung gelenkt,
  • 1:03 - 1:07
    durch massive IQ-Zunahmen im Lauf der Zeit,
  • 1:07 - 1:09
    und diese waren wirklich enorm.
  • 1:09 - 1:14
    D.h. wir lösen bei IQ-Tests nicht nur
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    ein paar Fragen mehr.
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    Wir lösen viel mehr Fragen in IQ-Tests richtig,
  • 1:19 - 1:21
    als jede vorhergehende Generation
  • 1:21 - 1:24
    bis zurück zur Zeit ihrer Erfindung.
  • 1:24 - 1:27
    Wenn man die Leute freilich
    vor einem Jahrhundert
  • 1:27 - 1:29
    nach modernen Normen bewertet,
  • 1:29 - 1:32
    hätten sie einen durchschnittlichen IQ von 70.
  • 1:32 - 1:35
    Wenn man uns nach
    ihren Normen bewerten würde,
  • 1:35 - 1:38
    hätten wir einen durchschnittlichen IQ von 130.
  • 1:38 - 1:42
    Das wirft alle möglichen Fragen auf.
  • 1:42 - 1:44
    Waren unsere unmittelbaren Vorfahren
  • 1:44 - 1:47
    am Rande einer Geistesschwäche?
  • 1:47 - 1:51
    Denn 70 ist normalerweise
    der Wert für geistige Behinderung.
  • 1:51 - 1:54
    Oder sind wir kurz davor,
    alle hochbegabt zu sein?
  • 1:54 - 1:58
    Denn 130 ist der Grenzwert für Hochbegabung.
  • 1:58 - 2:01
    Ich werde nun für
    eine dritte Alternative plädieren,
  • 2:01 - 2:05
    die viel aufschlussreicher
    als die beiden anderen ist,
  • 2:05 - 2:08
    und um diese zu relativieren,
  • 2:08 - 2:11
    lassen Sie uns annehmen,
    dass ein Marsmensch auf die Erde käme
  • 2:11 - 2:14
    und eine zerstörte Gesellschaft vorfände.
  • 2:14 - 2:16
    Und dieser Marsmensch wäre ein Archäologe,
  • 2:16 - 2:19
    und sie fänden Punktezahlen,
  • 2:19 - 2:22
    die Menschen zum Schießen benutzt hatten.
  • 2:22 - 2:24
    Und zuerst betrachteten sie 1865
  • 2:24 - 2:26
    und sie stellten in kurzer Zeit fest,
  • 2:26 - 2:30
    dass die Menschen nur
    einen Volltreffer gelandet hatten.
  • 2:30 - 2:33
    Und sie stellten fest, dass sie 1898
  • 2:33 - 2:36
    in einer Minute fünf Mal
    ins Schwarze getroffen hatten.
  • 2:36 - 2:42
    Und um 1918 trafen sie 100 Mal ins Schwarze.
  • 2:42 - 2:45
    Anfangs war der Archäologe ratlos.
  • 2:45 - 2:48
    Sie sagten etwa: "Diese Tests waren so angelegt,
  • 2:48 - 2:52
    um herauszufinden, ob die Menschen
    eine ruhige Hand hatten,
  • 2:52 - 2:54
    wie gut ihr Sehvermögen war,
  • 2:54 - 2:57
    ob sie Kontrolle über ihre Waffen hatten.
  • 2:57 - 3:00
    Wie konnten die Leistungen sich
  • 3:00 - 3:02
    bis zu diesem enormen Maß steigern?"
  • 3:02 - 3:04
    Nun, wir kennen die Antwort natürlich.
  • 3:04 - 3:07
    Wenn sich dieser Marsmensch
    die Schlachtfelder anschaut,
  • 3:07 - 3:10
    würden sie entdecken,
    dass die Menschen zur Zeit
  • 3:10 - 3:12
    des Bürgerkriegs nur Musketen hatten,
  • 3:12 - 3:14
    und dass sie Repetiergewehre hatten
  • 3:14 - 3:17
    zur Zeit des Spanisch-Amerikanischen Krieges,
  • 3:17 - 3:19
    und bis zum 1. Weltkrieg
  • 3:19 - 3:21
    hatten sie Maschinengewehre.
  • 3:21 - 3:24
    Und anders gesagt war es die Ausstattung
  • 3:24 - 3:26
    in den Händen eines durchschnittlichen Soldaten,
  • 3:26 - 3:29
    die dafür verantwortlich war –
    nicht die höhere Sehschärfe
  • 3:29 - 3:31
    oder eine ruhigere Hand.
