Itay Talgam: Führen Sie wie die großen Dirigenten.
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0:01 - 0:05Der magische Augenblick, der magische Augenblick des Dirigierens.
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0:05 - 0:07Es ist das Betreten der Bühne. Ein Orchester sitzt vor dir.
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0:07 - 0:11Sie alle sind dabei, sich einzuspielen und so was.
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0:11 - 0:13Und ich gehe zum Podium.
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0:13 - 0:16Sie kennen das, das ist das kleine Büro des Dirigenten.
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0:16 - 0:19Oder vielmehr seine Arbeitsnische, eine Arbeitsnische im offenen Raum,
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0:19 - 0:21mit viel Platz.
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0:21 - 0:23Und mit all dem Lärm vor sich
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0:23 - 0:25macht man eine ganz kleine Handbewegung.
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0:25 - 0:29So was, zum Beispiel, gar nicht pompös, gar nicht kompliziert, so.
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0:29 - 0:32Und plötzlich, aus dem Chaos: Ordnung.
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0:32 - 0:34Lärm wird zu Musik.
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0:34 - 0:36Und das ist fantastisch. Und man ist so versucht,
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0:36 - 0:38zu glauben, es läge ganz und gar an einem selbst.
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0:38 - 0:40(Lachen)
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0:40 - 0:42All diese großartigen Leute hier, Virtuosen,
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0:42 - 0:44sie machen Lärm und brauchen mich und was ich mache.
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0:44 - 0:46Nicht wirklich. Wäre es so,
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0:46 - 0:48würde ich Ihnen die Worte ersparen
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0:48 - 0:50und die Handbewegung beibringen.
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0:50 - 0:52Dann könnten Sie hinausgehen in die Welt
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0:52 - 0:55und sie in irgendeinem Unternehmen oder wo auch immer ausprobieren
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0:55 - 0:57und Sie hätten vollendetes Zusammenspiel. Das geht nicht.
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0:57 - 0:59Schauen wir uns das erste Video an.
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0:59 - 1:02Ich hoffe, Sie werden darin ein gutes Beispiel für Zusammenspiel sehen.
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1:02 - 1:06Und lassen Sie uns dann ein bisschen darüber sprechen, wie es zustande kommt.
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1:06 - 1:10(Musik)
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2:02 - 2:04Das war schön, nicht?
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2:04 - 2:07Wenn das also eine Art Erfolg war,
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2:07 - 2:10wem sollten wir jetzt für den Erfolg danken?
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2:10 - 2:12Ich meine, offenkundig haben die Orchestermusiker
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2:12 - 2:14schön gespielt,
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2:14 - 2:18die Wiener Philharmoniker.
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2:18 - 2:20Oft schauen die nicht einmal zum Dirigenten.
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2:20 - 2:23Dann gab es die klatschenden Zuhörer, ja,
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2:23 - 2:25die so ihren Teil zur Musik beigesteuert haben.
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2:25 - 2:29Wissen Sie, das Wiener Publikum mischt sich normalerweise nicht in die Musik ein.
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2:29 - 2:33Mehr Ähnlichkeit mit einem orientalischen Bauchtanz-Gelage
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2:33 - 2:35werden Sie in Wien nicht erleben.
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2:35 - 2:36(Lachen)
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2:36 - 2:39Im Gegensatz zum Beispiel zu Israel, wo das Publikum die ganze Zeit hustet.
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2:39 - 2:42Bekanntlich sagte Arthur Rubinstein, der Pianist, immer:
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2:42 - 2:45"Überall auf der Welt gehen Leute, die Grippe haben, zum Arzt.
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2:45 - 2:48In Tel Aviv gehen sie in meine Konzerte."
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2:48 - 2:49(Lachen)
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2:49 - 2:51Das hat also eine gewisse Tradition.
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2:51 - 2:53Aber das Wiener Publikum macht so was nicht.
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2:53 - 2:58Hier machen sie eine Ausnahme, nur um teilzuhaben,
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2:58 - 3:00ein Teil des Orchesters zu werden, und das ist großartig.