  • 3:31 - 3:35
    Wir müssen uns die mentale Artillerie vorstellen,
  • 3:35 - 3:38
    die wir innerhalb dieser hundert
    Jahre erworben haben,
  • 3:38 - 3:42
    und ein anderer Denker wird uns
    hierbei sicher helfen,
  • 3:42 - 3:44
    und das ist Luria.
  • 3:44 - 3:47
    Luria betrachtete Menschen,
  • 3:47 - 3:50
    bevor sie ins wissenschaftliche Zeitalter eintraten,
  • 3:50 - 3:52
    und er fand heraus, dass diese Menschen
  • 3:52 - 3:56
    resistent gegenüber einer Klassifizierung
    der konkreten Welt waren.
  • 3:56 - 3:57
    Sie wollten sie in Kleinteile
  • 3:57 - 3:59
    aufbrechen, die sie benutzen konnten.
  • 3:59 - 4:02
    Er fand heraus, dass sie sich weigerten,
  • 4:02 - 4:05
    Hypothetisches zu folgern,
  • 4:05 - 4:08
    darüber zu spekulieren, was sein könnte,
  • 4:08 - 4:11
    und stellte schließlich fest,
    dass sie sich mit Abstraktionen
  • 4:11 - 4:15
    oder dem Anwenden von Logik
    bei diesen Abstraktionen schwer taten.
  • 4:15 - 4:18
    Lassen Sie mich Ihnen ein Beispiel
    für seine Interviews geben.
  • 4:18 - 4:20
    Er sprach mit dem Chef einer Person
  • 4:20 - 4:22
    im ländlichen Russland.
  • 4:22 - 4:25
    Sie hatten, wie bei Menschen um 1900 üblich,
  • 4:25 - 4:27
    etwa vier Jahre Schulbildung.
  • 4:27 - 4:29
    Und er fragte diese bestimmte Person,
  • 4:29 - 4:33
    was Krähe und Fische gemeinsam haben.
  • 4:33 - 4:36
    Und der Kerl sagte: "Absolut nichts.
  • 4:36 - 4:39
    Fisch kann ich essen, Krähen nicht.
  • 4:39 - 4:41
    Eine Krähe kann nach einem Fisch picken.
  • 4:41 - 4:44
    Ein Fisch kann einer Krähe gar nichts antun."
  • 4:44 - 4:47
    Und Luria sagte: "Aber beide sind doch Tiere?"
  • 4:47 - 4:49
    Und er sagte: "Natürlich nicht.
  • 4:49 - 4:51
    Der eine ist ein Fisch.
  • 4:51 - 4:52
    Das andere ist ein Vogel."
  • 4:52 - 4:54
    Ihn interessierte im Grunde,
  • 4:54 - 4:58
    was er mit diesen konkreten
    Objekten machen könnte.
  • 4:58 - 5:01
    Und dann ging Luria zu einer anderen Person
  • 5:01 - 5:03
    und sagte zu ihr:
  • 5:03 - 5:06
    "Es gibt keine Kamele in Deutschland.
  • 5:06 - 5:08
    Hamburg ist eine Stadt in Deutschland.
  • 5:08 - 5:11
    Gibt es in Hamburg Kamele?"
  • 5:11 - 5:12
    Und der Typ sagte:
  • 5:12 - 5:16
    "Nun, wenn es groß genug ist,
    sollte es Kamele geben."
  • 5:16 - 5:20
    Und Luria sagte:
    "Aber was bedeuten meine Worte?"
  • 5:20 - 5:22
    Und er sagte: "Vielleicht ist es ja ein kleines Dorf
  • 5:22 - 5:25
    und es gibt keinen Platz für Kamele."
  • 5:25 - 5:27
    Anders gesagt war er nicht bereit, das
  • 5:27 - 5:30
    als etwas anderes als ein konkretes
    Problem zu behandeln,
  • 5:30 - 5:32
    und er war daran gewohnt,
    Kamele in Dörfern zu sehen
  • 5:32 - 5:36
    und unfähig, das Hypothetische anzuwenden,
  • 5:36 - 5:41
    um sich zu fragen, ob es
    in Deutschland keine Kamele gibt.
  • 5:41 - 5:44
    Ein drittes Interview wurde mit jemanden
  • 5:44 - 5:47
    über den Nordpol geführt.
  • 5:47 - 5:51
    Da sagte Luria:
    "Am Nordpol gibt es immer Schnee.
  • 5:51 - 5:55
    Überall, wo es immer Schnee gibt,
    sind die Bären weiß.
  • 5:55 - 5:58
    Welche Farbe haben die Bären am Nordpol?"
  • 5:58 - 6:01
    Und die Antwort war: "So etwas
  • 6:01 - 6:03
    muss durch eine Aussage entschieden werden.
  • 6:03 - 6:06
    Wenn eine Person vom Nordpol kommt
  • 6:06 - 6:08
    und mir sagt, dass die Bären weiß sind,
  • 6:08 - 6:09
    könnte ich ihm glauben,
  • 6:09 - 6:13
    aber jeder Bär, den ich bisher
    gesehen habe, ist braun."
  • 6:13 - 6:16
    Jetzt sehen Sie erneut,
    dass diese Person sich weigert,
  • 6:16 - 6:19
    über die konkrete Welt hinauszugehen
  • 6:19 - 6:22
    und analysiert sie durch Alltagserfahrung,
  • 6:22 - 6:24
    und es war wichtig für diese Person,
  • 6:24 - 6:25
    welche Farbe die Bären hatten –
  • 6:25 - 6:27
    d.h. sie mussten Bären jagen.
  • 6:27 - 6:30
    Sie waren nicht bereit, sich darauf einzulassen.
  • 6:30 - 6:32
    Einer von ihnen sagte zu Luria:
  • 6:32 - 6:35
    "Wie können wir Fälle lösen,
    die keine realen Probleme sind?
  • 6:35 - 6:37
    Keins dieser Probleme ist real.
  • 6:37 - 6:40
    Wie können wir sie behandeln?"
  • 6:40 - 6:43
    Nun, diese drei Kategorien –
  • 6:43 - 6:45
    Klassifikation,
  • 6:45 - 6:47
    Anwendung von Logik auf Abstraktionen,
  • 6:47 - 6:50
    das Hypothetische ernst nehmen –
  • 6:50 - 6:52
    welchen Unterschied können sie
    in der realen Welt ausmachen,
  • 6:52 - 6:54
    über das Versuchslabor hinaus?
  • 6:54 - 6:57
    Lassen Sie mich Ihnen
    ein paar Beispiele geben.
  • 6:57 - 7:00
    Erstens bekommen fast alle von uns
    heute einen Schulabschluss.
  • 7:00 - 7:04
    Also sind wir von 4 bis 8 Jahren an Schulausbildung
  • 7:04 - 7:06
    zu 12 Jahren an Schulbildung übergegangen,
  • 7:06 - 7:08
    und 52 % der Amerikaner
  • 7:08 - 7:12
    haben tatsächlich eine Form von
    Hochschulbildung genossen.
  • 7:12 - 7:16
    Nun, wir haben nicht nur viel mehr Bildung,
  • 7:16 - 7:19
    und viel mehr dieser Ausbildung
    ist wissenschaftlich,
  • 7:19 - 7:23
    und man kann keine Wissenschaft betreiben,
    ohne die Welt zu klassifizieren.
  • 7:23 - 7:27
    Man kann keine Wissenschaft betreiben,
    ohne Hypothesen zu formulieren.
  • 7:27 - 7:31
    Man kann auch keine Wissenschaft betreiben,
    ohne es logisch konsistent zu machen.
  • 7:31 - 7:35
    Und sogar in der Grundschule
    haben sich die Dinge geändert.
  • 7:35 - 7:38
    1910 schauten sie Prüfungen an,
  • 7:38 - 7:42
    die der Staat Ohio 14-Jährigen abnahm,
  • 7:42 - 7:43
    und sie stellten fest, dass sie alle
  • 7:43 - 7:47
    gesellschaftlich anerkannte,
    konkrete Informationen betrafen.
  • 7:47 - 7:48
    Das waren Sachen wie:
  • 7:48 - 7:51
    Was sind die Hauptstädte der 44 oder 45 Staaten,
  • 7:51 - 7:53
    die damals existierten?
  • 7:53 - 7:55
    Wenn sie die Test anschauten,
  • 7:55 - 7:58
    die der Staat Ohio 1990 abnahm,
  • 7:58 - 8:00
    ging es in allen um Abstraktionen.