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3:00 - 3:02Wissen Sie, ein Publikum wie Sie, ja,
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3:02 - 3:05ist die Show.
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3:05 - 3:07Was ist aber mit dem Dirigenten? Was hat der Dirigent
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3:07 - 3:11eigentlich wirklich gemacht?
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3:11 - 3:14Nun ja, er war glücklich.
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3:14 - 3:17Und oft zeige ich diese Sequenz gestandenen Führungskräften.
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3:17 - 3:19Die Leute reagieren verärgert.
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3:19 - 3:21"Sie kommen zur Arbeit. Wie können Sie so glücklich sein?"
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3:21 - 3:24Da muss doch irgendwas faul sein! Trotzdem versprüht er gute Laune.
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3:24 - 3:26Und ich glaube, die gute Laune, wichtig an der guten Laune ist,
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3:26 - 3:29dass sie nicht auf
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3:29 - 3:32seiner eigenen Geschichte beruht, und seiner Freude an der Musik.
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3:32 - 3:36Die Freude findet man darin, anderer Leute Geschichten
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3:36 - 3:38gleichzeitig zu Gehör zu bringen.
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3:38 - 3:42Da ist die Geschichte des Orchesters als professioneller Klangkörper.
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3:42 - 3:45Da ist die Geschichte des Publikums als Gemeinschaft. Ja.
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3:45 - 3:47Da ist die Geschichte der einzelnen Personen
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3:47 - 3:49im Orchester und im Publikum.
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3:49 - 3:52Und dann sind da andere Geschichten, unsichtbare.
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3:52 - 3:55Menschen, die diese herrliche Konzerthalle gebaut haben,
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3:55 - 4:00Menschen, die diese Stradivaris gemacht haben, die Amatis, all diese wunderschönen Instrumente.
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4:00 - 4:03Und allen diesen Geschichten hört man gleichzeitig zu.
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4:03 - 4:06Das ist das wirkliche Erlebnis an einem Live-Konzert.
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4:06 - 4:08Das ist doch ein Grund, auszugehen, oder?
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4:08 - 4:11Und nicht alle Dirigenten beschränken sich darauf.
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4:11 - 4:13Schauen wir jemand anderem zu, einem großen Dirigenten,
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4:13 - 4:15Riccardo Muti. Bitte.
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4:16 - 4:20(Musik)
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4:52 - 4:54Ja, das war sehr kurz. Aber Sie konnten sehen,
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4:54 - 4:56dass er eine ganz andere Art Figur abgibt, nicht wahr?
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4:56 - 4:58Er ist beeindruckend. So gebieterisch.
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4:58 - 5:03So klar. Vielleicht ein wenig zu klar.
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5:03 - 5:06Können wir ein kleines Experiment machen? Würden Sie für eine Sekunde mein Orchester sein?
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5:06 - 5:08Können Sie bitte den ersten Ton von "Don Giovanni" singen?
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5:08 - 5:11Sie müssen "Aaaaah" singen und ich werde Sie stoppen.
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5:11 - 5:13Ok? Fertig?
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5:13 - 5:15Publikum: ♫ Aaaaaaah ... ♫
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5:15 - 5:17Itay Talgam: Na los, wir machen das zusammen. Wenn Sie das ohne mich machen,
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5:17 - 5:20fühle ich mich noch überflüssiger als ohnehin schon.
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5:20 - 5:23Also bitte, warten Sie auf den Dirigenten.
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5:23 - 5:26Jetzt sehen Sie mich an. "Aaaaaah," und ich stoppe Sie. Los jetzt.
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5:26 - 5:30Publikum: ♫ Aaaaaaah ... ♫
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5:30 - 5:32(Lachen)
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5:32 - 5:34Itay Talgam: Wir müssen uns später kurz unterhalten.
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5:34 - 5:35(Lachen)
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5:35 - 5:39Aber ... Da ist eine Stelle frei für einen ...
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5:39 - 5:43Aber -- (Lachen)
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5:43 - 5:46-- Sie konnten sehen, dass man ein Orchester mit einem Finger stoppen kann.