  • 8:00 - 8:02
    Es waren Sachen wie:
  • 8:02 - 8:07
    Warum ist die größte Stadt eines Staates
    nur selten die Hauptstadt?
  • 8:07 - 8:09
    Und man sollte denken, nun,
  • 8:09 - 8:12
    der staatliche Gesetzgeber war ländlich kontrolliert,
  • 8:12 - 8:14
    und sie hassten die Großstädte,
  • 8:14 - 8:16
    statt daher die Hauptstadt in eine Großstadt zu legen,
  • 8:16 - 8:18
    wählten sie eine Bezirksstadt.
  • 8:18 - 8:21
    Sie wählten Albany anstatt New York.
  • 8:21 - 8:24
    Sie wählten eher Harrisburg anstatt Philadelphia.
  • 8:24 - 8:26
    Und so weiter.
  • 8:26 - 8:28
    Der Tenor der Ausbildung hat sich also geändert.
  • 8:28 - 8:32
    Wir bilden Menschen so aus, dass sie
    das Hypothetische ernst nehmen,
  • 8:32 - 8:36
    Abstraktionen benutzen und sie logisch verbinden.
  • 8:36 - 8:38
    Was ist mit der Beschäftigung?
  • 8:38 - 8:42
    Um 1900 übten 3 % der Amerikaner
  • 8:42 - 8:46
    Berufe aus, die kognitiv anspruchsvoll waren.
  • 8:46 - 8:50
    Nur 3 % waren Anwälte, Ärzte oder Lehrer.
  • 8:50 - 8:52
    Heute üben 35 % der Amerikaner
  • 8:52 - 8:56
    kognitiv anspruchsvolle Berufe aus.
  • 8:56 - 8:58
    Nicht nur richtige Berufe wie Anwalt,
  • 8:58 - 9:01
    Arzt, Wissenschaftler oder Dozent,
  • 9:01 - 9:03
    sondern viele, viele Hilfsberufe
  • 9:03 - 9:05
    haben damit zu tun: Techniker
  • 9:05 - 9:07
    oder Computerprogrammierer.
  • 9:07 - 9:11
    Eine ganze Reihe von Berufen
    stellen jetzt kognitive Anforderungen.
  • 9:11 - 9:14
    Und wir können die Einsatzbedingungen
  • 9:14 - 9:16
    in der modernen Welt nur erfüllen,
    indem wir kognitiv
  • 9:16 - 9:19
    viel flexibler sind.
  • 9:19 - 9:22
    Und es geht nicht nur darum,
    dass es viel mehr Menschen
  • 9:22 - 9:25
    in kognitiv anspruchsvollen Berufen gibt.
  • 9:25 - 9:27
    Die Berufe sind auch anspruchsvoller geworden.
  • 9:27 - 9:29
    Vergleichen Sie einen Doktor von 1900,
  • 9:29 - 9:32
    der nur ein paar Tricks auf Lager hatte,
  • 9:32 - 9:35
    mit einem modernen Allgemeinmediziner
    oder Spezialisten,
  • 9:35 - 9:38
    mit einer jahrelangen,
    wissenschaftlichen Ausbildung.
  • 9:38 - 9:40
    Vergleichen Sie den Banker von 1900,
  • 9:40 - 9:43
    der im Grunde nur einen guten Buchhalter brauchte
  • 9:43 - 9:46
    und wissen musste, wer in der
    lokalen Gemeinde kreditfähig war,
  • 9:46 - 9:48
    um seine Hypothek zurückzuzahlen.
  • 9:48 - 9:51
    Nun, die Handelbanker, die die Welt
    in die Knie gezwungen haben,
  • 9:51 - 9:53
    können moralisch nachlässig gewesen sein,
  • 9:53 - 9:56
    aber kognitiv waren sie sehr agil.
  • 9:56 - 10:01
    Sie übertreffen die Banker von 1900 bei Weitem.
  • 10:01 - 10:03
    Sie mussten Computersimulationen
  • 10:03 - 10:05
    für den Immobilienmarkt anschauen.
  • 10:05 - 10:09
    Sie mussten komplizierte CDO-Squared
  • 10:09 - 10:11
    ordnen, um Schulden zu bündeln
  • 10:11 - 10:15
    und diese wie eine profitable
    Anlage aussehen zu lassen.