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5:46 - 5:48Was aber macht Riccardo Muti? Er macht etwas in dieser Art ...
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5:51 - 5:52(Lachen)
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5:52 - 5:55Und dann -- ungefähr -- (Lachen)
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5:55 - 5:58Es ist also nicht nur die Anweisung klar,
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5:58 - 6:01sondern auch die Strafe, was geschehen wird, wenn du nicht tust, was ich sage.
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6:01 - 6:04(Lachen)
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6:04 - 6:08Und, funktioniert das? Ja, es funktioniert --
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6:08 - 6:10bis zu einem gewissen Punkt.
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6:10 - 6:12Fragt man Muti, "warum dirigierst du so?"
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6:12 - 6:14Antwortet er, "ich bin verantwortlich.
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6:14 - 6:16Verantwortlich vor ihm."
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6:16 - 6:18Nein, er meint nicht wirklich IHN. Er meint Mozart,
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6:18 - 6:22also den -- (Lachen) etwa drei Sitzplätze von der Mitte.
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6:22 - 6:23(Lachen)
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6:23 - 6:25Er sagt also, "wenn ich --
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6:25 - 6:27(Applaus)
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6:27 - 6:29Wenn ich verantwortlich für Mozart bin,
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6:29 - 6:31dann ist das die einzige Geschichte, die erzählt wird:
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6:31 - 6:35Mozart, so wie ich, Riccardo Muti, ihn verstehe."
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6:35 - 6:37Und wissen Sie, was Muti passiert ist?
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6:37 - 6:39Vor drei Jahren erhielt er einen Brief, der von allen
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6:39 - 6:42700 Angestellten der Scala unterzeichnet war,
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6:42 - 6:44den musikalischen Angestellten, ich meine die Musiker,
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6:44 - 6:48in dem stand: "Sie sind ein großartiger Dirigent. Wir wollen nicht mit Ihnen arbeiten. Bitte legen Sie Ihr Amt nieder."
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6:48 - 6:49(Lachen)
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6:49 - 6:52"Warum? Weil Sie uns keine Entwicklungsmöglichkeiten zugestehen.
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6:52 - 6:55Sie behandeln uns wie Instrumente, nicht wie Partner.
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6:55 - 6:57Und unsere Freude an der Musik, etc. etc. ..."
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6:57 - 6:59Also musste er zurücktreten. Hübsch, nicht?
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6:59 - 7:01(Lachen)
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7:01 - 7:04Er ist ein angenehmer Zeitgenosse, wirklich.
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7:04 - 7:07Nun gut, kann man es mit weniger Kontrolle schaffen,
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7:07 - 7:09oder mit einer anderen Art von Kontrolle?
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7:09 - 7:13Schauen wir uns den nächsten Dirigenten an, Richard Strauss.
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7:15 - 7:19(Musik)
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7:43 - 7:47Ich befürchte, Sie werden den Eindruck haben, dass ich vor allem deswegen auf ihm herumhacke, weil er alt ist.
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7:47 - 7:50Das ist nicht wahr. Als junger Mann
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7:50 - 7:52von circa 30 Jahren schrieb er etwas, das er die
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7:52 - 7:54"Die Zehn Gebote für Dirigenten" nannte.
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7:54 - 7:57Das erste lautete: Wenn Sie am Ende des Konzertes schwitzen,
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7:57 - 7:59heißt das, dass Sie etwas falsch gemacht haben.
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7:59 - 8:01Das ist das erste. Das vierte wird Ihnen besser gefallen.
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8:01 - 8:03Es heißt: Nie auf die Posaunen schauen -
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8:03 - 8:05das ermuntert sie nur.
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8:05 - 8:10(Lachen)
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8:10 - 8:12Die Grundidee ist also, es wirklich
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8:12 - 8:14von allein geschehen zu lassen.
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8:14 - 8:16Nicht dazwischenfunken.
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8:16 - 8:19Aber wie geschieht es? Haben Sie gesehen,
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8:19 - 8:21wie er die Seiten in der Partitur umblättert?
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8:21 - 8:23Nun, entweder ist er senil
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8:23 - 8:26und erinnert sich nicht an seine eigene Musik, denn er hat die Musik geschrieben.
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8:26 - 8:29Oder er vermittelt tatsächlich eine sehr eindrückliche Botschaft an sie, die da lautet:
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8:29 - 8:33"Na los, Leute. Ihr müsst streng nach Vorschrift spielen.
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8:33 - 8:35Es geht also nicht um meine Geschichte, nicht um eure Geschichte.
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8:35 - 8:38Es geht nur um die Ausführung der Musik, so wie sie geschrieben ist,
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8:38 - 8:40nicht um Interpretation."
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8:40 - 8:43Interpretation ist die wahre Geschichte des darstellenden Künstlers.
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8:43 - 8:46Also, nein, das will er nicht. Dieses ist eine andere Art der Kontrolle.
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8:46 - 8:49Schauen wir uns einen weiteren Über-Dirigenten an,
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8:49 - 8:52einen deutschen Über-Dirigenten, Herbert von Karajan, bitte.
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8:52 - 8:56(Musik)
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9:25 - 9:28Was ist anders? Haben Sie die Augen gesehen? Geschlossen.
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9:28 - 9:31Haben Sie die Hände gesehen?
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9:31 - 9:34Haben Sie diese Art Bewegung gesehen? Lassen Sie mich Ihr Dirigent sein. Zweimal.
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9:34 - 9:36Einmal wie ein Muti, und Sie werden -- (klatscht) -- klatschen, nur einmal.
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9:36 - 9:38Und dann wie Karajan. Sehen wir, was passiert. Okay?
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9:38 - 9:41Wie Muti. Bereit? Denn Muti ...
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9:41 - 9:44(Lachen) Okay? Bereit? Versuchen wir's.
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9:44 - 9:45Publikum: (klatscht)
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9:45 - 9:47Itay Talgam: Hmmm ... nochmal.
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9:47 - 9:49Publikum: (klatscht)
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9:49 - 9:51Itay Talgam: Gut. Jetzt wie ein Karajan. Da Sie ja schon geübt sind,
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9:51 - 9:54erlauben Sie, dass ich mich kurz konzentriere, meine Augen schließe. Kommen Sie, kommen Sie.
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9:56 - 9:58Publikum: (klatscht) (Lachen)
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9:58 - 10:00Itay Talgam: Warum nicht zusammen? (Lachen)
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10:00 - 10:02Weil Sie nicht wussten, wann sie spielen sollten.
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10:02 - 10:04Jetzt kann ich Ihnen sagen, sogar die Berliner Philharmoniker
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10:04 - 10:06wussten nicht, wann Sie spielen sollten.
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10:06 - 10:07(Lachen)
-
10:07 - 10:09Aber ich werde Ihnen sagen, wie sie damit umgehen. Ganz ohne Zynismus.
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10:09 - 10:11Das ist ein deutsches Orchester, ja?
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10:11 - 10:15Sie schauen Karajan an. Und dann sehen sie einander an.
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10:15 - 10:18(Lachen)
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10:18 - 10:21"Verstehst du, was der Kerl will?"
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10:21 - 10:23Und danach sehen sie
-
10:23 - 10:25einander wirklich an und die Stimmführer im Orchester
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10:25 - 10:28führen das ganze Ensemble im Zusammenspiel.
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10:28 - 10:30Und wenn Karajan danach gefragt wird
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10:30 - 10:32sagt er tatsächlich, "Ja, das Schlimmste,
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10:32 - 10:34was ich meinem Orchester antun kann,
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10:34 - 10:38ist, ihm eine klare Anweisung zu geben.
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10:38 - 10:40Denn das würde
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10:40 - 10:44das Ensemblespiel verhindern, das Aufeinanderhören,
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10:44 - 10:46das man für ein Orchester braucht."
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10:46 - 10:48Das ist doch toll. Und was ist mit den Augen?