  • 10:15 - 10:18
    Sie mussten einen Fall vorbereiten,
    um die Ratingagenturen dazu zu bringen,
  • 10:18 - 10:19
    ihm ein AAA zu vergeben,
  • 10:19 - 10:24
    obwohl sie in vielen Fällen die Ratingagenturen praktisch bestochen hatten.
  • 10:24 - 10:26
    Und sie mussten natürlich auch
    die Menschen dazu bringen,
  • 10:26 - 10:28
    diese sogenannten Anlagewerte zu akzeptieren
  • 10:28 - 10:30
    und Geld für sie zu zahlen,
  • 10:30 - 10:32
    obwohl sie sehr anfällig waren.
  • 10:32 - 10:34
    Oder nehmen Sie einen heutigen Bauern.
  • 10:34 - 10:37
    Ein heutiger Leiter eines landwirtschaftlichen Betriebs
  • 10:37 - 10:40
    ist ganz anders als ein Bauer von 1900.
  • 10:40 - 10:42
    Es war nicht nur die Verbreitung
  • 10:42 - 10:45
    von kognitiv anspruchsvollen Berufen.
  • 10:45 - 10:47
    Es betrifft auch die Erweiterung von Aufgaben,
  • 10:47 - 10:50
    wie beim Anwalt oder Arzt, und was weiß ich noch,
  • 10:50 - 10:54
    die Anforderungen an unsere
    kognitiven Fähigkeiten stellen.
  • 10:54 - 10:57
    Aber ich habe über Ausbildung
    und Beschäftigung gesprochen.
  • 10:57 - 11:00
    Manche der Denkgewohnheiten, die sich
  • 11:00 - 11:02
    im Lauf des 20. Jahrhunderts entwickelt haben,
  • 11:02 - 11:04
    zahlen sich in unerwarteten Bereichen aus.
  • 11:04 - 11:06
    Ich bin vorrangig ein Moralphilosoph.
  • 11:06 - 11:10
    Ich mache bloß Ferien in Psychologie,
  • 11:10 - 11:15
    und ich interessiere mich allgemein
    für die Moraldebatte.
  • 11:15 - 11:17
    Nun ist im letzten Jahrhundert
  • 11:17 - 11:20
    in entwickelten Ländern wie Amerika
  • 11:20 - 11:22
    die Moraldebatte eskaliert,
  • 11:22 - 11:25
    weil wir das Hypothetische ernst nehmen
  • 11:25 - 11:28
    und auch Allgemeinbegriffe ernst nehmen,
  • 11:28 - 11:31
    und nach logischen Verbindungen suchen.
  • 11:31 - 11:35
    Als ich 1955 von der Universität nach Hause kam,
  • 11:35 - 11:37
    zu der Zeit von Martin Luther King,
  • 11:37 - 11:39
    kamen damals viele Personen nach Hause
  • 11:39 - 11:43
    und begannen mit ihren Eltern
    und Großeltern zu streiten.
  • 11:43 - 11:46
    Mein Vater wurde 1885 geboren,
  • 11:46 - 11:49
    und er war leicht rassistisch eingestellt.
  • 11:49 - 11:51
    Als Ire hasste er die Engländer so sehr,
  • 11:51 - 11:53
    dass er für alle anderen
    nicht viel Emotionen übrig hatte.
  • 11:53 - 11:57
    (Gelächter)
  • 11:57 - 12:01
    Aber er hatte das Gefühl, dass schwarze Menschen "minderwertiger" waren.
  • 12:01 - 12:04
    Und als wir unseren Eltern und Großeltern sagten:
  • 12:04 - 12:08
    "Wie würdet ihr euch fühlen, wenn ihr
    morgen als Schwarze aufwacht?",
  • 12:08 - 12:12
    meinten sie, dass wäre das Dümmste,
    was sie je gehört hätten.
  • 12:12 - 12:15
    Hat man schon mal von jemandem gehört,
    der morgens aufwachte –
  • 12:15 - 12:17
    (Gelächter) –
  • 12:17 - 12:18
    und schwarz geworden war?
  • 12:18 - 12:22
    Anders gesagt, sie waren in den konkreten
  • 12:22 - 12:25
    Sitten und Haltungen verwurzelt,
    die sie geerbt hatten.
  • 12:25 - 12:28
    Sie nahmen das Hypothetische nicht ernst,
  • 12:28 - 12:30
    und ohne das Hypothetische
  • 12:30 - 12:34
    ist es sehr schwer,
    moralische Diskussionen zu führen.