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10:48 - 10:50Warum sind die Augen geschlossen?
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10:50 - 10:54Es gibt eine wunderbare Geschichte über Karajan, als er in London dirigierte.
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10:54 - 10:57Und er gibt einem Flötisten seinen Einsatz, ungefähr so.
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10:57 - 11:00Der arme Kerl hat keine Ahnung, was er tun soll. (Lachen)
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11:00 - 11:03"Maestro, bei allem Respekt, wann soll ich anfangen?"
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11:03 - 11:06Was denken Sie, war Karajans Antwort? Wann soll ich anfangen?
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11:06 - 11:10Oh, ja. Er sagte: "Sie fangen an, wenn Sie es nicht mehr aushalten können."
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11:10 - 11:13(Lachen)
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11:13 - 11:18Das heißt, du weißt, du hast keinerlei Macht, irgendwas zu ändern.
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11:18 - 11:22Es ist meine Musik. Die wahre Musik ist nur in Karajans Vorstellung.
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11:22 - 11:25Und du musst meine Gedanken lesen. Also stehst du unter gewaltigem Druck,
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11:25 - 11:27weil ich dir keine Anweisung gebe,
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11:27 - 11:29und doch musst du meine Gedanken lesen.
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11:29 - 11:31Das ist somit eine andere Art, eine sehr spirituelle, und dennoch
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11:31 - 11:34sehr stabile Kontrolle.
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11:34 - 11:36Können wir es auf andere Weise tun? Natürlich können wir das. Gehen wir zurück
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11:36 - 11:38zum ersten Dirigenten, den wir gesehen haben:
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11:38 - 11:40Carlos Kleiber heißt er. Das nächste Video, bitte.
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11:42 - 11:46(Musik)
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12:38 - 12:40(Lachen) Yeah.
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12:40 - 12:43Nun gut, das ist anders. Aber ist das nicht genauso beherrschend?
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12:43 - 12:46Nein, ist es nicht. Weil er ihnen nicht vorschreibt, was sie tun sollen.
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12:46 - 12:48Wenn er so macht, heißt das nicht:
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12:48 - 12:51"Nimm deine Stradivari und, wie Jimi Hendrix,
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12:51 - 12:53zerschmettere sie auf dem Boden." Das ist es nicht.
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12:53 - 12:55Er sagt: "Dies ist eine Bewegung der Musik.
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12:55 - 12:57Ich eröffne dir einen Freiraum
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12:57 - 12:59für eine weitere Ebene
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12:59 - 13:01der Interpretation."
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13:01 - 13:03Das ist eine andere Geschichte.
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13:03 - 13:05Aber wie läuft das alles zusammen,
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13:05 - 13:07wenn es ihnen keine Anweisungen erteilt?
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13:07 - 13:09Es ist wie auf einer Achterbahnfahrt.
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13:09 - 13:11Man bekommt eigentlich gar keine Anweisungen.
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13:11 - 13:15Aber die Kräfte des Ablaufs selbst halten einen in der Spur.
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13:15 - 13:17Das ist, was er tut.
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13:17 - 13:19Interessanterweise existiert die Achterbahn in Wirklichkeit gar nicht.
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13:19 - 13:23Sie ist kein greifbares Ding. Sie ist in den Köpfen der Musiker.
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13:23 - 13:26Und das macht sie zu Partnern.
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13:26 - 13:28Du hast den Plan im Kopf.
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13:28 - 13:31Du weißt, was zu tun ist, selbst wenn Kleiber dich nicht dirigiert.
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13:31 - 13:34Aber hier und da und das. Du weißt, was zu tun ist.
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13:34 - 13:37Und du wirkst dabei mit, die Achterbahn zu bauen,
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13:37 - 13:39ja, durch Klang,
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13:39 - 13:41während du schon in voller Fahrt bist.
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13:41 - 13:44Das ist sehr aufregend für die Musiker.
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13:44 - 13:46Sie müssen danach für zwei Wochen ins Sanatorium.
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13:46 - 13:47(Lachen)
-
13:47 - 13:49Es ist sehr ermüdend. Nicht wahr?
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13:49 - 13:53Aber so macht man am besten Musik.
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13:53 - 13:56Aber es geht nicht nur um Motivation
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13:56 - 13:59und darum, ihnen eine Menge physischer Energie zu verleihen.
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13:59 - 14:01Sie müssen auch sehr professionell sein.
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14:01 - 14:03Und schauen Sie nochmal Kleiber zu.
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14:03 - 14:05Können wir das nächste Video haben, schnell?
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14:05 - 14:09Sie werden sehen, was passiert, wenn einer einen Fehler macht.
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14:09 - 14:12(Musik) Wieder sehen Sie diese wunderbare Körpersprache.
-
14:12 - 14:15(Musik)
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14:18 - 14:21Und jetzt ist da ein Trompeter,
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14:21 - 14:23der etwas nicht genau so macht, wie es sein sollte.
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14:23 - 14:25Folgen Sie dem Video. Sehen Sie hin.
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14:28 - 14:32Sehen Sie, das zweite Mal für denselben Musiker.
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14:34 - 14:37(Lachen) Und jetzt das dritte Mal für denselben Musiker.
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14:41 - 14:42(Lachen)
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14:42 - 14:44"Warten Sie nach dem Konzert auf mich.
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14:44 - 14:46Ich hätte da etwas mit Ihnen zu besprechen."
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14:46 - 14:50Wissen Sie, die Autorität steht zur Verfügung, wenn sie gebraucht wird. Das ist sehr wichtig.
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14:50 - 14:53Aber Autorität reicht nicht, um Menschen zu Partnern zu machen.
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14:53 - 14:55Schauen wir uns das nächste Video, bitte. Sehen Sie, was hier passiert.
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14:55 - 14:57Vielleicht überrascht es Sie, nachdem Sie Kleiber als so einen
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14:57 - 15:00hyperaktiven Kerl gesehen haben.
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15:00 - 15:02Er dirigiert Mozart.
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15:02 - 15:05(Musik)
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15:05 - 15:07Das ganze Orchester spielt.
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15:07 - 15:09(Music)
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15:09 - 15:11Und jetzt etwas anderes.
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15:11 - 15:14(Musik)
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15:21 - 15:25Sehen Sie? Er ist zu 100 Prozent da,
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15:25 - 15:27aber nicht gebietend, er gibt keine Anweisung.
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15:27 - 15:30Vielmehr genießt er, was der Solist spielt.
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15:30 - 15:33(Musik)
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15:33 - 15:36Ein weiteres Solo. Sehen Sie, was Sie daraus mitnehmen können.
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15:36 - 15:39(Musik)
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15:42 - 15:44Sehen Sie sich seine Augen an.
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15:48 - 15:50Okay. Haben Sie's gesehen?
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15:50 - 15:53Zuvorderst ist es ein Kompliment, das wir alle gerne bekommen.
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15:53 - 15:56Es ist kein Feedback. Es ist ein "Hmmm ..." Ja, es kommt von dort.
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15:56 - 15:58Das ist etwas Gutes.
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15:58 - 16:00Und dazu kommt, dass es
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16:00 - 16:02hier um schon um Kontrolle geht,
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16:02 - 16:04aber um eine ganz bestimmte Art.
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16:04 - 16:07Wenn Kleiber so macht -- haben Sie seine Augen gesehen,
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16:07 - 16:09wie sie dahin wandern? (singt)
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16:09 - 16:13Wissen Sie, was passiert? Die Schwerkraft ist aufgehoben.
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16:13 - 16:15Kleiber erschafft nicht nur einen Prozess,
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16:15 - 16:18sondern er erschafft auch die Rahmenbedingungen,
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16:18 - 16:21in denen der Prozess abläuft.
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16:21 - 16:23Und wieder ist der Oboist
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16:23 - 16:25völlig autonom
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16:25 - 16:28und deshalb glücklich und stolz auf seine Arbeit,
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16:28 - 16:30und kreativ und all das.