  • 12:34 - 12:36
    Man muss sagen: Angenommen, ihr wärt
  • 12:36 - 12:42
    im Iran und eure Verwandten würden
  • 12:42 - 12:45
    alle unter Kollateralschäden leiden,
  • 12:45 - 12:47
    obwohl sie nichts Falsches gemacht hätten.
  • 12:47 - 12:49
    Wie würdet ihr euch dabei fühlen?
  • 12:49 - 12:51
    Und wenn jemand aus der älteren Generation sagt:
  • 12:51 - 12:53
    "Nun, unsere Regierung kümmert sich um uns,
  • 12:53 - 12:56
    und ihre Regierung muss sich um sie kümmern",
  • 12:56 - 13:00
    dann sind sie einfach nicht bereit,
    das Hypothetische ernst zu nehmen.
  • 13:00 - 13:04
    Oder nehmen sie einen islamischen Vater,
    dessen Tochter vergewaltigt wurde,
  • 13:04 - 13:07
    und er fühlt sich moralisch verpflichtet, sie zu töten.
  • 13:07 - 13:09
    Er behandelt seine Moralvorstellungen
  • 13:09 - 13:13
    wie Gestein und Fels, das er geerbt hatte,
  • 13:13 - 13:16
    und die sich durch Logik nicht verändern lassen.
  • 13:16 - 13:18
    Sie sind einfach vererbte Konventionen.
  • 13:18 - 13:21
    Heute würde wir etwa sagen:
  • 13:21 - 13:24
    "Angenommen, Sie werden bewusstlos geschlagen
    und sexuell missbraucht.
  • 13:24 - 13:26
    Hätten Sie es verdient, getötet zu werden?"
  • 13:26 - 13:29
    Und er würde sagen:
    "Das steht ja nicht im Koran.
  • 13:29 - 13:33
    Das ist nicht eines meiner Prinzipien."
  • 13:33 - 13:36
    Heutzutage generalisieren Sie Ihre Prinzipien.
  • 13:36 - 13:39
    Sie erklären Sie zu Abstraktionen
    und wenden Logik darauf an.
  • 13:39 - 13:41
    Wenn Sie ein Prinzip haben wie etwa:
  • 13:41 - 13:45
    Menschen sollten nicht leiden,
    außer sie sind schuldig,
  • 13:45 - 13:47
    um dann schwarze Menschen auszuschließen,
  • 13:47 - 13:50
    muss man Ausnahmen machen, oder?
  • 13:50 - 13:53
    Man muss sagen, nun,
    für die Dunkelheit der Haut,
  • 13:53 - 13:55
    sollte man nicht einfach leiden müssen.
  • 13:55 - 13:59
    Schwarze müssen irgendwie beschmutzt sein.
  • 13:59 - 14:02
    Und dann liefern wir einen tragfähigen
    empirischen Nachweis,
  • 14:02 - 14:05
    und sagen, wie können Sie alle Schwarzen
    als verdorben betrachten,
  • 14:05 - 14:08
    wenn St. Augustine und Thomas Sowell
    beide schwarz waren.
  • 14:08 - 14:12
    So bringt man die moralische Diskussion in Gang.
  • 14:12 - 14:16
    denn man behandelt moralische Prinzipien
    nicht als konkrete Instanzen.
  • 14:16 - 14:18
    Man behandelt sie als Universalien,
  • 14:18 - 14:21
    die durch Logik plausibel werden.
  • 14:21 - 14:24
    Nun, wie ist das alles
    aus den IQ-Tests entstanden?
  • 14:24 - 14:28
    Das brachte mich ursprünglich
    zur Geschichte der Kognition.
  • 14:28 - 14:30
    Wenn man den IQ-Test betrachtet,
  • 14:30 - 14:34
    stellt man fest, dass die Zuwächse
    in bestimmten Bereichen am größten sind.
  • 14:34 - 14:37
    Beim Ähnlichkeits-Untertest des Wechsler
  • 14:37 - 14:39
    geht es um Klassifikation,
  • 14:39 - 14:41
    und wir haben enorme Fortschritte
  • 14:41 - 14:44
    bei diesem Klassifikations-Untertest gemacht.
  • 14:44 - 14:47
    Es gibt andere Teile der IQ-Messbatterie,
  • 14:47 - 14:51
    wo es um die Anwendung von Logik
    bei Abstraktionen geht.
  • 14:51 - 14:54
    Manche von Ihnen haben vielleicht
    Ravens Matrizentests gemacht,
  • 14:54 - 14:57
    da geht es nur um Analogien.
  • 14:57 - 15:00
    Und 1900 konnten Menschen
    einfache Analogien machen.
  • 15:00 - 15:05
    D.h. wenn man ihnen sagte,
    Katzen sind wie Wildkatzen.
  • 15:05 - 15:06
    Wem sind Hunde ähnlich?
  • 15:06 - 15:08
    Würden sie Wölfe sagen.
  • 15:08 - 15:12
    Aber um 1960 würden die Menschen Ravens Test
  • 15:12 - 15:15
    auf einem viel anspruchsvolleren Niveau angehen.
  • 15:15 - 15:19
    Nehmen wir an, wir haben zwei Quadrate,
    gefolgt von einem Dreieck,
  • 15:19 - 15:21
    was folgt dann auf zwei Kreise?
  • 15:21 - 15:24
    Sie könnten sagen, ein Halbkreis.
  • 15:24 - 15:26
    Genauso wie ein Dreieck ein halbes Quadrat ist,
  • 15:26 - 15:29
    ist ein Halbkreis ein halber Kreis.
  • 15:29 - 15:32
    Im Jahr 2010 – Uniabsolventen – wenn man sagte,
  • 15:32 - 15:35
    zwei Kreise gefolgt von einem Halbkreis,
  • 15:35 - 15:38
    2/16 gefolgt von irgendwas,
  • 15:38 - 15:42
    dann würden sie 8 sagen,
    denn 8 ist die Hälfte von 16.
  • 15:42 - 15:45
    D.h. sie haben sich so weit
    von der realen Welt entfernt,
  • 15:45 - 15:47
    dass sie sogar das Auftreten von Zeichen
  • 15:47 - 15:52
    ignorieren können,
    die an der Frage beteiligt waren.
  • 15:52 - 15:55
    Ich sollte nun etwas
    ziemlich Entmutigendes sagen:
  • 15:55 - 15:58
    Wir haben uns nicht
    in allen Bereichen weiterentwickelt.
  • 15:58 - 16:00
    Ein Weg mit dem Entwicklungsgrad
  • 16:00 - 16:03
    der modernen Welt umzugehen,
  • 16:03 - 16:05
    könnte Politik sein,
  • 16:05 - 16:08
    und leider können Sie
    humane Moralprinzipien haben,
  • 16:08 - 16:12
    Sie können klassifizieren,
    Logik auf Abstraktionen anwenden,
  • 16:12 - 16:15
    aber wenn Sie die Geschichte
    und andere Länder nicht kennen,
  • 16:15 - 16:18
    können Sie keine Politik machen.
  • 16:18 - 16:21
    Wir haben einen Trend unter
    jungen Amerikanern bemerkt.
  • 16:21 - 16:24
    Sie lesen weniger Geschichtsbücher und Literatur
  • 16:24 - 16:26
    und viel weniger über fremde Länder,
  • 16:26 - 16:28
    und sie sind grundsätzlich geschichtslos.
  • 16:28 - 16:30
    Sie leben in einer Gegenwartsblase.
  • 16:30 - 16:33
    Sie können den Koreakrieg
    nicht vom Vietnamkrieg unterscheiden.
  • 16:33 - 16:37
    Sie wissen nicht, wer im 2. Weltkrieg
    Amerikas Verbündeter war.
  • 16:37 - 16:40
    Bedenken Sie, wie anders Amerika wäre,
  • 16:40 - 16:43
    wenn jeder Amerikaner wüsste,
    dass es schon das fünfte Mal ist,
  • 16:43 - 16:47
    dass westliche Armeen nach Afghanistan gehen,
    um dessen Angelegenheiten in Ordnung zu bringen,
  • 16:47 - 16:51
    und wenn sie wüssten, was genau
  • 16:51 - 16:53
    bei den vorherigen Malen passiert ist.
  • 16:53 - 16:54
    (Gelächter)
  • 16:54 - 16:56
    Sie waren nämlich kaum abgereist,
  • 16:56 - 16:58
    da gab es schon kaum noch Spuren im Sand.
  • 16:58 - 17:02
    Oder stellen Sie sich vor,
    wie anders die Dinge wären,
  • 17:02 - 17:04
    wenn die meisten Amerikaner wüssten,
    dass wir durch Lügen
  • 17:04 - 17:07
    in 4 unserer 6 letzten Kriege
    getrieben wurden.