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16:30 - 16:34Und die Ebene, auf der Kleiber die Kontrolle ausübt, ist eine andere.
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16:34 - 16:37Kontrolle ist so nicht länger ein Nullsummenspiel.
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16:37 - 16:39Sie haben diese Kontrolle. Sie haben diese Kontrolle. Und alles, was Sie in
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16:39 - 16:43partnerschaftlichem Spiel zusammenbringen, erschafft die beste Musik.
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16:43 - 16:45Bei Kleiber geht es also um den Prozess.
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16:45 - 16:47Bei Kleiber geht es um die Rahmenbedingungen.
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16:47 - 16:51Aber man braucht Prozess und Inhalt, um Sinn zu erschaffen.
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16:51 - 16:53Lenny Bernstein, mein persönlicher Maestro,
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16:53 - 16:56denn er war ein großartiger Lehrer,
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16:56 - 17:02Lenny Bernstein hat immer vom Sinn her angefangen. Sehen Sie sich das bitte an.
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17:02 - 17:06(Musik)
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18:01 - 18:03Erinnern Sie sich an Mutis Gesicht, ganz am Anfang?
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18:03 - 18:06Er hatte einen wunderbaren Ausdruck, aber nur einen.
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18:06 - 18:07(Lachen)
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18:07 - 18:09Haben Sie Lennys Gesicht gesehen?
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18:09 - 18:13Wissen Sie, warum? Weil diese Musik Schmerz ausdrückt.
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18:13 - 18:15Und man erzeugt einen schmerzvollen Klang.
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18:15 - 18:18Und man schaut Lenny an und er leidet.
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18:18 - 18:20Aber nicht auf eine Weise, die man beenden möchte.
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18:20 - 18:24Er leidet, als ob er sich auf jüdische Weise amüsiert, wie man (im Englischen) sagt.
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18:24 - 18:28(Lachen)
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18:28 - 18:31Aber Sie können die Musik auf seinem Gesicht sehen.
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18:31 - 18:34Sie können sehen, dass er den Taktstock weggelegt hat. Kein Taktstock mehr.
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18:34 - 18:36Jetzt geht es um dich, den Mitspieler,
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18:36 - 18:38der die Geschichte erzählt.
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18:38 - 18:40Jetzt dreht sich die Sache um. Du erzählst die Geschichte. Und du erzählst die Geschichte.
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18:40 - 18:43Und wenngleich kurz, wirst du doch zum Erzähler der Geschichte,
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18:43 - 18:46dem die Gemeinschaft, die ganze Gemeinschaft, zuhört.
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18:46 - 18:50Und Bernstein macht das möglich. Ist das nicht wunderbar?
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18:50 - 18:54Wenn Sie jetzt alle diese Dinge, über die wir gesprochen haben,
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18:54 - 18:56zusammenbringen, und vielleicht noch ein paar andere,
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18:56 - 18:59dann erreichen Sie möglicherweise diesen herrlichen Zustand des Tuns, ohne zu tun.
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18:59 - 19:04Und für das letzte Video, glaube ich, ist das wohl die beste Überschrift.
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19:04 - 19:06Mein Freund Peter sagt:
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19:06 - 19:10"Wenn du etwas liebst, dann schenke es her." Also, bitte.
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19:10 - 19:14(Musik)
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20:14 - 20:31(Applaus)
- Title:
- Itay Talgam: Führen Sie wie die großen Dirigenten.
- Speaker:
- Itay Talgam
- Description:
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Der Dirigent eines Orchesters steht vor der denkbar größten Herausforderung: Vollendetes Zusammenspiel zu ermöglichen, ohne ein Wort zu sagen. In seinem bezaubernden Vortrag zeigt Itay Talgam am Beispiel von sechs großen Dirigenten des 20. Jahrhunderts deren jeweils einzigartigen Stil und zieht daraus wichtige Lehren für alle, die Führungsverantwortung tragen.
- Video Language:
- English
- Team:
closed TED
- Project:
- TEDTalks
- Duration:
- 20:31