  • 17:07 - 17:10
    Die Spanier haben das Kriegsschiff
    Maine nicht versenkt,
  • 17:10 - 17:12
    die Lusitania war kein harmloses Schiff,
  • 17:12 - 17:15
    sondern voller Munition,
  • 17:15 - 17:19
    die Nordvietnamesen griffen
    die 7. Flotte nicht an,
  • 17:19 - 17:23
    und natürlich hasste Saddam Hussein Al-Qaida
  • 17:23 - 17:25
    und hatte damit nichts zu tun,
  • 17:25 - 17:28
    und trotzdem überzeugte die Regierung
    45% der Bevölkerung,
  • 17:28 - 17:30
    dass sie Waffenbrüder waren,
  • 17:30 - 17:34
    auch wenn er einen von ihnen
    am nächsten Laternenpfahl aufhängte.
  • 17:34 - 17:37
    Aber ich möchte nicht mit
    einer pessimistischen Bemerkung enden.
  • 17:37 - 17:42
    Das 20. Jahrhundert hat enorme kognitive Reserven
  • 17:42 - 17:45
    bei normalen Menschen aufgezeigt,
    die wir bis jetzt erreicht haben,
  • 17:45 - 17:48
    und der Adel war überzeugt,
  • 17:48 - 17:50
    dass der durchschnittliche Mensch das nicht schafft,
  • 17:50 - 17:53
    dass sie niemals ihre Denkweise
  • 17:53 - 17:55
    oder ihre kognitiven Fähigkeiten teilen würden.
  • 17:55 - 17:57
    Lord Curzon sagte einmal,
  • 17:57 - 17:59
    dass er Menschen in der Nordsee baden sah
  • 17:59 - 18:01
    und sagte: "Warum hat mir niemand gesagt,
  • 18:01 - 18:04
    was für weiße Körper
    die unteren Schichten haben?"
  • 18:04 - 18:06
    Als wenn sie Reptilien wären.
  • 18:06 - 18:09
    Nun, Dickens hatte recht und er lag falsch.
    [Korrektur: Rudyard Kipling]
  • 18:09 - 18:13
    [Kipling] sagte:
    "Die Frau des Oberst und Judy O'Grady
  • 18:13 - 18:16
    sind unter der Haut Schwestern."
  • 18:16 - 18:20
    (Beifall)
Title:
Warum unsere IQ-Niveaus höher sind als die unserer Großeltern
Speaker:
James Flynn
Description:

Das nennt man den "Flynn-Effekt" – die Tatsache, dass jede Generation bei den IQ-Test besser abschneidet als die vorherige Generation. Werden wir wirklich schlauer oder denken wir einfach anders? In dieser temporeichen Tour durch die kognitive Geschichte des 20. Jahrhunderts behauptet Moralphilosoph James Flynn, dass Veränderungen in unserer Denkweise überraschende (und nicht immer positive) Konsequenzen hatten.

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
18:40
  • Hi Angelika! Schöner Vortrag und schöne Uebersetzung. Ich habe einfach ein paar kleine Dinge loskorrigiert und unten ein paar angemerkt. Eine Sache mache ich in meinen Übersetzungen generell nicht mehr: "Well" als "Nun" zu uebersetzen. Ich finde es irgendwie unnatuerlich und lasse es lieber weg oder füge ein anderes Partikel ein (hier 2x "ja" weiter hinten im Satz). Ansonsten klicke ich jetzt einfach auf "Fertig" und denke, dass du dir ja den Talk wieder im Approval schnappen kannst und ggf. noch Änderungen vornehmen, falls gewünscht. :) LG!

    09:02 -- bis jetzt waren alles kleine Sachen, aber hier würde ich sagen, das ist falsch aufgefasst. Er meint: Viele Hilfsberufe, wie z. B. Techniker u. Programmierer"
    12:29 -- ich denke mir hier, "auf den Weg bringen" ist kein Begriff, den man gängigerweise verwendet und statt "Argument" vielleicht eher "Diskussion"?
    12:33 -- würde hier mit "ihr" weitermachen (sind ja immer noch die hypothetischen Eltern)
    14:08 -- hab das schon weiter oben geändert, aber hier wieder, wie wäre es mit "in Gang bringen" und "Diskussion"
    16:12 -- finde "wenn" hier besser anstatt ein "für den Fall, dass..."

German subtitles

Revisions